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Autoren: Gianfranco Walsh, Thomas Kilian & Nicole Kinner FERNSTUDIENKURS MARKETING-MANAGEMENT INVESTITIONSGÜTERMARKETING MANAGEMENT

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Autoren:

Gianfranco Walsh, Thomas Kilian & Nicole Kinner

FERNSTUDIENKURS MARKETING-MANAGEMENT

INVESTITIONSGÜTERMARKETING

MANAGEMENT

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IMPRESSUM

UNIVERSITÄT KOBLENZ-LANDAU

FERNSTUDIENKURS MARKETING-MANAGEMENT

AUFLAGE: 4. AUFLAGE 2017

HERAUSGEBERUNIVERSITÄT KOBLENZ-LANDAU

ZENTRUM FÜR FERNSTUDIEN UND UNIVERSITÄRE WEITERBILDUNG

ANSCHRIFTZENTRUM FÜR FERNSTUDIEN UND

UNIVERSITÄRE WEITERBILDUNG (ZFUW)POSTFACH 201 602

56016 KOBLENZWWW.ZFUW.ORG

URHEBERRECHTE: DIESER LEHRBRIEF IST URHEBERRECHTLICH

GESCHÜTZT. ALLE RECHTE VORBEHALTEN. DIESER LEHRBRIEF DARF IN JEGLICHER FORM

OHNE VORHERIGE SCHRIFTLICHE GENEHMIGUNG DER UNIVERSITÄT KOBLENZ-LANDAU NICHT

REPRODUZIERT UND/ODER UNTER VERWENDUNG ELEKTRONISCHER SYSTEME VERARBEITET,

VERVIELFÄLTIG ODER VERBREITET WERDEN.

© 2007 ZENTRUM FÜR FERNSTUDIEN UND UNIVERSITÄRE WEITERBILDUNG, UNIVERSITÄT KOBLENZ-LANDAU

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INVESTITIONSGÜTERMARKETING

Prof. Dr. Gianfranco Walsh, JProf. Dr. Thomas Kilian & Dr. Nicole Klinner

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DIE AUTOREN

www.zfuw.org PDF: 12.09.2017

DIE AUTOREN

GIANFRANCO WALSH

Prof. Dr. Gianfranco Walsh studierte BWL in Lüneburg und Management Science in Manchester. Nach der Promotion am Lehrstuhl für allgemeine Betriebswirtschafts-lehre und Marketing II an der Universität Hannover im Jahr 2001 übernahm er die Leitung einer universitären Forschungsgruppe im Bereich Energie-Marketing. Nach seiner erfolgreichen Habilitation im Jahr 2004 war Gianfranco Walsh als Senior Lec-turer in Marketing an der University of Strathclyde Business School tätig. Von 2006 bis 2011 war er Professor für Marketing and Electronic Retailing an der Universität Koblenz-Landau. Seit 2011 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebs-wirtschaftslehre und Marketing an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

THOMAS KILIAN

JProf. Dr. Thomas Kilian studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Lüne-burg mit den Schwerpunkten Umweltmanagement und Wirtschaftsinformatik. Nach Abschluss des Studiums war er maßgeblich an der Gründung eines Internet-Startups beteiligt und gewann einen Businessplanwettbewerb in Hamburg. Im Jahr 2002 ging er an das Institut für Marketing an der Universität Hannover und schloss seine Dis-sertation im Jahr 2004 ab. Die Doktorarbeit wurde vom Energie Institut Linz/Österreich mit einem Dissertationspreis ausgezeichnet. Von Juli 2006 an war Thomas Kilian am Institut für Management der Universität Koblenz-Landau zu-nächst in der Arbeitsgruppe Marketing and Electronic Retailing tätig, seit Oktober

2010 leitet er als Junior-Professor die Arbeitsgruppe Medien- und Dienstleistungsmanagement (MuD). Dr. Kilian hat umfangreiche Erfahrungen in der Beratung von privaten wie auch öffentlichen Unternehmen, mit den Schwerpunkten Marketing und Marktforschung.

NICOLE KLINNER

Dr. Nicole Klinner studierte von 2000 bis 2004 Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Koblenz. Nach ihrem Diplom wechselte sie an die Universität Koblenz-Landau und belegte dort den Master-Studiengang Informationsmanagement, den sie 2007 abschloss. Im Rahmen ihres Master-Studiums absolvierte sie ein Auslands-semester an der Universität St. Gallen (HSG). Von 2007 bis 2011 arbeitete sie an ihrer Dissertation, welche durch die Studienstiftung des Deutschen Volkes gefördert wurde. Ihre Promotion konnte sie im April 2011 erfolgreich abschließen. Im März 2011 begann Frau Dr. Nicole Klinner ihre Tätigkeit als Produktmanagerin bei der Akademie Deutscher Genossenschaften ADG e.V. Seit Juli 2014 ist sie Teamleiterin

des Bereichs ADG Individual.

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INHALTSVERZEICHNIS

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INHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGS- UND AKRONYMVERZEICHNIS ......................................................... 7

LERNZIELE .............................................................................................................. 9

01. MERKMALE DES INVESTITIONSGÜTERMARKETING ...................................... 11

01.1 DEFINITION ........................................................................................................................... 12

01.2 CHARAKTERISTIKA VON INVESTITIONSGÜTERMÄRKTEN..................................................... 16

01.3 GESCHÄFTSTYPEN IM INVESTITIONSGÜTERMARKETING .................................................... 19

01.4 ÜBUNGS- UND SELBSTKONTROLLAUFGABEN ...................................................................... 23

02. ANSÄTZE ZUR ERKLÄRUNG DES ORGANISATIONALEN KAUFVERHALTENS ... 24

02.1 KAUFSITUATIONEN .............................................................................................................. 24

02.2 KAUFPROZESS ...................................................................................................................... 25

02.3 DAS BUYING CENTER-MODELL ALS ERKLÄRUNGSMODELL DES ORGANISATIONALEN KAUFVERHALTENS ................................................................................................................ 30

02.4 EINFLUSSGRÖßEN AUF DAS BUYING CENTER ...................................................................... 34

02.5 ÜBUNGS- UND SELBSTKONTROLLAUFGABEN ...................................................................... 37

03. STRATEGISCHE BESONDERHEITEN IM INVESTITIONSGÜTERMARKETING ..... 38

03.1 ABNEHMERGERICHTETE STRATEGIEN ................................................................................. 40

03.2 KONKURRENZGERICHTETE STRATEGIEN .............................................................................. 44

03.3 ÜBUNGS- UND SELBSTKONTROLLAUFGABEN ...................................................................... 46

04. OPERATIVE BESONDERHEITEN IM INVESTITIONSGÜTERMARKETING ........... 47

04.1 PRODUKT .............................................................................................................................. 47

04.2 PREIS ..................................................................................................................................... 51

04.3 VERTRIEB .............................................................................................................................. 55

04.4 KOMMUNIKATION ............................................................................................................... 56

04.5 MARKTFORSCHUNG ............................................................................................................. 59

04.6 KUNDENBINDUNG IM INVESTITIONSGÜTERMARKETING .................................................... 64

04.7 ÜBUNGS- UND SELBSTKONTROLLAUFGABEN ...................................................................... 69

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INHALTSVERZEICHNIS

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FALLSTUDIE CONTRACTING ................................................................................... 70

LÖSUNGSHINWEISE ZU DEN ÜBUNGS- UND SELBSTKONTROLLAUFGABEN ............ 73

ABBILDUNGSVERZEICHNIS .................................................................................... 83

LITERATURVERZEICHNIS ....................................................................................... 85

GRUNDLAGENLITERATUR ....................................................................................................................85

LITERATUR ZUR VERTIEFUNG ..............................................................................................................86

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ABKÜRZUNGS- UND AKRONYMVERZEICHNIS

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ABKÜRZUNGS- UND AKRONYMVERZEICHNIS

Abb. Abbildung

AKW Atomkraftwerk

B2B Business to Business

bspw. beispielsweise

bzgl. bezüglich

bzw. beziehungsweise

d.h. das heißt

et al. und andere

etc. et cetera (lateinisch) = und so weiter

ERP Enterprise Resource Planning (englisch) = „Planung des Einsatzes der Unternehmens-ressourcen“

f. folgende

ff. fortfolgende

ggf. gegebenenfalls

Hrsg. Herausgeber

i.e.S. im engeren Sinne

i.d.R. in der Regel

Kap. Kapitel

No. Number

S. Seite

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ABKÜRZUNGS- UND AKRONYMVERZEICHNIS

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SAP Systeme, Anwendungen, Produkte in der Datenverarbeitung

u.a. unter anderem

usw. und so weiter

vgl. vergleiche

Vol. Volume (Band)

z.B. zum Beispiel

z.T. zum Teil

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LERNZIELE

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LERNZIELE

• Nach dem Durcharbeiten dieses Studienbriefes „Investitionsgütermarketing“ sollte der Leser in der Lage sein…

• …Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Investitions- und Konsumgütermarketing zu kennen und Investitionsgütermärkte von Konsumgütermärkten abzugrenzen,

• …wichtige Typologien des Investitionsgütermarketing erläutern zu können, • …das Buying Center-Modell erklären zu können, • …weitere Faktoren, die das Kaufverhalten von Institutionen bestimmen, zu erklären, …Entscheidungsprobleme von Investitionsgüteranbietern und Kurznachfragern, spezielle Entschei-•

dungen über Ziele und Zielbildungsprozesse, über Marktsegmentierungsstrategien und -verfahren, über Marktforschungsinhalte und -methoden sowie über die Marketing-Mix-Gestaltung zu beschrei-ben.

Um eine größere Anschaulichkeit der theoretischen Inhalte zu ermöglichen, werden diese anhand von Bei-spielen illustriert. Zur Beschreibung der Prozesse im Investitionsgütermarketing bietet sich – nicht zuletzt aufgrund der enormen wirtschaftlichen Bedeutung – die Energiebranche an, so dass ein Großteil der ge-wählten Beispiele aus diesem Bereich stammt.

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MERKMALE DES INVESTITIONSGÜTERMARKETING

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01. MERKMALE DES INVESTITIONSGÜTER-MARKETING

Der Markt für Investitionsgüter ist mit einem Umsatzvolumen von rund 8 Billionen Euro deutlich größer als der Konsumgütermarkt (vgl. Statistisches Bundesamt 2015). Die meisten Unternehmen verkaufen nicht an Endverbraucher, sondern an andere Unternehmen. Einem einzigen Verkauf an Endverbraucher gehen viele Wertschöpfungsstufen und Transaktionen zwischen den vorgeschalteten Produzen-ten voran. Grund dafür ist, dass im Rahmen unserer arbeitsteilig organisierten Wirtschaft die Bestandteile eines fertigen Produktes über sehr viele Stufen gekauft, verarbeitet bzw. veredelt und weiterverkauft werden, bevor das Produkt den End-verbraucher erreicht.

Investitionsgütermarketing wurde erstmals im Zusammenhang mit Marketing von technisch sehr anspruchsvollen Produkten, wie Industrieanlagen oder Baumaschi-nen verwendet. Die umweltrelevanten und an Bedeutung gewinnenden Energiean-lagen zählen zu den aktuellen Beispielen für Investitionsgüter. Die Bezeichnung Investitionsgut suggeriert, dass es sich um ein Produkt handeln muss, das beim Kunden im Zusammenhang mit einer nicht unerheblichen Investitionsentscheidung steht (z.B. einer neuen Energieanlage). Aber auch die Vermarktung von Produkti-onsmaterial (z.B. Chemikalien) ist dem Bereich des Investitionsgütermarketing zuzuschreiben (vgl. Walsh/Deseniss/Kilian 2013, S. 439f.).

Anbieter von Investitionsgütern haben im Vergleich zu Anbietern von Konsumgü-tern (auf weitgehend anonymen Massenmärkten) zwar weniger direkte Kunden, aber dafür viel größere Absatzvolumina pro Kunden. Die erzielten Umsätze mit Unternehmen übersteigen deshalb bei weitem die mit Endverbrauchern. Zwar tref-fen sowohl auf Märkten für Investitionsgüter als auch auf jenen für Konsumgüter Nachfrager Kaufentscheidungen, um Bedürfnisse zu befriedigen. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Unterschieden zwischen den Märkten insbesondere in den Marktstrukturen und der Art der Nachfrage (vgl. Kotler et al. 2007, S. 361 sowie 01.2).

Die Nachfrageseite auf dem Markt für Investitionsgüter umfasst alle Organisatio-nen, die Güter und Dienstleistungen nachfragen, um sie in der eigenen Produktion zu verwenden, sie weiterzuverkaufen oder zu vermieten, zu verleasen oder auf andere Weise gewerblich zu verwenden. Bei Kaufentscheidungsprozessen wird von diesen institutionellen Käufern ein Bedarf festgestellt, anschließend Produkte alternativer Marken und Lieferanten identifiziert, geprüft und ausgewählt (vgl. ausführlich 02.2).

Relevanz des Investi-tionsgütermarketing

Abgrenzung zu Konsumgütermärkten

Kaufentscheidungs-prozesse bei Investitionsgütern

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MERKMALE DES INVESTITIONSGÜTERMARKETING

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Unternehmen, die den Absatz an andere Wirtschaftsunternehmen anstreben, müs-sen um erfolgreich zu sein die Märkte für Investitionsgüter und das Kaufverhalten der Institutionen (Unternehmen, Organisationen) verstehen (vgl. Kotler et al. 2007, S. 356).

01.1 DEFINITION

„Leistungen, die von Organisationen (Nicht-Konsumenten) beschafft werden, um mit ihrem Einsatz (Ge- oder Verbrauch) weitere Güter für die Fremdbedarfsde-ckung zu erstellen oder um sie unverändert an andere Organisationen weiterzu-veräußern, die diese Leistungserstellung vornehmen“ (Engelhardt/Günter 1981, S. 24) werden als Investitionsgüter (vgl. Walsh/Deseniss/Kilian 2013, S. 439f.) oder Industriegüter (vgl. Backhaus/Voeth 2007, S. 3) bezeichnet.

Der Hauptunterschied zwischen Investitions- und Konsumgütern besteht darin, dass Nachfrager keine Endverbraucher, sondern Organisationen wie z.B. Industrie-unternehmen oder öffentliche Verwaltungen sind. Die Tatsache, dass im Investiti-onsgütermarketing Kunden eben nicht die privaten Kunden sind, stellt das zentrale Kriterium für die Abgrenzung des Investitionsgüter- vom Konsumgüterbegriff dar. Außerdem sind die Komplexität der Leistung und der Kaufentscheidung sowie der Transaktionswert bei Investitionsgütern in aller Regel deutlich höher als bei Kon-sumgütern (vgl. Walsh/Deseniss/Kilian 2013, S. 442f.).

Nach der klassischen Definition von Engelhardt/Günther (1981) sind Investitions-güter Produkte, die von Organisationen beschafft werden, um weitere Produkte zu erstellen (z.B. Portioniermaschine in der Lebensmittelproduktion). Dieses Be-griffsverständnis führt in Verbindung mit dem generischen Verständnis des Pro-duktbegriffs (nachdem das Produkt als Oberbegriff für Sachgüter und Dienstleis-tungen dient) dazu, dass sowohl produzierende Industrieunternehmen als auch Dienstleister im Rahmen des Investitionsgütermarketing als Kunden und Anbieter von Investitionsgütern auftreten können. Demnach umfasst Investitionsgütermarke-ting auch Vermarktungssituationen, die nicht intuitiv diesem Bereich zuzuordnen sind, bspw. die durch eine Gebäudereinigungsunternehmen erbrachte Dienstleis-tung (vgl. Homburg/Krohmer 2003, S. 881).

Der Begriff „Investitionsgütermarketing“ wurde in der Phase der Ausdifferenzie-rung des allgemeinen Marketingansatzes Ende der 1970er Jahre entwickelt und kann, ähnlich dem Dienstleistungsmarketing, dem Zweig der produkt- und anwen-dungsbezogenen Ausdifferenzierung zugeordnet werden. Die Notwendigkeit der Betrachtung eines gesonderten Marketing für Investitionsgüter ergab sich seinerzeit aus der wachsenden Komplexität von Vermarktungsprozessen im Investitionsgü-

Investitionsgüter

Abgrenzung zu Konsumgütern

Produktdimensionen der Investitionsgüter

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MERKMALE DES INVESTITIONSGÜTERMARKETING

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tersektor, welche bis dato von Ingenieuren determiniert wurden (vgl. Hansen/Bode 1999, S. 259f.).

Statt des Begriffs Investitionsgütermarketing wird häufig auch der international übliche Begriff Business-to-Business-Marketing („B2B-Marketing“) synonym verwendet. Bei B2B-Marketing handelt es sich um Marketing zwischen zwei Or-ganisationen (vgl. Walsh/Deseniss/Kilian 2013, S. 442), also alle Bereiche des Marketing, die sich nicht direkt an private Endabnehmer wenden. Hierunter fallen Austauschprozesse zwischen Beschaffungs- und Absatzbereich von Organisationen jeglicher Art (vgl. Richter 2001, S. 12). Der Ausschluss des Endkonsumenten stellt zugleich das Hauptmerkmal für die Abgrenzung des B2B-Bereiches vom Konsum-güterbereich dar (vgl. Godefroid 2000, S. 23). B2B-Marketing bezeichnet demnach die Absatz- und Beschaffungsprozesse anbietender und nachfragender Organisati-onen, also von Industrie-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmen untereinander oder zwischen gewerblichen Unternehmen und öffentlichen Institutionen (vgl. Richter 2001, S. 12), wie Verwaltungen.

Die Aktionsbereiche des B2B-Marketing untergliedern sich in Investitionsgüter-marketing, Trade Marketing (vgl. Belz et al. 1999, S. 9) und Handelsmarketing, sofern dieses nicht auf den Endkonsumenten ausgerichtet ist. Einen Überblick über die Marketingbeziehungen innerhalb des B2B-Bereiches vermittelt Abb. 01.1.

Beim Investitionsgütermarketing vermarkten Herstellerunternehmen ihrer Leistun-gen direkt oder unter Nutzung von Absatzmittlern an Geschäftskunden, die die Produkte selbst verwenden bzw. verbrauchen. Beim Trade Marketing (bzw. beim Handelsmarketing) vertreiben die Herstellerunternehmen ihre Produkte an den Einzelhandel (bzw. Großhandel), der die Güter dann seinerseits weiterverkauft. In den deutschsprachigen Marketingwissenschaften wird hierbei häufig auch vom vertikalen Marketing (vertikal entlang der Wertschöpfungskette) gesprochen.

Business-to-Business-Marketing

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MERKMALE DES INVESTITIONSGÜTERMARKETING

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Abb. 01.1: Übersicht Business-to-Business Marketing (in Anlehnung an: Godefroid 2000, S. 26).

Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich primär mit dem Investitionsgüter-marketing in einem engeren Sinne also ohne Trade und Handelsmarketing.

Eine Gleichsetzung mit dem Begriff „Industriegütermarketing“, bzw. mit der ang-loamerikanischen Begrifflichkeit „Industrial-Marketing“, kann schließlich missver-ständlich sein, da bei wortgetreuer Übersetzung „Industries“ „Branchen“ bedeutet. Industrial-Marketing kann demnach branchenspezifisches Marketing bedeuten, was auch die Konsumgüterbranche umfassen kann (vgl. Richter 2001, S. 12). Daher wird im Folgenden die Bezeichnung des Investitionsgütermarketing bevorzugt.

Da bisher keine explizite Definition des Begriffes Investitionsgütermarketing er-folgte, sollen im Folgenden zwei Definitionsansätze erwähnt werden.

Richter (2001, S. 35) definiert Investitionsgütermarketing als „auf Nachfrageorga-nisationen gerichtet, problemlösungs- und wettbewerbsorientierte Absatzpolitik von Investitionsgüter unterschiedlichen Spezifitätsgrades anbietenden Organisatio-nen mit dem Ziel der Befriedigung investiver und produktiver Bedürfnisse der Nachfrager sowie der Realisierung eigener Wettbewerbsvorteile. Es umfasst alle strategischen und operativen Entscheidungsprozesse und Aktivitäten der Akquisiti-on, Entwicklung und Bereitstellung von Investitionsleistungen. Dem Charakter der Geschäftsbeziehung entsprechend ist Investitionsgütermarketing Einzelgeschäfts-marketing oder Geschäftsbeziehungsmarketing. Die Bestimmungsfaktoren des Investitionsgütermarketing sind somit Organisationalität, Spezifität und Relationa-

Hersteller von Leistungen

Geschäftskunden

Absatzmittler

Investitionsgütermarketing TradeMarketing

Handels-marketing

Großhandel

Einzelhandel

Industriegüter-marketing

Investitionsgüter-marketing

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MERKMALE DES INVESTITIONSGÜTERMARKETING

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lität, die in engen Wechselbeziehungen zueinander stehen und durch entsprechende Variablen gekennzeichnet sind.“

Diese Begriffsbestimmung fokussiert v.a. auf die Nachfragerorganisation als Ob-jekt des Investitionsgütermarketing, das im Rahmen eines einzelkundenorientierten Beziehungsmarketing gewonnen werden soll. In dieser absatzorientierten Sicht des Investitionsgütermarketing finden die Wettbewerbsorientierung und die Generie-rung von Wettbewerbsvorteilen besondere Betonung. Hervorgehoben werden fer-ner als Determinanten des Investitionsgütermarketing die Organisationalität als Ausdruck eines Kollektiventscheidungsprozesses bei Absatz und Beschaffung von Investitionsgütern durch Organisationen, durch die Spezifität von Investitionsgü-tern, die sich auf einem Kontinuum von standardisiert bis spezialisiert ansiedeln lässt und durch die Relationalität, welche die Häufigkeit sowie das Ausmaß der Geschäftsbeziehung der an diesen ökonomischen Transaktionen beteiligten Orga-nisationen umschreibt. Diese drei Bestimmungsfaktoren stehen in enger Wechsel-beziehung zueinander (vgl. Richter 2001, S. 29ff.).

Ein weiterer Definitionsansatz stammt von Klaiber (1997, S. 14): „Investitionsgü-termarketing bezeichnet soziale und ökonomische Prozesse, über die eine Organi-sation, repräsentiert durch Individuen oder Gruppen, den Absatz von Gütern bzw. Leistungen fördert, die von den Abnehmern zur Erstellung weiterer Güter oder Leistungen eingesetzt werden. Darüber hinaus wird über diese Prozesse auch der eigene Bedarf an Gütern und Leistungen sichergestellt. Eine Organisation ist zur Wahrnehmung dieser Aufgaben gefordert, sich auf die Bedürfnisse und Wünsche der Austauschpartner einzustellen, die im Rahmen von Tauschprozessen artikuliert und befriedigt werden. Durch Planung, Koordination und Kontrolle kann aber auch auf die Entstehung und Entwicklung von Bedürfnissen beim Tauschpartner einge-wirkt werden.“

Bei Klaibers nach eigener Ansicht sehr weitem Definitionsansatz wird Zusammen-arbeit zwischen Unternehmen unter das Investitionsgütermarketing subsumiert, welche nicht vorrangig im Aktionsbereich eines Absatzmarketing von investiven Gütern und Leistungen fällt, wie z.B. Entwicklungspartnerschaften, womit Klaibers Begriffsbestimmung nicht in dem Maße wettbewerbsorientiert erscheint wie die von Richter. Wie schon bei Richters Definition lässt sich auch hier eine Tendenz zur Kundenorientierung und eine Beziehungskomponente im Investitionsgütermar-keting erkennen, erweitert um eine Einflussnahme auf den Partner.

Beide Definitionen spiegeln insgesamt die besonderen Eigenschaften von Investiti-onsgütermärkten wider, wobei Investitionsgüter bzw. investive Güter und Leistun-gen vorrangig nicht für einen anonymen Markt erstellt werden, der persönliche Verkauf je nach Spezifität eine besondere Stellung einnimmt und daraus langfristi-ge Geschäftsbeziehungen und Kooperationen der Partnerorganisationen resultieren.