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Marc Wierzbitzki German A1 Higher Level Hockerill Anglo-European College 00-0815-083 Oral Presentation Handout IB Session May 2012 Inwiefern kann Kommissär Hans Bärlach in „Der Verdacht“ als „mutiger Mensch“ im Sinne Dürrenmatts angesehen werden? Dürrenmatts Definition eines „mutigen Menschen“: 1. Dürrenmatts Auffassung von Mut ist die Individualität eines Einzelnen. Jeder Mensch, der individuell und eigenständig gegenüber dem Kollektiv handelt , ist demnach ein mutiger Mensch. 2. In Dürrenmatts Augen ist ein mutiger Mensch einer, der der Wirklichkeit ins Auge sieht und mit ihr kämpft . 3. Ein mutiger Mensch ist einer, der die Wirklichkeit akzeptiert . Treffen diese Aspekte auf Kommissär Hans Bärlach zu? 1. Bärlach handelt eigenständig, individuell: „>>Willst du mir nicht sagen, warum du bleich geworden bist wie ein Toter, als ich dir dieses Bild im >Life< zeigte?<< fragte der Kranke. [...] >>Es war ein lächerlicher Irrtum, Hans<<, sagte er. >>Nicht der Rede wert<< „Der Verdacht“, Seite 7 Bärlach geht seinem „Verdacht“ auf die Spur, währenddessen Hungertobel ihn vollkommen ignoriert: "Ich möchte das nicht, verstehst du? Ich bin ein alter Arzt und möchte niemandem Böses getan haben. Dein Verdacht ist ein Wahnsinn. Man kann doch nicht auf eine bloße Photographie hin einen Menschen einfach verdächtigen, um so weniger, als das Bild nicht viel vom Gesicht zeigt. Und außerdem war er in Chile, das ist eine Tatsache.“ Hungertobel: „Der Verdacht“, Seite 9 Hierin zeigt sich die Kritik Dürrenmatts am Spießbürgertum / den Schweizern in der Nachkriegszeit, die auch ignorant waren Dürrenmatt, Friedrich: „Der Verdacht“, Zürich: Diogenes Verlag, 1985 Dürrenmatt, Friedrich: „Die Physiker“, Zürich: Diogenes Verlag, 1998 http://www.youtube.com/watch? v=W1810uX7PJs&feature=results_video&playnext=1&list= PL1CDBE898C5F1076E , aufgerufen am 15.12.2011 14:37 CET

Inwiefern kann Kommissär Hans Bärlach in „Der Verdacht“ als „mutiger Mensch“ im Sinne Dürrenmatts angesehen werden?

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Dies ist das Handout zu meiner German A1 Presentation zu dem Thema: "Inwiefern kann Kommissär Hans Bärlach in „Der Verdacht“ als „mutiger Mensch“ im Sinne Dürrenmatts angesehen werden?"

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Marc Wierzbitzki German A1 Higher Level Hockerill Anglo-European College

00-0815-083 Oral Presentation Handout IB Session May 2012

Inwiefern kann Kommissär Hans Bärlach in „Der Verdacht“ als „mutiger Mensch“ im Sinne Dürrenmatts angesehen werden?

Dürrenmatts Definition eines „mutigen Menschen“:

1. Dürrenmatts Auffassung von Mut ist die Individualität eines Einzelnen. Jeder Mensch, der individuell und eigenständig gegenüber dem Kollektiv handelt, ist demnach ein mutiger Mensch.

2. In Dürrenmatts Augen ist ein mutiger Mensch einer, der der Wirklichkeit ins Auge sieht und mit ihr kämpft.

3. Ein mutiger Mensch ist einer, der die Wirklichkeit akzeptiert.

Treffen diese Aspekte auf Kommissär Hans Bärlach zu?

1. Bärlach handelt eigenständig, individuell:

„>>Willst du mir nicht sagen, warum du bleich geworden bist wie ein Toter, als ich dir dieses Bild im >Life< zeigte?<< fragte der Kranke. [...]>>Es war ein lächerlicher Irrtum, Hans<<, sagte er. >>Nicht der Rede wert<<

„Der Verdacht“, Seite 7

Bärlach geht seinem „Verdacht“ auf die Spur, währenddessen Hungertobel ihn vollkommen ignoriert:

"Ich möchte das nicht, verstehst du? Ich bin ein alter Arzt und möchte niemandem Böses getan haben. Dein Verdacht ist ein Wahnsinn. Man kann doch nicht auf eine bloße Photographie hin einen Menschen einfach verdächtigen, um so weniger, als das Bild nicht viel vom Gesicht zeigt. Und außerdem war er in Chile, das ist eine Tatsache.“

Hungertobel: „Der Verdacht“, Seite 9

Hierin zeigt sich die Kritik Dürrenmatts am Spießbürgertum / den Schweizern in der Nachkriegszeit, die auch ignorant waren und nicht glaubten, ein Kriegsverbrecher könne sich in der neutralen Schweiz verstecken.

✔ Deswegen ist Bärlach ein Individuum und er handelt eigenständig gegenüber dem Kollektiv.

2. Er sieht der Wirklichkeit ins Auge, kämpft mit ihr:

">>An seiner Furcht wird [Emmenberger] krepieren.<<, antwortete der Alte unbeweglich.“

„Der Verdacht“, Seite 71

Dürrenmatt, Friedrich: „Der Verdacht“, Zürich: Diogenes Verlag, 1985Dürrenmatt, Friedrich: „Die Physiker“, Zürich: Diogenes Verlag, 1998http://www.youtube.com/watch?v=W1810uX7PJs&feature=results_video&playnext=1&list= PL1CDBE898C5F1076E , aufgerufen am 15.12.2011 14:37 CET

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Marc Wierzbitzki German A1 Higher Level Hockerill Anglo-European College

00-0815-083 Oral Presentation Handout IB Session May 2012Bärlach will versuchen mit der Wahrheit zu kämpfen, geht dabei jedoch sehr naiv vor. Er sieht der Wahrheit auch ins Auge, indem er sich in Emmenbergers Spital begibt.

✔ Deswegen kann gesagt werden, dass Bärlach der Wahrheit ins Auge sieht und zumindest versucht mit ihr zu kämpfen.

3. Er akzeptiert die Wirklichkeit nicht, hofft bis zuletzt, versucht zu entkommen

„Er läutete einmal, zweimal, mehrere Male. Er wartete. Vielleicht konnte er noch mit Schwester Kläri reden. Vielleicht, da[ss] ein Zufall ihn Retten konnte.“

„Der Verdacht“, Seite 114

Er akzeptiert nicht, dass er sich (genau wie Möbius) „in sein eigenes Gefängnis begeben hat“. Er versucht bis zuletzt daraus zu entkommen:

„Er kratzte an der Türe, da ihm das Schlagen mit der Faust zu mühsam wurde. Wie eine Ratte, dachte er.“

„Der Verdacht“, Seite 114

Schließlich akzeptiert er die Wirklichkeit jedoch nicht, er unterliegt ihr einfach und scheitert:

„Bärlach richtete sich halb auf, lehnte sich gegen den Operationstisch mit dem Oberkörper, ein alter, sitzender, kranker Mann, allein und hilflos.“

„Der Verdacht“, Seite 115

✖ Deswegen kann gesagt werden, dass er die Wirklichkeit nicht akzeptiert, er resigniert nicht, sondern unterliegt ihr.

Kann Bärlach trotzdem noch ein „mutiger Mensch“ sein?

Bärlach ist ein Individuum und er versucht gegen Emmenberger zu kämpfen. Dabei geht er allerdings zu naiv vor, da er glaubt, die ganze Zeit „die Fäden in der Hand“ zu haben. Diese Naivität zeigt sich vor allem bei seiner Eingangsuntersuchung, als er sich schon in Emmenbergers Territorium befindet und diesen herausfordert:

">>Das ist einfach<, lachte der Alte. >>Sie spüren Krankheiten auf und ich Kriegsverbrecher.<<"

„Der Verdacht“, Seite 68

Meiner Meinung nach ist Bärlach also nur bedingt mutig, vor allem aber ist er sehr naiv. Außerdem muss er scheitern:

"Wir können als einzelne die Welt nicht retten, das wäre eine ebenso hoffnungslose Arbeit wie die des armen Sisyphos […]“

„Der Verdacht“, Seite 119Dürrenmatt, Friedrich: „Der Verdacht“, Zürich: Diogenes Verlag, 1985Dürrenmatt, Friedrich: „Die Physiker“, Zürich: Diogenes Verlag, 1998http://www.youtube.com/watch?v=W1810uX7PJs&feature=results_video&playnext=1&list= PL1CDBE898C5F1076E , aufgerufen am 15.12.2011 14:37 CET