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36 G. MALOR~Y: Ionenaustauschvorg~nge im Muskel bei Kohlensi~urevergifttmg. Fall. 0der die t~iickresorption miil~te vermehrt sein. Das ist unwahr- scheinlich, da Atropin ja auch sonst Sekretionen hemmt, also die ,,l~ticksekretion" fSrdern mfil]te. Fiir die Sekretion yon Wasser und ihre Hemmung durch Atropin spricht auch folgendes: Phenolrot, dessen Sekretion durch den Tubulusapparat sichergestellt ist, wird unter Atropin vermindert sezerniert. Dabei wird also eine Sekretion sicher gehemmt. Phenolrotzufuhr bewirkt bei geeigneten Bedingungen (200 400 mg Phenolrot in i0 em3 Wasser intravenSs) vermehrte Wasserausscheidung. Dabei nimmt also das sicher sezer- nierte Phenolrot Wasser (und Chlorid) mit, d.h. gleichzeitig wird die Wasser- und Chloridsekretion angeregt. Diese Wassersekretion 1/~l~t sich gleiehzeitig mit der Phenolrotsekretion durch Atropin hemmen. Dal~ Atropin eine spezifische Wirkung auf das Tubulusepithel hat, geht daraus hervor, dab nicht jede Diurese gehemmt wird. Die durch theophyllinfreies Salyrg,m beim Hunde unter den Bedingungen der Grunddiurese, d. h. ohne Belastung, erzeugte Vermehrung der Wasser- und Chlorausscheidung liel3 sieh durch Atropin nicht hemmen. Im Gegenteil wurde der Salyrguneffekt Ineist um 50~250% gesteigert. Daraus geht hervor, dal] Salyrgan, wie auch yon anderen angenommen wird, durch Verminderung der l~iickresorption wirksam ist, nicht aber durch Beteiligung der Sekretion. Die Verst~rkung der Salyrgan- diurese dutch Atropin finder ihre Erkl/irung dadurch, dab Atropin nicht nut den sezernierenden, sondern auch den riickresorbierenden Teit des Tubulusapparates hemmt. So kommt es zu einer Diuresevermehrung dann, wenn die laufende Sel~retion das Biid nicht verwischt. Wir kSnnen deshatb auch unter den Bedingungen der Grunddiurese~ also beim hungernden und durstenden Tier, nach Atropin eine Diurese~cer- mehrung beobaehten, die gleiehfalls dureh Hemmung der Riick- resorption zu erkl~ren ist. Gerade diese Versuche zeigen, da$ die ge- schilderten Wirkungen des Atropins an der Niere spezifisch sind und dab man imstande ist, mit Hilfe des Atropins zur K1/~rungdes Wirkungs- meehanismus der Diuretika beizutragen. Dabei bleibt ungekli~rt, ob tier primi~re Angriffspunkt ffir diese Atropinwirkungen zentral oder peripher gelegen ist. 16. G. MALORNY (Kiel) : Ionenaustauschvorg~inge im Muskel bei Kohlen- s~iurevergiftung. Durch S~urebelastung sollte ein Einblick in das Pufferungsver- mSgen des Muskels und damit auch in den Mineralhaushalt des Ge- webes gewonnen werden. Hierfiir eignet sich die Kohlens/iure wegen ihrer leichten Eliminierbarkeit, ihrer guten Dosierbarkeit und ihrer physiologischen l~eizwirkung besonders gut. Es zeigte sich, dab der

Ionenaustauschvorgänge im Muskel bei Kohlensäurevergiftung

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Page 1: Ionenaustauschvorgänge im Muskel bei Kohlensäurevergiftung

36 G. MALOR~Y: Ionenaustauschvorg~nge im Muskel bei Kohlensi~urevergifttmg.

Fall. 0der die t~iickresorption miil~te vermehrt sein. Das ist unwahr- scheinlich, da Atropin ja auch sonst Sekretionen hemmt, also die ,,l~ticksekretion" fSrdern mfil]te. Fiir die Sekretion yon Wasser und ihre Hemmung durch Atropin spricht auch folgendes:

Phenolrot, dessen Sekretion durch den Tubulusapparat sichergestellt ist, wird unter Atropin vermindert sezerniert. Dabei wird also eine Sekretion sicher gehemmt. Phenolrotzufuhr bewirkt bei geeigneten Bedingungen (200 400 mg Phenolrot in i0 em 3 Wasser intravenSs) vermehrte Wasserausscheidung. Dabei nimmt also das sicher sezer- nierte Phenolrot Wasser (und Chlorid) mit, d.h. gleichzeitig wird die Wasser- und Chloridsekretion angeregt. Diese Wassersekretion 1/~l~t sich gleiehzeitig mit der Phenolrotsekretion durch Atropin hemmen. Dal~ Atropin eine spezifische Wirkung auf das Tubulusepithel hat, geht daraus hervor, dab nicht jede Diurese gehemmt wird. Die durch theophyllinfreies Salyrg,m beim Hunde unter den Bedingungen der Grunddiurese, d. h. ohne Belastung, erzeugte Vermehrung der Wasser- und Chlorausscheidung liel3 sieh durch Atropin nicht hemmen. Im Gegenteil wurde der Salyrguneffekt Ineist um 50~250% gesteigert. Daraus geht hervor, dal] Salyrgan, wie auch yon anderen angenommen wird, durch Verminderung der l~iickresorption wirksam ist, nicht aber durch Beteiligung der Sekretion. Die Verst~rkung der Salyrgan- diurese dutch Atropin finder ihre Erkl/irung dadurch, dab Atropin nicht nut den sezernierenden, sondern auch den riickresorbierenden Teit des Tubulusapparates hemmt. So kommt es zu einer Diuresevermehrung dann, wenn die laufende Sel~retion das Biid nicht verwischt. Wir kSnnen deshatb auch unter den Bedingungen der Grunddiurese~ also beim hungernden und durstenden Tier, nach Atropin eine Diurese~cer- mehrung beobaehten, die gleiehfalls dureh Hemmung der Riick- resorption zu erkl~ren ist. Gerade diese Versuche zeigen, da$ die ge- schilderten Wirkungen des Atropins an der Niere spezifisch sind und dab man imstande ist, mit Hilfe des Atropins zur K1/~rung des Wirkungs- meehanismus der Diuretika beizutragen. Dabei bleibt ungekli~rt, ob tier primi~re Angriffspunkt ffir diese Atropinwirkungen zentral oder peripher gelegen ist.

16. G. MALORNY (Kiel) : Ionenaustauschvorg~inge im Muskel bei Kohlen- s~iurevergiftung.

Durch S~urebelastung sollte ein Einblick in das Pufferungsver- mSgen des Muskels und damit auch in den Mineralhaushalt des Ge- webes gewonnen werden. Hierfiir eignet sich die Kohlens/iure wegen ihrer leichten Eliminierbarkeit, ihrer guten Dosierbarkeit und ihrer physiologischen l~eizwirkung besonders gut. Es zeigte sich, dab der

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KSrper durch Basenmobitisierung, im wesentl ichen yon K und Na, den S~ureeinfluB bei den niederen I~onzentfationen ~on 2- -7 ¥0] . -% CO~ rol l zu kompensieren versteht . Dabei kommt es zur Basenauf- nahme in den ~uske l , der dafiir It" abgibt. Bei den hohen C02-Konzen- t rat ionen yon 10--34 Vo].-% versagt dieser Regulationsmechanismus und es kommt zur schweren, unkompensierten C02-Azid0se in Blur und Gewebe.

In Versuch genommen wurden Hunde, Katzen und Kaninchen, die in gas- dichten, 400 Liter fassenden BehMtern ffir die Dauer yon 2 6 Stunden wechseln- den CO~-Spannungen yon 1 5 2 6 0 mm ausgesetzt wurden. Vor dem Versuch wurde Blur aus der A. carotis entnommen und durch Gef~l~unterbindung eine Extremit~t aus dem Kreislauf ausgeschaltet. Auf diese Weise wurde der Mineral- gehalt des Muskels fixiert. ~qach dem Versuch wurden die Tiere entblutet und Muskel- sowie Blutproben zur Analyse entnommen.

Als Ergebnisse lassen sich im Blut feststellen: Vermehrung der Gesamtelektrolyte, ~or allem yon Na, K und C1, clurch verst/~rkten Einstrom yon Gewebsflfissigkeit unter Mitwirkung des Kreislaufs. Als Folge der seit langem bekannten Cl'/HC0a-Austauschvorg/~nge werden im Plasma Basen/iquivalente zur Bikarbonatbindung frei, ein Vorgang, der, durch das Hamog]ob in unterstfi tzt , bei niederer COu- Spannung und entsprechend langer Einwirkung einen Alkalireserve- anstieg yon 8- -17% bewirkt. Bei den hohen C02-Konzentrat ionen f~llt die Alkalireserve um 1 0 2 5 % des Ausgangswertes ab, begleitet yon pH-Senkungen bis auf 6,98. Sehr bemerkenswert ist der Anstieg des I ( im Serum, der wegen des gleichzeitigen Ca'Abfalls zu einer um so gr5Beren Steigerung des K/Ca-Quotienten ffihrt. Das K s tammt, wenigstens bei den ¥ersuchen an Hfind und Katze, nicht aus den Erythrozyten.

Von groBer Bedeutung fiir die Ionenaugtauschprozesse sind die Wasserverschiebungen zwisehen Blut und Gewebe. Durch Serumein- dickung im Gefolge des osmotischen Ausgleichs mit den Ery th rozy ten kommt es bei den niederen C02-Konzentrationen im nicht mi t CO s ges/ittigten Serum zu einem Anstieg des kolloidosmotischen Drucks um 11%. Bei den hohen Konzentrat ionen n immt der Kolloiddruck infolge der starken Hydr/tmie und einer Versehiebung des Albumin/Glo- bulhiquotienten um 20% im Mittel ab. Die Folge ist ein Anstieg der Trockensubstanz des Muskels. ])as Lebergewebe hingegen zeigt eine Troekensubstanzabnahme, woraus sich eine Wechselwirkung mi t dem ~¢Iuskel erkennen l~l~t, man sieht also, dal3 di e prim~ren Wasserver- schiebungen im Sys tem Plasma/BlutkSrperehen osmoregulatorische Wirkungen im Gewebe zeitigen.

Als wichtigste Ergebnisse im Gewebe lassen sich auf Grund yon mehr als 800 ~[uskelanalysen feststellen. In der Muskulatur steigen die

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38 M. KIESE : l~ber Verdoglobine.

beiden Hauptbasen K und Na in analytisch gut faBbarem AusmaBe an, auch hier wieder bei den niederen CO2-Spannungen in stiirkerem Umfange als bei den hSheren, wo sogar Abnahmen beobaehtet werden. Dies gilt namentlich fiir das leicht mobilisierbare Na. Es bildet nach unseren Vorstellungen sog. Membrandepots an der )/[uskelfaser, w~ihrend das K als wichtigster Binnenelektrolyt im Zellinneren in frei diffusibler Form "¢orkommt und in einem elektrostatisch erzwungenen Gleichgewicht zur Au]3enl5sung steht. Die Bewegungen des K und Na verlaufen gleichsinnig. Ein gegenseitiger Austausch, wie z .B. bei der Muskelermfidung, wird nicht beobachtet. Als Austauschkation kommt in den vor]iegenden Versuchen lediglich das I-I" in l~rage. Das Blut mit seinem grSl3eren PufferungsvermSgen und seiner F~higkeit, I-I" leichter zu eliminieren, bewahrt durch die ]3asenbereitstellung und durch die Aufnahme yon H" den Muskel mSglichst lange vor der drohenden Azidose. Die Basenmobilisierung erfolgt offenbar in den mneren Organen, eventuell auch in der Haut. In der Leber ist ein Na- und K-Schwund naehweisbarl Das Blut selbst fungiert nur als Zwi. schentr'~ger fiir diese Ionenaustauschvorg~nge.

Um die Elektrolytverschiebungen im Muskel besser beurteilen zu kSnnen, mui~ man eine strenge Scheidung zwischen dem extrazelluliiren Raum und der reinen Muskelfaser vornehmen. Der extrazellulKre Raum lal3t sich mit Hilfe der ermittelten C1-Werte berechnen un te r der An- nahme, dab s'~mtliches C1 der Blut- und Gewebsfliissigkeit angehSrt. Fiir die C1-Freiheit der Muskelzelle gibt es viele Beweise. So ist es mSglich, sSmtliche Na- und K-Analysen auf die frische oder trockene 1VIuskelfaser umzurechnen. Die reaktionsregulatorische Gesamtalkali- vermehrung l ~ t sich am besten nach Umreehnung in mMol veranschau- lichen. Danach steigen die Basen bei niederen CO2-Konzentrationen im Serum im ~¢[ittel yon 154 auf 162 mMol, in der Muskelfaser yon 113 auf 125 mMol an, d. h. um 5 bzw. l l %. Bei hohen CO2-Konzentrationen ist die Basensteigerung im Serum geringer und fehlt im Muskel nahezu ganzlich. Das Fehlen der kompensatorischen Basenvermehrung bei der schweren CO~-Vergiftung laBt sich als depressiver H'-Effekt auffassen.

Diskussion: HEUBNER.

17. M. KIESE (Kiel): ~ber Verdoglobine. 1VIit dem Namen ,,Verdoglobine" wird eine Gruppe yon Proteinen

bezeichnet, die griine prothetisehe Gruppen haben, welche dem H~m nahestehen, also Porphyrinderivate sind. Zu ihnen geh5ren das ,,Sulf- ~ h~moglobin" (Verdoglobins)~ mehrere Blutfarbstoffderivate, die unter der Wirkung verschiedener Gifte im Blute auftreten, das sauerstoff- iibertragende •erment und die Verdoperoxydase. Zwei Verdog!obin~