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UVW Das 60. Jahrgang ISSN 0018-2974 Hochschulwesen UniversitätsVerlagWebler HSW Forschung über Studierende n Heranbildung der Forschungskompetenz von Studenten in China — Am Beispiel der Übungsstrategie im Fremdsprachencollege der Universität Zhejiang n Bologna: Was ist die Haltung der Studierenden? n Wie sind Studierende mit Migrationshintergrund definiert bzw. charakterisiert und haben sie mehr Probleme im Studium? Ergebnisse aus einer Studierendenbefragung an der Universität Duisburg-Essen n Studierende mit Migrationshintergrund: Eine Gruppe mit speziellen Unterstützungsbedarfen? Zur Studiensituation an der ländlich gelegenen Universität Vechta n Leistungsvergleich im vertrauten und im nicht vertrauten Prüfungsformat Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik www.hochschulwesen.info www.universitaetsverlagwebler.de 2 2012

ISSN 0018-2974 60. Jahrgang HSW - Hochschulwesen · 2015. 1. 8. · UVW Das 60. Jahrgang ISSN 0018-2974 Hochschulwesen UniversitätsVerlagWebler HSW Forschung über Studierende n

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UVW

Das

60. Jahrgang

ISSN 0018-2974

Hochschulwesen

UniversitätsVerlagWebler

HSW

Forschung über Studierende

n Heranbildung der Forschungskompetenz von Studenten in China — Am Beispiel der Übungsstrategie im

Fremdsprachencollege der Universität Zhejiang

n Bologna: Was ist die Haltung der Studierenden?

n Wie sind Studierende mit Migrationshintergrund definiert bzw.charakterisiert und haben sie mehr Probleme im Studium?

Ergebnisse aus einer Studierendenbefragung an der Universität Duisburg-Essen

n Studierende mit Migrationshintergrund: Eine Gruppe mit speziellen Unterstützungsbedarfen?

Zur Studiensituation an der ländlich gelegenen Universität Vechta

n Leistungsvergleich im vertrauten und im nicht vertrauten Prüfungsformat

Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik

www.hochschulwesen.infowww.universitaetsverlagwebler.de

2 2012

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Christa Cremer-Renz, Prof. Dr. päd., Universität LüneburgGustav-Wilhelm Bathke, Prof. Dr. sc.phil., Universität Halle-

WittenbergLudwig Huber, Prof. em. Dr. phil., Dr. h.c., Universität

BielefeldClemens Klockner, Prof. Dr. h.c. mult., bis Dezember 2008

Präsident der Fachhochschule Wiesbaden Jürgen Lüthje, Dr. jur., Dr. h.c., HamburgBeate Meffert, Prof. Dr.-Ing., Humboldt-Universität zu

Berlin

Klaus Palandt, Dr. jur., Min. Dirig. a.D., Landesbergen b.Hannover

Ulrich Teichler, Prof. em. Dr. phil., Universität KasselWolff-Dietrich Webler, Prof. Dr. rer. soc., Universität Bergen

(Norwegen), Institut für Wissenschafts- und Bildungs -forschung Bielefeld (geschäftsführend)

Andrä Wolter, Prof. Dr. phil., Humboldt-Universität zu Ber-lin, Institut f. Erziehungswissenschaften, Abt. Hochschul-forschung

Herausgeber

Herausgeber-BeiratChristian Bode, Dr., ehem. Gen. Sekr. DAAD, Bonn Rüdiger vom Bruch, Prof. Dr., Berlin Michael Deneke, Dr., Darmstadt Karin Gavin-Kramer, M.A., Berlin Lydia Hartwig, Dr., stellv. Leiterin, Bayer. Staatsinstitut für

Hochschulforschung und -planungSigurd Höllinger, Prof. Dr., ehem. Sektionschef im BM. Wiss.

u. Fo., WienGerd Köhler, Mitglied des Stiftungsrats der Universität

Frankfurt/M & des Hochschulrates der UniversitätHalle/Saale (ehem. Leiter des Vorstandsbereichs Hoch-

schule und Forschung im Hauptvorstand der GEW),Frankfurt am Main

Sigrid Metz-Göckel, Prof. em. Dr., Dortmund Jürgen Mittelstraß, Prof. Dr., Konstanz Ronald Mönch, Prof. Dr. h.c., EmdenJan H. Olbertz, Prof. Dr. sc., Präsident der Humboldt-Univer-

sität zu Berlin, ehem. Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt

Jürgen Schlegel, Min.Dirig. a.D., ehem. Gen. Sekr. GWK,Bonn

Johannes Wildt, Prof. ehem. Dr. Dr. h.c., Dortmund

Hinweise für die AutorenIn dieser Zeitschrift werden i.d.R. nur Origialbeiträge publi-ziert. Sie werden doppelt begutachtet. Die Autor/innenversichern, den Beitrag nicht zu gleicher Zeit an andererStelle zur Publikation angeboten zu haben. Beiträge werdennur dann angenommen, wenn die Autor/innen den Gegen-stand nicht in vergleichbarer Weise in einem anderen Me-dium behandeln. Senden Sie bitte das Manuskript alsWord-Datei und Abbildungen als JPG-Dateien per E-Mailan die Redaktion (Adresse siehe Impressum).

Wichtige Vorgaben zu Textformatierungen und beigefügtenFotos, Zeichnungen sowie Abbildungen erhalten Sie in den„Autorenhinweisen” auf unserer Verlags-Homepage:„www.universitaetsverlagwebler.de”.

Ausführliche Informationen zu den in diesem Heft aufge-führten Verlagsprodukten erhalten Sie ebenfalls auf derzuvor genannten Verlags-Homepage.

ImpressumVerlag und AbonnementverwaltungUVW UniversitätsVerlagWeblerDer Fachverlag für HochschulthemenBünder Str. 1-3, 33613 BielefeldTel.: (0521) 92 36 10-12, Fax: (0521) 92 36 10-22E-Mail: [email protected]

Satz: UVW, E-Mail: [email protected]Übersetzung editorial: J. Knieper & R. Robbel

Druck: Hans Gieselmann, Ackerstr. 54, 33649 Bielefeld

Anzeigen:Das HSW veröffentlicht Verlagsanzeigen, Ausschreibungenund Stellenanzeigen. Aufträge sind an den Verlag zu rich-ten. Die jeweils gültigen Anzeigenpreise sind folgenderHome page zu entnehmen: „www.hochschulwesen.info”.

Bezugspreis:Jahresabonnement: 92 Euro/Einzelpreis: 16 EuroAlle Preise verstehen sich zuzüglich Versandkosten. DasJahresabonnement verlängert sich automatisch um 1 Jahr,wenn es nicht bis 6 Wochen vor Jahresende schriftlichgekündigt wird.

Erscheinungsweise: 6mal jährlichRedaktionsschluss: 18.04.2012

Grafik:Ute Weber Grafik Design, MünchenGesetzt in der Linotype Syntax Regular

Copyright: UVW UniversitätsVerlagWeblerDie mit Verfassernamen gekennzeichneten Beiträge gebennicht in jedem Falle die Auffassung der Herausgeber bzw.Redaktion wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskrip-te/Rezenzionsexemplare wird keine Verpflichtung zur Veröf-fentlichung/Besprechung übernommen. Sie können nurzurückgegeben werden, wenn dies ausdrücklich gewünschtwird und ausreichendes Rückporto beigefügt ist. Die Urhe-berrechte der hier veröffentlichten Artikel, Fotos und Anzei-gen bleiben bei der Redaktion. Der Nachdruck ist nur mitschriftlicher Genehmigung des Verlages gestattet.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhe-berrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages un-zulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfälti-gungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein-speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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2 2012

60. Jahrgang

Gegründet 1953 als „Das Hochschulwesen”, vereinigtmit „Hochschulausbildung. Zeitschrift für Hochschulfor-schung und Hochschuldidaktik”, gegründet 1982 vonder Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik (AHD).

HSW

Das

Forum für Hochschulforschung, -praxis und -politik

Hochschulwesen

37

Einführung des geschäftsführenden Herausgebers

Seitenbl ick auf die Schwesterzeitschr i ften

IVHauptbeiträge der aktuellen Hefte Fo, HM, ZBS, P-OE und QiW

Hochschulforschung

51

Ursula M. MüllerWie sind Studierende mit Migrationshintergrund definiertbzw. charakterisiert und haben sie mehr Probleme im Studium? - Ergebnisse aus einer Studierenden befragungan der Universität Duisburg-Essen

58

Yvette Völschow & Maike BajaaStudierende mit Migrationshintergrund: Eine Gruppe mit speziellen Unterstützungsbedarfen?Zur Studiensituation an der ländlich gelegenen Universität Vechta

Hochschulentwicklung/-pol it ik

45Dominik Allenspach & Vera HusfeldtBologna: Was ist die Haltung der Studierenden?

67

Oskar Frischenschlager, Lukas Mitterauer, Kadriye Burcu Coskun & Gerald HaidingerLeistungsvergleich im vertrauten und im nicht vertrauten Prüfungsformat

38

Shen GuoqinHeranbildung der Forschungskompetenz von Studenten in China — Am Beispiel der Übungsstrategie im Fremdsprachencollege der Universität Zhejiang

71

Michael Bailey & Des Freedman: The Assault on Universities: A Manifesto for Resistance. (Christian Potschka)

Rezension

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HSW 2/2012

im UniversitätsVerlagWebler erhältlich:

Sandra Mittag, Rüdiger Mutz & Hans-Dieter Daniel:

Institutionelle Qualitätssicherung der Lehre auf dem Prüfstand: Eine Fallstudie an der ETH Zürich

Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde das Qualitäts-siche-rungssystem der ETH Zürich im Bereich Lehre einerumfassenden Meta-Evaluation unterzogen.

Das Qualitätssicherungssystem stützt sich auf die vier In-strumente Lehrveranstaltungsbeurteilung, Absolventen-befragung, Selbsteva-luation und Peer Review.

Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass die ETHZürich über etablierte Qualitätssicherungsinstrumenteverfügt, die weitestgehend akzeptiert sind.

Allerdings bestehen bei allen vier Instrumenten Optimie-rungspotentiale.

ISBN 3-937026-74-6, Bielefeld 2012, 115 S.

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Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

Jenna Voss: Zielgerade Promotion. Auszüge aus dem Tagebuch einer Doktorandin

Maja hat sich entschlossen, ihren beruflichen Traum wahr zu machen:

Sie will eine Doktorarbeit schreiben und Wissenschaftlerin werden.

Zuversichtlich startet sie ihr Promotionsprojekt, doch der Weg zumTitel wird schon bald zu einem unberechenbaren Schlängelpfaddurch unübersichtliches Gelände.

Ihr Projekt verwandelt sich in ein siebenköpfiges Ungeheuer, das siezu verschlingen droht.

Doch sie gibt nicht auf.

Das Tagebuch beschreibt den Umgang mit Höhen und Tiefen beimSchreiben einer Doktorarbeit auf der Prozessebene.

Die Ich-Erzählerin, Maja, schildert ihre Erfahrungen und zeigt Mög-lichkeiten und konkrete Bewältigungsstrategien auf, mit denen sieschwierige Phasen, Zweifel, Konflikte, Blockaden und sonstige Hür-den in der Promotionsphase erfolgreich überwindet.

Sie nutzt ihre Erkenntnisse für eine tiefgreifende Persönlichkeitsent-wicklung. Ihre beharrliche Selbstreflexion führt sie durch alle Hinder-nisse hindurch bis zum Ziel.

Reihe C

ampus-Literatur

3-937026-75-4, Bielefeld 2012, 124 S., 18.90 Euro

Bestellung - E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

demnächst im UniversitätsVerlagWebler:

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E in füh rung des geschä f t s füh rend en He r ausgebe r s HSW

37HSW 2/2012

durchgeführt. Zunächst stand die Eingrenzung des Ge-genstandes an. Dem widmet sich der erste Teil der vonUrsula M. Müller hier vorgestellten Studie Wie sind Stu-dierende mit Migrationshintergrund definiert bzw. cha-rakterisiert und haben sie mehr Probleme im Studium?Ergebnisse aus einer Studierendenbefragung an der Uni-versität Duisburg-Essen. Was unter „Migrationshinter-grund” verstanden wird und wie jeweils „Bildungshinter-grund” definiert wird, zeigt bei der Durchsicht unter-schiedlicher Studien bereits eine erstaunliche Bandbrei-te. Die dann folgende Untersuchung, ob diese Gruppemehr oder spezifische Studienprobleme aufweist, findetein zunächst überraschendes, aber dann ganz plausiblesErgebnis.

Yvette Völschow & Maike Bajaa untersuchen in ihremBeitrag Studierende mit Migrationshintergrund: EineGruppe mit speziellen Unterstützungsbedarfen? Zur Stu-diensituation an der ländlich gelegenen UniversitätVechta die spezifischen lokalen Verhältnisse und lieferndadurch eine verlässliche Informationsbasis, um prüfenzu können, ob besondere Unterstützungsangebote not-wendig sind, und wie die aussehen müssten. Sie kom-men jedoch zu ähnlichen Ergebnissen wie die Kollegin inDuisburg-Essen.

Ein Team aus Oskar Frischenschlager, Lukas Mitterauer,Kadriye Burcu Coskun & Gerald Haidinger hat an derMedizinischen Universität Wien im Zuge der dortigenStudien- und Prüfungsreform eine empirische Studiezum Leistungsvergleich im vertrauten und im nicht ver-trauten Prüfungsformat durchgeführt. Anlass war dielaufende Beobachtung, „dass das Prüfungsformat nichtnur das Lernverhalten sondern auch die Ergebnisse be-einflusst”. Die aus der Studie gewonnenen Erkenntnissesind beachtlich, weswegen wir diese Darstellung beson-ders gerne veröffentlichen.

W.D.W.

W.-D. Webler

In China werden mehr und mehr die positiven Wirkun-gen des forschenden Lernens für den Kompetenzerwerbbis hin zur Persönlichkeitsentwicklung erkannt und ein-gesetzt. An manche Grundidee der HumboldtschenUniversität (hier vor allem die Einheit von Forschungund Lehre) bewusst anknüpfend, strebt die UniversitätZhejiang danach, sich kontinuierlich in Richtung Welt-spitze zu verbessern. Shen Guoquin (Germanistik-Pro-fessorin dort) berichtet in ihrem Beitrag Heranbildungder Forschungskompetenz von Studenten in China – AmBeispiel der Übungsstrategie im Fremdsprachencollegeder Universität Zhejiang über die zugrundeliegendenKonzepte und die praktische Organisation. Dies ge-schieht zeitgleich damit, dass in manchen Fachberei-chen in Deutschland Kontroversen darüber entbrennen,ob das Bachelorstudium überhaupt ein wissenschaftli-ches Studium sein soll und falls ja, wie das denn insWerk zu setzen sei.

In Verbindung mit der Debatte um die Bologna-Reformwerden in vielen Studien immer wieder höchst wider-sprüchliche Daten über die Studierenden und ihre Ein-stellungen veröffentlicht. Gibt es eine aussagefähigeBasis? Dieser Frage gehen die schweizerischen AutorenDominik Allenspach & Vera Husfeldt in ihrem Artikel: Bologna: Was ist die Haltung der Studierenden? metho-denkritisch-vergleichend nach und kommen zu neuen,differenzierenden Erkenntnissen.

Die Ergebnisse der Schulforschung und der Hochschul-forschung mit den Stichworten Heterogenität/Vielfaltund Inklusion und der daraus resultierenden Forderung,die z.T. alarmierend erhöhten Abbrecherquoten zu sen-ken, haben zunächst zu einem erhöhten Interesse anempirischen Erkenntnissen über diese Gruppen von Bil-dungsaus- und -inländern geführt. Die inzwischen exis -tierenden umfangreichen und verdienstvollen Surveyskönnen aber lokalspezifische Kenntnisse über die am je-weiligen Studienort existierenden Verhältnisse nicht er-setzen. Außerdem weisen sie z.T. Lücken auf, die aber anbestimmten Orten von besonderem Interesse sind.Daher kommt es verstärkt zu lokalen Studien, von denenzwei hier im HSW präsentiert werden.

Die Universität Duisburg-Essen weist mit etwa 25%einen deutlich höheren (vielleicht sogar höchsten) Anteilan Studierenden mit Migrationshintergrund auf als derbundesweite Durchschnitt. Kein Wunder also, dass sichdie Hochschule intensiv damit beschäftigt. Auf Veranlas-sung des dort existierenden Prorektorats für DiversityManagement wurde eine große Studierendenbefragung

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38 HSW 2/2012

HSWHochschu len tw i ck lung / -po l i t i k

In diesem Beitrag wird zuerst der Begriff „Forschungs-kompetenz“ erläutet, und zwar aus zwei Aspekten, näm-lich der Begriff der Kompetenz im Allgemeinen und derBegriff der Forschungskompetenz im Besonderen. An -schließend wird in Anlehnung an das Bildungsideal derUniversität Zhejiang und an die Übungsstrategie imFremdsprachencollege erklärt, wie die Forschungskom-petenz von Studenten an chinesischen Universitätenherangebildet wird. Zum Schluss werden Wirkungen derÜbungsstrategie aus didaktischer Perspektive und ausden Daten der Fragebogen analysiert und zugleich wirddie Behauptung aufgestellt, dass die Studenten voneiner zielorientierten Forschungsübung sehr profitierenkönnen und später noch größerer Wert auf die praxisori-entierte Forschungsübung an Universitäten gelegt wer-den soll.

1. Begriff der Kompetenz im Allgemeinen und Begriff der Forschungskompetenz im Besonderen

Im modernen Zeitalter werden Wissenschaft, Technikund Fachkräfte als ausschlaggebende Faktoren einer Na-tion bezeichnet. Seit der Durchführung des politischenProgramms „Aufschwung durch Wissenschaft, Technikund Bildung“ ist die Heranbildung von Studenten mitForschungskompetenz zu einer der wichtigsten Aufga-ben der chinesischen Universitäten geworden. Bevor ichauf die Frage zu sprechen komme, wie die Forschungs-kompetenz der Studierenden an chinesischen Univer-sitäten herangebildet wird, möchte ich zuerst den Be-griff „Forschungskompetenz“ erläuten, und zwar unterzwei Aspekten, nämlich dem Begriff der „Kompetenz“im Allgemeinen und dem Begriff „Forschungskompe-tenz“ im Besonderen.

Der Begriff „Kompetenz“ leitet sich aus dem lateinischenWort „Competentia“ ab. Laut Duden (Drosdowski 1989,S. 866) bedeutet dieser Begriff „Fähigkeit“ oder „Zustän-digkeit“. Kompetent zu sein heißt dann, sachverständig,befähigt, zuständig, maßgebend und befugt zu sein (Liu2006, S. 125), anders gesagt, mit der Kompetenz wirddamit gemeint, dass der Mensch imstande ist, ein kom-plexes Bedürfnis zu befriedigen oder eine komplexeTätigkeit auszuführen bzw. eine komplexe Aufgabe zubewältigen. Heinz Klippert hat im Rahmen der „pädagogischenSchulentwicklung“ sein Konzept als das „Neue Haus desLernens“ entwickelt (Klippert 2002, S. 40), worin er diepersönliche Kompetenz wie Fach-, Methoden- und So -zialkompetenz als Schlüsselkompetenzen der Schülerund Studenten definiert. Zugleich weist er darauf hin,dass Forschungskompetenz mit jeder Kompetenz im Zu-sammenhang steht und er argumentiert damit: Zuerst istdie Forschungskompetenz ein Teil der Fachkompetenz,die „in didaktischer Hinsicht eine Wiederholung undVertiefung des Lernstoffes einfordert“ (Klippert 2002, S.40). Zweitens können Schüler und Studenten bei derwissenschaftlichen Forschung die Methodenkompetenzerweitern, die sich nicht nur auf fachspezifische, sondernauch auf Lern- und Forschungsmethoden, wie systema-tisches Organisieren eines Projektes, Verfassen der wis-senschaftlichen Arbeit usw. bezieht. Nicht zuletzt ist dieForschungskompetenz von der Sozialkompetenz abhän-gig, die in einer Forschungsgruppe bei der Teamarbeit zuerreichen ist. In Anlehnung daran kann man die For-schungskompetenz der Studenten wie folgt definieren: • Forschungsbewusstsein: Forschungskompetenz kann

vor allem als Bewusstsein und Interesse, jede For-schungsgelegenheit zu ergreifen, und als Zuversicht aufden Forschungserfolg definiert werden.

In China, the positive effects of discovery learning for the acquisition of competency and personal developmentare recognized and used more and more. Deliberately building on some basic ideas of the Humboldtian universi-ty (especially the unity of research and teaching), the Zhejiang University strives to continuously improve in thedirection of world leaders. Shen Guoquin (German philology professor at said university) reports in her articleTraining Up the Research Skills of Students in China - an Example of the Exercise Strategy in the Foreign Lan guageCollege of Zhejiang University about the underlying concepts and the practical organization. This occurs simulta-neously with controversies flaring up in some faculties in Germany about whether the bachelor's programme issupposed to be a scientific study and, if so, how this is to be brought about.

Shen Guoqin

Heranbildung der Forschungskompetenz von Studenten in China — Am Beispiel der Übungsstrategie im Fremdsprachencollege der Universität Zhejiang

Shen Guoqin

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39HSW 2/2012

S. Guoqin n Heranbildung der Forschungskompetenz von Studenten in China HSW• Klarheit über Forschungsprozesse: Im Mittelpunkt

eines Forschungsprojektes stehen nicht nur For-schungsergebnisse, sondern auch Forschungsmetho-den und Forschungserfahrungen, die bei der Durch-führung der Forschung verwendet oder gesammeltwerden. Daher bezieht sich Forschungskompetenz imRahmen dieser Arbeit darauf, dass sich Studenten überForschungsprozesse Klarheit verschaffen und bereitsind, jeden Forschungsprozess gewissenhaft durchzu-führen.

• Handlungsfähigkeit im Forschungsprojekt: Auf derdritten Ebene geht es um die praktische Fähigkeit zurDurchführung eines Forschungsvorhabens, wie zumBeispiel genaue Festlegung des Forschungszieles, Er-stellung eines Projektstrukturplanes, Darstellung derErgebnisse, Bewertung des Arbeitsprozesses sowie Re-flexion des Gesamtprojektes usw.

Im Verlauf der Erläuterung wird deutlich, dass die For-schungskompetenz keine eindimensionale, sondern einemehrdimensionale Kunst ist, die die Leidenschaft derStudenten, die Klarheit über die Komplexität eines Pro-jektes, die Organisation der Forschungsarbeit, denTeamgeist sowie die Zuversicht enthält, die Forschungs-projekte erfolgreich vollenden zu können.

2. Übungsstrategie der Forschungskompetenzvon Studierenden im Fremdsprachen-college der Universität Zhejiang

2.1 Das Bildungsideal und das Bildungsziel der Univer-sität ZhejiangUnter dem Begriff „Universität“ versteht man nach derUniversitätsidee Humboldts einen Ort, in dem For-schung und Lehre getrieben werden, weil im Vorder-grund der Universitätskonzeption Humboldts einewechselseitige Beziehung zwischen Forschung undLehre besteht. „Universitäten sind die Gemeinschaftenvon Wissenschaftlern und die gesellschaftlichen Orte zurEntwicklung, Diskussion und Aneignung von wissen-schaftlichen Wissen und Methoden“ (Euler 2005, S.255). Daher sollte Universität großes Gewicht auf„zweckfreie Sucht nach wissenschaftlicher Wahrheit”(Vorländer 2003, S. 429-431) legen und die Studieren-den dazu motivieren, sich in einer angemessenen At-mosphäre Forschungskompetenzen beim kritischen Stu-dium anzueignen und zu erweitern.Seit jeher hat China die Kernaspekte der HumboldtschenIdee der Universität: Einheit von Forschung und Lehreals Meilenstein und Vorbild in der Bildungsreform ange-sehen, um auf diese Weise die Heranbildung des kreati-ven Nachwuchses zu ermöglichen.Die Universität Zhejiang ist eine der besten Universitä-ten in China, die unerschütterlich nach der weltweit er-strangigen Universität strebt. Um die Wiege der hoch-qualifizierten innovativen Fachkräfte zu werden, wirdfolgendes Bildungsideal der Universität als wichtigesMittel zur Erreichung des Ziels betrachtet:• Der Geist „Wahrheitsgetreu“: „Wahrheitsgetreu“ hat

an der Universität Zhejiang eine lange Tradition. Zieldieses wissenschaftlichen Geistes ist, exzellenten

Nachwuchs mit gesellschaftlicher Verantwortung, wis-senschaftlichem Geist sowie kritischer und selbständi-ger Denkfähigkeit heranzubilden.

• Das Prinzip „Wissen, Können und Qualität“: In diesemPrinzip geht es darum, dass nicht nur Fachkenntnissegeschätzt werden sollen, sondern auch umfassendeFähigkeiten bzw. allseitige Qualifikationen der Studen-ten sollen durch Praxis verstärkt werden. Dies wird so-wohl als die Grundlage wie auch als Triebkraft für wis-senschaftliche Karriere betrachtet.

Im Zusammenhang mit dem o.g. Grundziel der Univer-sität hat das Fremdsprachencollege ein eigenes Bil-dungsmodell entwickelt und humanistische Bildung,Anwendungsorientierung sowie Forschungskompetenzwerden als grundsätzliches Bildungsziel des Fremdspra-chencolleges betrachtet.Im Folgenden werden die konkreten Maßnahmen zumTraining der Forschungs- und Innovationsfähigkeit derStudenten im Fremdsprachencollege der UniversitätZhejiang dargestellt.

2.2 Übungsstrategie im Fremdsprachencollege der Uni-versität Zhejiang 2.2.1 Festlegung der Forschung als vorrangige Aufgabedes Colleges Das Fremdsprachencollege ist eines der geisteswissen-schaftlichen Colleges an der Universität Zhejiang, dieeine sehr lange Geschichte und gute Tradition hintersich haben. Im Laufe der Zeit wurden in diesem Collegeviele berühmte Gelehrte, die im nationalen Fremdspra-chenbereich einflussreich sind, ausgebildet. Aber ausunterschiedlichen Gründen weist das Lehr- und Organi-sationsmodell des Colleges viele Mängel auf. Als einCollege an einer berühmten ForschungsuniversitätChinas musste es diese Situation ändern, um den gesell-schaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Die Col-legeleitung ist zur Erkenntnis gekommen, dass dieHeranbildung der Forschungskompetenz der Studentengute Forschungskompetenz des Lehrpersonals voraus-setzt, weil die Forschungskompetenz der Lehrer eng mitder Forschungskompetenz der Studenten zusammen-hängt. Daher legt das College die Forschung als vorran-gige Aufgabe des Colleges fest. Im Jahr 2003 wurden Fa-kultäten abgeschafft, stattdessen 12 Forschungsinstitutegegründet. Diese Systemreform führt zur Einheit vonForschung und Lehre. Ferner wird eine Reihe von kon-kreten Maßnahmen ergriffen, damit sich das Collegeschrittweise von einem lehrzentrierten in ein for-schungszentriertes College verwandelt. Dies wird hiernicht im Einzelnen behandelt.Es ist aber hier zu bemerken, dass das College nicht dieRolle der Lehre unterschätzen will, wenn es Forschungals die Hauptaufgabe betrachtet. In gewissem Grade istForschung auch eine Form der Lehre und Forschungkann Lehre fördern, weil Lehrer ihre Forschungsergeb-nisse in ihrer Lehre anwenden können.

2.2.2 Reform des CurriculumsDem Bildungsziel des Colleges entsprechend hat dasCollege sein Curriculum reformiert und das neue Curri-culum setzt sich aus fünf Teilen zusammen, nämlich aus

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HSW 2/201240

Hochschulentwicklung/-politik HSWVeranstaltungen zum Allgemeinwissen (mit mindestens48 Punkten), aus dem Grundfachkurs (mit mindestens42 Punkten, darunter 33 Punkte Pflichtkurs und 9 Punk-te Wahlkurs), aus dem Fachkurs (mit mindestens 60Punkten, darunter Pflichtkurs 46, Bachelorarbeit 8Punkte, Praktikum 6 Punkte), aus dem Wahlkurs im an-deren Fachbereich (mit mindestens 10 Punkten) undForschungsprojekten außerhalb des Curriculums (4Punkten). Wer die Mindestpunktzahl von 164 Punktenerreicht hat, kann das Studium beenden.*Aus diesem Curriculum ist ersichtlich, dass der Fachkursden größten Anteil am Curriculum hat. Er besteht über-wiegend aus Seminaren, und alle Seminare sind Pflicht-kurse. Der Fachkurs wird auch durch Praktikum und Ba-chelor-Arbeit ergänzt. Seminare gliedern sich wiederum in unterschiedlicheModule, beispielsweise in Sprachekenntnisse, Didaktik,Landeskunde, Wirtschaft und Literatur des Zielsprache-landes. In den Seminaren sollen Studenten zu bestimm-ten Themen reflektierte Seminararbeiten schreiben undpräsentieren, damit sie sich auf diese Weise mit den Me-thoden der Forschungsarbeit vertraut machen.Das Praktikum wird in der Regel während der Ferien ge-macht. Durch das Praktikum kann die Entscheidungs-fähigkeit und Organisationskompetenz der Studentenherangebildet werden. Darüber hinaus kann das autono-me Denken und der Teamgeist der Studenten gefördertwerden. Die während des Praktikums gesammelten Er-fahrungen sind sehr vorteilhaft für die spätere Entwick-lung der Studenten. Veranstaltungen zum Allgemeinwissen: Dieser Teil desStudiums bezieht sich vor allem auf Vorlesungen überPolitik, Fremdsprachen, Computertechnik sowie Ein-führungen in andere Fachrichtungen. Sie werden in derRegel im ersten und zweiten Studienjahr belegt. Ihr Zielbesteht darin, den Studenten zur Erhöhung ihrer Allge-meinbildung, zur Entwicklung unterschiedlicher Denk-weisen und zur Erweiterung ihres Wissenshorizonts zuverhelfen. Forschungsprojekte außerhalb des Curriculums: Trotzdes geringsten Anteils am Curriculum haben sie sich alsein unentbehrliches Mittel zur Förderung der Schlüssel-kompetenz der Studenten bewährt. Die meisten Stu-denten zeigen großes Interesse daran. Bei dieser prakti-schen Gelegenheit befassen sie sich in Gruppen unterder Betreuung der Lehrer mit den vom ihnen selbst aus-gewählten Forschungsthemen. Sie recherchieren the-menbezogene Literatur und verfassen mit Hilfe der wis-senschaftlichen Methoden ihre Forschungsarbeit. IhreForschungskompetenzen werden dadurch erweitert.Aus dem Gesamtzusammenhang des bisher Erörtertenkann geschlossen werden, dass das neue Curriculumeine wichtige Maßnahme ist, Studenten mit interdiszi-plinären Kenntnissen und Forschungskompetenz heran-zubilden.

2.2.3 Übungsprogramme und wissenschaftliche Veran-staltungen außerhalb des CurriculumsIm Vergleich zu den Mittelschulen haben Studenten anden Universitäten mehr Freihraum. Aus diesem Hinter-grund kommt die Collegeleitung zur Erkenntnis, dassForschungskompetenz auch in der Freizeit geübt werden

kann. Zur Alternative bietet das Institut einige wissen-schaftliche Übungsprogramme und Veranstaltungen.Wichtige Programme sind vor allem „SRTP-Projekt“ und„Joint-Projekt Videokonferenz“. Im Folgenden werdendie beiden Programme getrennt dargestellt:1) Übungsprogramm „SRTP-Projekt“ : „SRTP“ ist die Ab-kürzung für „Student Research Training Programm“. Seit1998 führt die Universität Zhejiang jährlich dieses Pro-gramm durch mit dem Ziel: • den Studenten einen Zugang zum führenden Fachge-

biet und einen Raum, in dem sie sich frei entfaltenkönnen, zu bieten und

• bei der Durchführung des Projektes die Schlüsselkom-petenz der Studenten wie das Kreativitätsbewußtsein,die Selbständigkeit und Projektkompetenz zu ent-wickeln.

Diese Projekte werden in der Regel in Form von Grup-penarbeit durchgeführt, wobei sich die Projektgruppenin bestimmten Zeiträumen im Jahr aktiv, selbständig undkooperativ mit den Forschungsthemen beschäftigen. AlsForschungsergebnisse präsentieren sie ihre Arbeiten.Inzwischen haben Studenten im Fremdsprachencollegein den Jahren zwischen 2005 und 2010 jeweils 16, 63,75, 77, 74 und 89 Projekte durchgeführt. Die Beteili-gungsrate der Studenten betrug 95% und die Anlei-tungsrate der Professoren etwa 63%. Die Anzahl derTeilnehmer aus dem Institut für Deutschland erhöht sichim Jahr 2010 erheblich: 14 von 20 Germanistik-Studie-renden im 6. Semester haben an 10 Projekten teilge-nommen.*2) Das internationale Joint-Seminar: Ein weiteresÜbungsprojekt ist das internationale Joint-Seminar,nämlich die „Videokonferenz“ zwischen den Studentenvom Institut für Deutschlandstudien an der UniversitätZhejiang und von der Universität Kassel im Fach DaF.,wobei die folgenden angestrebten Lernergebnisse zu er-warten sind: • Fähigkeit zur selbständigen Auswahl des Forschungs-

gegenstandes und Entwicklung einer wissenschaftli-chen Fragestellung,

• Fähigkeit zur Durchführung der Fremdsprachenlehr-und -lernforschung,

• Fähigkeit zur angemessenen Präsentation und kriti-schen Evaluation des eigenen Projektes,

• interkulturelle Kommunikationskompetenz und Fähig-keit zur Teamarbeit durch Diskussion mit deutschenKommilitonen und

• Fremdsprachen- und Medienkompetenzen anhand desMedienwerkzeugs „Videokonferenz“.

Das Joint-Seminar findet einmal in der Woche für zweiStunden statt. Die beiden Gruppen werden weiterhin inkleine Projektgruppen so gegliedert, dass jede Projekt-gruppe aus 3-4 Mitgliedern besteht. In jeder Einheit der Videokonferenz trägt zuerst einechinesische Projektgruppe nach dem vorher versproche-nen Plan ihre Präsentation zu einem bestimmten Themamit Hilfe des PPTs von ca. 30 Minuten vor. Dann folgt

* Diese Daten werden von der Abteilung für Studienangelegenheit der Uni-versität Zhejiang geliefert.

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S. Guoqin n Heranbildung der Forschungskompetenz von Studenten in China HSW

die Diskussion darüber. Anschließend präsentiert einedeutsche Projektgruppe mit Hilfe eines PPTs die von ihrkorrigierten Präsentationen der chinesischen Projekt-gruppen, die letztes Mal präsentiert wurden und äußertdidaktische Reflexionen über die Präsentationen. Allesläuft vor der Kamera mithilfe des Videokommunika -tionssystems. Die Themenauswahl des Seminars erfolgtnach dem Prinzip, die Interessen beider Seiten zuberücksichtigen. Die Themen sollen natürlich auch fürden Kulturaustausch geeignet sein. Zum Schluss solltejeder chinesische Teilnehmer einen Bericht über das ge-wählte Thema schreiben.Die Themen, die von chinesi-schen Projektgruppen präsentiert werden, werden imFolgenden aufgelistet. Sie beziehen sich auf Themen inzwei Semestern: Vor der Videokonferenz haben die Lei-ter beider Seiten ein „Gemeinsames Videokonferenzpro-jektkonzept“ ausgearbeitet, worin die konkreten Aufga-ben und Lernziele der beiden Gruppen festgelegt wer-den. Die Aufgaben der Hangzhouer Gruppe sehen wiefolgt aus:• Themenauswahl-und vorbereitung, Recherche,• Vorbereitung der Präsentationen auf Deutsch,• Vortrag per Videokonferenz,• Beantwortung der Fragen der Kassler Gruppe,• aktive Teihnahme an der Diskussion,• Studie zu den Verbesserungsvorschlägen und Hilfsan-

geboten der Lernpartner.

Die zu erfüllenden Lernziele sehen wie folgt aus:• Erweitung der Gruppenarbeitsfähigkeit, der Diskussi-

ons- und Argumentationsfähigkeit sowie der Fertigkei-ten der deutschen Sprache,

• Aufbau von Forschungskompetenzen und anderenSchlüsselkompetenzen.

Die Kassler Gruppe hat folgende Aufgaben zu erfüllen:

• Perzeption der Präsentationen der chinesischenGruppen,

• Beobachtung des Verlaufs der Videokonferenz,• Fragenstellen und Diskussion nach den Präsentatio-

nen,• Studie der Präsentationen,• Verbesserungsvorschläge und Hilfsangebote der Prä-

sentationen per Videokonferenz,• Empirische Forschung zur Videokonferenz.

Und die Lernziele dieser Gruppe sehen wie folgt aus:• mediendidaktische Analyse neuer Hilfswerkzeuge im

DaF Unterricht,• Teamorientierte didaktische Reflexion über die Prä-

sentationen,• Erweiterung von Medienkompetenzen und Vermitt-

lungskompetenzen der eigenen Kultur,• Erwerb von Schlüsselkompetenzen.

Zusammenfassend kann behauptet werden, dass diebeiden Gruppen ihre Aufgaben und Lernziele gut er-füllt haben. Im Laufe der Videokonferenzen haben sieihre Forschungskompetenzen beträchtlich verbessert.Neben o.g. Programmen beteiligen sich die Studentennoch an der Forschungsarbeit der Professoren, wo-durch sie nicht nur ihren Wissenshorizont erweitert

haben, sondern sich dabei auch wissenschaftliche For-schungsmethoden und Denkweisen erworben haben. Weiterhin bietet das Fremdsprachencollege den Studen-ten regelmäßig wissenschaftliche Vorträge, Diskussionensowie fachbezogene Wettbewerbe mit dem Ziel, dieForschungskompetenz der Studenten allseitig zu ent-wickeln.

3. Bewertung und Wirkungen der Übungsstrategie

Bewertung der Übungsstrategie aus didaktischer Per -s pektiveMit der anhaltenden Erneuerung der Bildungstheorienhaben sich in der modernen Zeit verschiedenartigeLehrmethoden entwickelt, die auf die Bildung der voll-ständigen Menschen abzielen. Im Folgenden werdenzwei didaktische Ansätze kurz erläutert, mit denen Stu-denten beim Studium sowohl Fach-, als auch Sozial-, In-novations-, Handlungs- und Denkkompetenz erwerbenkönnten.

1) Forschendes Lernen:Dem Konzept „Forschendes Lernens“ kommt im Rah-men der Heranbildung der Forschungskompetenz einewichtige Bedeutung zu. Dieses Konzept lässt sich aufHumboldts Ideal der Universität: „Universitäten sind dergesellschaftliche Ort zur Entwicklung, Diskussion undAneignung von wissenschaftlichen Erkenntnissen undMethoden“ zurückführen (Euler 2005, S. 255). Den Be-griff „Forschendes Lernen” können wir auch so verste-hen, dass man von den Studenten verlangt, dass sie ihreRolle zwischen passiven Empfängern und aktiven Fach-kräften bei der Auseinandersetzung mit dem Wissenwechseln und dass die Studenten in eine studentenzen-trierte Lernsituation gebracht werden, in der sie sich das

Tabelle 1: Themen des Sommersemesters 2009

Tabelle 2: Themen des Wintersemester 2010

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Neue wirklich aneignen (Reiber 2007, S. 9). Aber in wel-chem Zusammenhang steht „Forschendes Lernen“ mitder curricularen Struktur? Mit anderen Worten, welcheLehrveranstaltungen können den reibungslosen Ablaufdes „Forschenden Lernens“ gewährleisten? Dies bleibtals zentrale Frage auf der Tagesordnung von Pädagogen.In Projekten lernen gewinnt hierbei an Bedeutung.

2) In Projekten lernenDie Projektidee ist nicht neu, aber in der Pädagogikkommt sie erst in den 70er Jahren des letzten Jahrhun-derts sowohl als Perspektive einer verstärkt diskutiertenSchulreformidee, als auch in der Hochschuldidaktik vor.Kreajci hat das Lernen in Projekten wie folgt definiert:„Mit Projektunterricht bezeichnet man didaktische Un-ternehmungen, die auf Bewältigung eines oft umfangrei-chen und komplexen Vorhabens durch gemeinsame An-strengung von Lernenden und Lehrenden abzielen“(Schuster 1993, S. 194). In diesem Sinne unterscheidetsich der Projektunterricht theoretisch und praktisch vomklassischen Schulunterrricht, weil ihm ein Höchstmaß ancurricularer Offenheit zukommt. Die Studenten könnenin diesem Zeitraum als Subjekte des Lernens, lediglichbegleitet von notwendigen Instruktionen und Anregun-gen ihrer Lehrer ein selbst geplantes Projekt durch-führen, meistens auch ohne strenge Begrenzung von Zeitund Ort.Wie sieht denn die Beziehung zwischen der Übungsstra-tegie im Fremdsprachencollege der Universität Zhejiangund den didaktischen Ansätzen des „Forschenden Ler-nens“ und Projektunterrichts aus? Wie angedeutet, besteht das Hauptziel des Fremdspra-chencollges in der Erweiterung der interdisziplinärenund innovativen Kompetenzen der Studenten durch zie-lorientierte Forschungsübung. Die o.g. drei Maßnah-men, insbesondere die Einführung der Seminare und derÜbungsprogramme „SRTP-Projekt“ und „Joint-ProjektVideokonferenz“, verkörpern genau den Geist des „For-schenden Lernens“ und des Projektunterrichts. Betrachten wir zuerst die Seminare: Als moderne inter-aktive Lehrveranstaltung haben Seminare die Vertiefungund Anwendung des schon von Studenten erworbenenGrundwissens zur Funktion. An der Unviersität Zhejiangwird in den letzten Jahren das Seminarkonzept verstärkteingeführt. Im Institut für Deutschlandstudien zum Bei-spiel werden fast alle intensiven Deutschkurse in den er-sten zwei Studienjahren von Studenten besucht,während das Seminar im dritten und vierten Studienjahreine entscheidende Rolle spielt. Die Seminare bestehenin der Regel aus vier Teilen: Themen auswählen, Mate-rialien sammeln und Referat vorbereiten, Referat haltenund diskutieren sowie Seminararbeit verfassen. Im Semi-nar wird versucht, an konkretem Material problemorien-tiert zu arbeiten, Fragen zu stellen und zu lösen. Dabeiwird gleichberechtigte Teilhabe von Gedanken, Kritikund Auseinandersetzung gefordert. In diesem Sinnewird das Konzept „Forschendes Lernen" zur Erfüllunggebracht und zwar je höher das Seminarniveau ist, destotiefer geht in das Fachgebiet und entsprechend stärkerverlangt vom Studierenden die Forschungskompetenz.Das Joint-Seminar „Videokonferenz“ findet im Rahmeneiner Kommunikationslernform und einer interaktiven

Kooperation zwischen zwei entfernten Standorten statt,wobei die Durchführung eines wissenschaftlichen For-schungsprojektes und die Heranbildung der Schlüssel-qualifikation im Vordergrund stehen. In Anbetracht die-ser Tatsachen kann man behaupten, dass die „Videokon-ferenz" sowohl in Bezug auf die Form als auch in Bezugauf den Inhalt eine wichtige Maßnahme zum For-schungstraining ist. Sie befähigt die Studierenden zumkreativen Denken. Im Folgenden möchte ich näher aufdieses Thema zu sprechen kommen:

Zum interdisziplinären forschenden Lernen Was die Forschungsgegenstände der Videokonferenz an-belangt, so weisen sie in hohem Maße einen interdiszi-plinären oder fachüberschneidenden Charakter auf. DasZusammenspiel der verschiedenen Disziplinen stellt denNährboden für Kreativität dar. Das verkörpert einerseitsdas Wesen der Universität Zhejiang, innovativen Nach-wuchs heranzubilden, andererseits das Bildungsideal,das Zwei-Fächer-Studium zu motivieren und allseitigeFachkräfte heranzubilden. Was die Lernform der Video-konferenz betrifft, so steht eine hochschuldidaktischeInnovation im Vordergrund. Kein Maßstab wird von bei-den Forschungsgruppen erwartet, so dass das Verant-wortungs-, Kooperations- und Gemeinschaftsbewusst-sein der Beteiligten gefördert werden. Diese zugelasseneBeliebigkeit durch keine Lehrbücher, wenig Rahmenbe-dingungen bietet den Teilnehmern eine ungeheureBühne des selbstgesteuert kreativen Lernprozesses undeine Chance der Anwendung der Forschungsmethodenin eigenverantwortlicher Arbeit. Dies verkörpert die Bil-dungsidee der Universität Zhejiang, durch studenten-zentrierte und forschungsorientierte Bildung in dieReihe der besten Universitäten der Welt zu rücken.

Zum Lernen in Projekten Die Videokonferenz gehört zum projektorientierten Ler-nen, in dem den Teilnehmern bei der Auswahl, Vorbe-reitung, Durchführung und Reflexion der Projekte einhohes Maß an Selbstbestimmung zukommt, was einer-seits dem Bildungsideal der Universität und andererseitsden Anforderungen der modernen Gesellschaft an Stu-denten entspricht.

Zur kommunikativen Plattform Die Lernform der Videokonferenz ist durch reflexions -orientierte Diskussion geprägt. Im Hinblick auf diesekommunikative Lernweise ist Videokonferenz nützlichfür die Erhöhung der Ausdrucks- und Formulierungs-fähigkeit der Studenten, so dass diese Lernplattform vielzur Erreichung des sprachlichen Bildungsziels beiträgt.

Zum interkulturellen Ansatz Die Videokonferenz geht aus dem interkulturellen An-satz hervor. Unterschiedliche Lebenserfahrungen undLernsituationen haben oft dazu geführt, dass zweigleichaltrige Gruppen wegen unterschiedlicher Bewer-tungskriterien zu einem selben Thema entgegengesetzteMeinungen aüßern. Man kann schwer beurteilen, werrichtig oder falsch ist, jedoch bietet das den Studentengute Gelegenheit, mehrdimensionale Denkweise zu ent-wickeln, Kulturvielfältigkeit kennenzulernen und Refle-

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S. Guoqin n Heranbildung der Forschungskompetenz von Studenten in China HSWxionen über eigene Kultur anzustellen. Dies lässt sichdarauf zurückführen, dass das Kennzeichen der Video-konferenz die interkulturelle Unterrichtsumgebung ist.Die Fähigkeiten, die in der Videokonferenz herangebil-det werden, beziehen sich wie o.g. auf selbstständigeForschung der interkulturellen Themen, Teamfähigkeitenunter interkulturellen Bedingungen und Präsentations-fähigkeiten zu bestimmten interkulturellen Themen.Auch die Gestaltung der Videokonferenz ist durch dieInterkulturalität geprägt. Dies kann von folgenden Sei-ten betrachtet werden:• Die Methoden der Videokonferenzen werden mitein-

ander geknüpft, worin eine Kohärenz leicht zu findenist, z.B. sowohl die Präsentationen der chinesischenGruppen als auch die von deutschen Gruppen ange-stellten didaktischen Reflexionen über die Präsentatio-nen erfolgen in Form von Referaten. Die gegenseitigeInteraktion von selben Methoden kann die chinesischeLerngruppe dazu bringen, über ihre eigenen Vorträgenachzudenken und von den deutschen Gruppen etwasNützliches zu lernen. Auf diese Weise können ihre Prä-sentationsfähigkeiten verbessert werden. Wir könnenhier von „interkultureller Anlehnung“ sprechen.

• Organisationsformen: Was die Sozialform der Video-konferenz betrifft, so ist sie eigenartig. Sie kann alsTeilgruppenunterricht betrachtet werden. Obwohl dieVerbindungen zwischen den deutschen Gruppen undden chinesischen Gruppen, vom Ort beschränkt sind,sind sie aber durch Videokommunikationstechnik„frontal“ geworden. Diese Organisationsform ermög-licht die Gruppenarbeit zwischen der Zielkultur undder Ausgangskultur und die Interaktion der beidenKulturen wird verwirklicht.

• Lehr-Lern-Weisen: Die Aktionsform der zwei Gruppenist direkt. Die deutsche Gruppe wendet sich direkt andie chinesische Gruppe, gibt der chinesischen Gruppeihre Vorschläge in Form eines Vortrages. Dies ermög-licht den Meinungsaustausch zwischen zwei Gruppenund bietet den chinesischen Studenten die Möglich-keiten, über fremde Kultur zu reflektieren. Weil diezwei Gruppen verschiedene Kulturen repräsentieren,gewinnt der Meinungsaustausch unter dem Blickwin-kel vom Erwerb der interkulturellen Kompetenzen anBedeutung.

Wirkungen der ÜbungsstrategieDie Wirkungen der Übungsstrategie im Fremd-sprachencollege der Universität Zhejiang las-sen sich von zwei Seiten beleuchten, nämlichvon der Seite der Universität und Chinas undvon der Seite der Studenten. Zuerst betrachten wir die Wirkungen derÜbungsstrategie auf den Aufbau einer for-schungsorientierten Elite-Universität und aufdie Prosperität Chinas. Die Universität Zhejiang zählt zu den for-schungsorientierten Universitäten Chinas, diedurch die Einheit von Lehre und Forschung ge-prägt sind. Sie befindet sich gerade auf demWeg zu einer Elite-Universität, in der innovati-ve Fachkräfte herangebildet werden sollen, dieneues Wissen zu hinterfragen und Neuland zu

beackern wagen. In Anbetracht dieser Tatsache sind dieForschungsübungen sowohl für die Erfüllung des Bil-dungsziels der Universität als auch für die Heranbildungder aktiven und kreativen Absolventen von Bedeutsam-keit. Daher kann man sagen, dass die Forschungsübun-gen entscheidend für die Entwicklung der UniversitätZhejiang sind. Ferner ist die Übungsstrategie der studen-tischen Forschungskompetenz für die EntwicklungChinas von strategischer Relevanz. In der Geschichte spielte die Hochschulbildung eine un-ersetzliche Rolle in der Entwicklung eines Landes, wiedie Universität zu Berlin im 19. Jahrhundert in Deutsch-land und die Universität Tokyo in den 60er Jahren desletzten Jahrhunderts in Japan zeigte. Daraus wäre derSchluss zu ziehen, dass die Prosperität Chinas von derNachwuchskraft mit Forschungskompetenz und guterPersönlichkeit abhängt, die in der Lage und bereit ist, ihrWissen und Können in die Praxis umzusetzen. Infolge-dessen kann man behaupten, dass die Forschungsübun-gen an Universitäten eine wichtige Maßnahme zur Errei-chung der nationalen Politik „Aufschwung durch Wis-senschaft, Technik und Bildung" sind. Nicht unerwähnt darf hier bleiben, dass die Übungenzum Erwerb der Forschungskompetenz das Tempo desAufbaus eines innovativen Landes beschleunigen. ZurZeit wird in China der Gedanke „Aufbau eines innovati-ven Landes" hervorgebracht. Die Realisierung dieserIdee hängt davon ab, ob es kreative Fachkräfte gibt.Diese Frage hängt wiederum davon ab, ob die chinesi-schen forschungsorientierten Universitäten, die alsStützpunkt zum Aufbau des innovativen Landes betrach-tet werden, kreativen Nachwuchs mit Forschungskom-petenz heranbilden können. Hinsichtlich dieser Tatsachemüssen die praxisorientierten Übungsprogramme, diesich als eine Wiege kreativer Fachkräfte bewährt haben,an der Universität umfassend und tiefgehend durchge-führt werden. Was die Studenten anbelangt, so haben sich die For-schungsübungen als wirkungsvolle Maßnahmen zu ihrerKompetenzerhöhung bewährt. Zum Beleg dieser Be-hauptung werde ich anhand der Videokonferenz er-klären, wie die Studenten in diesem Seminar interkultu-relle Kompetenz erworben haben, und zwar in drei Rich-tungen, nämlich in kognitiver, affektiver und pragmati-scher Dimension der interkulturellen Kompetenz.

Tabelle 3

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Ich habe 18 Teilnehmer der Videokonferenz schriftlichbefragt, um die Resultate der Videokonferenz zu unter-suchen. In kognitiver Dimension, nämlich im Hinblickauf Kulturwissen und Fremdsprachenkenntnisse: In Ta-belle 3 kann man die Meinungen der Lernenden zu derFrage erfahren, inwiefern die Videokonferenz zu folgen-den Lehrzielen beigetragen hat. Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass nach Meinung derbefragten chinesischen Studenten sowohl ihre Sprach-kenntnisse wie der Wortschatz, die Sprechfertigkeitenund das Hörverständnis als auch ihre Kenntnisse über dieZiellandkultur durch die Videokonferenz wesentlich ver-bessert werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Video-konferenz als guter Vermittelter der Sprachkenntnisseund des Kulturwissens dienen kann. In affektiver Dimen-sion, im Hinblick auf kulturbezogene emotionelle Fähig-keiten: Heutzutage werden Kompetenzen wie interkul-turelle Lernbereitschaft und Toleranz gegenüber Fremd-kulturen sehr gefragt. Die chinesische Gruppe vertritt dieAuffassung, dass durch die Videokonferenz diesbezügli-che Fähigkeiten gut erworben werden können. Fast alleBefragten haben gemeint, dass sie durch die Videokon-ferenz gelernt haben, wie man sich an die interkulturel-len Lernbedingungen anpassen kann. Die Ergebnisse zuder Frage, ob Sie in der Videokonferenz die folgendenFähigkeiten erwerben konnten, lassen sich aus Tabelle 4ablesen. Daher kann man die Videokonferenz als einenguten Lernraum für kulturbezogene emotionelle Fähig-keiten ansehen. Die Videokonferenz verlangt von denLernenden, dass sie auf eine bestimmte interkulturelleSituation schnell reagieren. Dies setzt eine gute mentaleVorbereitung auf das Lernen unter interkulturellen Lern-bedingungen voraus. Die Interaktion zwischen zweifremden Kulturen in der Videokonferenz ermöglicht denchinesischen Lernenden, entsprechende Fähigkeiten zuerwerben. In pragmatischer Dimension, im Hinblick aufpraktische Kulturkompetenz: Die Befragten haben dies-bezügliche Kompetenzen sehr geschätzt. Die Ergebnissezu der Frage: „Hat die Videokonferenz zu folgendenFähigkeiten Hilfe geleistet?“ sind in Tabelle 5 zu sehen.Aus den Daten der Tabelle kann man feststellen, dass die

Videokonferenz als eine „Übungsstelle“ der inter-kulturellen Kompetenz bezeichnet werden kann,weil die Lernenden in der Videokonferenz selbstein interkulturelles Projekt durchführen und des-sen Ergebnis präsentieren sollen. Die interkultu-rellen Kompetenzen der Studenten können aufdiese Weise herangebildet werden. Aus dem bis-lang Ausgeführten wird ersichtlich, dass das Joint-Seminar „Videokonferenz“ den Studenten vielNutzen bringt. Dieses Projektstudium mit Beteili-gung von Kopf, Herz und Hand im interkulturel-len Fremdsprachenunterricht leistet einen Beitragzum Motivieren und zum Üben der studentischenForschungskompetenz und es entspricht auchvollkommen den Prinzipien des forschenden Ler-nens und Klipperts Theorie über Forschungskom-petenz.

4. Fazit Angesichts der Globalisierung und Internationali-

sierung ist hochqualifizierter Nachwuchs mit internatio-nalen Aspekten und Schlüsselkompetenzen sehr gefragt.Die chinesischen Universitäten sind mit der heiklenFrage konfrontiert, warum sie keine hervorragendeNachwuchsforscher bzw. Nobelpreisträger heranbildenkönnen. Angesichts dieser Frage sind Reform und Mo-dernisierung der Universität eine Daueraufgabe für chi-nesische Universitäten geworden. Aus diesem Grundschenkt die Universität Zhejiang der Steigerung der For-schungskompetenz und der Kreativität ihrer Studentenbesondere Aufmerksamkeit, indem die Konzepte „For-schendes Lernen“ und praxisorientiertes Lernen in Pro-jekten umfassend eingeführt werden. Die Tatsachen zei-gen, dass die Studenten von den zielorientierten For-schungsübungen sehr profitiert haben. Infolgedessensollte noch größerer Wert auf die praxisorientierte For-schungsübung an Universitäten gelegt werden, dennForschung macht Wissen lebendig.

Literaturverzeichnis

Drosdowski, G. (Hg.) (1989): Duden: Deutsches Universalwörterbuch.Mannheim/Wien/Zürich.

Euler, D (2005): Forschendes Lernen. In: Wunderlich, W./Spoun, S. (Hg.):Universität und Persönlichkeitsentwicklung. Frankfurt/New York, S. 255.

Liu, F. (2006): Entwicklung synergetischer Handlungskompetenz . München.Reiber, K. (2007): Forschendes Lernen als Leitprinzip zeitgemäßiger Hoch-

schulbildung. In: Baatz, C./Richter, R. (Hg.): Tübinger Beiträge zur Hoch-schuldidaktik. Tübingen, S. 9.

Schuster, K. (1993): Einführung in die Fachdidaktik Deutsch (3. überarbeite-te Auflage). Hohengehren.

Vorländer, H. (2003): Radikale Reform ohne Staat. In: Zeitschrift Forschung& Lehre, 10. Jg./H. 12, S. 429-431.

Klippert, H. (2010): Das neue Haus des Lernens; veröffentlicht unter:http://www.hs-pabneukirchen.at/beitraege/downloads/EVAHaus%20des%20Lernens.pdf [Aufruf am 30.11.2010]

Klippert, H. (2010): Konzept der pädagogischen Entwicklung; veröffentlichtunter: http://www.rs-neumagen.de/pageID_6415506.html [Aufruf am30.11.2010].

Tabelle 4

Tabelle 5

n Dr. Shen Guoqin, Professorin für DeutscheSprache und Literatur und das Bildungswesen,University of Zhejiang, School of Foreign Language, E-Mail: [email protected]

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Ein Jahrzehnt nach der Konferenz zur Studienstruktur,die in Bologna den Grundstein für umfassende europa-weite Veränderungen im Hochschulwesen legte, infor-miert eine Vielzahl von Analysen, Meinungsdarstellun-gen und Umfrageberichten über den Erfolg oder Misser-folg der Umsetzung der Empfehlungen aus der Bologna-Deklaration und den Papieren der Nachfolgekonferen-zen. Nachdem die Einführung gestufter Studiengängezunächst auf der einen Seite vor allem von den politi-schen Entscheidungsträgern euphorisch und auf der an-deren Seite vor allem von wissenschaftlichen Verbändensehr skeptisch und ablehnend aufgenommen wurde,schien sich in der Mitte des letzten Jahrzehnts eine brei-tere Akzeptanz durchzusetzen (Alesi et al. 2005; Rei-chert/Tauch 2005; Kehm/Teichler 2006). Die europa-weiten Studierendenproteste im Jahr 2009 sind nunZeugnis dafür, dass diese Akzeptanz zumindest in derjüngeren Zeit nicht mehr umfassend und für alle betei-ligten Gruppierungen anzunehmen ist. Studierendescheinen wesentliche Aspekte der Reformen nicht gut-zuheißen, dies zumindest kann den Aussagen der pro -tes tierenden Studierenden und Studierendenschaftenentnommen werden. Protestveranstaltungen bringen esjedoch mit sich, dass nur die Haltungen derer zum Aus-druck kommen, die präsent sind, während die Haltungder meist größeren Anzahl von Betroffenen, die nichtpräsent sind, unbekannt bleibt, egal ob sie den Protes -ten zustimmen, sie ablehnen oder eine neutrale Haltungdazu einnehmen. Gerade zur Beurteilung der aktuellenSituation im Hinblick auf die Akzeptanz des Bologna-Prozesses ist es jedoch von großer Bedeutung, umfas-sende Informationen über die Haltungen der Studieren-den zu erhalten.

1. Zwischen Akzeptanz und Kritik: Forschung zu Bologna

In einer Phase höherer allgemeiner Akzeptanz gegenMitte des letzten Jahrzehnts schien die größte Skepsisimmer bei den Studierenden und den Lehrenden an denHochschulen vorhanden zu sein. Wie Alesi et al. (2005)auf der Grundlage von Interviews berichten, wurdenvon dieser Gruppe vor allem die mangelnde Möglichkeitder Partizipation in den top-down gesteuerten Prozes-sen, ein Qualifikationsverlust durch Verkürzung der Stu-dienzeit, der Verlust der Selbstbestimmung durch denerhöhten Druck zur Profilierung und Probleme der Stu-dierbarkeit durch Überfrachtung hervorgehoben. Schae-per/Wolter (2008) kommen aufgrund einer Analyse der2005 erhobenen Daten aus der deutschen Absolventen-befragung durch das HochschulInforma tions-Systems(HIS) (Briedis 2007) zu dem Ergebnis, dass in der Ein-schätzung der Studierenden die inhaltliche Qualität desStudiums durch die Reformen eher zu leiden hat. Bache-lor-Absolventen von Universitäten schätzen demnachihr spezielles Fachwissen, ihre Kenntnis wissenschaftli-cher Methoden und ihre Methodenkompetenz geringerein, als Diplom- oder Magister-Absolventen. Lediglichdie eigene Sozialkompetenz wird von den Bachelor-Ab-solventen höher eingeschätzt. Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gü-tersloh stellt im Gegensatz dazu aufgrund der Aussagenvon ca. 94.000 befragten Studierenden vor allem in denGeistes- und Sozialwissenschaften einen deutlichen,messbaren Erfolg fest. Insbesondere Mobilität, Praxisbe-zug und Arbeitsmarktbezug würden nach den Ergebnis-sen einer vor kurzem veröffentlichten Studie (Chris -

Dominik Allenspach & Vera Husfeldt

Bologna: Was ist die Haltung der Studierenden?

In connection with the debate on the Bologna reforms, highly contradictory data about the students and their at-titudes are repeatedly published in many studies. Is there a meaningful basis? Swiss authors Dominik Allenspach& Vera Husfeldt pursue this question by comparing and critically appraising methods in their article Bologna:What is the attitude of the students? and arrive at new differentiating insights.

Vera HusfeldtDominik

Allenspach

Hochschu l fo r s chungHSW

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Hochschulforschung HSWtoph/Roessler 2010) von allen Studierenden der neuenStudiengänge besser beurteilt. Nur bei den Ingenieur-wissenschaften zeigten sich einzelne Probleme. Die aktuelle HIS-Absolventenbefragung zeigt wiederum,dass Studierende der herkömmlichen Studiengänge ihreStudienbedingungen wesentlich günstiger beurteilen alsStudierende der neuen Studiengänge. Es zeigen sich bei-spielsweise deutliche Probleme bei der Bewältigung desStoffumfangs in den neuen Studiengängen (Heine2010). Im Rückblick auf das Jahrzehnt des Bologna-Prozessesgibt es gerade aus den Jahren 2009 und 2010 eine Reihevon Auswertungen, Analysen und Empfehlungen. Auf-fällig ist dabei, wie auch in den oben dargestellten Stu-dien, immer wieder die große Heterogenität der Inter-pretationen. In einer Broschüre der Friedrich-Ebert-Stif-tung wird beispielsweise in einem Artikel (Heine 2010)mit Besorgnis die in den neuen Studiengängen gestiege-ne Studienabbruchquote zur Kenntnis genommen undin einem nachfolgenden Artikel (Zervakis 2010) werdendie geringeren Studienabbruchquoten als Erfolg des Bo-logna-Prozesses bezeichnet. Vielfach werden Rahmenbedingungen des Studiums vorund nach Einsetzen der Reformen untersucht oder Stu-dierenden werden zu ihren aktuellen Studienbedingun-gen und ihrer Studienzufriedenheit befragt. Aus demVergleich der Antworten von Studierenden der altenund der neuen Studiengänge wird dann implizit auf dieAkzeptanz des Bologna-Prozesses geschlossen, ohnedass über die Haltungen der Studierenden zu diesemThema empirische Evidenz bestünde. Es wäre ja durch-aus denkbar, dass Studierende, die mit ihrer aktuellenStudiensituation im Bachelor-Studiengang zufriedensind, dennoch eine kritische Haltung zum Bologna-Pro-zess haben. Auch die Akzeptanz oder Anerkennung derZiele der Bologna-Deklaration ist nicht gleichbedeu-tend mit der Akzeptanz der Umsetzung dieser Ziele imZuge des Bologna-Prozesses. So fragt eine Studie da-nach, ob die Studierenden die Ziele des Bologna-Pro-zesses unterstützen (Isserstedt et al. 2010). Die Ergeb-nisse fallen sehr positiv aus. Da hier aber explizit nachden Zielen und nicht nach der Umsetzung des Bologna-Prozesses gefragt wird, kann eine Akzeptanz des Bolog -na-Prozesses von Seiten der Studierenden nur bedingtabgelesen werden. Deutlichere Ergebnisse zu dieser Frage liefert die Unter-suchung der European Students Union "Bologna WithStudents Eyes" in 33 Ländern, die sich allerdings auf dieBefragung von Studierendenschaften beschränkt undkeine direkten Einschätzungen von den Studierendenselbst einholt (Cacciagrano et al. 2009). Der Bericht die-ser Studie zeigt beispielsweise eindrücklich, dass nachAnsicht der Studierendenschaften die Reformen in denmeisten europäischen Ländern nur oberflächlich in Formleerer Strukturen umgesetzt wurden. Insbesondere wer-den mangelnde Partizipationsmöglichkeiten und dieVernachlässigung der sozialen Dimension genannt. Ge-rade auch in Hinblick auf die sonst hoch gelobten Erfol-ge bei der Mobilität kritisieren die Studierendenvertre-tungen die Ungleichheit, mit der Mobilität für die Stu-dierenden realisiert wird. Mobilität scheint dieser Um-

frage zu Folge immer noch ein Privileg der Studierendenohne Familien und ohne besondere Bedürfnisse zu sein.Insgesamt haben die Studierendenvertretungen eherden Eindruck, dass die soziale Dimension für ihre Regie-rungen keine politische Priorität darstellt, wobei andereStudien, wie beispielsweise die 19. Sozialerhebung inDeutschland (Isserstedt et al. 2010) ihnen in diesemPunkt deutlich recht geben. Die Studierendenschaftenberichten von Diskriminierungen gegen sozio-ökono-misch schlechter gestellte Studierende, Studierende mitKindern, behinderte Studierende und Studierende, diesich ihren Lebensunterhalt mit einer Arbeit finanzierenmüssen. Die Studiengebühren, Lebenshaltungskostenetc. steigen der Umfrage zufolge so stark, dass immermehr Studierende sich gezwungen sehen, Teilzeitbe-schäftigungen anzunehmen. Wenn also die Haltungen der Studierenden zum Bolog -na-Prozess betrachtet werden, scheint vor allem die so-ziale Dimension ein Kernthema zu sein. Auch für dieSchweiz kann die Vernachlässigung der sozialen Dimen-sion als einer der Hauptpunkte studentischer Kritik amBologna-Prozess festgestellt werden. In dem von derRektorenkonferenz der Schweizer Universitäten (CRUS)und dem Verband der Schweizer Studierendenschaften(VSS) gemeinsam publizierten Bericht „Studieren nachBologna - die Sicht der Studierenden" wird dieser Punktvon den Befragten besonders hervorgehoben (Dell'Am-brogio et al. 2009). Es zeigt sich auch für schweizerischeHochschulen eine Unterrepräsentanz von Studierendenaus sogenannten bildungsfernen Schichten. Trotz desWortes „Bologna" in ihrem Titel ist jedoch auch die Stu-die des CRUS und VSS eher eine allgemeine Zufrieden-heitsbefragung der Studierenden zu ihrer Studiensitua -tion und lässt keine Aussagen über die Haltungen derStudierenden zum Bologna-Prozess zu.

2. Befragung von Studierenden in der SchweizUm nähere Informationen dazu zu bekommen, welcheHaltungen die Studierenden an schweizerischen Hoch-schulen zur Umsetzung der Bologna-Reform insbeson-dere mit Blick auf die von den Studierendenschaften alsäußerst wichtig betrachtete soziale Dimension haben,wurde im Herbstsemester 2009 im Rahmen eines Semi-nars zu empirischen Methoden an der Universität Baseleine Umfrage dazu durchgeführt. Ziel der Studie war es,herauszufinden, wie Studierende den Einfluss desBolog na-Prozesses auf unterschiedliche Aspekte ihresStudienlebens einschätzen. Aufgrund der oben darge-stellten Bedeutung der sozialen Dimension in diesemZusammenhang stand vor allem folgende Hypothese imFokus: Finanziell schlechter gestellte Studierende, Stu-dierende mit Kindern und Studierende, die sich ihrenLebensunterhalt mit einer Arbeit finanzieren müssen,haben tendenziell eine kritischere Haltung zum Bolog -na-Prozess als Studierende, die keine familiären Ver-pflichtungen und deren Lebensunterhalt auch ohne Be-schäftigung gesichert ist. Dies gilt insbesondere für dieHaltung gegenüber Aspekten, die die Rahmenbedingun-gen für ein selbstbestimmtes und sozial gestaltetes Stu-dium betreffen.

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HSW 2/2012 47

D. Allenspach & V. Husfeldt n Bologna: Was ist die Haltung der Studierenden?HSW

3. Methode

Auf der Grundlage intensiver Auseinandersetzung mitder Thematik des Bologna-Prozesses wurden im Herbst-semester 2009 Aspekte zusammengestellt, die die Hal-tung der Studierenden zu verschiedenen Aspekten desBologna-Prozesses zum Ausdruck bringen. Dazu ge -hören strukturelle, inhaltliche und persönliche Aspektesowie Aspekte, die die Partizipation und die Hochschu-lebene oder hochschulübergreifende Ebene betreffen. Ineinem Online-Fragebogen an Studierende schweizeri-scher Hochschulen wurden diese Aspekte aufgenommenund jeweils mit der Frage verbunden, ob die Studieren-den der Ansicht sind, dass der Bologna-Prozess positivoder negativ zu den jeweiligen Punkten beitrage. DieAntwortmöglichkeiten sind auf einer fünfstufigen Likert-Skala mit Werten zwischen -2 und 2 gegeben, wobei ne-gative Werte eine negative Haltung zum Bologna-Pro-zess auf die jeweiligen Aspekte meint, positive Wertestehen für eine positive Haltung und 0 für eine neutraleHaltung. Zusätzlich zu diesen Akzeptanzfragen wurdenHintergrundinformationen zum Studium, zum Bildungs-hintergrund und zur familiären und finanziellen Situationsowie zu den Gründen der Studienwahl einbezogen.Da für die Datenerhebung eine systematische Adressie-rung des Fragebogens an die Studierenden wegen feh-lender Zuwilligungen der Hochschulen leider nicht mög-lich war, wurde das Datenerhebungsverfahren desSnow ball Sampling (Goodman 1961) gewählt. Von den

Teilnehmenden des Seminars wurde der Fragebogen perMail an ihnen bekannte Studierende an schweizerischenHochschulen verteilt, mit der Aufforderung, diesen anweitere Studierende zu versenden. Die angefalleneStichprobe in der Größe von 320 befragten Studieren-den zeigt eine recht große Variabilität auf. Die Antwor-ten stammen von Studierenden von insgesamt 13 Hoch-schulen und Fachhochschulen sowie verschiedenstenFachrichtungen und stellen ein breites Bild der Haltun-gen von Studierenden dar. Dennoch muss betont wer-den, dass die vorliegende Stichprobe nicht repräsentativfür die Studierenden an schweizerischen Hochschulenist. Ein Eindruck darüber, wie sich die vorliegende Stich-probe situieren lässt, kann anhand der Tabelle 1 gewon-nen werden. Sie zeigt den Anteil der Bachelor- und Mas -ter-Studierenden an allen schweizerischen Hochschulenim Vergleich zur vorliegenden Stichprobe. Aufgrund derNichtrepräsentativität der Stichprobe haben die nachfol-genden inferenzstatistischen Ergebnisse nur explorativenCharakter und sind vorsichtig zu interpretierende Hin-weise auf die Haltung der Studierenden zum Bologna-Prozess. Um die Daten auszuwerten und die genannteHypothese überprüfen zu können, wurden die folgen-den datenanalytischen Schritte durchgeführt: Analyseder Datenstruktur mittels einer Hauptkomponentenana-lyse; Item und Skalenanalysen; Zusammenfassung pas-sender Items zu Skalen nach dem Graded-Response-Modell; Inferenzstatistische Überprüfung der Hypotheseunter Verwendung der neu gebildeten Skalen.

4. Ergebnisse Aus den Ergebnissen der Hauptkomponen-tenanalyse kann auf vier relevante Dimen-sionen von Haltungen geschlossen werden.Die Items, die hoch auf den Faktoren laden(Faktorladungen von 0.4 und mehr), lassensich mit folgenden Begriffen kennzeichnen:1. Rahmenbedingungen für ein effektivesStudium, 2. Rahmenbedingungen für einpartizipatives Hochschulleben, 3. Rahmen-bedingungen für ein inhaltlich anspruchs-volles Studium, 4. Rahmenbedingungen fürein selbstbestimmtes und sozial gestaltetesStudium. Die interne Konsistenz der zuSummenskalen zusammengefassten Itemserreicht in allen vier Fällen Cronbach's-Alpha-Werte gleich oder über 0.8. Obwohldie Antwortkategorien der Items in einerkontinuierlich scheinenden Skala von -2 bis2 angeordnet sind, schien es aufgrund derbesonderen Bedeutung der neutralen Posi-tion angebracht, von einem ordinalen Ska-lenniveau auszugehen und die Skalenbil-dung nicht nach der klassischen Testtheo-rie, sondern mit dem Graded-Response-Modell der Item-Response-Theory vorzu-nehmen. Einzelne Items, die nicht zu demModell passten oder bei denen die fehlen-den Werte mehr als 5% ausmachten, wur-den ausgeschlossen. Jeder Person wurdemit diesem Verfahren ein Skalenwert auf

Tabelle 1: Studierende nach Hochschule, Fachhochschule und Studien-stufe 2009/2010

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Hochschulforschung HSWjeder der vier Skalenzugeordnet, mit demdie anschließendenAnalysen durchge-führt wurden. DieWerte wurden an -schließend so trans-formiert, dass dieSkalenmittelwerte bei100 und die Stan-dardabweichungenbei 5 liegen. Die zusammenge -fassten Items zu denRahmenbedingungenfür ein effektives Stu-dium sind in Abbil-dung 1 dargestellt.Der grau unterlegteBereich bezeichnetdas Spektrum derSkalenwerte der mitt-leren 90% der Betei-ligten. Um die Ska-lenwerte inhaltlich in-terpretierbar zu ma-chen, zeigen die ab-gestuften Balken, diezu den Skalenwertenpassenden wahr-scheinlichsten Ant-wortkategorien. EinePerson mit einemdurchschnittlichenSkalenwert auf dieserSkala wird also wahr-scheinlich bei der er-sten Frage die Ant-wortkategorie 0wählen und bei derzweiten Frage dieAntwortkategorie 1.Diese Darstellungmacht auch deutlich,dass die einzelnenItems dieser Skalanicht gleich zu beant-worten sind. Esscheint beispielswei-se schwieriger zusein, der Aussage zu-zustimmen, das Bo -log na-System trage zueiner guten Beratungbei als der Aussage,es trage zu einer rea -lis tischen Einschät-zung bei. Insgesamtzeigt sich an der Skalazu den Rahmenbe-dingungen für ein ef-fektives Studium,

Abbildung 1: Skalenwerte und erwartete Antwortkategorien zur Skala Rahmenbedingungenfür ein effektives Studium

Abbildung 2: Skalenwerte und erwartete Antwortkategorien zur Skala Rahmenbedingungenfür ein partizipatives Hochschulleben

Abbildung 3: Skalenwerte und erwartete Antwortkategorien zur Skala Rahmenbedingungenfür ein inhaltlich anspruchsvolles Studium

Abbildung 4: Skalenwerte und erwartete Antwortkategorien zur Skala Rahmenbedingungenfür ein selbstbestimmtes und sozial gestaltetes Studium

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D. Allenspach & V. Husfeldt n Bologna: Was ist die Haltung der Studierenden?HSWdass die befragten Studierenden durchschnittlich eineneutrale bis positive Haltung dazu einnehmen. Tenden-ziell wird eher nicht davon ausgegangen, dass das Bolo-gna-System einen Einfluss auf diese Aspekte habe. Hin-sichtlich einer realistischen Einschätzung des Studiumsund einer besseren Vergleichbarkeit der Studienleistun-gen vermuten die befragten Studierenden jedoch ehereinen positiven Einfluss.Abbildung 2 zeigt in gleicher Weise die Rahmenbedin-gungen für ein partizipatives Studium. Tendenziell sinddie befragten Studierenden in diesem Punkt etwas kriti-scher aber dennoch wird durchschnittlich weder voneinem positiven noch von einem negativen Einfluss desBologna-Systems auf diese Aspekte ausgegangen.Ähnliche Ergebnisse ergeben sich für die Skala Rahmen-bedingungen für ein inhaltlich anspruchsvolles Studium.Hier sind die Haltungen relativ ausgeglichen mit hohenAnteilen von Studierenden, die weder einen positivennoch einen negativen Einfluss des Bologna-Systemssehen und je kleineren Anteilen von Personen die Ein-flüsse in beide Richtungen annehmen.Für die Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtesund sozial gestaltetes Studium ergibt sich, wie in Abbil-dung 4 dargestellt, hingegen ein etwas heterogeneresund in der Tendenz auch kritischeres Bild. Die Vernach-lässigung der sozialen Dimension, die von den Studie-rendenschaften so deutlich als Problem dargestellt wird,scheint sich also auch hier abzuzeichnen. Die durch-schnittlichen Einschätzungen zum Einfluss des Bologna-Sytems fallen überwiegend neutral bis negativ aus. Le-diglich die Möglichkeit, dass Studierende Auslandsse-mester absolvieren können und Studienleistungen ein-heitlich anerkannt werden können, wird als positiver Ef-fekt des Bologna-Systems herausgestrichen. Besondersnegativ wird der Einfluss auf den Druck im Studium an-gesehen, aber auch andere Aspekte, die ein selbstbe-stimmtes und sozial gestaltetes Studium ausmachen,werden nach Meinung großer Teile der befragten Stu-dierenden negativ durch das Bologna-System beein -flusst. Dazu gehören Aspekte wie Kreativität, Flexibilitätund Interessensteuerung. Eine generelle Tendenz dahingehend, dass die befragtenStudierenden dem Bologna-System hinsichtlich einesselbstbestimmten und sozial gestalteten Studiums einenneutralen bis eher negativen Einfluss zuschreiben, zeigtsich an den Ergebnissen der oben dargestellten Analy-sen. Ob diese eher kritische Haltung vor allem bei denbefragten Studierenden vorherrscht, die sich in einer fi-nanziell eher schwierigen Lage befinden, kann anhandinferenzstatistischer Analyseverfahren überprüft werden.

5. Die Haltung Studierender mit besonderen Lebenssituationen

Um die finanzielle Situation der befragten Studierendenzu erfassen wurden verschiedene Variablen aufgenom-men. Dazu gehört zum einen die Selbsteinschätzung derbefragten Studierenden zu ihrer finanziellen Lebenssi-tuation, die auf einer fünfstufigen Likert-Skala von idealbis schwierig angegeben werden konnte. Es wurde wei-terhin danach gefragt, ob die Studierenden einer Er-werbstätigkeit nachgehen und welche Höhe in diesem

Fall das jeweilige Pensum hat. Um die Lebenssituationauch in Bezug auf die Familiensituation einzubeziehen,wurde ebenfalls nach zu versorgenden Kindern gefragt.Allerdings war die Anzahl der befragten Studierendenmit Kindern so gering, dass auf Auswertungen mit Ein-bezug dieser Information verzichtet werden musste.Aus der Analyse der Daten ergeben sich keine Hinweisedarauf, dass vor allem befragte Studierende in finanziellschwierigeren Lebenssituationen eine kritische Haltungzum Bologna-System und seinem Einfluss auf ein selbst-bestimmtes und sozial gestaltetes Studium haben.Weder die Einschätzung der eigenen finanziellen Le-benssituation korreliert mit der Bewertung des Bologna-Systems hinsichtlich dieser Rahmenbedingungen, nochergibt sich ein signifikanter Unterschied zwischen be-fragten Studierenden, die einer Erwerbstätigkeit nachge-hen und denen, die dies nicht tun. Die oben dargestell-te studentische Kritik des Bologna-Systems im Hinblickauf Selbstbestimmung und soziale Gestaltung ist dem-nach ein Thema, dass die befragten Studierenden unab-hängig von ihrer finanziellen Situation betrifft. Interessanterweise lässt sich jedoch ein Effekt der finan-ziellen Situation auf die Einschätzung des Bologna-Sys -tems bezüglich der Rahmenbedingungen für ein effekti-ves Studium feststellen. Studierende, die ihre Situationschwieriger einschätzen, haben tendenziell eine kriti-schere Haltung zum Bologna-System in Bezug auf die Ef-fizienz des Studiums (Pearsons r = -0.12; = 0.05; zwei-seitiger t-Test). Möglicherweise ist dies durch höhereund deshalb unerfüllte Ansprüche zu erklären, die ausder Notwendigkeit entstehen, das Studium zügig undmit gutem Ertrag abschließen zu müssen. Da die Effizi-enz des Studiums eines der Hauptargumente für die Stu-dienstrukturreformen war, ist die Verknüpfung der Er-fahrung unerfüllter Ansprüche mit einer Kritik am Bolog -na-System hoch plausibel. Geht man für Studierende mit schwieriger finanzieller Si-tuation weiter von der oben genannten Notwendigkeiteines zügigen Studiums aus, verwundert es nicht, dasssich der oben festgestellte Effekt für die anderen Rah-menbedingungen (partizipatives Hochschulleben undinhaltlich anspruchsvolles Studium) nicht zeigt. Vermut-lich sind die Ansprüche der finanziell schlechter gestell-ten befragten Studierenden an diese Rahmenbedingun-gen nicht in besonderem Masse ausgeprägt. Die Ein-schätzung zum Effekt des Bologna-Systems auf andereRahmenbedingungen fällt dementsprechend durch-schnittlich aus. Die Analysen, bei denen die Erwerbstätigkeit berück-sichtigt wird, zeigen anders als bei der Berücksichtigungder finanziellen Situation, dass erwerbstätige Studieren-de gerade bei den Rahmenbedingungen für ein partizi-patives Studium kritischer gegenüber dem Bologna-Sys -tem sind als nichterwerbstätige Studierende. Der Mittel-wertsunterschied beträgt eine halbe Standardabwei-chung und ist auf dem 1%-Niveau statistisch signifikant(zweiseitiger t-Test). Auch zeigt sich ein signifikanter Zu-sammenhang zwischen der Höhe des Pensums und derEinschätzung zum Einfluss des Bologna-Systems auf dieRahmenbedingungen eines partizipativen Hochschulle-bens. Je höher das Pensum ist, desto kritischer sehen diebefragten Studierenden den Einfluss des Bologna-Sys -

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Hochschulforschung HSWtems hinsichtlich dieses Aspekts (Pearsons r = -0.19;

< 0.01; zweiseitiger t-Test). Die kritischere Haltung der erwerbstätigen Studierendenhinsichtlich des Einflusses von Bologna auf die Partizipa-tion an den Hochschulen, kann offenbar nicht auf eineschwierige finanzielle Lebenssituation zurückgeführtwerden. Studierende, die erwerbstätig sind, schätzen imGegenteil ihre finanzielle Situation tendenziell etwasbesser ein, als nichterwerbstätige Studierende, obwohldieser Unterschied nicht signifikant ist. Denkbar ist je-doch, dass erwerbstätige Studierende in ihrem Arbeits -umfeld andere Formen der Partizipation kennengelernthaben und daher höhere Erwartungen an die Partizipati-on an den Hochschulen stellen. Je höher das Erwerbs-pensum, desto älter ist der oder die Studierende in derRegel auch. Die Korrelation nach Pearson zwischen Pen-sum und Alter beträgt r = 0.43 und ist auf dem 1%-Ni-veau signifikant (zweiseitiger t-Test). Deshalb ist mögli-cherweise auch die Erfahrung zur Partizipation, die diebefragten Studierenden vor Bologna gemacht haben,mit ausschlaggebend für die kritischere Haltung der er-werbstätigen Studierenden. Ältere Studierende habengenerell in Hinblick auf die Rahmenbedingungen für einpartizipatives Hochschulleben einen kritischeren Blickauf das Bologna-System. Die Korrelation nach Pearsonbeträgt r = -0.18 und ist auf dem 1%-Niveau signifikant(zweiseitiger t-Test)

6. ZusammenfassungObwohl die europaweiten Studierendenproteste gegendie Bedingungen des Bologna-Systems eine insgesamtkritische Haltung vermuten ließen, zeigen die Ergebnissedieser Umfrage hinsichtlich der meisten Rahmenbedin-gungen eher eine moderate Stimmung. Dem Bologna-System wird tendenziell von den meisten befragten Stu-dierenden hinsichtlich der Effektivität, der Partizipationsowie des inhaltlichen Anspruchs weder ein positivernoch ein negativer Effekt zugesprochen. Etwas andersstellt sich das Bild hinsichtlich der Rahmenbedingungenfür ein selbstbestimmtes und sozial gestaltetes Studiumdar. Insbesondere für den hohen Druck, der auf den be-fragten Studierenden lastet, wird häufig das Bologna-Sys tem verantwortlich gemacht. Die Besorgnis über dieVernachlässigung der sozialen Dimension, die von denStudierendenschaften so deutlich gemacht wurde,scheint sich also auch in den Haltungen einer breitenGruppe der Studierenden wiederzufinden. Entgegen deranfänglich formulierten Annahme betrifft dies jedochnicht insbesondere befragte Studierende mit schwierigerfinanzieller Lebenssituation. Diese kritisieren eher dennegativen Einfluss des Bologna-Systems auf Rahmenbe-dingungen eines effektiven Studiums. Studierende, die

einer Erwerbstätigkeit nachgehen, bzw. nachgehen müs-sen, stehen hingegen dem Einfluss des Bologna-Systemsauf die Partizipation an den Hochschulen kritischer ge-genüber.Insgesamt scheint eine Kritik am Bologna-System ausstudentischer Sicht vor allem die Rahmenbedingungenfür ein selbstbestimmtes und sozial gestaltetes Studiumzu betreffen. Reformmaßnahmen, die auch die Erlang -ung einer höheren Akzeptanz seitens der Studierendenzum Ziel haben, sollten dementsprechend vor allem indiesem Bereich ansetzen.

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n Dr. Dominik Allenspach, WissenschaftlicherMitarbeiter, Zentrum für Demokratie Aarau,E-Mail: [email protected] Dr. Vera Husfeldt, Leiterin Abteilung Qua-litätsentwicklung, Schweizerische Konferenzder kantonalen Erziehungsdirektoren, E-Mail: [email protected]

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U. M. Müller n Wie sind Studierende mit Migrationshintergrund definiert ...HSW

Vor dem Hintergrund der Alterung der (Erwerbs)-Gesell-schaft und des demographischen Wandels wird es fürUniversitäten immer wichtiger werden, neue Studieren-dengruppen zu rekrutieren. Auch die Idee des lebens-langen Lernens sowie das Desiderat einer stärkerenDurchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischerAusbildung gehen mit einer breiteren Partizipation anuniversitärer Aus- und Weiterbildung einher. Auch diearbeitsmarktpolitisch erwünschte Erschließung neuerNachfragepotentiale für ein Hochschulstudium kann nurüber eine stärkere soziale Öffnung der Hochschulen er-folgen. Insbesondere nach der erfolgreichen Unterbrin-gung größerer Studierendenzahlen infolge des anstehen-den doppelten Abiturjahrgangs wird es darum gehen,auch Gruppen von Schulabgängern für grundständigeoder weiterbildende Studiengänge zu aktivieren, die bis-lang wenig Berücksichtigung gefunden haben. NeueStudierendengruppen, wie etwa Studierende mit Migra-tionshintergrund, müssen gezielt angesprochen werden.Aus verschiedenen Studien weiß man, dass der Anteil anPersonen mit Migrationshintergrund mit jeder Stufe aufder Bildungsleiter kleiner wird (7. Bericht der Bundesre-gierung 2007). In der Tat stellte man fest, dass es einehohe Ungleichheit bezüglich Bildunsgentscheidungenund Bildungsergebnissen nach dem Abitur gibt. DennPersonen mit Migrationshintergrund gehen nicht so oftan die Universität wie Personen ohne Migrationshinter-grund (Mayer/Müller/Pollak 2007). Im Auftrag des eigens im Zuge der Profilbildung einge-richteten Prorektorats für Diversity Management wurdean der Universität Duisburg-Essen (UDE) im Sommer2009 eine große Studierendenbefragung durchgeführt.An der Befragung haben 5.544 Studierende teilgenom-men, was einem Rücklauf von 19,3% entspricht. Ziel derErhebung war es, über einzelne Diversity-relevante Sub-

gruppen der Studierenden (z.B. Studierende mit Migra-tionshintergrund) mehr zu erfahren und darauf aufbau-end die Studiensituation zu verbessern (vgl. Schön-born/Stammen 2011). Im Folgenden werden zunächstverschiedene Operationalisierungen der latenten Kon-strukte „Migrationshintergrund“ und „Bildungshinter-grund“ vorgestellt, mit denen in dem vorliegenden Arti-kel gearbeitet wird. In einem zweiten Schritt werdenausgewählte Ergebnisse zu Studierenden mit Migra -tionshintergrund vorgestellt, insbesondere zur nationa-len Herkunft, zu soziodemographischen Merkmalen undzu anderen Diversity-Merkmalen. In einem weiteren Schritt wird untersucht, ob Studie-rende mit Migrationshintergrund öfter an Studienab-bruch denken. Darüber hinaus wird analysiert, ob dieseGruppe mehr Schwierigkeiten bezogen auf einzelneAspekte des Studienverlaufs erfährt. Im letzen Kapitelwird dann untersucht, inwiefern der Bildungshinter-grund Einfluss auf den Zusammenhang zwischen „Migra-tionshintergrund“ und „Schwierigkeiten mit allgemeinenStudienkompetenzen“ hat. Im abschließenden Fazitwerden die Ergebnisse kurz zusammengefasst undschließlich in einen größeren bildungssoziologischen Zu-sammenhang gesetzt.

1. Operationalisierung der latenten Konstrukte „Migrationshintergrund“ und „Bildungshintergrund“

Es ist nicht leicht, das latente Konstrukt „Migrationshin-tergrund“ zu erfassen (Settelmayer/Erbe 2010). In dergroßen Studierendenbefragung wurden diesbezüglich12 manifeste Variablen1 erhoben, die für die jeweiligenOperationalisierungen zu Grunde gelegt wurden.

Ursula M. Müller

Wie sind Studierende mit Migrationshintergrund definiert bzw. charakterisiert und haben sie mehr Probleme im Studium?Ergebnisse aus einer Studierendenbefragung an der Universität Duisburg-Essen

Ursula M. Müller

With about 25% the University of Duisburg-Essen has a significantly higher (maybe even the highest) percentageof students with immigrant backgrounds than the nationwide average. Thus it is no wonder that the university isintensively dealing with this. At the instigation of the there existing prorectorate for diversity management, alarge student survey was conducted. First, narrowing down the object was due. This is addressed in the first partof the study How Are Students with Immigrant Backgrounds Defined or Characterized and Do They Have MoreProblems when Studying? Results from a Student Survey at the University of Duisburg-Essen presented here byUrsula M. Mueller. Reviewing various studies already reveals an amazing range on what is meant by "immigrantbackground" and how "educational background” is defined. The subsequent analysis on whether this groupshows more or specific study problems comes to an initially surprising, but then very plausible result.

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Hochschulforschung HSWWer als Studierende/r „mit Migra-tionshintergrund“ gilt, hängt vonder jeweils gewählten Definitionab. Bezogen auf die Teilnehmen-den der Befragung2 zeigt sich, dass12,2% einen Migrationshinter-grund haben, wenn die Operatio-nalisierung der 18. Sozialerhebungzugrunde gelegt wird. Repliziertman die 18. Sozialerhebung mitden UDE-Daten, so ergeben sichverschiedentlich besetzte Unter-gruppen, z.B. eingebürgerte Stu-dierende (6,0%), Studierende mitdoppelter Staatsangehörigkeit(3,1%) und Bildungsinländer/in -nen (3,1%). Werden wie in der 19.Sozialerhebung zusätzlich Studierende berücksichtigt,die mindestens einen Elternteil mit einer nicht-deut-schen Staatsangehörigkeit haben, so erhöht sich derProzentanteil der Studierenden mit Migrationshinter-grund um gut 3% auf insgesamt 15,4%. Vergleicht mandie Daten mit der bundesweit repräsentativen 19. Sozia-lerhebung, wird deutlich, dass der Anteil der Studieren-den mit Migrationshintergrund an der UDE deutlichhöher liegt als im bundesweiten Durchschnitt, wo einDurchschnitt von 11% ermittelt wurde (BMBF 2010).3Wird der Fokus auf die gesprochene Sprache gelegt, be-trägt der Anteil der Studierenden, die neben der deut-schen Sprache in ihrer Familie/Verwandtschaft oder imFreundeskreis noch eine andere Sprache sprechen16,3% und fällt somit ähnlich hoch aus wie der Anteilder Migrant/inn/en, wenn die Operationalisierung der19. Sozialerhebung zugrunde gelegt wird. Finden weitere Variablen, die sich auf die Eltern bezie-hen, Berücksichtigung, nimmt der Anteil der Studieren-den mit einer Zuwanderungsgeschichte weiter zu.

So zählen 24,1% von ihnen zu der Subgruppe der Mi-grant/innenen, wenn sie selbst und/oder mindestens einElternteil nicht in Deutschland geboren wurdenund/oder sie eine andere als die deutsche Staatsan-gehörigkeit besessen haben bzw. besitzen. Allerdingswerden hierbei weitere 0,3% (N=16) der Studierenden,deren Eltern keinen Migrationshintergrund haben, dieaber angaben, dass sie nicht in Deutschland geborenwurden oder eine ausländische Staatsangehörigkeit be-sitzen bzw. besaßen, nicht berücksichtigt. Es ist dieseletzte Definition von Migrationshintergrund, gemäß derein Anteil von 24,1% der Studierenden einen Migra -tionshintergrund aufweisen, mit der im Folgenden gear-beitet wird. Darüber hinaus ist auch die Operationalisie-rung von „Bildungshintergrund” alles andere als trivial.Wird ein „niedriger Bildungshintergrund“ definiert als„kein Elternteil verfügt über einen akademischen Ab-schluss“, so trifft dies auf 52,1% der Studierenden zu(Bildungshintergrund I). Fächert man die Variable weiterauf (Bildungshintergrund II), so beläuft sich der Anteil

derjenigen Studierenden, vondenen beide Elternteile nochnicht einmal eine abge-schlossene Berufsausbildungvorweisen können, auf nur2,5% der Befragten.

Tabelle 1: Operationalisierungsmöglichkeiten des „Migrationshintergrundes“

Tabelle 2: Operationalisierungsmögichkeiten des „Bildungshintergrundes“

1 Geburtsland des Studierenden,Staatsangehörigkeit des Studieren-den, Staatsangehörigkeitswechseldes Studierenden, und vorherigeStaatsangehörigkeit des Studieren-den sowie diese vier Variablen je-weils auch für Vater und Mutter.

2 Da ausländische Studierende, dienur zum Studium nach Deutschlandgekommen sind, eine besondereSubgruppe darstellen, werden dieseaus der weiteren Analyse ausge-schlossen, so dass letztlich die Anga-ben von 5.406 Studierenden ausge-wertet werden.

3 Während der Anteil der Studieren-den mit Migrationshintergrundgemäß der 19. Sozialerhebung bun-desweit bei 11% liegt, beträgt dieserAnteil bei den Befragten der UDE-Studierendenbefragung 15,4%.

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53HSW 2/2012

U. M. Müller n Wie sind Studierende mit Migrationshintergrund definiert ...HSW

2. Nationale Herkunft der Studierenden mit Migrationshintergrund

Über das formale Kriterium der Staatsangehörigkeit hin-ausgehend wurde untersucht, welche nationalen Wur-zeln die Studierenden mit Migrationshintergrund auf-weisen. Im Rahmen der Studierendenbefragung derUDE wurden neun Variablen erhoben, die eine nationa-le Zuordnung der Befragten erlauben. Neben der gegen-wärtigen Staatsangehörigkeit zählen hierzu eine ggf.vorherige Staatsangehörigkeit sowie das Geburtslandder Studierenden als auch deren Eltern. Konkret bedeu-tet das Folgendes: Hat eine Person bei allen Variableneine deutsche Staatsangehörigkeit ohne einen vorherge-henden Staatsangehörigenwechel und Deutschland alsGeburtsland angegeben, so wird diese Person der Grup-pe „Ohne Migrationshintergrund“ zugeordnet. Sobaldein Fall auf nur einer der erhobenen Variablen eine„nicht-deutsche“ Ausprägung hat, wird dieser der je-weiligen Nation zugeordnet. D.h., dass jemand, dessenMutter zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben einepolnische Staatsbürgerschaft inne hatte und bei allenanderen Variablen deutsche Ausprägungen hat, im Fol-genden als „polnisch“ gilt.4Es hat sich gezeigt, dass die Gruppe der polnisch-stäm-migen Studierenden am größten ist, gefolgt von der tür-kisch-stämmigen und der Gruppe mit nationalen Wur-zeln aus der ehemaligen Sowjetunion (Tabelle 3).

3. Demographische und andere Diversity-Merkmale

Im Vergleich zu ihren Kommiliton/inn/en ohne Migra -tionshintergrund fällt auf, dass Studierende mit Migra -tionshintergrund • tendenziell häufiger verheiratet sind,• überproportional oft aus bildungsfernen Elternhäusern

stammen (Denn: Von den Studierenden, deren Eltern

keine Berufsausbildung haben,haben fast 90% einen Migrations-hintergrund!),• häufiger familiäre Verpflichtun-

gen zu erfüllen haben,• vielfach auf eine eher unge-

wöhnliche Bildungsbiographiezurückblicken (sie waren nicht sooft auf einem Gymnasium wieihre deutschstämmigen Kommi-liton/ in nen),

• öfter nach einer Berufsausbil-dung das Abitur nachgeholt underst dann ein Studium aufge-nommen haben,

• und im Lehramt etwas unterre-präsentiert sind.

Deutliche Unterschiede zwischenStudierenden mit und ohne Migra-tionshintergrund zeigen sich beider Studienfinanzierung. So neh-men Studierende mit Migrations-hintergrund fast doppelt so oft wieStudierende ohne Migrationshin-

tergrund Leistungen nach dem BAföG in Anspruch undwerden wesentlich seltener von den Eltern unterstützt.Darüber hinaus fragen Studierende mit Migrationshin-tergrund überdurchschnittlich rege Beratungsangebotezum Thema „Finanzierung des Studiums“ nach und er-hoffen sich Unterstützung durch die Universität.

4. StudienabbruchsgedankenIm Folgenden soll untersucht werden, ob Studierendemit Migrationshintergrund öfter ihr Studium unterbre-chen oder sogar abbrechen. Gemäß den in Tabelle 4ausgewiesenen Cramers V-Werten gibt es nur äußerstgeringe Zusammenhänge. Während 10,8% der Studierenden ohne Migrationshin-tergrund für ein Semester oder länger ihr Studium un-terbrochen haben, sind dies bei den Studierenden mitMigrationshintergrund 13,8%. Weiterhin wurden dieStudierenden gefragt, ob sie jemals mit dem Gedankengespielt haben, ihr Studium an der UDE gänzlich abzu-brechen: Diese Frage bejahten die Studierenden ohneMigrationshintergrund nur wenig häufiger (28,6%) alsdiejenigen mit Migrationshintergrund (28,1%). Dochvon einem Zusammenhang kann man hier sicherlichnicht sprechen. Diejenigen, die mit „ja“ antworteten,wurden zusätzlich nach der Häufigkeit ihrer Studienab-bruchgedanken gefragt. Der Zusammenhang zwischenMigrationshintergrund und der Häufigkeit von Studien-abbruchsgedanken ist jedoch ebenfalls denkbar gering.Studierende mit Migrationshintergrund haben also –entgegen allgemeiner Vermutungen – kein höheres Risi-ko an Studienabbruch zu denken.

Tabelle 3: Nationale Herkunft der Studierenden mit Migrationshintergrund(Operationalisierung Migranten I)

Tabelle 4: Zusammenhänge zwischen Migrationshintergrund und Studienunter-brechung bzw. -abbruch

4 Bei insgesamt 6 Fällen im Datensatz kam es vor, dass sie zwei unterschied-lichen, nicht-deutschen Einflüssen unterliegen. Beispielsweise war ineinem Fall die Mutter Bulgarin und der Vater Türke. Aufgrund dieser Un-eindeutigkeit wurden diese sechs Fälle der Ausprägung „andere nationaleWurzeln“ zugeschlagen.

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Hochschulforschung HSW

Des Weiteren wurde denjenigen, die zum Zeitpunkt derBefragung ihr Studium bereits für ein oder mehrere Se-mester unterbrochen haben, eine Frage nach den Grün-den für die Studienunterbrechung vorgelegt. Dabeigaben Studierende mit Migrationshintergrund insbeson-dere finanzielle (Cramers V = 0,113**), familiäre (Cra-mers V = 0,110*) sowie mit einer Erwerbstätigkeit (Cra-mers V = 0,067) zusammenhängende Gründe an. Nurbeim Aspekt „um andere Erfahrungen zu sammeln“weist die Gruppe derjenigen, die keinen Migrationshin-tergrund haben, einen signifikant höheren Wert auf(Cramers V = 0,111**).Mithilfe einer Clusteranalyse wurden vier verschiedeneStudienabbruchstypen identifiziert (Tabelle 5). Im An-schluss soll gezeigt werden, dass es einen leichten, signi-fikanten Zusammenhang zwischen diesen Studienab-bruchstypen und Migrationshintergrund gibt. In derGruppe der sehr anspruchsvollen und kritisch fordern-den Studierenden, die mit den Studienbedingungen un-zufrieden sind, sind Studierende mit Migrationshinter-grund leicht unterrepräsentiert. In der Gruppe derjenigen, die über ihre Studienwahl un-sicher sind, gibt es keine Unterschiede bezüglich desAnteils der Studierenden mit Migrationshintergrund.

Studierende mit Migrationshinter-grund scheinen weniger aufgrundvon fachlicher Überforderung bzw.sozialer Probleme an Studienab-bruch zu denken. Jedoch zeigt sich ein deutlicherUnterschied bei derjenigen Stu -dienabbruchsgruppe, die aufgrundgroßer finanzieller Probleme bzw.teilweise familiären Verpflichtun-gen an Studienabbruch denken.Studierende mit Migrationshinter-

grund (21,7%) sind in diesem letzten Cluster deutlichöfter vertreten als Studierende ohne Migrationshinter-grund (14,5%).Dies ist jedoch immer vor dem Hintergrund zu sehen,dass Studierende mit Migrationshintergrund nicht signi-fikant häufiger an Studienabbruch denken, dass sie aberüber die verschiedenen Abbruchstypen hinweg etwasanders verteilt sind.

5. Studienbezogene SchwierigkeitenNachdem dargelegt wurde, dass Studierende mit Migra-tionshintergrund nicht signifikant häufiger ihr Studiumunterbrechen oder gar abbrechen, soll sich nun derFrage zugewandt werden, ob diese Gruppe mehrSchwierigkeiten bezogen auf einzelne Aspekte des Stu-dienverlaufs erfährt.Studierende mit Migrationshintergrund äußern dabei inhöherem Maße im bisherigen Studienverlauf Schwierig-keiten gehabt zu haben als Studierende ohne Migra -tionshintergrund. Obwohl in Abbildung 1 mit bloßemAuge Unterschiede zu erkennen sind, bleiben die statis -tischen Zusammenhänge, z.B. zwischen Migrationshin-tergrund und „Verfassen schriftlicher Ausarbeitungen“

(Cramers V = 0,077)bzw. zwischen Mi-grationshintergrundund „Halten vonReferaten“ (Cra-mers V = 0,054)sehr gering.Um genauere Aus-sagen darüber tref-fen zu können, inwelchen BereichenStudierende mitMigrationshinter-grund besondershohe Schwierigkei-ten haben, wurdeeine Faktorenanaly-se durchgeführt.Damit konnte dieAnzahl der Itemsauf einige, sich la-tent hinter den 13Variablen „verber-gende“ Faktorenreduziert werden.

Tabelle 5: Cluster mit verschiedenen Studienabbruchstypen nach Migrationshin-tergrund

Abbildung 1: Schwierigkeiten im Studienverlauf

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Im Folgenden wurden mit Hilfe der Hauptkomponente-nanalyse (vgl. Bühl 2008, S. 509ff) (der gängisten Me-thode) einzelne Faktoren extrahiert und nach der so ge-nannten Varimax-Methode5 rotiert. Das Verfahren ergabanhand des Eigenwertkriterium > 1 eine vierfaktorielleLösung.6Die faktoranalytisch gewonnenen, neu en Variablen7

wurden auf Zusammenhänge mit Migrationshintergrundhin untersucht. Dabei zeigt sich, dass es nur sehr gerin-ge Zusammenhänge zwischen dem Migrationshinter-grund und den einzelnen Schwierigkeitsfaktoren gibt.Den größten Zusammenhang (und auch den höchst sig-nifikanten) gibt es bei den Schwierigkeiten mit allgemei-nen Studienkompetenzen (Tabelle 7).Nachdem sich kaum Zusammenhänge zwischen denSchwierigkeitsbereichen und der Variable Migrations-hintergrund zeigen, soll im Folgenden untersucht wer-den, ob es gewisse Subgruppen von Studierenden mitMigrationshintergrund gibt, die mehr Schwierigkeitenhaben als andere Subgruppen (Tabelle 8). Die Studieren-den mit nationalen Wurzeln aus der ehemaligen Sowjet-union scheinen sowohl mit den lehr-/lernbezogenen Be-dingungen als auch mit den allgemeinen Studienkompe-tenzen sowie den sprachlichen Voraussetzungen mehrProbleme zu haben als die anderen Subgruppen. DieStudierenden türkischer Abstammung haben die größ-ten Probleme mit der sozialen Einbindung.Darüber hinaus sind einige Variablen aufgeführt, die dieUnterschiede in den verschiedenen Schwierigkeitsberei-chen erklären könnten. Denn man sieht, dass Studieren-de, die aus der ehemaligen Sowjetunion stammen, deut-

lich öfter Bildungsausländersind (ohne inländischer Hoch-schulzugangsberechtigung) undseltener über das allgemeineAbitur verfügen. Bei der türki-schen Migrant/innengruppehingegen handelt es sich deut-lich öfter um Bildungsaufstei-ger/innen aus bildungsfernenbzw. sehr bildungsfernen El-ternhäusern.

6. Die Rolle des Bildungshintergrundes

Das letzte Kapitel hat gezeigt,dass die Zusammenhänge mitdem Migrationshintergrund imBereich der allgemeinen Stu -dienkompetenzen – wenn-gleich auch sehr gering – nocham höchsten waren (Cramers V= 0,072***). Im Folgenden sollnun untersucht werden, inwie-fern der BildungshintergrundEinfluss auf den Zusammen-hang zwischen „Migrationshin-tergrund“ und „Schwierigkeitenmit allgemeinen Studienkom-petenzen“ hat (Tabelle 9). Spal-tet man nach nur zwei Gruppen

auf (nämlich in Nicht-Akademiker- versus Akademiker-Familien), so ergeben sich nur sehr schwache Zusam-menhänge zwischen der Variable „Migrationshinter-grund“ und „Schwierigkeiten mit allgemeinen Studien-kompetenzen“. Spaltet man hingegen den Bildungshin-tergrund in fünf Gruppen auf, so finden sich interessanteZusammenhänge. In der Gruppe derjenigen aus sehr bil-dungsfernen Familien, in denen kein Elternteil einen Be-rufsabschluss hat, besteht ein recht hoher Zusammen-hang von fast 0.2 (Cramers V = 0,198).8 Das heißt, dassein Migrationshintergrund hier stärker „durchschlägt“und sich erschwerend auf die Schwierigkeiten mit allge-meinen Studienkompetenzen auswirkt. Allerdings istder Zusammenhang nicht signifikant, wohl aufgrund dergeringen Fallzahl von nur 119 Fällen in dieser sehr bil-

Tabelle 6: Rotierte Komponentenmatrix mit vier Faktoren

Tabelle 7: Zusammenhänge zwischen faktoranalytisch gewonnenen Schwierigkeits-bereichen und Migrationshintergrund (Cramers V-Werte)

5 Bei der Varimax-Methode werden die Achsen so rotiert, dass sich fürjeden einzelnen Faktor eine möglichst geringe Anzahl von Variablen mithohen Faktorladungen ergibt (vgl. Brosius 2008, S. 788).

6 Dank der Rotation ergab sich eine so genannte Einfachstruktur, auf der einItem jeweils nur auf einen Faktor hoch lädt (diese Faktorladungen sind inTabelle 6 fett gedruckt). Die Rotation ist in 6 Iterationen konvergiert. Diedrei Faktoren erklären zusammen 52,7% der Gesamtvarianz.

7 Auf Basis der vier extrahierten Faktoren wurden die Faktorwerte in derSPSS-Arbeitsdatei abgespeichert, so dass jedem Fall ein Faktorwert zwi-schen -3 und +3 zugeordnet wurde. Dabei wurde bei fehlenden Wertenauf einzelnen Items so verfahren, dass dafür Mittelwerte eingesetzt wur-den und so der Fall für die weiteren Analysen nutzbar blieb. Um mit denFaktorwerten weiter rechnen zu können, wurden für jeden der vier Fakto-ren eine gesonderte Variable angelegt, die die Faktorwerte in vier Perzen-tile einteilt (1 „überhaupt keine Schwierigkeiten“, 2 “wenige Schwierigkei-ten“, 3 “eher große Schwierigkeiten“ und 4 „sehr große Schwierigkeiten“).Mit diesen vier Perzentilen pro Faktor wurden dann Zusammenhangsana-lysen mit den jeweiligen Operationalisierungen des Migrationshinter-grunds vorgenommen.

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dungsfernen Gruppe. Bei Studierenden aus Elternhäu-sern mit mittlerer und hoher Qualifikation scheint eskaum einen Zusammenhang zwischen Migrationshinter-grund und allgemeinen Studienkompetenzen zu geben.

7. FazitDie in diesem Beitrag vorgestellten Analysen haben ge-zeigt, dass Studierende mit Migrationshintergrund nichthäufiger an Studienabbruch denken (und damit sind sienicht abbruchgefährdeter) als Studierende ohne Migra -tionshintergrund. Darüber hinaus haben Studierendemit Migrationshintergrund kaum mehr studienbezogeneSchwierigkeiten als Studierende ohne Migrationshinter-grund. Lediglich bezüglich allgemei-ner Studienkompetenzen (wie z.B.dem Halten von Referaten bzw. demVerfassen schriftlicher Ausarbeitun-gen) besteht ein leichter Zusammen-hang, d.h. Studierende mit Migra -tionshintergrund haben diesbezüg-lich etwas mehr Probleme als Studie-rende ohne Migrationshintergrund.Wäh rend sich in der Gruppe der Stu-dierenden aus bildungsfernem El-ternhaus ein Migrationshintergrunddergestalt auswirkt, dass die betrof-fenen Studierenden mehr Problememit allgemeinen Studienkompeten-zen haben, so hat ein hoher Bil-dungshintergrund kaum Einfluss aufdie Schwierigkeiten, die jemand auf-grund eines Migrationshintergrundesverspüren könnte.

Diese Ergebnisse muss man vordem Hintergrund zweier Selek-tionsmechanismen betrachten.Studierende mit Migrationshin-tergrund sind eine positiv se-lektierte Gruppe, da nur sehrdurchsetzungsfähige Schülermit Migrationshintergrund denÜbergang zur Hochschuleschaffen (Sarcletti/Müller 2011,S. 6). Denn Studien haben ge-zeigt, dass sie bei gleicher Lei-stung eine geringere Über-gangswahrscheinlichkeit haben(vgl. Reisel/Brekke 2010, S.694-696). Über diese erste Se-lektion hinaus, gibt es einenzweiten Selektionsmechanis-mus. Denn es ist anzunehmen,dass Studierende, die ernsthaf-te Abbruchsgedanken bzw.große studienbezogene Proble-me haben, tendenziell selteneran der Studierendenbefragungteilgenommen haben. Auchdies mag eine Erklärung für diefestgestellten, nur sehr gerin-gen Zusammenhänge sein.

Aufgrund dieser Überlegungen kommt der Studienein-gangsphase besondere Bedeutung zu. Weitere Analysenmit den Daten der Studierendenbefragung haben erge-ben, dass Studierende mit Migrationshintergrund dieAngebote im Rahmen der Orientierungswoche nurleicht unterdurchschnittlich oft nutzen und dass einüberdurchschnittlich hoher Anteil diese Angebote garnicht kennt.

Tabelle 8: Faktoranalytisch gewonnene Schwierigkeitsbereiche und nationale Her-kunftsgruppen

Tabelle 9: Bildungshintergrund als Testvariable

9

8 Cramers V variiert immer zwischen 0 und 1. Da Cramers V immer positivist, kann keine Aussage über die Richtung des Zusammenhanges getroffenwerden.

9 Der Anteil der Studierenden mit Schwierigkeiten in den jeweiligen Berei-chen wurde im Prozess der Faktoranalyse auf 50% normiert. Die Wertelassen daher erkennen, welche Gruppe nach oben oder unten abweicht.

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U. M. Müller n Wie sind Studierende mit Migrationshintergrund definiert ...HSWInsgesamt scheinen die Daten der Studierendenbefra-gung zu bestätigen, dass die wirklich kritischen Phasen,in denen Bildungsungleichheiten zum Tragen kommen,in der frühen Phase der Bildungskarriere liegen. Perso-nen mit Migrationshintergrund, die es an die Universitätgeschafft haben, haben bewiesen, dass sie erfolgreichmit ihrer benachteiligten Situation umgehen konnten.Sie haben verschiedene Selektionsprozesse erfolgreichgemeistert. Vor diesem Hintergrund ist also zu erklären,warum Studierende mit Migrationshintergrund, die ander UDE studieren und die an der Befragung teilgenom-men haben (!) nicht signifikant mehr Studienproblemehaben bzw. ihr Studium nicht zu einer signifikant höhe-ren Rate an Studienabbruch dachten. Daher scheint esbesonders wichtig zu sein, Schüler mit Migrationshinter-grund auf den Zugang zur Universität vorzubereiten bzw.sie in den ersten Semestern mit dem neuen akademi-schen Umfeld vertraut zu machen.

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n Ursula M. Müller, Dipl.-Soziologin, Wissen-schaftliche Mitarbeiterin, Zentrum für Hoch-schul- und Qualitätsentwicklung der Univer-sität Duisburg-Essen, E-Mail: [email protected]

im Verlagsprogramm erhältlich:

Otto Wunderlich (Hg.):

Entfesselte Wissenschaft.

Bielefeld 2004, ISBN 3-937026-26-6, 188 S., 19.90 Euro

Winfried Ulrich:

Da lacht der ganze Hörsaal. Professoren- und Studentenwitze.

Bielefeld 2006, ISBN 3-937026-43-6, 120 S., 14.90 Euro

Bestellung:E-Mail: [email protected], Fax: 0521/ 923 610-22

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Hochschulforschung HSW

Die vorliegende Studie geht im Wesentlichen drei Fra-gen nach: Der nach der Zusammensetzung der Studie-rendenschaft der Universität Vechta mit Blick auf denMigrationsstatus; der nach der aktuell erlebten Studien-situation sowie der Frage, ob Studierende mit Migra -tionshintergrund in Bezug auf einen erfolgreichen Stu -dienabschluss und die Berufsbefähigung besondere Be-darfe im Hochschulalltag haben, die spezielle Unterstüt-zungsangebote notwendig machen. Für die Beantwor-tung wurde im Rahmen eines DAAD-PROFIN-Projekteseine Fragebogenerhebung durchgeführt.

1. AusgangslageAuch wenn sich eine aktuelle Studie des DeutschenAkademischen Austausch Dienstes (DAAD), durchge-führt durch das Hochschul-Informations-System (HIS),mit der Situation sogenannter Bildungsinländerinnen1

und -inländer2 auseinandersetzte, die mit 41% fast dop-pelt so häufig ihr Studium abbrechen wie ihre deutschenKommilitonen (DAAD 2011, S. 54), ist die Situation derGesamtgruppe Studierender mit Zuwanderungserfah-rung aufgrund schwieriger Datenlagen nur schwer ein-schätzbar. Bislang wurden lediglich bestimmte Zuwan-derungsgruppen untersucht. So existieren beispielswei-se Studien zu Studierenden aus dem Ausland (z.B. BMBF2005; Kimmel/Wosnitza 2006), zu Bildungsinländern(z.B. Zittlau/Meinhardt 2009; DAAD 2011) und zu Stu-dentinnen mit Migrationshintergrund (z.B. Klees-Möl-ler/Tarzi/Wolff-Bendik 2007). Mit Blick auf einen prog -nostizierten Fachkräftemangel (Institut für Arbeits-markt- und Berufsforschung (IAB) 2010; Deutsches In-stitut für Wirtschaftsforschung (DIW) 2010) und die In-ternationalisierung des Arbeitsmarktes könnte allerdingsder gesamten Studierendengruppe mit Migrationshin-

tergrund zukünftig eine größere Bedeutung zukommen. Das von 2010 bis 2012 im Rahmen des DAAD-PROFIN-Programms geförderte Modellprojekt „Migration undStudium“ der Universität Vechta untersucht daher mög-liche Unterstützungsbedarfe in Bezug auf den Studiener-folg und die Berufsbefähigung von Studierenden mit Mi-grationshintergrund. Dabei wird an der ländlich gelege-nen Hochschule im Oldenburger Münsterland mit Hilfequantitativer und qualitativer Erhebungen auch nachmöglichen besonderen Kompetenzen und Ressourcendieser Studierenden gefragt.3Unter Personen mit Migrationshintergrund werdendabei in Anlehnung an das Statistische Bundesamt (ebd.2007, S. 8) und eine Studie des Deutschen Studenten-werkes (DSW) (Bundesministerium für Bildung und For-schung (BMBF) 2010a, S. 501) diejenigen verstanden,die selbst, deren Eltern oder deren Großeltern nach1949 auf das Gebiet der heutigen BundesrepublikDeutschland immigriert sind – ungeachtet ihrer jetzigenStaatsangehörigkeit. Um dementsprechend die genaue Zusammensetzungder Studierendenschaft nach Migrationsstatus an derUniversität Vechta ermitteln zu können wurde vor Orteine entsprechende Fragebogenerhebung durchgeführt.Bundesweit werden für diese Zielgruppe erst seit demSommersemester 2009 – und zwar im Dreijahresrhyth-mus – Erhebungen durchgeführt (BMBF 2010a). Aber

Yvette Völschow & Maike Bajaa

Studierende mit Migrationshintergrund: Eine Gruppe mit speziellen Unterstützungsbedarfen?Zur Studiensituation an der ländlich gelegenen Universität Vechta

Maike Bajaa

In their contribution Students with an Immigrant Background: a Group with Extra Support Requirements? On theSituation in the Rural Situated University of Vechta Yvette Völschow & Maike Bajaa examine specific local condi-tions and thereby provide a reliable basis of information in order to be able to examine whether extra support ser-vices are needed and what these have to look like. However, they come to similar conclusions as the colleague inDuisburg-Essen.

Yvette Völschow

1 Als Bildungsinländer/innen werden die Studierenden bezeichnet, die eineinternationale Staatsangehörigkeit besitzen, die Hochschulzugangsberech-tigung jedoch in Deutschland erworben haben. Bildungsausländer/innenhaben eine internationale Staatsangehörigkeit und ihre Hochschulzu-gangsberechtigung im Ausland erworben.

2 Im Folgenden wird jeweils die männliche Form gewählt.3 Die Universität Vechta weist ca. 3.200 immatrikulierte Studierende auf

und bietet sowohl Bachelor- als auch Master-Studiengänge an.

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Y. Völschow & M. Bajaa n Studierende mit Migrationshintergrund: ...HSWauch hier werden nicht alle Migrationsgruppen be-stimmt. Zudem können über die Immatrikulationsämternur Daten zu Bildungsinländern und -ausländern abge-rufen werden, die über die Staatsangehörigkeit und dasLand, in dem die Hochschulzugangsberechtigung erwor-ben wurde, identifizierbar sind. Als Bedingungsfaktoren für einen Studienabbruch geltenz.B. unzulängliche Studienbedingungen, Finanzierungs-probleme oder mangelnde Berufsvorbereitung (Heub-lein et al. 2009, S. VII; 101ff.; 109ff.; 117ff.; 133ff.). Umsie vergleichend als mögliche Schwachpunkte aufzu-decken und ihnen in einem nächsten Schritt mit geziel-ten Interventionen entgegen wirken zu können, wurdenim Rahmen der Vechtaer PROFIN-Projektuntersuchungauch Informationen zur Studienzufriedenheit aller Stu-dierenden – unabhängig vom Vorhandensein eines Mi-grationshintergrundes – erfragt. Die Ergebnisse dieserDatenanalyse werden im Folgenden u.a. in Bezug zu derQuerschnittsstudie des DSW gesetzt (BMBF 2010a), umeventuelle Abweichungen bzw. Besonderheiten der Si-tuation an der Universität Vechta zum Bundesdurch-schnitt darstellen zu können. Sie könnten nicht zuletztauch in Zusammenhang mit regionalen Besonderheiten,wie z.B. dem verstärkten Zuzug von (Spät-)Aussiedlernund der ländlichen Verortung der Hochschule stehen.

2. Durchführung der StudieDie Befragung erfolgte zu Beginn des Wintersemesters2010/11 bei 1.628 Studierenden mit Hilfe eines Frage-bogens aus geschlossenen und Ergänzungsfragen. Damitwurden 51,9% der Gesamtstudierendenschaft (Stabs-stelle Controlling/Berichtswesen 2011a; 2011b) berück-sichtigt. Neben demografischen Merkmalen wurden In-formationen über Studiengang, Studienfinanzierungsowie konkrete Daten zu Zuwanderungserfahrungen derStudierenden ermittelt, wie z.B. der Anteil eingebürger-ter oder deutscher Studierender mit internationalem El-ternteil. Zusätzlich wurde die wahrge-nommene Unterstützung seitens derUniversität in Bezug auf das Erreicheneines erfolgreichen Studienabschlussesund entsprechender Berufsbefähigungthematisiert, um auf diesem Weg wei-tere Erkenntnisse – auch zu Studieren-den ohne Migrationshintergrund – zuerlangen. Die letztgenannte Gruppedient in den folgenden Ausführungenals Vergleichsgruppe.

3. StudienergebnisseDa die Stichprobe im Vergleich zur ge-samten Studierendenschaft der Uni-versität geringe Abweichungen inBezug auf Studiengangs- und Geschlechterverteilungaufwies, wurde sie entsprechend gewichtet. Promoven-den und Magister-Studiengänge wurden wegen beson-derer Ausbildungsmerkmale und sehr geringer Beteili-gung im Interesse der Aussagefähigkeit der Ergebnissevon der Auswertung ausgeschlossen. Auch ERASMUS-und andere Programm-Studierende sowie Bildungsaus-

länder, die ein komplettes Studium an der UniversitätVechta absolvieren, wurden daher in diesen Berechnun-gen nicht weiter berücksichtigt. Diese eindeutig identifi-zierbare Gruppe der internationalen Studierenden (etwa3% der Studierendenschaft im WS 2010/11) gehörtzudem nicht zur Zielgruppe des Projektes. Über sie lie-gen bereits aussagekräftige Studien (z.B. BMBF 2005;Kimmel/Wosnitza 2006) und Daten der Immatrikula -tionsämter vor. Die Vechtaer Stichprobe belief sich nach der Datenbe-reinigung auf 1.557 Fälle. Die folgenden Aussagen be-ziehen sich, soweit nicht anders beschrieben, jeweils aufgewichtete Werte.

3.1 Interkulturelle Zusammensetzung der Vechtaer Stu-dierendenschaftDie Vechtaer Erhebung zeigt, dass zu Beginn des Win-tersemesters 2010/11 mehr als 13% der Studierendeneinen Migrationshintergrund aufwiesen. Obwohl dieUniversität Vechta schwerpunktmäßig pädagogischeund soziale Fachrichtungen anbietet und keine juristi-schen, wirtschafts- oder naturwissenschaftlichen Stu -diengänge, die laut DSW-Studie vermehrt von Studie-renden – sowohl mit (46%) als auch ohne Migrations-hintergrund (41%) - gewählt werden (BMBF 2010a, S.508), liegt dieser Wert leicht über dem Bundesdurch-schnitt von 11% (ebd., S. 500).Durch die gezielt weit gehaltene Definition von ‚Migra-tionshintergrund’ und entsprechend konkretisierendeFragen lassen sich für die Universität Vechta die in Ab-bildung 1 dargestellten Gruppen von Studierenden mitZuwanderungserfahrung identifizieren.4Die Zusammensetzung der Vechtaer Studierendenschaftnach Migrationsstatus betrachtet (Abbildung 1) zeigt,dass sich die Verteilung insbesondere mit Blick auf dieBildungsinländer, die Eingebürgerten und die Deutschenmit internationalem Elternteil deutlich vom Bundes-durchschnitt unterscheidet. So wies die Studie von DSW

Abbildung 1: Studierende der Universität Vechta nach Migrationsstatus*

* Die Gruppe ,Sonstige mit MHG` war zwar nach o.g. Definition als Studie-rende mit Migrationshintergrund zu identifizieren, aber aufgrund von feh-lenden Antworten keiner der aufgeführten Gruppen zuzuordnen. DieseGruppe wird deshalb in den folgenden gruppenspezifischen Auswertungennicht berücksichtigt.

4 Die niedrige Quote von Bildungsinländern an der Universität könnte indem geringen Anteil von ausländischen Schülern an den Abiturienten bzw.Schulabgängern mit Fachhochschulreife im Landkreis Vechta begründetliegen. Dieser betrug im Schuljahr 2009 lediglich 1% (LSKN-online2011a).

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Hochschulforschung HSW

und BMBF für den Bundesdurchschnitt 4% eingebürger-te Personen, 3% Deutsche mit internationalem Eltern-teil, 1% Deutsche mit doppelter Staatsangehörigkeitund 3% Bildungsinländer nach (BMBF 2010a, S. 503).5Durch weiterführende Fragen, z.B. zur Einwanderungs-generation und Staatsangehörigkeit der Eltern konntefür die vorliegende Untersuchung die in Abbildung 1ausgewiesene Gruppe „Deutsche mit internationalerHerkunft“ – Personen, die selbst und deren Eltern sowieGroßeltern immer die deutsche Staatsbürgerschaft be-saßen, jedoch aus einem anderen Land eingewandertsind – herausgearbeitet werden. Zu dieser Gruppezählen fast 85% Personen aus Regionen, die einen (Spät-)Aussiedlerhintergrund nahe legen. Zudem lässtsich das Herkunftsland betrachtend bei mehr als 50%der Eingebürgerten und ca. 35% der Gruppe der Deut-schen mit internationalem Elternteil ein (Spät-)Aussied-lerhintergrund vermuten.Insgesamt bezieht sich der Migrationshintergrund vonVechtaer Studierenden auf 43 Herkunftsländer. Dengrößten Anteil bilden dabei nicht - wie die reinen Aus-länderstatistiken für den Landkreis Vechta sowie für Nie-dersachsen (z.B. LSKN-online 2011b; Statistisches Bun-desamt 2010, S. 67) und die Studien zu Bildungsinlän-dern (DAAD 2011, S. 34f.) vermuten lassen - Personenmit türkischer Staatsangehörigkeit, sondern zunächstZuwanderungen aus den Aussiedlergebieten Polen(25,7%), gefolgt von Kasachstan (18,5%) und Russland(12,3%), bevor die Türkei (12%) genannt wird (Abbil-dung 2). Die vergleichsweise starke Konzentration vonStudierenden mit Bezug zu (Spät-)Aussiedlerregionenkann in dem Umstand der starken Zuwanderung dieserGruppe in die Region seit 1950 (Wenzel 2002; Her-wartz-Emden/Westphal 1997) verknüpft mit der Tatsa-che, dass die Vechtaer Studierendenschaft zu über 47%aus dem Umland rekrutiert wird (Universität Vechta2011, S. 1f.) begründet liegen.

3.2 Studiensituation in Vechta: Studierende mit undohne Migrationshintergrund im VergleichIm Folgenden wird die Studiensituation in Vechta ausder Perspektive der Studierenden beleuchtet und – so-weit möglich – im Vergleich zu den Ergebnissen der Stu-die des DSW betrachtet, um eventuelle Besonderheitenaufzuzeigen.

GeschlechterverteilungDie Studierendenschaft der Univer-sität Vechta weist eine Geschlech-terverteilung von 24,2% männli-chen und 75,8% weiblichen Studie-renden auf (Stabsstelle Control-ling/Berichtswesen 2011a). ImWintersemester 2010/11 waren andeutschen Hochschulen bundes-weit jedoch nur knapp 48% Frauenimmatrikuliert (Statistisches Bun-desamt 2011a, S. 6). Die abwei-chende Verteilung in Vechta dürfteim Fächerkanon der Universität, dermit den Lehramts-Studiengängenfür Grund-, Haupt- und Realschulen

sowie dem Studienbereich Soziale Dienstleistungen tra-ditionell überwiegend durch weibliche Studierende ge-wählt wird, begründet liegen (Stabsstelle Controlling/Berichtswesen 2011a). Im Sommersemester 2009 wurde bundesweit auch fürdie Studierendengruppe mit Zuwanderungserfahrungeine Geschlechterverteilung von 48% Frauen und 52%Männern ermittelt (BMBF 2010a, S. 504). Der Anteilvon Männern der Studierendengruppe mit Zuwande-rungserfahrung betrug jedoch an der Universität Vechtaim Wintersemester 2010/11 nur 22%. Dabei sind unterden Deutschen mit internationaler Herkunft 27,8%, beiden Eingebürgerten jedoch nur 15,1% männlich. DieVerteilung auf die Studiengänge innerhalb der genann-ten Gruppen entspricht dabei der Gesamtverteilung. Esließen sich keine Korrelationen zwischen eventuellenStudiengangspräferenzen und Geschlecht bzw. Migra -tionsgruppe nachweisen.

Verteilung auf StudiengängeAusgehend von der Tatsache, dass Studierende mit Mi-grationshintergrund bundesweit betrachtet verstärktrechts- und wirtschaftswissenschaftliche Fächer studie-ren sowie mathematische und naturwissenschaftlicheFachrichtungen wählen (BMBF 2010a, S. 507f.), wurdedie Verteilung dieser Vechtaer Studierenden auf die Stu-diengänge und der Anteil der Studierenden an den je-weiligen Studiengängen ermittelt, um die Situation ander Universität zu beleuchten (Tabelle 1).Studiengangsspezifische Betrachtungen zeigen, dass imBA Dienstleistungsmanagement – einem kleinen Stu -diengang der betriebswirtschaftlich ausgerichtet ist – derAnteil Studierender mit Migrationshintergrund amhöchsten ist (22,8%); gefolgt vom MA Gerontologie mit16,7% und BA Soziale Arbeit mit 16,2% (Tabelle 1, Ab-bildung 3). Die Tatsache, dass der Bachelor Dienstlei-stungsmanagement der Studiengang mit den meistenwirtschaftswissenschaftlichen Anteilen ist, bietet vergli-chen mit den Daten des DSW (BMBF 2010, S. 507f.)wiederum eine Ähnlichkeit beim hier erhöhten Anteil an

Abbildung 2: Herkunftsländer von Studierenden mit Migrationshintergrundoder deren Familien

5 Die niedrige Quote von Bildungsinländern an der Universität könnte indem geringen Anteil von ausländischen Schülern an den Abiturienten bzw.Schulabgängern mit Fachhochschulreife im Landkreis Vechta begründetliegen. Dieser betrug im Schuljahr 2009 lediglich 1% (LSKN-online2011a).

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Grup pen – auf einer aufsteigendenSkala von 0 bis 10 mit einem Medianvon mindestens 6 - ähnlich stark aus-geprägt. Lediglich das für später ver-mutete attraktive Einkommen liegt beiStudierenden mit Migrationshinter-grund mit einem Median von 7 alsStudienmotiv deutlich höher als beiStudierenden ohne Migrationshinter-grund (Median = 5).Beachtenswert sind auch die Ergebnis-se zu den Lehramts-Studiengängen, dadie Datenlage zu Lehramts-Studieren-den mit Migrationshintergrund inDeutschland trotz verstärkter Forde-rungen nach Lehrkräften mit Migra -tionshintergrund bisher wenig verläss-lich ist (z.B. Karaksoglu 2010). Die Er-gebnisse der Vechtaer Fragebogener-hebung zeigen, dass aufgrund der ver-hältnismäßig großen Studienplatzka-pazität in diesem Bereich zwar über40% aller Studierenden mit Migra -tionshintergrund entweder BA Combi-ned Studies mit Lehramtsoption oderMaster of Education studieren; in derstudiengangsspezifischen Betrachtungliegt jedoch der Anteil der Studieren-den mit Zuwanderungserfahrung amStudiengang noch unter den ermittel-ten durchschnittlichen 13,2% (Tabelle1, Abbildung 3).

StudienfinanzierungDa eine ausreichende Studienfinanzie-rung eine bedeutende Bedingung füreinen erfolgreichen Studienverlaufund -abschluss und damit nicht zuletztauch für einen gelungenen Berufsein-stieg darstellt (Heublein et al. 2009, S.133ff.), wurde das Thema auch in der

Vechtaer Befragung berücksichtigt (Tabelle 2). Die Ergebnisse für den ländlichen Studienort deckensich in Teilen mit denen der genannten bundesweitenBefragung des BMBF und des DSW. Demzufolge bestrei-ten Studierende mit Migrationshintergrund im Vergleichzu denen ohne Zuwanderungserfahrung einen wesent-lich höheren Anteil ihrer Studienfinanzierung durchBAföG-Förderung statt durch elterliche Finanzierung(BMBF 2010a, S. 510). Das dürfte als Hinweis für enge-re finanzielle Verhältnisse in den Familien der Studieren-den mit Migrationshintergrund sprechen.

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Y. Völschow & M. Bajaa n Studierende mit Migrationshintergrund: ...HSWTabelle 1: Differenzierte Betrachtung der Studierenden nach Studiengängen

(n vor Gewichtung = 1.557)

* Stabsstelle Controlling/Berichtswesen 2011a; 2011b; 2011c.** aus rechnerischen Gründen leichte Abweichungen von bis zu 0,2%

Studierenden mit Migrationshintergrund, sagt jedochnoch nichts über die tatsächlichen Motive der Studien-wahl aus. Bei der Wahl eines Studienganges spielen Fachinteressesowie persönliche Begabungen und Neigungen eineRolle, jedoch treten diese Motive je nach Studiengangin unterschiedlicher Konstellation auf. So sind z.B. inwirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen vor allemextrinsische Motive aufgezeigt worden (HIS 2005, S.9ff.). Einer Befragung Studierender des BA Dienstleis -tungs ma nage ment der Universität Vechta nach sind hierjedoch auch intrinsische Motive wie z.B.fachliches Interesse oder Interesse an demspäteren Tätigkeitsfeld von studienwahlre-levanter Bedeutung. Betrachtet man dieseErgebnisse differenziert nach Migrations-hintergrund, so sind die extrinsischen Be-weggründe wie z.B. gute Chancen auf demArbeitsmarkt sowie intrinsische Studien-motive, z.B. fachliches Interesse oder eininteressantes Tätigkeitsfeld, in beiden

Abbildung 3: Anteil der Studierenden mit Migrationshintergrund an denStudiengängen

Tabelle 2: Studienfinanzierung Vechtaer Studierender nach Migrations-hintergrund (Mehrfachnennungen möglich)

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Hochschulforschung HSW

Betrachtet man die Gruppe der Studierenden mit Migra-tionshintergrund an der Universität Vechta differenziert(Tabelle 3), so wird deutlich, dass in sämtlichen Studie-rendengruppen unabhängig vom Migrationsstatus – bisauf die Gruppe der Eingebürgerten – in mindestens 70%der Fälle eine Finanzierung durch die Eltern gegeben ist.Hier könnte sich ggf. die regionale wirtschaftliche Stärkeim Landkreis Vechta mit geringen Arbeitslosenzahlenwiderspiegeln (Bundesagentur für Arbeit 2011; Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung 2009, S. 8).Andererseits könnte das Ergebnis auch ein Indiz dafürsein, dass – wie seit der PISA-Studie bekannt – Kindermit Eltern, die selbst eine gute Ausbildung aufweisen,bessere Chancen auf einen akademischen Abschlusshaben (z.B. Max-Planck-Institut für Bildungsforschung2001; BMBF 2006, S. 74ff.). Demnach würden sich aneiner Universität grundsätzlich eher junge Menschen

finden, deren Eltern nicht zuletztauch finanziell mehr zur Ausbil-dung beitragen können. Hierausbietet sich ein Anhaltspunkt fürdie sozioökonomische Zusam-mensetzung der Vechtaer Studie-renden.Besonders deutlich kommt dieseThese bei den Deutschen mit in-ternationalem Elternteil zum Tra-gen. Bei dieser Gruppe ist dieStudienfinanzierung durch BAföGmit knapp 38% wesentlich gerin-

ger ausgeprägt als bei den anderen Gruppen mit Zuwan-derungserfahrung. Zugleich ist bei ihnen die Finanzie-rung durch die Eltern am höchsten. Das lässt den Schlusszu, dass Studierende mit Migrationshintergrund dieserGruppe mehrheitlich aus finanziell ‚gut situierten’ Fami-lien stammen und die Integration hier vermutlich am be-sten gelungen ist.

Zufriedenheit mit der Unterstützung durch die Univer-sität in Bezug auf Studienabschluss und Berufsbefähi-gungMit Blick auf mögliche gruppenspezifische Bedarfewurde auch die Zufriedenheit der Studierenden mit deruniversitären Unterstützung in Bezug auf einen erfolgrei-chen Studienabschluss und anschließende Berufsbefähi-gung ermittelt, um Studierende mit Migrationshinter-grund ggf. durch konkrete Angebote unterstützen zu

können. Diese Thematik wurde in derStudie des DSW (BMBF 2010a) nicht ver-folgt. Für die hier qualitativ mittels Ergän-zungsfragen erhobenen Daten wurdekeine Gewichtung vorgenommen. DieAngaben beruhen auf den Antworteneiner Samplestichprobe von jeweils 211Studierenden mit und ohne Migrations-hintergrund.

Wahrgenommene Unterstützung durchdie Universität in Bezug auf einen erfolg-reichen StudienabschlussWie aus Abbildung 4 ersichtlich, sindknapp 28% der Studierenden mit undohne Migrationshintergrund mit der Un-terstützung durch die Universität Vechtain Bezug auf das erfolgreiche Erreichen

des Studienabschlusses zufrie-den. Schwachstellen bzw. Un-zufriedenheit gaben 14,5% derBefragten mit Migrationshinter-grund bzw. 16,1% ohne Migra-tionshintergrund an. Ein we-sentlicher Unterschied zwischenden Studierendengruppen isthier nicht erkennbar. Die Befra-gung zeigte jedoch auch, dassnur ca. 40% der Studierendenüberhaupt eine klare Einstellungzu diesem Thema haben (Abbil-dung 4).

Tabelle 3: Studienfinanzierung von Studierenden mit Migrationshintergrund nachGruppen (Mehrfachnennungen möglich)

Abbildung 4: Unterstützung durch die Universität in Bezug auf Studienabschluss

Abbildung 5: Gründe für Zufriedenheit in Bezug auf Studienabschluss (Angaben ungewichtet)

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Betrachtet man die Gründe für die Zufriedenheit genau-er, werden von beiden Studierendengruppen vor allemdie Betreuung durch die Lehrenden, Beratungsmöglich-keiten und Tutorien an der relativ überschaubaren, länd-lich gelegenen Universität genannt (Abbildung 5). Dieals positiv empfundene Betreuung zeigt sich im Kontextder Studienzufriedenheit als ein wesentliches Qualitäts-merkmal der kleinen Universität. Sie gilt nach Heubleinet al. als eine wesentliche Voraussetzung für einen erfol-greichen Studienabschluss, da sie u.a. ein tiefergehendesVerständnis des Lehrstoffes fördert und in Folge bessereLeistungsbedingungen geschaffen werden (ebd. 2009, S.109ff.). Studierende, die Beratungsmöglichkeiten alsGrund für ihre Zufriedenheit nennen (13,4% ohne,13,9% mit Migrationshintergrund), führen hier konkretdie Studienberatung und das Studierenden Service Cen-ter (SSC) an.12,5% der Studierenden ohne Migrationshintergrund,so zeigt die Feinbetrachtung, sehen ihr Studium – wennüberhaupt – durch ein gutes Lehrangebot unterstützt(Abbildung 5). Etwa 10% der Studierenden mit undohne Migrationshintergrund geben dies andereseits je-doch als Grund für Studienunzufriedenheit an (Abbil-dung 6). Die aufgezeigte Ambivalenz bei Studierendenohne Migrationshintergrund ist dabei studiengangsun-spezifisch. Praxisferne Lehre, fehlende Praxisanteile im Studium,eine mangelhafte Organisationsstruktur bzw. die Stu -dienbedingungen vor Ort sind die meist genannten

Gründe für Studienunzufrieden-heit. Dabei sind die Studieren-den ohne Migrationshinter-grund vor allem mit der praxis-fernen Lehre, die mit Migrati-onshintergrund aber mit denStudienbedingungen unzufrie-dener. Als Organisationsstruktur bzw.Studienbedingungen wurden indiesem Kontext organisatori-sche Schwierigkeiten auf Stu -diengangs- oder Universitätse-bene, wie z.B. überfüllte Veran-staltungen, Überschneidungvon Pflichtveranstaltungen undSchwierigkeiten durch Um-strukturierung der Studiengän-ge verstanden (Abbildung 6).Betrachtet man diese Angabendifferenziert nach Studiengän-gen und Migrationshintergrund,so lassen sich keine gruppen-spezifischen Unterschiede mehridentifizieren. Allerdings zeich-net sich bei Studierenden desBA Combined Studies mit Lehr-amtsoption eine besondere Zu-friedenheit mit den – aus Studi-engebühren finanzierten – Tuto-rien ab (35% aller zufriedenenStudierenden dieses Studien-gangs). Obwohl quantitativ be-

trachtet studiengangsspezifische Unterschiede in derEinschätzung der Unterstützung deutlich werden, lassensich aus den qualitativen Antworten der Studierendenkeine differenzierenden Ursachen hierfür ermitteln.

Wahrgenommene Unterstützung durch die Universitätin Bezug auf BerufsbefähigungSpätestens mit Umstellung der Studienstruktur auf Ba-chelor- und Master-Studiengänge rückte die Betrach-tung der Berufsbefähigung als Studienziel bundesweit inden Vordergrund. Insgesamt gesehen sind die Studie-renden mit Migrationshintergrund der UniversitätVechta – die die Studiengangsumstellung bereits 2003vornahm – zu 9,6% mit der Unterstützung durch dieUniversität in Bezug auf ihre Berufbefähigung zufrieden;Studierende ohne Zuwanderungserfahrung zu 13,5%.Die direkt genannte Unzufriedenheit in Bezug auf dieBerufsbefähigung ist jedoch bei Studierenden mit Migra-tionshintergrund auch etwas niedriger (23,9%; ohne Mi-grationshintergrund: 26,8%); hier ist ein größerer Teilohne klare Einstellung. Ingesamt ist ein wesentlicher An-teil der Studierenden mit Blick auf die Erlangung von Be-rufsbefähigung unzufrieden. Die Ergebnisse unterschei-den sich somit deutlich von denen zur Zufriedenheit mitder Universität bezüglich des Erreichens eines Studien-abschlusses (Abbildung 7). Die Tatsache, dass über 50% beider Gruppen keine klareMeinung zu dem Thema haben, lässt dabei vermuten,dass eine Auseinandersetzung mit dem Berufseinstieg im

Abbildung 6: Gründe für Unzufriedenheit in Bezug auf Studienabschluss (Angaben ungewichtet)

Abbildung 7: Unterstützung durch die Universität in Bezug auf Berufsbefähigung

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Hochschulforschung HSWStudium selbst – und vor allem zu Beginn der akademi-schen Laufbahn – wenig stattfindet. Betrachtet mandaher die Stichprobe ohne die Erstsemester-Studieren-den (n vor Gewichtung= 843), so sinkt der Anteil derer,die die Frage nach Unterstützung durch die Universitätin Bezug auf Berufsbefähigung mit ‚ich weiss nicht’ be-antworteten (Abbildung 7), bei Studierenden mit Migra-tionshintergrund auf nur noch 54,1% und bei Studieren-den ohne Zuwanderungserfahrung auf 45,1%. Der Zu-sammenhang von Unsicherheit und Semesteranzahlwurde mit einem Korrelationskoeffizienten von -0,266nach Pearson auf einem Signifikanzniveau von p < .01 ineiner bivariaten Datenanalyse nachgewiesen. Diegeäußerte Unzufriedenheit steigt dabei jedoch bei bei-den Gruppen gleichzeitig zur sinkenden Unsicherheit beider Gruppe der ‚erfahreneren’ Studierenden auf über37% an. Der Zufriedenheitswert stagniert (7,2% mit und14,7% ohne Migrationshintergrund). Der Zusammen-hang von Unzufriedenheit und Semesteranzahl wurdedurch eine bivariate Datenanalyse bestätigt (r = 0,184; p < .01). Die angedeutete Entwicklung zeigt auf, dassdie Dauer des Studiums anscheinend einen Einfluss aufdie Studien(un)zufriedenheit hat. Sind Studierende zuBeginn des Studiums noch unentschlossen, hoffnungs-voll bzw. ohne feste Erwartungen an die Universität, kri-stallisiert sich im weiteren Verlauf eine Unzufriedenheitheraus, die möglicherweise auf nicht erfüllten Erwartun-gen der Studierenden basiert. Auch bei Betrachtung derAntworten zur empfundenen Zufriedenheit mit univer-sitärer Unterstützung in Bezug auf den Studienabschlussist eine ähnliche, wenngleich weniger stark ausgeprägteEntwicklung zu erkennen (n vorGewichtung= 845). So sind dieStudierenden der ersten Semes -ter ebenfalls unsicherer (r = -0,103; p < .01) und das Unzu-friedenheitsempfinden steigtauch hier mit zunehmenden Se-mestern (r = 0,199; p < .01).6Die Betrachtung der Gründe fürdie Zufriedenheit in Bezug aufdie Berufsbefähigung zeigt, dasssowohl die Studierenden mit alsauch ohne Migrationshinter-grund Praxisanteile (25%/29,4%) und ein gutes Lehrange-bot (28,6%/ 26,5%) am meistenschätzen (Abbildung 8). Ledig-lich Studierende ohne Migra -tionshintergrund geben aucheine praxisorientierte Lehre(14,7%) als Grund für Zufrie-denheit an.Unterschiedliche Wahrnehmun-gen zeigen sich jedoch bei derNennung von praxisferner Lehreund einem wahrgenommenenPraxisdefizit als Gründe für Un-zufriedenheit in Bezug auf dieBerufsbefähigung. Den 14,7%Studierenden ohne Zuwande-

rungserfahrung, die eine praxis orientierte Lehre als posi-tive Unterstützung zur Berufsbefähigung empfinden(Abbildung 8), stehen – zusätzlich zu 26,7% Studieren-den mit Migrationshintergrund – 37,8% gegenüber, diehier einen Mangel diagnostizieren. Das Praxisdefizitmacht mit 40,5% bei Studierenden ohne und 45% beiStudierenden mit Zuwanderungserfahrung den größtenAnteil der Unzufriedenheit aus (Abbildung 9). Betrachtet man die Nennungen separat nach Studiengän-gen und Migrationshintergrund so fallen keine gruppen-spezifischen Unterschiede auf. Jedoch nennen Studieren-de des BA Combined Studies mit Lehramtsoption unddes Master of Education insgesamt vermehrt praxisferneLehre (33% aller unzufriedenen BA Combined StudiesStudierenden, 60% aller unzufriedenen MA of EducationStudierenden) und, zusammen mit Studierenden des BASoziale Arbeit, vor allem ein Praxisdefizit als Grund fürUnzufriedenheiten (44% der unzufriedenen BA Combi-ned Studies Studierenden, 66% der unzufriedenen BASoziale Arbeit Studierenden, 64% der unzufriedenen MAof Education Studierenden). Das deutet auf verstärkteSchwierigkeiten in diesen Studiengängen hin, die jedochaktuellen bundesweiten Studien zufolge nicht hochschul-oder studiengangsspezifisch sind (z.B. BMBF 2010b, S.30ff.). Besondere Ursachen für die (Un-)Zufriedenheit ander Universität Vechta bezüglich der Unterstützung hin-sichtlich der Berufsbefähigung ließen sich in weiteren

Abbildung 8: Gründe für Zufriedenheit in Bezug auf Berufsbefähigung(Angaben ungewichtet)

Abbildung 9: Gründe für Unzufriedenheit in Bezug auf Berufsbefähigung (Angaben ungewichtet)

6 Die o.g. Korrelationen der polynomen Variablen ,Zufriedenheit mit Unter-stützung in Bezug auf Studienabschluss` und ,Berufsbefähigung` wurdennach jeweiliger Umkodierung in dichotome Ausprägungen berechnet.

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Y. Völschow & M. Bajaa n Studierende mit Migrationshintergrund: ...HSWStudiengängen trotz unterschiedlicher (Un-)Zufrieden-heitswerte nicht identifizieren.Mit Hilfe der zuvor genannten Ergebnisse konnte aufge-zeigt werden, dass Studierende mit Migrationshinter-grund im Vergleich zu ihren Kommilitonen mit der Un-terstützung der Universität Vechta in Bezug auf den Stu-dienabschluss etwas zufriedener sind; sich aber in Bezugauf die Berufsbefähigung die Studierenden ohne Migra-tionshintergrund besser unterstützt fühlen.

4. Zusammenfassung und AusblickMit der vorliegenden Studie stehen erstmals Daten zurVerfügung, die gezielte Erkenntnisse zu der gesamtenGruppe Studierender mit Migrationshintergrund aneiner ausgewählten Universität erlauben. Vechta erweistsich dabei als ein attraktiver Hochschulstandort für Mi-granten aus dem nahen Umland. Welche Faktorengenau die Universität zu einem attraktiven Standort fürStudierende mit Migrationshintergrund werden lassen,wird derzeit in einer qualitativ angelegten Teilstudie desPROFIN-Projektes „Migration und Studium“ genaueruntersucht. Der Vergleich der Studierenden mit und ohne Migra -tionshintergrund brachte keine nennenswerten Unter-schiede mit Blick auf Studienfinanzierung oder besonde-re migrationsspezifische Unterstützungsbedarfe hin-sichtlich Studienabschluss oder Berufsbefähigung beiStudierenden mit Migrationshintergrund. Dieser Befundbestätigt nicht zuletzt Ansätze der Hochschule Bremen(Berninghausen 2010, S. 20) die sich inzwischen gegeneine spezifische Förderung Studierender mit Migrations-hintergrund aussprechen.Die Vechtaer Studierenden mit Migrationshintergrundscheinen dennoch einige Besonderheiten im Vergleichzum Bundesdurchschnitt aufzuweisen. So sind mit über13% etwa 2% Studierende mit Migrationshintergrundmehr an der Universität Vechta eingeschrieben als imBundesdurchschnitt – und das obwohl in Vechta kauminsbesondere von Studierenden mit Migrationshinter-grund bevorzugten Studiengänge mit hohem wirt-schafts- oder naturwissenschaftlichem Anteil angebotenwerden. Die Nutzung eines weiten Migrationsbegriffesverändert die Datenlage zu den Herkunftsländern erheb-lich zugunsten osteuropäischer Länder, die auch Aus-siedlergebiete umfassen. Bei 8,5% aller Studierenden –und damit gut 65% aller Studierenden mit Zuwande-rungserfahrung – lässt sich auf Grund der Herkunftslän-der ein Spätaussiedlerhintergrund annehmen. Die Auswertung der Fragebogenerhebung zeigt zudem,dass Studierende mit Migrationshintergrund in Vechtaim wirtschaftwissenschaftlich orientierten BachelorDienstleistungsmanagement mit 22,8% am häufigstenvertreten sind. Der Anteil Studierender mit Migrations-hintergrund an den Studiengängen BA Combined Stu-dies mit Lehramtsoption und Master of Education –deren Absolventen mit Migrationshintergrund dringendauf dem Arbeitsmarkt benötigt werden – liegt jedochmit 12,2 bzw. 10,6% unter dem Durchschnitt von13,2% und ist somit leicht unterrepräsentiert.Mit der Lehramtsoption für das Grund-, Haupt- und Re-alschullehramt aber auch mit dem Studiengang Bachelor

Soziale Arbeit eröffnen sich den Studierenden sehr pra-xisnahe Berufsfelder mit klarer Arbeitsperspektive. Aller-dings wurden für die pädagogischen Studiengänge undden Bachelor Soziale Arbeit eher Unzufriedenheit inBezug auf die Berufsbefähigung aufgezeigt.Möchte man an dieser Stelle einige Handlungsanwei-sungen geben, so ist nicht auszuschließen, dass die Un-zufriedenheit in Bezug auf eine praxisorientierte Lehreauch aufgrund falscher Erwartungen seitens einiger Stu-dierender darüber, was ein Universitäts-Studium leistetund was nicht, entstanden sein kann. Daher könnte essich empfehlen, beispielsweise vor bzw. zu Studienbe-ginn noch stärker über die Ziele und Grenzen des Uni-versitäts-Studiums in Abgrenzung zu einer Berufsausbil-dung aufzuklären, um damit der in höheren Semesternstärkeren Unzufriedenheit entgegenzuwirken. Zudemkönnte sich hier der Bedarf verdeutlichen, den Aus-tausch zwischen Studierenden, Lehrpersonal und Hoch-schulleitung hinsichtlich der – bislang in Vechtaer Lehre-valuationen weniger beleuchteten – Praxisorientierungauszubauen und ggf. entsprechend nachzubessern. Zudem könnte die Zusammenarbeit der Fächer bzw. desCareer-Service mit einer Jobbörse oder eine verstärkteKooperation mit der Arbeitsagentur die Unsicherheitenin Bezug auf spätere Berufsmöglichkeiten verringern undden Übergang vom Studium in den Beruf erleichtern.Hier bieten sich Möglichkeiten zur Intervention, aller-dings unabhängig davon ob es um Studierende mit oderohne Migrationshintergrund geht.

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n Dr. Yvette Völschow, Professorin für Sozial-und Erziehungswissenschaften, Institut für So-ziale Arbeit, Bildungs- und Sportwissenschaf-ten, Universität Vechta; Leitung des vomDAAD mit Mitteln des BMBF gefördertenPROFIN-Projektes „Migration und Studium“,E-Mail: [email protected] Maike Bajaa, M.A., Doktorandin und wis-senschaftliche Mitarbeiterin, PROFIN-Projekt„Migration und Studium“, Institut für SozialeArbeit, Bildungs- und Sportwissenschaften,Universität Vechta, E-Mail: [email protected]

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im Verlagsprogramm erhältlich:

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ISBN 3-937026-31-2, Bielefeld 2004, 298 Seiten, 29.50 Euro

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O. Frischenschlager, L. Mitterauer, K. B. Coskun & G. Haidinger n Leistungsvergleich im ...HSW

Im Rahmen der Reform des Studienplans der Medizini-schen Universität Wien wurde auch das Prüfungsformatumgestellt und es wurden summative Jahresprüfungenmit Multiple Choice Fragen eingeführt. In der vorliegen-den Studie wird untersucht, inwieweit das früher ver-wendete offene Fragenformat mit dem nun verwende-ten MC-Fragenformat im Hinblick auf die Erfassung derPrüfungsleistung der Studierenden vergleichbar ist. Eswurden 128 Studierenden des achten Semesters desneuen Medizinstudiums zu bereits positiv absolviertenStoffinhalten (Physiologie, Pharmakologie und Immuno-logie) neun Fragen in jeweils beiden Formaten vorge-legt. Bei sieben der neun Fragen wurden signifikant bes-sere Ergebnisse im MC-Format erzielt, im Schnitt wurdeim MC-Format eine Frage mehr richtig beantwortet.Eine längerfristige Verankerung des Lernstoffes konntenicht bestätigt werden. Bei einer Bestehensgrenze von60% richtigen Antworten würden im MC-Format 36%,im offenen Format nur 13% der Stichprobe die Prüfungbestehen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Fragenfor-mat in der Curriculumsplanung einen wichtigen Stellen-wert einnimmt.

FragestellungIm Studienjahr 2002/03 wurde nach mehrjährigem Dis-kussionsprozess und einem Pilot-Jahrgang im Studien-jahr 2001/02 mit 150 freiwilligen Studierenden das re-formierte Curriculum an der Medizinischen UniversitätWien implementiert. Die besondere Charakteristik die-ses Studienplans ist der Ersatz des fächerzentriertenAufbaus, in dem die Studierenden konsekutiv 24 fach-spezifische mündliche Prüfungen zu absolvieren hatten,durch eine fächerübergreifende Themenblockstruktur.Die Integration zahlreicher Fachrichtungen in Themen-blöcke soll das Lernen in Zusammenhängen fördern,anstatt, wie zuvor, die Integration der Wissenspartikelden Studierenden zu überlassen. Aufgrund dieser Ver-änderung, aber auch aus anderen Gründen, wie derVerbesserung von Objektivität und Reliabilität der Prü-fung, musste eine neue Prüfungsform zur Anwendungkommen. Wenn die bekannten Nachteile mündlicher Prüfungenvermieden werden sollen und fächerübergreifend ge-prüft werden soll, so liegt die Präferenz bei schriftlichenPrüfungen, für die mehrere Fragenformate zur Verfü-

A team of Oscar Frischenschlager, Luke Mitterauer, Kadriye Burcu Coskun & Gerald Haidinger has conducted anempirical study Comparing Performance in Familiar and Unfamiliar Test Format at the Medical University of Vien-na in the course of the study and examination reform there. The cause was the current observation that "the testformat not only affects the learning behaviour, but also the results." The findings gained from the study are signi-ficant, which is why we particularly enjoy publishing this exposition.

Oskar Frischenschlager, Lukas Mitterauer, Kadriye Burcu Coskun & Gerald Haidinger

Leistungsvergleich im vertrauten und im nicht vertrauten Prüfungsformat

Lukas MitterauerOskar

Frischenschlager

Gerald HaidingerKadriye Burcu

Coskun

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Hochschulforschung HSWgung stehen. Epstein (2007) unterscheidet Multiple-Choice-Questions, „Key-Feature and Script-Concordan-ce Questions“, „Short Answer-Questions“ und „Structu-red Essays“. Abgesehen davon, dass nicht gänzlich gesi-chert ist, dass diese Fragenformate eine realitätsnaheProblemlösekapazität erfassen, sind auch auswertungsö-konomische Überlegungen ausschlaggebend. Die Entscheidung der Medizinischen Universität Wienfiel auf ein Multiple-Choice-System. Grundsätzlich un-terscheidet die Literatur zwischen einem „True-False-Questions“ und einem „Single-Best-Option“ System(McCoubrie 2004; Schuwirth/Van der Vleuten 2004).Das erstgenannte System, bei dem lediglich „richtig“oder „falsch“ anzukreuzen ist, ist in der Fragenerstellunganspruchsvoller und die Quote der richtigen Antwortenohne adäquates Wissen ist hoch. Dieses Fragenformatist am besten zur Überprüfung, ob der Prüfling die Rich-tigkeit einer Hypothese feststellen kann, geeignet (Schu-wirth/Van der Vleuten 2003). Für andere Anwendungenist von diesem Fragentyp abzuraten. „Single-Best-Opti-on“ ist die weitest verbreitete Fragenvariante und zeich-net sich durch hohe Reliabilität und Objektivität aus.Weiters können hohe Kandidatenzahlen bewältigt bzw.kann aufgrund der raschen Beantwortbarkeit ein breitesWissensspektrum abgefragt werden (Epstein 2007;Schuwirth/Van der Vleuten 1996; McCoubrie 2004;Schuwirth 2004; Schuwirth/Van der Vleuten 2003,Schuwirth/Van der Vleuten 2004). Obwohl das Erfragenvon mehr als Faktenwissen möglich ist (Palmer/Devitt2007) und auch berichtet wird, dass es effizient zwi-schen guten und schlechten Leistungen unterscheidenkann (Schwartz/Loten 1999), wird gerade diese Prü-fungsmethode kontrovers diskutiert (McCoubrie 2004;Pickering 1979; Srivastava et al 2004), da folgendeAspekte zu großen Mängeln zählen: kontextreiche Fra-generstellung gilt als sehr schwierig und es besteht dieGefahr, dass man sich auf die Themen konzentriert, dieauf diesem Weg leicht abzufragen sind (Epstein 2007).Weiters ermöglichen „Single-Best-Option“ fragen diekorrekte Beantwortung der Frage allein durch Rekogniti-on. Diese Rekognition an die richtige Antwort wird „Cu-eing-Effekt“ genannt (Schuwirth/Van der Vleuten1996).1Die Reduzierung der früher zahlreichen mündlichen Prü-fungsereignisse auf insgesamt sechs schriftliche summa-tiv-integrative Prüfungen (SIP) über den jeweiligenJahresstoff verfolgt das Ziel, eine Integration des Gelern-ten durch eine längerfristige Verankerung des Wissenszu erreichen. Inwieweit dies gelingt und inwieweit einauf das MC-Prüfungssystem mit „Single-Best-Option“ausgerichtetes Lernen auch die Fähigkeit vermittelt, er-lerntes Wissen frei zu reproduzieren und nicht nur zu re-kognieren, sind die grundlegenden Fragestellungen die-ser Studie. Die Fragestellung gewinnt durch ein Spezifikum desWiener Medizinstudiums an Bedeutung, da durch einenministeriellen Erlass Prüfungsfragen veröffentlicht wer-den müssen und die Studierenden ihr Lernverhaltenstark an diesen Fragenkatalogen (veröffentlichte MC-Fragen inkl. richtiger Antwort, ohne Distraktoren) aus-richten (Mitterauer et al 2010). Aufgrund dieser Situa -

tion sind die Ergebnisse anderer Studien, die diesen Ef-fekt explizit ausschließen (Oppitz et al 2007) nicht un-mittelbar vergleichbar.

MethodeZufällig ausgewählte Studierende (n=128, 64 Frauen, 64Männer) des siebenten Semesters des Studiums der Hu-manmedizin der Medizinischen Universität Wien beka-men neun Fragen vorgelegt; jeweils drei aus den The-menbereichen „Physiologie“, „Immunologie und Häma-tologie“ sowie „Pharmakologie“. Zuerst wurden dieneun Fragen als „open ended questions“ (OE-Format),bei welchen eine offene Kurzantwort zu geben war, vor-gegeben und danach als Multiple-Choice-Fragen (MC-Format, eine von fünf Antworten ist richtig bzw. dieBeste). Die Fragen wurden von drei FachexpertInnen, al-lesamt ProfessorInnen der Medizinischen UniversitätWien, so ausgewählt, dass sie in beiden Formaten mög-lichst gleich gut, d.h. mit identen Antwortstichwortenzu lösen waren (Beispiel siehe Anhang). Alle drei The-menbereiche wurden im Studienjahr davor unterrichtetund alle Studierenden haben die Jahresprüfungen (SIP),in welche diese Themenbereiche einflossen, bestanden.Somit konnte grundsätzlich die Fähigkeit, die Fragenkorrekt zu beantworten, vorausgesetzt werden. Um eineZufallsstichprobe zu erhalten, wurden Studierendewährend eines Seminars mit verpflichtender Anwesen-heit gebeten, an dem Test teilzunehmen. Es wurden 13Gruppen zu je zehn Studierenden nach dem Zufall aus-gewählt. Zwei Studierende verweigerten die Teilnahme.Die Testdauer betrug 10 bis 15 Minuten. Die Studieren-den mussten zuerst die offenen Fragen schriftlich beant-worten, danach die MC-Fragen. Sie durften nichtzurückblättern, keine nachträglichen Ausbesserungenvornehmen und keinerlei Hilfsmittel verwenden. Nichtbeantwortete Fragen wurden als falsch gewertet. Die Datenauswertung erfolgte durch Mittelwertsverglei-che (t-Tests) und Verteilungstests (Chi-Quadrat-Test)mittels SPSS 15.

ErgebnisseDas Durchschnittsalter der Teilnehmer/innen beträgt 23(weiblich) bzw. 23,5 (männlich) Jahre bei einem Rangevon 21-32 Jahren. 126 der 128 Studierenden gaben dieNoten ihrer bisherigen SIP´s und die Anzahl der Prü-fungsantritte bekannt. Die meisten Befragten (n=117,93%) hatten die SIP 3 (Jahresgesamtprüfung nach demdritten Studienjahr) beim ersten Antritt bestanden, sie-ben Studierende beim zweiten und zwei beim drittenAntritt. 56% hatten dabei die Noten „sehr gut“ oder„gut“, 44% „befriedigend“ oder „genügend“.

Lösungshäufigkeit der ThemenbereicheDie Lösungshäufigkeit der Fragen (Tabelle 1) variiert imOE-Format von 5% - 73% und im MC-Format von 30%

1 Der Einsatz von MC-Fragen wird auch in einem ganz anderen als dem lern-psychologischen Zusammenhang in Frage gestellt. Ein maßgebliches Ober-verwaltungsgerichts-Urteil in Sachsen/Deutschland macht deutlich, dassvon der Frage der Prüfungsform hochrangige Rechtsgüter betroffen undentsprechend sorgfältige Abwägungen zu treffen sind, wenn MC-Prüfun-gen eingesetzt werden sollen (OVG Bautzen 2002).

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-82%. Sie variiert aber auch deutlich zwischen den The-menbereichen. Im Themenbereich Physiologie bestehtnahezu kein Unterschied zwischen den Frageformaten(OE: 53% richtige, MC: 54% richtige). Im Themenbe-reich Immunologie/Hämatologie ist der Unterschieddeutlicher (OE: 56% richtige, MC: 66% richtige) und imBereich Pharmakologie am stärksten ausgeprägt (OE:13% richtige, MC: 34% richtige).

Lösungshäufigkeit der einzelnen FragenFrage 1 wurde in der offenen Version 67 mal richtig, 61mal falsch beantwortet, in der MC-Version beträgt dasVerhältnis 76:52 (p=0,093). Bei Frage 2 ergab sich beider offenen Frageform ein Verhältnis von 46:82, bei derMC-Version betrug das Verhältnis 72:56 (p<0,001). Die dritte Physiologiefrage ergab eine signifikante Um-kehrung der bisherigen Tendenz: 89:39 , also mehr rich-tige Beantwortungen beim offenen Format und weniger,konkret 70:58, beim MC-Format (p=0,009). Im zweiten Fragenblock (Immunologie und Hämatolo-gie) wurde Frage 1 im offenen Format 40 mal richtig und88 mal falsch beantwortet, im MC Format hingegen 77mal richtig und 51 mal falsch (p<0,001). Frage 2 zeigte insgesamt hohe Trefferquoten, im offenenFormat 93:35 im MC-Format 105:23 (p=0,004). BeiFrage 3 ergab sich wieder eine Umkehrung dieser Ten-denz: Offenes Format: 82:46, MC-Format: 70:58(p=0,090). Im letzten Fragenblock Pharmakologie zeig-ten sich bei Frage 1 folgende Verhältnisse: Offenes Format: 29:99, MC-Format: 46:82 (p=0,005).Bei Frage 2 gab es im OE-Format kaum richtige Antwor-ten: 7:121, im MC-Format jedoch 47:81 (p<0,001). BeiFrage 3: Offenes Format: 14:114, MC-Format: 39:89(p<0,001).

Gesamtergebnis und hypothetische Bestehens-quoteDie Gesamtauswertung, der Vergleich der Mittel-werte aller offenen Fragen (MW=3,6) mit demMittelwert aller MC-Frageergebnisse (MW=4,7)bei jeweils 9 maximal zu erreichenden Punktenergab, dass im Durchschnitt beim MC-Format eineFrage mehr richtig beantwortet wurde (p<0,001).Nur 13 Studierende (10%) schnitten bei den MC-Fragen schlechter ab, 36 Studierende (29%) inbeiden Frageformaten gleich gut, jedoch 79 Stu-dierende (63%) erzielten im MC-Format bessereErgebnisse. Wenn man dem hier durchgeführten Test eine Be-stehensgrenze von 60% richtigen Antworten un-terlegt, wie dies bei der SIP gehandhabt wird,wenn also die Beurteilung bei sechs und mehrrichtig beantworteten Fragen positiv ausfiele, sowürden 17 Studierende (13,3%) die Prüfung mitoffenen Fragen, jedoch 46 Studierende (36%) diePrüfung mit MC-Fragen bestehen. Von diesen 46Studierenden erreichen aber nur 14 die Beste-hensgrenze bei offenen Fragen.Drei Studierende bestehen die OE-Version,während sie bei der MC-Version das geforderteLimit nicht erreichen würden (siehe Tabelle 2).In der gesamten Auswertung zeigen sich keineGeschlechtsunterschiede (p= 0,082).

DiskussionZiel der Untersuchung war zu prüfen, ob Fragen im OE-Format, die auf die Reproduktionsleistung des gelerntenWissens abzielen, schwieriger zu lösen sind als MC-Fra-gen, wie sie bei den Jahresprüfungen (SIP) im Medizin-studium an der Medizinischen Universität Wien über-wiegend verwendet werden und welche, wie eingangsdargestellt, durch Rekognition (Wiedererkennen) gelöstwerden können, statt durch Reproduktion, die als diehöhere Wissensfunktion erachtet wird (Newble et al.1979; Palmer/Devitt, 2007).Zu diesem Zweck wurden einer Stichprobe von 128 Stu-dierenden neun Fragestellungen aus drei Fachbereichenin identer Formulierung zuerst im OE-Format und da-nach im MC-Format vorgegeben. Erwartungsgemäßkonnten die Studierenden im MC-Format durchschnitt-lich eine Frage mehr beantworten. Wir vermuten, dasszwei Faktoren dieses Ergebnis erklären können. Zumeinen ist seit langem bekannt, dass MC-Fragen generellhöhere Lösungshäufigkeiten aufweisen als offene Fragen(Hettiaratchi 1978; McClosky/Holland 1976; Newble etal 1979), zum anderen konnten wir auch in eigenen Stu-dien zeigen, dass Studierende in einem hohen Ausmaßihr Lernverhalten strategisch an die Prüfungsgegeben-heiten anpassen (Haidinger et al 2008; Mitterauer et al2010). Auch Tang (1992) konnte zeigen, dass Studieren-de in Reaktion auf einen als groß erlebten Stoffumfangihr Lernverhalten in Richtung Rekognition adaptieren,dass sie sich hingegen eher in Zusammenhänge vertie-fen, wenn der Prüfungsstoff überschaubar ist. Wir ver-muten, dass ein auf Rekognition ausgerichtetes Lernver-halten dazu führt, dass die Behaltensleistung sinkt, weil

Tabelle 1: Lösungshäufigkeit der Fragen, zusammengefasst nachThemenbereichen

Tabelle 2: Anzahl und relativer Anteil der Personen, die bei einerBestehensgrenze von 60% die beiden Prüfungsformen(MC und OE) bestanden bzw. nicht bestanden hätten

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der Stoff nicht verständnisorientiert verankert wird. Dieswürde auch erklären, warum nur ein geringer Prozent-satz der befragten Studierenden das (virtuelle) SIP-Krite-rium (60% richtige Antworten) erfüllt, insbesondere,wenn sie im OE-Format, das der ärztlichen Berufspraxisnäher kommt, geprüft werden. Wenn diese Interpreta -tion zutrifft, dann würde eine der zentralen Zielsetzun-gen der Curriculumsreform, nämlich, dass die integrierteStoffvermittlung und die Verringerung der Prüfungser-eignisse zu einer dauerhafteren Verankerung des Wis-sens führen, nicht erreicht, mehr noch, sogar konterka-riert. Bemerkenswert sind auch die höchst unterschied-lichen Lösungshäufigkeiten in den einzelnen Stoffberei-chen. Wir vermuten, dass die deutlich besseren Ergeb-nisse im Bereich der Physiologie damit zusammenhän-gen, dass bei diesen Lerninhalten das Verstehen einegrößere Rolle spielt und dieses, auf Verstehen ausgerich-tete lernen zu einer besseren Integration des Stoffesführt. Demgegenüber steht der Fachbereich Pharmako-logie, in dem eine Fülle von Wissenspartikeln (z.B.Namen von Substanzen) in kurzer Zeit auswendig ge-lernt werden muss. Offensichtlich ist die Behaltensdauerdurch die fehlende Integration deutlich kürzer. Wir ver-stehen dieses Ergebnis als einen Hinweis darauf, dass beidetailreichen Themenbereichen in besonderem Maßeauf ein vernetztes, verständnisorientiertes und fächerin-tegriertes Lernen geachtet werden müsste, um eine län-gere Behaltensdauer zu erzielen. Unsere Ergebnisse zusammengenommen legen unseresErachtens den Schluss nahe, dass eine Curriculumspla-nung, die das Verstehen von Zusammenhängen an-strebt, gut beraten ist, wenn sie die Wissensvernetzungsowohl im Unterricht als auch bei der Auswahl der Prü-fungsformate berücksichtigt. Wir räumen durchaus ein,dass ökonomische Überlegungen bei großen Studieren-denzahlen eine Präferenz für MC-Fragen nahelegen,dann aber ist in besonderem Maße darauf zu achten,dass die verwendeten MC-Fragen so abgefasst sind, dasssie möglichst die Wissensreproduktion ansprechen, wo -rauf auch Rotthoff und Soboll (2006) hinweisen. Weiterssollte der Stoffumfang pro Prüfungsereignis so bemessensein, dass er integrativ gelernt werden kann.

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Anhang: Beispielfrage

Offenes Format: Einem durch hypophysäre Schädigungbedingten Cortisolmangel im Blut liegt welcher Hor-monmangel zugrunde? Als richtige Antwort wird „ACTH“ oder „adrenocorti-cotropes Hormon“ gewertet.MC-Format: Einem durch hypophysäre Schädigung be-dingten Cortisolmangel im Blut liegt welcher Hormon-mangel zugrunde?A) CRHB) ADHC) TRHD)ACTHE) STH

richtige Antwort: D

Hochschulforschung HSW

n Dr. Oskar Frischenschlager, ao. Univ.-Pro-fessor für Medizinische Psychologie, Institutfür Medizinische Psychologie des Zentrumsfür Public Health, Medizinische UniversitätWien, E-Mail: [email protected] Mag. Lukas Mitterauer, Psychologe, Evalua-tor, Einrichtung für Qualitätssicherung, Uni-versität Wien, E-Mail: [email protected] Kadriye Burcu Coskun, Institut für medizini-sche Psychologie am Zentrum für PublicHealth der Medizinischen Universität Wien, E-Mail: n Dr. Gerald Haidinger, ao. Univ.-Professor fürSozialmedizin, Abteilung für Epidemiologiedes Zentrums für Public Health, MedizinischeUniversität Wien, E-Mail: [email protected]

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Ist Bildung ein öffentliches oder ein privates Gut? DieseFrage beantworten die 16 Autoren in „The Assault onUniversities: A Manifesto for Resistance“ mit einem ge-schlossenen Aufruf zur Verteidung der Ideale eines dengesamten Fächerkanon betreffenden, von der öffentli-chen Hand subsidierten, nicht privatisierten und markt-getriebenen, sozial gerechten und allgemein zugängli-chen solidarischen Bildungssystems. Als Anlass ebendie-se Forderungen im Rahmen eines Sammelbandes zu ver-treten, werden die tiefgreifenden Sparmaßnahmen derim Mai 2010 an die Macht gekommenen britischen Ko-alitionsregierung aus Konservativen und Liberaldemo-kraten geltend gemacht. So werden bei der Finanzie-rung der „Public Services“, einschließlich dem öffentli-chen Rundfunk, der Krankenversorgung und der höhe-ren Bildung, Ausgaben gekürzt. Mitunter am evidente-sten sind die Reformen im Bildungssektor (siehe hierzuauch die Ausgabe 5/11 von Forschung & Lehre, S. 356–366).

Der britischen politischen Tradition entsprechend wirdPolitik häufig gestaltet, indem eine Kommission einge-setzt wird, die nach der ihr gestellten Aufgabenstellungeinen Bericht abliefert, der dann durch die Mühlen desParlaments gedreht wird und von dem ein bestimmterTeil - in welcher Form auch immer - implementiert wird.Für das höhere Bildungswesen hatte die vorige Labour-Regierung die Browne-Kommission eingesetzt. Der ent-sprechende Bericht „ Securing a Sustainable Future forHigher Education“ wurde im Oktober 2010 veröffent-licht. Den darin enthaltenen Politikempfehlungen weit-gehend folgend, hatte die von David Cameron geführteKoalitionsregierung beschlossen, die Hochschulfinanzie-rung von 7,1 Mrd. Pfund (2010/2011) bis 2015 auf 4,2Mrd. Pfund herunterzufahren und grundlegend zu än-dern. So sollen 20% des ohnehin schon reduziertenEtats in der nächsten nationalen Forschungsevaluation,dem Research Excellence Framework, im Jahr 2014 aufGrundlage der nachhaltigen Wirkung der Forschungzum Nutzen von Wirtschaft und Gesellschaft vergebenwerden. Das Zauberwort dafür heißt „Impact“ und be-sonders schwer tun sich mit dem Nachweis die Geistes-wissenschaften. Außerdem wird die Höchstgrenze fürStudiengebühren mit einer Anhebung auf 9.000 Pfund

im Jahr fast verdreifacht und die staatliche Unterstüt-zung für Studenten und Schüler aus einkommens-schwächeren Haushalten (Education Maintenance Allo-wance) wird gestrichen. Diese Reformen finden in einerUniversitätslandschaft Anwendung, in der viele Struktu-ren und Dienstleistungen ohnehin schon ausgelagertund privatisiert wurden. Wie Des Freedman im einlei-tenden Kapitel darstellt, geht die Teilprivatisierung vonUniversitäten besonders zu Lasten der ehemaligen Fach-hochschulen mit einen überproportionalen Anteil vonStudenten aus dem Arbeitermilieu, wohingegen dieElite-Institute mit ihrer internationalen Anziehungskraftund den daraus resultierenden ungleich höheren Ge-bühreneinnahmen besser gestellt werden. Nach Freed-man sind aufgrund der Reformen 49 britische Univer-sitäten und 40.000 universitäre Arbeitsplätze in ihrerExistenz bedroht. Dementsprechend ist es im November2010 zu weitreichenden Protesten von Studenten,Schülern und universitären Mitarbeitern gekommen.Der Sammelband greift die im Rahmen der Proteste er-hobenen Forderungen auf und versucht die Entwicklungeiner weiterreichenden Protestbewegung zu unterstüt-zen. Dabei wird die Ökonomisierung des Bildungswe-sens in den größeren Zusammenhang vom Aufstieg neo-liberaler Ideologie und deren sozial ungerechter, Kritikunterdrückender Gesellschaftskonzeption gerückt.

Der kleinformatige kurzweilige Band ist mit einer Einlei-tung, fünf Teilen mit je drei kurzen Aufsätzen und demam Ende abgedruckten Manifest mitsamt einer Auflis -tung einiger der Unterzeichner, schlüssig gegliedert. ZuBeginn des ersten Teiles, welcher sich mit der Idee derUniversität im Wandel beschäftigt, schildert John Wal-ton Ökonomisierungs- und Standardisierungsprozessean der Universität Lancaster. Dabei wurden akademischePrinzipien wie Kreativität, Originalität und Vielfalt seitden 1990er Jahren durch monokulturelle Management-Werte systematisch unterminiert. Neil Faulkner knüptan die Studentenproteste in den 1960er und 1970erJahren an und plädiert dafür, kritischem Denken und de-mokratischen Debatten auch in Zukunft einen Platz ein-zuräumen. Nick Couldry beschäftigt sich eingehendermit dem Bericht der Browne-Kommission. Dabei sezierter das zu Grunde liegende Dogma der Effektivitätsstei-gerung durch Marktliberalisierung mitsamt seinen Wi-dersprüchlichkeiten und ruft zur Gründung einer aufweitem gesellschaftlichen Konsens beruhenden Gegen-kultur auf.

Im zweiten Teil, welcher aktuellen Herausforderungenund zukünftigen Visionen gewidment ist, befasst sichAeron Davis aus einer politisch-ökonomischen Perspek-tive mit der Marketisierung des Bildungswesens. Dabeibezieht sich der Autor auf die Finanzkrise und stellt ein-drucksvoll dar, wie die Schulden des Bankensystems ver-staatlicht wurden und der Preis dafür auf die Studentenabgewälzt wird. Als Erklärung wird mitunter angeführt,dass 134 konservative Parlamentarier im Finanzsektorbeschäftigt sind oder waren. Darüber hinaus speisen

Michael Bailey & Des Freedman(Hg.) (2011): The Assault on Universities: A Manifesto for Resistance. London: Pluto Press. ISBN: 978-0-7453-3191-1, 194 Seiten, 17.00 Euro

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Rezens ionHSW

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sich 50% der Einnahmen der konservativen Partei ausebendiesem Finanzsektor. Anschließend unterstreichtJon Nixon den Charakter von Bildung als öffentlichemGut. Der Autor attestiert dem britischen Bildungswesenextreme Ungleichheiten in der Chancenverteilung zwi-schen Privilegierten und Angehörigen der Arbeiterklassechronisch und systematisch zu zementieren. Wie Nixonanführt, verfolgt die Koalitionsregierung eine sozial un-gerechte Klientelpolitik, in der private Investoren privi-legiert werden und welcher nur durch vereintes bürger-liches Engagement entgegengewirkt werden kann. Andiese Ausführungen knüpft Nick Stevenson im letztenKapitel des zweiten Teils nahtlos an, indem er den An-griff der Koalitionsregierung auf den Bildungssektor unddamit einhergehende Privatisierungen als tiefgreifenddemokratiefeindlich darstellt.

Der dritte Teil des Buches ist der kritischen Erziehungs-wissenschaft gewidment. Zunächst stellt Alberto Tosca-no dar, wie in den 1960er und 1970er Jahren Univer-sitäten eigenverantwortlich verwaltet und dementspre-chend autonom waren. Demgegenüber hat in der heuti-gen Universitätslandschaft eine neoliberal-determinier-te, auf Marktmechanismen aufbauende und der NewPublic Management-Doktrin folgende Unternehmens-kultur Einlass gefunden. Anschließend nähert sich Michael Bailey der Universität als moralische Instanz.Durch Evaluationen der Forschungsqualität, Hochschul-finanzierungsmechanismen und ausbordende Bürokratiehaben sich universitäre Arbeitsbedingungen massivgeändert. Im Rahmen dieses Wandels hat, wie Baileyanprangert, die London School of Economics and Politi-cal Science moralische Standards über Bord geworfen,um zum Beispiel Spendengelder des nunmehr gestürz-ten Gaddafi-Regimes zu akquirieren. Anschließendkommt Natalie Fenton noch einmal auf den Bericht derBrowne-Kommission zu sprechen. Dabei malt sie eindüsteres Bild von den aktuellen Arbeitsbedingungen anbritischen Hochschulen.

Im vierten Teil widmen sich drei Autoren den Studen-tenprotesten. John Rees stellt die britischen Proteste imNovember 2010 näher vor und rückt sie in einen histori-schen internationalen Kontext von Protestbewegungen.Außerdem bieten Feyzi Ismail und Ashok Kumar Ein-blicke in das Innere der britischen Protestbewegung,deren Organisation, Planung, Ziele und Erfolge. An -schließend wird der britische Fokus durch internationalePerspektiven erweitert. Zu Beginn des fünften Teils führtHenry Giroux aus, dass 19 von 40 Präsidenten der Top40 US-amerikanischen Forschungsuniversitäten parallelMitglied mindestens eines Firmendirektoriums sind.

Dies impliziert üppige Bezüge, aber auch ethische Wi-dersprüche und ein Aushöhlen von demokratischen Pro-zessen zugunsten von Geschäftsinteressen. Um dementgegenzuwirken, fordert der Autor eine Stärkung vonkritischem Gedankengut, sozialer Verantwortlichkeitund Zivilcourage. Im folgenden Kapitel greift Marionvon Osten historische deutsche Entwicklungen im Be-reich Hochschulbildung auf. Die Autorin setzt diese inZusammenhang mit dem Bologna-Prozess, welchen sieals eine neoliberal motivierte Dynamik der Ein- undAusgrenzung beschreibt. Dabei hätte der Beitrag voneiner stärkeren Fokussierung auf eines der angerissenThemen profitiert. Zuletzt widmet sich Kirsten Forkertden internationalen Studenten in Großbritannien. Diesehaben eine große Bedeutung als Gebührenzahler, wer-den akademisch aber nur gering wertgeschätzt. Danachfolgt das zweiseitige Manifest mit den von den Autorendes Sammelbandes bereits angeführten Forderungennach Verbesserungen, der als Malaise identifiziertenEntwicklungen im britischen Hochschulwesen. Dabeiwerden sowohl Forderungen an die britische Regierunggestellt (z.B. nach der Erhöhung der staatlichen Ausga-ben für höhere Bildung) als auch an die britischen Uni-versitäten (z.B. verbesserte Arbeitsbedingungen für uni-versitär Beschäftigte).

Redaktionell und herausgeberisch bleibt anzumerken,dass ein Abkürzungsverzeichnis die Lesbarkeit des Ban-des erleichtert hätte. Während ein Autor für einen Be-griff ausschließlich eine Abkürzung verwendet, schreibtder nächste denselben Begriff teilweise aus. Hier wäreeine einheitliche Systematisierung der Beiträge denkbargewesen. Außerdem wurde in den nützlichen kurzenBiografien der Beitragenden leider ein Autor ausgelas-sen. Inhaltlich bietet der Band alles in allem einen gutenEinblick in die britische Hochschulbildungspolitik unddie dagegen rebellierende Protestbewegung. Zwangs-läufig wiederholen sich die Autoren mit ihrer Kritik anneoliberaler Ideologie und massiver sozialer Ungerech-tigkeit. Nichtsdestotrotz soll der Band auch zum Wider-stand aktivieren. Das Aufmerksammachen auf Missstän-de und sich verändernde ökonomisierte und standardi-sierte Werte im Bildungswesen, um gegebenenfalls Ak tionspotential zu wecken, ist vielen Autoren, besondersin den Kapiteln der ersten drei Teile, bemerkenswert gutgelungen.

n Christian Potschka, Lüneburg

Rezension HSW

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IIIHSW 2/2012

HSW

A n z e i g e n a n n a h m e f ü r d i e Z e i t s c h r i f t „ D a s H o c h s c h u l w e s e n ”

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Liebe Leserinnen und Leser,

nicht nur in dieser lesenden Eigenschaft (und natürlich für künftige Abonnements) sind Sie uns willkommen. Wir begrüßen Sie im Spektrum von Forschungs- bis Erfahrungsberichten auch gerne als Autorin und Autor. Der UVW trägt mit seinen Zeitschriften bei jahresdurchschnittlich etwa 130 veröffentlichten Aufsätzen erheblich dazu bei, Artikeln in einem breiten Spektrum der Hochschulforschung und Hochschulentwicklung eine Öffentlichkeit zu verschaffen.

Wenn das Konzept dieser Zeitschrift Sie anspricht - wovon wir natürlich überzeugt sind - dann freuen wir uns über Beiträge von Ihnen in den ständigen Sparten

• „Hochschulforschung”,

• „Hochschulentwicklung/-politik”,

• „Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte”, aber ebenso

• „Rezensionen”, „Tagungsberichte” sowie „Interviews”.

Die Autorenhinweise finden Sie auf unserer Verlags-Homepage: „www.universitaetsverlagwebler.de”.

im Verlagsprogramm erhältlich:

Wim Görts (Hg.): Projektveranstaltungen in Mathematik, Informatik und Ingenieurwissenschaften

ISBN 3-937026-00-2, Bielefeld 2003, 142 Seiten, 18.70 Euro

Wim Görts (Hg.): Projektveranstaltungen in den Sozialwissenschaften

ISBN 3-937026-01-0, Bielefeld 2003, 98 Seiten, 14.00 Euro

Wim Görts (Hg.): Projektveranstaltungen - und wie man sie richtig macht

ISBN 3-937026-60-6, Bielefeld 2009, 138 Seiten, 19.80 Euro

Bestellung - Fax: 0521/ 923 610-22, E-Mail: [email protected]

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IV HSW 2/2012

Hauptbeiträge der aktuellen Hefte Fo, HM, ZBS, P-OE und QiW

Auf unserer Homepage www.universitaetsverlagwebler.de erhalten Sie Einblick in das

Editorial und Inhaltsverzeichnis aller bisher erschienenen Ausgaben.

HM 1/2012Entwicklung, Gestaltung und Verwaltung von Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen

Christoph EhrenbergPlanlos in die Bildungsrepublik?

Matthias BeckerHochschulplanung in Bayern

Thomas BehrensHochschulplanung aus Sicht einesLandesministeriums (hier: Mecklenburg-Vorpommern) - Instrumente und Strategien

Michael StückradtWas bleibt an – staatlicher – Hochschulplanung angesichts in dieFreiheit entlassener Hochschulen?

Raymond WerlenPlanung in der Hochschullandschaftder Schweiz – Stand der Diskussion

Bernd VogelBauliche Hochschulentwicklung als integraler Bestandteil der Hochschulplanung

Heiko RabeSteuerung in Hochschulen

ZBS 1/2012Lernberatung und neue Lernkonzepteim Kontext

Beratungsentwicklung/-politik

Gerhart RottAktives Studieren im EuropäischenHochschulraum – Chancen im Zusam-menspiel von Beratung und Lehre

ZBS-Interview mit Dr. Peter A. Zervakis,Leiter des Projekts nexus der Hochschulrektorenkonferenz (HRK),zu: Konzepte und gute Praxis ür Studium und Lehre

Willy AastrupLern- und Bildungszentrierte (psychologische) Beratung an der Universität Aarhus

Anregungen für die Praxis/Erfahrungsberichte

Melanie FröhlichVielstimmig und offen: Lernräumezum Mitdenken und Mitgestaltendurch „Arbeiten mit dem Gruppen-drehbuch“ („Peer Facilitated Lear-ning“) an der Universität Bielefeld

Gabriele BensbergIm Zeichen von Bologna: VeränderteStudiensituation – veränderte Bera-tungsinhalte

Jenna VossStatt lustlos pauken, Lernprojektestarten! Lernprozesse bewusst machen, planen und steuern

Rolf WartenbergSelbstmotivierung

Tagungsbericht

Bericht über die Tagung „Bachelor alla Bolognese con …? Innovative Studienunterstützung für Bachelor-Studierende“ am02.12.2011 an der FU Berlin

Fo 3+4/2011Anwendungsorientierte Grundlagen-forschung

Simon KoechlinAuf die Plätze, fertig...

Urs HafnerPasteurs Praxis

Fo-Gespräch mit Clemens Klocknerzur Förderpolitik für grundlagen- undanwendungsbezogene Forschung

Jürgen SchlegelDie Exzellenzinitiative – ein Paradig-menwechsel in der Wissenschaftspolitik von Bund und Ländern

Jörg Jerusel & Christian Scholz„Ist zusammengewachsen, was zusam-mengehört?“Die deutsche Hochschulpartizipationan ausgewählten EU-Förderprogrammen. Ein Ost-West-Vergleich im 6. Forschungsrahmenprogramm und TEMPUS-III-Programm

Matthias Fuhrland & Jens WeberProblemzone Hochschulpatente

Werner MarxLiteraturflut - Informationslawine -Wissensexplosion Wächst der Wissen-schaft das Wissen über den Kopf?

René Krempkow & Uta LandrockMatthäus-Effekte oder Governance-Effekte? Eine Analyse zur leistungsorientierten Mittelvergabe anden Medizinischen FakultätenDeutschlands

HSWSeitenb l i ck au f d i e Schweste r ze i t s ch r i f t en

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Seitenblick auf die SchwesterzeitschriftenHSW

HSW 2/2012 V

P-OE 1/2012Interkulturalität und Inklusion als Aufgabe der PE

Matthias Otten & Sandra HertleinDas Modellprojekt Icommposer der FH Köln

Sabrina Heinze, Martina Nöth & Anke Diez Diversity am KIT – Ein Blick auf die Vielfalt am Karlsruher Institut für Technologie

Bettina Duval, Doris Hayn, Silke Hell u.a.Die wechselseitige Integration vonakademischer Personalentwicklungund Gleichstellung – Möglichkeitenund Mehrwert am Beispiel der Universität Konstanz

Bahar Haghanipour Mentoring und Netzwerkeffekte. Empirische Ergebnisse zum Mentoring-Erfolg von Ingenieurinnen im universitären Kontext

Rezension

Katrin Späte (Hg.): Kompetenzorientiert Soziologie lehren. Dimensionen, Methoden,Perspektiven. (Tanja Müller)

QiW 1/2012Wirkungsorientierte Evaluation undPartizipation als Kennzeichen einerneuen Qualitätskultur

Forschung über Qualität in der Wissenschaft

Theodor LeiberImpact Analysis of External QualityAssurance of Higher Education InstitutionsElements of a General Methodology

Qualitätsentwicklung/-politik

Philipp Pohlenz & Frank NiedermeierWirkungsorientierte Evaluation von Lehre und Studium

Kathrin Dressel & Simone GruberPartizipation – dabei sein ist nicht alles!? Das QM-System der TU München als selbsttragendes Modell der Qualitätsentwicklung

Anette KösterWeniger ist mehr – Partizipation imRahmen der überarbeiteten institutionellen Evaluation an der Universität Duisburg-Essen

Kathrin SchneiderStudierende als Partner – auch in Sachen Evaluation?!?!

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demnächst im UniversitätsVerlagWebler erhältlich:

Wolff-Dietrich Webler (Hg.): Studieneingangsphase?

Das Bachelor-Studium braucht eine neue Studieneingangsphase!

Band I: Studierfähigkeit für ein frei(er)es StudiumDie Qualität der Studieneingangsphase hat wesentlichen - u.U. sogar ent-scheidenden - Einfluss auf den Studienerfolg. Trotzdem ist sie in der Ver-gangenheit in ihrer Bedeutung oft unterschätzt und vernachlässigt worden.Die Relevanz dieses Studienabschnitts wird jedoch inzwischen hoch einge-stuft, eine Korrektur aufgrund z.T. falscher Signale aus der Bologna-Reformimmer dringender. Für die Bewältigung des Übergangs in ein wissenschaft-liches Studium aus der Schule oder aus dem Beruf ist wesentlich mehrnötig als ein Orientierungswochenende, (fach-)einführende Veranstaltun-gen und fachliche Begleittutorien. Mit der Feststellung „Das Bachelor-Stu-dium braucht eine neue Studieneingangsphase - Studierfähigkeit für einfrei(er)es Studium!” hatte das IWBB eine Initiative gestartet (u.a. eine Ta-gung), die den Erkenntnisstand zur Gestaltung der Studieneingangsphasebilanzieren, an solchen Fragen arbeitende Kolleg/innen zusammenführenund die Verbreitung besonders fortgeschrittener Modelle befördern sollte.Die Ergebnisse liegen nun in einem Doppelband vor. Als zentrales Ziel wollen die Texte dazu beitragen, in den ersten beiden Se-mestern konzentriert die Studierenden zu befähigen, für sich anschließendein motivierendes, durch Wahlmöglichkeiten möglichst selbst organisier-tes, selbst verantwortetes und lerneffektives Studium zu organisieren.Da das Themenfeld sehr groß ist, werden Fragen des Hochschulzugangsund von Auswahlverfahren nur am Rande angeschnitten. Die empirisch ge-wonnen Erkenntnisse zur Situation der Studierenden am Studienbeginn lie-gen bereits öffentlich vor, können also vorausgesetzt werden. Im Mittelpunkt dieses Doppelbandes stehen daher in Band I die Ableitungund Begründung der Struktur des Problems und des Handlungsbedarfs(einschließlich des Beratungsbedarfs) sowie Gestaltungsprinzipien der Stu -dieneingangsphase auf curricularer Ebene und der Ebene der Lehr-/Lern-prozesse. Behandelt wird die Frage, warum die Studieneingangsphase dieersten beiden Semester umfasst und wie sich Fachlichkeit und die Befriedi-gung des Orientierungsbedarfs über weite Strecken in den gleichen Veran-staltungen verschränken bzw. integrieren lassen, statt sie in Sonderveran-staltungen auszulagern.

Band II: LösungsmodelleIm Band II dieses Doppelbandes werden vielfältige Lösungen für Transferund Gestaltungspraxis vorgelegt. Diese Lösungen sind z.T. strategisch als umfassende Handlungsprogrammekonzipiert, z.T. setzen sie bei einzelnen Lehrveranstaltungen an, z.T. beste-hen sie aus einzelnen Lernmaterialien, die in besonderem Maße geeignetsind, einen Lernprozess in Richtung der Studienziele und der Ziele der Stu-dieneingangsphase zu provozieren und zu unterstützen. Das Spektrum der Beispiele wird durch besonders eindrückliche Modelleaus der Zeit vor der Bologna-Reform ergänzt, an denen auch heute nochviel gelernt werden kann.

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ISBN 10: 3-937026-76-2, Doppelband im Schuber, 477 Seiten, 69.50 Euro

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