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Jahresbericht 2006 Einladung GV 2007 1/2007 SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR TIERSCHUTZ PRO

Jahresbericht 2006 Einladung GV 2007 - protier.ch · 2 ProTier 1/07 Zeitschrift der Schweizerischen Gesellschaft für Tierschutz/ProTier, Zürich Nr. 1, März 2007 35. Jahrgang Erscheint

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• Jahresbericht 2006• Einladung GV 2007

1/2007

SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR TIERSCHUTZPRO

2 ProTier 1/07

Zeitschrift der SchweizerischenGesellschaft für Tierschutz /ProTier,ZürichNr. 1, März 200735. JahrgangErscheint 4x jährlich

AbonnementMitglieder erhalten die ZeitschriftkostenlosJahresbeitrag Fr. 30.–Jugendmitglieder (bis 18 Jahre) Fr. 20.–Einzelnummer Fr. 6.–Jahresabonnement Fr. 20.–

Redaktion:Rita H. Dubois (rd)

Ständige Mitarbeiter:Nathalie Dubois (nd)Hans Peter Roth (hpr)Ulrich Karlowski (uk)Ulrike Kirsch (uki)

Mitarbeit an dieser Ausgabe:R. A. Attinger

Alle Rechte vorbehalten. Jede Art derWeiterverwendung der Artikel und Bildernur mit ausdrücklicher, schriftlicher Ge-nehmigung der Redaktion.Die Beiträge decken sich nicht unbedingtmit der Meinung der Redaktion und desVorstandes.

Titelbild: Gähnender Wolfwelpe,Foto: © Klaus-Peter Wolf/SUTTER

Layout: Urs Widmerprovista – concept, prepress, publishing,design, 4123 Allschwil

Druck: Staffel Druck AG, 8045 Zürich

SCHWEIZERISCHEGESELLSCHAFTFÜR TIERSCHUTZ

Alfred-Escher-Strasse 76CH-8002 ZürichTelefon: 044 201 25 03Telefax: 044 201 26 23Postcheck: 80-37221-2E-Mail: [email protected]: www.protier.ch

InhaltImpressumWir geben Tieren ein Zuhause 4

Kulturfolger – ganz schön angepasst 6

Klimawandel – Grounding für die Zugvögel 10

Vogelgrippe-Update – Die Widersprüche sind offensichtlich 13

Wölfe in der Schweiz – Macht es der Kanton Bern besser? 16

ProTier Jahresbericht 2006 18

Einladung zur Generalversammlung 2007 20

Der Wendehals: Vogel des Jahres 21

Tiere und Klimawandel – Von der Eiszeit in die Heiss-Zeit 22

Klimaerwärmung macht den weissen Bären das Leben schwer 24

Artenvielfalt – Landschaftsschutz ist auch Tierschutz 25

Äsche ist Tier des Jahres 28

Agro-Biodiversität: Das Skuddenschaf 29

Projekte + Kampagnen 30

Chamäleon: Wenig erforschte Zeugen aus der Saurierzeit 31

Buchbesprechungen 32

Kurznachrichten 33

Mitmachaktion: Für ein Verbot von Versuchen an Affen! 38

Patenschaften 39

Werden Sie Mitglied: Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz! 40

Grounding für die ZugvögelKulturfolger

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6Wölfe in der Schweiz

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Das Skuddenschaf

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EditorialLiebe Tierfreunde

Die Klimaveränderung be-schäftigt die Politiker welt-weit. Gross werden die Ver-

änderungen für Mensch, Tier undNatur sein, wenn es uns nicht ge-lingt, den CO2-Ausstoss zu stoppen.Vielleicht geht es Ihnen ähnlich wiemir, ich bin eher skeptisch.

Das Problem ist nicht neu, seitJahren werden Massnahmen disku-tiert und gefordert, geschehen istnicht viel. Traurige Aussichten,viele Tiere und Pflanzen werdenfür immer von unserem Planetenverschwinden. Aber auch andereebenfalls durch den Mensch be-dingte Eingriffe verändern die Na-tur nachhaltig. So verschwindenimmer mehr Hochstammbäume,dadurch verlieren viele Vogelartenihre Lebensräume. Vor über dreis-sig Jahren bin ich an den Zürichseegezogen. Ich wohnte direkt amWaldrand. Mein täglicher Arbeits-weg führte mich direkt an einemTobel vorbei. Bei Regenwetter warder Weg voller Feuersalamanderund Weinbergschnecken. Im Früh-jahr suchten viele Kröten und Gras-frösche den Weg zu den Weihern.An warmen Sommertagen sonntensich Eidechsen und Blindschleichenauf dem Weg. Ging ich abends mitmeinem Hund spazieren, trafenwir regelmässig auf Igel. Im Laufeder Jahre entstanden immer mehrneue Häuser. Die Folge war, mehrLeute, mehr Autos und mehr Kat-zen. Im Laufe der Zeit verschwan-

Für mehr Informationen über unsere Tätigkeit besuchenSie uns bitte im Internet unter www.protier.ch

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Aktion S. 38: Für ein Verbotvon Versuchen an Affen!

den Salamander, Weinbergschne-cken, Blindschleichen und Eidech-sen. Hin und wieder trafen wirnachts noch einen Igel, immer öf-ters aber begegneten wir nun Füch-sen und Mardern. Die beiden letz-teren arrangieren sich als soge-nannte Kulturfolger mit den verän-derten Lebensräumen. Doch nichtalle können sich anpassen; der Feld-hase zum Beispiel braucht eine freieKulturlandschaft – deshalb ist ervom Aussterben bedroht.

Heute lebe ich in Basel am Randeder Altstadt und sehe nachts hin undwieder «Automarder» umherhu-schen. In unseren Hinterhof hat sichauch schon ein Fuchs verirrt. Aberauch in den Städten geht es derNatur an den Kragen. Immer mehrGrünanlagen und Pärke werden «ur-bansiert», Wiesen verschwinden,und statt dessen wachsen die Bäu-me aus dem Beton- oder Kiesboden.Alte einheimische Bäume werdengefällt und oft durch Exoten ersetzt.Das Verschwinden grösserer Gras-flächen bedeutet : insekten- undwurmfressende Vögel wie Amselnfinden kaum noch Nahrung. Auch

der Spatz ist vom Aussterben be-droht, weil er immer weniger Nist-möglichkeiten findet.

Die riesigen modernen Glas-bauten sind wahre Todesfallen fürVögel. Letztes Jahr starben in BaselHunderte von Zugvögeln, die in dieGlasscheiben geflogen sind. Unnö-tigerweise herrschen nachts in denGrossstädten wahre Lichtorgien.Diese Lichtverschmutzung belastetdie Umwelt gleich mehrfach. Sieverbraucht unnötig Strom und störtdie Vögel, hauptsächlich Zugvögel,massiv, beeinträchtigt sie doch de-ren inneren Kompass. Für uns Men-schen ist es beinahe unmöglich,einen Sternenhimmel zu bewun-dern. Die Basler Baudirektorin mein-te zu diesem Thema sarkastisch: Esgibt wirklich Wichtigeres als denfreien Blick auf die Milchstrasse.

Bis zum nächsten MalIhre

Rita DuboisGeschäftsführerin

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Wir geben Tieren Wir geben Tieren

Robin, 1-jährig. Die Drogenprobleme von Robins Be-sitzer führten zu einem tragischen Ende. Robin ist einunkomplizierter, problemloser und lieber Rüde. Er ver-steht sich bestens mit anderen Hunden, ob Weibchenoder Rüden, und ist absolut kein Raufer. Robin ist kin-derlieb, aktiv und folgsam – ein toller (Familien-)Hund.

Fix und Fox, etwa

1-jährig. ZwischenWeihnacht und Neu-jahr waren sie plötz-lich da und ranntenauf dem Tierheimare-al herum. Schnell warklar, dass die zwei«neu» und nicht etwaaus dem Katzenhaus

ausgebüxt waren (was zum Glück bisher auch noch nievorgekommen ist). Mit List und etwas Geduld liessensie sich einfangen. Wie sie genau ins Tierheim kamen,wissen nur die beiden. Dass sie den Weg dahin vonselbst gefunden haben, dürfte aber eher unwahr-scheinlich sein. Sie suchen nun einen Platz, zu zweitoder einzeln, bei einer bereits vorhandenen Katze, mitFreilauf oder katzengerechtem Balkon.

Chicco musste lange im Tierheim auf neue Besitzerwarten. Warum, war uns immer ein Rätsel, ist er dochein richtig toller, unkomplizierter Hund. Aber wie es soschön heisst, was lange währt, wird endlich gut. Sei-ne neue Familie ist begeistert und würde ihn nichtmehr hergeben. Wir wünschen ihnen noch viele schö-ne gemeinsame Jahre.

Jango, 31/2 -jährig. Nachwuchs innerhalb der Familieund ein damit verbundener Wohnungswechsel bedeu-teten für den Mischlingsrüden Endstation Tierheim.Jango ist sehr folgsam, aber auch sehr lebhaft. Er hateinen grossen Bewegungsdrang und viel Ausdauer.Ideal wäre für ihn ein Platz bei sportlichen und aktivenLeuten, die mit ihm viel unternehmen und wo er ge-fordert ist. Auch zu einer Familie würde Jango sehr gutpassen. Ein eingezäunter Garten wäre ideal.

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ein Zuhauseein Zuhause

Reni. Sie ist sozusagen die Königin in ihrem neuenZuhause und hat alle Aufmerksamkeit für sich allein.Neben den vielen Streicheleinheiten geniesst sie vorallem die nächtlichen Spielstunden mit ihrer Besitze-rin. Reni wird nämlich oft erst nach Mitternacht so rich-tig wach. Zum Glück ist ihre Besitzerin auch eher einNachtmensch.

Jango und Miro. Als die zwei Kater platziert wurden,verkrochen sie sich erst einmal hinter dem Sofa, wosie auch lange Zeit blieben. Beide waren sehr scheuund unsicher. Inzwischen hat sich das aber gelegt. Siesind zutraulich geworden und geniessen das Katzen-leben in vollen Zügen.

Unser Spendenkonto

PC: 80-37221-2Vermerk: Findeltiere

Schweizerische Gesellschaftfür Tierschutz

Alfred-Escher-Strasse 76CH-8002 Zürich

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Keine Geduld

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Bixi, 11/2 -jährig. Der Besitzer von Bixi rief ganz verzwei-felt an und sagte, er suche dringend einen Platz für dieKatze. Seine Frau habe gedroht, das Tier aus demFenster zu werfen. Er könne morgens nicht mehr gutenGewissens zur Arbeit gehen und die Katze zu Hauseder überforderten Frau überlassen. Als er Bixi ins Tier-heim brachte, fiel ihm der Abschied offensichtlich sehrschwer. Bixi ist sehr zahm und anhänglich. Mit ande-ren Katzen versteht sie sich gut.

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Blacky, 11/2 -jährig. Die Katze ist sehr anhänglich, ver-schmust und verspielt. Sie sucht einen Platz einzelnoder bei einer Zweitkatze und bei Menschen, die vielZeit für sie haben. Blacky ist Auslauf gewohnt undmuss deshalb ins Freie können.

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Kulturfolger – ganzschön angepasstDer Mensch nimmt immer mehr Platz in Anspruch und verdrängt dabeidie Natur und ihre Bewohner. Überall wird gebaut und überbaut. Undselbst ausserhalb des eigentlichen Siedlungsraumes sorgt das immergrösser werdende Angebot an Freizeitaktivitäten für Unruhe undStörung. Intakte Lebensräume werden immer seltener. Viele Pflanzenund Tiere werden zurückgedrängt oder verschwinden ganz. EinigeArten müssen sich einiges einfallenlassen, um sich dem verändertenUmfeld anzupassen. Andere verstehen es, aus der Not eine Tugend zumachen, und entdecken plötzlich durchaus Vorteile.

VON NATHALIE DUBOIS

Kulturfolger oder Hemerophi-le (griechisch hemeros = kul-tiviert, philos = Freund) sind

Tiere und Pflanzen, die in der Nähedes Menschen leben. Sie verstehenes, sich dem zivilisatorischen Druckanzupassen. Einige vollziehen die-se Anpassung und den Schritt in dieNähe des Menschen unfreiwillig.Zerstörte Lebensräume, schlechteBrutbedingungen, ungenügendesFutterangebot sind nur einige derGründe. Andere profitieren hinge-gen von vom Mensch herbeigeführ-ten Massnahmen und Veränderun-

gen und folgen ihm in seine Kultur-landschaft. Sie schliessen sich demMenschen somit nicht etwa an, weilsie seine Nähe suchen, sondernweil sie in seinem Umfeld generellgünstige(re) Lebensbedingungenfinden. Der Mensch dient sozusa-gen als Wegbereiter für neue Ver-breitungsgebiete. Durch ihn erlan-gen gewisse Arten Vorteile, wie einleichter zugängliches oder grösse-res Nahrungsangebot und wenigerKonkurrenz sowie mehr Sicherheit,da entweder weniger Feinde odermehr Verstecke vorhanden sind.Dass gewisse Tiere dabei ihre na-türliche Scheu vor dem Menschen

zusehends verlieren, ist nicht im-mer ein Vorteil. Allzu dreistes Ver-halten kann auf Dauer zu Proble-men führen.

Neue und alte Bekannte

An einige Kulturfolger haben wiruns seit langem gewöhnt. Rattenund Stubenfliege etwa sind unslängst vertraut, wenn auch nicht un-bedingt beliebt. Auch über Igel inunseren Gärten wundert sich nie-mand. Vor allem aber finden sichunter den Hemerophilen viele Vo-gelarten, doch dazu später. Der zur-zeit prominenteste Vertreter dürfte

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der Fuchs sein. Seinen «Zuzug» indie Städte konnten wir in letzter Zeitdirekt mitverfolgen. Noch vor we-nigen Jahren fiel ein einzelner Fuchsin der Stadt auf, heute sind diemittlerweile offiziell so genannten«Stadtfüchse» keine Sensationmehr. Eigentlich sind sie schon fastnicht mehr aus unseren Städtenund Siedlungen wegzudenken. DerFuchs versteht es wie kaum ein an-derer, sich der Zivilisation anzupas-sen, nicht umsonst ist er für seineDreistigkeit und Schlauheit bekannt.Sein Vordringen in die Siedlungenerfolgte denn auch eindeutig zu sei-nem Vorteil und nicht aus Not. Ein

so enges Zusammenleben führtaber auch immer wieder zu Konflik-ten zwischen Mensch und Wildtie-ren. Denn ein solches ist und bleibtder Fuchs, auch wenn er mittenunter uns lebt und es sich in unse-ren Gärten und Pärken gemütlichmacht. Kulturfolger wie der Fuchssollten daher auch nicht gefüttertoder gar gezähmt werden. Proble-me sind sonst vorprogrammiert.Schon jetzt gibt es immer wiederReklamationen von Leuten, die sichvon Füchsen regelrecht belästigtfühlen. Unordnung, Dreck und ver-schleppte Gegenstände sind daseine, die Angst vor Krankheiten, wiedem Fuchsbandwurm, das andere.Ebenfalls bekannt und nicht von al-len geschätzt ist der Steinmarder.Er lebt gerne in der Nähe mensch-licher Siedlungen und nutzt meistmehrere Verstecke in seinem Re-vier, wie Scheunen, Ställe, Garten-häuser, alte Gemäuer oder Holzstös-se. Sein lärmendes Herumtoben inder Nacht in Scheunen und Dach-stöcken mag man ihm noch verzei-

hen, bei angenagten Gummiteilenan Autos verstehen aber die meis-ten keinen Spass mehr. Auch Dach-isolationen sind vor ihm nicht si-cher. Wenn man vom Steinmarderspricht, werden mittlerweile meis-tens die Bezeichnungen «Auto-»oder «Hausmarder» verwendet.

Viele Vögel sindKulturfolger

Obwohl viele Vögel zu den Hemero-philen gehören, nehmen wir siekaum je als solche wahr. Zum ei-nen, weil sich ihre Anpassung imLaufe vieler Jahrzehnte vollzogenhat und wir uns längst an ihre Ge-sellschaft gewöhnt haben. Zum an-deren, weil wir Vögel wohl eher mitFreiheit als mit Grenzen und Revie-ren verbinden. Kaum jemand istsich bewusst, dass Tauben (Felsen-taube) und Turmfalke genauso zuden Kulturfolgern gehören wieSpatz und Amsel. Sie gehören füruns mittlerweile ganz selbstver-ständlich zum Siedlungsbild und

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sind von dort kaum mehr wegzu-denken. Noch vor 200 Jahren aberwar beispielsweise die Amsel in derSchweiz ein scheuer und seltenerWaldbewohner. Sie versteckte sichgerne im dichten Buschwerk und inSträuchern, nur allmählich entdeck-te sie die Städte. Unterlagen der Vo-gelwarte Sempach belegen, dassdie Amsel 1837 in der Stadt Zürichals Brutvogel nicht bekannt war.1854 wurden erstmals die Engli-schen Gärten als Brutort genannt.1947 zählte man dann allein in denParkanlagen beim Landesmuseum26 Brutpaare. Sie haben sich seit-her derart an die neuen Lebensbe-dingungen angepasst, dass manmittlerweile sogar zwischen Wald-und Stadtamseln unterscheidenkann. Sie unterscheiden sich so-wohl in der Brutfolge als auch inBezug auf die Grösse der Brutrevie-re. Waldamseln sind ihren Wander-

gewohnheiten treu geblieben undsind nach wie vor sogenannte Teil-zieher. Stadtamseln hingegen ha-ben sich zu Standvögeln entwickeltund bleiben auch im Winter bei uns.

Schwierige Anpassung

Ein Beispiel eher unfreiwilligen Zu-sammenlebens mit uns Menschenist das der Stockente. Sie findetentlang von Seen und Gewässernimmer weniger Brutzonen. Es gibtkaum noch Uferabschnitte, wo sieungestört nisten kann. Also Folgedavon beginnen die Enten an im-mer exotischeren Plätzen zu brüten.Auf Balkonen und Dachterrassen,in Blumentrögen. Meist muss dasGelege noch vor dem Schlüpfen derJungen entfernt werden, weil esstört. Doch selbst wenn die Ente mitihrem Nachwuchs bleiben kann, bisdie Entenküken geschlüpft sind, ist

die Sache noch nicht ausgestanden.Dann stellt sich erst das eigentlicheProblem: Wie kommt die Enten-familie heil ans Wasser? Tragödienund grosse Verluste sind vorpro-grammiert. Auch der Igel, der ge-lernt hat, mit uns zu leben, kämpftlängerfristig mit Problemen. Unse-re Gärten werden immer eintönigerund aufgeräumter. Sie bieten ihmlängerfristig kaum mehr Unter-schlupf und Nahrung, geschweigedenn Überwinterungsmöglichkei-ten. Seine Anpassung wir nun fürihn zum Bumerang.

Nichts wie weg!

Nicht alle aber sind für den An-schluss an die menschliche Zivi-lisation geschaffen, im Gegenteil,sie sind durch sie bedroht. DieZerschneidung des Lebensraumsdurch Autobahnen oder die allge-

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meine Zersiedelung birgt Gefahrenund bringt wesentliche Nachteilemit sich. So kann das Beutespek-trum plötzlich stark eingeschränktsein, oder es fehlt, wie am Beispielder Enten gezeigt, an Nist- und Brut-möglichkeiten. Auch die Suchenach einem geeigneten Partner zurPaarungszeit kann beeinträchtigtsein. Die betroffenen Tierarten rea-gieren mit Flucht vor dem Men-schen. Sie geben ihre angestamm-ten Lebensräume mehr und mehrauf und suchen nach Alternativen.Zu den sogenannten Kulturflüch-tern (Hemerophobe) gehören unteranderem der Baummarder und derFeldhase. Unter den Vögeln sinddie Feldlerche, der Wiedehopf, dasRebhuhn und das Auerhuhn nureinige Beispiele.

Vom Profiteurzum Verlierer

Der Feldhase hat einst profitiert vonder Landwirtschaft. Die üppig be-pflanzten Felder mit Kohl und Rü-

ben, die Weiden mit Klee waren fürihn ein reich gedeckter Tisch undeine willkommene Ergänzung zuseiner natürlichen Nahrung. Da derFeldhase im Gegensatz zum Kanin-chen keinen unterirdischen Baugräbt, braucht er als VersteckeFeldgehölze und Gestrüpp, Acker-raine oder Waldränder. Doch durchdie zunehmende Verbreitung derMonokulturen sind sowohl dasNahrungsangebot wie auch dieVerstecke rar geworden. Diese ver-änderten Lebensbedingungen ha-ben die Zahl der Feldhasen so starkabsinken lassen, dass er mittlerwei-le sogar auf der Roten Liste der ge-fährdeten Tiere steht. Seit 1997 er-holen sich die Bestände allmählichwieder, es gibt aber nach wie vorgrosse Schwankungen in den ein-zelnen Vorkommensgebieten.

Der Menschals Störfaktor

Anpassungen an sich veränderndeLebensbedingungen hat es immer

wieder gegeben. Nicht zuletzt ver-danken viele Tierarten ihre Spezifi-kationen gerade dem individuellenUmfeld und den Umständen, mitdenen sie leben mussten. Es istaber auch eine Tatsache, dass inden letzten Jahren und Jahrzehn-ten viele Tierarten zunehmenddurch vom Menschen und nichtnatürlich verursachte Umständeoder Veränderungen in Bedrängnisgekommen sind. Die Zerstörungund Durchschneidung ihres Le-bensraumes führt zu grossen Pro-blemen, vor allem wenn die Tiereneue Lebensräume finden müssen.Ist ein Ausweichen nicht möglich,kann das entsprechende Folgenvon der Bedrohung einzelner Be-stände bis hin zum Aussterben derTierart haben.

Seien wir uns deshalb bewusst,dass wir, gerade wenn wir in derNatur Erholung suchen, rücksichts-voller mit ihr und ihren Bewohnernumgehen sollten. Es ist schliesslichihr Lebensraum, in den wir ein-dringen. ■

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Klimawandel

Grounding für dieZugvögel

Während die einen Zugvögel wegen des warmen

Winters die Schweiz gar nicht verlassen haben, finden

andere kaum zurück. Zugvögel, die sich den Folgen der

Klimaerwärmung nicht anpassen können, bleiben

buchstäblich auf der Strecke.

VonHans Peter Roth

K sen sich bereits an vielen Beispielen able-sen. So kehren Mehlschwalben durch-schnittlich zehn Tage früher aus Nordafri-ka in die Schweiz zurück als noch vor 30Jahren. Eine Analyse in England zeigt, dassdort jede dritte Vogelart früher brütet alsAnfang der 70er Jahre – durchschnittlichum neun Tage.

50 Milliarden Zugvögel

Jährlich sind rund 50 Milliarden Zugvögelweltweit unterwegs, davon etwa 5 Milliar-

ein, machen heimkehrende Zugvögel aufdas Ende des Winters aufmerksam. Ziehen-de Gänse und Kraniche, das auf einmalwieder erklingende Zilp-zalp im Gartenoder Stadtpark sind Frühlingsboten, dienicht nur Vogelkundler alljährlich erfreuen.Seit jedoch die Anzeichen einer globalenErwärmung zunehmen, mischt sich auchSorge in diese Beobachtungen: Das Lebender Zugvögel gerät offensichtlich mehr undmehr durcheinander. Auswirkungen desKlimawandels auf das Zuggeschehen las-

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den zwischen Europa und Afrika. Bei unspendeln viele Zugvögel zwischen Mittel-europa, wo sie den Sommer verbringen,und den wärmeren Gegenden in Südeuro-pa oder Nordafrika. Einige der Vögel zie-hen im Winter noch weiter nach Süden bisnach Südafrika. Bei den Zugvögeln unter-scheidet man zwischen Kurz- und Lang-streckenziehern. Viele europäische Kurz-streckenzieher fliegen ins südliche Mittel-europa und in den Mittelmeerraum. DieLangstreckenzieher überwintern südlichder Sahara.

Ob Kurz- oder Langstreckenzieher: DerKlimawandel setzt allen zu, stellt neue An-forderungen und schafft mehr Verlierer alsGewinner. Beispiel Sahara: Durch die zu-nehmende Versteppung weiter LandstricheAfrikas, die Ausbreitung der Wüsten undsich häufende Dürreperioden drohen Sa-hara-Durchquerer auf der Strecke zu blei-ben. Zu den Transsahara-Ziehern unter deneuropäischen Zugvögeln gehört beispiels-weise der Schilfrohrsänger. Für ihn bestehtdie Gefahr, dass die im Körperfett ange-sammelten Energiereserven zwar für dieursprüngliche Zugstrecke, nicht aber fürzusätzliche Distanzen über Wüstenzonenausreichen. Eine weitere Gefahr für dieVögel entsteht durch die Bevölkerungs-explosion in Afrika. Unberührte Lebens-räume werden immer rarer, und die Tierewerden von den Menschen gejagt. Die Jagdauf Zugvögel ist aber nicht nur in Afrika einProblem, sondern nach wie vor auch insüdeuropäischen Ländern.

Enormer Energieaufwand

Um die weite Reisen zu überstehen, müs-sen sich die Zugvögel sowohl vor demAbflug ins Winterquartier wie auch für dieRückkehr grosse Energiereserven anfut-tern. Bei Fernstreckenziehern beträgt dieMenge der «Treibstoffreserven» bis zu fünf-zig Prozent des Körpergewichtes. Ein «vol-ler Treibstofftank» reicht bei einem Klein-vogel bei maximaler Geschwindigkeit fürrund 4 bis 8 Zugnächte oder einen Nonstop-Flug von 30 bis 40 Stunden. Um zusätzli-che Energie zu gewinnen, bauen die Tiereihre Organe ab. Die Leber und der Magenzum Beispiel werden um bis zu fünfzig Pro-zent reduziert. An den Rastplätzen werdendie Fettreserven aufgefüllt und die Organewieder aufgebaut. Sind genügend Fett-depots vorhanden, rasten die Vögel auch

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Hindernisse ohne Grenzen

Weissstörche überqueren auf ihren Reisen eine Reihe von Ländern, die überdas weltweit dichteste Netz an oberirdischen Stromleitungen verfügen. Ener-giefreileitungen und deren Masten zählen daher zu den grössten Gefahren fürdie Störche. Genaue Zahlen sind bisher nicht bekannt, doch sind es schät-zungsweise jedes Jahr mehrere Tausend Vögel, die an unzureichend markier-ten Leitungstrassen oder vogelgefährlich konstruierten Strommasten qualvollverenden. In Deutschland sind Unfälle an Mittelspannungs-Freileitungen nochimmer die häufigste Todesursache. Seit 2002 ist in Deutschland ein Schutzpa-ragraph in Kraft, der verlangt, dass neu zu errichtende Masten und technischeBauteile von Mittelspannungsleitungen konstruktiv so auszuführen sind, dassVögel gegen Stromschlag geschützt sind. (hpr)

in der offenen Wüste, wo sie zwarSchatten, aber weder Wasser nochNahrung finden.

Doch der Klimawandel stellt dieZugvögel nicht nur im fernen Afri-ka vor neue Probleme. Auch dieRückkehr in die Sommerquartierebringt unangenehme Überraschun-gen. Forscher der Vogelwarte Sem-pach stellten fest, dass Kurzstre-ckenzieher aufgrund der milderenWinter in Europa heute später insWintergebiet aufbrechen als nochvor 40 Jahren: Die Amsel fliegt imMittel sechs, die Blaumeise sech-zehn Tage später in den Süden;einige Arten verbringen den Win-ter sogar vermehrt in der Schweiz.Wegen der wärmeren Winter keh-ren gewisse Kurzstreckenzieher imFrühling auch früher in die Schweizzurück, wo sie die besten Brutplät-ze besetzen und früher mit demBrüten beginnen können.

Verschobene Zyklen

Wenn sich allerdings die Lebenszy-klen der Vegetation und der Insek-ten infolge der globalen Erwärmungnicht im gleichen Mass verfrühenwie diejenigen der Zugvögel, findendiese zu wenig Nahrung für ihreJungen. Dasselbe Problem dürftesich künftig Langstreckenziehernstellen, aber in umgekehrter Reihen-folge: Sie bekommen in Afrikanichts vom milderen Winter in Eu-ropa mit, kehren daher im Frühlingnicht früher zurück. So ist beispiels-weise die Population des Trauer-schnäppers in den letzten 20 Jah-ren in den Niederlanden drastischzurückgegangen. Das berichten nie-derländische Forscher im Magazin

«Nature» und liefern auch gleicheine Erklärung dafür. Wenn die Zug-vögel «zu spät» zurückkehren, sindwegen der gestiegenen Tempera-turen Raupen, die Hauptnahrungs-quelle für die Küken, zur Brutzeit oftbereits Mangelware.

Der Bestand des Trauerschnäp-pers ist dadurch mancherorts dra-matisch gesunken, wie ChristiaanBoth von der Universität Groningen(Niederlande) und seine Kollegenschreiben. Dort, wo sich die Raupenbesonders früh entwickeln, ist derTrauerschnäpper-Bestand um biszu 90 Prozent geschrumpft. In Ge-genden, in denen sich die Raupenspäter entwickeln, gingen die Be-stände dagegen kaum zurück. Beianderen Langstrecken-Zugvögelndürfte es ähnlich sein. Zudem sinddie guten Nistquartiere bei späterAnkunft möglicherweise schon vonanderen Vögeln besetzt.

Ab ins warme England

Manche Vogelarten reagieren aufihre ganz eigene Weise auf die Kli-maerwärmung: Kiebitz, Singdros-

sel, Star und Hausrotschwanz gal-ten noch bis vor wenigen Jahr-zehnten als klassische Zugvögel. In-zwischen verbringen sie den Win-ter immer öfter in Mitteleuropa. An-dere Arten entwickeln sogar neueZugrouten, wie die Forscher derVogelwarte Radolfzell in Deutsch-land anhand von Untersuchungenan der Mönchsgrasmücke nachwei-sen konnten. Viele der kleinen Vö-gel steuern inzwischen nicht mehrSüdfrankreich, Spanien oder Nord-afrika an, sondern überdauern denWinter in Südengland.

Auch zu uns kommen Zugvögelals Wintergäste. Hauptsächlich Was-servögel aus Skandinavien, demBaltikum und Westsibirien wählenunsere Seen, die nicht zufrieren,als Winterquartier. Ihnen bereitetdie Klimaerwärmung nicht mindergrosse Probleme. Wenn die Pol-Eis-kappen und Gletscher weiter ab-schmelzen und dadurch die Meeres-spiegel steigen, könnten küstenna-he Lebensräume wie Marschen,Flussmündungen und Wattgebietegrossflächig abnehmen und damitlebensnotwendige Rastplätze ver-loren gehen. Auch den nordischenArten selbst droht Gefahr. Zwei Drit-tel der weltweiten Gänsepopulatio-nen brüten in der Arktis. Doch wosich die Vegetation der Tundra ver-ändert, gerät der Bruterfolg dieserhoch spezialisierten Vögel in Gefahr.Auf der Südhalbkugel sind vor allemdie Pinguine dramatischen Verände-rungen ihrer Brutplätze und Nah-rungsressourcen ausgeliefert.

Von den Polargebieten bis zumÄquator – der Klimawandel lässtkeinen Lebensraum unberührt. ■

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VON HANS PETER ROTH

Nachdem es geradezu eigen-artig ruhig geworden warum die Vogelgrippe, er-

reichten uns dann plötzlich dochnoch neue Schreckensmeldungen.Ende Januar waren Tiere auf einerGänsefarm in Ungarn erkrankt.Behördliche Diagnose: H5N1. Über10000 Gänse wurden sofort ge-schlachtet.

Anfang Februar ging’s dann inEngland los. Das angeblich auch fürMenschen gefährliche H5N1-Viruswurde am ersten Februar-Wochen-ende auf einer Geflügelfarm nach-gewiesen. Bei dem Erreger, der ineiner Massenzucht von Truthähnenin Stallhaltung in Suffolk, nordöst-

lich von London, auftrat, handle essich um die hoch ansteckende asia-tische Variante, wie das LondonerUmweltministerium mitteilte.

Sicher ist: Sofort machten sichSpezialteams an die Massenver-gasung von rund 160000 Truthäh-nen. Rätselhaft dagegen bleibt,wie das Virus in die Holton-Zuchtvon Bernard Matthews, die 2000 Ar-beiter unter strengen Hygiene-Vorschriften beschäftigt, hineinge-kommen sein soll. Zunächst hattendie Beamten angenommen, die aufder Farm entdeckte Vogelgrippesei von einem wilden Vogel ein-geschleppt worden, der auf myste-riöse Weise in einen der Schuppender Zuchtanlage gelangt ist. Ver-wundert hatte Experten aber schon

damals, dass Wildvögel nicht auchanderswo in England Ausbrücheder Vogelgrippe verursacht hatten.

Fragen über Fragen

Dies war bei weitem nicht die ein-zige offene Frage. Denn AnfangFebruar ist nun wirklich nicht dieZeit der Vogelzüge. Zudem sind die

Vogelgrippe-Update

Die Widersprüche sindoffensichtlich

Selbst viel zitierte Experten beginnen sich zu fragen: Wie kommtdie Vogelgrippe in abgeschottete Hochsicherheitsgefängnissefür Mastgeflügel? Sogar die NZZ titelte mit «Vogelgrippe alsveterinärmedizinisches Rätsel».

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modernen Vogelmastfabriken miteigentlichen Hochsicherheitsge-fängnissen gleichzusetzen, mitmehreren Sicherheitsschleusen.Ein Ort, wo Hunderttausende Tiereauf engstem Raum «konzentriert»ihr tristes Dasein fristen. Ein Zug-vogel als Eindringling? Absurd.Trotzdem stützten die Behörden an-fänglich die These. Am 9. Februardann die Kehrtwende: Die Geflügel-firma selber habe durch Importevon toten Puten aus Ungarn demVirus H5N1 Zugang zu ihren Far-men in Suffolk verschafft. Dies dieErkenntnis, welche die Landwirt-schaftsinspektoren der britischenRegierung nun plötzlich vertraten.

Der «Tages-Anzeiger» schriebam 10. Februar: «Nach der Keulungaller 160000 Truthähne der Mat-thews-Farm (…) revidierten die Be-hörden ihre Einschätzung radikal.Sie fanden, dass das in Suffolk ent-deckte Virus in seiner DNA-Struk-tur identisch sei mit dem Virus, daszuvor zwei H5N1-Ausbrüche aufungarischen Gänsefarmen in derUmgebung von Szentes verursachthatte.» Die Firma selbst bestreitetdie Geflügelimporte aus Ungarnnicht. Die Importe der toten Tiereseien aber «nicht aus dem ver-seuchten Gebiet Ungarns» gekom-men, erklärte ein Sprecher derFarm.

Noch mehr Rätsel

Die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ)vom 6. Februar 2007 versah einenBeitrag zum Drama in Englandzwar korrekterweise mit dem Titel«Vogelgrippe als veterinärmedizi-nisches Rätsel», ging auf all dieoffensichtlichen Ungereimtheitendann aber ebenso wenig ein wieandere Medien. Näher an der Wahr-heit dran sind da schon Tierschutz-und Umweltorganisationen. Diesekritisierten, nachdem die 160000Truten vergast und verbrannt wor-den waren, die Intensivhaltung –und nicht die Verbreitung des Virusdurch Zugvögel – als Ursache für

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die Epidemie. Bestätigt werden siein ihrer Kritik durch den Umstand,dass mittlerweile eine ganze Reihevon Fällen vorliegen, wo die Vo-gelgrippe in auf modernste Weiseabgesicherten Mästereien untermysteriösen Umständen ausbrach,wo sie aus veterinärmedizinischerund sicherheitstechnischer Sichtnicht hätte ausbrechen dürfen.

Dazu passt auch die «überra-schende» Nachricht vom 9. Febru-ar 2007, dass sich die Vogelgrippevon der als befallen gemeldetenHalle auf drei weitere der 22 Hallender Suffolk-Anlage ausgebreitethabe. Dies sollen Labortests an dengetöteten Vögeln ergeben haben.

Die einzelnen Gebäude galten ei-gentlich als isoliert. Dies alles gibtden Thesen des österreichischen«Agrar-Rebellen» Sepp Holzer Nah-rung (ProTier berichtete). Für ihn istklar: Die Vogelgrippe ist hausge-macht. Sie ist das Resultat der fehl-geleiteten Massentierhaltung, dienur aufgrund des massiven Einsat-zes von Giften und Antibiotika funk-tioniert. Dass so das Immunsystemder auf engstem Raum eingepferch-ten und zwangsernährten Vögelzusammenbricht, liegt nahe. Zudenken geben sollte dabei nocheines: Am Ende dieser künstlichenNahrungskette steht der Mensch.

eingesammelt und anschliessend ineinem Container mit Kohlendioxidvergast: Tod durch Blutübersäue-rung. Nach rund 15 Sekunden imGasbehälter seien sie tot gewesen,sagt Bloch. «Sicherheitshalber»habe man sie während drei Minutenim Gas belassen. Die Kadaver der1400 Hühner wurden per Spezial-transporter nach Lyss gebracht unddort zu Tierknochenmehl verarbei-tet, das anschliessend in einemZementwerk verbrannt wurde.

Die Tiere des Läufelfinger Be-triebs wären ohnehin getötet undentsorgt worden, sagt der Kantons-tierarzt. Denn bei zwei Jahre alten

«Ausmerzaktion»: Opera-tion gelungen, Tiere tot

Test gelungen, 1400 Hühner gestor-ben. Zur Vogelgrippe-Übung desBaselbieter Zivilschutzes und deskantonalen Krisenstabs am 19. Ja-nuar auf einem Landwirtschafts-betrieb in Läufelfingen BL warenkeine Medien eingeladen. UnterAusschluss der Öffentlichkeit wur-den 1400 Hennen vergast. Man habeeinfach «ungestört arbeiten» wollen,sagt Kantonstierarzt Ignaz Bloch, derdie Übung mitorganisierte. Rund 60Personen waren beteiligt. Die Hüh-ner im Stall wurden über das Futterleicht betäubt, von Zivilschützern

Hennen lasse die Legeleistungdeutlich nach. Es müsse wiederPlatz für junge Hühner geschaffenwerden, meint er trocken, als hand-le es sich bei den Legehennen umausgediente Wegwerfobjekte, dieman «entsorgt». Wichtigste Er-kenntnis aus der Überfluss-Übung:«Im Ernstfall ist es uns problemlosmöglich, sehr viele Tiere aufs Malzu töten», meint Bloch. ÄhnlicheÜbungen sind laut den Basler Kan-tonsbehörden nicht mehr geplant.Und nach einem Ernstfall-Einsatzsehe es derzeit auch nicht aus. Fragtsich bloss, warum sich dann solcheTiertötungsübungen für Zivilschüt-zer überhaupt aufdrängen. ■

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HANS PETER ROTH

Nun sieht es definitiv danachaus, dass der Wolf sich auchRichtung Alpennordseite

ausbreitet. Am 27. November 2006riss bei Pohlern unweit von Thunein Wolf acht Schafe auf einer Wei-de. Schon im Frühling 2006 war einWolf ins Berner Oberland eingewan-dert. Der gesundheitlich angeschla-gene Rüde wurde im Lütschinentalvon einem Zug überfahren (ProTierberichtete). Nun stellt sich die Fra-ge, ob sich der Kanton Bern weni-ger schwer tut mit der Rückkehrdes europäisch streng geschütztenTieres als der Kanton Wallis.

Weitere Abschüsse

Im Wallis leben Wölfe nach wie vorgefährlich. Hier wurden Ende 2006innert Monatsfrist wiederum zweiWölfe von kantonalen Wildhüternerschossen. Der eine in der Nachtmit einer Spezialausrüstung, die für

Wölfe in der Schweiz

Macht es derKanton Bernbesser?

die ordentliche Jagd verboten ist.Beim anderen missachtete derStaatsrat einen Gerichtsentscheid,der die Bewilligung zum Abschussaufschob. Beide Abschüsse erfolg-ten, als die Schafe längst für denWinter im Tal, also nicht mehr inGefahr waren. Dies verdeutlicht dienegative Haltung der Kantonsregie-rung, seit vor über 12 Jahren erst-mals Wölfe aus Italien die Schweizerreichten.

Fakten belegen: Sie ist gegenden Wolf gerichtet, obwohl er inter-national streng geschützt ist undauch auf nationaler Ebene soebenbeschlossen wurde, den strengenSchutz beizubehalten. Der mittelal-terlich anmutende Widerstand ge-gen den Wolf kommt schon in ei-nem Brief des Walliser Jagdinspek-tors aus dem Jahre 1995 klar zumAusdruck: «Ob die Rückkehr desWolfes natürlich oder künstlich sei,ist ein Argument allergrösster Fan-tasie, da man ja auch Menschenzurückweist, die in unserem Land

unerwünscht sind.» Der mehr alsunglückliche Vergleich von Wölfenund Asylsuchenden, die Jagd aufKosten der Steuerzahler und dasIgnorieren von Gerichtsentscheiden– was läuft hier schief?

BerechtigteProteste

Werden in der Schweiz gar Wölfeabgeschossen, die aus dem erfolg-reichen Artenschutzprogramm zwi-schen Italien und der Schweiz stam-men, dann wird zu Recht Protestlaut. Ausgerechnet die Schweizerwollten die sonst hochgehaltene«Berner Konvention» zum Schutzbedrohter Tierarten abschwächen,höhnten italienische Medien zuRecht. Dies in Anspielung auf diehierzulande geführte Debatte, obder Wolf bei uns eben «strenggeschützt» bleiben soll wie in denNachbarländern oder nur noch«geschützt», was Abschüsse noch-mals massiv erleichtert hätte. Der

Kommt der Wolf auch auf dieAlpennordseite? Es sieht ganzdanach aus, wie Schafrisse inder Nähe von Thun (BE) bele-gen. Zustände wie im Wallissoll es im Kanton Bern abernicht geben. Fachleute wollenAbschüsse verhindern.

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Wolf bleibt zum Glück auch in derSchweiz streng geschützt.

Diese Beibehaltung des Schutz-status widerspiegelt im Übrigen dieAnsicht von drei Vierteln desSchweizervolks. Gemäss einer re-präsentativen Umfrage befürwor-ten 77 Prozent (Westschweiz 72 Pro-zent) der Befragten die natürlicheWiedereinwanderung des Wolfes.Nur im Wallis spricht sich eineknappe Mehrheit dagegen aus. Hierstösst mittelalterliche Paranoia of-fensichtlich teilweise noch auffruchtbaren Boden. So schrieb voreinigen Jahren ein Walliser dembekannten Schweizer Biologen undTierfilmer Andreas Moser («NetzNatur»): «Sie machen wunderschö-ne Sendungen – doch einen wie Siehätte man früher auf dem Scheiter-haufen verbrannt.»

Keine Angriffe

«Woher diese Ablehnung, die soemotional ist», fragt Andreas Mo-ser, «…die mit beweisbar falschenMythen und mit Leidenschaft anStammtischen die Runde macht?Jährlich sterben Tausende vonSchafen auf den Alpen, die nichtbehirtet sind. Füchse und Rabentöten Hunderte von Lämmern. Im-mer wieder gehen Schafe schlichtverloren, die dann im Bergwintererfrieren oder geschossen werdenmüssen. Warum gibt’s da nur Schul-terzucken und warum sofort einenAufschrei, sobald der Wolf im Spielist? Sind Schäfer nicht Naturfreun-de, wie die Naturschützer, die sicheinsetzen für den Wolf?»

Dass es anders geht, beweisendie Italiener: Sie kennen kaum mehrÄngste vor dem Wolf und habengelernt, mit ihm zu leben. Für sieist es eine Selbstverständlichkeit,dass Schafherden mit Hunden vordem Raubtier geschützt werden.Und die gegen 1000 in Italien wildlebenden Wölfe haben gelernt, sichfast unsichtbar in nächster Nähezum Menschen zu bewegen undihnen geschickt auszuweichen. Inden letzten 20 Jahren wurden vonden Forschern keine Beweise ge-funden, dass ein italienischer Wolfeinen Menschen verletzt hätte.

Auch in Kanada, wo über 60000Wölfe leben, ist laut der SchweizerRaubtierforschungsstelle Kora keinFall bekannt, bei dem ein gesunderWolf einen Menschen angegriffenhätte.

Platz für 200 Wölfe?

In der Schweiz halten die Wild-biologen vor allem die Alpenregio-nen und den Jura für geeignete Bio-tope. Reinhard Schnidrig, Wildbio-loge und oberster Wildhüter derSchweiz, schätzt, dass es in derSchweiz «Platz für 50, 100, vielleicht200 Wölfe» gibt. Wie sieht es alsoim aktuell betroffenen Kanton Bernaus? Nachdem die Schafrisse inPohlern bei Thun bekannt gewor-den waren, hat die Volkswirtschafts-direktion eine Fachgruppe Wolf ein-gesetzt. Im Gremium sitzen Vertre-ter aus Verwaltung, Kleinviehzucht

Briefe von Kindern

«Der Wolf soll bleiben»Schülerinnen und Schüler aus den Berner Orten Pohlern und Blumenstein, woim November 2006 plötzlich ein Wolf auftauchte, äussern in Briefen mehrheit-lich die Ansicht, der Wolf solle bleiben. Nachfolgend einige Briefe junger «Wolfs-befürworter», die an die Redaktion der «Berner Zeitung» geschickt wurden.

«Ich bin dafür, dass der Wolf in Pohlern oder in Blumenstein bleibt. Wir habengenug Wald für den Wolf. Ich kann aber auch die Bauern verstehen, dass sieden Wolf schiessen wollen!» Mario Müller, Blumenstein

«Ich finde, dass der Wolf hier bei uns in Blumenstein oder Pohlern bleibensollte. Es ist nämlich ein schönes Tier, und das hat nicht jede Gemeinde oderjedes Nachbarsdorf. Natürlich verstehe ich die Bauern schon, dass der Wolfnicht so beliebt ist bei den Schafen. Aber jedes Lebewesen hat ein Recht,irgendwo zu leben.» Majlinda Salihu, 8. Klasse, Blumenstein

«Ich finde, dass der Wolf ein sehr schönes Tier ist. Es ist ja auch etwas beson-deres, einen Wolf in der Nähe zu haben. Ich hätte auch nicht so Angst, wenn erbleiben würde.» Tanja Reust, 7. Klasse, Blumenstein

«Der Wolf ist ein schönes Tier. Er soll bleiben, weil er eher da war als derMensch. Ich glaube, der Wolf würde uns Menschen nicht ohne Grund angrei-fen.» Elisabeth Imboden, 7. Klasse, Blumenstein

«Ich möchte, dass der Wolf bei uns bleibt. Einen Wolf hat nicht jede Gemein-de, und er hat auch ein Recht, bei uns zu sein. Ich hätte auch keine Angst vorihm.» Janine Wenger, 7. Klasse, Pohlern

«Ich bin dafür, dass der Wolf bei uns bleibt. Eigentlich haben wir nämlich genugPlatz für den Wolf. Ich finde es natürlich sehr schlimm, dass er in Pohlern achtSchafe gerissen hat. Da ich im Nachbarsdorf Blumenstein wohne, bin ich sehrnahe bei dem Wolf gewesen. Gesehen habe ich ihn aber leider nicht. Ich hoffe,dass er zurückkommt.» Daniel Rufener, 8. Klasse, Blumenstein (hpr)

und Umweltverbänden. Eine ent-sprechende Strategie im Umgangmit dem Wolf soll rechtzeitig zumWeidebeginn im Frühling präsen-tiert werden. Als Basis diene das«Konzept Wolf Schweiz», in Rück-sichtnahme auf die bernischenVerhältnisse, sagt der Berner Volks-wirtschaftsdirektor Andreas Ricken-bacher. Für ihn sei klar, dass es garnicht erst zu einem Abschuss kom-men dürfe.

Ob sich der Wolf von Pohlernüberhaupt noch im Kanton Bernaufhält, war bis Redaktionsschlussunklar. Meldungen von gerissenenSchafen gab es keine mehr. Aller-dings sind ja auch nicht Schafe undZiegen die Hauptbeutetiere vonWölfen, sondern Wildtiere wie Rot-hirsche, Rehe und Gämsen. Undvon denen gibt es in den Schwei-zer Wäldern zurzeit so viele wie seitJahrhunderten nicht mehr. ■

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Jahresbericht 2006

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Das Jahr begann mit grossenSorgen. Unsere finanzielleSituation war prekär, die Zu-

kunft von ProTier ganz und gar un-gewiss. Trotzdem versuchten wirunserem Auftrag, Tieren zu helfen,so gut wie möglich gerecht zu wer-den. Schweren Herzens musstenwir erstmals Tiere abweisen undkonnten nur noch ausgesprocheneNotfälle aufnehmen. Die täglicheTierschutzarbeit und das Bangenum die Zukunft belastete unserTeam schwer. Anfang Sommer ge-schah das Wunder: Durch die An-kündigung von Legaten und einergrösseren Erbschaft wussten wir,dass die Durststrecke Ende Jahrüberwunden sein würde.

Tiervermittlung

31 Hunde (9537 Pflegetage) und 60Katzen (17819 Pflegetage) fandenim Tierheim Stolzboden Aufnahme.Die Pflegekosten betrugen für dieHunde 184329 Franken und für dieKatzen 196867 Franken. 2 Hundeund 3 Katzen mussten wir leider ausgesundheitlichen Gründen ein-schläfern lassen. Für 6 Hunde und18 Katzen konnten wir ein neuesZuhause finden. Nach wie vor ist essehr schwierig, wirklich gute Plät-ze für die Tiere zu finden. Vor allemdie etwas scheuen, die nicht sofort

auf die Menschen zugehen, habenschlechte Chancen, vermittelt zuwerden. Dabei braucht es von denneuen Haltern nur etwas Geduld.Vor allem Katzen geben sich imHeim oft zurückhaltender, als siewirklich sind.Unsere Tiere sind alle geimpft undentwurmt. Kätzinnen, Kater undHündinnen geben wir nur kastriertab. Alle Katzen sind FIP und Leu-kose-getestet. Bevor wir unsereSchützlinge in ihr neues Zuhausebringen, gehen sie zu einer Aus-gangskontrolle beim Tierarzt. Oftwird uns vorgeworfen, dass wir dieTiere nicht kostenlos abgeben, wirsollten doch froh sein, sie abgebenzu können. Doch der Übernahme-betrag deckt die Kosten (Tierheim,Tierarzt), die für einen Hund oderfür eine Katze anfallen, bei weitemnicht. Zudem ist es leider eine Tat-sache, dass, was nichts kostet, auchnichts wert ist.Immer wieder müssen wir gegendas Vorurteil, das leider viele Tier-ärzte unterstützen, Tiere aus einemTierheim seien schwierig oder ver-haltensgestört, ankämpfen.Wir geben den Tieren die Möglich-keit, ihre schlechten Erfahrungenmit Menschen zu vergessen underst einmal in Ruhe gelassen zuwerden. Doch nicht alle Tiere, diezu uns kommen, haben Schlechteserlebt. Viele verlieren ihren Platzdurch den Tod ihres Halters oderaus familiären Gründen. Aber auchsie werden nicht sofort weiterver-mittelt. Wir wollen die Tiere kennenlernen, um dann ein passendesneues Zuhause für sie zu finden. Essollte sich dabei wenn möglich umeinen Lebensplatz handeln, damitsie nicht über kurz oder lang wie-der im Tierheim landen. Wir haltennichts von den Praktiken mancherHeime, die Tiere den Interessenten

ohne grosses Nachfragen gleichmitzugeben. Wir bringen alle unse-re Tiere persönlich in ihr neues Zu-hause. So können wir gleich über-prüfen, ob die uns von den neuenHaltern gemachten Angaben auchden Tatsachen entsprechen.

Patenschaften

18 neue Tierpatinnen und Tierpatenhaben sich 2005 verpflichtet, miteinem monatlichen Beitrag zu hel-fen, dass ältere und deshalb nurschwer vermittelbare Tiere ihrenLebensabend im Tierheim Stolzbo-den verbringen dürfen. Oft entste-hen unter den «Senioren» rühren-de Freundschaften. Werden diese

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durch den Tod zerstört, bleibt eintrauerndes Tier zurück, das dannganz besonders viel Aufmerksam-keit braucht.

Katzenkastrationen

Seit gut 25 Jahren beteiligt sich Pro-Tier mit sogenannten Kastrations-gutscheinen an der Kastration vonBauernhofkatzen. 2005 waren es 77Gutscheine (58 Kätzinnen und 19Kater). Dadurch konnte die Geburtvon schätzungsweise 450 Katzen-welpen verhindert werden. Nochimmer finden es viele Bauern, aberauch Private nicht für nötig, denmeist unerwünschten Katzennach-wuchs zu verhindern. Man wohnedirekt an der Strasse, da regle sichder Bestand von selbst, oder derFuchs hole sich hin und wieder eineKatze, sind nur zwei der Argumen-te, warum man das Geld für dieKastration sparen will.

ProTier – praktischerTierschutz

Auch im Berichtsjahr bewältigteunser kleines Team neben der Ar-beit auf der Geschäftstelle zahlrei-che praktische Einsätze. Darunterdie Kontrolle diverser Kleintierhal-tungen. Meist konnten die Mängeldurch ein klärendes Gespräch be-hoben werden. Die Meldung übereine Mutterkuh, die mit ihrem Kalbbei grosser Sommerhitze ohneWasser und völlig abgemagert aufeiner Wiese stehe, erwies sich zumGlück als weniger dramatisch alsgeschildert. Die Weide war riesig,mit diversen Schattenplätzen. DieKuh war normalgewichtig. Einzigdie Wasserwanne war leer.Ein Augenschein mit dem Bauernergab, dass die Wanne ein Leckhatte und das Wasser wohl jedenMorgen aufgefüllt wurde, abernicht bis zum Abend hielt. Der Scha-den wurde behoben.Auch in diesem Jahr betreute un-sere Mitarbeiterin Chantal Fluri inZusammenarbeit mit der Fachstel-le Natur des Kanton Zürich in derZeit der Amphibienwanderungenim Zürcher Unterland die entlangden Schutzäunen aufgestellen Ei-

mer. Jeden Abend entfernte sie dieDeckel der Eimer, damit die Tierehineinkriechen konnten. Am Mor-gen trug sie die Amphibien dannüber die Strasse.

Die zahlreichen Beratungsge-spräche über Tierhaltung oder Pro-bleme mit Haustieren brauchen vielZeit und oft auch Geduld.

Leider kam es auch in diesemJahr wieder zu Anschwärzungenvon Nachbarn oder getrenntenPartnern. Es ist traurig, dass immerwieder Leute den Tierschutz dafürmissbrauchen, ihren Mitmenscheneins auszuwischen.

Tschechien

Die von ProTier finanziell unterstütz-te Tierschutzorganisation SvobodaZvírat konnte im Herbst in Prag einInfo-Zentrum für Tierschutz eröff-nen. Auch ihre Antipelzkampagneläuft immer noch. Ende Sommerwurde die Organisation Mitglied der«European Coalition to End AnimalExperiments» (ECEAE). Es ist unsein grosses Anliegen, unsere tsche-chischen Freunde auch im kommen-den Jahr zu unterstützen, damit sieihre wertvolle Aufklärungsarbeitfortführen können.

International Bear-Foundation (IBF)

Nach seinem Weggang bei Alertishat der Bärenexperte Gerard Baarsmit weiteren Fachleuten eine eige-ne Organisation gegründet, die ver-wirrenderweise International Bear-Foundation heisst, wie vormalsAlertis. Er betreut u.a. eine Auf-fangstation für befreite Tanzbärenin Agra, Indien (ProTier Nr 2/06) so-wie ein Gemeinschaftsprojekt vonHolländern, Georgiern, Deutschenund Schweizern im Kaukasus. Ei-nerseits werden Strassenbären be-freit. Dabei handelt es sich meistum Jungtiere, deren Mütter er-schossen wurden, und die kleinenBären werden unter misslichen Be-dingungen in Hinterhöfen gehal-ten. Andererseits sollen die Geor-gier mit Hütehunden vertraut ge-macht werden, die ihre Schafe vorden Bären schützen (ProTier 3/06).Dank zahlreicher Spenden von Bä-renfreundinnen und -freunden un-ter unseren Mitgliedern können

wir diese Projekte finanziell unter-stützen.

Zum Schlussherzlichen Dank

an alle, die uns bei der Bewältigungunser Arbeit unterstützt haben.Ohne die gute Zusammenarbeit mitdem Tierheim Stolzboden wäre esuns schlicht nicht möglich, den Ver-zichts- und Findeltieren zu helfen.Es ist beruhigend zu wissen, dassunsere Schützlinge dort gut auf-gehoben sind. Doch ohne unsereMitglieder, SpenderInnen und Tier-patInnen wären all unsere Aktivitä-ten nicht möglich. Dankbar sind wirauch allen Verstorbenen, die uns alsErben eingesetzt oder mit einemLegat bedacht haben. Durch ihreZuwendungen werden wir im kom-menden Jahr wieder ganz und garunseren Aufgaben im Tierschutzgerecht werden können.

Rita Dubois

Geschäftsführerin

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Einladungzur

Generalversammlungam Mittwoch, 30. Mai 2007

im Saal des Restaurants Weisser WindOberdorfstrasse 20, 8001 Zürich

18.30 Uhr: offizieller Teil

Traktanden:1. Begrüssung

2. Bestimmung der Stimmenzähler3. Protokoll der Generalversammlung vom 17. Mai 2006

4. Jahresbericht 20065. Jahresrechnung 2006 und Revisorenbericht

6. Budget 20077. Festsetzung der Mitgliederbeiträge 2007

8. Wahlen Vorstand9. Varia

Apéro19.45 Uhr: zweiter Teil

Wer hat Angst vor dem «bösen» Wolf?Vortrag über die Rückkehr des Wolfes in die Schweiz

Zum Apéro und zum Vortrag sind auch Nichtmitgliederganz herzlich willkommen.

Eine persönliche Einladung mit Anmeldetalon folgt Anfang Mai.

ProTier

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Der Schweizer Vogelschutz(SVS) hat den Wendehals(Jynx torquilla) zum Vogel

des Jahres 2007 gekürt. Einst ertön-ten die Rufe des rindenfarbenenSpechtvogels überall im Lande ausHochstamm-Obstgärten, Auenwäl-dern, Feldgehölzen und Parkanla-gen. Nun ist der Wendehals seltengeworden. Mittlerweile sind diespechtartigen Lautäusserungen desVogels nur noch an wenigen Ortenzu hören. Der auf bodenbewoh-nende Ameisen und deren Larvenspezialisierte Specht ist auf lockereVegetation in extensiv bewirtschaf-teten Flächen angewiesen. Diezunehmende Zerstörung seinerLebensräume durch Überbauung,Ausräumung der Landschaften undIntensivierung der Landwirtschafthat die Bestände des Wendehalsesgrossflächig dezimiert. Zwischen1993 und 1996 wurden in derSchweiz noch rund 3000 Brutpaaregezählt – 22,2 Prozent weniger alsgegenüber der Zählung 1972 bis1976. Grund genug, dem Wende-hals mehr Aufmerksamkeit zu ver-schaffen und ihn zum Vogel desJahres 2007 zu küren. Nach demEisvogel im 2006 passt der Wende-hals gut zur SVS-Kampagne «Biodi-

Wendehals

versität – Vielfalt ist Reichtum», dienun ins zweite Jahr geht. In diesemJahr wolle man versuchen, landaufund landab Politiker für die Natur zu

sensibilisieren – und damit die Wei-chen zu stellen, damit auch derWendehals wieder häufiger anzu-treffen sein wird. Quelle: SDA ■

Ein Vermächtnisfür die Tiere

Bitte denken Sie bei der ErstellungIhres Testaments auch an ProTier.Sie helfen mit, dass wir uns auchin Zukunft effizient für die Tiere

einsetzen können.

Für Auskünfte und Beratung steht Ihnenunsere Geschäftsführerin,

Rita Dubois, gerne zur Verfügung.

Vogel des Jahres

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VON HANS PETER ROTH

Der im Februar veröffentlich-te Uno-Klimabericht lässtkeine Zweifel mehr offen:

Verantwortlich für die im Vergleichzu den letzten 1300 Jahren «bei-spiellose» Klimaveränderung istder Mensch. Treibhausgase, die aufmenschliche Aktivitäten zurückzu-führen sind, heizen die Atmosphä-re auf. Die Veränderungen in derAtmosphäre und den Weltmeerensowie der Verlust von Packeis sei-en ohne äussere Einwirkung prak-tisch nicht zu erklären, heisst es imUno-Bericht.

Im letzten Bericht vor sechs Jah-ren gingen die Autoren erst miteiner Wahrscheinlichkeit von min-destens 66 Prozent davon aus, derKlimawandel sei menschenverur-sacht. Heute erwarten die Wissen-schaftler unisono einen Anstieg derTemperaturen und des Meeresspie-gels sowie eine Zunahme schwererWetterereignisse. Sie prognostizie-ren je nach Szenario einen Tempe-raturanstieg zwischen 1,1 und 6,4Grad bis zum Ende des 21. Jahrhun-derts.

Mücken zu Advent

«Vorsicht, Adventskerzen könntenStechmücken anlocken!» So witzel-te die Tageszeitung «Blick» letztenDezember. In Sachen Klimawandel

hat der zu Ende gehende Winter mitseinen Wetterkapriolen Anschau-ungsunterricht erteilt. Tatsächlichflogen die Plagegeister nach demwärmsten Herbst seit Menschenge-denken auch noch zu Advent. Dar-auf folgte der mildeste je gemesse-ne Januar. Welche Konsequenzenhat der warme Winter für die Tie-re? Was bedeutet die Klimaerwär-mung für die Tierwelt?

Bleiben wir bei den Blutsaugern:Bei wenig Schnee und Frost habenwohl auch viele Zecken diesen Win-ter überlebt. «Hat ein Winter nichtmindestens eine Kälteperiode vonmehreren Wochen, muss man mit

einer Plage rechnen», meint Nor-bert Satz, Spezialist für Zecken-Er-krankungen. So müssen sich Tierund Mensch heuer wohl auf beson-ders viele Zecken gefasst machen.Sollte auf den milden Winter nunauch noch ein heisser, trockenerSommer folgen, profitieren weite-re Schmarotzer: der Borkenkäferetwa. Vom zu warmen Klima ge-schwächte, ausgetrocknete Nadel-hölzer können dem Insekt nicht trot-zen. Der Borkenkäfer vermehrt sichwie noch nie. Ein Teufelskreis mitverheerenden Folgen für unsereWälder, auch wenn der Käfer an-sonsten eine sinnvolle «Waldpoli-zei» der Natur ist.

Neue Gäste

Wenn es bei uns so warm ist, könn-ten bald neue Gäste aus dem Sü-den eintreffen. Zum Beispiel dasGrauhörnchen als Zuwanderer ausItalien. Es ist grösser und stärker alsunser einheimisches Eichhörnchenund könnte dieses verdrängen.

Klare Profiteure des milden Win-ters sind aber auch einheimischeHuftiere wie Gämsen, Steinböcke,Rehe und Hirsche. «Für sie war dieungewöhnlich warme Witterunggeradezu paradiesisch, weil es kei-nen Futtermangel gab», sagt Biolo-ge Klaus Robin aus Uznach, der alsDozent an der Hochschule Wädens-wil tätig ist. Mit ihrem nur wenig

Tiere und Klimawandel

Von der Eiszeitin die Heiss-ZeitDer Klimawandel bedroht viele Tiere. Dies hat der vergangenemilde Winter eindringlich gezeigt. Besonders gefährdet sindTierarten, die nicht in kältere Regionen ausweichen können.Es gibt aber auch tierische «Profiteure».

Polargebiete

Jagdgründe lösen sich im Meer aufNicht nur die Schweiz ist gemäss Messreihen und Prognosen überdurchschnitt-lich stark von der Klimaerwärmung betroffen. Dasselbe gilt noch ausgepräg-ter für die Polargebiete. Camille Parmesan von der University of Texas nenntetwa die auf Eis angewiesenen Kaiserpinguine. Sie sind an den nördlichstenStellen ihres Verbreitungsgebietes fast vollständig verschwunden, weil siesich in kältere Zonen der Südpolarregion zurückziehen. «Auf der westlichenAntarktischen Halbinsel schrumpfte ihre Population von 300 auf nur noch9 Brutpaare», sagt die Forscherin.Ein anderes Beispiel gibt der bildstarke Dokumentarfilm «Der weisse Planet»,der diesen Winter in den Schweizer Kinos lief. Der Film zeigt unter anderemeinen Eisbär auf Futtersuche, der schwimmend nach einer Eisscholle sucht,die ihn zu tragen vermag. «Der Bär, ein Herrscher, dessen Reich sich im Meerauflöst», heisst es zur jährlichen Schneeschmelze des Packeises. Das Bilderinnert an Mahnungen, in denen von Tieren berichtet wird, die aus Erschöp-fung ertrunken seien. (hpr)

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abgebauten Fettpolster können sienun ohne Problem späte Winter-einbrüche verkraften und gehenwohl eher übergewichtig in dieSommersaison. Einen Nachteil be-deutet mildes Winterwetter hin-gegen für die genetische Robust-heit des Wildes. Schwächere Tierewerden nicht durch natürlicheSelektion ausgemerzt. Überpopula-tion, Degeneration und Krankheitendrohen.

Wärme und viel Schnee

Für die Mehrheit der einheimischenTiere bergen warme Winter und dieKlimaveränderung Nachteile undTücken. Denn Experten sagen vor-aus, dass der Schneefall unbere-chenbarer werden wird. Auch imFrühling können plötzlich grosseMengen Schnee fallen, wie die letz-ten Jahre bereits deutlich zeigt ha-ben. Für die Murmeltiere ist genaudiese Kombination verheerend. Istes im Winter mild, wachen die Tie-re früher auf. Kommen dann plötz-lich doch noch Schnee und Kälte,verhungern sie, weil sie nichts mehrzu fressen finden.

Ähnliches gilt für Igel oder Fle-dermäuse, die zeitweise auch die-

sen Januar putzmunter zu beobach-ten waren. Das Problem: Sie ver-brennen auf ihren Ausflügen ihreEnergiereserven, finden aber nichtgenügend Nahrung in Form vonInsekten, um den Energieverlust zudecken. Folgt dann eine harte Frost-periode, droht der Erfrierungstod.Auch Schmetterlinge wie der KleineFuchs wurden aus der Winterruhegerissen. Doch die Nahrung fehlte,weil kaum Blumen blühten. In ge-wissen Regionen machten sich so-gar die Grasfrösche auf die Wande-rung zu den Laichplätzen. JederWintereinbruch wäre tödlich fürden Nachwuchs. Glücklicherweiseverharrte die Mehrheit der Fröscheaber doch etwa gleich lange wieüblich in der Winterruhe. Für dieschlafenden Wespenköniginnenwiederum drohen bei Wärme undRegen im Winter andere Gefahren,Schimmelpilze können sie dahin-raffen.

Tiere als Zeiger

«Tiere und Pflanzen sind hervorra-gende Anzeiger für klimatische Ver-änderungen», betont Biologe KlausRobin. Während die einen mit demKlimawandel neu zuwandern, flie-

hen andere vor der Wärme in käl-tere Regionen oder höher gelege-ne Gebiete. Im Nationalpark etwahaben drei Schmetterlingsarten ihrVerbreitungsgebiet um 500 Meterhöher Richtung Berggipfel ver-schoben.

Problematisch ist es für jene Tie-re, die der Wärme nicht entfliehenkönnen. Dem Sandfelchen machtedas ungewöhnlich warme Wasserin den winterlichen Seen zu schaf-fen. Der Edelfisch laicht im Uferbe-reich in einer Tiefe zwischen einein-halb und drei Metern. «Wenn dasWasser nicht kälter wird, entwi-ckeln sich die Fischeier schneller.Die Felchenbrütlinge könnten so zufrüh schlüpfen.» So äusserte ArnoFilli, Fischereiaufseher des KantonsZürich, seine Befürchtungen imJanuar gegenüber der «ZürichseeZeitung». Kommt es dann zu einemKälteeinbruch, droht der Hunger-tod – mangels Plankton im See.Normalerweise schlüpfen die Fel-chen im März.

Besonders stark betroffen vonder Klimaerwärmung sind nicht nurauf Berggipfeln lebende Spezies,sondern auch jene an den Polen.Sie können nicht in kältere Gebieteausweichen. ■

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Düstere Zukunftsvision:

Eisbären verlieren ihren

natürlichen Lebensraum.

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Auch den Eisbären in Alas-ka setzt die Klimaerwär-mung ziemlich stark zu.

Nach jüngsten Berichten der USGeological Survey (USGS) gebärenweibliche Eisbären zunehmend anLand. Dieses Verhalten sei, so dieForscher, atypisch, denn die Bärenbevorzugen vornehmlich Eisschol-len, um die Jungtiere zur Welt zubringen. Die Ausdünnung des Eiseshat es nun allerdings erforderlichgemacht, sich nach neuen Geburts-plätzen umzusehen.

Von 1985 bis 1994 haben 62 Pro-zent der Bären ihre Jungen auf Eis-schollen zur Welt gebracht; im Ver-gleich dazu fiel diese Zahl zwischen1998 und 2004 auf nur noch 37 Pro-zent. Ein weiterer Grund, warumdie Eisbären ihre Jungen an Landzur Welt bringen, könnte auch dar-

Alaska-Eisbären verändern Geburtsverhalten

Klimaerwärmung machtden weissen Bären dasLeben schwer

in liegen, dass die Entfernung zumFestland auf den Eisschollen im-mer grösser wird. Obwohl die Bä-ren gute Schwimmer sind, müssendie Tiere nun weitere Strecken imoffenen Meer zurücklegen. «DieseGründe haben wohl dazu geführt,dass die Bären in der Zwischenzeitihr Verhalten geändert haben»,meint der Biologe Anthony Fisch-bach von der USGS. Während dervergangenen Jahre konnten For-scher feststellen, dass sich dasPackeis wesentlich später bildeteund auch früher wieder schmolz.Die insgesamt auf rund 1500 Tieregeschätzte Population in der Beau-fortsee wird vom Geological Sur-vey beobachtet. 89 Tiere tragenSatelliten-Sender, mit der die For-scher ihre Bewegungen überprü-fen können.

Doch nicht nur für die Eisbärenkommen frostige Zeiten, sondernauch für die arktischen Wasservö-gel: Laut einer Untersuchung derUSGS hat die Zahl von 30 verschie-denen Vogelarten im Nordosten derUSA und im Südosten Kanadaszwischen 1980 und 2000 dramatischabgenommen – und zwar um 36Prozent. Offensichtlich haben dieTiere neue Regionen zum Brütenausgewählt und auch ihre Wander-routen geändert. Ähnliche Untersu-chungsergebnisse gebe es nämlichauch aus anderen Regionen, berich-tet die USGS. Im Vergleich dazuhaben Studien solcher Wasservö-gel im Mittleren Westen der USAkeine nennenswerten Veränderun-gen gezeigt. Die spezifische Grup-pe der Regenpfeiferartigen, der Ord-nung Charadriiformes, weist vielfäl-tige Anpassungen auf, so dass siesowohl auf trockenem Boden alsauch auf der Hochsee auftritt. DieTiere haben mittellange Watbeineohne Schwimmhäute sowie einenStocherschnabel mit Schnabelge-lenk und leben als Bodenbrüter inFeuchtgebieten, im Flachwasserund Flachmooren. Die Vögel habenbei den Ökologen eine besondereBedeutung, da sie weite Wanderun-gen durchführen und in Feuchtbio-topen leben.Quelle: Pressetext Austria ■

Aussender: pressetext.austriaRedaktor: Wolfgang WeitlanerE-Mail: [email protected]. +43-1-811 40-307

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Artenvielfalt

Landschafts-schutz ist auchTierschutzEin frei stehender Baum, der gefällt wird, eine Heckenrodung,ein paar Obstbäume weniger. Die Verarmung unserer Land-schaft vollzieht sich unspektakulär. Doch betroffen von derVerödung sind auch Tiere und die Artenvielfalt.

VON HANS PETER ROTH

Beispiel Nummer eins: derüber 100-jährige, geschütz-te Hickorybaum vom Lim-

pachtal. Im Kanton Bern ist er in derfreien Natur einzigartig, in derSchweiz gibt es nur wenige Exem-plare.Trotzdem ist er im letzten Jahrgefällt worden. Das Problem: Nacheiner Landumlegung stand derBaum nicht mehr am Rand einerParzelle, sondern mitten im Acker-land eines Gemüsebauern. DerBaum werfe viel Schatten und ent-ziehe dem Boden Wasser, er be-fürchte deshalb Ertragsausfälle. DerBauer bekam Recht. Dem Baumwurde der Schutzstatus entzogen.

Beispiel Nummer Zwei: Eine überhundert Jahre alte und 20 Meterhohe Eiche bei Schwarzenburg istebenfalls im Februar 2006 gefälltworden. Der Landbesitzer hatte Haft-pflichtfragen befürchtet. Eine Grup-pe von gut 15 Anwohnern holte einGutachten ein. Das Ergebnis: Der

Baum war gesund, ein Stammbruchunwahrscheinlich. Die Anwohnerwären bereit gewesen, einen Pfle-geschnitt mitzubezahlen. Das Enga-gement half nichts: Der nicht ge-schützte Baum wurde gefällt.

Lange Liste

Die Liste liesse sich beliebig ver-längern. Noch immer wird in derSchweiz jede Sekunde rund einQuadratmeter Grünfläche verbaut.Vor allem auch im schweizerischenAlpenraum werden nach wie vorviele frei stehende Einzelbäume,Feldgehölze und Hecken entfernt.Gewisse Experten sprechen voneiner eigentlichen «Mittellandisie-rung» der einst kleinräumigen,vielgestaltigen und artenreichenKulturlandschaft der Berge.

Doch was bedeutet die weitervoranschreitende Zerstückelung,Ausräumung und Verödung unse-rer Landschaften für die Tiere? DieArtenvielfalt? Den Fortbestand be-drohter Tiere? Dr. Martin K. Obrist,Zoologe bei der SchweizerischenForschungsanstalt für Wald, Schneeund Landschaft, gibt Auskunft aufdrei Grundfragen.

Welche Konsequenzen hat eine

ausgeräumte Landschaft für wild-

lebende und domestizierte Tiere?

Martin Obrist: Eine hohe Vielfaltvon Lebensraumtypen und Klein-strukturen schafft Lebensräume füreine hohe Anzahl an Pflanzen- und

Vergleich vorher-nachher:

Die Trockensteinmauer und die

Gehölze, die vorher vielen Tieren

eine Nische zum Leben boten,

sind einem sterilen Betonkorsett

gewichen. Platz zum Leben bleibt

da kaum noch.

Ausgeräumte Agrarwüste. Hier kann

kaum ein Vogel, kaum ein Insekt

mehr überleben. Ausser «Schädlin-

ge», die dann gleich in Massen

auftreten und vermeintlichen Giftein-

satz nötig machen. Ein Teufelskreis.

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Tierarten, die sich im Verlauf ihrerEntwicklungsgeschichte an be-stimmte Lebensraumcharakteristi-ka angepasst haben. Dabei profitie-ren unterschiedlichste Organismenin der Nahrungskette, von Produ-zenten über Konsumenten, Bestäu-ber oder Räuber bis zu abbauendenOrganismen. Verliert eine Land-schaft spezielle Nischen, verarmtsie an spezialisierten Arten.

Wenn aber diese Trittsteine zuselten sind oder ganz verschwin-den, verschwinden auch die daraufangewiesenen Arten. Wie die Land-schaft an Vielfalt der sichtbarenLebensraumtypen verarmt, verarmtsie auch an den meist deutlichweniger gut sichtbaren Arten. We-niger anspruchsvolle Arten könnenin der ausgeräumten Landschaft alsKulturfolger aber durchaus auchprofitieren. Aber generell tritt eineBanalisierung der Flora und Faunaein. Wenige Arten dominieren. Beieinigen Arten, zum Beispiel Insek-ten, können wir dann etwa eine«Schädlingsplage» beobachten –und reagieren dann oft mit demEinsatz von Chemie.

Vielfältige Lebensräume mit ho-hen Artenzahlen, inklusive einergrösseren Vielfalt an regulierenden

Räubern, können nach solchen aus-serordentlichen Ereignissen effizien-ter wieder «ins Lot» kommen alsverarmte Landschaften. Der Fach-mann spricht von einer erhöhtenResilienz der Standorte mit höhererVielfalt. Mit dem Ausräumen derLandschaft einher geht in aller Re-gel auch ein stärkerer Düngereintragin die effizienter bewirtschaftbareLandschaft. Darunter leiden etwaanspruchsvollere Pflanzenarten, diebeispielsweise nährstoffarme Bödenbrauchen. Sie werden verdrängtdurch anspruchslosere Arten.

Vom Menschen domestizierteNutztiere und -pflanzen werden zu-nehmend von wenigen Arten domi-niert, die den Markt- und Produkti-onsanforderungen entsprechen.Abgesehen davon, dass etwa Hoch-stammobstbäume auf Weiden so-wohl Schatten spenden wie auchals Kratzgelegenheit dienen kön-nen, werden diese wenigen Nutz-arten auch in einer ausgeräumtenLandschaft weiter gedeihen. Vor-stellbar ist aber, dass im Sinne ei-ner artgerechten Tierhaltung aucheine artgerecht vielfältige Ernäh-rung, also etwa Weidegründe reichan Kräutern anstatt nur einer SorteGras und Löwenzahn, den Nutztie-

ren zu besserer Gesundheit odermehr Abwehrkraft verhilft.

Ausserdem wissen wir nicht,welche Anforderungen die Zukunftan unsere Nahrungsproduktion stel-len wird. Im Interesse unserer eige-nen Versorgungssicherheit solltenwir daher eine genetische Vielfaltauch hier bewahren. SpeziellerePflanzensorten, die etwa mit gerin-geren Nährstoffansprüchen aus-kommen, oder Tierrassen, die zumBeispiel in steilerem Gelände be-weglich sind, verschwinden aberzusehends und werden oft nur nochdurch Organisationen wie «Pro Spe-cie Rara» vor dem Aussterben be-wahrt. Diese Urformen der Zucht-arten sind heute teilweise auch wie-der gefragt, weil sie oft krankheits-resistenter sind und aufgrund derRobusthaltung weniger tierärztlichePflege benötigen.

Wie wirkt sich die vom

Menschen verursachte Land-

schaftsverarmung konkret auf

die Tier- und Artenvielfalt aus?

Martin Obrist: Hecken, stufige Wald-ränder und deren Krautsäumesind Zentren der Artenvielfalt. DieGründe sind vielfältig, etwa diegrosse Strukturvielfalt, das gemäs-sigte Mikroklima oder der Standortam Übergang zwischen dunklem,feucht-kühlem Wald und hellem,trocken-warmem Landwirtschafts-gebiet. Fast 2 /3 der Insekten- undSpinnenarten brauchen zum Über-leben solche naturnahen Struktu-ren, wie etwa auch grün bleibendeAckerrandstreifen, Buntbrachen,Trocken- oder Feuchtgebiete.

Einige Arten sind nur zeitweisezum Überwintern oder in einer ihrerEntwicklungsphasen gehäuft hier zufinden, oder sie nutzen wie viele Vo-gelarten zum Beispiel Hecken alsBrut- oder Schlafplatz. Andere ver-bringen ihr ganzes Dasein an sol-chen Landschaftselementen, etwaRäuber, wie Insekten oder Vögel,oder auch Bestäuber, die sich vonhier aus in die Agrarlandschaft vor-wagen und dort eine willkommeneFunktion erfüllen. Verschwindensolche Strukturen und damit diebeherbergten Arten, hinterlassen siealso auch eine funktionelle Lücke.

Die Zauneidechse: Bedrohter Lebensraum im Schweizer Mittelland.

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Werden freistehende Obstbäu-me entfernt, verschwindet eines-teils vieles in der Nahrungskette,beispielsweise bestäubende Wild-bienen, Hornissen, die diese jagen.Oder Vogelarten wie der Rotkopf-würger, der gemäss der Roten Lis-te der gefährdeten Tierarten vomAussterben bedroht ist. Mit demkleiner werdenden Nistangebot ver-schwindet auch das reiche Nah-rungsangebot für Vögel.

Auch Fledermäuse profitierenals heimliche Nachtjäger vom Nah-rungsangebot um Bäume. SelteneArten wie die Kleine Hufeisennasenutzen diese Bäume aber auch fürZwischenstopps auf ihrem vernetz-ten Weg vom Tagesquartier in länd-lichen Dachstöcken zu ihrem bevor-zugten Jagdraum, dem Wald oderWaldrand. Sie brauchen also dieStruktur selber als Leitlinie, ohnedie sie nicht durch das Kulturlandgelangen könnten.

In jüngster Zeit werden erfreu-licherweise wieder vermehrt ein-gedolte Kleingewässer geöffnet.Damit wird der Landschaft einst be-stehender Strukturreichtum zurück-gegeben in Form eines sehr pro-duktiven Lebensraumes für eineVielzahl von Wirbellosen und Am-phibien.

Wird in einer Kulturfläche wegen«Schädlingsbefall» gespritzt, er-reicht man meist den momentangewünschten Effekt, die Reduktionder Schädlinge. Gleichzeitig trifft diechemische Keule aber auch die gan-ze Palette der potenziellen Nützlin-ge. Und diese wiederum brauchenstets länger für die Erholung derIndividuenzahlen als die «Schädlin-

ge». Ausserdem entzieht die chemi-sche Keule auch das Nahrungsan-gebot für insektenfressende Vögelwie die Feldlerche. LangfristigereEffekte unter weniger Einsatz vonSpritzmitteln bringen die Durch-mischung der Kulturen und dieVerbreitung von Ackerrandstruk-turen, Extensivwiesen und Bunt-brachen.

Existieren Zahlen über den Arten-

schwund, beispielsweise in den

Agrarwüsten des Mittellandes?

Wie geht es Schmetterlingen,

Lerchen und Lurchen heute?

Martin Obrist: Für Säugetiere, Brut-vögel, Reptilien, Amphibien, Schne-cken und Muscheln, Fische sowiezehn Insektengruppen existierenRote Listen von 1994, die für jedeArt deren Gefährdungsgrad doku-mentieren. In den letzten Jahrenwurden die Roten Listen der Repti-lien und Amphibien und diejenigeder Brutvögel neu publiziert. Den-noch lassen sich damit keine aus-sagekräftigen Vergleiche zum Auf-finden von Trends anstellen.

Basierten die älteren Roten Lis-ten grösstenteils auf Expertenmei-nungen, werden die neuen nachinternational vergleichbaren Richt-linien erstellt. Wenn also 1994 noch95 Prozent aller Schweizer Am-phibienarten auf der Roten Listestanden, 2005 aber nur noch 70Prozent, kann das leider wegen un-terschiedlicher Methodiken nichtdirekt verglichen werden. Dem Al-pensalamander geht es im Tessinnicht besser, nur weil seine regio-nale Seltenheit heute kein Kriteri-um mehr für einen Eintrag in derRoten Liste ist. Zwischen zukünfti-gen Listen wird ein Vergleich abermöglich sein.

Generell ist in den letzten Jah-ren aber kaum eine Rote Liste wirk-lich kürzer geworden. Aktuell habenetwa 50 Prozent aller Tier- undPflanzenarten einen Eintrag in den

Roten Listen zwischen «potenziellgefährdet» und «bedroht». Die Be-deutung des menschlichen Einflus-ses auf die Gefährdung der Artenunterstreicht auch die Tatsache,dass Arten des Mittellandes allge-mein stärker bedroht sind als Vor-alpen- oder Gebirgsarten.

Neben dem fortschreitendenVerlust seltener Arten findet aberseit einigen Jahren auch ein Wan-del in der Landschaft statt: Nebender oben erwähnten Revitalisierungvon Gewässern, die auch aus Grün-

Die Kreuzotter: wegen der

ausgeräumten Landschaften und

zerschnittener Lebensräume im

Schweizer Mittelland bedroht

Im Schweizer Mittelland bedroht:

die Feldlerche

Zur PersonDer ZoologeMartin K. Obristarbeitet seit 1991als Wissenschaftli-cher Mitarbeiteran der Eidgenössi-

schen Forschungsanstalt fürWald, Schnee und Landschaft,WSL, in der Abteilung Biodiver-sität. Sein Arbeitsgebiet umfassthauptsächlich Messungen undBewertung der Biodiversität vonInsekten, Spinnen und Fledermäu-sen sowie die Entwicklung vonMethoden dazu. (hpr)

Websites mit Informationenzum Thema:www.wsl.chwww.nls.ethz.chwww.vogelwarte.chwww.cscf.chwww.sl-fp.chwww.fls-fsp.chwww.befreitewasser.ch/smaragdwww.pronatura.chwww.psrara.orgwww.ch-chm.chwww.biodiversity.ch

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den des Hochwasserschutzes an dieHand genommen wird, führen auchdie ändernde Ausrichtung und diefinanzielle Förderung der Landwirt-schaft nach vermehrt ökologischenKriterien zu einer leichten Besse-rung der Situation.

So finden sich auf ökologischenAusgleichsflächen von guter Qua-lität beispielsweise mehr Insekten-

arten. Und die seit 1991 in einerVersuchsregion bei Genf ansteigen-de Fläche der eingerichteten Bunt-brachen führte zu einem fast paral-lelen Anstieg der beobachtetenBrutreviere von Schwarzkehlchen,Dorngrasmücke, Grauammer undOrpheusspötter.

Das zeigt doch, dass es auchLichtblicke gibt im sonst eherentmutigenden «Artenpanorama».Neben den Roten Listen bestehendeshalb seit einiger Zeit auch BlaueListen. Sie verzeichnen im positivenSinne Rote-Liste-Arten, deren Vor-

kommen nachhaltig stabilisiertoder gefördert werden konnte. Beiden Vögeln stehen etwa Sperberund Habicht auf dieser Liste, da sichihre Bestände nach dem Verbotvon bestimmten Pestiziden erholthaben.

Der Neuntöter konnte durch An-pflanzungen von Hecken und land-wirtschaftliche Extensivierungs-Massnahmen sogar ganz aus derRoten Liste entlassen werden.Insgesamt haben es zwischen 1980und 1995 von 1885 betrachtetenTier- und Pflanzenarten, von denen939 auf der Roten Liste standen,immerhin 317 Arten, also ein Drittelder Rote-Liste-Arten, in die BlaueListe geschafft. Die Natur- und Um-weltschutzanstrengungen greifenalso, wenn sie wirklich konsequentumgesetzt werden. ■

Laut Pro Natura ist die Äsche ein eindrücklichesBeispiel dafür, was menschliche Eingriffe inFlüssen und Bächen anrichten können. Sie kam

früher in vielen Flüssen in der ganzen Schweiz vor,heute gilt sie als gefährdet. Der bevorzugte Lebens-raum des Fisches mit der auffälligen Rückenflosse, dersogenannten «Fahne», sind Flussabschnitte im Über-gang von den hügeligen Voralpen ins flacher werden-de Tiefland. In abwechslungsreichen Strecken mit zumTeil starker Strömung und im steinigen Untergrundfindet das Tier ideale Lebensbedingungen. Ihre Eierlegt die Äsche im Kies ab. Die zu Brütlingen heran-

Äsche istTier des Jahres

gereiften Jungtiere wachsen da-nach in den ruhigeren Uferzonenheran. Ausgewachsene Äschenschweben bevorzugt in starkerStrömung, von der sie sich Klein-krebse und Insektenlarven in denMund spülen lassen. Die Vielfalt anLebensräumen ist in den Schwei-zer Flüssen weitgehend gestört.Die zunehmende Verbauung derFlüsse, aber auch die Stromwirt-schaft sind Feind Nummer eins derÄsche. Ausgerechnet die «Äschen-regionen» sind auch für die Strom-produktion interessant. Stauwehresind oft unüberbrückbare Hinder-nisse und trennen ganze Äschen-populationen voneinander. Hinzukommt, dass sie die Strömungbremsen. Die Folgen: Schlammlagert sich ab, verstopft die kie-sige Sohle des Flusses und verun-

möglicht so die Eiablage. Ausserdem kann die Strom-produktion zu rasch und stark schwankenden Was-serständen führen. Wird beispielsweise unterhalbder Stauwehre mit einem Mal viel Wasser abgelassen,werden Eier und junge Äschen, aber natürlich auchandere Fische weggespült. Die Tiere, die den «Hoch-wasserspuk» überleben, landen meist auf dem Tro-ckenen, wo sie elend zu Grunde gehen. Nach Schät-zungen von Pro Natura fliessen in der Schweiz neunvon zehn Fliessgewässern nicht mehr natürlich. Siesind verbaut, kanalisiert oder gestaut.Quelle: ProNatura ■

Auch der Neuntöter ist wegen der

ausgeräumten Landschaften und

zerschnittenen Lebensräume im

Schweizer Mittelland bedroht.

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Agro-BiodiversitätBedrohte Schweizer Nutztierrassen

Skudden sind sehr aufmerksa-me, lebhafte und tempera-mentvolle Tiere. Ihr Verhalten

weist einige Ähnlichkeiten auf mitdemjenigen der Wildschafe. Auffal-lend sind die Verspieltheit, der aus-geprägte Herdentrieb, das mütterli-che Instinktverhalten und der Be-schützertrieb der Widder. Bei regel-mässigem Menschenkontakt wer-den die Tiere zutraulich. Nie nachLeistungen selektioniert, sind sie ro-bust und vital wie vor 1000 Jahren.

Skudden sind auf extensives Fut-ter «programmiert» und fressenauch Rinden und Laub. Die Tieresind «kleinrahmig». Das Gewicht derWidder liegt zwischen 35 und 50, dasder Mutterschafe zwischen 25 und35 Kilo. Unanfällige Klauen undproblemlose Geburten zeichnen dieRasse aus. Die rassetypische Misch-wolle setzt sich aus sehr feinen Woll-fasern, durchsetzt mit groben Kurz-haaren, und dem deckenden Lang-haar zusammen. Sie ist wertvoll undkann zu speziellen Wollstoffen(Tweed), Decken und Bettwaren ver-arbeitet werden. Auch zum Filzeneignet sie sich hervorragend. Wereinen dichten und gut strukturier-ten Filz in attraktiven Naturfarbtö-nen herstellen will, bevorzugt Skud-denwolle. Darum ist diese in Filz-ateliers äusserst beliebt. Die unge-waschene Schurwolle wird nicht nurverfilzt, sondern auch als Heilmit-tel bei verschiedenen Leiden in Formvon Wollwickeln eingesetzt.

Die ursprüngliche Heimat desSkuddenschafs waren Ostpreus-sen/Masuren, das Memelland, diekurische Nehrung und Litauen.Während hier 1936 noch 3600reinrassige Tiere gezählt wurden,wirkte sich die Kriegszeit vernich-tend auf die Bestände aus. Heute istes in seinem Ursprungsgebiet aus-gestorben. Dort musste es widrigenWetterbedingungen trotzen: Kältevon minus 20 bis 30 Grad im Win-ter und Überschwemmungen deskargen, sandigen Weidelandes imFrühling und Herbst. Die Vegetationihrer Heimat besteht aus Heide-kraut, grauem Steppengras, Birken,Kiefern und im Herbst aus kilome-terweiten Stoppelfeldern. DiesemNahrungsangebot haben sich dieSkudden angepasst.

Skudden weisen verblüffendeÄhnlichkeiten mit den keltischenSchafen auf, wie archäologischeFunde zeigen. In diesem Sinne sindsie also europäische Urschafe.Doch nur in den rauen, abgelege-nen Gebieten Nordosteuropas be-hielten die Skudden ihre ursprüng-liche Form bei. Glücklicherweisehaben aber einige Exemplare denWeg in den Westen gefunden.Durch den Einsatz engagierterZüchter in Deutschland und in derSchweiz konnte das Skuddenschafbis heute erhalten werden. Von dendrei Farbschlägen, weiss, braunund schwarz sind die beiden Letz-teren seltener. Nebst den Schwei-zer Tieren, die über das ganze Landverteilt sind, gibt es heute nochBestände in Deutschland und denBeneluxländern. (hpr) ■

Mehr Infos: Verband SchweizerSkuddenzüchter (VSSZ),www.skudden.ch.Dieser Beitrag wurde in Zusam-menarbeit mit ProSpecieRara, derSchweizerischen Stiftung für diekulturhistorische und genetischeVielfalt von Tieren und Pflanzen,realisiert. ProSpecieRara setzt sichseit 1982 für die Rettung und denErhalt der Vielfalt der Nutztiereund Kulturpflanzen ein – für unsergenetisches wie kulturelles Erbe.Siehe auch www.ProSpecieRara.ch.

DasSkuddenschaf

Sie sind die europäischen Ur-schafe: die zierlichen, robustenund eher scheuen Skuddenscha-fe. Die kleinen, kurzschwänzigenHeidelandschafe eignen sich dankihrer Anspruchslosigkeit gut zurBeweidung von Magerstandorten.

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So können Sie helfen

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Tiere im OstenFinanzielle Unterstützung von Aufklärungskampagnender Organisation Svoboda Zvírat in Pilsen (CZ).

BärenWir unterstützen die Projekte der «International BearFoundation» (IBF) in Indien und Georgien.

Adria-DelfineFinanzielle Unterstützung zur Rettung der letztenTümmler in der Adria vor Kroatien.

FindeltiereAufnahme, medizinische Versorgung und Vermittlungvon Hunden und Katzen.

KatzenkastrationenAbgabe von Kastrationsgutscheinen zur Unterbin-dung sinnloser Katzenvermehrung, speziell aufBauernhöfen.

Sie wollen eines oder mehreredieser Projekte und Kampagnenfinanziell unterstützen? Verwen-den Sie bitte beiliegenden Einzah-lungsschein mit dem Vermerk derentsprechenden Aktion.

Sie können natürlich auch onlinespenden unter www.protier.ch

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ChamäleonWenig erforschte Zeugen aus der Saurierzeit

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In den letzten sechs Jahren habeich Ihnen an dieser Stelle ver-schiedene Chamäleonarten mit

Text, Zeichnungen und Fotos vor-gestellt. In den kommenden Ausga-ben fasse ich nochmals die wich-tigsten Informationen zusammen.

Das natürliche Verbreitungs-gebiet der Chamäleons ist die AlteWelt, also Europa, Asien und Afri-ka. Sie fehlen hingegen vollständigin Nord- und Südamerika sowie inAustralien. Ausgerissene Terrarien-tiere halten sich aber als stabilePopulationen zum Beispiel in Caro-lina (USA). Auch auf Hawaii lebenseit langer Zeit ausgesetzte Ch. jack-sonii.

In Grösse und Aussehen sindChamäleons ebenso unterschied-lich wie die Mitglieder andererEchsenfamilien: Calumma oustaleti(madegassisches Riesenchamäle-on) oder Calumma parsonii errei-chen Längen bis zu 80 cm. Das inTerraristikkreisen wohlbekannte Je-menchamäleon (Ch. calyptratus)kann immerhin bis 50 cm lang wer-den (gemessen von der Schnauzen-bis zur Schwanzspitze). Das scheintauf den ersten Blick riesig. Manmuss jedoch bedenken, dass davon

50 Prozent auf denSchwanz entfallen,somit relativiert sichdas wieder. Eines derkleinsten echten Cha-mäleons ist Calummanasuta. Mit einer Ge-samtlänge von 8 bis9 cm ist es in der Na-tur schwer ausfindigzu machen.

Wahre Zwerge hin-gegen sind die meisten Stummel-schwanzchamäleons. Die GattungBrookesia lebt auf Madagaskar, dieGattung Rhampholeon umfasst dieafrikanischen Festlandtiere. Diegrössten Stummelschwänze kön-nen zwar auch bis 10 cm lang wer-den. Das kleinste, Brookesia mini-ma, erreicht hingegen höchstens 3bis 3,5 cm. Diese Tiere sind in ih-rem Habitat (Lebensraum) kaum zuentdecken. Wenn man sich ihnennähert, verfallen sie oft in Akinese.Das heisst, sie stellen sich tot undschliessen zum vermeintlich totalenSchutz sogar noch die Augen. In die-ser perfekten Tarnung sind sie zwi-schen Blättern und Ästchen optischvöllig aufgelöst. Der beste Schutzaller Chamäleons sind jedoch zwei-felsfrei ihre Tarn-Grundfärbung undihr ruhiges Wesen. Bei Gefahr be-geben sich zudem viele Tiere, vomBetrachter (Feind) aus gesehen, auf

Wissenschaftliche Einordnung

Familie: Chamaeleontidae (Chamäleons)Unterfamilie: Chamaeleoninae (echte Chamäleons)Gattung: Bradypodion, Calumma, Chamaeleo und Furcifer

Unterfamilie: Brookesiinae (Stummelschwanz- und Erdchamäleons)Gattungen: Brookesia und Rhampholeon

die Hinterseite eines Astes. So siehtman meist nur die Vorderseite ihrerZehen und einen Teil des Schwan-zes, der zum fünften Greiforgan wei-terentwickelt ist. Werden sie trotz-dem entdeckt, gehen sie in die Of-fensive, machen sich gross und fau-chen laut. Andere wiederum beis-sen heftig zu oder lassen sich zuBoden fallen. Es ist erstaunlich, wieflink und mit welcher Geschwindig-keit die sonst eher trägen Chamä-leons dann im Dickicht verschwin-den. Ein weiterer guter Schutz istihre «Rundumsicht». Ohne den Kopfzu bewegen, können sie dank denunabhängig voneinander beweg-lichen Augen alles sehen, was umsie herum passiert. Chamäleonshaben sozusagen den «perfektenÜberblick».

Bis zum nächsten MalIhr R.A. Attinger

Die rot markierten Flächen zeigen

das Sichtfeld des Chamäleons

Liebe Leserin,lieber Leser

Chamaeleo melleri

(Tansania)

Chamaeleo hoenelii

(Kenya, Tansania)

Bradypodion uthmoelleri

(N’goronggoro-Krater

in Tansania)

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BuchbesprechungenGute-Nacht-Geschichten16 Gute-Nacht-Geschichten für hellwache Kinder. Alle sindsie verschieden, eines aber haben sie gemeinsam, sie han-deln von Hunden: von jungen, stürmischen Ungeheuern, aberauch von alten und kranken Geschöpfen, von wilden Kerlenund heimatlosen Vagabunden. Vielen begegnet man mehr-mals, weil sie sich in der kleine Stadt über den Weg laufenund weil sie Freunde sind. Die Hunde-Geschichten sind mitviel Liebe und Feingefühl erzählt. Und für die, die immernoch nicht müde sind, hält jede Geschichte am Schluss nochetwas Besonderes bereit: sei es ein Abzählreim, ein Zahlen-rätsel, Denkanstösse zu Alltagssituationen und anderes mehr.So, nun ist aber definitiv Zeit, zu schlafen und von Abenteu-

ern mit Vierbeinern zu träumen.Ein Buch nicht nur, aber vor allemfür Tierfreunde.

Marianne Gertsch-Schoch«Warten, bis der Monderwacht»96 Seiten, PappbandCHF 24.80ISBN 3-85654-156-XLicorne-Verlag, Markus F.Rubli, Ryf 54, 3280 MurtenTel. 026 670 21 50Fax 026 670 33 91E-Mail: [email protected]

Oder erhältlich portofrei und handsigniert beiMarianne Gertsch-Schoch, Elfenweg 12, 3400 BurghofTel. 034 422 69 92, E-Mail: [email protected]

Homöopathiefür HundeEin gutes Gefühl: Man kann sofort etwas tun, wenn der Hundkrank ist. Die homöopathische Hausapotheke ist eine Voraus-setzung dafür, die richtige Wahl des Mittels und die Dosierungsind weitere. Hilke Marx-Holena hat einen Ratgeber geschrie-ben, der die Suche leicht macht: «Homöopathie für Hunde»vereint alles Wissenswerte und ist trotzdem handlich undübersichtlich. Zunächst gibt die Autorin Grundlagenwissenan die Hand: Ursprung und Wirkungsweise dieser Methode,was die Begriffe Ähnlichkeitsregel, Potenzierung und Erst-reaktion bedeuten und was es mit der Dosierung und denDarreichungsformen auf sich hat. Im zweiten Schritt werdendie Notfall- und die Hausapotheke bestückt, und schon geht

es um die Diagnose. Dafür istgenaues Beobachten angesagt– egal ob es um einen Schnup-fen oder eine Kehlkopfentzün-dung geht. Denn neben derUrsache und den Symptomensind die Bedingungen wichtig,unter denen es dem Hund bes-ser oder schlechter geht. Istder Schnupfen eitrig oder wäss-rig? Wird er im Warmen oderim Freien besser? Den Erken-nungszeichen einer Krankheitsind jeweils mehrere Arzneienzugeordnet. Sie stehen für spe-

zielle Symptome und sind mit genauen Angaben zu Potenzund Dosierung versehen. Geordnet sind die Krankheiten nachAugen und Ohren, Atemwegen, Herz-Blutkreislauf, Ver-dauungstrakt, Harnwegen und Geschlechtsorganen sowieBewegungsapparat, Haut und Verhalten. Darum hilft «Ho-möopathie für Hunde» nicht nur der scheinträchtigen Hün-din, sondern auch dem Senior mit Rheuma, dem Rüden mitMundgeruch, dem fiebernden Welpen und dem plötzlichenBeisser. Ob im Einzelfall Belladonna, Lachesis oder Phospo-rus angesagt ist, ist damit keine schwere Frage mehr. Unddie Autorin weiss, wovon sie spricht: Hilke Marx-Holena istTierheilpraktikerin und behandelt seit 20 Jahren vor allemHunde und Pferde mit Homöopathie.

Hilke Marx-Holena«Der Praxis-Ratgeber – Homöopathie für Hunde»Verlag BLV, 2006Reihe: Der zuverlässige Heimtierberater95 Seiten, kartoniert, CHF 19.50ISBN: 978-3-8354-0088-7, EAN: 9783835400887

ProTier Bücherliste CHF

«Esel Europas», Mary-Gérard Vaud 39.00«Unter Berggorillas», Matto Barfuss 33.70«Fledermäuse – beobachten, erkennen & schützen» 17.50Der Wolf, zwischen Mythos und Wahrheit, Angelika Sigl 18.20Illustrierte Hunde Enzyklopädie, Esther Verhoef 16.80Illustrierte Katzen Enzyklopädie, Esther Verhoef 18.20Illustrierte Pferde Enzyklopädie, Josée Hermsen 18.20Illustrierte Hühner Enzyklopädie, Esther Verhoef/Aad Rijs 16.80Illustrierte Terrarien Enzyklopädie, Eugène Bruins 16.80Illustrierte Fossilien Enzyklopädie 18.20Kaninchen und Nagetiere Enzyklopädie 24.90Ziervögel Enzyklopädie, E. Verhoef 24.90Die grosse Hunde Enzyklopädie, Esther Verhoef 33.50Versandkostenanteil 5.00

Die besprochenen und aufgelisteten Bücher können Sie unterfolgender Adresse gegen Rechnung bestellen:ProTier, c/o provista, Lettenweg 118, CH-4123 AllschwilTel.: 061 485 90 70, Fax: 061 485 90 75, E-Mail: [email protected]

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KurznachrichtenDer Zirkus ist

vorbei

Österreichs Verbot

von Wildtieren im Zirkus

bleibt erhalten

Seit 2005 gilt gemäss ös-terreichischem Bundestier-schutzgesetz ein Verbot vonWildtieren in Zirkusunter-nehmen. Gegen die von Tier-schützern mit grossem Bei-fall aufgenommene strikteRegelung hatte ein nament-lich nicht bekannter aus-ländischer Zirkusunterneh-mer Beschwerde bei derEU-Kommission eingereicht,weil er sich in seiner Dienst-leistungsfreiheit verletzt sah.Die EU-Kommission strengtedaraufhin gegen Österreichein Vertragsverletzungsver-fahren an. Im Dezember 2006informierte die Kommission,dass das Verfahren nichtweiterverfolgt wird. Wörtlichheisst es in der Antwort:«Nach eingehender Analyseder Antwort der österrei-chischen Behörden hat dieKommission beschlossen,die Akte zu schliessen.»Österreichische Tierschutz-organisationen betonen indiesem Zusammenhang dievorbildliche und engagierteReaktion der damit beschäf-tigten Behörden. Dadurchund durch entsprechendenDruck von Seiten des Tier-schutzes war es möglich, dasfür ganz Europa richtung-weisende Verbot aufrechtzu-erhalten. Anderen Ländernfehlt in Zukunft ein wichtigesArgument für den Erhalt ei-ner tierquälerischen undnicht mehr zeitgemässenTradition. Bislang gibt es inEuropa nur einige wenige,auf bestimmte Wildtierarten,wie z. B. Affen, Nashörneroder Flusspferde, beschränk-te Haltungsverbote für Zir-kusse in Finnland, Schweden

und teilweise in Kroatien.Wie in der Schweiz fehlen inden allermeisten Ländernvergleichbare Regelungen –noch.

AEU verbietetWildvogelimporteendlich dauerhaft

Tierschützer aus ganz Euro-pa begrüssten die AnfangJanuar von der EU getroffe-ne Entscheidung, den Importvon Wildvögeln in die Ge-meinschaft ab dem 1. Juli2007 dauerhaft zu verbieten.Auch ProTier hatte sich seitJahren für einen derartigenImportstopp eingesetzt.Ausschlaggebend für die Ent-scheidung der EU war einGutachten der EuropäischenLebensmittelbehörde, dasdie Gesundheitsrisiken durchWildvogelimporte betonte.Das Gutachten bestätigte zu-dem die seit Jahrzehnten vonTierschützern immer wiederangeprangerten skandalösenTierschutzprobleme, so dieTodesrate von über 50% derursprünglich gefangenenVögel. «Der Importstopp ret-tet das Leben von MillionenTieren und ist ein wichtigerSchritt zum Schutz bedroh-ter Vogelarten», freut sich dieArtenschutzorganisation ProWildlife.Die EU war bislang mit 87%der erfassten Vogelimporteder mit Abstand grösste Ab-satzmarkt. Bis zum Erlass ei-nes vorübergehenden Ein-fuhrverbotes anlässlich derVogelgrippe im Oktober 2005wurden rund 1,8 MillionenWildvögel pro Jahr in die EUimportiert, Experten schät-zen, dass ebenso viele Tiereregelmässig schon vor demExport starben. ZahlreicheArten wurden für den Profitder Heimtierbranche massiv

dezimiert, z.B. Graupapagei-en und Königsglanzstare inAfrika, Gelbscheitelbülbülsin Asien oder Tukan-Bartvö-gel in Südamerika. Nachdemdie USA Wildvogelimportenbereits 1992 konsequent ei-nen Riegel vorgeschobenhatten, werten Natur- undTierschutzverbände das EU-Importverbot als einen Mei-lenstein globaler Schutzbe-mühungen. Jetzt kommt esdarauf an, dass das Verbotvon den Mitgliedstaaten kon-sequent umgesetzt wird,denn es gibt die EU-üblichenSchlupflöcher und Ausnah-meregelungen, z. B. für dieEinfuhr gezüchteter Vögelaus bestimmten Ländern.

Fledermäuse

Fledermäuse orientieren

sich am Erdmagnetfeld –

Mysterium der Navigation

gelöst

Es ist nicht die Echoortungallein, die Fledermäuse pro-blemlos durch Nacht undWind fliegen lässt. Wie einForscherteam der PrincetonUniversity nun in der jüngs-ten Ausgabe des Wissen-schaftsmagazins «Nature»berichtet, können sich dieFledermäuse mit Hilfe desErdmagnetfelds orientieren.Die Tiere haben, gefangengenommen und 20 Kilome-ter entfernt wieder freigelas-sen, mühelos den Weg zuihrem Schlafplatz gefunden.Überwacht wurden sie dabeimit Radiosendern und einemKleinflugzeug.Das Forscherteam um Ri-chard Holland hat 15 nord-amerikanische Fledermäuseder Spezies Eptesicus fuscusuntersucht. Diese Tiere le-gen, um besser zu überwin-tern, Distanzen von über 100Kilometern zurück. Das Ultra-

schall-Ortungssystem alleinereicht für solche «Langstre-ckenflüge» nicht aus. Ein ein-facher Versuch hat die For-scher allerdings schnell aufdie richtige Fährte gebracht.Ein Helm mit einem starkenelektromagnetischen Feld,das stärker als der Erdmag-netismus ist, wurde den Tie-ren für 90 Minuten an deretwa 20 Kilometer entferntenTeststelle aufgesetzt. An-schliessend wurden die Tie-re nach Einbruch der Dunkel-heit freigelassen. Obwohl dieFledermäuse den Sonnenun-tergang vorher noch sehenkonnten, flogen dennoch allein die falsche Richtung.Fledermäuse sind allerdingsbei Weitem nicht die einzi-gen Lebewesen der Erde, dieauf Magnetsysteme zurück-greifen. Von Vögeln bis hinzu Ameisen orientieren sichTiere am Magnetfeld derPole. Vor allem kleinere undleichtere Tiere bergen für dieForscher immer noch gros-se Geheimnisse, mit welchenTricks und Hilfen sie sichauf der Erde zurechtfinden.Quelle: pressetext austria

Giftfrösche

Giftfrösche leiden unter

Giftmangel – Habitatzer-

störung macht Amphibien

wehrlos gegen Feinde

Die Zerstörung des Lebens-raumes bringt die Tier- undPflanzenwelt stark unterDruck. Nun haben Forscherder Cornell University in Itha-ca/New York entdeckt, dassGiftfrösche in Madagaskardeutlich an Toxizität verlorenhaben. Die Alkaloide, die dieForscher in den Fröschen fin-den konnten, waren deutlichgeringer als in Studien zuvor.Für die kleinen bunten Frö-sche bedeutet dies, dass sie

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KurznachrichtenFeinden mehr oder wenigerschutzlos ausgeliefert sind.Die Chemikerin Valerie Clarkund ihr Team hatten Fröschein den Regenwädern unter-sucht und entdeckt, dass siebis zu 30 verschiedene Alka-loide in ihrer Haut tragen. ImVergleich dazu tragen jeneFrösche, die in Wädern nahevon landwirtschaftlichen An-baugebieten vorkamen, nurinsgesamt 12 verschiedeneAlkaloide auf ihrer Haut. Al-kaloide wie etwa Koffein, Ni-kotin und Kokain sind bitterschmeckende basische Ver-bindungen, die für Men-schen und Säugetiere giftigsind. In vergangenen Studi-en haben Forscher festge-stellt, dass die Alkaloide inden Fröschen über ihre Nah-rung, meist Ameisen oderandere Insekten, aufgenom-men werden. Die Gifte zurAbwehr von Feinden überdie Nahrung aufzunehmen,ist sehr intelligent, denn eserspart den Tieren die Ener-gie zur Biosynthese, umselbst Gifte herstellen zumüssen, so Clark. Auch Dalyhat in Panama ähnliche Er-fahrungen mit der Abnahmeder Alkaloide auf der Frosch-haut gemacht wie Clark. Ge-meinsam mit Forscherkolle-gen der Florida InternationalUniversity hat der Forscherentdeckt, dass ein kleinerTausendfüssler einer derHauptlieferanten für die Al-kaloide ist. In weiteren Unter-suchungen wollen die Wis-senschaftler nun feststellen,ob die Fragmentierung desRegenwaldes tatsächlich mit

der Abnahme der Gifte in derFroschhaut einhergeht. Be-reits in vorhergehenden Un-tersuchungen anderer Wis-senschaftler wurde festge-stellt, dass Wald-Inseln ohneKorridore zu den am meistengefährdeten Zonen gehören.Dort nimmt die gesamte Bio-diversität extrem ab, zurückbleibt lediglich ein Stück lee-rer Wald. Wenn die knallbun-ten Frösche ihr Abwehr-Giftverlieren, befürchten For-scher, könnte das ihr Endebedeuten, denn die Fress-feinde würden sich von denSignalfarben allein nichtewig täuschen lassen.Quelle: pressetext austria

Tierdiebstähleaus Zoos

Immer mehr Tierdiebstähle

aus Zoos – illegaler Tier-

handel bevorzugt vom

Aussterben bedrohte Arten

Immer häufiger werden ZoosOpfer von Dieben, die selte-ne Tiere entwenden, um sieauf dem Schwarzmarkt zuverkaufen. Besonders spek-takulär war der Diebstahl von50 exotischen Vögeln auseinem privaten Zoo in Gross-britannien Anfang Januar.Tierdiebe sind offensichtlichbesonders an Vogelarten,Reptilien und Kleinsäugerninteressiert – und was dabeierschwerend hinzukommt:Sie bevorzugen besondersseltene Spezies.Ein Artikel im Wissenschafts-magazin «National Geogra-phic» listet noch weiterespektakuläre Diebstähle auf:Afrikanische Graupapageienwurden im Dezember ausdem Zoo von Adelaide ge-stohlen, eine seltene Chuck-walla-Echse aus dem Oklaho-ma Zoo. «Wenn jemand einseltenes, womöglich noch

vom Aussterben bedrohtesTier haben will, fährt er nichtin den Dschungel, um eineszu fangen, da die Chance,dort auf das betreffende Tierzu stossen, gering ist», er-klärt John Hayward, Ex-Polizist, der das britische«National Theft Register» fürgestohlene Tiere von Gross-britannien führt. Es sei ein-facher, das Tier aus einerprivaten Sammlung oderaus einem Zoo zu entwen-den. Von Grossbritanniens60 Tiergärten waren im Vor-jahr fünf im Visier von kri-minellen Banden, die rund200 Tiere entwendeten. Diemeisten davon waren tropi-sche Vögel, Zwergsäugeroder Reptilien.Die modernen Zoos mit dengrossen Gehegen böten Die-ben ideale Möglichkeiten,sich am Abend in den Tier-gärten einsperren zu lassen.Besser ausgestattete Zooshaben daher aufwändigeAlarmanlagen installiert. Wieviel solche gestohlenen Tie-re wert sind, könne der Ex-perte allerdings nicht sagen,denn innerhalb der EAZAwürden Tiere nicht gegenGeld verkauft. «Seit 40 Jah-ren wurden beispielsweisekeine Okapis oder Nashörnermehr im Handel angeboten.»Damit fielen der wirtschaft-liche Aspekt und auch eineBewertung der Tiere weg.Ein anderes Problem dermodernen Tiergärten mit ih-ren offenen Tropenhäusernstelle allerdings das Freilas-sen ungeliebter Haustierewie etwa Schildkröten oderverschiedener Vögel dar. EinProblem, das meist sehrböse Folgen hat. Schram:«Vögel, die Kleinkäfige ge-wöhnt sind, überleben ineinem offenen Tropenhauskeine drei Tage – entwedersie verhungern oder werden

von anderen Arten gefres-sen.» Sehr problematisch istauch das Freilassen vonSchildkröten aus privatenAquarien. Solche Tiere kön-nen zu einer Katastrophe fürdie anderen bereits existie-renden Zootiere sein, weil sieKrankheiten haben können.Quelle: pressetext austria

Klimawandel:Orca-Wale ziehen

weiter in denNorden

Als Folge der Eisschmelze inder Arktiks ziehen Orca-Waleoffenbar höher in den Nor-den als in früheren Zeiten.«Wir haben eine ganz direk-te Korrelation festgestelltzwischen der abnehmendenEismasse in der Arktis undhäufigeren Sichtungen vonKillerwalen», sagte der For-scher Steven Ferguson vomkanadischen Fischfangmi-nisterium der Nachrichten-agentur AFP.Fischer, Touristen und an-dere Wissenschaftler hättenseinem Team im vergan-genen Jahr mehrfach dieSchwertwale gemeldet, diein der Hudson Bay unter-wegs seien.In den 80er Jahren machtendie Experten in der HudsonBay im Sommer zwischenfünf und zehn Walbeobach-tungen. Im vergangenenJahr waren es 30. Im selbenZeitraum ging die Eisflächein der Arktis stark zurück.Bis 2040 könnte sie im Som-mer ganz verschwundensein, heisst es in einer Stu-die, die kanadische und US-Wissenschaftler kürzlich imFachmagazin «GeophysicalResearch Letters» veröffent-licht hatten.Die neuen Wanderbewegun-gen der Orcas sind vor allemFo

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für die Inuit ein Problem. Sieernähren sich unter anderemvon Seehunden, die auch aufdem Speisezettel der Killer-wale ganz oben stehen.SDA/baz.

Nachtfalter trinkenTränen von

schlafenden Vögeln

Deutscher Forscher ent-

deckt bisher unbekannte

Insekten auf Madagaskar

Der Wissenschaftler RolandHilgartner vom DeutschenPrimatenforschungszentrumin Göttingen hat erstmalsNachtfalter entdeckt, die sichan schlafende Vögel heran-machen, um deren Tränen zutrinken. Dem Forscher ist esgemeinsam mit seiner Kol-legin Mamisolo Raoilisonvon der Universität Anta-nanarivo gelungen, diesesPhänomen auch fotografischfestzuhalten, berichtet dasWissenschaftsmagazin «NewScientist».Falter, die sich von Tränenanderer Tiere ernähren, sindaus Afrika und Südamerikabekannt. Die meisten dieserInsekten bedienen sich aller-dings an grossen Säugetie-ren wie Antilopen oder auchan Krokodilen, die sie nichtso leicht abschütteln können.Auf der Insel Madagaskargibt es aber keine grossen

Säugetiere, sondern nur Le-muren und Mungos, die mitihren Tatzen solche Insektengezielt vertreiben könnten.Da aber Vögel vor solchenFaltern fliehen können,schlagen diese in der Nachtzu. Dabei haben die Forscherbeobachtet, wie geschicktdie Nachtfalter agieren, uman die Tränenflüssigkeit derVögel zu gelangen.Der Rüssel der Falter ist je-denfalls anders geformt alsder ihrer Artgenossen: Stattder geradlinigen strohhalm-ähnlichen Öffnung an derSpitze sieht der Rüssel der«Tränentrinker» eher aus wieeine antike Harpune mit Wi-derhaken und Stacheln, be-richtet Hilgartner. DieserRüssel kann einfach unter dieAugenlider des Wirts gefah-ren werden, wo er quasi ein-hakt, ohne aber den Vogel zuwecken. Unklar ist den For-schern dabei, wie es die Fal-ter schaffen, die Vögel dabeinicht aufzuschrecken. Sieglauben, dass die Insektenmöglicherweise ein Anästhe-tikum ausscheiden, das dieWahrnehmung hemmt.

Unklar ist ausserdem, ob essich bei den madagassi-schen Tränentrinkern auchausschliesslich um Männ-chen handelt – wie dies beiden anderen Artverwandtender Insekten der Fall ist. DieNachtfalter sind in erster Li-nie während der Regenzeitaktiv. Die Wissenschaftlervermuten, dass es die Insek-ten auf das Natrium in derTränenflüssigkeit abgesehenhaben.Quelle: pressetext austria

Ukraine

Fortschrittlicher als Deutsch-

land: Ukraine erlaubt tierver-

suchsfreies Studieren

Tierversuche gehören zumtraurigen Alltag medizini-scher und biologischer Fa-kultäten in aller Welt. Meistwird dabei längst bekanntesWissen vermittelt. Auf denEinsatz von Tieren könnteman getrost verzichten, denntierverbrauchsfreie Metho-den wie Computermodellestehen in grosser Anzahl zurVerfügung werden abermeist nicht eingesetzt. Aus-gerechnet in der Ukrainesteht man modernen Lehr-mitteln nicht nur sehr aufge-schlossen gegenüber, dasseit einem Jahr existierendeTierschutzgesetz erlaubt Stu-denten sogar, auf die Teil-nahme an Tierexperimentenzu verzichten. Damit zeigtsich die Ukraine fortschritt-licher als z. B. Deutschland,wo Vergleichbares meistnicht möglich ist und jedesJahr mehr als 60000 Tiereallein für den Pflichtteil derstudentischen Ausbildungder drei Studienfächer Bio-logie, Veterinär- und Human-medizin getötet werden.An zwei Hochschulen in Char-kiw, der zweitgrössten Stadt

der Ukraine, sollen jetzt aufeinen Schlag 1200 Tierversu-che eingespart und durchKurse mit Computern ersetztwerden. Doch noch fehlt dasdafür erforderliche Geld. DerBundesverband Menschenfür Tierrechte hat daher imRahmen des Projekts «Com-puter statt Tiere» einen Filmzum Thema Tierverbrauch imStudium im Internet veröf-fentlicht. Der kurze Beitragdokumentiert einerseits ent-setzliche Zustände bei derTierhaltung und -tötung, zeigtaber auch Lösungswege auf.Ziel des Projekts ist es, genü-gend Spenden zu sammeln,um Computer und Softwarefür die Hochschulen in Char-kiw bereitzustellen. Promi-nente Unterstützerin dieserdeutsch-ukrainischen Initiati-ve ist Ruslana, Gewinnerindes Eurovision Song Contest2004.Der Bundesverband Men-schen für Tierrechte will da-mit ein deutliches Zeichensetzen: Hochschullehrer inDeutschland sollen endlichdie Zeichen der Zeit erken-nen und auf eine tierfreund-liche Unterrichtsgestaltungumstellen.Weitere Informationen, dar-unter der Kurzfilm, unterwww.ukraine.tierrechte.de

WWF: Viele Vogel-arten durch Klima-

wandel bedroht

Durch den Klimawandel sindweltweit zahlreiche Vogel-arten vom Aussterben be-droht. Das berichtete dieUmweltstiftung WWF (WorldWide Fund for Nature) nachder Analyse von mehr als200 wissenschaftlichen Stu-dien zu diesem Thema inBerlin. Die Resultate wurdenbeim Weltklimagipfel inFo

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KurznachrichtenNairobi präsentiert. Schonjetzt beeinflussten veränder-te Temperaturen das Verhal-ten und die Verbreitungs-gebiete vieler Tiere.Angaben zum Aussterbender Arten schwankten ineinem breiten Bereich von2 bis 72 Prozent, je nach Re-gion, Klimaszenario und denMöglichkeiten der Tiere, ineinen anderen Lebensbe-reich auszuweichen, heisstes in dem Report «Vogelar-ten und Klimawandel». Demersten Fall – einem Beispielaus Mexiko – legen die For-scher eine geringe Erwär-mung sowie eine grosseAnpassungsfähigkeit der Tie-re zu Grunde. Im zweiten Fallkalkulieren sie die Folgeneiner besonders starkenErwärmung in tropischenFeuchtgebieten Australiens:In diesem Szenario sind 49bis 72 Prozent der Tiere ge-fährdet.Der Klimawandel beeinträch-tige die Tiere indirekt, er las-se den Meeresspiegel stei-gen, verändere zum Beispieldie regelmässigen Busch-und Waldbrände oder die Ve-getation. Eine Analyse von65 Untersuchungen habe zu-dem gezeigt, dass viele Vö-gel in Folge der Erwärmungfrüher im Jahr in ihre Brut-reviere zögen – im Durch-schnitt flögen sie alle 10 Jah-re 6,6 Tage früher los.In der nördlichen HudsonBay in Kanada habe der Kli-mawandel vermutlich dazugeführt, dass Moskitos ingrosser Zahl im Frühjahreher als früher auftauchten.Die Insekten stressten dieVögel. Die Kombination ausgrösserer Wärme und mehrSchädlingen verursache nunvermehrte Eierverluste.In anderen Fällen könntenInsekten ihren Schlupf vor-verlegen – die Vögel kämen

dann zu spät, um sie fressenzu können. DPA/baz

Mehr als 100unbekannte Meeres-

tiere um Hawaiientdeckt

Marines Schutzgebiet als

Hotspot der Biodiversität

ausgewiesen

Ein internationales Forscher-team hat in den nordwest-lichen Hawaii-Inseln mehrals 100 bisher unbekannteMeerestiere gefunden. Wäh-rend der dreiwöchigen For-schungsreise durch das Na-turschutzgebiet des North-western Hawaiian IslandsMarine National Monumentkonnten die WissenschaftlerKrebse, Muscheln, Seester-ne und Korallenarten entde-cken, die bisher noch nichtbeschrieben waren, berich-tet das Wissenschaftsmaga-zin «National Geographic».Erst im Juni 2006 wurde die-ses Gebiet zum weltgrösstenmarinen Schutzpark erklärt.Für Meeresbiologen ist dieEntdeckung neuer Lebewe-sen immer wieder eine Sen-sation, vor allem dann, wennes sich um Tiere aus der Tief-see handelt. Wenn man Le-bewesen aus der Tiefseehervorholt, ist eigentlich je-der Handgriff eine grosseÜberraschung, meint derMeeresbiologe Jörg Ott vomBiozentrum der UniversitätWien. Es gibt immer nochsehr grosse Gebiete im Be-reich der Ozeanografie, die

unbeschriebene Blätter sind.Zu den besser erforschtenTierarten gehören vor allemjene, die auch für eine grös-sere Gruppe von Menscheninteressant sind. So sindetwa Schnecken und Mu-scheln aufgrund der Sam-meltätigkeit von TausendenInteressierten weltweit re-lativ gut erforscht, meint Ott.Dennoch gebe es auch hierimmer wieder Überraschun-gen.Quelle: pressetext austria

Zuchterfolg fürseltene Leguane

Jerseys Durrell Wildlife

Conservation Trust gibt

bedrohten Arten Chancen

Für Naturschützer ist es einTag zum Feiern gewesen:Dem Durrell Wildlife Conser-vation Trust auf der Kanal-insel Jersey ist es gelungen,eine der seltensten Leguan-arten nachzuzüchten. DieBlauen Iguanas (Cyclura le-wisi) von den karibischenCayman Islands, die 2004 inihrer Heimat freigelassenwurden, haben dort offen-sichtlich erfolgreich Fuss fas-sen können. Demnach sinddie Tiere in der Zwischenzeitgeschlechtsreif gewordenund haben sich nun ver-mehrt.Ohne Nachzuchtprogrammhätte diese Art die kommen-den zehn Jahre nicht über-lebt. Ein weiteres Zuchtpro-gramm der Stiftung betrifftauch den Kleinen Antillen-Leguan (Iguana delicatissi-ma). Einst war diese Spezi-es auf dem gesamten Insel-bogen der Kleinen Antillenhäufig anzutreffen, inzwi-schen gibt es die Tiere aufnur noch sechs Inseln. In denvergangenen Jahren ist derBestand immer weiter zu-

rückgegangen. Gründe fürden Rückgang sind immerweniger Lebensraum, Jagd,Bioinvasoren wie etwa Haus-katzen und Kreuzung mitfremden Arten. Die Nach-zucht dieser Tiere ist extremschwierig, da alle Umwelt-faktoren erfüllt sein müssen.Die Reptilien-Experten vonDurrell waren die Ersten,denen eine solche Nachzuchtgelungen ist. Der DurrellWildlife Trust betreibt auf derKanalinsel auch einen Zoo,der für Besucher offensteht.Dieser zählt zu den grösstenAttraktionen Jerseys.Quelle: pressetext

Auch Fische habeneine Persönlichkeit

Tapfere und feige

Regenbogenforellen

Nicht nur Säugetiere habeneinen Charakter, wie For-scher der University of Liver-pool nun herausgefundenhaben. Auch Regenbogen-forellen können tapfer oderfeig sein – je nachdem, wassie in ihrem Leben gesehenoder gelernt haben. Aus-schlaggebend für das Verhal-ten der Fische scheinen ver-lorene oder gewonneneKämpfe unter Artgenossenzu sein.Die Forscher um die BiologinLynne Sneddon haben nachUntersuchungen verschiede-ne Persönlichkeiten von Fo-rellen identifizieren können.Wie Menschen hätten dieseTiere ganz unterschiedlichauf neue Konfrontationenreagiert. Während sich dieeinen interessiert zeigten,waren andere sehr zurück-haltend oder sogar ängstlich.Was die Forscher allerdingsbesonders interessierte, wardie Frage, ob die Fische ihrVerhalten aufgrund ver-

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Ein bisher unbekannter

Einsiedlerkrebs

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änderter Lebensumständeauch ändern können. Dazuhatten die Wissenschaftlerbesonders neugierige undinteressierte Fische und be-sonders scheue und zurück-haltende Fische separiert.Die Idee der verschiedenenTier-Charaktere liegt der Leh-re des «behavorialen Syn-droms» bei Tieren zugrunde.Diese Theorie versucht zuerklären, warum sich ver-schiedene Spezies nicht im-mer ihren Lebensumständenentsprechend verhalten. Einaggressives Männchen etwamag zwar zur Abwehr seinesReviers gut gerüstet sein,könnte aber aufgrund seinesVerhaltens auch Weibchendavon abhalten, sich mit ihmzu paaren. Die Forscher hat-ten die Tiere in verschiede-ne Situationen gebracht, indenen sie teilweise als Ge-winner von Kämpfen, aberauch als Verlierer ausstie-gen.Sneddon hat in ihren Ver-suchen nun festgestellt, dassSchüchternheit und Verwe-genheit von physiologischenFaktoren wie etwa Stress-hormon-Werten abhängen.Wenn Fische einen Kampfverlieren, erhöhen sich die-se Stresshormon-Werte wieetwa jener von Cortisol. Dasmacht sie in zukünftigenKämpfen umsichtiger. Zu-dem konnten die Forscher

feststellen, dass die Fischedas Verhalten anderer Fischesehr genau beobachteten.Wie vorhersehbar warenschüchterne Fische, die ei-nen Kampf gewonnen hat-ten, danach zuversichtlicher.Unerwarteterweise warenschüchterne Fische, die imKampf verloren hatten, da-nach bei der Nahrungssuchewagemutiger.Quelle: pressetext austria

Südafrika verbietetJagd auf

zahme Löwen

Die südafrikanische Regie-rung verbietet die Jagd aufhalbzahme Löwen und dieJagd mit Pfeil und Bogen aufLöwen, Nashörner und Ele-fanten. Der südafrikanischeUmweltminister, Marthinusvan Schalkwyk, teilte amDienstag in Kapstadt mit,dass inakzeptable Jagdprak-tiken in Südafrika künftig ver-boten sein sollten. In den ver-gangenen Jahren hattenHunderte von sogenanntenJagd-Lodges in SüdafrikaTouristen vor allem aus denUSA und Europa mit der Ver-

sicherung geködert, dass je-der Jäger einen Löwen oderein anderes grosses Wildtierschiessen könne, wenn erdies wolle.

Jagd auf halb betäubte

Tiere im Gehege

Um den Abschuss durch dieoft ungeschickten Hobbyjä-ger sicherzustellen, wurdendie in Gefangenschaft aufge-zogenen Löwen erst kurz vordem Abschuss in zum Teileng begrenzten Wildgehe-gen freigelassen. Im Bedarfs-fall wurde den Löwen auchein Beruhigungsmittel ver-abreicht, um den Abschusssicherzustellen, und immerwieder wurde auch die Jagdaus fahrenden Fahrzeugenzugelassen. Mit diesen Prak-tiken soll nach Angaben vanSchalkwyks nun ab dem1. Juni Schluss sein. In Ge-fangenschaft grossgezogeneLöwen dürfen laut der neu-en Bestimmung erst zweiJahre nach ihrer Freilassungaus einem Wildgehege ge-schossen werden. Der Ab-schuss von Tieren aus fah-renden Fahrzeugen sollgleichzeitig ganz verbotenwerden.

Beutetiere mehrmals

«verwendet»

Verboten werden soll auchdie Jagd mit Pfeil und Bogenauf grosse Wildtiere. Ent-sprechende Jagdpraktikenwerden zurzeit immer nochvon Lodges angeboten. ImAngebot der Lodges findensich zurzeit auch noch dieJagd mit der Armbrust unddie Jagd mit Betäubungsge-wehren. Das Tier wird damitnur vorübergehend ausserGefecht gesetzt, damit derJäger neben ihm posierenkann. Nach Angaben vonsüdafrikanischen Tierschutz-organisationen wurden man-che Löwen mehrmals proMonat auf diese Weise «er-legt».Die neuen Bestimmungendürften dem Jagdgewerbe inSüdafrika einen schwerenSchlag versetzen. Ausländi-sche Jäger haben in den ver-gangenen Jahren Millionenvon Dollar ins Land gebracht.Südafrika galt als wichtigsteDestination für Trophäen-jäger. 85 Prozent aller Jagd-trophäen, die in Afrika er-worben oder erlegt werden,stammten aus Südafrika.(NZZ)

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Derzeit wird eine EU-Richt-linie mit der unschuldig klin-genden Bezeichnung «86/

609» überarbeitet. Ihr Inhalt ist bri-sant, jedenfalls für Millionen Tiere,setzt die «86/609» doch die Mindest-standards für Tierversuche in derEU fest. In der mit 20 Jahren mäch-tig alten Richtlinie fehlen gentech-nisch veränderte Tiere gänzlich,und die Grundlagenforschung istvollständig ausgeklammert. Wennauch die Abschaffung aller Tierver-suche eine Utopie bleiben wird, sosetzten die in der European Coali-tion to End Animal Experiments(ECEAE) zusammengeschlossenenTierschutzverbände – darunter Pro-

Mitmachaktion:Für ein Verbot vonVersuchen an Affen!

Tier – doch alles daran, so viel wiemöglich für die Tiere herauszuho-len. Grosses Ziel ist ein Verbot vonVersuchen an Affen.

Die ECEA hat hierzu die interna-tionale Online-Kampagne «AFFENRETTEN» gestartet. Unter: www.eceae.org/saveprimates/de können Siesich mit Ihrer Stimme an der Mit-machaktion beteiligen.

Der «Dr. Hadwen Trust for Hu-mane Research», eine der führen-den Organisationen im Bereich tier-versuchsfreier Verfahren, fordertmit einer weitergehenden Petitionden EU-Gesetzgeber auf, die Gele-genheit zu nutzen und die Entwick-lung und Anwendung tierversuchs-

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Neue Adresse

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Telefon:_________________________________________

AdressänderungBitte melden Sie uns Ihre neue Adresse.Adressnachforschungen bei den Gemeinden kosten uns pro Anfrage CHF 20.–.

Geld, das wir besser für die Tiere einsetzen könnten.

Alte Adresse

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Mitgliedernummer: _____________________________

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PLZ und Wohnort: ______________________________

Telefon: ________________________________________

Einsenden an: ProTier, Alfred-Escher-Strasse 76, CH-8002 ZürichOder faxen an: 044 201 26 23 1/07

freier Methoden voranzutreibenund so Millionen Tieren das Lebenzu retten. Diese Petition finden Sieunter www.endeuanimaltests.org/languages/german.

Zusätzlich hat der Bundesver-band Menschen für Tierrechte ei-nen Online-Musterbrief an EU-Kommissar Stavros Dimas für einVerbot von Versuchen an Affen ent-worfen: www.tierrechte.de.

Bitte machen Sie mit! Es ist unge-heuer wichtig, der EU zu demons-trieren, dass möglichst viel BürgerEuropas gemeinsam ein Ende derTierversuche fordern!

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PRO

Ich übernehme die Patenschaft für ein Findeltier und werde

monatlich folgenden Betrag überweisen (12 Einzahlungs-

scheine werden mir nach Eingang dieses Talons zugeschickt).

� CHF 20.– � CHF 40.– � CHF 50.–� CHF 100.– � CHF

� Ich überweise einen einmaligen Betrag von CHF� Ich werde Mitglied bei der SGT (Jahresbeitrag CHF 30.–)

(Bitte Gewünschtes ankreuzen)

Name: Vorname:

Strasse: PLZ/Ort:

Datum: Unterschrift:

Bitte ausschneiden und einsenden an:Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz, Alfred-Escher-Strasse 76, 8002 Zürich

Die Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz/ProTier schläfert keinegesunden Tiere ein. Wir nehmen deshalb auch ältere Tiere auf, die an-derswo abgewiesen würden. Wir sind der Meinung, solange ein Hundoder eine Katze zeigt, wie gern er oder sie noch am Leben ist, haben wirkein Recht, ihnen dieses zu nehmen.Erfreulicherweise finden wir immer wieder Menschen, oft auch jüngereLeute, die einem unserer «Senioren» ein neues Zuhause geben. Mitun-ter aber bleiben ältere Tiere recht lange im Tierheim und verursachenhohe Kosten.

Deshalb bittenwir Sie:

Werden SiePatin/Pate

eines Findeltieres!

Mit Ihrem monatlichwiederkehrenden

Betrag geben Sie unsdie Möglichkeit,

uns weiterhin optimalfür unsere Schützlinge

einzusetzen.

Patenschaften

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Beitrittserklärung für dieSchweizerische Gesellschaftfür Tierschutz

Alfred-Escher-Strasse 768002 Zürich, Telefon 044 201 25 03

� Minimalmitgliederbeitrag pro Jahr CHF 30.–

� Minimalmitgliederbeitrag auf Lebenszeit CHF 1000.–

� Minimalmitgliederbeitrag fürJugendliche unter 18 Jahren CHF 20.–

� Für Kollektivmitglieder CHF 200.–

� Für Paarmitglieder CHF 50.–

Ich wünsche, in die Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz/ProTier aufgenommen zu werden.

Herr � Frau � Bitte in Blockschrift ausfüllen

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Vorname Postleitzahl

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Bei Minderjährigen Unterschrift des gesetzlichen Vertreters

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Foto: © Nathalie Dubois

Tiere in Not …

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