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JESS CONNOLLY & HAYLEY MORGAN

JESS CONNOLLY & HAYLEY MORGAN - SCM Shop · Jess Connollys und Hayley Morgans Buch ist ein sanftes «Alles wird gut» fr diejenigen, die das Gefhl haben, nie zu gengen. Und gleichzeitig

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JESS CONNOLLY &HAYLEY MORGAN

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Jess Connolly & Hayley Morganwild und frei

www.fontis-verlag.com

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Dieses Buch widmen wir Dir, liebe Leserin.Du bist nie zu viel und immer genug,

so wie Du bist.

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Jess Connolly & Hayley Morgan

wildund frei

Du bist nie zu vielund immer genug

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überwww.dnb.de abrufbar.

Die Bibelstellen wurden, falls nicht anders angegeben, folgender Übersetzung ent-nommen: Hoffnung für alle®, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica Inc.®,

Herausgeber: Fontis-Verlag Basel

Übersetzung aus dem Amerikanischen:Elisabeth Schoft & Anne Helke

Wild and FreeCopyright © 2016 by Jessica Ashleigh Connolly and Hayley E. Morgan

Requests for information should be addressed to:Zondervan, 3900 Sparks Dr. SE, Grand Rapids, Michigan 49546

© der amerikanischen Ausgabe «Wild and Free» 2016by Jessica Ashleigh Connolly & Hayley E. Morgan

Published by arrangement with The Zondervan Corporation L.L.C., a subsidiaryof HarperCollins Christian Publishing, Inc.

© 2019 by Fontis-Verlag Basel

Umschlag: Daniel Eschner, Spoon Design, LanggönsLettering Umschlag: Fontis-Verlag, Basel

Blumenmuster U2 und U3: Alenka Karabanova/Shutterstock.comFotos Klappen: Conolly & Morgan / Helke & Schoft

Satz: InnoSet AG, Justin Messmer, BaselDruck: Finidr

Gedruckt in der Tschechischen Republik

ISBN 978-3-03848-169-0

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Inhalt

Stimmen zum Buch............................................................ 7

Vorwort .............................................................................. 11

Einf�hrung von Jess & Hayley............................................ 15

Der Lobgesang von «wild und frei» ..................................... 21

1. Gez�hmt und an der kurzen Leine .............................. 23

2. Eingesperrt in den eigenen Grenzen........................... 47

3. Wilder Gott .................................................................. 75

4. Der Gott der Freiheit ................................................... 101

5. Unsere Eden-Identit�t: Wild. Und einfach gut............ 120

6. Unsere erlçste Identit�t:Neu erschaffen, um frei zu sein .................................. 139

7. Zur�ck in die Wildnis: Eine Einladung........................ 158

8. Gelçste Fesseln und unerschrockene Herzen.............. 183

9. Die Gefahr des gez�hmten Lebens .............................. 202

10. Die Anziehungskraft eines Lebens in Gefangenschaft 223

11. Wie ein Lauffeuer........................................................ 244

12. Ein Lagerfeuer-Auftrag ................................................ 263

Danksagungen ................................................................... 290

Anmerkungen .................................................................... 295

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Stimmen zum Buch

«wild und frei» ist ein inspirierendes Buch f�r Frauen, die ausihrem l�hmenden Alltagstrott ausbrechen wollen. Nicht, indemsie ihre Pflichten vernachl�ssigen, sondern indem sie ihr Lebenin der Verantwortung vor Gott ihrer geistlichen Bestimmung ge-m�ß gestalten. Mutig. Leidenschaftlich. Entfesselt. Mit einemunb�ndigen Vertrauen auf den Allm�chtigen, der alle Vorstel-lungen sprengt. Die Autorinnen Jess Connolly und HayleyMorgan sind der Sehnsucht ihres Herzens gefolgt und machenMut, es ihnen gleichzutun. Sie fordern ihre Leserinnen auf, zurEhre Gottes und zum Segen ihrer Mitmenschen Großes zu wa-gen und sich mit Gottes Hilfe auf das Abenteuer ihres Lebenseinzulassen.

Dr. Deborah Sommer – Theologin, Autorin & Referentin

Jess Connollys und Hayley Morgans Buch ist ein sanftes «Alleswird gut» f�r diejenigen, die das Gef�hl haben, nie zu gen�gen.Und gleichzeitig ein lautes «Lass es uns anpacken!» f�r die, diesich mit ihren Visionen, Meinungen und Leitungsbegabungenzur�ckhalten, um nicht zu viel zu sein f�r die Welt um sie he-rum. «Wild und frei» r�ttelt uns auf in unseren zahmen undschçn dekorierten Leben. Es scheuert die Sehnsucht danachauf, diesem Jesus als Abenteurerinnen nachzufolgen, und erin-nert uns an das Unb�ndige in uns. Ein Buch f�r all diejenigen,die nicht l�nger gelebt werden wollen, sondern kaum beschrit-tene Wege betreten wollen.

Tamara Boppart – Worship Leader & Autorin

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Die Zeit ist mehr als reif f�r ein solches Buch, denn es tut derSeele einfach gut! Ich habe mich mehrmals in den so ehrlichge�ußerten Gef�hlen, Gedanken und auch Taten beider Autorin-nen wiedergefunden – die unterschiedlicher nicht sein kçnn-ten, doch in Christus eine unschlagbare, liebevolle und gnaden-volle Einheit sind. Das Gelesene wird mancher Frau helfen, sichvon den L�gen, dem vielen Unnçtigen in ihrem Leben und denErwartungen unserer immer anspruchsvolleren Gesellschaft zubefreien und somit die tiefste Sehnsucht ihres Herzens freudigin die Praxis umzusetzen. Jesus hat unsere Freiheit am Kreuzsehr teuer erkauft, und in seiner unendlichen Liebe l�dt er unsein, seine Stimme in dieser lauten Welt zu erkennen und ihr,jede von uns in ihrer von Gott geschenkten Einzigartigkeit, wildzu folgen. Dieses Buch wird dich ermutigen, ein Leben am si-chersten Ort – im Lichte Gottes – zu leben … Das wunderbarstealler Abenteuer!

Monica Masi – Autorin & Referentin

Pflichtlekt�re f�r jede Frau! Aber «Pflicht» ist ein vçllig deplat-ziertes Wort, denn es impliziert «m�ssen» und «krampfen». Die-ses Buch aber ist das pure Gegenteil, es ist ein Juwel. Es enth�ltden Schl�ssel zum prallen Leben, nach dem sich Frauen sehnenund wovon sie nur in ihren Tr�umen genug kriegen. Oder wieChristen sagen: Das Buch ist eine konkrete Anleitung zur Wie-dergeburt, so wie sie die Bibel verheißt. Zwei ganz unterschied-liche Frauen erz�hlen, wie sie frei und wild geworden sind. Ichhabe mich in beiden wiedererkannt und mache mich nun auchauf diesen Weg.

Zo� Bee – Designerin, Autorin & Coach

Dass wir «wild & frei» sind, mag nicht der allt�gliche Normal-zustand sein, doch dieses Buch hilft uns, zu diesem Zustand zu-r�ckzufinden. Zur�ck zur Eva-Identit�t, in die direkte Gegenwart

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Gottes, die uns frei, wild, ohne Scham, voller Freude und Au-thentizit�t sein l�sst. Die Autorinnen Jess Connolly und HayleyMorgan laden ein, nicht in Abwehrmechanismen zu verharrenoder uns in falsche Bescheidenheit zu kleiden, sondern dieWege zu betreten, die Gott f�r uns vorgesehen hat. Sie mçchtenfreisetzen zur priesterlichen Vollmacht, zu der wir als geliebteTçchter Gottes berufen sind. Wir – das sind alle Frauen, du undich! Die ermutigenden Worte in diesem Buch sind Balsam f�rdie Seele.

Tina Schmidt – Autorin & Rednerin

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1.Gezahmt und an der kurzen Leine

– Jess –

Es war ein normaler Dienstagnachmittag: Mein J�ngster machtegerade seinen Mittagsschlaf. Ich wusste, es w�rde noch eineWeile dauern, bis seine Geschwister von der Schule nach Hausekommen w�rden, so dass ich ein wenig Zeit f�r mich hatte. Son-nenstrahlen blinzelten durch die Jalousie und krochen �ber denBoden, w�hrend ich ruhelos und ausgelaugt dasaß und michnach einer Fluchtmçglichkeit sehnte.

Mein Tag war bis jetzt ziemlich durchschnittlich gewesen undscheinbar sinnlos vorbeigepl�tschert. Es frustrierte mich, dassmonotone Abl�ufe und das Aufrechterhalten der Ordnung meingesamtes Leben dominierten. Eine Welle der Sehnsucht nach«Mehr» �berrollte mich und w�hlte mich auf.

Kennst du solche Momente? Sie kçnnen dich ereilen, w�h-rend du auf dem Sofa sitzt oder im Caf� bist, wenn du im Bettliegst oder an der Kasse in der Schlange stehst. Plçtzlich wird dirbewusst, wie unglaublich «zahm» sich dein Leben anf�hlt. Tagf�r Tag passiert immer das langweilige Gleiche.

An jenem Dienstag suchte ich schlussendlich im Fernsehennach etwas, das meinem Tag ein wenig Leichtigkeit geben undmeine Gedanken und meine Seele nicht noch mehr in Mitlei-denschaft ziehen w�rde. Kennst du das? Wenn alles, was deinHerz begehrt, die beruhigende Mitte ist zwischen langweiligenLokalnachrichten und kitschigen Reality-Shows?

W�hrend ich so dasaß und mich durch die Programme zapp-te, stieß ich plçtzlich auf etwas. Normalerweise h�tte mich soeine Sendung gelangweilt, oder ich h�tte sie gar nicht erst wahr-genommen. Aber an jenem Tag – an dem mir gerade erst mein

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Gefangensein im allt�glichen Hamsterrad so schmerzlich be-wusst geworden war –, an jenem Tag fesselte die Sendungmeine Aufmerksamkeit: Ich sah auf dem Bildschirm Pferde –und meine Seele machte einen Salto.

Es war eine Dokumentation �ber die Wildpferde der «OuterBanks»: Atemberaubende, faszinierende Aufnahmen branntensich in mein Ged�chtnis ein. Wunderschçne wilde Mustangs ga-loppierten da in Zeitlupe am Strand, so dass der Sand aufspritz-te, und ließen die Sonne �ber ihre schçnen, wild zerzaustenM�hnen tanzen.

Ich bin nur wenige Stunden entfernt von den «Outer Banks»aufgewachsen, einer Kette von langen schmalen sandigen In-seln entlang der K�ste von North Carolina. Aber bis zu jenemZeitpunkt wusste ich nichts �ber diese Tiere. Ich erfuhr durchdie Dokumentation, dass sie die direkten Nachkommen der spa-nischen Mustangs sind, die von den fr�hesten europ�ischenEntdeckern an die K�ste von North Carolina mitgebracht wur-den. Und: Die Art ist bis heute ganz und gar wild, sie streift frei�ber die 12.000 Hektar Strand der «Outer Banks».

Aber meine Ehrfurcht und die Bewunderung f�r diese wil-den Geschçpfe verwandelten sich schnell in Betroffenheit. Ichwurde durch den starken Kontrast zu meiner eigenen Weltersch�ttert, als ich diese Tiere in der Wildnis sah. Ich saß ineinem sorgsam eingerichteten Haus, umgeben von Dingen,die ich angesammelt hatte, um mir ein gem�tliches Nest zuerschaffen.

Von meinem Ausruh-Platz aus – einem Vintage-Klubsessel,der vor zwei Jahren ein Secondhand-Schn�ppchen gewesenwar – konnte ich mein kleines, aber randvolles Leben sehen: Esgab Regale voller B�cher, gef�llt mit Wissen und der Hilfe, vonder ich so verzweifelt glaubte, dass ich sie brauchte. Meine K�-chenutensilien-Schublade war bis zum �berquellen mit Kleinig-keiten gef�llt. Zum Beispiel besaß ich eine Knoblauchpresse, die

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ich nur einmal benutzt hatte, und drei verschiedene schwarzePlastik-Schaumkellen, die ich �ber die Jahre angesammelt hatte.Unterlagen von der Schule meiner Kinder �bers�ten meinenSchreibtisch – Anmeldeformulare, Essenspl�ne, Informations-bl�tter.

Ich sah mir all die Dinge an, die f�r die Bew�ltigung meinesAlltags scheinbar notwendig waren. Eben diese Sachen erschie-nen mir �berfl�ssig, als ich die wilden Mustangs frei �ber densandigen Strand von North Carolina galoppieren sah.

Mich beeindruckt der Gedanke, dass die Stuten dieser Herdekeine Handb�cher brauchen, um frisches Wasser zu finden oderein 30-seitiges PDF-Dokument �ber die F�tterung ihrer Fohlen.Es gibt keinen offiziellen Rat oder Zeitplan, der festlegt, wie siesich in der Gemeinschaft ihrer Herde verhalten m�ssen. In denSandd�nen liegen keine B�cher � la: «Werde die beste Stute, diedu sein kannst!». Sie wissen genau, wer sie sind, ohne dass manes ihnen sagen muss. Sie sind nicht gefangen in irgendwelchengesellschaftlichen Regeln, sie sind wild.

Frauen in der Wildnis

Ich habe im Leben schon viel �ber die erste wilde Frau nach-gedacht: unsere Eva. Ich sehe sie vor mir, wie sie die verboteneFrucht isst. Und ich weiß, dass ich es wahrscheinlich auch ge-tan h�tte. Das Thema S�nde geht mir im Kopf rum und wie siesich auf mich auswirkt. Und dann mache ich mir klar, wie «ge-fallen» beziehungsweise schuldig unsere Welt seit dem S�nden-fall ist.

Aber trotzdem mçchte ich gelegentlich auch dar�ber nach-denken, was wohl in den Minuten, Stunden und Tagen vor die-sem katastrophalen Biss in den Apfel passierte.

Alles begann hier:

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Aus der Rippe formte er eine Frau und brachte sie zu dem Men-schen. Da rief dieser: «Endlich gibt es jemanden wie mich! Siewurde aus einem Teil von mir gemacht – wir gehören zusam-men!» Darum verlässt ein Mann seine Eltern und verbindet sichso eng mit seiner Frau, dass die beiden eins sind mit Leib undSeele. Der Mann und die Frau waren nackt, sie schämten sichaber nicht.

Mose 2,22–25

Oh Gott, ich mçchte alles �ber Eva wissen! Wie war sie wohl?Wie sah ihr Leben aus? Ich w�nschte, wir h�tten drei Kapitelzwischen der Erschaffung Evas und dem Punkt, an dem allesbergab ging.

Rannte sie gerne durch den Garten und roch an den Blumen?Hat sie mit den Tieren gekuschelt oder aus Beeren Farbe gewon-nen? Und wie hat sie mit ihrem Schçpfer gesprochen? Wie sahes aus, als sie zum ersten Mal aufgewacht ist? Und welchen Aus-druck nahm ihr Gesicht an, als sie ihr Spiegelbild in den Gew�s-sern der Erde sah?

Darf ich etwas gestehen? Es ist mir fast unmçglich, sie mirnackt und gleichzeitig frei von Scham vorzustellen. Seien wirehrlich: Wir leben in einer Welt, in der ziemlich dick aufgetrage-nes Make-up, figurformende Unterw�sche und Zahnaufhellungf�r viele Frauen zum Alltag gehçren.

Ich stelle mir Eva genau so vor wie die Mustangs: Ich stellemir vor, dass sie in einer Art reinem und wildem Zustand lebte.Sie wusste, wer sie war. Und sie kannte ihre Bestimmung. Ichmale mir aus, wie sie Gott mit klarem Blick ins Gesicht siehtund l�chelt, weil sie weiß, dass sie genau dort ist, wo sie seinsollte. Vor meinem geistigen Auge lacht sie zusammen mitAdam. Sie hat keine Angst, Fragen zu stellen, weil sie sich sicherund geborgen f�hlt. Ich stelle mir gerne vor, dass sie einfalls-reich und kreativ ist, dass sie die Schçnheit in der Schçpfung

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sieht und mit dem, was ihr gegeben wurde, freudig herumexpe-rimentiert.

Es macht Spaß, sich das alles auszumalen. Aber es bleibt beiVermutungen, da wir die damaligen Umst�nde nicht genau ken-nen. Was wir wissen ist, dass sie eine Zeit lang in einer vollkom-menen Beziehung mit ihrem himmlischen Vater lebte. Sie lebtein perfekter Gemeinschaft mit unserem himmlischen Vater, sowie wir es eines Tages in der Ewigkeit auch erleben werden. Ichdenke gerne an sie in dieser kurzen Zeit des Paradieses, weil sieunser Prototyp ist. Sie ist die urspr�ngliche Vorl�uferin von«wild und frei», sie ist die Mutter der Tçchter Gottes.

Es gibt eine �berw�ltigende �hnlichkeit zwischen Eva undden Pferden am Strand, die mich nicht mehr losl�sst. Beide le-ben in einer Realit�t, in der weder ihre Unsicherheit noch ihrBed�rfnis nach Anerkennung ihre wahre Identit�t und Bestim-mung behindern kçnnen. Sie wurden geschaffen, werden um-sorgt und sind frei, um genau das zu tun, wof�r Gott sie ge-macht hat. Wild geboren, haben weder unsere urspr�nglicheEva noch die Pferde jemals gefragt, wie man wohl man selbstist. Oder ob sie die Richtigen f�r den Job sind. Sie richten ein-fach in den f�r sie bestimmten Rollen den Blick zielstrebig nachvorne.

Und hier, in den Verstrickungen meines eigenen zahmen undgeb�ndigten Lebens, sehne ich mich so sehr nach dem, was siehaben! An jenem Tag, als ich die Pferde zum ersten Mal sah,konnte ich mich selbst und diese ungez�gelte und unverwun-dete Freiheit nicht miteinander in Einklang bringen. Aber ichwollte es.

Vielleicht geht es dir genauso, und du siehst dich auch nichtals Wildpferd, das den Strand hinunterl�uft, frei von jeglicherLast oder Verpflichtung.

Wovon f�hlst du dich gefangen? Vielleicht f�hlst du dich ver-folgt durch dein Smartphone, das dir immer auf die Pelle r�ckt,

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oder durch Meetings, die nie aufzuhçren scheinen, oder durchdie To-do-Liste, die jeden Tag nur w�chst und lauter schreit. Viel-leicht f�hlst du dich in deiner Beziehung mit Gott oder anderennicht frei, sondern merkst, wie du in dir selbst und in deinenBeziehungen erstickst. Vielleicht hçrt sich der Aufruf, wild undfrei zu sein, toll an – wenn man nur w�sste, wie das gehen soll.Wenn du nur Zeit f�r so etwas h�ttest …

Ich f�rchte, wir verpassen eine �bernat�rliche F�lle, wennwir diese Sehnsucht in uns ignorieren.

Was w�re, wenn wir jetzt schon alles in uns h�tten, was not-wendig ist, um frei und wild voranzukommen, nur w�ssten wires einfach noch nicht?

Die Last, die wir tragen

F�r Eva war das Leben mit wilder urspr�nglicher Identit�t vonkurzer Dauer. Es war die Infragestellung dieser Identit�t, dieletztlich zu ihrem Untergang f�hrte. Und als heutige Frauenscheint es uns immer noch gleich zu gehen – wir werden hi-neingeboren in die Spannung des von Eva geschaffenen Kultur-krieges. Wie es ist, sich sicher und gleichzeitig unb�ndig-wild zuf�hlen, kçnnen wir nur erahnen, denn unsere gegenw�rtigeRealit�t ist eine ganz andere.

Zu sagen, dass die Belastung f�r Frauen in unserer gegenw�r-tigen Kultur groß ist, ist eine enorme Untertreibung. Wir lebenmit der allgemeinen Annahme, dass Frauen unabh�ngig von ih-rem Alter jederzeit makellos aussehen sollten. Nicht nur das,sondern von Frauen wird erwartet, dass sie im Innern schil-lernde Persçnlichkeiten sind, w�hrend sie gleichzeitig �ußerlichstark und erfolgreich und unabh�ngig sind.

Und als ob das erdr�ckende Gewicht der unmçglichen Erwar-tungen nicht schon genug w�re, wird die Situation f�r viele von

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uns noch prek�rer, weil die Anforderungen von Stadt zu Stadt,von Gemeinschaft zu Gemeinschaft, ja, sogar von Person zu Per-son stark variieren kçnnen. So wird von einigen Frauen erwar-tet, dass sie arbeiten und Karrieren aufbauen – aber nur in demMaße, wie es ihrer Gemeinschaft richtig erscheint. Andernortswerden Frauen wegen ihrer beruflichen Ambitionen korrigiertund dazu ermutigt, zu Hause zu bleiben, sich um Kinder zuk�mmern und p�nktlich das Essen auf den Tisch zu bringen.An manchen Orten haben Frauen den Eindruck, dass diejenigenunter ihnen nicht mithalten kçnnen, die keine tollen selbst-gebackenen Leckereien f�r ihre Kinder machen, und meidenFrauen, die ihren Kindern raffinierten Zucker geben.

Als ich mich selbst einmal von Gemeinschaft zu Gemein-schaft bewegte, erlebte ich am eigenen Leib, was es bedeutet,am neuen Ort nicht mithalten zu kçnnen beziehungsweisenicht reinzupassen. Wo ich herkam, hatte ich gearbeitet und da-nach gestrebt, dem Ebenbild der dortigen «richtigen Frau» zuentsprechen. Doch in der neuen Heimat schlug mir eine Ableh-nung dieses Ideals entgegen. Ich passte nicht hinein.

Diese Problematik wurde nicht von unseren M�ttern oderden M�ttern, die vor ihnen kamen, verursacht; es ist eine Span-nung biblischen Ausmaßes, die durch den Feind unseres Schçp-fers noch versch�rft wird. Die Wahrheit ist, dass jede Frau hi-neingeboren wird in einen Kampf: einen Kampf um unserenWert, unsere Bestimmung und die Rollen, die wir in diesem Le-ben ausf�llen.

Auf den ersten Blick scheinen die Kampflinien klar. Aber inWirklichkeit sind die Stimmen und Botschaften bestenfallskompliziert. Die Verwirrung liegt in der T�uschung, die damitbegann, dass Eva die gl�nzende, schçne Frucht zu sich nahm,weil ihr jemand sagte, dass es das Beste f�r sie sei.

Diese T�uschung ist heute noch aktiv. Von einem Lager hçrenwir, dass wir im Gleichschritt mit der Mehrheit durchs Leben

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gehen sollen. Man darf uns sehen, aber nicht hçren, wir sollenniemanden mit unseren Gedanken, Tr�umen, Stimmen oderden Gaben, die der Vater uns gegeben hat, stçren.

Zum entgegengesetzten Extrem tendiert eine lautstarke Grup-pe, die darauf besteht, dass wir aufstehen und die Kontrolle�bernehmen m�ssen. Wir sollen mit aller Macht unseren Platzfinden und unseren eigenen Weg gehen, auf Kosten von jedemund allem, was uns im Weg steht. Und nat�rlich gibt es allemçglichen Spannungen, offenen Fragen und Grenzf�lle dazwi-schen.

Erlebst du das �hnlich? In deinem Freundeskreis und in dei-ner Gemeinde oder Kirche? Kennst du die Last der Erwartungen,was Frauen alles sein «sollten»? Man hat Frauen in vielen christ-lichen Kreisen ein M�ntelchen umgeh�ngt, das biblisch nichtbegr�ndet werden kann und das uns ausbrennt.

Ladies, das macht mir Angst. Wenn eine Stute schließlich ge-z�hmt worden ist und die Last des Sattels und der menschlichenErwartungen gleichermaßen tr�gt, wird sie als «gebrochen» be-zeichnet. Nur dann erf�llt sie die von ihr erwarteten Aufgaben.

Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich glaube nicht, dassGott das f�r Eva wollte. Und ich glaube nicht, dass Gott das f�rdich und mich geplant hat. In der Bibel spricht er in bestimmtenZusammenh�ngen von Joch und Unterwerfung, ja. Und es gibtin der Bibel Gebote, an die wir uns halten wollen, und Tausendevon Weisheiten. Aber Gottes maßgebliche Mission in unseremLeben war es niemals, uns zu brechen, sondern es geht ihm da-rum, unseren Geist frei zu machen, so dass er Gott so viel Ruhmwie mçglich geben kann.

Aber es kommt vor, dass seine sanfte Stimme von denSprechchçren unseres Alltags �bertçnt wird – durch die Kom-mentare und Befehle derer, die uns sagen, wer wir zu sein ha-ben oder wie wir zu leben haben.

Ich sehe Frauen, die die L�ge glauben und wiederholen, dass

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Mutterschaft die hçchste Berufung f�r alle Frauen ist. Wusstestdu, dass das nirgends in der Bibel steht? Der einzige Aufruf vonganz oben (n�mlich von Jesus) bez�glich einer Hauptaufgabe f�runser Leben findet sich in Matth�us 6,33a (Einheits�berset-zung): «Sucht aber zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit.»

Wir sehen zu, wie die Mutterschafts-L�ge diejenigen entmu-tigt, die nicht in der Lage sind, Kinder zu kriegen. Außerdeml�hmt sie diejenigen, die ihre Kinder lieben, sich aber auch be-rufen f�hlen, zus�tzlich zur Mutterrolle in anderen Kontextenzu dienen.

Ich sehe viele ausgelaugte Frauen, die glauben, dass die ein-zige Rolle f�r sie das dem�tige Dienen ist – und das «nonstop».Sie erschçpfen sich, weil sie aus Pflichtbewusstsein heraus die-nen, und nicht aus einem Lebensstil der Anbetung heraus.

Ich kenne Frauen, die glauben, dass es dreist und falsch ist,auf eigene Faust nach Gottes Weisheit zu suchen, und die des-halb darauf warten, dass andere f�r sie eintreten, die ihnen dasWort Gottes vermitteln, anstatt zuerst selbst das Kçnigreich zusuchen.

Außerhalb der Kirche gibt es genauso viele laute und verwir-rende Stimmen, die uns sagen, wer wir sein sollen. Popstars undMedien-Moguln pr�gen eine Kultur der schlanken Kçrper undder straffen und exponierten Haut. Jetzt, da Prominente sich inden sozialen Medien tummeln, haben wir eine immer pr�senteT�r in ihre Welt, die uns stets daran erinnert, wie viel besser alsunsere eigene sie ist.

All unsere Ausreden, wieso wir kein ebenso unglaublichschçnes Leben f�hren, sind nichtig: Pinterest gibt uns dieRezepte daf�r, wie wir jeden Bereich unseres Lebens perfektio-nieren kçnnen. Dieses gl�nzende «zu schçn, um wahr zu sein»-Leben, dem wir nachjagen, verewigt den Mythos, dass dieWahrnehmung der anderen von uns und ihre Meinung �ber unsletztendlich unsere persçnliche Realit�t ist und wird.

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Der Punkt ist, dass, egal wohin wir auch blicken, Erwartun-gen uns gefangenhalten. Und es scheint so, als ob wir zumScheitern verurteilt sind. Wir blicken von Vorbild zu Vorbild, fra-gen, was eigentlich mit uns los ist, und suchen nach Wegen, wiewir mehr und mehr zur perfekten Frau werden kçnnen – werauch immer sie ist.

Aber es gibt einen Weg zur�ck.Es gibt einen Weg nach Hause.

Zu unseren Lebzeiten werden wir wahrscheinlich nicht in denGarten Eden zur�ckkehren und dort friedlich zusammenleben.

Doch wenn wir uns unseren guten Gott n�her anschauen, kçn-nen wir den L�rm der Erwartungen runterdrehen und beginnen,seine Ratschl�ge f�r unser Leben ein wenig deutlicher zu hçren.

Schatze, keine Werkzeuge

Es ist furchtbar traurig, dass wir in Amerika den Begriff «DaddyIssues» (zu Deutsch: Vaterkomplex) ins L�cherliche gezogen ha-ben. F�r so viele Frauen beginnt hier die Zerbrochenheit.

Mein leiblicher Vater ist ein witziger und lebenslustiger Leh-rer; er ist der Typ Mensch, durch dessen Pr�senz ein Raum hel-ler zu werden scheint, und niemand erz�hlt eine Geschichtebesser als er. Das Schwierige ist, dass er seinem Beruf die meisteZeit meines Lebens �ber im Ausland nachging.

Als ich ungef�hr drei Jahre alt war, bestand der Großteilmeiner Beziehung zu ihm aus Telefongespr�chen und ein- oderzweimal j�hrlich stattfindenden Besuchen. Ich habe eine Hand-voll guter Erinnerungen daran, mit ihm aufgewachsen zu sein –und wir versuchen, diesen heute so viele, wie wir nur kçnnen,hinzuzuf�gen. Aber ich habe viel mehr Abwesenheits- als An-wesenheits-Erinnerungen an ihn.

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W�hrend meiner ganzen Kindheit f�hlte ich deswegen einLoch und einen Schmerz in meinem Herzen. Ich vermisste st�n-dig meinen Vater. Und ich fragte mich, warum ich nicht gut ge-nug f�r ihn war, so dass er bei uns blieb.

Als Erwachsene kann ich auf diese Zeit zur�ckblicken und sa-gen: «Es ging nicht um dich. Er war nicht abwesend wegen et-was, das du getan hast. Du warst gut genug.» Aber es ist schwer,so etwas einem drei Jahre alten Herzen zu sagen.

Als Erwachsene lerne ich heute, die Wahrheit zu verarbeiten,dass die Entscheidungen, die mein irdischer Vater traf, nicht da-rauf beruhten, wie sehr oder wie wenig er mich liebte. Er liebtemich und meine Schwester so sehr – und tut es immer noch –,und wir tragen nicht die Verantwortung f�r seine Lebensent-scheidungen.

Heute lernen er und ich, unsere Beziehung zueinander neuzu definieren und herauszufinden, wie sie aussehen kann, ob-wohl wir auf verschiedenen Kontinenten leben. Außerdem �beich mich darin, die Wahrheit von Rçmer 8,28 auf mein Lebenanzuwenden: «Das eine aber wissen wir: Wer Gott liebt, demdient alles, was geschieht, zum Guten. Dies gilt f�r alle, die Gottnach seinem Plan und Willen zum neuen Leben erw�hlt hat.»

Mein Stiefvater trat in unser Leben, als ich in der Grundschulewar. F�r ihn begann damals die schwierige Aufgabe, meine �l-tere Schwester und mich zu lieben und zu erziehen. Zu diesemZeitpunkt unseres jungen Lebens waren wir wild und mehr alsnur ein bisschen widerspenstig, anf�llig f�r alle Arten vonSchwierigkeiten und Expertinnen im Kampf mit unserer Mutter.Ich habe meinem Stiefvater seinen Job schwergemacht, indemich als Teenager unaufhçrlich gelogen habe und rebellisch ge-wesen bin. Aber auch, weil mein Herz schon hart und verschlos-sen war, als er zu unserer Familie stieß.

In Schmerz und Verwirrung hatte mein junges Herz bereitsseine Schl�sse gezogen – basierend auf L�gen, die der Feind

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mir erz�hlte: «M�nner sehen Frauen als Werkzeuge, nicht alsSchatz», sagte er. Ich nahm an, dass alle M�nner Frauen als dieLeute sahen, die das Abendessen machen, h�bsch aussehenund generell M�nnern als B�rgerinnen zweiter Klasse dienen.

Ich entschied, dass das ganze liebevolle Vater-Tochter-Dingeine Farce war. Es war nicht echt. Jeder tat nur so.

Als meine V�ter versuchten, mich zu lieben, ließ mein Herzdies nur formhalber �ber sich ergehen. Ich wollte nichts vonihnen brauchen und nichts von ihnen erwarten. Best�tigungund Akzeptanz suchte ich an anderen Orten, da die Vaterliebesicherlich nicht real, solide oder zuverl�ssig sein konnte.

Als ich �lter wurde und sah, wie sich meine Freundinnen ih-ren V�tern anvertrauten, beil�ufig auf ihren Schçßen saßenoder sogar mit ihnen auf Hochzeiten tanzten, bemitleidete einTeil von mir sie. Ich nahm an, dass sie auch get�uscht wordenwaren, weil sie glaubten, dass die M�nner in ihrem Leben wirk-lich Gutes mit ihnen im Sinn hatten. Ich kannte die «wirkliche»Wahrheit: Das Besch�tzen der V�ter war in Wirklichkeit nur�berhebliche Kontrolle; die Zuneigung, die sie gaben, hatte nurzum Ziel, Best�tigung zu bekommen. Und meistens verbrachtendiese V�ter ihre Tage mit dem Nachdenken �ber ihr eigenes Le-ben und ihre eigenen Tr�ume und Ziele, in denen Tçchter ledig-lich als Dekoration dienten.

Dies ist leider nicht nur meine Geschichte oder mein falschesVerst�ndnis von V�tern. Ich denke, es gibt heute viele Frauen,die unglaublich verdrehte Vorstellungen davon haben, was esbedeutet, eine Tochter zu sein. Sie wurden missbraucht, verges-sen, zur Seite gelegt, benutzt. Und dadurch haben sie, wie ich,ein falsches Verst�ndnis daf�r entwickelt, was es bedeutet, eineTochter Gottes zu sein.

Ich bete, dass meine Geschichte niemandem bekannt vor-kommt. Aber ich weiß, dass sie vielen von euch allzu vertrautist oder sogar unglaublich harmlos ist verglichen mit dem, was

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ihr erlebt habt. Einige von euch sind in gesegneten und friedli-chen H�usern aufgewachsen, und euer Bild von einem Vater istgrçßtenteils unversehrt geblieben. Daf�r bin ich so dankbar. Ichbete, dass meine Tçchter das auch so erleben. Und dennoch giltf�r jede von uns unausweichlich: Irgendwann werden M�nner(V�ter oder andere) unseren Blick auf Gott beeinflussen – im Gu-ten wie im Schlechten.

Der Mangel an Vaterfiguren oder der Missbrauch durch eineVaterfigur in unserer Kultur1 ist statistisch gesehen unglaublichpr�sent. Wir wissen, dass zwischen 66 und 90 Prozent derFrauen, die in der Sexindustrie arbeiten, als Kinder sexuellmissbraucht wurden.2 Wir wissen, dass heute mehr Frauen inder Sexindustrie besch�ftigt sind als jemals zuvor in der Ge-schichte.3 Erstaunliche 90 Prozent aller Obdachlosen und allerentlaufenen Kinder stammen aus vaterlosen Familien.4 63 Pro-zent der Selbstmordversuche von Teenagern kommen in Fami-lien ohne Vaterfiguren vor.5 71 Prozent der Schulabbrecher und85 Prozent der Insassen von Jugendhaftanstalten kommen ausvaterlosen Familien – mit der Mutter als alleinerziehendem El-ternteil.6

Wir sehen die Auswirkungen dieser Verletzungen, wohin wirin unserer Gesellschaft auch blicken. Viele von uns leben in derFolge so, als w�ren sie Werkzeuge, statt daran zu glauben, dassGott sie (s)einen Schatz nennt. «Sieh, welch große Liebe der Va-ter uns geschenkt hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen!Und das sind wir!», heißt es in 1. Johannes 3,1.

Ich bin der festen �berzeugung, dass wir unendlich vieleStunden in Therapie verbringen kçnnen, Hunderte von Rehabi-litations-Programmen f�r misshandelte kleine M�dchen schaf-fen und alleinerziehende M�tter fçrdern kçnnen, so viel wirwollen – aber wir stehen trotzdem auf verlorenem Posten,wenn wir die heutige Generation von Frauen nicht auf die Wahr-heit hinweisen, die wirklich helfen kann.

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Und die Wahrheit, liebe Freundinnen, ist dies: In den Augenunseres himmlischen Vaters hat unser Status nie gelitten. Ob-wohl die Welt verdreht hat, was es bedeutet, eine Tochter zusein, ist seine Haltung uns gegen�ber absolut entschlossen ge-blieben. Die Welt kann uns nicht diktieren, was es bedeutet, vonunserem himmlischen Vater gesch�tzt zu werden, doch dieLiebe und die Beziehung zu ihm kçnnen den Schaden heilenund �berwinden, der hier auf der Erde angerichtet wurde.

Der Schçpfer des Universums hat uns nicht nur geliebt unduns ins Sein gesprochen, er hat uns auch «gut» genannt – dasist dasselbe Wort, das er benutzte, um die gewaltigen, majest�ti-schen Ozeane und die Sonne zu bewerten, die unser Sonnen-system erhellt und unser aller Leben ermçglicht.

Er sandte seinen Sohn, um einen Weg f�r uns zu bereiten,w�hrend wir noch gebrochen und s�ndig waren, mit den Fin-gern in den Ohren dasaßen und unf�hig waren, die Wahrheitzu hçren. Sein Heiliger Geist fließt unb�ndig in unserem Leben,leitet uns, f�hrt uns, bringt uns zum Wachsen und dolmetschtunsere Gebete, damit wir wirklich in Gemeinschaft mit Gottsein kçnnen.

Wir bedeuten Gott alles.Nicht, weil wir so gut sind oder weil wir es verdient haben,

sondern weil wir sein Schatz sind, der Augapfel seines Auges,die Tçchter, f�r die er wiederkommen wird. Er hat uns nie alsWerkzeug gesehen. Wir waren schon immer der Preis, f�r denes sich zu k�mpfen lohnt.

Gott begann meine Wahrnehmung dessen, was es bedeutet,eine Tochter zu sein, drastisch zu heilen, als ich selbst eine be-kam. Gloriana Eloise Connolly wurde am 14. M�rz 2008 gebo-ren. Und ich f�r meinen Teil habe noch nie gesehen, dass eineandere kleine Lady von ihrem Daddy so geliebt wird wie sie.Meinen Mann, Nick, mit unserem M�dchen zu beobachten, warso heilsam, weil ich seine F�higkeit, sie aufrichtig zu lieben, auf

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die Art und Weise zur�ckf�hren kann, wie er von unserem Gottebenso aufrichtig geliebt wird.

Wenn sie ungehorsam ist, wenn sie von ihm wegrennt,wenn sie ihren eigenen Willen durchboxen mçchte, liebt ersie trotzdem.

Noch ehe sie etwas Gutes tun konnte, bevor sie irgendwie«n�tzlich» war, als sie noch bed�rftig und �berhaupt nicht hilf-reich war, liebte er sie und h�tte ihr Leben f�r sie gegeben.

Wenn mein menschlicher Ehemann eine Tochter so gut undso heftig lieben kann, wie viel mehr kann ein vollkommenerund heiliger Gott uns lieben?

Botschafterinnen, keine Waisen

Unsere Geschichte als Tçchter hçrt nicht auf bei unserer Adop-tion hinein in die Familie Gottes, die durch das Blut Jesu erkauftwurde. Gott hat uns nicht nur den Weg nach Hause bereitet. Erhat uns auch in sein Kçnigreich berufen.

Ich sehe so viele Frauen, die hier, an diesem Punkt in ihrerBeziehung zu Gott, auf die Bremse treten. Es ist fast so, als w�r-den sie sagen: «Okay, man l�sst mich armes Waisenkind in dieFamilie. Jetzt werde ich hart arbeiten, um mir meinen Platz amTisch zu verdienen, und nicht zu viel Aufhebens machen.»

Immer wieder erlebe ich, dass Frauen sich im Kçnigreich ge-duldet f�hlen, sich aber immer noch ziemlich unsicher sind,wie der Weg von diesem Punkt aus weitergeht und was sie alsn�chstes tun sollen.

Wirf mal einen Blick auf 2. Korinther 5,20. Dort steht:

Als Botschafter von Christus fordern wir euch deshalb im NamenGottes auf: Lasst euch mit Gott versöhnen! Wir bitten euchdarum im Auftrag von Christus.

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Wenn wir wirklich Gottes Botschafterinnen sind, sind wir wiediese wichtigen Leute aus fernen L�ndern, die in langen Limou-sinen mit wehenden kleinen Flaggen herumfahren und dabeiden ganzen Tag den Verkehr aufhalten. Wir haben durch Chris-tus große Autorit�t erhalten! Wir sind zum Handeln aufgerufen!Und diese Bibelverse sagen: Es ist, als ob Gott seinen «Lasst euchmit mir versçhnen»-Appell durch uns macht!

Ladies, ihr seid nicht dazu berufen, schweigend auf eurenH�nden zu sitzen. Wir sind von unserem großen Gott dazu beru-fen, wild in unsere Kultur hineinzulaufen und ihr eine unglaub-liche Botschaft des Lebens entgegenzurufen: «Gott liebt dich!Welt! Gott liebt dich und hat die Bahn f�r dich frei gemacht!Komm mit mir! Du musst nicht verloren und allein leben! MeinVater hat einen Platz f�r dich! Er sieht dich als seinen ultimati-ven Schatz!»

Wenn wir ehrlich sind, leben wir nicht immer so. Es ge-schieht schnell, dass wir uns unserer Berufung nicht mehr si-cher sind. Wir haben Angst davor, die Grenzen zu verlassen, diedie Kultur uns vorschreibt. Wir wollen nichts Falsches sagenoder tun. Und so sind wir passiv, bis wir schließlich das Gef�hlhaben, dass wir eigentlich gar nichts Wichtiges zu sagen oder zutun haben.

Auf der anderen Seite f�hlen wir uns manchmal zum Schwei-gen verdonnert beziehungsweise ungehçrt, wenn wir doch ein-mal die Wahrheit aussprechen. Und statt in der Zuversicht zuleben, dass wir als Botschafterinnen Gottes beauftragt wurden,f�hlen wir uns verwirrt und desorientiert angesichts der Erwar-tungen anderer an uns.

Zus�tzlich f�hle ich mich gezwungen, auch auf das Folgendehinzuweisen – und das gerade vor dem Hintergrund unsererStellung als adoptierte Tçchter und Botschafterinnen von GottesLiebe: Ich glaube manchmal, dass wir Christinnen vergessenhaben, dass wir in Jesus bereits einen Hohepriester haben und

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niemanden sonst brauchen, der uns den Zugang zu Gott ebnet.Wenn wir tats�chlich Teil des heiligen Volkes und Mitglieder deskçniglichen Priestertums sind (1. Petrus 2,9), sollte es da unteruns eine Hierarchie christlicher Prominenter geben, die als be-sonders angesehen, gesalbt oder besser ausger�stet gelten, umdas Werk des Evangeliums zu tun?

Die M�nner und Frauen auf der B�hne und auf der R�ckseiteder B�cher kçnnen sicherlich Wegweiser sein. Aber sie kçnnenniemals den Platz Jesu einnehmen, der f�r uns eintritt. Wennsie es dennoch tun, so setzen wir unsere Hoffnungen auf dieFalschen.

Ich gehe auf viele christliche Konferenzen, und ich sehe dort,wie schçn es ist, zu neuer Weisheit zu gelangen und Wahrheitzu hçren. Aber ich bemerke auch einen Wandel in den Herzenmeiner Schwestern, weil sie immer çfter Anf�hrerinnen auf Po-deste stellen und ihnen eine allzu wichtige Bedeutung in ihremLeben geben. Sie verf�hren damit nicht nur die Leiterin, von dersie lernen – und stellen gleichzeitig sicher, dass diese Person dieWelt grausam entt�uschen wird, wenn sich herausstellt, dass sieauch nur eine S�nderin ist –, sondern sie setzen als Tçchter undBotschafterinnen auch ihren Glauben an Gottes wilden und hei-ligen Ruf in ihrem eigenen Leben herab.

Geboren, um mutig zu reden

Wenn wir wirklich ein Schatz sind, wenn wir keine Priestermehr brauchen, die f�r uns eintreten, und wenn wir geborenwurden, um wild und frei zu sein, dann �ndert dies alles – ein-schließlich der Art, wie wir mit Gott reden.

Meine Tochter Glory kommt am Morgen die Treppe herunter– und redet. Sie geht abends schlafen – und redet. An Sams-tagen ist sie oft die Letzte, die aufwacht. Aber dann stapft sie

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die Treppe herunter, und Worte, Pl�ne und Ideen sprudeln ausihrem Mund, ohne dass sie davon Notiz nimmt, was im Fernse-hen l�uft oder welche Unterhaltungen gerade stattfinden. OhneAtem zu holen, redet sie weiter, klettert direkt auf den Schoßmeines Mannes und schmiegt sich an ihn – und die Worte wer-den den ganzen Tag �ber weiter aus ihr heraussprudeln, bis sieabends einschl�ft.

Sie ist eine Tochter, die weiß, was sie ihrem Papa bedeutet. Sieist eine Tochter, die weiß, dass die Kommunikationswege immeroffen sind. Sie liebt es, mit ihrem Vater zu reden. Sie wendetsich nicht durch einen Mittelsmann an ihn oder bittet ihre Br�-der, ihr zu sagen, was er gesagt hat. Wenn sie verwirrt, verletzt,einsam oder ver�ngstigt ist, klettert sie direkt auf seinen Schoßund schnappt sich sein Gesicht und bittet um Aufmerksamkeit.Verflixt, sie wird gegen ein paar Schienbeine treten, um dorthinzu kommen, wenn es nçtig ist!

Sollte es zwischen Gott und uns nicht ebenso sein? Und dochsehe ich meine Schwestern in Christus und auch mich selbst in�ngstlichsten Formen der Kommunikation mit unserem lieben-den und m�chtigen Vater reden. Wir bangen: «So will er mit mirsicher nicht reden», oder wir beschweren uns: «Gott sprichtnicht zu mir, wenn ich in der Bibel lese.» Wir bitten unsereFreunde, f�r uns zu beten, bevor wir auch nur daran denken,f�r uns selbst zu beten. Die meisten von uns reden çfter mit an-deren �ber ihre Probleme und verarbeiten und verdauen sie mitihnen, als dass wir unser Gesicht dem Vater zuwenden und ihmsagen, was vor sich geht.

Ladies, wir brauchen kein Leben in scheuer Kommunikationzu f�hren. Als Eva im Garten war und mit Gott sprach, nannteniemand sie deswegen anmaßend, weil sie es wagte, mit demKçnig des Universums zu sprechen. Niemand schlug ihr auf dieFinger, weil sie ungefragt gesprochen hatte. Sie lebte in wilderund freier Kommunikation mit der einen Liebe, die sie immer

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gekannt hatte. Damals galt das nicht als «wild» – es war einfachnat�rlich.

Das Problem ist, dass wir uns manchmal, wenn wir offen undfrei mit unserem Vater kommunizieren, als zu dramatisch, auf-gesetzt, emotional oder falsch oder auch als «too much» empfin-den. Und manchmal h�lt gerade diese Angst uns von der wah-ren und schçnen Intimit�t zur�ck, die Gott uns anbietet.

Aber so muss es nicht sein. So wie mein Mann Nick es liebt,mit unserer Tochter Glory zu sprechen, liebt Gott es, mit uns zureden.

Er ist hier.Und er hçrt uns zu.

In der Komfortzone des zahmen Lebens

Ich finde es cool, dass der Minimalismus wieder in Modekommt. Hast du eigentlich diese ganze Aufregung rund um die«Capsule Wardrobe»7 mitbekommen? Im Wesentlichen stecktdahinter die Idee, dass du deine gesamte Garderobe auf dreißigbis f�nfzig Elemente reduzierst, die du wirklich, wirklich liebst,und dass du den Rest loswirst. Nicht nur, dass man den Rest los-wird, sondern man kauft auch nichts Neues mehr ein. F�r einebestimmte Zeit wird nur diese Kleidung getragen, und zwar be-wusst und gut durchdacht.

Hayley war eine der Ersten, die mir diese Idee vorstellte,und es funktioniert gut f�r sie. Sie ist eine Pionierin des Mini-malismus.

Aber dann gibt es noch Frauen wie mich. Meine Damen, ichbin mir nicht sicher, ob ich das sagen soll, aber ich bin im Mini-malismus schrecklich. In den ersten paar Jahren, in denen ichimmer wieder von der «Capsule» hçrte, sagte ich den Leutenstets: «Ich will das nicht machen.»

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Ich mag es, viele Dinge zu besitzen. Und ich liebe es, st�ndignoch mehr Dinge hinzuzuf�gen. Ich w�rde nicht sagen, dass icheine �bereifrige K�uferin bin. Aber das Letzte, was ich verlierenwollte, war meine Freiheit, mir schnell mal ein preisg�nstigesShirt aus dem Sale-Regal im Discounter zu schnappen, wennich sowieso gerade reinschaute, um Windeln zu kaufen.

Ich ging der ganzen Idee aus dem Weg, bis ich f�hlte, dass tiefin mir drin wirklich langsam eine gewisse �berzeugung rumorte.

Im Wesentlichen geschah dies, je mehr ich mich mit Frauenumgab, die leidenschaftliche Leiterinnen und AnbeterinnenGottes waren. Durch sie realisierte ich, dass solche Frauen meistein unglaublich einfaches Leben f�hrten. Sie trugen immer wie-der dieselben Kleider. Sie reduzierten ihren Lebens-Ballast aufein Minimum, so dass sie weite und lange Strecken mit demHerrn unterwegs sein konnten.

Schlussendlich habe ich dann beschlossen, es auszuprobie-ren. Ich wollte meine eigene Capsule Wardrobe zusammenstel-len. Und ich war wirklich begeistert.

Aber was passiert, wenn eine Frau, die von Dingen besessenist, versucht, das zu reduzieren, was sie hat? Genau: Ich f�gteihnen einfach weitere hinzu. Ich habe den ganzen Januar damitverbracht, hektisch einzukaufen und meine Garderobe zu er-weitern. Nun, wenn ich schon nichts anderes kaufe, dann braucheich diese Hose wirklich! – Oh, oh, oh! Ich kann keine CapsuleWardrobe ohne dieses Shirt machen …

Das Ganze war �ußerst erb�rmlich. Ich fand mich Monatesp�ter mit einem gef�llten Schrank und einem m�den und frus-trierten Herzen wieder.

Viele von uns kennen �hnliche Geschichten, oder? Es spieltkeine Rolle, ob es sich um Kleidung, Mçbel, Gadgets, Kosmetikoder den t�glichen Latte-Kaffee handelt. Unser Leben ist ange-f�llt mit kleinen Dingen, von denen wir �berzeugt sind, dass wirsie brauchen, um �berleben zu kçnnen.

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Ich glaube nicht, dass dies notwendigerweise auf Egoismuszur�ckzuf�hren ist.

Ich denke, wir haben vergessen, dass wir wild sind. Wir erin-nern uns nicht daran, dass wir einen Vater haben, der all unsereBed�rfnisse stillen mçchte. Wir haben die Wahrheit ignoriert,dass er uns mehr liebt als die Lilien, die er in Herrlichkeit kleidet(Matth�us 6,28–29).

Seine Liebe und seine Gegenwart sind nicht mehr das, wasunser Leben w�rzt und unsere Welt s�ß macht. Deshalb sam-meln wir Dinge an, wir kaufen, wir raffen Zeug an uns, wir stel-len es aus, wir w�nschen uns Dinge, und wir kreieren Pinterest-Boards. In dem Glauben daran, dass es eines Tages genug seinwird, f�gen wir unserem Leben immer mehr Dinge hinzu.

Aber was ist, wenn all das Zeug, das wir f�r uns selbst und dieHoffnung auf ein besseres Leben anh�ufen, genau das ist, wasuns eigentlich runterzieht?

W�hrend es in der Capsule Wardrobe nur darum geht, unsereSchr�nke auf das Wesentliche zu reduzieren, kçnnten wir eini-ges lernen, indem wir das «Zeug des Lebens» reduzieren – undgleichzeitig unsere �ngste in Bezug auf dieses Zeug –, und so zuden wesentlichen Dingen zur�ckkehren, die Gott f�r uns inpetto hat. Wir kçnnen kein «Capsule-Leben» f�hren, solangewir nicht zur Wurzel des Problems zur�ckkehren und unsereIdentit�t als wilde Frauen zur�ckgewinnen.

Wilde Frauen haben genug – heute, jetzt, in diesem Moment –,weil sie Gott haben. Wilde Frauen wissen, dass er f�r die n�chsteMahlzeit sorgen wird, denn das ist seine Art. Wilde Frauen liebenden Lebensraum, in den Gott sie gepflanzt hat, und die Menschen,die er dort platziert hat, damit sie mit ihnen zusammen wachsenkçnnen.

Wilde Frauen sch�tzen nat�rliche Schçnheit. Wie die Welt siewahrnimmt, bestimmt nicht ihre Identit�t. Wilde Frauen wis-sen, dass Freundlichkeit, Freude und Freiheit sie schçn machen

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und ihre Gesichter zum Leuchten bringen. Sie wissen, dass ihr«Christus-Duft» und der Wind des Heiligen Geistes, der durch ihrZuhause weht, sie wohlriechender machen als jede Duftkerze,die sie in einem Laden finden kçnnen.

Ja, wir leben in einer Welt, die randvoll ist mit Krempel. Aberwenn wir in die Wildnis zur�ckkehren wollen, m�ssen wir be-reit sein, leicht zu packen.

Wir kçnnen zur�ck zum Ursprung. Wir kçnnen wild wieder-geboren werden.

Darum geht es in diesem Buch.Wo auch immer du bist, egal, wie allt�glich oder gebrochen

oder idyllisch dein Leben ist – und auf welchem Weg du dichauch befindest: Das wilde und freie Leben wartet auf dich. Esist am Kreuz erkauft worden, und das Reich Gottes wartet aufdich. Es ist bereit daf�r, dass du deinen Platz einnimmst. Es istnie zu sp�t, «Ja» zu sagen. Die Geschichte ist nicht vorbei. Sief�ngt gerade erst an.

Dies ist kein M�rchen, in dem du in einem Elfenbeinturmwarten musst, bis M�nner dich herauslassen oder Jesus zur�ck-kommt.

F�hlst du dich verletzt und angeschlagen, weil du um deinenPlatz gek�mpft hast? Brauchst du Erneuerung, weil du zu langezuckers�ß l�chelnd, aber unt�tig herumgesessen bist? – Die Zeitist jetzt da.

Lass uns zur�ck in den Garten gehen, f�r den wir heil, gut,wild und frei erschaffen wurden. Lasst uns auf das Kreuz Christizur�ckblicken, wo wir Freiheit, Befreiung, Erfrischung und Be-rufung finden. Erinnern wir uns daran, dass wir Tçchter sind.Nehmen wir unseren Platz als Botschafterinnen ein.

Lasst uns mit unserem Vater reden, in der Gewissheit, dasser wirklich zuhçrt und sich wirklich k�mmert. Lasst uns inder festen Erwartung leben, dass er alle unsere Bed�rfnissestillt. Lasst uns unser Leben des Seufzens und Wartens hinter

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uns lassen und uns fragen, was passieren w�rde, wenn wirwirklich in das Leben eintreten w�rden, das er f�r uns imSinn hat.

Gebet

Heiliger Geist, komm und erinnere uns auf deine liebevolle undvollkommene Art daran, wof�r du uns erschaffen hast. Vater,richte die Augen unserer Herzen fest auf dich, w�hrend wir ver-suchen, unsere Identit�t und den Weg, den wir beschreiten sollen,kennen zu lernen. Gib uns Ohren, um zu hçren, wie du uns nennst,und hilf uns, die Welt zum Schweigen zu bringen, die uns von allenSeiten anschreit. Bring uns zur�ck in den Garten. Bring uns zu-r�ck in die Wildnis, Vater. Amen.

Hayleys Gedanken

Ich will ehrlich sein. Als wir anfingen, von «wild und frei» zusprechen, war mein erster Gedanke: «Okay, aber bitte nicht zuwild». – Vielleicht war das auch dein anf�ngliches Bauchgef�hl?

Weil ich aber die Bibel kenne, glaube ich, dass wir einen gro-ßen Teil unserer Verantwortung als Gl�ubige verpassen, wennwir nicht auf wilde Art und Weise das umsetzen, wozu Gott unserschaffen hat. Wir wurden nach dem Bild Gottes geschaffen;unsere urspr�ngliche Mutter und unser urspr�nglicher Vater be-wohnten den wildesten, �ppigsten und sichersten Garten. Dassollte auch unser Zuhause sein.

Aber die Dinge laufen nicht immer wie erhofft, und wirbrauchten einen Retter, der uns aus unserer Misere zog.

Das bedeutet aber nicht, dass wir aufhçren sollten, nach un-serer Eden-Identit�t zu suchen.

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Wenn du w�sstest, dass dein rechtm�ßiges Erbe ein wunder-schçner und exotischer Garten ist, w�rdest du nicht losgehenund ihn suchen? Nun, genauso erstaunlich ist dein ewiges Erbe.Und es ist in Ordnung, wenn du einen kleinen, wilden, aufge-regten Stolz in deinen Schritten sp�rst, w�hrend du dich dorthinaufmachst.

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