Johannes Tauler Predigt 41

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  • 8/14/2019 Johannes Tauler Predigt 41

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    Johannes Tauler Predigt 41

    Diese Predigt gibt eine zweite Auslegung des Evangeliums nach dem heiligen Lukasvom fnften Sonntag (nach Dreifaltigkeit), (in dem erzhlt wird, wie Christus) vondem Boot (aus das Volk lehrt). Sie warnt uns vor knftigen Strafen (Gottes) undlehrt uns, unsere Herzen freizumachen von allen Geschpfen und verklrtegottfrmige Menschen zu werden.

    "UND' JESUS STlEG IN EIN BOOT, das dem Simon gehrte."Im Evangeliumdieser Zeit von dieser Woche lesen wir unter anderem, da unser Herr Jesus in einSchifflein stieg, das dem Simon gehrte, und ihn bat, da er das Boot ein wenigvom Land abstoe. Und er sa und lehrte das Volk vom Schiff aus; dann sagte erzu Simon: "Fahre dein Boot hinaus auf die hohe See, und wirf deine Fangnetzeaus!" Simon erwiderte: "Herr, wir haben uns die ganze Nacht abgemht und nichts

    gefangen. Aber auf dein Wort hin will ich die Netze auswerfen." Und so taten sieund fingen so viele Fische, da das Netz zu reien anfing (Luk. 5, 8).

    Nach viel anderen Worten heit es, da die Fischer das Boot derart mit Fischenfllten, da sie (beinahe) versanken. Da fiel Petrus dem Herrn zu Fssen und sagte:"Geh weg von mir, Herr, denn ich bin ein sndiger Mensch."1

    Von dieser Barke wollen wir sprechen. Das Schifflein, das unser Herr auf die hoheSee fahren hie - "Duc in altum" -, ist nichts anderes als der zu Gott strebende

    Grund des Menschen und seine Gesinnung. Dieses Schifflein fhrt auf demsorgenbringenden, aufgeregten Meer dieser gefhrlichen Welt, die allerwege auf denMenschen einwirkt und ihn erregt2 ; bald durch Freude, bald durch Leid, bald so,dann so. Wie sorglich es um alle die steht, deren Grund mit Neigung und Sinnensich in solcher Erregung befindet und sogar noch daran hngt - wer das erkennte,dessen Herz knnte vor Leid brechen. Aber was nachkommen wird, daran denktihr nicht! In Blindheit und Torheit befangen, kmmert ihr euch nur um Kleidungund Schmuck. So verget ihr euch selbst und das furchtbare Urteil, das eurer wartet, ob heute oder morgen, wit ihr nicht. Wsstet ihr, welch schreckliche

    Angst und welche Gefahr die Welt bedroht und die, welche Gott nicht lauter inihrem Grunde anhangen! Allen, die nicht wenigstens denen anhangen, die in Wahrheit (Freunde Gottes) sind, wird es bel ergehen, wie eine Offenbarungkrzlich den wahren Gottesfreunden gezeigt hat.

    1Die freien, nicht immer zuverlssigen Zitate Taulers aus dem Gedchtnis sind hier wie

    anderwrts stillschweigend berichtigt.2" wetent"" bei Vetter 170,17 an .wetec" = "aufgeregt" angepat, mit Rcksicht auf das

    folgende "bald durch Freude".

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    Und wer das wsste, wie der Glaube untergehen wird, der knnte es mit seinenmenschlichen Sinnen nicht ertragen. Die das erleben, mgen daran denken, daeuch dies gesagt wurde!

    Nun denn zu unserem Gegenstand: "Duc in altum Fahre hinaus auf die hoheSee!" Das ist der erste Weg, der vor allem notwendigerweise eingeschlagen werdenmu, da der Seelengrund hinaufgefhrt werden soll und mu in die Hhe, dassseine Liebe, sein Sinnen, seine Gunst, weg von allem gefhrt werden mu, dasnicht Gott, sondern Geschpf ist. Wer also in diesem furchtbaren Meere nichtzugrunde gehen, nicht ertrinken will, der mu notwendigerweise ber alleGeschpfe, mgen sie sein oder heien wie immer, erhoben sein. - Nun sagte SanktPetrus zu dem Herrn: "Gebieter, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts

    gefangen." Das war in der Tat wohlgesprochen. Alle, die mit den ueren Dingenumgehen, sie arbeiten im Dunkel der Nacht und fangen gar nichts. Unser Herr(aber) sprach: "Werfet die Netze aus, und ihr werdet einen Fang tun. Und siefingen so viele Fische, da das Netz zu reien drohte. Dies geschah vor unseresHerrn Auferstehung. Als sie spter fischten, da drohte das Netz nicht mehr zuzerreien, sagt die Schrift (Joh. 21, 6).

    Ja, was bedeutet dieses Netz, das unser Herr sie auswerfen hie und mit dem siesoviel fingen? Das Netz, das man auswerfen soll, ist der Gedanke: seine

    Erinnerungskraft soll der Mensch zuerst "auswerfen" in heiliger Betrachtung undsoll mit ganzem Flei all die Gegenstnde sich vornehmen, die ihn zu heiligerAndacht ziehen oder ihn dazu geneigt machen knnen: das ehrwrdige Leben undLeiden, den heiligen, liebevollen Wandel und das Werk unseres lieben Herrn.Dahinein soll sich der Mensch so tief versenken, da ihm Liebe und Freude all sineKrfte und seine Sinne durchstrme mit so groer Zuneigung und solcher Freude,da er diese Freude nicht in sich verbergen kann und sie in Jubel ausbricht.

    Nun (also): "Duc in altum - Fhre das Schiff auf die Hhe", denn dies war noch

    der niederste Grad. Es mu hher hinauf gefhrt werden. Soll der Mensch auenund innen ein gelassener und geluterter Mensch werden und innen ein verklrter,'das, was Sankt Dionysius einen verklrten, gottfrmigen Menschen nennt, so musein Schiff (noch) weit hher gefhrt werden; das heit: der Mensch gelangt dahin,da ihm all das entfllt, was seine niederen Krfte erfassen knnen: all die heiligenGedanken und liebevollen Bilder, die Freude und der Jubel, und was ihm je vonGott geschenkt ward. Das alles dnkt ihm nun grob und wird von da ausgetrieben,so da es ihm nicht mehr zusagt und er nicht dabeibleiben kann, und das will er(auch) nicht; was ihn aber anzieht, das besitzt er nicht; und so befindet er sich

    zwischen zwei einander widerstreitenden Richtungen und Ist in groem Weh undgroer Drangsal.

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    Nun ist das Schifflein auf die Hhe gefhrt, und dazu, dass der Mensch in dieserNot verlassen steht, erhebt sich in ihm noch all die Drangsal und die Versuchungund all die Bilder und die Unseligkeit, die der Mensch seit langem berwundenhatte; die streiten nun wider ihn; sie kommen mit aller Kraft und strzen sich mit

    schwerem Unwetter auf sein Schifflein. Und die Wogen schlagen hinein in dasBoot. Frchte dich nicht! Ist dein Schiff nur fest und gut vertut und verankert, soknnen ihm die Wellen nichts anhaben; so wird noch alles gut. Im Buch Job lesenwir: Nach der Finsternis hoffe ich auf das Licht." Bleibe allein mit dir selber, laufnicht fort, ertrag dein Leiden bis zum Ende, und suche nichts anderes!

    So laufen etliche Menschen, die in dieser inneren Armut stehen, weg, und suchenimmer nach etwas anderem, womit sie der Drangsal entgehen knnen. Das ist garschdlich. Oder sie beklagen sich und fragen die Lehrmeister und werden (dadurch)

    nur noch mehr verwirrt. Halte dich in dieser Not frei vom Zweifel: nach demDunkel kommt der helle Tag, der (lichte) Sonnenschein. Hte dich, wie wenn esum dein Leben ginge, davor, da du auf nichts anderes verfllst, sondern harre aus!Wahrlich, wenn du dabeibleibst, so ist die Geburt (Gottes in dir) nahe und wird indir vor sich gehen. Und glaubet mir auf mein Wort, da keine Drangsal imMenschen entsteht, es sei denn Gott wolle eine neue Geburt in ihm herbeifhren.Und ferner: was immer die Drangsal oder den Druck wegnimmt, ihn stillt oderlst, das eben auch wird in dir geboren und ist die neue Geburt, es sei Gott oderdas Geschpf.

    Und nun prfe dich: wenn dir ein Geschpf (diese Drangsal abnimmt), es sei werimmer, ist es mit der Gottesgeburt in dir vorbei. Bedenke nun, welchen Schaden dudir damit zufgst! Wre dein Schifflein, dein Geist, dein Herz an dem festen Steinverankert, von dem der edle Paulus spricht, weder Tod noch Leben, weder (dieEngelchre der) Herrschaften oder Gewalten knnten dich zum Weichen bringen.Htten sich alle Teufel und alle Menschen verschworen, je feindlicher sie dir wren,um so mehr drngten sie dich in dein Schifflein, um so mehr stiegest du zur Hhe. Auf diese Art nhme der Mensch mehr zu und stiege hher als durch all die

    ueren bungen, die alle Welt zusammen vornehmen knnte, (dadurch) da erdieses Dunkel und diese Drangsal bis zum Ende durchleidet und sich darin (demWillen Gottes) berlt, welcher Art es ihn auch schmerze oder bedrcke, und erkeinerlei Vorwand sucht (sich dem zu entziehen).

    Mag da kommen, was will, von auen oder innen: la alles ausschwren, suchekeinen Trost, dann wird Gott dich sicher erlsen; mache dich frei davon, undberla alles Gott. Ihr Lieben! Das ist der allerkrzeste und nchste Weg zurwahren Gottesgeburt, die da unmittelbar in all das hineinleuchtet. Oft verfllt einuerlicher Mensch einem ueren Leiden:

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    vielleicht wird ihm etwas nachgeredet oder zugefgt, das ihm als Unrecht erscheint;und davon3 wird ihm so eng, als ob ihm die Welt zu eng sei. Knnte der Menschdas in sich unterdrcken und liee es in sich ausschwren den Wunden Gotteszuliebe und beklagte sich nicht und rchte sich nicht: seiner Wunde wrde ein

    wonniger Friede entstehen. Wodurch wird dann (erst) einem inneren Menschen,der sich ganz Gott berliee, Frieden und Freude erwachsen? Durch keinenGeringeren als durch Gott selbst.

    Meine Lieben! Wollt ihr euch an ganzen und wahren Zeichen selbst erkennen, wieihr seid, so betrachtet, was euch am allermeisten zu Lust oder Leid, zu Freude oder Jammer bewegt; es sei, was immer es wolle: das ist dann euer Bestes, es sei Gottoder ein Geschpf. Bist du von Gott ganz erfllt, so knnen alle Geschpfe dir deinSchifflein, (das heit) deinen auf Gott strebenden Grund weder (vom Ufer)

    wegtreiben noch dich seiner berauben. Dem Menschen gibt der allergtigste Gottein solches Kleinod, nmlich solche Freude, da er in seinem Innern solchenwahren Frieden und solche Sicherheit hat, die niemand verstehen kann, auer wersie (selber) besitzt. Es ereignet sich wohl, dass die Wellen im Sturm oft von auenan sein Schiff schlagen, als ob sie ihn jetzt ertrnken wollten: doch kann das nichtso ungestm geschehen, da er nicht innen in gutem Frieden bleiben knnte. Odersein Schifflein wird von auen zum Schwanken gebracht und geschttelt; aberniemals wird es ihm entrissen: denn ihm bleibt stets sein innerer gttlicher Friedeund seine wahre Freude.

    Erschreckt nicht, ehrbare Leute4 wenn euch dies nicht zusagt. Es gibt ja ebensoviele arme Fischer wie reiche. Doch sollt ihr eines wissen: ein Mensch mag sichnoch so wenig in der Frmmigkeit ben, hat er es aus dem Grunde (seiner Seele)im Sinn und begehrt er es, Gott von ganzem Herzen5 zu lieben, und bleibt dabeiund liebt die Gottesfreundschaft bei all denen, die bereits Freunde Gottes sind,und verharrt hierin in aller Einfalt, ohne da ihn Hindernisse beirren, und liebt erGott in allem seinem Tun: seid sicher: jener Friede wird (auch) ihm zuteil, undwre es in der Stunde seines Todes.

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    denne aber" bei Vetter 173,7 von Corin in danabe" gendert, das sich auch im KT findet.

    4Vgl. Pred. 37, Anm. 2.

    5Zu Vetter 173,30 wrtlich: .ein starker, groer Liebhaber Gottes zu sein".

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    Aber in dem Frieden, dessen sich die wahren Freunde Gottes erfreuen, bleibt eineArt Unfrieden: ihr "Netz" dehnt sich so sehr aus da der Gottesfreund dem Herrnnicht so viel sein kann, wie er es gerne wre, und da (umgekehrt) ihm Gott nichtso viel ist, um ihm vollkommen zu gengen.

    Da liest man von einem, der ging im Wald vierzig Jahre auf allen vieren (um Gottnahe zu kommen) und fand (doch) nie gttlichen Trost. Es ist aber gar nicht zubezweifeln, da.er mehr gttlichen Trost besa als tausend andere. Aber das.gengte .Ihm nicht: er wollte ihn im hchstmglichen Ma besitzen. Dieser Friedeim hchsten Ma, das ist der wesentliche Friede, von dem geschrieben steht:"Suche den Frieden, und jage ihm. nach."6

    Dieser Friede folgt der wesentlichen Umkehr, der Friede, der alle Sinne berragt.Wenn sich das Ungenannte, das namenlos in der Seele ist, ganz zu Gott wendet, so

    folgt und wendet sich zu Gott alles, was in dem Menschen einen Namen besitzt.Auf diese Wendung zu Gott hin gibt sich allezeit alles, was in Gott namenlos ist,das Ungenannte und alles, was in Gott Namen hat: das alles gibt sich demMenschen, der sich zu Gott kehrt.

    In diesen Menschen sprach Gott seinen Frieden, und dann kann der Mensch wohlsprechen: "Ich will hren auf die Stimme des Herrn in mir; denn er sagt: Friedeseinem Volk und denen, die ihm ihr Herz zuwenden."7 Das sind die Menschen, dievon Sankt Dionysius gottfrmig genannt werden. Diese Menschen hat der heilige

    Paulus wohl gemeint: Mchtet ihr in der Liebe verwurzelt sein. Dann vermgetihr mit allen Heiligen die Breite und Lnge, die Hhe und Tiefe Gottes zuerfassen" (Eph. 3, 17 ff.).

    Die Hhe und die Tiefe, die sich in diesen Menschen enthllt, knnen wederVernunft noch Sinne eines Menschen erfassen; das geht ber alle Sinne; das ist derAbgrund. Dieses Gut wird nur denen geoffenbart, die nach auen geluterte undinnen verklrte und in ihrem Innern verweilende Menschen sind. Diesen Leutenbedeuten Himmel und Erde und alle Geschpfe ein reines Nichts, denn sie sind

    selber ein Himmel Gottes, denn Gott wohnt in ihnen.

    6Vetter 174, 13: .si suchent den friden, und der volget in". Vgl. Corin II, 221 Anm.7Mit Corin auf Grund der Septuaginta, die hier einen klaren Sinn gibt. VgI Corin, Sermons II,

    222, Anm. 3. Vgl. Echter-Bibel, Wrzburg 1953: Psalmen S. 173, Ps. 85 (84), 9.

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    Unser Herr sa im Schiff und lehrte das Volk: so weilt Gott in diesen Menschenund herrscht und lenkt in ihnen die ganze Welt und alles Geschpf.

    Ja, kommt der Mensch so recht in diesen Grund und in dieses Sein, so mu dasNetz notwendigerweise reien. Glaubt nicht, da ich in eigenem Erleben bis dahingelangt sei. Gewi sollte kein Lehrer von Dingen sprechen, die er nicht selbst erlebthat. Doch zur Not gengt, da er liebe und das im Sinn habe, wovon er spricht,und ihm kein Hindernis bereite. Doch wisset, da es nicht anders sein kann.

    Als so viele Fische ins Netz gegangen und gefangen worden waren, fing das Netz zureien an. Gelingt dem Menschen ein solcher Fang, da er (in diesen Grund undin dieses Wesen) gelangt, dann mu des Menschen Natur, die hierzu zu schwachist, reien, derart, da dieser Mensch nie einen gesunden Tag mehr sieht. Das fgtsich gut zu Sankt Hildegards Worten: Gott nimmt seine Wohnung nicht in einem

    starken und gesunden Leibe"; und Sankt Paulus sprach: Die Tugend vollendetsich in der Schwachheit." Diese Schwachheit aber schreibt sich nicht von uererbung her, sondern von dem berflieen der berstrmenden Gottheit, der diesenMenschen so berflutet hat, dass der arme irdische Leib das nicht ertragen kann.Denn Gott hat diesen Menschen so ganz in sich gezogen, da der Mensch ganzgottfarben wird. Alles, was in ihm ist, wird in einer ber alles Sein hinausgehenden Weise durchtrnkt und berformt, dass Gott selbst die Werke dieses Menschen wirkt. Und das nennt man mit Recht einen gottfrmigen Menschen. Denn werdiesen Menschen recht betrachtet, she ihn als Gott nur von Gnaden, verstehtsich , denn Gott lebt und west und wirkt in ihm alle seine Werke und hat indiesem Mensch an sich selbst seine Freude. In solchen Menschen findet Gottseinen Ruhm. Sie haben wahrlich ihr Schiff in die Hhe gefhrt, ihr Netzausgeworfen und viel gefangen. Kommt das Schiff an die Stelle des hohen Meeres,wo dies am tiefsten ist, so versinkt das Schiff mitsamt dem Netz, und alles brichtauseinander. Mit Recht wird die (menschliche) Eigenheit zerbrochen und zerrissen.Denn: soll ein jeglich Ding werden, was es nicht ist, so mu das, was es ist,zunichte werden.

    Hier gehen auf gewisse Art Leib und Seele unter in diesem Meer; sie bssen ihrenatrlichen Werke und Ttigkeiten ein, verlieren, was sie in natrlicherweise nachihren eigenen Krften getan haben. Und beim Versinken in dieses grundlose Meerbleiben ihnen weder ihre natrliche Weise zu denken noch deutliche Begriffe8.Dann tut der Mensch ganz so, wie Sankt Petrus tat; er fiel vor unserem Herrnnieder und sprach das unsinnige" Wort: Geh weg von mir, Herr, denn ich binein Snder."

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    Das farblose Wort wise" in Vetters Text 175,31 nach Corins Vorschlag, Sermons II, 224 Anm.4 sinngem bertragen.

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    Dem Menschen ist da Wort und Begriff entfallen. Das ist das eine; das andere ist,

    da der Mensch hierbei in sein grundloses Nichts fllt, er wird so klein, so garnichts, da er all dem entfllt, was er je und je von Gott empfing, und das gnzlichwieder Gott zurckgibt, dem es (ja) auch gehrt, als wenn er es nie erhalten htte;und er wird mit all dem so nichts und blo, ebenso wie das, was nichts ist und nieirgend etwas empfing. Da versinkt das geschaffene Nichts in das ungeschaffeneNichts: aber das ist etwas, was man weder verstehen noch in Worten auszusprechenvermag.

    Hier wird das Wort des Propheten wahr: Abyssus abyssum invocat Ein

    Abgrund ruft den anderen in sich hinein." Der geschaffene Abgrund ruft denungeschaffenen in sich hinein, und beide werden eins: ein lauteres gttliches Wesen, und da hat sich der Geist (des Menschen) im Geist Gottes verloren, istuntergetaucht, gleichsam ertrunken in dem Meer ohne Grund. Und doch ist hierein solcher Mensch besser daran, als man verstehen oder begreifen kann. Er wirddann so wesentlich, so bereit zur Hingabe, so tugendhaft und gtig und so liebevollin seinem Verhalten, gegenber allen Menschen freundlich und umgnglich, (dochso, da) man keinerlei Gebrechen an ihm sehen noch finden kann. SolcheMenschen sind vertrauensvoll gegenber allen anderen und barmherzig, auch nicht

    strenge oder hart, sondern milde; man kann gar nicht glauben, da sie jemals vonGott sollten geschieden werden knnen. Da uns allen solches zuteil werde, dazuhelfe uns Gott.

    AMEN.