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JOURNAL FüR GENUSS UND TAFELKULTUR NEU! IM HANDEL PARMESAN – EINFACH GUT THüRINGER BRATWURST – EINFACH LECKER HOTEL ADLON – EINFACH FRüHSTüCK LUXUS DER EINFACHEN KüCHE: 60 Jahre Toast Hawaii 1. Jahrgang Heft 01 April 2015 8,90 Euro

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Steve Jobs

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Zusammen mit der Gastronomischen Akademie Deutschlands möchten wir die Leidenschaft für gutes Essen nachlesbar machen. Nicht einfach nur eine Rezeptsammlung anbieten oder die besten Pizzaadressen von A-Z abwickeln. Sondern die Geschichten erzählen, die über viele Jahre unsere Kultur geprägt haben und weiterhin beeinflussen. Erzählen, dass eine Thüringer Bratwurst auf dem Marktplatz zu Weimar (Seite 52) genauso spannend ist wie das Kaviarfrühstück im Hotel Adlon. Wir werden die größeren und kleineren Köche huldi-gen, damit ihr Schaffen nicht in alten Kochbüchern verstaubt. Menschen, die ganze Generationen geprägt haben. Wie zum Beispiel Johanna Friederika Henriette Katharina Davidis (geboren 1801 in Wengern; gestorben 1876 in Dortmund), die wohl als berühm-teste Kochbuchautorin Deutschlands gilt. Obwohl zu ihrer Zeit bereits viele ähnliche Werke erschienen waren – unter anderem das „Allgemeine deutsche Kochbuch für bürgerliche Haushaltungen“ von Sophie Wilhelmine Scheibler – entwickelte sie das „Praktische Kochbuch“ zum unverzichtbaren Begleiter in der Küche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, das zur Grundausstattung vieler deutscher Haushalte gehörte. Die vielen heute noch antiquarisch erhältlichen Exemplare zeigen, dass die Bücher rege benutzt und mit Anmerkungen versehen wurden. Viele Familien vererbten das „Praktische Kochbuch“ von Generation zu Generation weiter. Und wir werden ihre und Gerichte anderer Koch-Koriphäen neu aufleben lassen und vielleicht auch neu interpretieren.

Oder die tragikomische Geschichte des ers-ten deutschen Fernsehkochs, Carl Clemens Hahn, alias Wilmenrod. Ihm werden unfass-bar legendä-re Kreationen nachgesagt, die sich im kollektiven Gedächtnis der deutschen Nachkriegsküche eingebrannt haben, wie dessen verkohlte schwar-ze Banane oder der unsägliche Toast Hawaii (Seite 18). Er war es, der den Luxus im Kopf zu einer Zeit implantierte, da in Deutschland an Reisen nicht zu denken war. Doch dank seines kreativen Umgangs mit der Sprache mutierte eine

einfach Bulette zum Arabischen Reiterfleisch. So etwas können sich die aktuellen Köche, die zweifellos ihr Handwerk weitaus besser ver-stehen als Wilmenrod, nicht mehr erlauben. Wer als Paradiesvogel auftritt, wird im modernen TV-Schnellkochtopf gnadenlos verheizt. Und so versuchen sich die aktuellen Protagonisten in pseudoseriö-sen Erklärstücken, die dem staunenden Publikum lediglich zeigen, wie unbegabt es selbst ist. Dabei wurde das Geschmacksfernsehen immer noch nicht erfunden, in dem man testen kann, ob der TV-Brätling tatsächlich schmeckt.

Aber auch das Praktische wird nicht zu kurz kommen. Pfannen ausprobieren, Kaffeemaschinen testen, ungewöhnliche Bilder schaffen, die Fantasie anregen. Wir möchten Sie, den Leser, herausfordern und dabei gleichzeitig Wissen mitgeben. Was wie funktioniert, warum es so ist. Vieles weiß man vielleicht schon, aber manches wird durchaus überraschend sein. Begleiten Sie uns auf dieser Reise ins Reich der geschmacklichen Sinne.

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Hummer oder Leberwurst,Wein oder Hagebuttentee.Wahrer Luxus kocht sein eigenes Süppchen.

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Clemens Wilmenrod

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Es gibt produkte mit ewigem leben. wie z. b. echter italienischer parmesan.

Seit über 1000 Jahren wird er nach fast unveränderter rezeptur hergestellt.

und trotzdem – auch für einen solchen „methusalem der lebensmittel“ gibt

es noch kreatives potenzial, wie der Frankfurter Sternekoch carmelo greco

für oyyStEr unter beweis stellte.

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Im Jahr 1254 z. B. ließ sich eine Genueser Witwe den Besitz eines 25 Pfund schweren Käses notariell bei ihrer Hinterlassenschaft beglaubigen. Mitte des 14. Jahrhunderts erzählt der florentinische Dichter Giovanni Boccaccio in der dritten Novelle seines Werks „Decamerone“ über die Gegend Bengodi, die er zum Schlaraffenland des Käses verklärte. Einer der Charaktere fabuliert von der Stadt „Cokolores“, in der sich „ein Berg von geriebenem Parmesan erhebt“, auf dem die Bewohner Makkaroni und Ravioli herstellen, an-schließend mit Parmesan bestreuen, um die Teigtaschen dann dem hungernden Volk zuzuwerfen. Parmesan wird zum Sinnbild der von Gott erbetenen Rettung vor dem Hungerstod und gleichzeitig eine Metapher für himmlische Freuden. Und ganz nebenbei entstand der Begriff Kokolores, der für frei erfundene Geschichten von Gauklern steht. Mehr anekdotischen Wert hat die Arbeitsmethode des itali-enischen Architekten und Hofmalers der Medici, Andrea del Sarto (1486–1530), dem nachgesagt wird, dass er für die Bauentwürfe ei-nes Tempels kleine Würste und zurechtgeschnittene Parmesanstücke verwendete. (…)

Für Legenden war Parmesan immer gut: Eines Abends des Jahres 1797 kehrte der berühmte Schwerenöter Giacomo Casanova irgendwo im Nirgendwo in ein Gasthaus ein und gab an, nach einem langen Reisetag furchtbar hungrig zu sein. Der muffige und dickbau-chige Wirt – so steht es in Casanovas Autobiographie – soll seinem späten Gast erwidert haben, dass er ihm gerne ein Bett bereitstelle, aber wohl nichts mehr zu essen. Doch damit wollte sich Casanova nicht abspeisen lassen und verlangte, dass man ihm etwas Brot, Eier, Makkaroni, Schinken und Parmesan bringen möge, schließlich müsse doch jedes Gasthaus in Italien diese Waren vorhalten. Wie die Geschichte letztlich ausgegangen ist, bleibt ein Geheimnis. Ebenso schleierhaft wie die Tatsache, ob Casanova wirklich der Urheber jenes Satzes ist, der durchaus unterschiedlich interpretiert werden kann: „Ein Mann ohne Frau ist wie Pasta ohne Parmesan.“

Dem gibt es wohl nicht viel hinzuzufügen. Außer vielleicht, dass Casanova mit seinem despektierlichen Vergleich klar aus-drücken wollte, was für die Käsewelt nach vielen Jahrhunderten selbstverständlich ist: Liebe und Leidenschaft der rund 400 Käser in der Emilia Romagna sorgen mit ihrer Handarbeit für das Tüpfelchen auf dem i eines jeden Gerichts. Der selbsternannte „König unter den Käsesorten“ gilt heute mehr denn je als das eigentliche Gold Norditaliens. Und genau an dieser Stelle schließt sich der Kreis. Und die Frage, ob Geld stinkt oder nicht, mutiert zur bedeutungslosen Petitesse. •

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Es gibt produkte mit ewigem leben. wie z. b. echter italienischer parmesan.

Seit über 1000 Jahren wird er nach fast unveränderter rezeptur hergestellt.

und trotzdem – auch für einen solchen „methusalem der lebensmittel“ gibt

es noch kreatives potenzial, wie der Frankfurter Sternekoch carmelo greco

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K ö n I G d E S K ä S E S

royalE con ESprESSo royale mit espresso-Orangen-reduktion

Carmelo greCo

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carmelo greco aus Frankfurt ist als küchenchef hoch dekoriert: Seit über 22 Jahren ist er

Sternekoch, seit 1996 ununterbrochen träger eines Sterns; bewertet wurde er mit 17 von

20 gault-millau-punkten; ausgezeichnet als eines der besten italienischen restaurants

deutschlands. was will man als gast eigentlich mehr? dort essen!

P a r m e s a n

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es gibt kein wichtigeres utensil in der küche: die Pfanne. immer neue erfindungen

stellen den ambitionierten koch auf die Probe. eisen, kupfer, titan und edelstahl

machen gemeinsame sache mit teflon und keramik. Jeder schichtwechsel hat eine

andere funktion und – angeblich – unschlagbare Vorteile. geralD sinschek

lichtet den Pfannendschungel.

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Pfannen – Von alessi bis ZwillinG

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P f a n n e n – v o n a L e s s i b i s Z w i L L i n g

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die Bratpfanne ist das Kochwerkzeug am Herd schlechthin. Ohne sie geht in der Küche kaum etwas. Ob in der Ausführung

Brat-, Schmor- oder Grillpfanne – jeder Typ hat seine spezifischen Stärken und Einsatzbereiche. Das verwendete Material ist dabei so unterschiedlich wie die Vorlieben der Köche und die Gerichte selbst. Von der Edelstahlpfanne bis zum kalt oder heiß geformten Eisen- und Gusseisenmodell über den Klassiker aus Kupfer bis zur gepressten oder gegossenen Alupfanne – für jeden Zweck gibt es das gewünschte Werkzeug. Und das in nahezu allen erdenklichen Materialkombinationen mit bis zu sieben verwalzten und ver-pressten Schichten in den sogenannten Multiply-Pfannen. Jedes Grundmaterial und jede Kombination bietet dabei ganz ei-gene Vorteile, die perfekt auf die verschie-denen Einsatzzwecke am Herd abgestimmt sind. Manche Pfannen haben eine beson-ders hohe Wärmeleitfähigkeit und sind sofort „da“, wenn der Temperaturregler aufgedreht wird, andere benötigen eine gewisse Zeit, bis sie durch und durch erhitzt sind. Manche Pfannenmaterialien speichern viel Hitze und halten diese über lange Zeit, andere kühlen schnell ab, sobald man die Wärmezufuhr herunter regelt. Bei anderen Pfannentypen wiederum wird versucht, durch Materialkombinationen- und stärke den Mittelweg zwischen beiden Extremen zu finden.

Je nach Ausführung und Material unterscheiden sich die Pfannen nicht nur in ihren Brateigenschaften, sondern auch im Handling und Design. Neben einer gewis-sen Robustheit muss die Pfanne handlich sein und möglichst für alles funktionieren: Der Rand darf nicht zu hoch, der Griff eher ohne Ecken und Kanten, Ofentauglichkeit für das schnelle Gratinieren sollte ge-geben sein und auch das Gewicht spielt im täglichen Gebrauch eine Rolle. Der Unterschied zwischen einer federleichten und beschichteten Alupfanne und einem im Durchmesser vergleichbaren Guss- oder

Multiplybrocken ist markant. Ob die Pfanne obendrein über einen Schüttrand verfügen muss? „Den brauche ich nicht. Aus der Pfanne gieße ich nichts heraus“, sagt Sternekoch Thomas Martin dazu.

Unbestreitbar praktisch und für manche Speisen vielleicht sogar uner-lässlich ist die Ausstattung mit einer Antihaftbeschichtung, die es für fast jeden Pfannentyp gibt. Die vielen verschiedenen Bezeichnungen der Hersteller sind ver-wirrend. Im Prinzip handelt es sich immer um Keramik- bzw. keramikartige und Teflon- bzw. teflonartige Beschichtungen, die auf verschiedenste Art, mit oder ohne Hartgrund, aufgebracht werden. Dabei sind die Antihafteigenschaften der Teflon- und teflonartigen Beschichtungen heutzutage meistens noch langlebiger, was selbst Unternehmen bestätigen, die beide Varianten im Sortiment führen.

Obwohl viele Hersteller auf die Oberflächenhärte und die besonders hohe Temperaturbeständigkeit („bis zu 400 °C möglich!“) ihrer Produkte verweisen, soll-ten beide Beschichtungsarten durch Hitze oder manuelle Beanspruchung nicht über-strapaziert werden. Sie halten dann einfach länger. Schließlich muss man sich die Frage stellen, welches Öl nicht schon längst bei 400 °C abgeraucht ist und welches Gargut solche Temperaturen wirklich braucht?

2-sterne-Koch und Küchenchef Thomas MartinrestauraNt lOuIs C. JaCOB/HaMBurg:

Welche Pfannenarten nutzen sie in

Ihrer küche?

Edelstahlpfannen verschiedener

hersteller, schmiedeeiserne pfannen

mit angeschweißtem Stiel und anti-

haftbeschichtete pfannen unterschied-

licher art.

Welche Pfanne verwenden sie wofür?

die beschichteten pfannen kommen

ausschließlich für Eierspeisen zum

Einsatz. Für gerichte, bei denen nichts

kleben darf. in den schmiedeeisernen

pfannen machen wir bratkartoffeln,

Steaks und Fleisch allgemein, gerichte

bei denen es auf viele röststoffe an-

kommt. die Edelstahlpfannen nutzen

wir für alles andere und insbesondere

zum Fischbraten. leicht mehliert gibt

das gute röstnoten.

Welche lebensdauer haben Pfannen

in der Profiküche?

beschichtete pfannen nutzen wir

nicht im hauptbetrieb, da wäre die

antihaftschicht innerhalb von einer

woche durch. geschmiedete pfannen

oder welche aus Edelstahl halten im

prinzip sehr lang. die griffe brechen

manchmal nach vier oder fünf Jahren

ab.

Mit welcher Pfanne arbeiten sie am

liebsten?

mit Edelstahlpfannen, die bringen die

besten bratergebnisse. obwohl ich

mal mit einer keramikpfanne gute

Erfahrungen gemacht habe. die nutze

ich aber nicht in dieser küche.

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immer mehr chinesen dürstet es nach französischen Weinen. längst hat das reich der

Mitte england und Deutschland als hauptimporteur abgelöst. Der flascheninhalt jedoch

reicht dem Drachen allein nicht mehr. und so mutiert das chinesische Wirtschaftswunder

auf vielen châteaux zur kulturrevolution. rund um Bordeaux kaufen chinesische investoren

reihenweise Weingüter auf. über 100 sind es seit 2008. und es sollen noch viel mehr werden.

von rainer Schillings

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vor allem bei lieblichen Weinen durchaus ein großes Potenzial auch für den asiatischen Markt – sondern vielmehr der Mangel an historischer Bausubstanz. Wer also Interesse an dem lukrativen Geschäft hat, sollte sich beizeiten eine Burg bauen oder zulegen. Mit Weinberg, versteht sich.

Tatsache ist – in den klassischen Weinbaugebieten Europas beginnt man die Entwicklung in China sehr ernst zu nehmen. Noch spielen Weine aus China keine wirtschaftliche Rolle. Aber Chinas Investoren haben einen sehr langen Atem. Erst kommt der Genuss, dann der Erwerb der Weingüter und am Ende der Wertschöpfungskette der Knowhow-Transfer. Riesige Weingüter wie Changyu in der Provinz Shandong haben die Zeichen der Zeit erkannt und setzen auf Qualität. Eine eigene Tradition haben sie ohnehin schon, denn seit 1892 wird hier Wein produziert. Fast 40.000 Hektar umfasst das Anbaugebiet – das ist fast ein Drittel des Bordeaux. Und wenn jetzt auch dank des europäischen Einflusses die Qualität der Weine auf internationales Niveau gebracht werden kann, steht dem ökonomischen Erfolg nichts mehr im Wege. Davor jedoch steht önologische Fleißarbeit. In der Nachbarprovinz Ningxia zum Beispiel haben sich viele junge Winzer auf Qualitätsweine spezialisiert. Einer davon heißt „Silver Heights“ und gilt längst in Chinas Fachkreisen zu den absoluten Senkrechtstartern, die deutlich mehr verkaufen könnten als sie produzieren. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die aktuell pro Jahr produzierten rund 55.000 Flaschen ausschließlich in der Spitzengastronomie von Peking, Shanghai und Hongkong landen.

Weinanbau hat daher auch aus wirtschaftlichen Gründen in China längst einen staatlich verordneten Freibrief. So ist der Anbau von Weinreben deutlich lukrativer als der von Reis. Dies führt sogar dazu, dass etliche Reisanbaugebiete mit hohem technischen Aufwand zu Weinbergen umgewidmet werden. Motto: Reis kann man billig dazukaufen, Wein hingegen ist teuer. Auch aus medizini-scher Sicht wünscht die chinesische Staatsführung ein Umdenken. Man hat festgestellt, dass die Herzinfarktquote mit dem regelmäßi-gen Konsum eines Glases Wein deutlich gesenkt wurde. Mit der

Folge, dass man der Bevölkerung lieber Wein als Medikamente verordnet. Allerdings dürften hier die Qualitätsansprüche nicht auf Bordeaux-Niveau liegen.

Was für das einfache Volk recht ist, kann auch dem gutsi-tuierten Chinesen nur billig sein: Im Jahr 2013 wurden über 540.000 Hektoliter Wein aus Europa im Wert von 600 Millionen Euro importiert, das meiste davon aus dem Bordeaux. China war damit im vergangenen Jahr fünftgrößter Weinkonsument der Welt. Für die Jahre 2015/2016 rechnet man mit einem Verbrauch von 2,7 Milliarden Flaschen europäischer Provenienz, was einer Steigerung von 39 Prozent gegenüber 2011 entspricht. Als Produzent liegt das Reich der Mitte heute weltweit an Platz 8 und wahrschein-lich schon in einem Jahr auf Platz 6.

Der Durst des Drachen ist längst nicht gelöscht. So schätzen Fachleute, dass 50 Prozent der Weingüter, die in den kommenden Jahren den Besitzer wechseln, künftig in chinesischer Hand sein werden. Der Preis spielt dabei nicht wirklich eine Rolle. So wur-den schon Verkäufe dokumentiert, bei denen der Kaufpreis über 50 Prozent über dem Schätzwert lagen. Dies betrifft inzwischen selbst Weingüter im Burgund, in denen die historische Substanz deutlich einfacher ist als im Bordeaux oder an der Loire. So wurde das Château de Gevrey-Chambertin im Bourgogne von einem gewissen Louis Ng Chi Sing für acht Millionen Euro erworben, nachdem die einheimischen Winzer vergeblich vier Millionen für die zwei Hektar Anbaugebiet geboten hatten. Ihr Versuch, das fran-zösische Kulturgut vor dem chinesischen Investor zu schützen, war kläglich gescheitert.

Doch nicht immer steht der Kauf unter einem guten Stern. Nachdem im Jahr 2013 der Weingutbesitzer James Grégoire sein Château de la Rivière in Fronsac für 30 Millionen Euro an den chinesischen Tee-Magnaten Lam Kok verkauft hatte, wurde dies mit einer großen Zeremonie gefeiert. Kurz nach der offiziellen Schlüsselübergabe wollte der alte Besitzer seinem Nachfolger mit einem Helikopterflug den Besitz aus der Luft zeigen. Minuten nach dem Start stürzte der Helikopter in die Dordogne. James Grégoire, Lam Kok und sein Sohn Shun Yu Kok kamen ums Leben. Heute führt die Witwe, die sich kurzfristig gegen das Mitfliegen entschie-den hatte, das Weingut. Zuvor wurden jedoch 30 Schamanen enga-giert, die die bösen Geister vertreiben sollten. •

schaManen gegen Böse geister.

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guteN MorgeN

b e r l i nfRühSTückSkuLTuR ALS kLASSikER, SO WiE ihn DiE bERLinER LiEbEn – iM SchönSTEn WOhnziMMER DER hAupTSTADT. iM „QuARRé“ DES hOTELS ADLOn.

die Berliner lieben „ihr Tor“. dafür kommen sie auch zum Frühstück ins ehrwürdige Adlon, um den Anblick zu genießen. Betreut werden sie dort vom „Frühstücks-direktor“ Volker Bruns. der ist dafür bekannt, schnell die Eigenheiten seiner dauergäste zu kennen.

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die dietrich, Einstein, Gorbatschow oder Chaplin, alle gaben sich schon in deutschlands inoffiziellem Gästehaus die Klinke in die Hand.

Foto kempinski

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a  ugustine Caroline Otéro Iglesias, genannt la Bella Otéro, stellte bei ihrer pompösen Ankunft – Anno 1914 – das ganze Hotel

auf den Kopf. Zu ihrer Entourage ge-hörten ein Papagei, ein Perlhuhn, eine siamesische Tempelkatze, achtunddreißig Koffer und eine Kammerzofe, so die peniblen Aufzeichnungen der damaligen Hausherrin Hedda Adlon. Exaltierte Auftritte waren die Spezialität der Tänzerin und Mätresse unzähliger ge-krönter Häupter. Heute – 100 Jahre später – ist das Haus mit der Anschrift „Unter den Linden“ immer noch – oder wieder – Berlins Kultadresse Nummer 1. Wer sich hineinwagt, betritt zweifelsohne eine andere Welt. Doch im Unterschied zu jenen Zeiten, als sich die Carusos und

Chaplins, die Einsteins und Manns, die Dietrich und der Wallace die Klinke in die Hand gaben – sind es heute neben all den mehr oder weniger prominenten Gästen auch „ganz normale“ Berliner, die dem Grandhotel ganz ohne Schwellenangst ihren Besuch abstatten. Und sei es nur zum Frühstück oder zum üppigen Sonntagsbrunch. Berlin frühstückt hier, man genießt den gediegenen Luxus und – vor allem – man hat den exklusivsten Blick auf „sein Tor“. Diese Freiheit, sie war allzu lang vermisst, als dass man sie jetzt nicht entsprechend huldigen möchte. Auch im Jahr 25 der Wiedervereinigung.

Volker Bruns weiß, wovon er spricht, denn seit nunmehr 15 Jahren ist er der Zeremonienmeister des Frühstücksbuffets. Er kennt sie alle – die großen und die kleinen Stars. Ihre Marotten, ihre Vorlieben,

ihre Lieblingstische. Den Genscher, den Lindenberg, aber auch Oma und Opa aus Wuppertal, die im „Adlon“ immer ihren Hochzeitstag feiern. Seine Kunst besteht dar-in, den Gästen jeden Wunsch von den Augen abzulesen und dafür zu sorgen, dass sie sich fühlen wie Zuhause. Wahre Tischkultur. Die Zeitung, die Erdbeeren – alles liegt an der richtigen Stelle. Gereifter Morbier mit Asche, das selbst gemachte Bircher Müsli und die Brandenburger Landeier, die sekundengenau in Berliner Kalkwasser gebadet werden, ehe sie mit weißem Papierhütchen auf dem Tisch ihr Versprechen am angebrochenen Morgen abgeben: „Heute wird ein schöner Tag!“ Adlon sei Dank. Amerikanische Frühstückskompositionen aus pochierten Eiern und Muffins stoßen hier ebensowenig auf Missfallen wie Forellenkaviar mit frischen Brombeeren oder asiatische Hühnerspieße

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Aus der Zeit gefallen und doch im neuen Jahrtausend angekommen. das Adlon hat nichts von seinem Flair verloren, auch wenn es im Foyer des Hauses deutlich entspannter zugeht als noch zur Zeit seiner ersten Eröffnung im Jahr 1907.

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Sie gehörte zu den ganz großen Paradiesvögeln unter den Gästen in den Jahren um 1914: die Tänzerin Augustine Caroline Otéro. Zu ihrer Entourage gehörte auch so manches Federvieh.

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MeerWer dem luxus der einfachen küche in reinkultur huldigen will, muss nicht einmal

kochen können. auf der französischen insel ré an der atlantikküste gibt es dafür ein

natürliches grundnahrungsmittel – die auster. sie muss für alles herhalten: als aperitif,

als Vorspeise, als hauptgericht. eine liebeserklärung an die einfachheit des seins.

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LifeSTYLe-faKTOR

konZEpt und prEiS

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Herstellung

whisky ist nicht gleich whiskey – das hat sich inzwischen herumgesprochen. Kenner wis-sen, dass amis, schotten und iren eine jahrhundertealte tradition pflegen. selbst Japan ist längst in die riege der top-hersteller aufgerückt. seit 2007 hat die destillerie „sLYrs“ am schliersee in den bayrischen alpen die altbekannten Koordinaten der whisky-szene nach deutschland verschoben. mit einigem erfolg: in der szene ist „sLYrs“ angekommen.

slyrs bavarian single malt whisky wird im Pot-still-verfahren zweifach in Kupferkesseln mit je 1.500 Liter inhalt destilliert und in barrique-fässern aus amerikanischer weißeiche mit 225 Litern volumen gelagert. als rohstoff dient gerstenmalz, das zum teil mit buchen-holz geräuchert wird. die maischen werden geschrotet, gemaischt, geläutert, verzuckert und mit hefe vergoren. seit 2015 gibt es 3-jährigen und 12-jährigen whisky.

der name „sLYrs“ ist eine pseudo-gälische verbrämung des wortes „schlürs“, wie der ort schliersee in oberbayern von den einheimischen genannt wird. dort gründeten im Jahr 779 mönche ein Kloster mit ähnlich lautendem namen. „schlürs“ beschreibt einen grünlich-gelben schimmer, der typisch ist für die gegend. die stilisierung ist ferner ein augenzwinkernder sprachlicher hinweis auf die schottische whisky-tradition.

sechs verschiedene whisky-sorten werden in unterschiedlichen abfüllungen angeboten. die Preise liegen zwischen € 6,90 für miniflaschen mit 5 cl und € 89,90 für 700 ml. der neue 12-jährige whisky ist wegen der geringen menge nur auf anfrage erhältlich.

hoher Lifestyle-faktor. das liegt schon daran, dass pro Jahr nur rund 100.000 flaschen in den verkauf kommen. wegen der geringen menge ist der verkauf je Person eingeschränkt. „sLYrs“ gibt‘s vor ort im rahmen von besichtigungen und im fachhandel.

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boston

z imperlich wird im Union Oyster House mit den Gästen nicht gerade umgegangen. Wer seine Austern nicht selbst öffnen kann – oder will – dem werden sie wohl oder übel geöffnet serviert. Gegen Aufpreis natürlich, begleitet von reichlich Stirnrunzeln. Trotzdem ist das Union die Anlaufadresse

Nummer 1, wenn es um Austern in Boston und vielleicht sogar in Neu-England geht. Das seit 1826 bestehende Restaurant – übrigens ist laut Aushang der Zutritt für Frauen und Männer gleichermaßen gestattet – ist das älteste Restaurant Nordamerikas. Täglich gehen hier rund 5.000 Austern über die aus Speckstein gemeißelte Theke, an der man versuchen sollte, ein Plätzchen zu ergattern. Am Frischegrad der Cherrystone- oder Littleneck-Austern sollte man daher nicht zweifeln. Die Preise fallen mit 13 Dollar für das halbe Dutzend eher moderat aus. Derart auf Meer eingestimmt kann man dann in die durchaus abwechslungsreiche Seafoodkarte einsteigen.

Oyster-Soup oder Lobster-Roll – Brötchen mit Hummerfleisch und Mayonnaise – gehören zu den Spezialitäten des Hauses. Besonderen Luxus sollte man indes nicht erwarten, alles hat einen sehr rustika-len Charme. Bänke wie in alten Eisenbahnabteilen und Stühle wie aus dem Wilden Westen. Ein Haus mit Charakter. OYySTER-Tipp: Lohnt sogar einen größeren Umweg! •

41 Union Street, Boston, Massachussetts, Tel. 001-617-227 2750, www.unionoysterhouse.com

illustrAtion: ingeborg schindler