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Jürgen Spanuth - Das enträtselte Atlantis

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  • Dem Andenken meiner Brder

    Volker Spanuth, gefallen am 14.9.1941 am Eismeer. Roloff Spanuth, gefallen am 16.1.1942 am Ilmensee.

    Krafft Spanuth, gefallen am 9.5.1945 bei Prag.

  • JRGEN SPANUTH

    UNION DEUTSCHE VERLAGSGESELLSCHAFT STUTTGART

  • Mit zahlreichen Abbildungen im Text und auf Tafeln

    Gescannt von c0y0te.

    Seitenkonkordant. Das Titelbild wurde vom Scanner unter Verwendung eines Fotos aus dem Buch

    (S. 96) gestaltet. Dieses e-Buch ist eine Privatkopie und nicht zum Verkauf bestimmt!

    Schutzumschlag von Klaus Brgle 1.8. Tausend

    Alle Rechte, insbesondere die der bersetzung, der foto-mechanischen Wiedergabe, bertragung durch Rundfunk, Verfilmung und des Vortrags, vorbehalten

    Druck: Union Druckerei GmbH Stuttgart, 1953

  • INHALT

    Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 I. ABSCHNITT

    Die historischen Grundlagen des Atlantisberichtes 1. Kurze Inhaltsangabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2. Atlantis, Fabel oder Wirklichkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 3. Solon war in Sais . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4. Die Datierung der im Atlantisbericht geschilderten Ereignisse . . . . . . 21 5. Die zeitgenssischen Urkunden und Inschriften zum Atlantisbericht 24 6. Die Naturkatastrophen um 1200 v. Chr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 a) Die Austrocknung und die groen Feuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Erdbeben und berschwemmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 7. Die Kriegszge der Atlanter

    a) Gegen gypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Gegen Griechenland. Die Errettung Athens . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

    8. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

    II. ABSCHNITT Die Heimat der Atlanter (Nord-Seevlker) 1. Die Angaben des Atlantisberichtes und der gyptischen Texte . . . . . . 57 2. Die bisherigen Thesen ber die Heimat der Nord-Seevlker . . . . . . . . 61 3. Archologische Beweise fr die Herkunft der Nord-Seevlker aus

    dem Nordseeraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

    4. Archologische Beweise fr die Abwanderung der Nord-Seevlker aus dem nordischen Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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    5. Die Namen der Vlkerstmme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Die Lage der Knigsinsel Basileia 1. Das Felseneiland vor Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2. Der Burghgel von Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Das Schlamm-Meer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4. Der Oreichalkos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 5. Der Bernstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 6. Kupfer auf Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1017. Die Schtze der Atlanter an Gold, Silber, Zinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1058. Eisen auf Atlantis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Gre und Organisation des atlantischen Reiches 1. Die Gre des atlantischen Reiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1122. Organisation des atlantischen Reiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1143. Die Knigsinsel Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

  • Basileia, die Heilige Insel 1. Eine Trojaburg auf Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1222. Weltsulenkult auf Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1253. Das Stieropferfest auf Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1304. Feuerkult auf Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1325. Der blaue Knigsmantel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1336. Der heilige Kessel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1347. Das Standbild des Poseidon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1358. Der Tempel des Poseidon auf Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1379. Sport und Spiel auf Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Ergebnis 1. Der Verfasser des ursprnglichen Atlantisberichtes . . . . . . . . . . . . . . 1442. Bisherige Datierungs- und Lokalisierungsversudie . . . . . . . . . . . . . . . 147

    III. ABSCHNITT Homer erzhlt von Atlantis-Basileia 1. Homer und der Geschichtswert seiner Lieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1572. Atlantis und die Insel der Phaken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1593. Die Segelanweisung nach Basileia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1654. Die Beschreibung des Phakenlandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1745. Die Konstruktion der Deiche im Phakenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1766. Die Schiffahrt der Phaken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1787. Die Stranddnenbildung im Phakenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1808. Sport und Spiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1819. Der Kulttanz bei den Phaken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18210. Die Webekunst der Phaken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Sagen aus dem Nordseeraum bei Homer 1. Die Totenfhrleute. 1892. Die Sage von den Lstrygonen .. 1943. Die Fahrt zu den Kimmeriern. 1964. Andere Sagen aus dem Norden bei Homer.. 199 Die Wiederentdeckung von Atlantis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Nachwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Der Atlantisbericht, wrtliche bersetzung 1. Der Bericht aus dem Dialog Timaios . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2172. Der Bericht aus dem Dialog Kritias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

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    VORWORT

    Es gibt wohl kaum ein anderes Gebiet der alten Geschichte und Geographie, dessen Bearbeitung so dankbar und zugleich so undankbar ist, wie das Thema Atlantis.

    Undankbar, weil es durch mehr als zweitausend Bcher, die es nach der franzsischen Bibliographie von 1926 ber Atlantis gibt, und durch unzhlige Aufstze, die darber geschrieben wurden, vollkommen aus-geschpft zu sein scheint. Wiederholt haben angesehene Forscher erklrt, da sie das Rtsel Atlantis endgltig und abschlieend gelst htten, und da darber nichts Neues mehr gesagt werden knne, fter noch haben andere Gelehrte alle Arbeiten ber diese Epoche von vornherein als Narrenwerk hingestellt oder nachtrglich als Beitrag zur Geschichte der menschlichen Torheit bezeichnet. Tatschlich haben sich neben einer ganzen Reihe von ernstzunehmenden Forschern auch viele Phantasten und Atlantomanen, Schwindler und Betrger und vor keinem Unsinn zurckschreckende Etymomanen dieses Themas bemchtigt, so da derjenige, der es heute aufgreift, in die Gefahr gert, in die Reihe jener zweifelhaften Elemente eingegliedert zu werden.

    Es ist angesichts dieser Sachlage nicht verwunderlich, da sich ernste Forscher immer mehr von dem Problem Atlantis zurck-gezogen und das Feld den Phantasten und Atlantomanen berlassen haben.

    Das ist beraus bedauerlich, denn Atlantis ist zugleich auch eins der dankbarsten Themen der alten Geschichte und Geographie, hilft es doch das Dunkel, das ber einer der rtselhaften und folgenschwersten Epochen der abendlndischen Geschichte bisher lag, zu erhellen.

    Man kann den Atlantisbericht in mancher Beziehung mit jener ver-borgenen Schatzkammer in Tut-ench-Amuns Grab im Tal der Knige vergleichen.

    Viele Jahrhunderte haben zahlreiche Forscher dieses Tal um- und umgewhlt und genauestens durchforscht. Es bestand keine Hoffnung mehr, hier noch Neues und Unbekanntes entdecken zu knnen. Als

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    Lord Carnarvon hier dennoch zu suchen begann, wurde er ausgelacht und seine Arbeit gerade auch von Fachleuten als unsinniges Unter-fangen bezeichnet. Es schien keine aussichtslosere und undankbarere Arbeit zu geben.

    Als Lord Carnarvon aber unter diesem so oft durchwhlten Schutt und Gerll den Eingang zum Grabe Tut-ench-Amuns fand, war der Zugang zu einer Schatzkammer mit ungeahnten Reichtmern frei-gelegt, und es ergaben sich erstaunliche Einblicke in die Lebens-gewohnheiten gyptischer Knige, die vor mehr als dreitausend Jahren gelebt haben.

    hnlich liegen die Dinge beim Atlantisbericht. Der Schutt vieler Miverstndnisse, Torheiten und Phantastereien, das tote Gestein vorschneller Urteile und der Skepsis, die Trmmer falscher Datie-rungen und Identifizierungen, die sich ber diesem Bericht in mehr als zweieinhalb Jahrtausenden, seit Solon ihn aus gypten mitgebracht hat, aufgehuft haben, berdecken die Schatzkammer dieses Berichtes so sehr, da jeder sich dem Spott der Fachleute aussetzt, der sich mit dem Atlantisbericht befat.

    Wenn es aber gelingt, unter all dem aufgetrmten Schutt der Atlan-tisforschung den Zugang zum rechten Verstndnis des Berichtes zu fin-den, dann ffnet sich der Weg in eine Schatzkammer, die uns unge-ahnte wissenschaftliche Erkenntnisse und erstaunliche Einblicke in Le-bensweise, Glauben, Denken, Kmpfen und Leiden unserer Vorfahren, die vor mehr als dreitausend Jahren gelebt haben, schenkt. Zugleich er-halten wir Kunde von einer der grten und erschtterndsten Epochen der Weltgeschichte.

    Der Zugang zum rechten Verstndnis des Atlantisberichtes ist die richtige zeitliche Einordnung der in ihm geschilderten Ereignisse und der Nachweis der historischen Zuverlssigkeit dieses Berichtes. Diesen Zugang soll der erste Abschnitt (S. 1153) freilegen.

    Im zweiten Abschnitt (S. 55-154) wird dann versucht, die ver-borgenen Schtze des Berichtes zu heben. Die genaue Lage der Knigs-insel und die Gre und Organisation des atlantischen Reiches werden bestimmt. Die Angaben des Atlantisberichtes ber das Leben und die Gewohnheiten, den Kult und Glauben, den Reichtum und die Macht der Atlanter werden mit unseren heutigen Kenntnissen jener Zeit ver-glichen und auf ihren Wahrheitsgehalt untersucht.

    Im dritten Abschnitt (S. 155 ff.) wird dann dargelegt, was der grte Dichter aller Zeiten, Homer, von Atlantis gesungen hat und

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    was die Sage, diese oft so treue Bewahrerin alter Geschichte, berliefert. Schlielich folgt ein Bericht ber die Wiederentdeckung von Atlantis

    im Sommer 1952 und eine bersetzung der Erzhlungen Platons ber Atlantis in den Dialogen Timaios und Kritias.

    So lernen wir ein Menschengeschlecht kennen, das Groes geleistet, Greres gelitten und Grtes geplant hat.

    Mge diese Arbeit den Fachgelehrten der einzelnen Wissenschafts-gebiete ermuntern, sich erneut mit dem bisher so gemiedenen Atlantis-bericht zu befassen, dann wird er sicherlich noch manche Schtze preis-geben und manche bisher unlsbaren Fragen der alten Geschichte lsen helfen.

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    I . ABSCHNITT

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    Die historischen Grundlagen des Atlantisberichtes

    1. KURZE INHALTSANGABE

    An zwei verschiedenen Stellen seiner Werke hat Platon, der groe griechische Philosoph und Denker (429-348 v. Chr.), den Atlantisbericht berliefert: in den Dialogen Timaios und Kritias. In diesen Dialogen wird ber die Herkunft und den Inhalt des Atlantisberichtes folgendes erzhlt:

    Solon (640559 v. Chr.), einer der sieben Weisen und Gesetzgeber Athens, fuhr einst nach gypten um dort Erkundigungen ber die Vorzeit einzuholen. Weil die Priester in Sais in jener Zeit in dem Rufe standen, besonders eingehende Nachrichten ber die vergangenen Zeiten zu besitzen, fuhr Solon nach Sais, wo er mit groer Freundlich-keit aufgenommen und mit Ehren berhuft wurde.

    Die Priester in Sais waren gerne bereit, Solon die Geschichte lngst vergangener Zeiten auf Grund zahlreicher Inschriften, Papyri und Urkunden, die sie gesammelt hatten, vorzutragen.

    Vor allem wurde Solon durch einen Bericht ber eine Heldentat seiner Vaterstadt Athen gefesselt. Von dieser Heldentat heit es, da ihre Kenntnis zwar nicht verbreitet ist, sie sich aber dennoch wirklich so zugetragen hat (Tim. 21).

    Einst sei nmlich, so erzhlte ein alter Priester in Sais auf Grund der altgyptischen Urkunden, eine gewaltige Heeresmacht der Atlanter ber Europa und Asien worunter die Alten immer Kleinasien verstanden hereingebrochen. Die Atlanter hatten alle Lnder, die ihnen damals unterstanden, zu einer gewaltigen Kriegsmacht zusam-mengeschlossen. Zu diesen Gebieten gehrten viele Inseln und Teile des Festlandes am Weltmeer im Norden und von den Lndern am Inneren Meer, Libyen bis nach gypten und Europa bis nach Tyr-rhenien. Mit dieser ganzen zur Einheit zusammengeballten Macht wollten die Knige von Atlantis alle griechischen und gyptischen Gebiete, sowie berhaupt alle Lnder am Mittelmeer, unter ihre Gewalt bringen.

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    Bei jenem Ansturm der Atlanter gab nun Athen einen berragenden Beweis der Tapferkeit und Tchtigkeit seiner Einwohner. Athen stellte sich an die Spitze der bedrohten griechischen Staaten und fhrte, als ein Staat nach dem anderen abfiel und unterjocht wurde, schlielich den Kampf ganz auf sich allein gestellt weiter und rettete fr sich die Freiheit. Durch diesen Heldenkampf Athens wurde auch den gyptern geholfen, die durch die Atlanter in uerste Bedrngnis gekommen waren, aber sich schlielich doch des Angriffes der Atlanter erwehren konnten.

    Die Ursache aller Verwirrungen und Nte jener Zeit seien furchtbare Naturkatastrophen gewesen, die damals ber die ganze Erde herein-gebrochen seien. Der gyptische Priester erinnerte Solon an die grie-chische Sage von Phaton, der einst den Sonnenwagen seines Vaters bestiegen habe und, weil er es nicht verstand, auf dem Wege des Vaters zu fahren, von der Richtung abwich, so da viele Lnder der Erde verbrannten oder in schrecklicher Hitze und Drre ausgetrocknet wurden. Schlielich habe Zeus durch einen Blitz Phaton vom Himmel geschleudert und die riesigen Brnde durch gewaltige Regenfluten und berschwemmungen gelscht.

    Diese Sage hre sich zwar, sagte der gyptische Priester in Sais, wie ein Mrchen an, doch habe sie einen wahren Kern, denn hnliches sei damals wirklich geschehen.

    Vor jener Katastrophenzeit sei die Witterung auf der Erde warm und fruchtbar gewesen, die Berge Griechenlands waren bedeckt mit fruchtbarem Mutterboden und weiten Wldern, so da auch berall Quellen und Flsse das Land reichlich bewssert htten. Nach dieser Katastrophenzeit sei aber der ganze Mutterboden, der durch die Hitze ausgedrrt und durch die folgenden Regenfluten weggeschwemmt worden war, verschwunden und nur mehr das Gerippe des Landes, die Felsen und Steine, briggeblieben.

    In jener Zeit seien auch gewaltige Erdbeben und Sturmfluten aufge-treten, durch welche die Heimat der Atlanter verwstet wurde. Atlan-tis, die Knigsinsel des atlantischen Knigreiches, sei durch diese Erd-beben und berschwemmungen an einem Tag und in einer Nacht voll entsetzlicher Schrecken vom Meer verschlungen worden. Ein unpassier-bares Schlammeer breite sich jetzt dort aus, wo einst die Knigsinsel lag.

    In den weiteren Kapiteln des Atlantisberichtes werden eingehende Nachrichten ber die genaue Lage der Knigsinsel, die Gre und Macht des atlantischen Reiches und viele andere Einzelheiten ber-

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    liefert. Es wird erzhlt, da auf der Knigsinsel, die auch Basileia, das ist die Knigliche, genannt wird, eine Burg der Knige des atlantischen Reiches und ein Tempel des obersten Gottes der Atlanter, Poseidon, standen. Auf jener Insel sollen die Atlanter auch Kupfer in schmelzbarer und gediegener Form gewonnen und an vielen Stellen ein eigenartiges Naturprodukt, den Oreichalkos, aus dem Boden gegraben haben. Was der Oreichalkos fr ein Stoff gewesen sei, konnte der gyptische Priester Solon nicht sagen, wir kennen heute nur mehr den Namen, damals war er (der Oreichalkos) mehr als bloer Name, denn er stand bei jenem alten Menschengeschlecht nchst dem Golde am hchsten im Wert.

    Neben dem Kupfer verarbeiteten die Atlanter auch noch das Zinn in groen Mengen, ihnen sei auch schon das Eisen bekannt gewesen, doch durfte es bei den kultischen Feiern nicht verwendet werden.

    Viele andere Einzelheiten werden noch von Atlantis oder den At-lantern berichtet. Immer wieder berief sich, nach Platons Angaben, der gyptische Priester auf altgyptische Papyri und Inschriften, nahm diese wohl auch selbst zur Hand, um mglichst genau und tatsachen-getreu zu berichten. Wir werden diese Einzelheiten im jeweiligen Kapitel zitieren und besprechen.

    Solon lie sich diesen Bericht, der ursprnglich aus dem Atlanti-schen ins gyptische bersetzt worden war, nunmehr ins Griechische bertragen, er hatte den Plan, ein groes Gedicht aus der Erzhlung der gyptischen Priester zu machen. Aber die Schden, die er bei seiner Rckkehr in Athen vorfand, hinderten ihn, den Plan zu vollenden. ber mehrere Mittelsmnner ist das unvollendete Gedicht Solons ber den Kriegszug der Atlanter gegen Athen und ber Atlantis selbst schlielich auf Kritias den Jngeren gekommen, der das, was er im Gedchtnis behalten hatte, im Freundeskreis in Gegenwart des Sokrates und des Platon erzhlte. Platon hat dann den Bericht ber Urathen und Atlantis schriftlich niedergelegt und so der Nachwelt erhalten.

    Der Atlantisbericht ist nach wiederholten Beteuerungen Platons die gewissenhafte und getreue Nacherzhlung der Angaben altgyptischer Inschriften und Papyri, welche die Priester in Sais gesammelt, studiert und Solon weitererzhlt haben. Der Atlantisbericht ist, wie Platon beteuert, keineswegs ein erdichtetes Mrchen, sondern eine in jeder Hinsicht durchaus w a h r e G e s c h i c h t e (Tim.26e).

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    2. ATLANTIS, FABEL ODER WIRKLICHKEIT? Der Atlantisbericht hat seit den Tagen Platons das Interesse un-

    zhliger Menschen in besonderer Weise erregt. Toren und Weise, so sagt der schwedische Ozeanograph Pettersson, Phantasten und Dichter, Philosophen und Wissenschaftler, Ketzer und Kirchenvter haben ber die Frage diskutiert: hat Atlantis wirklich existiert, oder ist es blo ein Ornament zu Platons Lehre vom Staat und der Gemein-schaftsorganisation; ein Musterbeispiel erfunden, um das freie demo-kratische Athen und den autoritr organisierten Erobererstaat der, um ein neuzeitliches Schlagwort zu brauchen, den ersten Versuch machte, Europa gleichzuschalten', und dem es beinahe gelang gegeneinander zu halten?1

    Dieser Streit, ob der Atlantisbericht eine bloe Fabelei oder eine wertvolle historische Urkunde sei, hat schon in den Tagen Platons begonnen.

    Platon selbst betont immer wieder, da dieser Bericht, wie wir schon anfhrten, keineswegs ein erdichtetes Mrchen, sondern eine in jeder Hinsicht durchaus wahre Geschichte sei (Tim. 26 e). An anderer Stelle sagt Platon, der Atlantisbericht sei eine zwar sehr seltsame, aber durchaus in al lem wahre Geschichte (Tim. 20 d). Von der Heldentat der Athener, die ihren Staat gegen die andringenden Atlanter siegreich verteidigten, bemerkt Platon: Dies ist eine Heldentat, deren Kenntnis zwar nicht verbreitet ist, die sich aber dennoch wirkl ich zugetragen hat (Tim. 21).

    Im Dialog Kritias (107 d) wird die Gttin Mnemosyne, das ist die Gttin der Erinnerung, angerufen, damit sie helfen mge, da alle Einzelheiten in bereinstimmung mit dem tatschlichen Geschehen berichtet wrden. Immer wieder behauptet Platon, da der Atlantis-bericht auf gyptische Inschriften und Papyri zurckgehe, die Solon selbst gesehen habe, und da er in allem beglaubigt, durchaus glaub-wrdig und wahr sei.

    Im Vertrauen auf die Wahrhaftigkeit Platons haben zahlreiche Forscher versucht, das Rtsel Atlantis zu lsen. Nach Ceram2 sind ber das Thema Atlantis bisher 20 000 Bnde geschrieben worden, nach Braghine3 sollen es sogar 25 000 Werke sein. Platon hat, so sagt Bemertny4 mit Recht, mit seiner Erzhlung von Atlantis einen Stein ins Rollen gebracht, der eine ungeheuere Lawine von Meinungen ausgelst hat. Mit allen Mitteln und Methoden, die der Menschheit

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    zur Verfgung stehen, hat man versucht, ein wenig den Schleier dieses Geheimnisses zu heben. Es wurden Gesellschaften gegrndet, For-schungsexpeditionen ausgerstet und Tagungen veranstaltet, die dieser Aufgabe dienen sollten. Nach den Zeitungsberichten waren allein im Jahre 1950 drei grere Expeditionen unterwegs, die Atlantis suchen sollten. Der Englnder Egerton Sykes vermutete in der Gegend der Azoren in mehr als 3000 m Tiefe das versunkene atlantische Reich. Er versuchte vergeblich, mit Radargerten und Wasserbomben Spuren von Atlantis zu finden; ein Nachkomme Tolstois soll von den Ber-mudas aus in See gegangen sein, weil angeblich ein amerikanischer Flieger whrend des letzten Krieges im Sdatlantik Mauern und Tem-pelreste von Atlantis im Ozean entdeckt habe; der franzsische For-scher Henri Lhote rstete eine Expedition in die Sahara aus, wo er in der Tanezrouft, einer wasserlosen Steinwste inmitten der Sahara, die versunkene Insel Atlantis zu finden hoffte. Der amerikanische Forscher und Politiker Donelly hat die Kriegsflotten der Welt aufgerufen, endlich einmal, statt Kriege zu fhren, eine ntzliche Kulturarbeit zu leisten und Reliquien von Atlantis auf dem Boden der Meere zu suchen5.

    Als alles Forschen und Fragen nach Atlantis erfolglos blieb, haben sich sogar Spiritisten und Theosophen in den Dienst der Atlantisfor-schung gestellt und geradezu haarstrubende Dinge als Lsung des Problems verkndet. Schlielich hat man sogar versucht, mit Bomben diese Lsung vorwrtszutreiben. Im August 1929 platzten in einem Saal der Sorbonne in Paris zwei Trnengasbomben, die von einem Teil-nehmer des Kongresses der Gesellschaft fr atlantische Studien in die Versammlung geworfen worden waren, um die von einem Redner aufgestellte Behauptung: Atlantis sei mit Korsika identisch, rasch, eindringlich und ohne lange Diskussion zu widerlegen6.

    Und was ist bei dem allem herausgekommen? Ceram sagt, da trotz der 20 000 Bnde, die bisher ber das Thema Atlantis geschrieben worden seien, dessen Existenz berhaupt noch nicht bewiesen werden konnte!7

    So ist es nicht verwunderlich, wenn zahlreiche Gelehrte den Atlantisbericht fr ein Trugbild bzw. eine bloe Fabelei halten. Schon Aristoteles hat diese Ansicht aufgestellt; sie ist gerade in unserer Zeit hufig mit groem Nachdruck vertreten worden. Von Wilamowitz-Mllendorf urteilt: Man soll fr ein Werk der Phantasie kein Modell suchen. Kein Gedanke daran, da irgendeine Tradition oder ernsthaft

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    gemeinte geologisch-geographische Hypothese zugrunde liegt. Das ist lngst ausgemacht, aber die Faseleien ber Atlantis verstummen nicht, und die Narren werden nicht aufhren, Atlantis ebenso zu suchen, wie die Insel der Kalypso, von der Homer sagt, da nicht einmal die Gtter auf ihr verkehrten8. hnlich hat sich der Schwede Lindskog geuert, der gesagt hat: Atlantis ist und bleibt eine Sageninsel, eine Schpfung der Phantasie und nichts anderes!9. Der Franzose Abb Moreux nennt den Atlantisbericht eine bloe Fabelei und eine ahistorische Mythe10, der sterreicher Rudolf Noll einen Utopia-Roman ohne jeden historischen Hintergrund11.

    Es scheint vollkommen sinnlos zu sein, sich noch mit dem Atlantis-bericht zu beschftigen. Das Urteil der Wissenschaft ber den Atlantis-bericht ist gefllt, Platon der bewuten Irrefhrung und Urkunden-flschung bezichtigt, alle Arbeiten ber den Atlantisbericht als Bei-trge zur Geschichte der menschlichen Torheit12 bzw. als fixe Ideen13 verurteilt und alle, die sich mit diesem Thema beschftigen, als Nar-ren, Atlantomanen und Phantasten hingestellt.

    Aber die ewigen Skeptiker, die dieses harte Urteil fllten, haben sich die Sache ein wenig zu leicht gemacht. Keiner aus der groen Schar derer, die den Atlantisbericht als bloe Fabelei abtaten, hat auch nur versucht, den Beweis fr diese Behauptung anzutreten. Man hat den groen Griechen, der immer wieder betont, da er eine in allen Stcken durchaus wahre Geschichte, die sich wirklich so zugetragen hat, berliefere, der Unwahrheit bezichtigt, ohne ihn selbst eingehend zu verhren. Man hat seine Behauptung, er erzhle nur nach, was in zahlreichen gyptischen Papyri und Inschriften in allem beglaubigt, durchaus glaubwrdig und wahr, berliefert sei, verworfen und seine Erzhlung als freieste Dichtung hingestellt, ohne nur einmal die Frage aufzuwerfen, ob es nicht doch solche Papyri und Inschriften tatschlich gegeben habe, ja, ob vielleicht nicht sogar heute noch ein Teil dieser Inschriften und Papyri erhalten geblieben ist.

    Der Proze in Sachen Atlantis, in welchem Platon, dieser Knder der Wahrhaftigkeit, so hart verurteilt wurde, mu wieder aufgerollt werden. Umfangreiches allerneuestes Urkundenmaterial berechtigt uns dazu und zwingt uns, Platons Aussagen Satz fr Satz zu berprfen.

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    3. SOLON WAR IN SAIS Die erste Aussage, die Platon macht und oft wiederholt, lautet:

    Solon hat in Sais, in Untergypten, die Inschriften und Papyri, die den Atlantisbericht enthielten, selbst gesehen; gyptische Priester, die diese Urkunden gesammelt und studiert hatten, haben Solon die alt-gyptischen Texte bersetzt und nacherzhlt.

    Diese Behauptung wird von Platon in den verschiedensten Rede-wendungen wiederholt, Platon hat sich die grte Mhe gegeben, die Zuverlssigkeit seiner Quelle fr die Atlantissage zu erweisen, so stellt Brandenstein fest14. Zu diesem Zwecke, die Zuverlssigkeit seiner gyptischen Quelle zu beweisen, erzhlt Platon, wie die gyptischen Priester die Papyri zur Hand nahmen, wie Solon sich die Erzhlung der gyptischen Priester aufschrieb, um spter ein Gedicht daraus zu machen, wie er allerdings durch die Wirren, die er bei seiner Rckkehr vorfand, gehindert wurde, sein Gedicht zu vollenden, und durch welche Mittelsmnner der Atlantisbericht schlielich bis auf ihn, Platon, gekommen wre. Platon gibt sogar an, da der Atlantisbericht ursprnglich aus dem Atlantischen ins gyptische bersetzt worden sei und erst fr Solon wiederum ins Griechische bertragen worden wre (Krit. 113 b), auch gbe es hinreichende Beweise (Krit. 107 b) fr seine Richtigkeit, er sei sorgfltig geprft (Krit. 107 d).

    Mssen nicht auch wir diese Angaben sorgfltig prfen? Da Solon wirklich in gypten war, unterliegt keinem Zweifel; viele

    antike Schriftsteller und Chronisten besttigen diese Angabe15. Solon trat, nachdem er Athen seine segensreichen Gesetze gegeben hatte, eine zehnjhrige Reise an, um Erkundigungen ber die Vorzeit ein-zuziehen. Sein erstes Ziel war die Stadt Sais, die damalige Residenz-stadt der Pharaonen, weil die Priester jener Stadt die alten Inschriften und Urkunden ihres Landes gesammelt und studiert hatten und in der Kunde der Vorzeit vorzugsweise erfahren waren (Tim. 21).

    Diese Angabe ist ohne Zweifel richtig. Wenn Solon nach gypten fuhr, dann mute er als erste Stadt Sais betreten. Sie lag an der Nil-mndung und war tatschlich in jener Zeit die Residenzstadt der Pharaonen16. Psammetich I. (663-609 v. Chr.) hatte in der Nhe der kniglichen Residenz in Sais eine Kolonie griechischer Kaufleute angesiedelt und die Griechen mit besonderen Monopolen ausge-stattet17- In den Tagen des Solon regierte in Sais wirklich der von Platon genannte Knig Amasis (570-525 v. Chr.), der die Griechen so

  • 20

    sehr begnstigte, da er dadurch die Eifersucht der gypter erregte18. Solon hat von diesem Knig mancherlei Gesetzesanordnungen ber-nommen, so z. B. auch die, da jeder Einwohner jhrlich dem Gouver-neur angeben solle, mit welchen Mitteln er sich erhalte19. Wir mssen also wohl Platon Glauben schenken, wenn er sagt, da Solon in Sais gewesen sei, dort beraus freundlich aufgenommen und mit Ehren berhuft worden wre (Tim. 22).

    Hatten die Priester in Sais, wie uns in den Dialogen von Platon berichtet wird, wirklich die Urkunden, Inschriften und Papyri der Vergangenheit gesammelt und eingehend studiert?

    Das war ja gerade die Hauptarbeit der Priester in Sais in jener Zeit, da sie sich einem intensiven Studium der Vergangenheit hingaben. Breasted, der groe Kenner der gyptischen Geschichte, sagt unabhn-gig vom Atlantisbericht von der Ttigkeit der Priester in Sais folgendes: Die Schriften und heiligen Buchrollen frherer Jahrhunderte wurden mit Eifer herausgesucht und mit dem Staube des Alters, der sie bedeckte, wurden sie gesammelt, sortiert und geordnet; so herrschte die Vergangenheit. Eine solche Bildung fhrte die Priester (von Sais) in eine lang vergessene Welt zurck, deren ererbte Weisheit wie bei den Chinesen und Mohammedanern das hchste Sittengesetz bildete Die Welt war eben alt geworden, und mit besonderer Vorliebe be-schftigte man sich mit ihrer lngst entschwundenen Jugend. Man hat die Saitenzeit*) mit ihrem bestndigen Zurckgreifen auf vergangene Verhltnisse mit Recht als eine Zeit der Restauration bezeichnet20.

    Die Angabe Platons, die Priester in Sais htten die alten Urkunden ihres Landes gesammelt und eingehend studiert und seien daher in der Kunde der Vorzeit vorzugsweise erfahren gewesen, wird durch einen der besten Kenner der gyptischen Geschichte vollinhaltlich be-sttigt. In diesem Punkte erzhlt uns Platon also offensichtlich k e i n e Fabel, sondern historische Tatsachen.

    Damit taucht die nchste Frage auf: gab es in Sais, wie Platon be-hauptet, Urkunden und Inschriften oder Abschriften von solchen, die von dem gewaltigen Kriegszug der Atlanter, von den furchtbaren Naturkatastrophen jener Zeit und der Errettung gyptens vor dem Ansturm der Atlanter berichteten?

    Proklos, der Kommentator Platons, berichtet21, da die Priester in Sais auch dem Krantor aus Soloi (330270 v. Chr.), der den ersten *) Die Saitenzeit nennt Breasted die 26. Dynastie von Psammetich I. (663609 v. Chr.) bis Psammetich III. (525 v. Chr.).

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    Kommentar zu Timaios schrieb, dieselben Inschriften und Papyri gezeigt htten, die Solon einst gesehen habe. Diese geschichtlichen Ur-kunden haben also wirklich existiert, und es erhebt sich die Frage, ob diese Inschriften oder wenigstens ein Teil von ihnen unzhlige alt-gyptische Urkunden sind ja im Verlauf der Jahrtausende verloren-gegangen auch heute noch erhalten geblieben sind.

    4. DIE DATIERUNG DER IM ATLANTISBERICHT GESCHILDERTEN EREIGNISSE

    Wenn wir uns auf die Suche nach altgyptischen Urkunden

    begeben, die ber die von Platon berlieferten Ereignisse berichten und mglicherweise den Priestern in Sais als Quellenmaterial fr ihre Erzh-lungen gedient haben, dann mu vor allen Dingen die Frage gelst werden, wann sich alle diese Ereignisse abgespielt haben sollen. Das ist die wichtigste Frage der ganzen Atlantisforschung; von ihrer Lsung hngt das Urteil ber den historischen Wert oder Unwert des Atlantis-berichtes ab, mit ihrer Beantwortung steht und fllt der ganze Atlantis-bericht.

    Es ist beraus verwunderlich, da kaum ein Forscher diese Frage gestellt oder einer ernsthaften berprfung fr wert gehalten hat. ber die Frage: w o lag Atlantis? hat man die Frage: w a n n ist Atlantis untergegangen? vollkommen vernachlssigt. Die wenigen Forscher, die sich mit dieser Frage aber beschftigten, haben trotz der uns heute zur Lsung solcher Fragen zur Verfgung stehenden Mittel geradezu unwahrscheinlich trichte Antworten gefunden. In fast allen Jahrzehntausenden zwischen 1 000 000 v. Chr. und 500 v. Chr. sollen sich die Ereignisse, welche die Priester in Sais um 560 v. Chr. dem Solon vortrugen, abgespielt haben. Wenn man diese Datierungen moderner Forscher kennt, dann wird man sich ber die Datierung, die Platon fr alle die von ihm berlieferten Ereignisse angibt 8000 Jahre vor Solon nicht so sehr verwundern. In Wirklichkeit ist diese Datierung Platons vllig unmglich. Kntel sagt mit Recht von dieser Zeitangabe: Sie ist ein vollstndiger Unsinn, wie er rger kaum gemacht werden kann!22 Alle die Dinge, von denen der At-lantisbericht so ausfhrlich erzhlt: griechische Staaten, eine Stadt Athen, ein gyptisches Reich, Kupfer, Zinn, das erste Eisen, Kriegs-wagen, Kriegsschiffe usw. usw. gab es 8000 Jahre vor Solon, also um

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    8600 v. Chr., ganz gewi noch nicht. Hier mu ein Irrtum, vielleicht ein bersetzungsfehler vorliegen. Daher darf diese Zeitangabe n i c h t zur Datierung der berlieferten Ereignisse herangezogen werden.

    Der Atlantisbericht enthlt aber neben dieser sicher falschen Angabe zahlreiche Hinweise, die es uns ermglichen, die in ihm geschilderten Ereignisse genau zu datieren.

    Da ist z. B. die oft wiederholte Angabe, die Atlanter htten ber einen groen Reichtum an Kupfer und Zinn verfgt und htten auch schon das erste Eisen gekannt (Krit. 114, 116, 119).

    Ein Volk, das ber Kupfer und Zinn verfgt, lebt in der Bronzezeit, die man ungefhr von 2000 bis 1000 v. Chr. ansetzen kann. Wenn nun, wie uns berichtet wird, die Atlanter auf ihrer Insel auch schon Eisengerte gekannt haben, dann mu diese Insel am Ende der Bronzezeit, in den Tagen, in denen das erste Eisen auftaucht, noch existiert haben.

    Die Frage des Auftauchens der ersten Eisengerte oder Eisensachen hat Wilhelm Witter, der bekannte Forscher der vorgeschichtlichen Metallurgie, eingehend beantwortet23. Witter kommt zu dem eindeu-tigen, durch umfangreiches Fund- und Beweismaterial belegten Ergeb-nis, da die ersten von Menschenhand hergestellten Eisensachen mit der Invasion der Nord- und Seevlker, die wie ein Orkan gegen Ende des 13. Jahrhunderts v. Chr. in die Mittelmeerlnder einbrachen, auf-tauchten24. Witter sagt: Wenigstens ein Teil der Nordvlker mu also die Eisentechnik bereits vor Antritt der groen Wanderung beherrscht haben25.

    Wenn der Atlantisbericht eine, wie Platon sagt, in jeder Hinsicht durchaus wahre Geschichte, also ein historisch wertvoller Bericht sein soll, dann mssen sich die Ereignisse, von denen er erzhlt, in den Tagen des ersten Eisens, also gegen Ende des 13. Jahrhunderts v. Chr., in welchem wirklich Kupfer und Zinn in groem Ausma verwendet wurden, aber auch das Eisen schon auftauchte, abgespielt haben.

    Vielleicht hat der gelehrte Schwede Olaf Rudbeck (1630-1703) recht, der die Vermutung ausgesprochen hat, da an dieser Stelle ein ber-setzungsfehler vorliegt und man nicht an 8000 J a h r e , sondern an 8000 M o n a t e zu denken habe, die seit dem Untergang von Atlantis bis zum Aufenthalt Solons in gypten vergangen gewesen seien. Der Untergang von Atlantis msse sich daher um 1200 v. Chr. ereignet haben 26-

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    Wenn wir dieser Vermutung des schwedischen Polyhistors folgen, dann kommen wir recht genau in die Zeit, in der Atlantis unterge-gangen sein mu. Die gypter rechneten 12 Monate fr ein Jahr*), 8000 Monate sind demnach 666 Jahre. Wenn wir diese 666 Jahre vom Aufenthalt Solons in gypten um 560 v. Chr. zurckrechnen, dann kommen wir ins Jahr 1226 v. Chr., und dieses Jahr kann mg-licherweise wirklich das Jahr des Beginnes der groen Katastrophe gewesen sein. In diesem Jahr greifen die Libyer, durch furchtbare Naturkatastrophen aus ihrer Heimat vertrieben, den Pharao Mer-nephta an27; ziemlich genau um 1200 v.Chr. erreichen die Nordvlker Griechenland28, im Jahre 1195 v.Chr. haben sie die gyptische Grenze erreicht29; man kann sich wohl vorstellen, da die Nordvlker hnlich wie tausend Jahre spter die Kimbern und Teutonen zwei bis drei Jahrzehnte unterwegs gewesen sind, bis sie schlielich von Ramses III. im Jahre 1195 v.Chr. aufgehalten wurden.

    Die Vermutung Rudbecks, da Solon die gyptischen Priester falsch verstanden hat und man den Beginn der im Atlantisbericht geschilder-ten Naturkatastrophen und Kriegszge 8000 Monate vor Solon an-setzen msse, hat also viel fr sich.

    Rudbeck und viele andere Forscher nach ihm haben darauf hin-gewiesen, da die hohen Altersangaben in der Genesis (Kap. 5) eben-falls auf die Verwechslung zwischen der altorientalischen Zhlung nach Monaten und der spter aufgekommenen Zhlung nach Jahren zurckzufhren sei. Daher seien alle Altersangaben durch 12 zu teilen. Adam ist demnach nicht 930, sondern 77 Jahre; Seth nicht 912, sondern 76 Jahre; Enos nicht 905, sondern 75 Jahre; Kenan nicht 910, sondern 76 Jahre; Mahalaleel nicht 895, sondern 74 Jahre; Jared nicht 962, sondern 88 Jahre; Methusalem nicht 969, sondern 80 Jahre; und Lamech nicht 777, sondern 64 Jahre alt geworden.

    Die gypter rechnen noch heute den Zeitablauf nach Monaten. So schreibt Knig Faruk in seinen Lebenserinnerungen: Unser Kalender rechnet nach Monden und nicht wie der gregorianische Kalender in den meisten westlichen Lndern nach Jahren zu 365 Tagen30.

    *) Herodot 11,4: Die gypter rechnen 30 Tage auf jeden der zwlf Monate Papyrus Ebers gibt das Jahr mit 12 Monaten zu 30 Tagen an, vgl. G. Legge in Receuil de Travaux Relatifs la Philologie et lArchologie Egyptiennes et Assyriennes (La Mission Francaise du Caire 1909).

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    5. DIE ZEITGENSSISCHEN URKUNDEN UND INSCHRIFTEN ZUM ATLANTISBERICHT

    Wir haben oben (S. 18) die Frage aufgeworfen, ob nicht vielleicht

    einige der Urkunden, auf die sich die Priester in Sais beriefen und die Solon und Krantor gesehen haben, noch heute existieren.

    Da wir soeben feststellten, da sich alle Ereignisse, die im Atlantis-bericht geschildert werden, in den Tagen des ersten Eisens, also im ausgehenden 13. Jahrhundert v.Chr. abgespielt haben mssen, so ist es erforderlich, Umschau zu halten, ob wir nicht aus dem ausgehenden 13. Jahrhundert v.Chr. Papyri und Inschriften erhalten haben, die die Angaben des Atlantisberichtes besttigen.

    Tatschlich gibt es eine ganze Anzahl solcher Urkunden aus jener Zeit. Folgende Inschriften und Papyri seien hier genannt:

    1. Inschriften aus der Zeit des Pharao Mernephta (12321214 v. Chr.), darunter vor allem die groe Karnakinschrift und die Stele von Athribis31.

    2. Die Inschriften und Wandbilder im Tempel Ramses III. (1200 bis 1168 v. Chr.) in Medinet Habu. Dort sind Tausende auf Tausende von Quadratmetern historischer Inschriften und Reliefs an Wnden und Sulen in Stein gehauen32.

    3. Der Papyrus Harris, die umfangreichste Urkunde, die uns aus dem Alten Orient erhalten ist33. Es handelt sich hierbei um eine 39 m lange Papyrusrolle, auf der eine Art Regierungsbericht Ramses III. aufgezeichnet ist34.

    4. Der Papyrus Ipuwer, in welchem ein Augenzeuge furchtbarer Katastrophen, die gypten betroffen haben, dem Knig bittere Vor-wrfe macht, da er die Schuld an dem allgemeinen Unglck habe, von dem das Land heimgesucht wird35. Der Papyrus Ipuwer ist von Erman in die Zeit etwa um 2500 v. Chr. angesetzt worden. Das ist eine irrige Datierung. Im Papyrus Ipuwer ist von Bronze die Rede, er kann also erst in der Bronzezeit entstanden sein, die auch fr gypten zwischen 2000 und 1000 v. Chr. anzusetzen ist. Weiter-hin wird gesprochen vom Lande der Keftiu, das erst seit der 18. Dynastie (1580 bis 1350 v. Chr.) in gyptischen Urkunden auftaucht36. Die teilweise wrtliche bereinstimmung in den Be-schreibungen der einmaligen Naturkatastrophe und des Einbruches fremder Vlker ins Nildelta mit den Angaben von Medinet Habu

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    und im Papyrus Harris beweisen, da der Papyrus Ipuwer aus der-selben Zeit stammt wie diese Texte, also um 1200 v. Chr. geschrieben sein mu.

    5. Auch Nachrichten aus dem Alten Testament, vor allem aus dem Buch Exodus, mssen hier herangezogen werden. Sie enthalten, wie ein Vergleich mit den ebenerwhnten Originalurkunden zeigt, offenbar recht wahrheitsgetreue Erinnerungen an jene Zeit.

    Das Buch Exodus beschreibt den Auszug der Kinder Israels aus gypten und die schrecklichen Plagen, die diesen Auszug erst ermg-licht haben. Dieses Ereignis erfolgte zwischen 1232 und 1200 v.Chr. In Exodus 1,11 wird berichtet, da die Kinder Israels zur Zeit ihrer Knechtschaft dem Pharao die Stdte Pithom und Ramses als Vorrats-huser erbauen muten. Diese beiden Stdte wurden von Ramses II. (1298-1232 v.Chr.) erbaut37. Pithom wurde im Wadi Tumilat, der natrlichen Eingangsstelle von Asien nach gypten, als Schutz- und Trutzburg, die Stadt Ramses oder Haus des Ramses wurde im Nildelta als neue Residenzstadt dieses Pharao, nach dem sie benannt ist, errichtet. Der Pharao der Unterdrckung ist also Ramses II., der Erbauer von Pithom und Ramses, gewesen.

    Nun heit es in Exodus 2, 23, da dieser Pharao vor dem Auszug Israels und dem Ausbruch der groen Naturkatastrophen, die als die zehn gyptischen Plagen bezeichnet werden, starb. Der Pharao des Auszuges kann also nur einer der Nachfolger Ramses II. gewesen sein. Als Ramses III. im Jahre 1200 v.Chr. den gyptischen Knigsthron bestieg, lag gypten schon in vollkommener Verwstung37a. Die Naturkatastrophen, von denen das Buch Exodus erzhlt, mssen sich also zwischen 1232 und 1200 v.Chr. abgespielt haben; sie werden heute allgemein um 1220 v.Chr. angesetzt, was sehr wahrscheinlich recht genau datiert sein drfte.

    Das Buch Exodus beschreibt also dieselben Naturkatastrophen, die auch von den obenerwhnten zeitgenssischen Inschriften und Papyri und vom Atlantisbericht geschildert werden.

    6. Zu diesen zeitgenssischen Quellen kommen noch viele Nach-richten, die antike Dichter und Schriftsteller aus spterer Zeit ber-liefert haben. Da diese Nachrichten allerdings nicht immer mit Sicher-heit datiert werden knnen, werden wir sie nur in Ausnahmefllen zitieren.

    7. Auerdem liegt ein umfangreiches archologisches Material vor,

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    das zusammen mit zahlreichen naturwissenschaftlichen Beobachtungen viele Angaben der zeitgenssischen Inschriften und des Atlantisberich-tes in eindrucksvoller Weise besttigt.

    6. DIE NATURKATASTROPHEN UM 1200 v.Chr.

    Den grten Ansto haben die Kritiker des Atlantisberichtes immer wieder an den Angaben Platons ber die umfangreichen Naturkata-strophen genommen, die in den Tagen des Unterganges von Atlantis die ganze Welt heimgesucht und den groen Kriegszug der Atlanter ausgelst haben sollen. Diese Berichte seien, so wurde behauptet38, reine Erfindungen Platons, der seine kosmologischen Spekulatio-nen damit glaubhaft machen wollte. Es ist leicht erklrlich, da dieser Verdacht aufkommen konnte. Platon erzhlt uns in seinen Dialogen ja wirklich von Katastrophen, die so einmalig sind, da der Vorwurf, dieses alles seien reine Erfindungen, nur zu gerechtfertigt erscheint.

    Nach Platons Behauptungen berichteten die Priester in Sais Solon, damals htten Austrocknungen von kaum vorstellbaren Ausmaen alles auf Erden verbrannt, groe Feuer htten weite Lnder und Wlder vernichtet, Blitze seien vom Himmel gezuckt, Erdbeben htten die Welt erschttert und groe Verwstungen angerichtet, viele Quellen und Flsse seien versiegt und die Knigsinsel der Atlanter sei vom Meer verschlungen worden. Schlielich seien dann groe berschwem-mungen und Regenfluten hereingebrochen. So sei in einem schrecklichen Wirbel furchtbarer Katastrophen ein ungemein gnstiges und fruchtbares Zeitalter von einem sehr viel hrteren und klimatisch ungnstigeren abgelst worden.

    Entsprechen diese Angaben den historischen Tatsachen? Haben wirklich im ausgehenden 13. Jahrhundert v. Chr. solche weltweiten, furchtbaren Naturkatastrophen stattgefunden? Oder haben diejenigen recht, die dem Platon vorwerfen, er sei bei diesen Erzhlungen allzu-sehr ins Fabulieren gekommen?

    a) Die Austrocknung und die groen Feuer Die zeitgenssischen Urkunden lassen keinen Zweifel daran, da

    alle diese Katastrophen wirklich gegen Ende des 13. Jahrhunderts v. Chr. stattgefunden haben. Von der Austrocknung und den groen

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    Feuern berichten die zeitgenssischen Schriften folgendes: Eine furchtbare Fackel schleuderte Flammen vom Himmel, ihre (der Li-byer) Seelen zu suchen und ihren Stamm zu verwsten, der in ihrem Lande war39. Edgerton erklrt hierzu, da gemeint sei, Blitze vom Himmel htten die Libyer heimgesucht und ihren Stamm vernichtet. hnliches besagen andere Stellen: Die Hitze von (Sekhmet) brennt wie eine Flamme gegen ihre Gebiete. Ihre Knochen brennen und rsten in ihren Gliedern40. Die Hitze von dir brennt in ihren Gebieten, gleich wie ein Feuer im Ofen41. Seine Hitze verzehrt ihre Gebiete wie eine Flamme42- Sie (die Libyer) kommen auf ihren eigenen Fen nach (unleserlich), welches im Qualm der Hitze und unter einer mchtigen Flamme liegt43. Die Hitze von ihm hat verbrannt die Neun Bogen44. Von den Nordleuten heit es: Ihre Wlder (bzw. Bume) und Vlker sind vom Feuer gerstet45. Eine mchtige Flamme war vor ihnen bereitet46. Sie hatten vor sich ein Flammenmeer47. Auch von dem Frsten von Amor heit es, da er verbrannt sei48. Wiederholt wird von den Feinden gyptens gesagt, da sie verbrannt oder vom Feuer heimgesucht oder gerstet worden seien49.

    Aber auch gypten selbst wurde von der Hitze und den Feuern heimgesucht. Ein Augenzeuge berichtet: Tore, Sulen und Wnde wurden vom Feuer zerstrt, der Himmel ist in Verwirrung, keine Frchte, keine Kruter sind mehr zu finden, es ist alles vernichtet, was gestern noch zu sehen war, das Land ist der Ausdrrung berlassen, gleich wie geschnittener Flachs50.

    Im Buche Exodus heit es: Der Herr lie donnern und Steine (Luther bersetzt ,barad irrtmlich mit ,Hagel) fallen, da das Feuer auf die Erde scho. Also lie der Herr Steine regnen auf gyp-tenland, da Steinhagel und Feuer untereinanderfuhren, so grausam, da desgleichen in gyptenland nie gewesen war, seitdem Leute darin gewesen sind. (Ex. 9, 23 und 24.)

    Ovid hat in seinen Metamorphosen eine Erinnerung, die offenbar aus guten, alten Quellen geschpft ist, an jene Katastrophen berliefert: Die Erde steht in Flammen, die Berge beben, tiefe Risse springen auf, die Feuchtigkeit versiegt, groe Stdte gehen mitsamt ihren Mauern unter, ungeheure Feuersbrnste verwandeln die Vlker zu Asche. Die Wlder mitsamt den Bergen stehen in Flammen. Nicht gerettet wird Skythien trotz seiner nrdlichen Lage. Damals war es auch, da Libyen zur Wste wurde. (Metam. II.)

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    Jeder Satz dieser Schilderung kann durch zeitgenssische Inschriften oder durch geschichtliches oder naturgeschichtliches Material besttigt werden.

    Tatschlich wurde damals, also in den letzten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts v. Chr., Libyen zur Wste. Libyen war ebenso wie weite Gebiete der Sahara noch in der Bronzezeit ein fruchtbares und wasserreiches Land. Unzhlige Felszeichnungen von Rinderherden, Pferdegespannen, Fischen, Schiffen usw., in Gegenden, in denen heute nicht einmal das Kamel mehr sein Leben fristen kann, zahlreiche jungsteinzeitliche und bronzezeitliche Grabanlagen und archologische Funde, die nur fuhrenweise vom Boden aufgelesen werden brau-chen51, bezeugen die ehedem reiche Besiedlung und groe Fruchtbar-keit des Landes. Um 1200 v. Chr. trocknete Libyen, wie die oben zitierten zeitgenssischen Berichte beweisen, in furchtbaren Drre- und Feuerkatastrophen aus. Die Libyer suchten im Niltal Rettung, Mernephta berichtet: Die Libyer kommen nach gypten, ihres Leibes Nahrung zu suchen!52. In Medinet Habu steht: Die Feinde hatten beschlossen, ihr Leben in gypten zu verbringen, und sie wollten die Hgel und Ebenen als ihre Lndereien einnehmen53. Wahrscheinlich hatte der Priester in Sais, der dem Solon von jenen Katastrophen erzhlt, wirklich recht, wenn er sagte: Damals rettete der Nil unser Land!

    Whrend in Libyen die Flsse und Seen, die aus der mittleren und sdlichen Sahara gespeist wurden, austrockneten, fhrte der Nil, der seine Quellen in ehemals vergletscherten, ber 5000 m hohen Gebirgs-lndern hat, durch Abschmelzung dieser Gletscher Hochwasser und rettete gypten.

    Ovid sagt weiter: Nicht gerettet wird Skythien trotz seiner nrd-lichen Lage. Unter Skythien versteht Ovid, wie viele andere antike Schriftsteller, die Lnder um die Nordsee. Strabo (II, 104) nennt die Lnder um die Nordsee ta mechri Skython die Gebiete um Skythien, auch Diodor (5, 32, 3) nennt jene Gebiete Skythien, eine Bezeichnung, die auch schon Pytheas benutzt hat.

    Tatschlich haben sich in diesen Gebieten viele Spuren von groen Brnden und einer starken Austrocknung des Landes in der Zeit um 1200 v. Chr. feststellen lassen.

    In den Profilen der norddeutschen Moore hat Jonas, der Leiter des Meeresforschungsinstitutes in Papenburg im Emsland, sehr hufig umfangreiche Brandlagen54 aus der Zeit um 1200 v. Chr. gefunden,

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    Krger,derehemaligeHafenbaudirektorinWilhelmshaven,hatfrdieZeit um 1200 v. Chr. einen besonders stark ausgeprgtenGrenzhorizont, das ist ein Trockenhorizont, in den untersuchtenMooren festgestellt55. Zahlreiche Hochmoore stellen in der TrockenundDrrezeitum1200v.Chr.ihrWachstumein,d.h.siesterbenab56.

    DieeindrucksvollstenBeweisefrdiekatastrophaleTrockenzeitum1200v.Chr.habenallerdingsdieUntersuchungenandensogenanntenPfahlbautenEuropasergeben.AnzahlreicheneuropischenSeenundFlssenhatman, oftmalsweitabvomheutigenUfer,Restevon Siedlungen gefunden,diederZeitum 2000und 1200 v.Chr. angehren.ManwarbisherallgemeinderAnsicht,daessichbeidiesenFundenumRestevonPfahlbautenhandelnmsse,alsoumRestevonHusern,dieaufeinervonPfhlengetragenenPlattformeinstweitdrauenindenSeenerrichtetwordenwaren.

    Je mehr man aber die vorgeschichtlichen Siedlungsformen durchAusgrabungen kennenlernte, desto mehr Rtsel stellten diese Pfahlbauten.EswarvorallemkeinGrund frdiese inunseremKlimasoauffallende Bau und Siedlungsweise zu finden. Der Stuttgarter ForscherO.ParetgingdasProblemeinmalvonder technischenSeiteheran,undsieheda,esergabsicheineganzeMengetechnischerBedenkengegendiebisherigeDeutung57.SchlielichkamParetwieeinzndender Funke der erlsende Gedanke: die Pfahlbauten, deren PfhlemanindenSeen,FlssenundSmpfenEuropasgefundenhatte,waren

    Schnitt durch ein Stranddorfwahrend derTrockenzeit um 1200 v.

    Chr.undseineheutigenberreste,diePfahlbautenvortuschenAusParet,DasneueBildderVorgeschichteAugustSchrderVerlag,Stuttgart

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    gar keine Pfahlbauten, sondern ebenerdige Siedlungen auf festem Boden. Da sie oft weit drauen in den Seen gefunden wurden, mssen die Wasserspiegel der Seen in der Zeit der Errichtung dieser Siedlungen ungefhr 5 m tiefer als heute gewesen sein. Alle diese Siedlungen, die den in Trockenzeiten weichenden Seen nachgerckt waren ohne Wasser kein Leben , wurden, als nach einiger Zeit die Wasserspiegel der Seen und Flsse wieder anstiegen, gerumt und vom Wasser ber-flutet. Da man dieselben Verhltnisse in ganz Mittel- und Nordeuropa bei allen Pfahlbauten festgestellt hat, so mute der Grund in einer weitrumigen Ursache liegen58. Diese weitrumige Ursache war eine Klimakatastrophe, die mit einer einschneidenden Trockenzeit begann und von einer folgenschweren berschwemmungszeit abgelst wurde. Die ,Pfahlbauten waren ein romantischer Irrtum, aber eine Natur-katastrophe grten Ausmaes war seit Ende des 13. Jahrhunderts v. Chr. eine an dem ungeahnt starken Absinken und schnellen Wie-deransteigen der Seen und Flsse nachweisbare historische Tatsache59. Es gibt nur aus den Trockenzeiten um 2000 und um 1200 v. Chr. so-genannte Pfahlbauten. Paret konnte feststellen, da die Trockenzeit um 1200 v. Chr. viel ausgeprgter und folgenschwerer war als diejenige um 2000 v. Chr. Er erinnert, um das Geschehen jener Zeit zu veranschaulichen, genau wie 2520 Jahre vor ihm der Priester in Sais, an die schne griechische Sage von Phaethon, der den Sonnenwagen seines Vaters auf falsche Bahnen gefhrt und so viele Lnder verbrannt habe, bis dann Zeus durch groe Regenfluten und berschwemm-ungen die entstandenen Brnde wieder lschte. Die Sage scheint auch Paret eine gute Illustration fr die Naturkatastrophen um 1200 v.Chr. zu sein60. Was man bisher als Klimaoptimum bezeichnet hat, erwies sich jetzt vielmehr als Klimakatastrophe ,von weltweiter Wirkung61. Sie hat Hungersnte ber die Vlker gebracht, die sogar zur Menschenfresserei zwangen (Knochenfunde im Moordorf Buchau). Sie hat die Vlker Mittel- und Sdeuropas und Vorderasiens in Bewegung gebracht, die alte Welt gestrzt und die Grundlagen fr eine neue Welt geschaffen. Sie war der Anla der ,Sturmflut, die das Schicksal der Welt bestimmt hat62.

    Alle diese Beobachtungen und die oben zitierten zeitgenssischen Inschriften lassen keinen Zweifel daran aufkommen, da die im Atlantisbericht geschilderte Austrocknung und die groen Feuer wirklich in der fraglichen Zeit, also gegen Ende des 13. Jahrhunderts v. Chr., stattgefunden haben.

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    Auch in diesem Punkt enthalten die Erzhlungen Platons n i c h t freieste Dichtung, sondern in jeder Hinsicht durchaus wahre Ge-schichte.

    b) Erdbeben und berschwemmungen

    Genau so verhlt es sich mit den gewaltigen Erdbeben und ber-schwemmungen, von denen Platon berichtet. Auch sie sind als phan-tastische Erfindungen von ihm hingestellt worden, aber auch fr sie gibt es zahlreiche zeitgenssische Nachrichten, sptere berlieferungen und archologische und naturwissenschaftliche Beweise.

    Von den Erdbeben berichten die Inschriften in Medinet Habu: Die nrdlichen Fremdlnder erbeben in ihren Gebieten61. Ihr (der Nordvlker) Land ist vernichtet, ihre Seele kam in hchste Not64. Die nrdlichen Lnder, welche waren in ihren Inseln, waren bebend in ihren Gebieten65. Die nrdlichen Fremdvlker machten eine Ver-schwrung auf ihren Inseln, ausgerissen und fortgeweht im Sturm ist ihr Land gleichzeitig .66 das Haupt ihrer Stdte ist vernichtet, zerstrt gleichzeitig67. Von gypten berichten die Inschriften: Es war wie ein Flchtling, es hatte keinen Hirten68. gypten lag verwstet in vollkommener Zerstrung, als der Knig (Ramses III.) begann ,69. gypten, welches verwstet war70. Das war in meinem Herzen, gypten wiedererstehen zu lassen, welches lag verwstet 71. Papyrus Ipuwer: Die Stdte sind zerstrt, Obergypten ist vernichtet, die Residenz ist in einem Augenblick eingestrzt. Wahrlich, die Kinder der Frsten wurden von den Mauern zerschmettert, sie wurden in den Straen hingestreckt, das Gefngnis liegt in Trmmern72.

    Eusebius, Bischof von Csarea ( 340), berichtet offenbar auf Grund alter wertvoller berlieferungen zu Exodus 9: Es war Steinhagel und Erdbeben, so da die, welche vor dem Steinhagel in die Huser flohen, durch das Erdbeben erschlagen wurden, denn eben zu der Zeit fielen alle Huser und die meisten Tempel ein75.

    Tacitus, Annalen 4, 55: Die Leute von Halikarnass versichern, da in ihrem Land seit 1200 Jahren kein Erdbeben gewesen sei. Diodor von Sizilien, der kurz vor Christi Geburt lebte, schrieb in seiner Weltgeschichte (3, 55), da 1200 Jahre vor seiner Zeit der See Tritonis in Nordafrika infolge eines furchtbaren Erdbebens ver-schwunden sei, indem seine an den Ozean grenzenden Ufer ausein-andergerissen wurden. Von den Phniziern, die gegen Ende des 13.

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    Jahrhunderts v. Chr. aus dem Osten kommend an die Kste des Mittelmeeres vordringen, berichtet Justin, der Mrtyrer ( 165)74, da sie durch schwere Erdbeben aus ihrer ursprnglichen Heimat Assyrien vertrieben worden seien.

    Mit diesen Erdbeben scheinen furchtbare Orkane gleichzeitig auf-getreten zu sein, darum sagt Ramses III. von den Inseln der Nord-vlker, da sie vom Sturm ausgerissen und fortgeweht sind. Die Hieroglypheninschrift von el Arish, die dieselben Katastrophen be-schreibt, berichtet: Das Land war in groer Not, Unglck befiel die Erde, es war ein ungeheurer Aufruhr in der Hauptstadt. Niemand konnte den Palast verlassen, neun Tage lang. Whrend dieser neun Tage des Aufruhrs war ein solcher Sturm, da weder Menschen noch Gtter (worunter wohl die knigliche Familie gemeint ist), die Ge-sichter um sich sehen konnten75.

    Auch im Buche Exodus (10; 13, 19) wird von diesem Sturm berichtet. Er wehte nach den Angaben des Alten Testamentes zuerst von Osten und sprang dann nach Westen um: Da wendete der Herr den Wind, also da er sehr stark aus Westen ging.

    Die Folge dieses Zusammentreffens von schweren, offenbar west-lichen Strmen und gewaltigen Erdbeben waren Sturmfluten und Landuntergnge. Ramses III. berichtet: Das Delta berschwemmt seine Ksten76. Im Buche Exodus (10, 19) heit es von dieser Kata-strophe: Da lieest du einen Sturm blasen, und das Meer bedeckte sie (die gypter), und sie sanken unter wie Blei im mchtigen Wasser. Durch dein Blasen taten sich die Wasser empor, und die Fluten stan-den in Haufen, die Tiefe wallete voneinander mitten im Meer. (Ex. 15, 8.)

    Von den Nordleuten lt Ramses III. den Gott Amon-Re-Harakhte sagen77: Da ich mein Antlitz nach Norden wandte, tat ich ein Wunder fr dich (fr Ramses III.). Welches Wunder hier gemeint ist, steht wenige Zeilen spter: Ich veranlate, da sie sehen konnten deine Macht und die Macht des Nun, da er ausbrach und in einer Woge von Wasser Stdte und Drfer verschlang.

    Unter Nun verstehen die Inschriften von Medinet Habu das Weltmeer, den groen Wasserkreis, der um den Erdkreis fliet. So heit es z. B., da der Name Ramses III. gro sein soll, solange der Mond aufgeht und Nun den Groen Erdkreis umkreist78. An dieser Stelle, in der erzhlt wird, da Nun, der Groe Wasserkreis, der Okeanos, Stdte und Drfer verschlungen habe, ist also offenbar an

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    hicago Press

  • 33

    den Untergang der Stdte und Inseln der Nordleute gedacht, Ram-ses III. berichtet ja auf einer anderen Tafel in Medinet Habu aus-drcklich von der Vernichtung der Hauptstadt der Nordleute79, er sagt: Ihr (der Nordvlker) Land ist nicht mehr , Ihre Inseln sind vom Sturm ausgerissen und weggeweht, ihre Hauptstadt ist vernichtet.

    An vielen Stellen war in Griechenland die Erinnerung an die deu-kalionische Flut erhalten80. Die griechischen Schriftsteller setzen die deukalionische Flut mit dem Feuerbrand des Phaethon gleich; Eusebius sagt, da die Flut des Deukalion, der Feuerbrand des Phaton und der Auszug des Volkes Israel aus gypten zur selben Zeit stattgefun-den htten (Chronikon-Kanon); Augustin (De Civ. Dei. XVIII, 10) setzt ebenfalls die Flut des Deukalion mit dem Auszug Moses aus gypten gleich. Es ist also sehr wahrscheinlich, da es sich bei den zahlreichen griechischen Sagen von der deukalionischen Flut um Erin-nerungen an die gewaltigen berschwemmungen und Sturmfluten von 1200 v. Chr. handelt. Im Monat Anthesterion wurden in Delphi dem Apoll besondere Opfer dargebracht aus Dankbarkeit dafr, da er einst die Vorfahren aus der deukalionischen Flut errettet habe. Lukian81 nennt den Deukalion einen Skythen; nach altgriechischer berlieferung sollen die Delpher von den Hyperboreern, die vor der groen Flut am hyperboreischen Ozean (= Nordsee) beheimatet waren, abstammen82. Die deukalionische Flut soll sie aus dem Land vertrieben haben. Vielleicht liegt auch in diesen Sagen eine Erinnerung an die Sturmfluten und Landuntergnge im Nordmeer vor, von denen Ramses III. berichtet.

    Wir haben schon oben (S. 29 u.f.) bei der Besprechung der sogenannten Pfahlbauten gehrt, da sich auch an diesen Bauten die katastropha-len Auswirkungen der schnell ansteigenden Wasserspiegel in den Seen und Flssen nachweisen lassen. Da gleichzeitig, so sagt Paret83, am Bodensee und in den Schweizer Seen, ja weit darber hinaus, die Pfahlbauten pltzlich und fr immer aufhren, mu der Grund in einer weitrumigen Ursache liegen. Diese weitrumige Ursache war auch nach Paret der groe Klimaumschwung zu Beginn der Eisenzeit84, der zu einem schnellen Ansteigen der Wasserspiegel in den Seen und Flssen fhrte, wodurch die sogenannten Pfahlbauten berflutet wurden. Diese Pfahlbauten aus der Zeit um 1200 v. Chr. sind sichtbare Zeugen, da die gewaltigen Regenfluten und ber-schwemmungen, von denen der Atlantisbericht erzhlt, tatschlich

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    die Trocken- und Drrezeit in der zweiten Hlfte des 13. Jahrhunderts v. Chr. abgelst haben. Paret stellt fest, da Platon die Klimakatastro-phen jener Zeit richtig gesehen85 hat.

    In den Norddeutschen Mooren ist Jonas immer wieder auf eine auf-fallende Vernssungszone86 gestoen, die er auf Grund archologi-scher Funde auf die Zeit um 1200 v. Chr. datiert87. Nach ihm sind seit 1200 v. Chr. die berwiegende Zahl der Moor- und Humusbil-dungen ber den trockenen Bden und Brandlagen der voraufgehen-den Zeit entstanden. Die bis 1200 v. Chr. bentzten Heerwege wur-den durch teilweise Vermoorung tiefer Strecken unbenutzbar und aufgegeben88. berall bildete sich in den untersuchten Mooren der Sphagnum-cuspidatum-Torf*) (Splint der Torfstecher), der an man-chen Stellen bis zu 1 m dicke Lagen hervorbrachte und in den tiefen Schlenken unter Wasser gebildet wurde89. Jonas spricht von einer neu auftretenden Flutwelle in der Zeit von 11001000 v. Chr. bei allen untersuchten Mooren.

    Schtte hat gerade fr die Zeit um 1200 v. Chr. seine Senkung III angesetzt, die aber wahrscheinlich nicht so sehr eine Senkung des Lan-des, sondern vielmehr eine Erhhung des Meeresspiegels gewesen zu sein scheint90. Nach Krger lag die Landoberflche um 1100 v. Chr. 1,9 m unter heutigem Mittelhochwasser, whrend sie um 100 v. Chr. auf 3 m ber heutigem Mittelhochwasser gelegen hat. Der Meeresspiegel lag also um 1100 v. Chr. 4,9 m hher als um 100 v. Chr.91.

    Damals mssen auch die gewaltigen Umwlzungen an der West-kste der kimbrischen Halbinsel vor sich gegangen sein. Die Nordsee, die bis dahin weit drauen bei Helgoland brandete, zerstrte weite Land- und Inselgebiete und erreichte den sogenannten Mittelrcken. Die vorspringenden Geestrcken wurden abgerissen, es entstanden die Kleffs. An anderen Stellen wurden von den aufgewhlten Wogen riesige Strandwlle aufgeworfen, so entstanden die Donns bei Marne und die Lundener Nehrung, ein riesiger, ungefhr 20 km langer und bis zu 8 m hoher Strandwall, der die groe Eiderbucht absperrte. (Karte Seite 36.)

    Die Entstehung der Kleffs und der Strandwlle kann nicht frher erfolgt sein. Wir werden sehen, da bis zu jenen Naturkatastrophen gerade westlich des am weitesten zerstrten Landes vor der heutigen holsteinischen Kste im Rume Helgoland noch eine groe Insel lag. Solange diese Insel als Wellenbrecher die holsteinische West- *) Der Sphagnum-cuspidatum ist eine Torfart, die nur unter Wasser entstehen kann.

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    Die Landsenkung im sdlichen Nordseegebiet. Senkung III und Grenzhorizont

    der Moore (= Naturkatastrophen von 1200 v. Chr.) treffen zusammen. Aus: Krger, Die Kstensenkung der Jade in Der Bauingenieur 1938. Springer-Verlag, Berlin.

    kste schtzte, konnten die furchtbaren Verheerungen, die durch die Kleffs und die Strandwlle angezeigt werden, nicht entstehen. Erst als diese Insel unterging, konnte das Meer am Mittelrcken seine ver-nichtende Kraft austoben.

    Da die Kleffs und Strandwlle nicht in der Hochbronzezeit exi-stierten, wird durch das vllige Fehlen von Funden aus jener Zeit, die in unmittelbarer Nhe auf dem Mittelrcken beraus zahlreich sind, bewiesen. Viele Funde aus der Eisenzeit zeigen aber an, da die Strandwlle zu jener Zeit schon existiert haben, sie sind also in den Katastrophen um 1200 v. Chr. und in der Folgezeit entstanden.

    So sind die Kleffs und die Strandwlle an unserer Westkste ein-drucksvolle Flutmarken, die uns beweisen, bis zu welcher einmaligen Hhe die durch schwere Erdbeben und Orkane aufgetrmten Nord-seewogen damals aufliefen.

    Die Griechen hatten auch an diese Katastrophe eine Erinnerung be-halten, denn sie erzhlten, da Phaethon, als Zeus ihn durch einen Blitz vom Himmel schmetterte, an der Mndung des Eridanus nieder-gestrzt sei. Seine Schwestern, die Heliaden, htten seinen Leichnam

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    Das Ausma der Katastrophen von 1200 v Chr. Das Meer berflutete die Land- und Inselgebiete zwischen der heutigen 20 m-Tiefenlinie und dem Mittelrcken

    Schleswig-Holsteins und schuf dort Strandwalle und Kliffe.

    Aus: Schott, Die Westkste Schleswig-Holsteins / Probleme der Kstensenkung in .Schriften des Geographischen Institutes der Universitt Kiel, 1950.

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    gefunden und bestattet, sie stnden, in Pappeln verwandelt, an den Ufern des Eridanus und beweinten ihren Bruder. Ihre Trnen seien in den Flu gefallen und wrden in Bernstein verwandelt, der daher an der Insel Basileia im Nordmeer angeschwemmt werde.

    Es ist in diesem Zusammenhang gleichgltig, ob wir mit Richard Hennig92, Bearbeiter vieler Probleme der Geschichte und Geographie, die Elbe oder mit dem bekannten deutschen Forscher und Schriftsteller Heinar Schilling und dem schwedischen Vorgeschichtler Sven Nilsson93 die Eider mit dem Eridanus identifizieren, denn die Mndungen beider Strme lagen damals im Rume von Helgoland. Offenbar hat sich hier, das beweisen die zeitgenssischen gyptischen Texte, die Kleffs und Strandwlle und die griechische Sagentradition, eine furchtbare Kata-strophe um 1200 v. Chr. abgespielt. Da die griechische Sage von dem Sturz des Phaethon in die Mndung des Eridanus im Nordmeer mglicherweise die Erinnerung an den Sturz eines Riesenmeteors fest-hlt, hat zuerst Kugler und erneut Hennig94 ausgesprochen.

    Zusammenfassend knnen wir feststellen, da alle Angaben des Atlantisberichtes ber die weltweiten Naturkatastrophen um 1200 v. Chr. durch zahlreiche zeitgenssische Inschriften, unzhlige jngere berlieferungen, die wir nur zum kleinsten Teil angefhrt haben, durch archologische Beobachtungen und naturwissenschaftliche Fest-stellungen im vollen Umfang besttigt werden. Wenn man die Angaben der zeitgenssischen Inschriften und die heute noch nachweisbaren Spuren jener Katastrophenzeit mit den Erzhlungen des Platon vergleicht, dann mu man feststellen, da Platon beraus sachlich, ja geradezu zurckhaltend von jenen Katastrophen berichtet hat. Sie waren viel furchtbarer und folgenschwerer, als der Bericht des Platon uns ahnen lat. Sie haben die klimatisch beraus gnstige Bronzezeit beendet und eine neue, schwerste Zeit95, die Eisenzeit, heraufgefhrt, sie haben die Sturmflut veranlat, die das Schicksal der Welt bestimmt hat96.

    7. DIE KRIEGSZGE DER ATLANTER

    a) Gegen gypten

    Die Kriegszge der Atlanter gegen gypten und Griechenland, von denen Platon berichtet, wurden ebenso wie die Naturkatastrophen bisher ausnahmslos ins Reich der Fabel verwiesen. Selbst Forscher wie

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    Adolf Schulten, der in Spanien lebende deutsche Professor, und der Grazer Dozent fr Sprachwissenschaft Wilhelm Brandenstein, die an einen historischen Kern97 des Atlantisberichtes glauben, haben diese Kriegszge der Atlanter als in den Wolken schwebend98 verworfen oder umzudeuten versucht99. Unsere bisherigen Vorstellungen ber die Machtverhltnisse in der Bronzezeit lassen es als vollkommen unmglich erscheinen, da es damals wirklich ein Volk gegeben habe, das wie Platon berichtet Europa und Kleinasien bis an die Grenze gyptens durchzogen haben soll mit dem Ziel, Griechenland und gypten sowie berhaupt alles Land innerhalb der Meerenge (Tim. 25) unter seine Gewalt zu bringen. Dieser Gedanke, Europa und die Mittelmeerlnder unter eine Macht zu einen, ist so modern, da er auch als Phantasieprodukt Platons erstaunlich genug ist, da er aber fast ein Jahrtausend v o r Platon gefat und beinahe verwirklicht worden sein soll, ist fr unsere bisherigen Vorstellungen schlechterdings undenkbar. So wurde dieser Teil des Atlantisberichtes in groer Einmtigkeit ver-worfen und geradezu als Beweis fr die historische Wertlosigkeit der Erzhlung Platons hingestellt.

    Aber auch in diesem Punkt widerlegen die zeitgenssischen Inschriften und Papyri das vorschnelle Urteil der Skeptiker. Wir werden die Angaben Platons ber diesen Kriegszug und den paneuro-pischen Plan der Atlanter mit den zeitgenssischen Urkunden ver-gleichen und zeigen, da er auch in diesen Angaben kein Wort zuviel gesagt, sondern sich offenbar sehr treu an jene gyptische ber-lieferung, die Solon mitbrachte, gehalten hat.

    Platon erzhlt von dem groen Kriegszug der Atlanter folgendes: 1. Die Vlker des atlantischen Reiches htten sich zu einer zur Ein-

    heit zusammengeballten Macht zusammengetan und beschlossen, Grie-chenland und gypten, sowie berhaupt alles Land innerhalb der Meerenge (von Gibraltar) durch einen einzigen Kriegszug in ihre Gewalt zu bringen. (Tim 25.)

    2. Auf diesem groen Kriegszug htten die Atlanter Europa durch-zogen, Griechenland mit Ausnahme Athens unterworfen, dann seien sie durch Kleinasien bis an die Grenze gyptens vorgedrungen, das sie in grte Bedrngnis brachten (Tim. 24, 25; Krit. 108), aber doch nicht unterwerfen konnten.

    3. Von den Lndern am Mittelmeer unterstanden den Knigen von Atlantis Libyen bis nach gypten und Europa bis nach Tyrrhenien.

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    (Tim. 25, Krit. 114.) Diese Lnder beteiligten sich am groen Kriegszug. 4. Ein gewaltiges, wohlausgerstetes und wohlorganisiertes Heer,

    starke Kriegswagenverbnde und eine mchtige Kriegsflotte htten der atlantisdien Kriegsmacht zur Verfgung gestanden. Zehn Knige die Zehn genannt unter dem Oberbefehl des Knigs von Atlantis befehligten die Streitmacht. (Krit. 119, 120.)

    5. Der Kriegszug der Atlanter fand statt zur Zeit der groen Natur-katastrophen. Nach den bisher erarbeiteten Ergebnissen mu dieser groe Kriegszug demnach um 1200 v. Chr. stattgefunden haben.

    Tatschlich haben sich in den Jahrzehnten um 1200 v. Chr. Ereig-nisse abgespielt, die mit den Angaben des Atlantisberichtes in erstaun-licher Weise bereinstimmen.

    Die Ereignisse, um die es sich hier handelt, sind in die Geschichte unter den Namen Groe Wanderung100, Dorische Wanderung, gische Wanderung101, Illyrische Wanderung102 eingegangen. Nach den Vlkern, die, wenigstens im Anfangsstadium der Groen Wanderung, eine entscheidende Rolle gespielt haben, wird sie auch als Kriegszge der Nord- und Seevlker103 bezeichnet.

    Neben den schon oben angefhrten zeitgenssischen Inschriften, die Bilabel als Urkunden von hchstem historischem Wert bezeichnet hat104, helfen uns zahlreiche archologische Grabungsergebnisse das Dunkel, das bisher ber jener so entscheidenden Epoche der europi-schen Geschichte lag, zu erhellen. Wir knnen auf Grund dieses Mate-rials jene Ereignisse wie folgt rekonstruieren:

    Unter der Regierung Mernephtas brechen von Westen her die Libyer mit ihren Bundesgenossen in gypten ein. Die Austrocknung ihres Landes hat sie aus der einst so fruchtbaren Heimat vertrieben und sie gezwungen, in gypten das Bedrfnis ihrer Mnder105, also ihren Hunger, zu stillen. Die Libyer fhren ihre Frauen und Kinder mit sich. Unter der Fhrung des Frsten Merije gelingt es den Libyern, bis Memphis und Heliopolis vorzudringen und dort ihre Wohnsitze auf-zuschlagen106.

    Eine Schicksalsstunde, wie sie das gyptische Volk seit den Tagen der Hyksosvertreibung nicht mehr erlebt hatte, ist angebrochen107. Mernephta entschlo sich im fnften Jahr seiner Regierung, also 1227 v. Chr., dem Feind entgegenzutreten108. Am dritten Epiphi (April) kommt es zur Schlacht bei Perir. Nach sechs Stunden ist der Feind ge-schlagen und wendet sich zur Flucht. Reiche Beute an totem und leben-

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    dem Inventar fllt in die Hnde des siegreichen Pharao, darunter 9111 Schwerter (sf.t, vielleicht mit sword Schwere zusammenhngend), die drei und vier Spannen lang und ganz aus Bronze waren. Die Zahl der Gefallenen, die auf dem Schlachtfeld zurckbleiben, betrgt 6359 Libyer, 2370 Nordleute von den Lndern des Meeres, 222 Scheke-lescha (Sizilier) und 742 Turuscha (Etrusker)109.

    Aber trotzdem der Feind, die vereinten Libyer und Nordleute, eine schwere Niederlage erlitten hat, sammelt er sich wieder. Die Schlacht bei Perir war nur der Auftakt zu viel greren und blutigeren Ereig-nissen, sie ist gleichsam das Vorspiel zu einer Weltrevolution, fr deren Umfang und Gre es in der lteren Geschichte kein Gegenbei-spiel gibt110.

    An den Manahmen, die nun die Staaten im stlichen Mittelmeer-gebiet treffen, erkennt man, da sie alle ein furchtbares Unwetter herannahen sehen.

    Gegen Ende des 13. Jahrhunderts v. Chr. errichten die Athener die mchtigen zyklopischen Burgmauern und rsten zur Verteidigung und Abwehr111. In Myken werden die Befestigungsanlagen verstrkt, zu-gleich trgt man fr die ungefhrdete Wasserversorgung der Burg Vorsorge112. Die Fluchtburg von Tiryns wird errichtet113, und alle Be-festigungsanlagen werden verstrkt.

    In Kleinasien versuchen die hethitischen Knige, durch strkste Be-festigung ihrer Hauptstadt Boghazki und durch Abschlu eines Mili-trbndnisses mit gypten dem drohenden Unheil vorzubeugen114. Die Pharaonen bringen ihr Land durch gewaltige Rstungen und durch Wiederaufbau der in den Naturkatastrophen zerstrten Stdte sowie durch Aushebung zahlreicher Truppen und Sldnerscharen auf hchste Verteidigungsbereitschaft115. All das deutet auf Wetterleuchten und Sturmesvorboten116.

    Ungefhr um 1200 v. Chr. bricht dann das Unwetter mit aller Gewalt los. Von Norden her dringen gewaltige Kriegerscharen in Griechenland ein, sie besetzen in unwiderstehlichem Vordringen das ganze Land; nur Athen hlt sich gegen die Angreifer.

    Die eindringenden Nordvlker kamen auf dem Landweg, aber sie mssen erfahrene Schiffbauer und tchtige Seeleute gewesen sein. Sie erbauten nach der Sage bei Naupaktos, am Golf von Korinth117 eine starke Flotte, setzten mit ihr nach dem Peloponnes ber, eroberten ihn und vernichteten die starke achische und kretische Flotte118. Dann besetzten sie Kreta, die gischen Inseln und Zypern119.

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    Wahrscheinlich war ein groer Teil der Nordvlker schon vorher von dem in Griechenland eingedrungenen Teil abgeschwenkt, hatte den Bosporus berschritten und Troja VII b*) zerstrt120. Troja VII a, das homerische Troja, war 80 Jahre vorher von mykenischen Griechen zerstrt worden121. Eine Kette vernichtender Zerstrung122 kenn-zeichnet den weiteren Weg dieser Scharen, welche zu Lande kamen. Allem Anschein nach operierten die, welche zu Land kamen und die, welche zur See kamen123, also diejenigen Scharen, die ber den Peloponnes nach Kreta und Zypern vordrangen, Hand in Hand.

    Kleinasien wird nunmehr besetzt und durchschritten, das mchtige hethitische Reich so zerstrt, da es fast spurlos aus der Geschichte verschwindet124. Boghazki, die Hauptstadt der Hethiter, wurde, wie die Ausgrabungen zeigen, trotz ihrer groartigen Befestigungsanlagen erobert, geplndert und zerstrt125.

    Die zeitgenssischen gyptischen Inschriften besttigen die Gra-bungsergebnisse und schildern den weiteren Verlauf jenes gewaltigen Kriegszuges. Ramses III. berichtet: Die Nordvlker haben auf ihren Inseln eine Verschwrung gemacht. Sie (die Inseln) sind ausgerissen und fortgeweht im Sturm gleichzeitig. Nicht hielt stand irgendein Land vor ihren Hnden. Hatti (Hethiterreich), Kode, Karkemisch, Arzawa, Alasia (Zypern)126 wurden zerstrt. Sie schlugen ihr Feldlager auf an einem Ort in Amurru (Sdsyrien). Sie richteten Land und Leute zu-grunde, als wren sie nie gewesen. Sie waren im Anmarsch, whrend ein Feuer vor ihnen bereitet war, vorwrts auf gypten zu. Verbndet waren die Phrst, Sakar, Denen, vereint mit ihnen die Sekelesa und Vasasa. Wahrlich, sie legten ihre Hnde auf die Lnder bis zum Erd-rand, ihre Herzen waren voll Vertrauen und Gewiheit: ,unsere Plne gelingen!127.

    Offenbar sammelten sich die Nord-Seevlker in ihrem Feldlager in Amurru zum entscheidenden Angriff auf gypten.

    Ramses III. ordnet die Generalmobilmachung an. Er befestigt seine Grenzen im Norden, sichert die Hfen, zieht Schlachtschiffe, Mns-Schiffe und Br-Schiffe also Kriegsschiffe aller Art zusammen, die vollstndig von vorne bis hinten mit starken Streitern und deren Waffen bemannt waren128. Der Pharao gibt den Befehl: Gebt Waf- *) Bei der Ausgrabung von Troja fand Schliemann mehrere Schichten zerstrter Sied-lungen, die in den verschiedenen Jahrhunderten an dieser Stelle gelegen hatten. Diese Schichten wurden von unten nach oben mit I, II, III usw. bezeichnet. Die Schuttschicht Troja VII a ist die des homerischen Troja, die Schicht VII b ist die Zerstrungsschicht, welche die Nordvlker bei ihrem Einbruch in Kleinasien verursachten.

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    fen heraus, schafft Hilfstruppen herbei, um die Elenden zu vernich-ten!129. Das Aushebungsgeschft und die Waffenausgabe werden vom Kronprinzen geleitet. Neben einheimischen Truppen werden Neger-vlker und sardische Sldner aufgestellt130. Rekruten aus allen Dienst-fhigen, die in der Liste Seiner Majestt sind, werden bewaffnet. Stolz wird von diesem Heer gesagt: Die Soldaten waren die allerbesten gyptens, sie waren wie Lwen, die auf dem Gebirge brllen. Die Wagentruppen waren alle tchtige Kmpfer, Helden und Streiter, die ihr Handwerk verstanden. Ihre Gespanne bebten am ganzen Leibe, bereit, die Feinde zu vernichten131.

    Im fnften Jahr der Regierung Ramses III. (1195 v. Chr.) erfolgte nach einigen offenbar schwcheren Angriffen der Generalangriff auf gypten. Wahrscheinlich lag diesem Angriff ein einheitlicher Plan zugrunde135. Von Westen her stoen die Libyer, die, wie schon in frheren Jahrzehnten, auch jetzt mit den Nordvlkern verbndet sind136, gegen gypten vor. Von der Seeseite her versucht eine starke Kriegsflotte der Nordvlker in die Nilmndungen einzudringen, von Amurru setzt sich die Hauptmacht des Feindes in Bewegung: vor-wrts nach gypten. Ramses III. zog mit seinen Truppen dem Feind entgegen.

    Es kommt zu einer Schlacht von welthistorischer Bedeutung. Unter Einsatz aller Krfte und wahrscheinlich durch besonderes Schlachten-glck begnstigt kann Ramses III. dem Ansturm widerstehen. Hun-derttausende von Nordleuten werden erschlagen oder gefangen. Die Kriegsschiffe der Nordleute, von denen einige schon die Kste erreicht hatten, wurden von einem Wall von Erz empfangen137, sie wurden von den Truppen mit Speeren umzingelt, an Land gezogen und ein-geschlossen, ihre Besatzung am Strande niedergeschlagen, geschlach-tet, zu Leichenhaufen gemacht, vom Stern zum Bug ihrer Schiffe. Viele feindliche Kriegsschiffe wurden zum Kentern gebracht, die im Wasser schwimmenden Invasionstruppen ertrnkt und erschlagen138. Die Nord-Seevlker auf dem Land fhrten auf schweren Ochsenkarren ihre Frauen und Kinder mit sich, der Tro wurde umzingelt, Frauen und Kinder gettet oder in Gefangenschaft abgefhrt139.

    Wreszinski, der bekannte gyptologe, spricht die Vermutung aus140, da die Entscheidung des Krieges in der Seeschlacht gefallen sei, weil diese besonders ausfhrlich geschildert werde. Das mag richtig sein. Die Wandbilder in Medinet Habu lassen auch erkennen, warum die Nord-Seevlker die Seeschlacht trotz berlegener Seemannschaft141

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    Wagentreck der Nord-Seevlker mit Frauen und Kindern wird von gyptischen

    Sldnern und Hilfstruppen Sardana berfallen. Aus: Wreszinski, Atlas zur altgyptischen Kulturgeschichte. J. C. Hinrichs Verlag,

    Gotha. verloren haben. Ihre Schiffe hatten keine Ruder, sie wurden nur mit Segelkraft vorwrtsgetrieben. Offenbar herrschte an jenem entschei-dungsvollen Tag Windstille. Die Segel waren daher festgemacht, die Steuerruder unbesetzt, die Schiffe trieben manvrierunfhig in der Nhe der Kste. Die Besatzung der Schiffe war nur mit Schwertern und Lanzen, also nur fr den Nahkampf, ausgerstet, keiner trug einen Bogen. Die gypter hingegen brachen mit schnellen Schiffen, die durch zahlreiche Ruderer vorwrtsgetrieben wurden, aus den Flumndungen

    Ein gyptisches Kriegsschiff im Angriff gegen ein Schiff der Nord-Seevlker aus dem

    Seeschlachtrelief von Medinet Habu. Aus: Earlier Historical Records of Ramses III. The University of Chicago Press.

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    So wurden die Schiffe der Nord-Seevlker zum Kentern gebracht (Medinet Habu).

    Aus: Earlier Historical Records of Ramses III. The University of Chicago Press. hervor. Die gyptischen Schiffsbesatzungen fhrten Pfeile und Bogen und erledigten aus sicherer Entfernung die auf ihren manvrierunfhi-gen Schiffen zusammengedrngten Invasionstruppen. Zum Schutze der gyptischen Ruderer und Bogenschtzen hatte man gefangene Nord-leute auf den Schiffen der gypter angebunden, hinter denen sich die gypter verbargen. Wenn die Besatzungen der feindlichen Schiffe durch die Pfeile der gypter dezimiert waren, nherten sich die gyptischen Kriegsschiffe und warfen Enterhaken in die aufgegeiten Segel der Nordleute. Dann wurden die Schiffe der Nordleute zum Kentern gebracht, die Krieger strzten ins Wasser und wur-den gettet, nur wenige erreichten die Kste. Ergreifende Szenen vom todesmutigen Kampf der Nordleute haben die gyptischen Knst-ler in den Reliefs von Medinet Habu festgehalten. Auf einem Schiff, auf dem die meisten Nordleute gefallen oder verwundet sind, kmp-fen noch wenige Mnner den aussichtslosen Kampf weiter, auf einem anderen Schiff hlt einer der nordischen Krieger seinen schwer ver-wundeten und ber Bord gestrzten Kameraden mit der Rechten fest, whrend er mit der Linken den schtzenden Schild erhebt. Wieder auf einem anderen Schiff versuchen die Nordleute, selbst vom Tode bedroht, die im Wasser treibenden Verwundeten zu bergen. hnliche Szenen von hchster Kameradschaft und todverachtendem Kampfes-

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    mut der Nordleute sind auch auf dem groen Relief von der Land-schlacht abgebildet. Zweifellos hat Otto Eifeld, der ber die Philister und Phnizier eingehend berichtet hat, richtig beobachtet, wenn er feststellt: Die gyptischen Darstellungen der Kmpfe Ramses' III. gegen die Philister schildern eindringlich den todverachtenden Kampfesmut der Philister und lassen sogar noch die gefangenen und schmhlich gefesselten Krieger in edlem und hoheitsvollem Stolze dahinschreiten142. (Die Philister waren der fhrende Stamm der Nord- und Seevlkerkoalition, vgl. S. 79 f.)

    Den in der Land- und Seeschlacht gefallenen und verwundeten Nordleuten wurden die Hnde abgeschlagen und dieselben gezhlt und auf Haufen geworfen. Auf diese Weise wurden die genauen Zah-len der gefallenen Feinde ermittelt. Whrend nun die Zahlen der abge-schlagenen Hnde aus den frheren Schlachten sehr genau angegeben sind in der Schlacht, die Ramses III. gegen die vereinten Libyer und Nordleute an der libyschen Grenze schlug, wurden 12 535 und 12 532 abgeschlagene Hnde und 12 535 und 12680, also zusammen 25 215 ab-geschlagene Phalli von gefallenen Feinden gezhlt143 , wurden die Zahlen der abgeschlagenen Hnde aus diesen Entscheidungsschlach-ten des Jahres 1195 v. Chr. nicht angegeben, es heit nur, da Hnde und Phalli ohne Zahl abgeschlagen wurden144. Es ist aber von einem

    Nordleute in der Seeschlacht. Ein nordischer Krieger ist verwundet ber Bord gefallen

    und wird von seinem Kameraden festgehalten (Medinet Habu). Aus: Earlier Historical Records of Ramses III. The University of Chicago Press.

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    Gefangene Nordleute im Lager beim Verhr. Aus: Earlier Historical Records of Ramses III. The University of Chicago Press.

    Gedrnge der Feinde wie die Heuschrecken, von Hunderttausen-den ja sogar von Millionen von Feinden die Rede145. Zahlreich, wie der Sand am Meer146, soll die Zahl der Gefangenen gewesen sein.

    Die Vermutung liegt nahe, da diese unbestimmten Ausdrcke gewhlt wurden, weil die Zahl der gefallenen oder gefangenen Feinde weit grer war, als diejenige aus den frheren Schlachten.

    Ein groes, besonders gut erhaltenes Relief schildert das weitere Schicksal der Gefangenen. Sie wurden meist zu zweit aneinander ge-fesselt und in Gefangenenlager gebracht. Dort muten sie sich in Reih und Glied auf den Boden setzen und auf ihre Vernehmung warten. Einzeln wurden sie vor die gyptischen Offiziere, die an ihrem langen Schurz erkenntlich sind, gefhrt und erhielten zuerst den groen Namen Seiner Majestt eingebrannt147. Dann wurden sie vor die Vernehmungsoffiziere gefhrt und eingehend vernommen. Zahlreiche Schreiber zeichneten die Angaben und Aussagen der gefangenen Nord-leute auf.

    Die Knige oder Frsten der Nord- und Seevlker wurden vom Pharao persnlich abgefhrt. Ramses III. berichtet ausdrcklich, da er die zehn Frsten der Nordvlker gefangen genommen und im Triumphzug mitgefhrt habe148.

    Der Sieg Ramses' III. schien vollstndig zu sein, aber es war in Wahrheit ein Pyrrhussieg149. Noch mehrere Male mute er gegen die Nordleute zu Felde ziehen, um sich ihrer zu erwehren. Auch die Heilige Schrift erwhnt diese langjhrigen Kmpfe zwischen den Nordleuten = Philistern und dem Pharao. Es heit dort (Ex. 13,17): Da nun der Pharao das Volk gelassen hatte, fhrte sie Gott nicht auf der Strae durch der Philister Land, die am nchsten war; denn

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    gyptische Schreiber. Nordleuten wird der groe Name des Knigs eingebrannt.

    Gott gedachte, es mchte das Volk gereuen, wenn sie den Streit shen, und sie mchten wieder nach gypten umkehren. gypten hat in diesen Kmpfen schwere Blutopfer bringen mssen. Noch unter Ram-ses II. stand es auf dem Hhepunkt seiner Macht, nunmehr verfllt es in eine Periode des Hinsiechens bzw. in eine Periode dumpfer Stagnation150. Die Nordvlker setzten sich in der ehemals gyptischen Provinz Amurru = Syrien fest, besiedelten das Land und errichteten an der Kste sichere Hfen. Fr mindestens 200 Jahre beherrschten sie Palstina und das stliche Mittelmeer, das nunmehr nach dem fhrenden Stamm der Nordvlker, den Phrst = Philistern, das Phi-listermeer genannt wird (Ex. 23, 31).

    Zusammen mit den Libyern gelingt es ihnen, in der Folgezeit doch in gypten einzudringen, wo sie eine Art Militrdiktatur errichten151. Um 946 v. Chr. besteigt sogar ein Libyer, Schoschenk I., den gypti-schen Knigsthron152.

    Ein Vergleich dieser in jeder Einzelheit durch die zeitgenssischen Inschriften und durch umfangreiches archologisches Material best-tigten Ereignisse mit den Angaben des Atlantisberichtes zeigt, da alle Angaben des Atlantisberichtes mit den historischen Tatsachen ber-einstimmen.

    Es hat sich wirklich ganz genau wie es der Atlantisbericht erzhlt in den Tagen des ersten Eisens, also gegen Ende des 13. Jahr-hunderts v. Chr., zur Zeit der weltweiten Naturkatastrophen ein mch-tiges Volk, das viele Inseln und Kstenlnder am Weltmeer im Norden beherrschte, zu einer zur Einheit zusammengeballten Macht zusammengetan und beschlossen, Griechenland und gypten sowie berhaupt alle Lnder innerhalb der Meerenge, durch einen gewaltigen

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    Kriegszug in seine Gewalt zu bringen. Dieser Kriegszug ging wirklich durch Europa und Kleinasien bis nach gypten, das aufs schwerste bedroht wurde. Tatschlich waren mit diesen Kriegerscharen auch die Libyer und die Bewohner Tyrrheniens, die Sekelescha und Weshesh, verbndet. Das gewaltige Kriegsheer wurde in der Tat von den Zehn befehligt, die wieder unter dem Oberbefehl des Frsten der Phrst-Philister standen. Starke Streitwagenverbnde und eine mchtige Kriegsflotte, die den in der Geschichte einmaligen Versuch unternahmen, von See her in gypten einzudringen, verstrkten tatschlich das ge-waltige Landheer. Ungeheure Naturkatastrophen ereigneten sich auch whrend des offenbar langjhrigen Marsches. Wirklich wurde gyp-ten aus hchster Bedrngnis errettet und bewahrte, wenn auch nur fr 100200 Jahre, seine Freiheit. Tatschlich hatte diese gewaltige Macht den Plan, ihre Hnde auf alle Lnder bis zum Erdrand, wie Ramses III. sagt, zu legen, und fhrte diesen Plan auch beinahe aus. Die gefangenen Nordleute waren trotz der schweren Niederlage, die ihnen der Pharao bereitet hatte, der berzeugung: Unsere Plne gelingen!

    Es ist ausgeschlossen, da Platon, der, wie die ganze griechische berlieferung, keine Erinnerung an diese Ereignisse hatte153, oder Solon, der selbst zugab, da weder er noch irgendein Grieche auch nur eine Ahnung von diesen Dingen hatte (Tim. 22), diese historisch richtig wiedergegebenen Ereignisse erfunden haben sollen. Die oftmals wrt-liche bereinstimmung des Atlantisberichtes mit den zeitgenssischen Originalurkunden zeigt, da die Priester in Sais sehr wahrscheinlich auch jene Inschriften und Papyri gek