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FOTO: B. HERRMANN 4 2016 19 Jules Verne Trophy • InTerVIew Herrmann am Computer im Cockpit von „Idec Sport“. Der Hamburger war Steuermann und Trimmer Auf „Idec Sport“ lieferte sich BorIs herrmann ein spektakuläres Duell mit „Spindrift 2“ rund um die Welt. Den Rekord verfehlten beide knapp. Im Interview erzählt er von seinem jüngsten Abenteuer » nächsTes mal In 43 Tagen «

Jules Verne Trophy • In TerVIew 2016 · PDF file22 ruBrIk • BlInDTexT 4 — 2016 4 — 2016 23 Jules Verne Trophy • In TerVIew fotos: yaC ht/a, fr Its C h auch herrmanns freundin

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4 — 2 0 1 6 19 Jules Verne Trophy • InTerVIew

Herrmann am Computer im Cockpit von „Idec Sport“. Der Hamburger war Steuermann und Trimmer

Auf „Idec Sport“ lieferte sich BorIs herrmann ein spektakuläres Duell mit „Spindrift 2“ rund um die Welt. Den Rekord verfehlten beide knapp. Im

Interview erzählt er von seinem jüngsten Abenteuer

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„Idec“„Spindrift 2“

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.) Das Duell Im DeTaIl

Es war eine achTerBahnfahrT der Emotionen: Teil-Streckenrekorde, dann Flautenlöcher, Bruch und Reparaturen, slalom um eIsBerge. Die Schlüsselstellen im Überblick T

wo miles!“, sagt der Kapitän des begleitbootes mit blick auf den aIs-bildschirm. alle star-ren voraus in die pechschwar-ze nacht. nichts zu sehen. Dann taucht erst ein grünes

Licht auf, dann ein rotes. sind sie das? oder ein fischerboot? Plötzlich erhellt das blitz-licht eines fotografen in einem rib für einen sekundenbruchteil die nacht – und rote rümpfe leuchten auf, reflexstreifen im segel blitzen. Dann ist alles wieder schwarz.

jubel brandet los: Da sind sie! schnell kommt das boot näher, zieht locker-lässig vorbei, mit offenen schoten wie ein renn-pferd beim austraben – nach 25 000 seemei-len. ein suchscheinwerfer erfasst das Cock-pit von „Idec sport“. sechs männer in rot winken, recken die fäuste hoch. ehefrauen, freundinnen, Kinder schreien euphorisch ihre namen herüber.

geschafft! nach 47 tagen, 14 stunden und 47 minuten geht das team von francis joyon über die Linie. mit an bord: boris herrmann, der damit der schnellste deut-sche nonstop-Weltumsegler ist. Das war er auch bisher, aber seine bestleistung vom barcelona World race von rund 100 tagen hat er jetzt pulverisiert.

Knapp zwei stunden vor „Idec sport“ war der erzrivale „spindrift“ über die Linie vor der Insel ouessant an der bretonischen Westküste gerauscht. so geht eines der pa-ckendsten Duelle der segelgeschichte zu ende, das fans den Dezember über in atem hielt. beide boote verpassen zwar den re-kord für eine jules-Verne-trophy-bestzeit um knapp zwei tage. Den jubelnden anhän-gern und angehörigen in brest, wo „Idec sport“ ankommt, ist das jedoch herzlich egal. sie feiern eine seemännische glanzleistung: nicht einmal ein Drittel der Crews, die antre-ten, schaffen es ins Ziel. und diese beiden haben auch noch die zweit- beziehungsweise drittschnellste je gesegelte Zeit erzielt.

auf „Idec sport“ entzünden sie kurz vor dem anlegen eine seenotfackel, sie taucht die szenerie in glasiges rot. es bleibt bei nur einer. mehr schien den Profis angesichts des verpassten rekords nicht angemessen, sagt boris herrmann später. an der Pier schlagen die emotionen hoch. Die fans jubeln, die segler winken, strahlen. Wenig später be-ginnt eine ausgelassene schampusdusche der sechs, alle liegen sich mit ihren frauen und Kindern in den armen. Darunter

E i s b E r g s l a l o m

Beide Teams weichen Eis aus. „Idec“ im Süden ist mit defek-ten Radar dabei fast blind

U n d E r d o g

Das neun Meter kleinere Boot hielt erstaunlich gut mit

F a v o r i t

„Spindrift“ bremste auf Backbordbug ein defektes Schwert

Z E n t r a l E

Der Blick ins Cockpit lässt die Aufteilung der Positionen erkennen

F l a U t E

Ein Hoch blockiert die Passage. „Idec“ fährt am Hoorn einen Nordschlenker – und verliert

r i s i k o

Das St.-Helena-Hoch blo-ckiert den Weg nach Norden. „Spindrift“ bleibt dicht un-ter Land. Francis Joyon po-kert und sucht Wind weiter östlich – erfolglos

m a t c h r a c E

Beide Boote segeln nach 15 000 Seemeilen Strecke gleichauf in Sichtweite!

v o r s p r U n g

„Spindrift“ rundet Kap Hoorn mit 18 Stunden Vorsprung auf den Rekord. „Idec“ folgt 20 Stunden später

r ü c k F a l l

„Idec“ verliert bei Rundung des St.-Helena-Tiefs im Schwachwind Boden und fällt ein Wettersystem zurück

s ü d k U r s

Um den Anschluss zu schaf-fen, segelt „Idec“ auf über 58 Grad Süd – und kommt heran

r E k o r d

„Spindrift“ ist mit 17 Stunden Vor-sprung auf den Rekord am Äqua-tor, „Idec“ drei Stunden später

U m w E g

Das Azorenhoch reicht fast über den ganzen Nordatlantik. Beide Teams müssen es weit im Westen umfahren – der Rekord ist verloren

b r U c h

Auf „Idec“ reißt die Drehvorrichtung für den Mast aus dem Deck. Das Profil steht nur noch gerade, die Vorsegel haben mehr Durchhang

s c h ä d E n

„Spindrift“ delaminiert ein Stück Mast, die Reparatur dauert fast einen Tag. „Idec“ muss eine gerissene Achse im Mast austauschen

p o s i t i o n s w E c h s E l

Kurz vor den Kapverden überholt „Spindrift 2“ die zwei Stunden früher gestartete „Idec Sport“

s c h m E r Z

Skipper Francis Joyon stürzt nach dem Start und bricht sich mehrere Rippen

p E c h

Ein gewaltiges Hoch blockiert die Mitte des Pazifiks. Beide Crews runden es im Norden; die kürzere Südroute hätte auf über 60 Grad tief ins Eis geführt

k o p F a n k o p F

Am Kap Leeuwin trennen beide Boote gerade einmal sieben Stunden. „Idec“ stellt einen neuen Strecken-rekord für den Indischen Ozean auf

k o l l i s i o n i i

„Spindrift“ rammt Treibgut und reißt sich ein Stück vom Back-bord-Schwert ab. Das Boot segelt auf diesem Bug nun langsamer

r E p a r a t U r

Nach dem Äquator delaminiert auf „Idec“ das Steuerbord-Schwert

l E i s t U n g

„Idec“ erzielt mit 826,47 Seemeilen in 24 Stunden den Top-Speed

k o l l i s i o n i

„Idec“ rammt kurz vor dem Ziel Treibgut und bricht sich Teile des Backbordruders ab

PAZIFIK

InDISCHer oZeAn

Äquator

norDATlAnTIK

SüDATlAnTIK

w a h r s c h a U

Im Indischen Ozean sichteten die Crews Eisberge

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auch herrmanns freundin birte Lorenzen, die die Weltumrundung mit ihrer schulklas-se als Projekt akribisch verfolgte. Per mail hielten sie Kontakt, nur einmal zu Weih-nachten gab es ein telefongespräch.

Der Deutsche wirkt erstaunlich fit und entspannt, nicht ausgemergelt und müde, wie man es nach 47 tagen mit Wachen im Vier-stunden-rhythmus, wochenlanger Kälte, permanentem gerüttel bei speed bis zu 45 Knoten und spartanischer Kost erwar-ten könnte. es folgen Interviews des franzö-sischen fernsehens. segelprominenz wie jean Le Cam und marc guillemot steht an Land und beglückwünscht die Crew. man merkt: In frankreich wird auch ein nicht ge-knackter rekord gewürdigt. am nächsten tag berichtet die Presse ellenlang. auch das boot macht einen verblüffend guten ein-druck, erst auf den zweiten blick sieht man eine laminierte stelle am schwert, von der ständigen gischt angenagte sponsoren-schriftzüge, defekte mastrutscher.

nach einer schnellen Dusche treffen wir den Deutschen auf der Welcome Party des sponsors bei steak und salat, worauf er sich in mails von bord schon seit tagen freute.

YACHT: Den rekord zwar nicht geknackt, aber schnellster deutscher Weltumsegler, und ein toller empfang. Was hat die ober hand: Freude – oder muss man sich doch ent täu schung verkneifen wegen der verpassten Bestmarke? Boris Herrmann: ganz klar erst einmal die freude. es war ein riesenerfolg, dass wir mit der größeren „spindrift“ mithalten konnten, das boot nur zu sechst so effizient gesegelt sind. Kurz vor Kap hoorn sah es ja noch recht gut aus mit einem möglichen neuen rekord, dann haben wir zweimal Wetter-nieten gezogen: Das st.-helena-hoch viel zu weit im osten und ein riesi-ges azorenhoch wollten uns einfach nicht schnell genug durchlassen. Das gehört aber

dazu. fast jedes team braucht für den re-kord mehrere anläufe.

Kurz vor dem Ziel schrieben Sie von Bord, dass Sie praktisch ständig etwas repariert haben. In den offiziellen nachrichten von Bord wurde kein einziger Schaden erwähnt. Was war los? Kurz nach dem Äquator auf dem hinweg hingen wir mit 700 meilen rückstand in der flaute, die flex lief, und unten wurde harz angerührt – da dachte ich schon: ob das noch was wird? (lacht).Das backbordschwert delaminierte an der achterkante. Das ist enorm hartes Carbon-Laminat, ziemlich schwierig zu reparieren. aber bernard stamm hat das erledigt, der hat ja schon ganze open 60 selbst gebaut – und es hat gehalten! auch sonst war reich-lich zu tun: auf dem rückweg vom Kap hoorn riss ein Padeye für die mast-Drehvor-richtung aus dem Deck. Wir mussten das Loch flicken, konnten den mast nicht mehr drehen, und das Vorstag hing zu stark durch. Kurz nach Weihnachten riss die tack-Line der genua. Wir mussten das ganze segel runternehmen. es lag wie ein rotes tuch über das ganze boot verteilt.

Zehn tage vor dem Ziel brach plötzlich die metallachse, die in etwa zehn meter höhe beide masthälften stabilisiert. aus einer ge-windestange konnten wir eine Lösung im-provisieren. Langweilig war’s nie.

Wann stand fest, dass der rekord unmöglich war? Kurz nach Kap hoorn wussten wir, dass es nicht zu schaffen ist. Wir haben dann noch-mal alles auf eine Karte gesetzt und sind statt unter der Küste südamerikas wie „spindrift“ weit östlich gesegelt, haben dort bis zuletzt auf ein kleines Wetterwunder gehofft. hat aber leider nicht funktioniert.

Wie reagierte die Crew, als der rekord nicht mehr gebrochen werden konnte?ganz erstaunlich. Wir hatten etwa einen tag einen echten Durchhänger. Dann fragte francis uns alle, ob wir bei einem neuen Ver-such im nächsten Winter dabei wären. alle sagten sofort „ja“! Dann haben wir weiter gepusht, wollten den streckenrekord vom nordatlantik zum Ziel und hofften, „spin-drift“ noch einzuholen, was ja auch fast ge-klappt hätte. aber in der letzten nacht hat uns dann eine richtig heftige gewitterbö er-wischt. Ich war mit gwénolé an Deck, er steuerte. Die bö hatte locker 40 bis 50 Kno-ten. Wir sind abgefallen und abgefallen, ich habe bestimmt sechs meter schot gefiert, aber das boot schoss immer noch mit über 45 Knoten über die Wellen. Dann hat sich der Leebug in eine Welle gebohrt, und wir sind bis zum beam eingetaucht. Das Wasser

schoss vom beam in einer riesigen fontäne direkt ins Cockpit. unter Deck flog bernard vom aufprall ziemlich heftig durch die ge-gend und hat sich richtig wehgetan. es war knapp. Durch das missgeschick haben wir die letzte halse ein, zwei stunden zu spät ge-fahren, haben viele meilen auf „spindrift“ verloren.In der letzten nacht haben wir dann auch noch treibgut gerammt und uns ein stück des backbordruders abgebrochen. sonst wäre es deutlich knapper gewesen.

Die Fans elektrisierte das packende Duell um den Globus. Doch beide Teams versuchten, den Gegner in ihren nachrichten von Bord möglichst zu ignorieren, der direkte Zweikampf wurde kaum direkt erwähnt. War die Konkurrenz eher störend?Wir wären lieber ein, zwei Wochen vor de-nen gestartet, aber es war okay. Klar gab es rivalität. Kurz vor dem start hatte sogar ein „spindrift“-team-mitglied unser letztes Wetter-briefing im hotel belauscht, um zu erfahren, wann wir losfahren. aber wir ha-ben auch schnell gemerkt, dass wir deren Pace mitgehen konnten. Im höheren see-gang sind wir sogar das etwas schnellere schiff, glaube ich. Das war natürlich groß-artig. nur im schwachwind haben wir durch den kürzeren mast nachteile gehabt.

Sie sind das Boot mit verschiedenen riggs gesegelt, jetzt mit dem neun Meter kürzeren Mast, bei den rekordfahrten mit „lending Club“ mit dem langen. Die Sorge war, das große rigg wäre mit sechs

»Der weg In Den TIefen

süDen wIrD der SchlüSSel

zum erfolg«

Drittschnellste Crew um die Welt in 47 Tagen, 14 Stunden und 47 Minuten: Bernard Stamm, Clément Surtel, Gwénolé Gahinet, Francis Joyon, Boris Herrmann, Alex Pella (von links)

„Idec Sport“ im Ziel war14 Stunden schneller als Franck Cammas mit dem­selbem Boot und Zehn­Mann­Crew

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Personen nicht zu bedienen. oder ist das eine option für den geplanten zweiten rekordversuch? „Spindrift“ will es ja ebenfalls erneut versuchen. Ich glaube, auch zu sechst könnte man das große rigg fahren. aber francis und der rest der Crew sehen das anders.

Herrmann muss für ein paar Gespräche mit Sponsoren unterbrechen. Team-Router Mar-cel van Triest läuft uns über den Weg. Er be-richtet, wie aufwändig die Beratung für so ei-nen Rekord eigentlich ist. Zwei Terabyte Wet-terdaten aus 23 verschiedenen Quellen jagt er täglich durch verschiedene Rechenmodelle. Er vergleicht die Ergebnisse und ändert Para-meter, um zu sehen, welche Entwicklungen die wahrscheinlichsten sind.

Van Triest erzählt, dass sich manche Skipper, die er berät – etwa Loïck Peyron oder Franck Cammas – völlig auf sein Urteil ver-lassen. Francis Joyon sei anders. Er entscheide oft aus dem Bauch heraus. Ganz glücklich sieht van Triest bei dieser Aussage nicht aus.

Boris Herrmann kommt wieder zum Ge-spräch zurück. Van Triest und er unterhalten sich. Navigatoren unter sich, es geht um Da-ten, Routen-Optionen. Dann verabschiedet sich der Holländer Richtung Buffet.

Gab es eigentlich rückblickend entscheidungen im routing, die sich als falsch entpuppt haben? falsch kann man nicht sagen. francis ist der boss, er hat die entscheidungen zu treffen. er hat zwei der bedeutendsten rekorde mit seiner spontanen art, beschlüsse zu fassen, gewonnen. hätten marcel und ich das ent-scheiden müssen, hätten wir vielleicht viel zu lange noch mehr Daten und modelle ge-wälzt. francis fährt eben einfach los. als skipper brauchst du keine fünf sheriffs an bord, sondern Leute, die auch einfach mal die Klappe halten und einen möglichst gu-ten job machen.nach neuseeland hatten wir die option, dem hochdruckgebiet tief in den süden auf 62 grad auszuweichen. francis entschied sich dagegen, zur erleichterung der meisten

a b d E c k U n g

Der klappbare Sprayschutz am Beam schützt den Ru-dergänger vor Gischt, oft wird ein Helm getragen

Z E n t r U m

Das kleine, aber sehr gemüt-liche und geschützte Dog-house samt Navigation ist wichtigster Schutzraum

k o m F o r t

Übliche, verstellbare Rohr-kojen. Für die tiefen Südkur-se wärmen zentimeterdicke Fleece-Schlafsäcke

t r o c k n E r

Ein Segeltuch-Schrank wird geheizt und trocknet Ölzeug und Seestiefel auf Extra- Luftdüsen

Ö r t c h E n

Ein (Carbon-)Eimer neben dem Schwertkasten, das war’s. Danach in verrottbare Tüten verpackt über Bord

E l E k t r o n i k

Radar, Navi, Schalter – alles ist im Doghouse für die Zweimann-Wache griff-bereit angeordnet

k ü c h E

Jeder versorgt sich selbst. Heißes Wasser auf die Tro-ckengerichte, eingeschweiß-ter Käse, Trockenfleisch

s c h a l t Z E n t r a l E

Am Niedergang sind alle Funktionen zugänglich. Speed-Tabellen zeigen, ob das Boot effektiv segelt

d a U E r w E r k s t a t t

Es wurde laminiert, geflext, gebohrt, Gewinde geschnit-ten, getakelt – alles auf dem Boden des Mittelrumpfs

s c h w E r t E r

Repariertes Foil. Sie pressen das Boot bei Highspeed aus dem Wasser, um Unter-schneiden zu verhindern

E l E k t r o n i k

Nur eine Segeltuchplane schützt die Systeme vor Spritzwasser. So sind sie gut erreichbar

n a v i g a t i o n

Vor dem Bordcomputer hockt der Skipper im Schalensitz. Die steilen Leitern führen nach oben ins Doghouse

TechnIsche DaTen

Konstrukteur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . v pl p

Baujahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 0 0 6

rumpflänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31, 5 0 m

Breite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 , 5 0 m

Gewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 , 5 t

Masthöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 , 5/41 m

Tiefgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 ,7 m

Segelfläche am Wind . . . . . . 411 m 2

Segelfläche raumschots . . . . . 6 7 8 m 2

Beste 24­Std.­Distanz 8 2 6 , 47 s m

Top­Speed bislang c a . 4 5 k n ot e n

eine Sitzbank vor dem Herd ist der einzige Komfort unter Deck

mitsegler. unser radar war nicht ganz in ordnung, wir konnten böen und eisstücke nicht so gut sehen, wie wir es gern wollten. trotzdem hat mich die entscheidung über-rascht. Ich hätte wohl die südroute gewählt.

Keine Angst vor dem eis?Wenn man so weit nach süden geht, ist das Wasser so kalt, dass es relativ wenige grow-ler (kleine Eisstücke, d. Red.) gibt. und es ist praktisch den ganzen tag hell. Die großen brocken siehst du ganz gut auf dem radar. mit genug eis-Informationen über satelli-tenfotos ist das machbar.

Ist das vielleicht einer der Schlüssel für den zweiten rekordversuch nächsten Winter?Ich denke schon. aber die aktuellen fotos sind auch sehr teuer. es ist eine frage des budgets.

normalerweise sind Sie als navigator auf Yachten unterwegs gewesen. Ist das nicht eine Qual, an Bord nicht alles mitzuentscheiden? Wir haben schon immer alles genau verfolgt und in der Crew darüber diskutiert. aber ich habe es ehrlich gesagt auch ein bisschen ge-nossen, „nur“ steuermann und trimmer

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zu sein und nicht immer die Verantwortung zu haben, dauernd entscheidungen treffen zu müssen. so konnte ich richtig loslassen, es genießen.

Wie lief so ein Tag an Bord eigentlich ab? Du hast deine Wache für drei stunden. Zu zweit an Deck steuert einer das boot für etwa 30 minuten, dann wechselt man ab und bleibt an den schoten. sind die bedingun-gen ruhig, sitzt du im Doghouse, das ist das Zentrum des bootes. nach der Wache gehst du unter Deck, isst etwas, ziehst das Ölzeug aus, beantwortest noch ein paar mails. Vom steuern stehst du oft noch so unter adrena-lin, dass es eine gute halbe stunde dauert, bis du runterkommst. Viel Zeit für anderes bleibt nicht. Wenn du eine halbe stunde von deinen knapp drei stunden schlaf verlierst, rächt sich das recht schnell.

Und in den richtig schnellen Abschnitten? an guten tagen löst der ekstatische rausch der geschwindigkeit hochgefühle aus. es kann aber auch eintönig sein, so wie im süd-atlantik. Im schlimmsten fall ist es ein Kampf mit dem ruder und verkrampfenden

unterarmen, wenn das boot in der Welle ständig aus dem gleichgewicht geworfen wird. manchmal ist es stark lee- oder luvgie-rig mit turbulenzen an schwert oder ruder.stockfinstere nächte, in denen die Instru-mente vor den augen anfangen zu tanzen und man das gefühl hat, das boot würde sich die ganze Zeit drehen, sind zum glück selten. Die nächte im tiefen süden sind zwar absolut stockfinster, aber kurz.

Was waren die Highlights der rekordfahrt für Sie? als wir im Pazifik gleichauf in sichtweite mit „spindrift“ gesegelt sind! Der kleinere her-ausforderer hat es dem riesen gezeigt. David gegen goliath zur see. sechs Leute im Ver-gleich zu 14, 40 fuß kleineres boot, viel klei-

neres budget. Wir haben mit weniger mit-teln mehr erreicht, würde ich sagen.aber natürlich auch die momente, wenn „Idec sport“ in einer glitzernden gischtwol-ke mit unglaublichen 45 Knoten über die Weite des ozeans prescht. so ein boot ist ein Wunderwerk der technik.

Wie war die Passage des eisbergs nach Kap Hoorn? Bekommt man da ein mulmiges Gefühl? nein, im gegenteil. es herrschte strahlender sonnenschein, blauer himmel, die Luft war richtig warm, es war ein bisschen wie früh-ling. und dann schwimmt da plötzlich so ein riesenbrocken vor deinem bug, 200, 300 me-ter lang und über 50 meter hoch. Leuchtet bläulich. ein wirklich einmaliger anblick.

Macht man sich eigentlich keine Gedanken, wie es wäre, nachts so ein Stück Treibeis zu rammen? Fährt die Angst mit?man spielt schon einmal in gedanken durch, was bei einer Kollision passieren würde. Das schlimmste wäre natürlich eine Kenterung. unter Deck ist das, glaube ich, noch relativ sicher: Das boot schwimmt auf dem Kopf liegend ziemlich hoch auf. Ich würde ver-

mutlich mit den füßen etwas im Wasser ste-hen. an Deck ist das natürlich eine andere sache. Ich glaube aber, das eisrisiko ist eini-germaßen beherrschbar – außer vielleicht bei dickem nebel. unser radar funktionierte nicht immer richtig gut, da wären wir ziem-lich aufgeschmissen gewesen.

entwickelt man eigentlich auch zu so einem riesigen Tri eine Art Beziehung, wenn er einen heil um die ganze Welt getragen hat?Das ist eine art Prozess: Während des re-kordversuchs wird das boot zu einem ver-trauten, absoluten Zuhause, das einen schützt wie ein Kokon. aber gegen ende des törns saß ich auch einmal unter Deck und dachte: nur eine feuchte Carbonhöhle (lacht). es ist wie eine abnabelung gegen törnende. aber generell bin ich da nicht so emotional.Dann gibt es aber wieder momente, da wird dir klar, was für ein faszinierend effektives boot „Idec sport“ ist. bei den azoren ging

mir durch den Kopf: Du musst mal anfan-gen, deine tasche zu packen, morgen geht es wieder nach hause. Das ist schon verrückt.

Im Vorfeld wurde viel darüber spekuliert, ob sechs Mann für so ein großes Boot nicht zu wenig Crew sind. Wie groß war die Belastung nun letztlich?sechs mann reichen definitiv aus. Ich glau-be, man könnte es sogar mit fünf schaffen.

Im schnitt gibt es ja vielleicht nur alle zwei tage einen segelwechsel. es folgen zwar im-mer mal wieder intensive Phasen, in denen die müdigkeit ganz tief in den Knochen sitzt, aber das geht schon. nichts im Vergleich zu den 100 tagen, die wir zu zweit im barcelona race gesegelt sind. Da war ich drei monate nach dem Zieldurchgang noch völlig kaputt.

Was nehmen Sie als Fazit für sich mit? es war schon etwas ganz besonderes, dabei zu sein. Zurzeit gibt es nur zwei boote auf der Welt, die überhaupt die jules Verne trophy angreifen können. Wir haben schon auf der rückfahrt am Äqua tor, als viel Zeit war, be-gonnen zu diskutieren, wie wir nächstes mal schneller sein können. Ich bin jetzt, nach der ersten Weltumsegelung, umso sicherer, dass mit „Idec sport“ 43 tage machbar sind.

Das gut drei Meter hoch liegende Cockpit wird von einer mächtigen Welle getroffen

14 sTunDen Schneller –

TroTz kleInem masT unD

kleIner crew

lange nächte: Francis Joyon am rechner für die Taktikplanung

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