5
K 3 FeSe 3 und K 3 Fe 2 Se 4 , zwei neue Verbindungen im System K/Fe/Se W. Bronger*, H. S. Genin und P. Mu ¨ ller Aachen, Institut fu ¨ r Anorganische Chemie der TH Bei der Redaktion eingegangen am 18. September 1998. Professor Peter Bo ¨ ttcher zum 60. Geburtstag gewidmet Inhaltsu ¨ bersicht. Die terna ¨ren Selenide K 3 FeSe 3 und K 3 Fe 2 Se 4 konnten u ¨ ber Schmelzreaktionen aus Kaliumcar- bonat, Eisen und Selen in einem mit Selen beladenen Was- serstoffstrom bei 695 °C beziehungsweise bei 710–730 °C dar- gestellt werden. Ro ¨ ntgenographische Untersuchungen an Einkristallen fu ¨hrten zur Aufkla ¨ rung der Kristallstrukturen. Die Atomanordnung der Verbindung K 3 FeSe 3 ist durch [Fe 2 Se 6 ]-Doppeltetraeder charakterisiert, die durch die Ka- liumionen isoliert werden (Raumgruppe P2 1 /c, Z = 4). In der gemischtvalenten Verbindung K 3 Fe 2 Se 4 bilden kantenver- knu ¨ pfte durch Eisenatome zentrierte Selentetraeder Zick- Zack-Ketten, die wiederum durch Kaliumionen separiert werden (Raumgruppe Pnma, Z = 4). K 3 FeSe 3 and K 3 Fe 2 Se 4 , Two New Compounds in the System K/Fe/Se Abstract. The two selenides K 3 FeSe 3 and K 3 Fe 2 Se 4 were synthesised by fusion reactions of potassium carbonate with iron and selenium in a stream of hydrogen charged with se- lenium at 695 °C and 710–730 °C, respectively. The crystal structures were determined by single-crystal X-ray diffrac- tometer data. The atomic arrangement of K 3 FeSe 3 is charac- terised by edge sharing [Fe 2 Se 6 ] double tetrahedra separated by potassium ions (space group P2 1 /c, Z = 4). The character- istic structural unit of the mixed-valent compound K 3 Fe 2 Se 4 is a zig-zag chain of edge-sharing, iron-centred selenium tetrahedra, again separated by potassium ions (space group Pnma, Z = 4). Keywords: Potassium iron selenides; crystal structures; mag- netic properties 1 Einleitung Die Kristallstrukturen terna ¨rer Alkalimetall-Ûber- gangsmetallchalkogenide A x M y X z enthalten [M y X z x– ]- Baueinheiten, die durch Alkalimetallionen A + sepa- riert werden. Der Verknu ¨ pfungsgrad in den genannten Baueinheiten ist von x abha ¨ngig, das heißt von der Zahl der pro Ûbergangsmetallatom eingebauten Alka- limetallionen. Entsprechend dem Zintl-Prinzip findet man in den alkalimetallreichen Verbindungen isolierte Baueinheiten und in den alkalimetallarmen ausge- dehnte Verba ¨nde [1, 2]. Betrachtet man beispielhaft die Atomanordnungen der Alkalimetall-Eisen(III)-sul- fide, so findet man fu ¨ r die Zusammensetzung Na 5 FeS 4 isolierte [FeS 4 5– ]-Tetraeder entsprechend den isoelek- tronischen [FeCl 4 ]-Anionen in den AFeCl 4 -Verbin- dungen [3]. Die alkalimetalla ¨rmeren Sulfide, zum Bei- spiel Na 3 FeS 3 , enthalten u ¨ ber Kanten verknu ¨ pfte, durch Eisenatome zentrierte Doppeltetraeder, wobei der [Fe 2 S 6 6– ]-Komplex in isoelektronischer und damit isostruktureller Beziehung zum [Fe 2 Cl 6 ]-Moleku ¨ l steht [4]. Schließlich la ¨ßt sich die fortschreitende Verknu ¨ p- fung der Chalkogentetraeder zu Ketten in den Struktu- ren der AFeS 2 -Verbindungen mit A = K, Rb oder Cs nach dem gleichen Prinzip verstehen [5]. Fu ¨ r entsprechende Eisen(II)- und Eisen(II)-Eisen(III)- Verbindungen lassen sich analoge Abfolgen aufstellen und eine zusa ¨ tzliche Erweiterung des Zintl-Prinzips ergibt sich dann, wenn zum Beispiel Mangan- oder Cobaltverbindungen mit einbezogen werden. So ent- spricht dem [FeS 4 5– ]-Tetraeder im Na 5 FeS 4 ein [MnS 4 6– ]-Tetraeder im Na 6 MnS 4 und die Kettenstruk- tur im K 2 MnS 2 der im KFeS 2 [2]. Entsprechende Schwefel- und Selenverbindungen kristallisieren im allgemeinen in isotypen Atomanord- nungen. Allerdings ist der Vergleich noch lu ¨ ckenhaft, da die Suche nach terna ¨ren Seleniden bisher weniger intensiv betrieben wurde. Im folgenden wird u ¨ ber zwei bisher unbekannte Selenide im System K/Fe/Se berichtet, die sich in die oben skizzierte Strukturabfolge widerspruchsfrei ein- ordnen lassen. 2 Synthesen der terna ¨ren Selenide K 3 FeSe 3 und K 3 Fe 2 Se 4 Durch Erhitzen von Kaliumcarbonat (Firma Ventron, angegebener Reinheitsgrad 99,999%) mit Eisen (Fir- ma Ventron, „puratronic“) und Selen (Firma Merck, angegebener Reinheitsgrad 99,5%) im Wasserstoff- * Prof. Dr. W. Bronger Institut fu ¨r Anorganische Chemie der RWTH Aachen Prof. Pirlet-Str. 1 D-52056 Aachen 274 WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451Weinheim, 1999 0044–2313/99/625274–278 $ 17.50+.50/0 Z. anorg. allg. Chem. 1999, 625, 274–278

K3FeSe3 und K3Fe2Se4, zwei neue Verbindungen im System K/Fe/Se

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: K3FeSe3 und K3Fe2Se4, zwei neue Verbindungen im System K/Fe/Se

K3FeSe3 und K3Fe2Se4, zwei neue Verbindungen im System K/Fe/Se

W. Bronger*, H. S. Genin und P. MuÈ ller

Aachen, Institut fuÈ r Anorganische Chemie der TH

Bei der Redaktion eingegangen am 18. September 1998.

Professor Peter BoÈttcher zum 60. Geburtstag gewidmet

InhaltsuÈ bersicht. Die ternaÈren Selenide K3FeSe3 undK3Fe2Se4 konnten uÈ ber Schmelzreaktionen aus Kaliumcar-bonat, Eisen und Selen in einem mit Selen beladenen Was-serstoffstrom bei 695 °C beziehungsweise bei 710±730 °C dar-gestellt werden. RoÈ ntgenographische Untersuchungen anEinkristallen fuÈ hrten zur AufklaÈrung der Kristallstrukturen.Die Atomanordnung der Verbindung K3FeSe3 ist durch

[Fe2Se6]-Doppeltetraeder charakterisiert, die durch die Ka-liumionen isoliert werden (Raumgruppe P21/c, Z = 4). In dergemischtvalenten Verbindung K3Fe2Se4 bilden kantenver-knuÈ pfte durch Eisenatome zentrierte Selentetraeder Zick-Zack-Ketten, die wiederum durch Kaliumionen separiertwerden (Raumgruppe Pnma, Z = 4).

K3FeSe3 and K3Fe2Se4, Two New Compounds in the System K/Fe/Se

Abstract. The two selenides K3FeSe3 and K3Fe2Se4 weresynthesised by fusion reactions of potassium carbonate withiron and selenium in a stream of hydrogen charged with se-lenium at 695 °C and 710±730 °C, respectively. The crystalstructures were determined by single-crystal X-ray diffrac-tometer data. The atomic arrangement of K3FeSe3 is charac-terised by edge sharing [Fe2Se6] double tetrahedra separatedby potassium ions (space group P21/c, Z = 4). The character-

istic structural unit of the mixed-valent compound K3Fe2Se4

is a zig-zag chain of edge-sharing, iron-centred seleniumtetrahedra, again separated by potassium ions (space groupPnma, Z = 4).

Keywords: Potassium iron selenides; crystal structures; mag-netic properties

1 Einleitung

Die Kristallstrukturen ternaÈrer Alkalimetall-Ûber-gangsmetallchalkogenide AxMyXz enthalten [MyXz

x±]-Baueinheiten, die durch Alkalimetallionen A+ sepa-riert werden. Der VerknuÈ pfungsgrad in den genanntenBaueinheiten ist von x abhaÈngig, das heiût von derZahl der pro Ûbergangsmetallatom eingebauten Alka-limetallionen. Entsprechend dem Zintl-Prinzip findetman in den alkalimetallreichen Verbindungen isolierteBaueinheiten und in den alkalimetallarmen ausge-dehnte VerbaÈnde [1, 2]. Betrachtet man beispielhaftdie Atomanordnungen der Alkalimetall-Eisen(III)-sul-fide, so findet man fuÈ r die Zusammensetzung Na5FeS4

isolierte [FeS45±]-Tetraeder entsprechend den isoelek-

tronischen [FeCl4±]-Anionen in den AFeCl4-Verbin-

dungen [3]. Die alkalimetallaÈrmeren Sulfide, zum Bei-spiel Na3FeS3, enthalten uÈ ber Kanten verknuÈ pfte,durch Eisenatome zentrierte Doppeltetraeder, wobeider [Fe2S6

6±]-Komplex in isoelektronischer und damitisostruktureller Beziehung zum [Fe2Cl6]-MolekuÈ l steht[4]. Schlieûlich laÈût sich die fortschreitende VerknuÈ p-fung der Chalkogentetraeder zu Ketten in den Struktu-

ren der AFeS2-Verbindungen mit A = K, Rb oder Csnach dem gleichen Prinzip verstehen [5].

FuÈ r entsprechende Eisen(II)- und Eisen(II)-Eisen(III)-Verbindungen lassen sich analoge Abfolgen aufstellenund eine zusaÈtzliche Erweiterung des Zintl-Prinzipsergibt sich dann, wenn zum Beispiel Mangan- oderCobaltverbindungen mit einbezogen werden. So ent-spricht dem [FeS4

5±]-Tetraeder im Na5FeS4 ein[MnS4

6±]-Tetraeder im Na6MnS4 und die Kettenstruk-tur im K2MnS2 der im KFeS2 [2].

Entsprechende Schwefel- und Selenverbindungenkristallisieren im allgemeinen in isotypen Atomanord-nungen. Allerdings ist der Vergleich noch luÈ ckenhaft,da die Suche nach ternaÈren Seleniden bisher wenigerintensiv betrieben wurde.

Im folgenden wird uÈ ber zwei bisher unbekannteSelenide im System K/Fe/Se berichtet, die sich in dieoben skizzierte Strukturabfolge widerspruchsfrei ein-ordnen lassen.

2 Synthesen der ternaÈren Selenide K3FeSe3

und K3Fe2Se4

Durch Erhitzen von Kaliumcarbonat (Firma Ventron,angegebener Reinheitsgrad 99,999%) mit Eisen (Fir-ma Ventron, ¹puratronicª) und Selen (Firma Merck,angegebener Reinheitsgrad 99,5%) im Wasserstoff-

* Prof. Dr. W. BrongerInstitut fuÈ r Anorganische Chemie der RWTH AachenProf. Pirlet-Str. 1D-52056 Aachen

274 WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 1999 0044±2313/99/625274±278 $ 17.50+.50/0 Z. anorg. allg. Chem. 1999, 625, 274±278

Page 2: K3FeSe3 und K3Fe2Se4, zwei neue Verbindungen im System K/Fe/Se

K3FeSe3 und K3Fe2Se4, zwei neue Verbindungen im System K/Fe/Se

strom gelang die Darstellung von K3FeSe3. Entgegender StroÈ mungsrichtung wurde vor dem mit den Eduk-ten beschickten Korundschiffchen ein zweites mitSelen beladenes positioniert und auf diese Weise zu-saÈtzlich Chalkogen in den Reaktionsraum transpor-tiert. Die Reaktionstemperatur betrug 695 °C, dieReaktionszeit 24 Stunden. Die Edukte wurden inder angefuÈ hrten Reihenfolge im molaren VerhaÈ ltnis1,5 : 1 : 3,0 vorgegeben. Aus der erkalteten Schmelzelieûen sich gut ausgepraÈgte schwarze Kristalle vonK3FeSe3 isolieren. RoÈ ntgenographische Untersuchun-gen der Reaktionsprodukte nach der Guiniermethodelieûen in einigen FaÈ llen eine zweite Phase erkennen,die unter veraÈnderten Reaktionsbedingungen rein dar-gestellt werden konnte. Dazu wurden die Edukte immolaren VerhaÈ ltnis 1,0 : 1,0 : 2,0 eingesetzt, die Reak-tionstemperatur auf 710±730 °C erhoÈ ht und die Reak-tionszeit auf 3,5±4,5 Stunden verkuÈ rzt. RoÈ ntgenogra-phische Untersuchungen an Einkristallen fuÈ hrten zurVerbindung K3Fe2Se4. Auch diese Phase faÈ llt in Formschwarzer Kristalle an. Beide Kaliumeisenselenidesind an der Luft nicht stabil.

3 Kristallstrukturen der ternaÈren Selenide K3FeSe3

und K3Fe2Se4

Zur Bestimmung der Kristallstrukturen wurden ge-eignete Einkristalle ausgewaÈhlt und mittels eines Vier-kreisdiffraktometers (CAD4 der Firma Enraf-Nonius,Graphitmonochromator) vermessen. Die apparativenDetails sowie die Ergebnisse der StrukturaufklaÈrun-gen sind in den Tabellen 1 und 3 wiedergegeben. DieAbsorption wurde nach dem Psi-Scan-Verfahren kor-rigiert.

Tabelle 2 enthaÈlt ausgewaÈhlte interatomare Ab-staÈnde und Bindungswinkel der Verbindung K3FeSe3.FuÈ r K3Fe2Se4 sind entsprechende Angaben in der Ta-belle 4 zusammengefaût.

K3FeSe3 kristallisiert weder isotyp mit denNatriumverbindungen Na3FeSe3 [6] und Na3FeS3 [4]noch mit den Caesiumverbindungen Cs3FeSe3 [7] undCs3FeS3 [8], sondern hat eine Atomanordnung, diedem Cs3GaSe3-Typ entspricht [9]. In allen genanntenA3MX3-Verbindungen treten als charakteristischeBaueinheiten isolierte [Fe2X6]-Doppeltetraeder auf,deren Anordnung in der Struktur des K3FeSe3 Ab-bildung 1 wiedergibt. In Abbildung 3 ist die Bau-einheit [Fe2Se6] dargestellt. ErwartungsgemaÈû ist derSe±Fe±Se-Winkel mit den verknuÈ pfenden Selenato-men deutlich kleiner (100,41°) als die uÈ brigen Winkelim Tetraeder.

K3Fe2Se4 kristallisiert in einer Atomanordnung, inder kantenverknuÈ pfte durch Eisenatome zentrierte Se-lentetraeder Zick-Zack-Ketten in Richtung der b-Achse bilden (vergleiche Abbildung 2). Die Strukturist isotyp mit der des entsprechenden Sulfids [10], so-wie mit der von Na3Fe2S4 [11], Na3Fe2Se4 [12],Rb3Fe2S4 [10] und Tl3Fe2S4 [13]. In Abbildung 3 istein Fragment der Tetraederkette wiedergegeben.

Z. anorg. allg. Chem. 1999, 625, 274±278 275

Tabelle 1 K3FeSe3: Ergebnisse der roÈ ntgenographischen Einkristallstrukturanalyse

Raumgruppe P21/c (Nr. 14) Anzahl der gemessenen Reflexe 2876Gitterkonstanten a = 8,023(2) AÊ Anzahl der symmetrieunabhaÈngigen

b = 12,868(7) AÊ Reflexe mit I ≥ 2,5r(I) 1256c = 10,410(2) AÊ Verwendete Strahlung AgKαb = 127,49(2)° Meûbereich (°) 0 < h < 24

Zahl der Formeleinheiten Z = 4 Kristallabmessungen (mm) 0,1 ´ 0,1 ´ 0,1Diffraktometer CAD4, Enraf Nonius Programmsystem NRCVAX [16]Ru-Wert/Rw-Wert 0,030/0,034

Atom x y z U11 U22 U33 U12 U13 U23

K1 0.3851(3) 0.37091(17) 0.52311(25) 0.0332(10) 0.0337(12) 0.0275(10) 0.0010(9) 0.0196(9) 0.0008(9)K2 0.1293(4) 0.81103(20) 0.4184(3) 0.0302(11) 0.0358(12) 0.0415(13) 0.0035(10) 0.0144(10) ±0.0135(10)K3 0.3460(4) 0.08018(23) 0.6030(3) 0.0292(11) 0.0754(20) 0.0260(10) 0.0169(12) 0.0142(9) ±0.0046(11)Fe 0.06123(17) 0.05730(10) 0.15321(13) 0.0146(5) 0.0175(6) 0.0155(5) ±0.0006(5) 0.0085(4) 0.0001(4)Se1 0.87256(13) 0.45119(8) 0.76002(10) 0.0196(4) 0.0365(5) 0.0247(4) 0.0026(4) 0.0156(3) 0.0014(4)Se2 0.35168(14) 0.32719(8) 0.80915(10) 0.0206(4) 0.0326(5) 0.0202(4) 0.0107(4) 0.0120(3) 0.0092(4)Se3 0.15867(14) 0.61293(7) 0.62629(10) 0.0291(4) 0.0217(4) 0.0169(4) 0.0082(4) 0.0093(3) 0.12(3)

Tabelle 2 K3FeSe3: AusgewaÈhlte interatomare AtomabstaÈn-de in AÊ und Bindungswinkel im [FeSe4]-Tetraeder in °

Fe±Se1 2.364(2) Se1±Fe±Se2 110.44(7)°±Se2 2.381(2) Se1±Fe±Se3 111.12(8)±Se3 2.399(2) Se1±Fe±Se3 111.88(9)±Se3 2.417(2) Se2±Fe±Se3 109.29(7)

Se2±Fe±Se3 113.35(7)Fe±Fe 3.082(1) Se3±Fe±Se3 100.41(6)

K1±Se2 3.198(3) K2±Se3 3.258(3)±Se1 3.271(4) ±Se2 3.324(3)±Se1 3.283(3) ±Se3 3.337(4)±Se2 3.287(3) ±Se1 3.491(3)±Se3 3.637(3) ±Se2 3.540(4)±Se3 4.066(3) ±Se1 3.847(3)

K3±Se3 3.205(4) K3±Se2 3.309(4)±Se1 3.289(5) ±Se2 3.820(4)±Se1 3.303(4) ±Se2 3.823(4)

Page 3: K3FeSe3 und K3Fe2Se4, zwei neue Verbindungen im System K/Fe/Se

W. Bronger u. a.

276 Z. anorg. allg. Chem. 1999, 625, 274±278

Tabelle 3 K3Fe2Se4: Ergebnisse der roÈ ntgenographischen Einkristallstrukturanalyse

Raumgruppe P nma (Nr. 62) Anzahl der gemessenen Reflexe 6585Gitterkonstanten a = 7,433(2) AÊ Anzahl der symmetrieunabhaÈngigen

b = 11,341(3) AÊ Reflexe mit I ≥ 3r(I) 641c = 12,016(3) AÊ Verwendete Strahlung AgKα

Zahl der Formeleinheiten Z = 4 Meûbereich (°) 0 < h < 24Diffraktometer CAD4, Enraf Nonius Kristallabmessungen (mm) 0,2 ´ 0,2 ´ 0,2Ru-Wert/Rw-Wert 0,051/0,062 Programmsystem NRCVAX [16]

Atom x y z U11 U22 U33 U12 U13 U23

K1 0.0807(9) 0.25 0.7649(5) 0.012(3) 0.030(3) 0.021(3) 0.0 0.004(3) 0.0K2 0.0690(6) 0.4274(5) 0.1367(4) 0.022(2) 0.037(3) 0.025(2) 0.009(3) 0.002(2) 0.003(2)Fe 0.0529(3) 0.3763(3) 0.4678(2) 0.010(1) 0.015(1) 0.017(1) ±0.002(1) ±0.000(1) 0.000(1)Se1 0.1597(3) 0.5578(2) 0.3876(2) 0.0120(8) 0.0171(8) 0.0225(9) ±0.0010(9) 0.0056(8) 0.002(1)Se2 0.2968(3) 0.25 0.5334(3) 0.006(1) 0.023(1) 0.019(1) 0.0 ±0.001(1) 0.0Se3 0.4069(4) 0.25 0.1648(2) 0.015(1) 0.018(1) 0.019(1) 0.0 0.005(1) 0.0

Tabelle 4 K3Fe2Se4: AusgewaÈhlte interatomare Atomab-staÈnde in AÊ und Bindungswinkel im [FeSe4]-Tetraeder in °

Fe±Se3 2.402(4) Se3±Fe±Se1 113.2(1)±Se1 2.407(4) Se3±Fe±Se2 101.5(1)±Se2 2.441(3) Se3±Fe±Se1 111.0(1)±Se1 2.465(3) Se1±Fe±Se2 112.7(1)

Se1±Fe±Se1 103.5(1)Fe±Fe 2.865(7) Se2±Fe±Se1 115.3(1)

±Fe 3.015(7)

K1±Se2 3.213(7) K2±Se3 3.236(6)±Se2 3.214(7) ±Se3 3.345(6)±Se1 2 × 3.264(5) ±Se1 3.395(5)±Se1 2 × 3.362(5) ±Se1 3.425(5)

±Se2 3.510(6)±Se1 3.613(5)

Abb. 1 K3FeSe3, Anordnung der [Fe2Se6]-Baugruppen

Abb. 2 K3Fe2Se4, Blick in Richtung der TetraederkettenlaÈngs der b-Achse

Abb. 3 [Fe2Se6]-Baueinheit (oben); Fragment aus der Te-traederkette des K3Fe2Se4 (unten)

Page 4: K3FeSe3 und K3Fe2Se4, zwei neue Verbindungen im System K/Fe/Se

K3FeSe3 und K3Fe2Se4, zwei neue Verbindungen im System K/Fe/Se

Auch hier sind die verknuÈ pfenden TetraederkantenkuÈ rzer als die nicht verknuÈ pfenden. Die gemitteltenEisen±Selen-AbstaÈnde sind groÈ ûer als beim Zweikern-komplex, ein Befund, der durch die niedrigere, mitt-lere Oxidationszahl 2,5 des Eisens bedingt ist. Auffal-lend ist auûerdem die alternierende Abfolge vonkuÈ rzeren und laÈngeren Eisen±Eisen-AbstaÈnden inner-halb der Kette.

4 Zum Magnetismus von K3FeSe3

Verbindungen mit isolierten, zweikernigen, parama-gnetischen Baugruppen weisen ein charakteristischesmagnetisches Verhalten auf [8]. Um hier weitere Ein-blicke zu erhalten, wurden die magnetischen Suszep-tibilitaÈ ten einer Probe von K3FeSe3 im Temperatur-bereich von 1,7 K bis 350 K mit einem SQUIDMagnetometer (MPMS-5S, Quantum Design) be-stimmt. Die FeldstaÈrkeabhaÈngigkeit der Suszeptibili-taÈ tswerte war vernachlaÈssigbar. Die Temperaturab-haÈngigkeit der magnetischen SuszeptibilitaÈ ten ist inAbbildung 4 wiedergegeben und entspricht dem fuÈ rein dimeres System mit einem Singulett-Grundzu-stand zu erwartenden Verhalten. Mit abnehmenderTemperatur wird schlieûlich nur noch der Grundzu-stand besetzt und die SuszeptibilitaÈ t naÈhert sich demWert Null. Der Anstieg der magnetischen Suszep-tibilitaÈ ten unterhalb 40 K ist auf geringe Anteile einerparamagnetischen Komponente zuruÈ ckzufuÈ hren (α ≅0,0025, siehe unten). Daher wurde fuÈ r erste Anpas-sungsrechnungen die MolsuszeptibilitaÈ t berechnetnach der Formel

vmol = (1-α) vDIMER + αC

T h

wobei fuÈ r C die Curiekonstante fuÈ r das freie Fe3+-Ion im High-Spin-Zustand eingesetzt wurde und fuÈ rvDIMER die Van Vlecksche Gleichung gilt [14].

vDIMER =12

Nl2Bg2

3 kT

RS S 1 2 S 1 exp E SkT

R 2 S 1 exp E SkT

S' ist die Spinquantenzahl des dimeren Systems mitS' = 2 S, 2 S±1, . . ,0. S bedeutet die Spinquantenzahldes einzelnen Fe3+-Ions. Unsere fruÈ heren Suszepti-bilitaÈ tsmessungen und inelastischen Neutronenbeu-gungsexperimente an Na3FeS3 und Na3FeSe3 habengezeigt, daû beim Sulfid ein Spinzustand mit S = 3/2favorisiert werden muû und beim Selenid eine Ent-scheidung zwischen S = 3/2 und S = 5/2 nicht moÈ glichist [2, 15]. Auûerdem hat die Messung der Ûber-gangsenergien im Na3FeS3 und Na3FeSe3 uÈ ber dieNeutronenbeugungsexperimente ergeben, daû deut-lich meûbare Abweichungen der Energien gegenuÈ berdenen, die fuÈ r ein reines Heisenberg-Modell mit HÃ =±2 J ´ SÃ 1 ´ SÃ 2 erwartet werden (J bedeutet die Aus-tauschwechselwirkungskonstante), vorliegen. Die Ein-fuÈ hrung eines biquadratischen Austauschterms ent-sprechend der Gleichung

HÃ = ±2 J ´ SÃ 1 ´ SÃ 2 ± 4 K ´ (SÃ 1 ´ SÃ 2)2

fuÈ hrte zu einer guten ErklaÈrung der gemessenenEnergien und auch zu einer guten Anpassung der be-rechneten mit den gemessenen SuszeptibilitaÈ tswerten[2, 15]. FuÈ r die vorliegenden SuszeptibilitaÈ tswerte desK3FeSe3 wurden daher Anpassungsrechnungen so-wohl fuÈ r S = 3/2 als auch S = 5/2 unter BeruÈ cksichti-gung eines biquadratischen Austauschterms gerechnet.Mit S = 3/2 konnte dabei keine befriedigende Anpas-sung erhalten werden. Die durchgezogene Linie inAbbildung 4 gibt die mit den angegebenen Parame-tern berechnete Kurve fuÈ r S = 5/2 wieder. Die Abwei-chungen oberhalb 300 K deuten an, daû das verwen-dete Modell bei hoÈ heren Temperaturen modifiziertwerden muû, wobei einmal die TemperaturabhaÈngig-keit der Ûbergangsenergien und zum anderen dasVorliegen eines bikubischen Termes im Heisenberg-Modell beruÈ cksichtigt werden muÈ ssen [15]. Bevor je-doch diese weiteren Parameter in die Anpassungs-rechnung eingefuÈ hrt werden, sollten zusaÈtzliche Infor-mationen uÈ ber Neutronenstreuexperimente gewonnenwerden.

Aus den aus den Anpassungrechnungen erhaltenenWerten fuÈ r 2 J und 4 K ergibt sich fuÈ r den Singulett-Triplett-Ûbergang E1 ± E0 = ±2 J + 66 K ein Wert von20,08 meV, der etwas kleiner ist als der im Na3FeSe3

gemessene von 21,23 meV [2]. Dieser Befund ist inÛbereinstimmung mit dem etwas groÈ ûeren Eisen±Ei-sen-Abstand in der hier beschriebenen Verbindung.Auffallend ist, daû die vorgestellten Anpassungsrech-nungen zu einem positven biquadratischen Austausch-

Z. anorg. allg. Chem. 1999, 625, 274±278 277

Abb. 4 K3FeSe3, bei 2 Tesla gemessene magnetische Sus-zeptibilitaÈten (offene Kreise) und mit der im Text angege-benen Gleichung berechnete Werte (durchgezogene Linie).Folgende Parameter wurden verwendet: S = 5/2, g = 1,83(9),2 J = ±16,6(3) meV, 4 K = 0,21(2) meV, (α = 0,0025(2), C =4,6 cm3 K mol±1, h = ±19(1) K

Page 5: K3FeSe3 und K3Fe2Se4, zwei neue Verbindungen im System K/Fe/Se

term 4 K fuÈ hren, waÈhrend im Na3FeSe3 der unge-woÈ hnliche Fall eines negativen biquadratischen Aus-tausches vorliegt. Auch hier werden die oben erwaÈhn-ten ergaÈnzenden Neutronenstreuexperimente weitereInformationen liefern.

Wir danken fuÈ r die finanzielle UnterstuÈ tzung dieser Arbeitdurch den Fonds der Chemischen Industrie und das ICDD-Grant-in-Aid-Programm des International Centre for Dif-fraction Data. Herrn Dipl. phys. F. HuÈning danken wir fuÈ rdie DurchfuÈ hrung der SuszeptibilitaÈtsmessung.

Literatur

[1] W. Bronger, P. MuÈ ller, J. Less-Common Met. 1984, 100,241.

[2] W. Bronger, P. MuÈ ller, J. Alloys Compds. 1997, 246, 27.[3] K. O. Klepp, W. Bronger, Z. Anorg. Allg. Chem. 1986,

532, 23.[4] P. MuÈ ller, W. Bronger, Z. Naturforsch. 1979, 34 b, 126.

[5] W. Bronger, A. Kyas, P. MuÈ ller, J. Solid State Chem.1987, 70, 262.

[6] P. MuÈ ller, W. Bronger, Z. Naturforsch. 1981, 36 b, 646.[7] W. Bronger, U. Ruschewitz, J. Alloys Compds. 1993,

198, 177.[8] W. Bronger, U. Ruschewitz, P. MuÈ ller, J. Alloys Compds.

1992, 187, 95.[9] H.-J. Deiseroth, H. Fu-Son, Z. Naturforsch. 1983, 38 b,

181.[10] W. Bronger, U. Ruschewitz, P. MuÈ ller, J. Alloys Compds.

1995, 218, 22.[11] K. Klepp, H. Boller, Monatsh. Chem. 1981, 112, 83.[12] K. O. Klepp, W. Sparlinek, Z. Kristallogr. 1996, 211, 626.[13] D. Welz, P. Deppe, W. Schaefer, H. Sabrowsky, M. Ro-

senberg, J. Phys. Chem. Solids 1989, 50, 297.[14] F. E. Mabbs, D. J. Machin, Magnetism and Transition

Metal Complexes, Chapman and Hall, London, 1973.[15] D. Welz, S. M. Bennington, P. MuÈ ller, Physica B, 1995,

213 & 214, 339.[16] E. J. Gabe, Y. Le Page, J.-P. Charland, F. L. Lee, P. S.

White, J. Appl. Crystallogr. 1989, 22, 384.

W. Bronger u. a.

278 Z. anorg. allg. Chem. 1999, 625, 274±278