Upload
others
View
3
Download
1
Embed Size (px)
Citation preview
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-1
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
XIII Grundwasserhaltung
1 Allgemeines
Zweck einer Grundwasserhaltungsmaßnahme ist die temporäre oder dauerhafte Trockenle-
gung von Baugruben, Tunneln, Stollen oder Schächten bzw. die Entspannung eines
Aquifers zur Sicherstellung der Lagesicherheit.
1.1 Entwässerungsmethoden
Das technisch einfachste Verfahren zur Entwässerung ist die offene Wasserhaltung
(Abb. XIII-1). Das in der Baugrube durch die Sohle und aus den Böschungen anfallende
Grundwasser wird zusammen mit dem Niederschlagswasser über Drängräben, Sickerlei-
tungen und Pumpensümpfe gesammelt und mittels Schmutzwasser-Tauchpumpen über
Leitungen der Vorflut zugeführt.
Alternativ zur offenen Wasserhaltung kann eine Entwässerung auch mit Hilfe einer ge-
schlossenen Wasserhaltung durchgeführt werden. Bei dieser Form der Wasserhaltung wird
dem Aquifer das Wasser über Brunnen entnommen.
GW
GW
s
s
Offene Wasserhaltung:
Dränleitung
Brunnen
Geschlossene Wasserhaltung:
Abb. XIII-1 Arten der Grundwasserhaltung
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-2
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Abhängig von der Durchlässigkeit des Baugrundes können verschiedene Entwässerungs-
methoden zur Anwendung kommen (Tab. XIII-1).
Durchlässigkeit k [m/s] Schwerkraftentwässerung 10-2 bis 10-5 Vakuumentwässerung 10-5 bis 10-7 Elektroosmose 10-7 bis 10-9
Tab. XIII-1 Anwendungsbereiche von Wasserhaltungsmaßnahmen
1.1.1 Schwerkraftentwässerung
Bei der Schwerkraftentwässerung strömt das Wasser infolge Schwerkraft in Richtung der
Entnahmestelle. Folgende Formen der Schwerkraftentwässerung sind in der Anwendung:
Offene Wasserhaltung
Vertikale Brunnen mit - Saugpumpen (Saughöhe < 6 m; bei größeren
Hubhöhen Abriss der Wassersäule)
- Tauchpumpen (jede Tiefe erreichbar)
Horizontale Brunnen
SaugleitungSaugpumpe
Bohrlochverfüllung
Aufsatzrohr
Filter
Sickerrohr(Filterrohr)
Saugkorb
Pumpensumpf
GW
Druckleitung
GW
Tauchmotor-pumpe
max. 6m
Flachbrunnen(Brunnen mit Saugpumpe):
Tiefbrunnen(Brunnen mit Tauch-motorpumpe):
Abb. XIII-2 Brunnentypen zur Schwerkraftentwässerung
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-3
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
1.1.2 Vakuumentwässerung
Bei der Vakuumentwässerung wird zur Verstärkung des Zustroms zum Entnahmebrunnen
hin ein Unterdruck erzeugt, der das Wasser ansaugt. Der Einsatz dieser Entwässerungsme-
thode ist vor allem bei gering durchlässigen Böden wirtschaftlich.
Man unterscheidet bei der Vakuumentwässerung zwischen Flachbrunnen, bei denen das
Wasser mittels Vakuumpumpe angesaugt und abgepumpt wird und Tiefbrunnen, bei denen
das Wasser mit Hilfe einer Vakuumpumpe angesaugt, die Hebung aber durch eine separate
Tauchpumpe vorgenommen wird (Abb. XIII-3).
Saugleitung
Aufsatzrohr 2’’
NatürlicheFilterschichtdurch Einspülen
Filterrohr 2’’
Spülspitze
Folie
(falls
erf
ord
erlic
h)
Vakuum-Flachbrunnen
Manometer
Förderleitung
Vakuummeter
Schaltgerät
Luftleitung
Kabel
Unterdruckraum
Tonabdichtung
Filterkiespackung
Filter mind. 200 mm
Höchster Wasserstand
Tauchpumpe
Tiefster Wasserstand
Regulierung des Wasser-standes durch elektr. Geber
Bohr mind. 400 mm�
Vakuum-Tiefbrunnen
>10.0
0m
Tonabdichtung
Abb. XIII-3 Brunnentypen der Vakuumentwässerung
1.1.3 Elektroosmose
Bei sehr feinkörnigen, tonigen Böden sind die elektrostatischen Bindungskräfte zwischen
den Wassermolekülen und den Tonteilchen so groß, dass mit herkömmlichen Verfahren
(Schwerkraft und Vakuum) eine Entwässerung nicht möglich ist. Im Grundbau wird hier
die Elektroosmose zur Entwässerung und einer damit auch verbundenen Stabilisierung der
feinkörnigen Böden eingesetzt.
Wird an zwei in den Boden eingebrachte Stahlträger (siehe Abb. XIII-4) eine Gleichspan-
nung angelegt, so diffundieren die freien, ungebundenen Wasserteilchen von der Anode
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-4
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
zur Kathode, wobei die Kathode zu einem Brunnen ausgebaut wird. Dieser Vorgang wird
nach CASAGRANDE als Elektroosmose bezeichnet.
Die Elektroosmose kommt derzeit kaum zur Anwendung.
Kathode
(Filterrohr)Anode+-
GW
Filterkies elektrischeFeldlinien
Abb. XIII-4 Systemskizze einer Elektroosmose
1.2 Filteraufbau
Für die Stabilität des Bodens gegen Erosion (Abtransport von Bodenmasse) und Suffosion
(Auswaschung von Feinanteilen) ist die Abstufung des Korngerüstes von entscheidender
Bedeutung. Es ist sicherzustellen, dass die Verteilung der Größen der einzelnen Bodenkör-
ner um einen Brunnenfilter, charakterisiert durch die Korngrößenverteilung, so aufeinan-
der abgestuft ist, dass keine Kornfraktion durch die Wirkung des strömenden Wassers aus
der Matrix gelöst werden kann. Zur Ermittlung der Abstufung können beispielsweise die
Filterregeln von TERZAGHI herangezogen werden. Nach TERZAGHI darf der Durch-
messer d15 der mit 15 % vertretenen Korngrößen des Filtermaterials nicht größer sein als
der vierfache Durchmesser der mit 85 % vertretenen Korngröße d85 des abzufilternden
Bodens. Damit die erforderliche Wasserdurchlässigkeit gewährleistet ist, soll jedoch der
Durchmesser d15 des Filters größer sein als das Vierfache des Durchmessers d15 des anste-
henden Bodens.
15
85
d F4
d B
15
15
d F4
d B (Gl. XIII-1)
mit: d15: Korndurchmesser bei 15 Gewichtsprozent [mm]
d85: Korndurchmesser bei 85 Gewichtsprozent [mm]
(F): Filter
(B): Boden
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-5
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
�
��
�
� � ��
Abb. XIII-5 Filterregeln nach TERZAGHI
Etwa den gleichen Filteraufbau erhält man bei Anwendung der vom U.S. Corps of Engi-
neering angegebenen Regeln:
15
85
d F5
d B
15
15
d F4 20
d B
50
50
d F25
d B (Gl. XIII-2)
mit: d15: Korndurchmesser bei 15 Gewichtsprozent [mm]
d50: Korndurchmesser bei 50 Gewichtsprozent [mm]
d85: Korndurchmesser bei 85 Gewichtsprozent [mm]
(F): Filter
(B): Boden
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-6
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
2 Die DUPUIT-THIEM’schen Brunnenformeln
Der Verlauf der Grundwasseroberfläche und die Größe des Zulaufs, des so genannten
Wasserandrangs zu einem Einzelbrunnen, werden bei Grundwasserleitern mit freier und
gespannter Oberfläche durch die von DUPUIT und THIEM aufgestellten Brunnenformeln
beschrieben.
Grundwasserleiter
Piezometerrohre
gering durchlässige Schicht
GW-Spiegel
tatsächlicher Verlaufder Potentiallinie
Annahmevon DUPUIT
Abb. XIII-6 Zu DUPUIT’s grundlegender Annahme über die Variation
der hydraulischen Energie in vertikalen Schnitten
DUPUIT ermöglichte die praktische Berechnung des Grundwasserspiegels weiträumiger
Grundwasserströmungen durch seine grundlegende Annahme, dass das Potential gleich der
Höhe des Grundwasserspiegels an der betreffenden Stelle ist. Aus dieser Annahme folgt,
dass die vertikale Komponente des hydraulischen Gradienten null ist und die horizontale
Komponente des Gradienten dem Niveau des Grundwasserspiegels an der betreffenden
Stelle entspricht. Gemäß Abb. XIII-6 entspricht die Neigung der Spiegellinie dem hydrau-
lische Gefälle i und somit ergibt sich nach DARCY die Fließgeschwindigkeit des Grund-
wassers zu:
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-7
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
vv 0
r
dHv k m s
dr (Gl. XIII-3)
Diese Annahme kommt der Wirklichkeit umso näher, je schwächer der Grundwasserspie-
gel geneigt ist, d.h. der Fehler in der Berechnung der Spiegelfläche nimmt mit zunehmen-
der Nähe zum Entnahmebrunnen zu.
Über die oben beschriebene grundlegende Annahme hinaus werden die folgenden Annah-
men zur Herleitung der Brunnenformeln getroffen:
Es liegt ein „Beharrungszustand“ vor (stationäre Grundwasserströmung).
Es findet kein Zustrom durch Oberflächenwasser und keine Verdunstung
statt.
Der Untergrund ist homogen und isotrop,
Durchlässigkeit kv = kh.
Der Brunnen erfasst die gesamte Aquiferdicke.
Es gilt das Gesetz von DARCY v = k · i.
Der Kapillarsaum bleibt unberücksichtigt.
Das Wasser tritt waagerecht mit gleicher Geschwindigkeit über die gesamte
benetzte Filterfläche ein.
2.1 Freies Grundwasser
Für jeden zylindrischen Querschnitt gilt nach dem Kontinuitätsgesetz und dem Gesetz von
DARCY:
Q v A k i A (Gl. XIII-4)
Für den rotationssymmetrischen Brunnen beträgt der durchströmte Querschnitt:
A 2 r H (Gl. XIII-5)
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-8
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
AH HR
r
ro
s
R
Ho
ruhender GW.-Spiegel
abgesenkterGw.-Spiegel
Grundwasserstauer
Abb. XIII-7 Wasserandrang bei freiem Grundwasserspiegel
Mit dem hydraulische Gefälle dH
idr
erhält man:
dH
Q 2 k r Hdr
Q 1
H dH dr2 k r
Durch Integration der Gleichung ergibt sich:
21 QH ln r C
2 2 k
Die Integrationskonstante der Gleichung wird durch die folgenden Randbedingungen
bestimmt:
r = R H = HR
r = r0 H = H0
Durch Einsetzen der Randbedingungen erhält man die Gleichung:
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-9
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
2 2R 0 0
QH H ln R ln r
k
(Gl. XIII-6)
oder allgemein geschrieben:
2 22 1 2 1
QH H ln r ln r
k
(Gl. XIII-7)
wobei H1 und H2 der Höhe der Spiegellinie im Abstand r1 und r2 vom Brunnen entspricht.
Nach Umformung der Gleichung III-6 ergibt sich der Wasserzufluss zu einem Brunnen mit
freiem Wasserspiegel zu:
2 2R 0 3
0
k H HQ m s
ln R ln r
(Gl. XIII-8)
Durch Einsetzen von Gleichung III-8 in die allgemeine Gleichung III-7 erhält man:
2 2R 02 2
2 1 2 10
k H HH H ln r ln r
k ln R ln r
Für die Randbedingung r1 = r0 H1 = H0 ergibt sich die Gleichung der Spiegelfläche des
Absenktrichters eines Brunnens mit freiem Wasserspiegel zu:
02 2 2
0 R 00
ln r ln rH H H H m
ln R ln r
(Gl. XIII-9)
2.2 Gespanntes Grundwasser
Im Gegensatz zum Absenktrichter bei freiem Grundwasserspiegel ist der Durchflussquer-
schnitt bei Grundwasser mit gespanntem Grundwasser unabhängig von der Entfernung
zum Brunnen immer gleich groß. Seine Höhe wird mit m bezeichnet.
Die entsprechenden Gleichungen für gespanntes Grundwasser lassen sich wie folgt herlei-
ten:
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-10
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Q v A k i A
A 2 r m
dHQ 2 k r m
dr
Q 1dH dr
2 k m r
QH ln r C
2 k m
A
HR
r
ro
s
R
Ho
Energielinie
Grundwasserstauer
m (durchlässig)
Grundwasserstauer
Abb. XIII-8 Wasserandrang bei gespanntem Grundwasser
Die Randbedingungen dieser Gleichung lauten wieder:
r = R H = HR
r = r0 H = H0
Durch Einsetzen der Randbedingungen erhält man die Gleichung:
R 0 0
QH H ln R ln r
2 k m
(Gl. XIII-10)
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-11
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
oder allgemein geschrieben:
2 1 2 1
QH H ln r ln r
2 k m
(Gl. XIII-11)
Der Wasserzufluss zu einem Brunnen mit gespannter Oberfläche ergibt sich zu:
3
0
2 k m sQ m s
ln R ln r
(Gl. XIII-12)
mit: Absenkung R 0s H H [m]
Durch Einsetzen von Gleichung III-12 in die allgemeine Gleichung III-11 und weiteres
Umformen erhält man die Gleichung für den Energielinienverlauf:
00 R 0
0
00
0
ln r ln rH H H H m
ln R ln r
ln r ln rH s
ln R ln r
(Gl. XIII-13)
Die in diesem Kapitel hergeleiteten Gleichungen sind ausschließlich für vollständig
gespanntes Grundwasser gültig. Dieses Kriteriums ist erfüllt wenn gilt: H0 ≥ m.
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-12
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Mehrbrunnenanlage
2.3 Erweiterung der Brunnenformel
Da die Grundwasserabsenkung eines Einzelbrunnens für größere Absenkungsmaßnahmen
zumeist nicht ausreicht und es bei einem technischen Defekt des Einzelbrunnens schnell zu
erheblichen Schäden kommen kann, wird bei Baugruben die Wasserhaltung in der Regel
mit einer größeren Anzahl von Brunnen, d.h. mit Hilfe einer Mehrbrunnenanlage realisiert.
Jede sicherheitsrelevante Brunnenanlage muss mit einer redundanten Energieversorgung
(z.B. über Notstromaggregate) ausgestattet sein und permanent fachtechnisch überwacht
werden (Brunnenwache).
0H
2 H0n
Br. 2 Br. n
H
2r0n2r20
Br. 2
Br. 1
Br. n
Br. 4Br. 3
Ax2
x1
xn
x4x3
A
2n
HR
Abb. XIII-9 Grundriss und Schnitt einer Mehrbrunnenanlage
Für einen Einzelbrunnen gilt gemäß Kapitel 2.1:
2 2R A
Q RH H ln
k x
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-13
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Wenn nur ein Brunnen in Betrieb ist, ergibt sich für den in Abb. XIII-9 dargestellten
Punkt A:
2 2 1 1R1 A1
1
Q RH H ln
k x
2 2 2 2R2 A2
2
Q RH H ln
k x
2 2 n nRn An
n
Q RH H ln
k x
Unter der Annahme, dass alle Brunnen die gleiche Länge (Tiefe) unterhalb des GW-
Spiegels besitzen, d.h. HR1 = HR2 = …=HRn = HR ergibt sich nach den Superpositionsprin-
zip:
n2 2 i i
R Aii 1
Q RH H ln
k x
Mit Hilfe der weiteren Annahme, dass
alle Brunnen die gleiche Wassermenge Q1 = Q2 = ... = Qn = Q liefern und
die Reichweite R sowohl für den Einzelbrunnen als auch für die Anordnung
von n Brunnen die gleiche Größe R1 = R 2 = ... = Rn = R hat,
lässt sich die Gleichung wie folgt vereinfachen:
(Gl. XIII-14)
mit: Gesamtwassermenge Qg = n · Q
2 2R A 1 2 n
ng
ii 1
n Q 1H H ln R ln x x ... x
k n
Q 1ln R ln x
k n
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-14
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
2.4 Ersatzbrunnen
Für die Bemessung einer Mehrbrunnenanlage ersetzt man die Brunnen Br.1, Br.2, …, Br.n
im ersten Berechnungsschritt rechnerisch durch einen großen Einzelbrunnen mit dem
gemeinsamen Ersatzradius
nm 1 2 nx x x ... x [m] (Gl. XIII-15)
Ausgehend von einer ringförmigen Anordnung der Brunnen mit x1 = x2 = …= xn = xm
kann der Brunnenradius des Einzelbrunnens r0 durch den Ersatzradius xm und der Brun-
nenwasserstand H0 durch den Wasserstand in Baugrubenmitte Hm ersetzt werden.
Br. n
Br. 1
Br. 2
Br. 3
Br. 4
x1
mx
Abb. XIII-10 Ringförmige Brunnenanordnung
Für die Abschätzung der zu fördernden Wassermenge bei einer rechteckförmig angeordne-
ten Mehrbrunnenanlage ersetzt man die durch die Brunnen eingefasste Rechteckfläche bei
einem Verhältnis der Kantenlängen a/b < 3 durch eine flächengleiche Kreisfläche.
m
a bx
[m] (Gl. XIII-16)
mit: a, b: Kantenlängen der durch Brunnen eingefassten Rechteckfläche [m]
mit a > b
Bei lang gestreckten Baugruben ist der Ersatzradius wie folgt zu bestimmen:
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-15
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Für 3 < a/b < 7 gilt xm = b, wobei = 0,2 a/b + 0,37 ist und
für a/b 7 soll xm = a/3 gelten.
Sind bei einer Grundwasserabsenkung für einzelne Bereiche unterschiedliche Absenktiefen
erforderlich, so kann der Ersatzradius wie folgt ermittelt werden:
im i
i max
sx A
s
[m] (Gl. XIII-17)
mit: ii
FA
[m²]
si: Absenktiefe im Bereich i [m]
smax: max. Absenktiefe [m]
Fi: Flächeninhalt des Bereiches i [m²]
s
HR
ruhenderGW-Spiegel
ss1 2 s3 max=
s = Absenkung bisBaugrubensohle + 0,5 m
Abb. XIII-11 Erforderliche Absenkung in verschiedenen Bereichen einer Baugrube
Durch Überprüfung der Absenkung muss festgestellt werden, ob das Absenkziel in jedem
Bereich der Baugrube erreicht wird. Die Brunnenanordnung sollte dieser Bedingung ent-
sprechend sinnvoll gewählt werden.
Aus der geforderten Absenkung s im maßgebenden Punkt ergibt sich die Höhe des Was-
serstandes im Ersatzbrunnen Hm zu:
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-16
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
m RH H s [m] (Gl. XIII-18)
mit: Hm: Höhe des Wasserstandes im Ersatzbrunnen [m]
HR: Höhe des Wasserstandes im nicht abgesenkten Zustand [m]
s: Absenkziel [m]
s
Hm
HR
R
ruhenderGW-Spiegel
abgesenkterGW-Spiegel
Abb. XIII-12 Ansatz eines Ersatzbrunnens bei einer Mehrbrunnenanlage
2.5 Wassermenge Q
Die dem Aquifer zum Erreichen eines Absenkziels zu entnehmende Wassermenge ergibt
sich für Grundwasser mit freier Oberfläche zu:
2 23R m
gm
H HQ k m s
ln R ln x
(Gl. XIII-19)
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-17
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Für gespanntes Grundwasser ergibt sich die Wassermenge zu:
3R mg
m
m
H HQ 2 k m m s
ln R ln x
2 k m s
ln R ln x
(Gl. XIII-20)
mit: m: Aquiferdicke [m]
s: Entspannungsziel [m]
2.6 Verlauf der Spiegel- bzw. Energielinie
Der Verlauf der Spiegellinie eines freien Wasserspiegels ergibt sich beim Betrieb einer
Mehrbrunnenanlage zu:
n
g2 2R i
i 1
Q 1H H ln R ln x m
k n
(Gl. XIII-21)
mit: H: Höhe des Grundwasserspiegels am betrachteten Punkt [m]
xi: Abstand des Brunnens i vom betrachteten Punkt [m]
Für gespanntes Grundwasser ergibt sich der Verlauf der Energielinie zu:
n
gR i
i 1
Q 1H H ln R ln x m
2 k m n
(Gl. XIII-22)
mit: H: Höhe des Energieniveaus am betrachteten Punkt [m]
xi: Abstand des Brunnens i vom betrachteten Punkt [m]
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-18
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
2.7 Vollkommener - Unvollkommener Brunnen
Man unterscheidet vollkommene und unvollkommene Brunnen. Vollkommene Brunnen
reichen bis zur wasserstauenden Schicht unter dem Grundwasserleiter, während unvoll-
kommene Brunnen nicht die gesamte Dicke der wasserführenden Schicht erfassen. Da in
der Regel die vertikale Durchlässigkeit von Böden kleiner ist als die horizontale Durchläs-
sigkeit (kv < kh) liefern die unterhalb der Brunnensohle gelegenen wasserführenden
Schichten einen verhältnismäßig geringen Beitrag zum Zufluss des Brunnens.
ruhender GW.-Spiegel
unvollkommenerBrunnen
vollkommenerBrunnen
Wasserstauer
HR
HR
a
fiktiverundurchlässigerHorizont
Abb. XIII-13 Vergleich unvollkommener – vollkommener Brunnen
Dies berücksichtigt man bei der Berechnung der zu entnehmenden Wassermenge bei un-
vollkommenen Brunnen, indem man in Höhe der Brunnensohle einen undurchlässigen
Horizont annimmt, den Brunnen zunächst als vollkommenen Brunnen rechnet und die
ermittelte Wassermenge in Abhängigkeit von der Dicke der wasserführenden Schicht
unterhalb des Brunnens erhöht. In der Praxis ist ein Zuschlag von 10 - 30 % auf die zum
Erreichen des Absenkziels rechnerisch ermittelte Wassermenge Q des vollkommenen
Brunnens die Regel.
a ≤ HR Qu = 1,1 · Q
HR < a < 2 · HR Qu = 1,2 · Q
a 2 · HR Qu = 1,3 · Q
mit: Qu: Entnahmewassermenge bei unvollkommenen Brunnen
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-19
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
2.8 Reichweite R
Ausgehend von einem Beharrungszustand kann die Reichweite R bei Einzelbrunnen und
Mehrbrunnenanlagen mit der empirischen Näherung nach SICHARDT ermittelt werden:
R 3000 s k [m] (Gl. XIII-23)
mit: R: Reichweite der Absenkung [m]
s: Absenkung [m]
k: Durchlässigkeitsbeiwert [m/s]
Die Gleichung beruht u.a. auf der Annahme, dass der Brunnenradius – bei Mehrbrunnen-
anlagen der Ersatzradius xm – keinen Einfluss auf die Größe von R hat. Diese Annahme
trifft jedoch bei großen Baugruben, deren Ersatzradien in der Größenordnung von R lie-
gen, nicht zu. Auf Grundlage dieser Erkenntnis haben HERTH / ARNDTS (1973/1994) für
die Berechnung der Entnahmewassermenge folgendes Gültigkeitskriterium festgelegt:
mm
xeRoder1x
Rln (Gl. XIII-24)
Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so ist Gleichung zur Ermittlung der
Entnahmewassermenge wie folgt zu modifizieren:
Der Ausdruck m
1
ln R ln x ist durch den empirisch gefundenen Wert mx
2 0,25R
zu
ersetzen.
Die zum Erreichen des Absenkziels dem Aquifer zu entnehmende Wassermenge berechnet
sich somit für freies Grundwasser nach der Gleichung:
2 2 3mR m
xQ k H H 2 0,25 m s
R
(Gl. XIII-25)
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-20
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
und für gespanntes Grundwasser:
3mxQ 2 k m s 2 0,25 m s
R
(Gl. XIII-26)
2.9 Fassungsvermögen Q’
SICHARDT definiert das Fassungsvermögen eines Brunnens als diejenige Wassermenge,
“die ein Brunnen entsprechend der benetzten Filterfläche in der Zeitein-
heit aufnehmen kann unter der Voraussetzung, dass der Höchstwert des
Gefälles am Brunnenmantel auftritt.“
Dieses Grenzgefälle beschreibt die Obergrenze der Eintrittsgeschwindigkeit des Grund-
wassers in den Filter und wurde von SICHARDT – quasi als Übergang zwischen laminarer
und turbolenter Strömung- wie folgt empirisch bestimmt:
grenz
1i
15 k
grenz grenzv k i m s
Damit errechnet sich das Fassungsvermögen eines Brunnens im freien Grundwasser zu:
grenz
grenz 0 0
30 0
Q ' v A
v 2 r H
k2 r H m s
15
(Gl. XIII-27)
Im gespannten Grundwasser ist die Eintrittsgeschwindigkeit ebenfalls am Übergang zur
turbolenten Strömung begrenzt. Zur Abgrenzung laminarer Bedingungen am Brunnenfilter
kann das Fassungsvermögen eines Brunnens im gespannten Grundwasser daher hilfsweise
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-21
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
analog zur oben beschriebenen Vorgehensweise größenordnungsmäßig wie folgt berechnet
werden:
30
kQ ' 2 r m m s
15 (Gl. XIII-28)
2.10 Instationäre Strömung
Die instaionäre Phase einer Grundwasserabsenkung kann mit der folgenden Differenzial-
gleichung beschrieben werden:
2s
2R
n1 s s s
r r r k H t
Durch Lösen der DGL ergibt sich der zeitabhängige Spiegellinienverlauf eines freien
Grundwasserspiegels zu:
R2
R s
2, 25 k H t2,3 Qs r, t lg
4 k H r n
(Gl. XIII-29)
mit: s: Grundwasserabsenkung f(r, t) [m]
t: Zeit seit Beginn der Absenkung [s]
r: Entfernung von der Brunnenachse [m]
ns: entwässerbares Porenvolumen [-]
Die Reichweite einer Grundwasserabsenkung kann für instationäre Strömung nach WEBER
(1928) durch Einsetzen der Randbedingungen
r = R s = 0
in die Gleichung XIII - 26 ermittelt werden. Zur Lösung der Gleichung muss der Loga-
rithmus den Wert 0 annehmen.
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-22
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Daraus resultiert:
R2
s
2, 25 k H t1
R n
R
s
k H tR=1,5
n
[m] (Gl. XIII-30)
mit: t: Zeit seit Beginn der Absenkung [s]
ns: entwässerbares Porenvolumen [-]
Mit dieser Gleichung lässt sich die Ausdehnung einer Grundwasserabsenkung in Abhän-
gigkeit von der Zeit berechnen.
2.11 Bestimmung des Durchlässigkeitsbeiwerts k im Pumpversuch
2.11.1 Stationärer Pumpversuch
Zur Ermittlung des Durchlässigkeitsbeiwerts wird an einem Entnahmebrunnen so lange
eine konstante Wassermenge abgepumpt, bis sich der Wasserspiegel am Entnahmebrunnen
und an den Beobachtungspegel nicht mehr verändert, also ein Beharrungszustand erreicht
ist.
Abb. XIII-14 Pumpversuch mit zwei Beobachtungspegeln
0
o
1
2
os
H
r = Brunnenradius
r
r
ss
HH H
HQ = const.
1 2 R
21
Pegel 1 2
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-23
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Durch Umformen der Gleichung XIII-7 für freies Grundwasser ergibt sich der Durchläs-
sigkeitsbeiwert wie folgt:
2 12 2
2 1
ln r rQk m s
H H
(Gl. XIII-31)
Aufgrund der in Brunnennähe nicht zutreffenden Vereinfachungen und Näherungen, die
dieser Gleichung zugrunde liegen (siehe Kapitel 2), darf der Wasserstand im Brunnen
(r = r0) nicht zur Ermittlung des Durchlässigkeitsbeiwerts herangezogen werden. Für eine
zuverlässige Auswertung eines Pumpversuchs sollten die Beobachtungspegel einen Ab-
stand r > 1,5 · HR zum Brunnen haben.
Bei der Durchführung des Pumpversuchs bei gespanntem Grundwasser errechnet sich der
Durchlässigkeitsbeiwert nach der Gleichung:
2 1
2 1
ln r rQk m s
2 m H H
(Gl. XIII-32)
2.11.2 Instationärer Pumpversuch
Die Auswertung der instationären Phase eines Pumpversuchs hat den Vorteil, dass die
Versuchsdauer erheblich verkürzt werden kann, da kein Beharrungszustand erreicht wer-
den muss.
COOPER und JACOB haben das so genannte Geradlinienverfahren zur Auswertung von
Grundwassermessungen im instationären Zustand entwickelt. Voraussetzung für die An-
wendung des Geradlinienverfahrens ist:
die Gültigkeit der DUPUIT-Annahmen,
die Absenkung der freien Oberfläche ist klein im Verhältnis zur Dicke des
Grundwasserleiters (s/HR < 0,25),
der Brunnenradius ist vernachlässigbar klein,
der Wasserstand wird in über die gesamte Höhe des Grundwasserleiters ge-
schlitzten Pegeln gemessen,
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-24
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
es gilt das Verhältnis 2r S
0,024 T t
.
Die Absenkung ergibt sich nach Gleichung XIII-29 in der instationären Phase zu:
2
2,3 Q 2,25 T ts lg m
4 T r S
(Gl. XIII-33)
mit: r: Abstand der Beobachtungspegel vom Brunnen [m]
S: Speicherkoeffizient (auch entwässerbares Porenvolumen ns) [-]
t: Zeit seit Versuchbeginn [s]
Q: Entnahmewassermenge [m³/s]
T: Transmissivität T = k · HR [m²/s]
HR: Grundwassermächtigkeit [m]
Die in den Beobachtungspegeln gemessenen Wasserstände werden in Abhängigkeit von
der Zeit in einem halblogarithmischen Maßstab aufgetragen. Die Verteilung der Messwerte
wird durch eine Ausgleichsgerade erfasst.
0,00
0,20
0,40
0,60
0,80
1,00
1,20
1,40
1,60
1,80
2,00
2,20
0,01 0,1 1 10 100
Pegel 1
Pegel 2
Pegel 3
Ab
sen
ku
ng
s[m
]
[s/m²]
t
r² 0
__( ) t
r²__
�s
logarithmischert
r²
__Zyklus von
Abb. XIII-15 Auswertung eines Pumpversuchs nach COOPER und JACOB
Für einen logarithmischen Zyklus lässt sich die Transmissivität wie folgt berechnen:
22,3 QT m s
4 s
(Gl. XIII-34)
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-25
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
mit: T: Transmissivität [m²/s]
s: Absenkungsdifferenz in einem logarithmischen Zyklus [m]
Der Durchlässigkeitsbeiwert ergibt sich damit zu:
R
Tk m s
H (Gl. XIII-35)
Über den Achsabschnitt 2
0
t
r
kann der Speicherkoeffizienten wie folgt ermittelt werden:
20
tS 2, 25 T
r
(Gl. XIII-36)
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-26
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
3 Entwurfskriterien einer Grundwasserabsenkungsanlage
3.1 Absenkziel
Die erforderliche Absenkung ergibt sich für eine Baugrube in freiem Grundwasser aus der
Baugrubentiefe und einem Zuschlag von mindestens 0,5 m.
Darüber hinaus kann sich das Absenkziel aus der Gewährleistung den Grenzzuständen
UPL und HYD (Nachweis der Sicherheit gegen Aufschwimmen und Nachweis der Sicher-
heit gegen hydraulischen Grundbruch) ergeben.
3.2 Brunnendurchmesser
Der Brunnendurchmesser D (D = 2r0) entspricht dem Bohrdurchmesser eines Brunnens.
Folgende konstruktiven Gesichtspunkte sind beim Entwurf eines Brunnens und der Festle-
gung des Bohrdurchmessers zu beachten:
Filterrohrdurchmesser > Pumpendurchmesser
Bohrdurchmesser = Filterrohrdurchmesser + Filterkiesschüttung
übliche Bohrdurchmesser = Brunnendurchmesser (D = 400 900 mm)
3.3 Brunnentiefe
Um die Förderwassermenge möglichst gering zu halten (siehe Gl. XIII-19), muss der
Ausdruck HR 2 - Hm
2 möglichst klein werden.
HR 2 - Hm
2 = (HR - Hm) (HR + Hm) = s (HR + Hm) = s (2HR - s)
Die Absenkung s wird vorgegeben, so dass die Höhe HR möglichst klein gewählt werden
muss. Andererseits ist die Spiegellinie am Brunnenrand bei üblichen Brunnendurchmes-
sern nicht unter den Wert von etwa HR/2 abzusenken. Somit stellt sich die Forderung
HR/2 > s und hieraus die Empfehlung:
HR = (2,2 3,0) s [m] (Gl. XIII-37)
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-27
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Bei sehr breiten Baugruben oder bei geringer Durchlässigkeit der wasserführenden Schicht
können auch größere Brunnentiefen erforderlich werden.
3.4 Brunnenanzahl und Anordnung
Aus Gründen des Bauablaufs sind Brunnen innerhalb der Baugrube hinderlich und daher in
der Regel zu vermeiden. Der Brunnenabstand in Querrichtung (lQ) ist somit durch die
Baugrubenbreite vorgegeben.
a
b
1 2 3 4
5 6 7 8
ruhendes GW
A
Q
Q
l
l
A
abgesenktes GW
Schnitt A-A
llllll
Grundriss
Abb. XIII-16 Sinnvolle Brunnenanordnung
Aufgrund der räumlichen, radialsymmetrischen Ausbreitung des Absenktrichters um einen
Brunnen kann der Abstand der Brunnen in Längsrichtung der in Querrichtung entsprechen,
d.h. lL lQ b
Liegen besondere Verhältnisse vor, wie sehr lange Baugruben (a/b >> 3), Baugruben in
einem Grundwasserstrom (geneigter Grundwasserleiter) oder Baugruben mit unterschiedli-
chen Absenktiefen, so ist die oben beschriebene Brunnenanordnung den gegebenen Rand-
bedingungen anzupassen.
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-28
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
3.5 Pumpenleistung
Die benötigte Leistung einer Pumpe ergibt aus dem Quotienten der Arbeit W und der
Zeitspanne t, in der sie verrichtet wird:
WP Nm s
t (Gl. XIII-38)
Die Arbeit W ergibt sich aus dem Produkt der Kraft und dem zurückgelegten Weg:
W F s Nm (Gl. XIII-39)
Im Falle einer Grundwasserentnahme handelt es sich in erster Linie um Hubarbeit, so dass
sich die zu verrichtende Arbeit aus dem Produkt der Masse des zu hebenden Wassers, der
Erdbeschleunigung und der Hubhöhe ergibt:
W m g h Nm (Gl. XIII-40)
Um die tatsächlich benötigte Pumpenleistung zu ermitteln, ist der Wirkungsgrad
(= Verhältnis der abgegebenen zur aufgenommen Leistung) der Pumpe zu beachten. Der
Leistungsbedarf einer Pumpe ergibt sich demnach wie folgt:
m g h 1P Nm s
t
(Gl. XIII-41)
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-29
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Allgemeine Vorgehensweise bei der Bemessung einer Mehrbrunnenanlage
A) Ermittlung der für eine Absenkung erforderlichen Entnahmewassermenge
Festlegung des Absenkungsziels s und der Brunnentiefe auf Grundlage der
Randbedingungen. Die Brunnentiefe definiert zugleich die erfasste Höhe des
nicht abgesenkten Grundwassers HR.
Ermittlung des Ersatzradius xm.
Abschätzen der Reichweite R und der zum Erreichen des Absenkziels erfor-
derlichen Entnahmewassermenge Qg.
Wahl der Brunnenanzahl n und Festlegung der Brunnenanordnung.
Überprüfen des Absenkziels in den ungünstigsten Punkten. Sollte das Ab-
senkziel nicht erreicht werden, muss entweder die Brunnenanordnung ange-
passt oder die Entnahmewassermenge erhöht werden.
B) Dimensionierung der Brunnen
Absenkung s im Brunnen mit der größten Absenkung ermitteln.
Brunnenradius r0 wählen.
Überprüfen, ob das Fassungsvermögen Q’ der Einzelbrunnen ausreicht, um
die ermittelte Wassermenge Q zu fördern.
mit: Qg: Zur Absenkung erforderliche Entnahmewassermenge
Q ' : Fassungsvermögen eines Einzelbrunnens
n: Anzahl der Brunnen
!gQ
Q 'n
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-30
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
4 Beispiel zur Dimensionierung einer Grundwasserabsenkungsanlage
gegeben: kSand = 1 10-4 m
s
kTon = 1 10-9 m
s
A
A
60 m
36 m
-6,0 m
GW
± 0,0 mSchnitt A-A
-2,0 m
Grundriss
-17,0 m
T
S
Abb. XIII-17 Grundriss und Schnitt einer Baugrube
Erforderliche Absenkung: s = 6,0 – 2,0 + = 4,5 m
Brunnentiefe unter GW: RH 2 s 9,0m
Zuschlag *
0, 5
RH 2,2 3,0 s 9,9m 13,5m
* Mindestabstand zwischen Baugrubensohle und GW-Spiegel
gewählt: RH 13,0 m
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-31
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Max. zulässige GW-Höhe
im Bereich der Baugrube: m RH H s 13,0 4,5 8,5m
Ersatzradius:
(bei Anordnung der Brunnen 2 m außerhalb der Baugrube)
Reichweite:
(nach SICHARDT)
Entnahmewassermenge
der Mehrbrunnenanlage:
Ansatz nach SICHARDT ist anwendbar.
R m
g
m
H ² H ²Q k
Rln
x
4
g
13² 8,5²Q 1 10
135ln
27,64
3
g
mQ 0,0192
s Annahme: vollkommener Brunnen
gewählt: n = 6 Brunnen
m
a bx
60m 40m27,64m
4
R 3000 s k
3000 4,5 1 10 135m
m
R 135ln 1 ln 1,59 1
x 27,64
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-32
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Überprüfung des Absenkziels im ungünstigsten Punkt:
A
A
36 m
-6,0 m
± 0,0 m
-17,0 m
Schnitt A-A
-2,0 m
Grundriss
2 m
2 m
30 m30 m
1 2 3
4 5 6
s
X
X XAB
C
-15,0 m
T
S
Abb. XIII-18 Anordnung und Tiefe der Brunnen
Bedingung: H !
Maximum n
1i=ixln
n
1Maximum
n
g2 2R i
i 1
Q 1H H ln R - ln x
k n
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-33
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Abstände der Brunnen zu den möglichen maßgebenden Punkten A, B und C
(siehe Abb. XIII-18):
Punkt A x y ln xi
1 60 20 ln 63,25 = 4,15
2 30 20 ln 36,06 = 3,59
3 0 20 ln 3,00 = 3,00
= 10,74
n
ii=1
ln x 2 = 21,48
Punkt B x y ln xi
1 45 20 ln 49,24 = 3,90
2 15 20 ln 25,00 = 3,22
3 15 20 ln 25,00 = 3,22
= 10,34
n
ii=1
ln x 2 = 20,68
Punkt C x y ln xi
1 45 38 ln 59,00 = 4,08
2 15 38 ln 40,85 = 3,71
3 15 38 ln 40,85 = 3,71
4 45 2 ln 45,04 = 3,81
5 15 2 ln 15,13 = 2,72
6 15 2 ln 15,13 = 2,72
= 20,75
Am Punkt A: n
1i=ixln
n
1Maximum maßgebender Punkt mit minimaler Absenkung s
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-34
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
gA R i
Q 1H ² H ² ln R ln x
k n
2AH 88,01 AH 9,38 m
Bedingung: s !
AR HH 4,5 Ü 3,62
Absenkziel nicht erreicht
Erhöhung der Fördermenge erforderlich
geschätzte erforderliche Wassermenge: 3
g
mQ 0,023
s
2AH 71,97 AH 8, 48 m
Bedingung: s !
AR HH 4,5 < 4,52
Dimensionierung der Brunnen
Es werden die Brunnen mit der voraussichtlich größten Absenkung betrachtet.
Bedingung: H !
Minimum
1n
1i=0i rlnxln
n
1Minimum
Dies ist für Brunnen 2 oder Brunnen 5 erfüllt.
n 1
g2 20,2 R i 0
i 1
Q 1H H ln R ln x ln r
k n
gewählt: 800 mm r0 0,4 m ln 0,4 = -0,92
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-35
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Abstände zu Brunnen 2:
Brunnen 2 x y ln xi
1 30 0 ln 30 = 3,40
2 ln 0,4 = -0,92
3 30 0 ln 30 = 3,40
4 30 40 ln 50 = 3,91
5 0 40 ln 40 = 3,69
6 30 40 ln 50 = 3,91
= 17,39
2 20,2 4
0,023 1H 13 ln135 17,39
1 10 6
20,2H 22,07 0,2H 4,70m
Bei der bisherigen Betrachtung wurden die Brunnen als vollkommen angenommen. Für die
Überprüfung des Fassungsvermögens muss aber der tatsächliche Zustrom zu den Brunnen
betrachtet werden. Um die geforderte Absenkung zu erreichen, müssen die Brunnen eine
Wassermenge Qu > Qg aus dem Aquifer abpumpen.
a < HR Qu = 1,1 · Qg
2 m < 13 m
3
u
3
mQ 1,1 0,023
s
m0,025
s
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-36
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Ermittlung des
Fassungsvermögens
3
u
mQ 0,025
s
33uQ 0,025 m
4,17 10n 6 s
uQQ '
n
3 33 3m m
7,87 10 4,17 10s s
Fördermenge kann von den Brunnen gefasst werden
Zusammenstellung der Bemessung
Brunnenanzahl: n = 6
Brunnendurchmesser: d = 0,8 m
Gesamtwassermenge: Qu = 3m l
0,025 25s s
Wassermenge zur
Pumpendimensionierung: =
(im stationären Fall)
Förderhöhe: h = HR – H0,2 + 2,0 = 10,30 m *
Leistungsbedarf
(Annahme: Wirkungsgrad 60%): P =
0 0,2
4 33
kQ ' 2 r H
15
1 10 m2 0, 4 4,7 7,87 10
15 s
uQ
6
25 l4, 2
6 s
* unter Vernachlässigung von hydraulischen Verlusten und der tatsächlichen Auslasshöhe
2m kg g m s h m 1
t s
25 10 10,30 14, 29 kW
1 0,6
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt
Studienunterlagen Geotechnik Seite XIII-37
XIII Grundwasserhaltung 28.11.2011
Literatur:
[1] Dachler, R. (1936)
Grundwasserströmung; Springer, Wien
[2] Herth, W.; Arndts, E. (1994)
Theorie und Praxis der Grundwasserabsenkung,; Ernst & Sohn, Berlin
[3] Sichardt, W. (1928)
Das Fassungsvermögen von Rohrbrunnen und seine Bedeutung für die Was-
serabsenkung, insbesondere für große Absenktiefen; Springer, Berlin