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L. Schwark – Organische Geochemie Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie Molekülstrukturen von Biomarkern: aquatisch und terrestrisch photo- synthetisierende Pflanzen Verbrennungsprodukte Mikrobielle Lipide

Kapitel 2 Definition und Anwendung Organische Geochemie...Konzept „Organische Geochemie“ Biomoleküle werden von Organismen spezifisch (enzymatisch) hergestellt, um bestimmte Funktionen

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Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Molekülstrukturen

von Biomarkern:

aquatisch und

terrestrisch photo-

synthetisierende

Pflanzen

Verbrennungsprodukte

Mikrobielle Lipide

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Konzept „Organische Geochemie“

Biomoleküle werden von Organismen spezifisch (enzymatisch)

hergestellt, um bestimmte Funktionen zu erfüllen, die dem Habitat

und der Lebensweise sowie dem Evolutionsgrad der Organismen

entsprechen. Biomoleküle besitzen daher chemotaxonomische

Relevanz und bilden die Lebensumwelt von Organismen ab. Zur

Chemie organischer Naturstoffe siehe Vorlesung MNF geow-B201.

Nach dem Absterben von Organismen wird der überwiegende Teil

ihrer Biomasse rezyklisiert und in Stoffkreisläufe zurückgeführt.

Unter geeigneten Bedingungen kann ein geringer Teil der Biomasse

in der Geosphäre erhalten bleiben, wobei der überwiegende Anteil

diagenetisch in das partikuläres Geomakromolekül „Kerogen“

überführt wird. Dieses kann in seiner Pauschalzusammensetzung

nur bedingt Aufschluss über den biologischen Eintrag und die

Paleoumweltbedingungen seiner Entstehung liefern.

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Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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Konzept „Organische Geochemie“

Ein geringer Teil des in der Geosphäre erhaltenen organischen

Materials wird nicht in das Kerogen eingebaut sondern behält bei

nur geringer chemischer Veränderung seine biologisch-molekulare

Identität, d.h. biologisch angelegte Molekülstruktur.

Derartige Geomoleküle werden als „Biomarker“ oder „molekulare

Fossilien“ bezeichnet, da sie unter Erhalt ihrer Primärstruktur

(Kohlenstoffskelett) auch nach Defunktionalisierung (Entfernung

funktioneller Gruppen, d.h. reaktiver Molekülteile) sowie geringer

und nachvollziehbarer chemischer Veränderung (Isomerisierung)

ihre Herkunft von spezifischen Biomolekülen anzeigen.

Über das Aktualismusprinzip und komplementäre Techniken lassen

sich über Biomarker die Bioproduzenten, deren Umweltansprüche,

die Fazies des Ablagerungsraums und die (thermische) Diagenese

der Sedimente rekonstruieren.

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Biologische Indikatoren in rezenten und fossilen Systemen

Makrofossilien Mikrofossilien Molekulare Fossilien

Macroorganisms

Microorganisms Biomolecules

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Stigmastenol

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1

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3

4

5

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910

11

12

13

1415

16

1718

19

2021 22

2324

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Stigmastane

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Chapter 0 - Syllabus and Introduction

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Dimension Studienobjekte

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Biomoleküle werden nach nur marginaler diagenetischer Modifikation in der

Geosphäre als Geomoleküle erhalten und erlauben anhand ihrer Struktur

Rückführung auf das biologische Ausgangsmaterial und die Bedingungen

unter denen es primär erzeugt und anschließend erhalten wurde.

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Eine zentrale Frage der Geowissenschaften adressiert die Rekonstruktion

fossiler Lebens- und Umweltbedingungen und erfolgt klassisch über

Methoden der (Mikro-)Paleontologie, Sedimentologie und Palökologie.

Diverse Faktoren prägen die Vergesellschaftung von Organismen:

- Evolutionsstand (waren Organismen entwickelt oder ausgestorben)

- Physikochemische Milieuparamter (Wasserangebot, Salinität, Klima, pH, Eh, etc.)

- Raumzeitliches Nährstoffangebot und Nährstoffzyklen

- Organismische Interaktion oder Interdependenz (trophische Kaskade, Syntrophie,

mutualistische Koexistenz, Parasitismus, etc.; oder wer benötigt wen?)

Die meisten Mikroorganismen (auch Makroorganismen) leben nicht allein sondern in einem

Konsortium, d.h. ohne die Präsenz anderer Organismen und deren Beteiligung an Stoffkreis-

läufen sind einzelne Arten nicht lebensfähig. Die Differenzierung der einzelnen Arten in einer

Vergesellschaftung, ist dennoch essentiell zum Verständnis des Gesamtsystems. Die

Identifizierung von Organismen auf Art- oder Gruppenniveau mit optischen Methoden wird

in rezenten, wesentlicher jedoch in fossilen Systemen infolge geringer Größe, ähnlicher

Morphologie, fehlender Ausbildung von überlieferungsfähigen Hartteilen und oft schlechter

Erhaltung erschwert. Die Identifizierung, welche Organismen mit welchen für sie typischen

Umweltansprüchen in fossilen Ökosystemen vorhanden waren, ist damit eine Kernaufgabe

der Geologie wie der organischen Geochemie.

Hierzu müssen Organismen in rezenten wie fossilen Systemen taxonomisch identifiziert und

klassifiziert werden. Zur Unterscheidung und Identifizierung wird der Verwandtschaftsgrad

und die evolutionäre Entwicklung über die Zeit in Stammbäumen erfasst.

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ie Der Stammbaum des Lebens

Die DNA das größte uns spezifischste Biomarker-Molekül ist geologisch nicht oder nur kurz (<100000 Jahre) erhaltungsfähig und somit in der

Interpretation geologischer Vorgänge nicht nutzbar.

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Der Stammbaum des Lebens

Ist die DNA als Biomarker geeignet? Spezifizität ist exzellent but Signal-Erhaltung über geologische Zeit ist sehr problematisch.

Die Definition der organismischen Identität, der Verwandtschaft zwischen Organismen und somit auch deren Evolution ist am eindeutigsten über das genetische Inventar definiert, welches damit theoretisch am zuverlässigsten zur Ermittlung des organischen Materials in der Geosphäre dienen könnte.

Nach Absterben von Organismen wird deren DNA an labilen Molekülbindungen durch diverse Prozesse (siehe Pfeile) angegriffen und modifiziert oder zerfällt.

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Evolutionäre Verzweigungspunkte in der Phylognie rezenter Organismen nach ribosomalerRNA-Analyse, 16rRNS für Prokaryoten und 18rRNS für Eukaryoten, nach Woese und Fox (1977). Phylogenetische Klassifizierung (Taxonomie) und Evolution prokaryotischerOrganismen erfolgt nahezu ausschließlich nach 16rRNS-Analyse, da diese in der globalen Biomasse dominanten Organismen zu 99% nicht kultivierbar sind, d.h. wir kennen ihre Existenz nur aus der Genanalyse. Da DNA fossil nicht überlieferungsfähig ist, kann Evolution mit ihr nicht verfolgt werden, es besteht somit Bedarf, andere Biomoleküle zu identifizieren, die taxonomische und evolutionäre Differenzierung rezenter Organismen ermöglichen.

Der Stammbaum des Lebens

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Der Stammbaum des Lebens ergänzt um spezifische rezente Lipidmoleküle

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Die Lipidmoleküle der Plasmamembranen von Organismen aus den drei Domänen des Lebens zeigen substantielle Unterschiede: Bacteria mit Hopanoiden und isoalkanoiden Glycerolethern, Archaea mit isoprenoidalen Glycerolethern und Eukaryoten mit Steroiden. Funktionalisierte Biomolekül sind als solche geologisch nicht oder nur sehr kurz erhaltungsfähig und werden diagenetisch in ihre stabilen Geomoleküle (Biomarker) überführt.

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Der Stammbaum des Lebens ergänzt um spezifische georelevante Biomarker

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Aus funktionalisierten Biomolekülen diagenetisch gebildete und anschließend reaktionsträge Kohlenwasser-stoffe, die den Biomolekülen anhand ihrer charakteristischen Kohlenstoffskelette zugeordnet werden können, sind über geologische Zeiträume (> 2Ma) erhaltungsfähig und erlauben eine Rekonstruktion fossiler Biota.

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Stammbaumprokaryotischer

Evolution

Ein letzter gemein-samer Vorfahre wurde im Stammbaum bei 4.25 Ma platziert. Der grau markierte Bereich steht für ein anaerobe Ummwelt, bevor bei 2,3 Ma das „Grosse Oxidations-ereignis“ stattfand, an dem sich die Atmo-und Hydrospäre in einen aeroben Zustand wandelte. Mtb: Methano-thermobacter, Tab:Thermo-anaerobacter, Tsc: Thermo-synechococcus.

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ieEine Zeitlinie metabolischer Innovation und Ereignisse

Die Periode für oxygene (Sauerstoff erzeugende) Photosynthese wird durch das „Grosse OxidationsEreignis“ (GOE) definiert. Die Maximalzeit für den Ursprung des Lebens auf der Erde wird durch deren Entstehung von 4,6 Ma ultimativ begrenzt. Horizontale Lines geben Unsicherheitsbereiche an, weiße Boxen deuten minimale und maximale Grenzen für den Beginn, farbige Boxen hingegen zeigen die Präsenz eines Metabolismus oder Ereignisses an. Anoxigene Photosynthese stellt die Urform dieses Prozesses dar, liefert als Produkt jedoch nicht O2, sondern für heutige Organismen weitgehend toxisches S2, da bei der Biosynthese als Edukt nicht H2O sondern H2S verwendet wurde. Vor dem GOE existierten ökologische Nischen in denen Cyanophyceen in Stromatolithenoxigene Photosysnthese ausführten, was infolge der dabei auftreten enzymatischen (Rubisco) C-Isotopenfraktionierung auch heute noch nachweisbar ist.

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Mikroorganismen sind definitionsgemäß als Einzelindividuen mit bloßem Auge nicht zu erkennen, weil ihre Größe hierfür zu gering ist. Größe von Einzelindividuen ist aber für die gesamte globale Biomasse einer Art nicht entscheiden, es ist die Individuenanzahl. Da diese bei Mikroorganismen oft extrem hoch ist, machen sie den Hauptteil der globalen Biomasse aus und stellen damit auch die Basis der Nährstoffpyramide dar, unter anderem, weil oft sie allein als Primärproduzenten agieren.Zu den wichtigsten Vertretern der Mikroorganismen zählen die Bacteria, die Archaea und die Pilze. Ihre Biomasse wird in aeroben Umweltkompartimenten meist sehr schnell re-mineralisiert und daher ist die fossile Erhaltung sehr gering (Ausnahme, siehe z.B. aerobe aber sehr saure Torfmoore). Aquatische Ablagerungsräume erhalten mikrobielle Biomasse besser aber in diesen sind Pilze meist unterrepräsentiert, obwohl dieser Aspekt noch nicht hinreichend genau untersucht ist.Daher wird im folgenden eine kurze Übersicht zur Taxonomie und zum Lipidinventar der Bacteria und Archaea gegeben. Für detailliertere Information wird auf entsprechende Lehrbücher oder Web-Informationen verwiesen.

Mikroorganismen

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ie Alle Organismen bestehen aus Zellen, wobei viele Mikroorganismen Einzeller

sind. Dennoch haben auch sie ein Zelle mit einem sehr charakteristischen Zellaufbau. In der Zelle befinden sich die Zellorganellen und die Zellflüssigkeit (Zytoplasma), die von einer Zellwand umschlossen sind, welche der Zelle mechanische Stabilität verleiht. Die Zellwand ist aber nicht geeignet, um Stofftransport aus der Zelle heraus und in sie hinein zu erlauben und zu regulieren. Diese Funktion übernimmt die nur ca. 4nm (10-10 m) dicke Zellmembran (bisweilen auch in innere und äußere Membran getrennt). Für Nahrungsaufnahme und Stoffwechsel muss die Membran exakt definierte Durchlässigkeit und Fluidität bieten und diese an variierende Umgebungs-bedingungen wie T, pH, oder Saliniät anpassen. Die Membran darf nicht wasserlöslich sein, muss aber an ihren Aussengrenzen (zum Zytoplasma oder einer wässrigen Umgebung) wasserverträglich (hydrophil) sein. Daher bestehen Membranen aus amphiphilen Lipiden, wobei die lipophile Molekülkomponente das Innere der Membran aufbaut. Die relative Massenanteil der Membran an der Zelle ist eher gering. Nach Seneszenz, Zelllysis und Verlust des Zytoplasma jedoch werden Membranen bevorzugt in der Geosphäre erhalten, weil sie nur schwer hydrolysierbar und schlecht enzymatisch abbaubar sind. Die Membranen diverser Mikroben besitzen charakteristische Moleküle, die, wenn in der Geosphäre (Sedimente, Torfe, Kohlen, Tropfsteine, Öle, etc.) auftretend, anzeigen, von welchen Mikroben sie rezent oder fossil stammen. Zur Rekonstruktion der Lebensumwelt fossiler Mikroben werden daher vorwiegend ihre (diagenetisch modifizierten) Membranlipide genutzt.

Zellwandmembranen

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Bis vor wenigen Jahren, war die Bedeutung von Archaea für die Funktionalität globaler Ökosysteme nicht hinreichend bekannt. Die Archaea stellen eine der drei „Domänen“ des Lebens dar und sind demzufolge evolutionsgeschichtlich sehr alt, haben also seit mehr als 3 Ga an der Gestaltung des Erdsystems mitgewirkt. Einige Autoren betrachten sie als Kandidaten für den Ursprung des Lebens auf der Erde, vor allem auch deshalb, weil unter den Archaea einige extremophile Arten unter Konditionen lebensfähig sind, die denen der frühen Erde nahekommen.Inzwischen stehen nicht die extremophilen sondern die mesophilen (ca. 15 –40°C) Archaea im Focus, von denen angenommen wird, dass sie in etwa 30 % der gesamten Biomasse in den Ozeanen ausmachen. Archaea sind intensiv am Stickstoffkreislauf, vor allem an der Ammoniumoxidation beteiligt. Da Methanogenese allein von Archaea ausgeführt sind, stellen sie ebenfalls wesentliche Antreiber des Kohlenstoffkreislaufs dar. Über Stoffwechselprodukte wie N2O und CH4 tragen sie zu klimarelevanten Treibhausgasemissionen bei. Archaea bilden diagnostische Zellmembranen aus, die aus nur einer Schicht bestehen, während alle Eukaryoten und bis auf wenige Ausnahmen auch alle Bakterien eine Doppelschichtmembran aufbauen. Archaea-Membran bestehen aus Phospholipiden mit ein Grundgerüst aus Glyceroldialkylglyceroltetraethern(GDGT) oder Glyceroldialkyldiethern (Archaeol) mit isoprenoidalen Alkylketten. Einschichtige Bakterienmembranen bestehen ebenfalls aus GDGT, doch sind die Alkylketten nicht isoprenoidal sondern bestehen aus Isoalkanen. Doppelschichtmembranen der Eukaryoten und meisten Bakterien bestehen aus Phospholipiden mit Glycerolfettsäurediestern und nicht aus Ethern.

ARCHAEA

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ARCHAEA - Diversität in Phylogenie und Habitat

Obwohl NH4+-oxidierende Archaea infolge der Erzeugung von für viele Organismen essenziellem

NO3-, kritische Schlüsselorganismen des N-Kreislaufs sind, ist ihre Existenz ist erst seit etwa 2

Jahrzehnten bekannt. Hier wird eine Darstellung der gegenwärtigen Phylonomie/Taxonomie der Archaea anhand ihres ammoniummonooxygenase Gens von Archaea (amo-A) gezeigt, die in den folgenden Folien nach ihrer Präsenz in terrigenen und aquatischen Habitaten differenziert werden. Entgegen der ursprünglichen Annahme sind Archaea nicht allein extremophile Mikroben sondern besiedeln alle derzeit bekannten Habitate, einschließlich dem Menschen. Ohne Archaea in unserem Intestinaltrakt wären wir als Menschen nicht lebensfähig.

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ARCHAEA - Diversität in Phylogenie und Habitat

Ubiquitäre Präsenz von amoA-A in aquatischen oder terrigenen Habitaten mit Differenzierung nach pelagischer Zone oder pH-Wert. Beachte Dominanz von z.B. Nitrososphaera Linien im terrigenen Milieu gegenüber der Dominanz von Nitrosopumiliales clustern d und e in marinen Sedimenten. Dies hat Relevanz für die Rekonstruktion fossiler Meer-Land Stoffkreislaufprozesse des Stickstoffs. Die Verwendung von (amoA-A) aus natürlichen Proben (Sedimente, Böden, Wasser) erlaubt die Identifizierung von nicht kultivierten (>99%) Biota und ihre Zuordnung zu spezifischen Konsortien, ihren metabolischen Kapazitäten und damit zur spezifischen Habitaten und Umweltansprüchen.

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ARCHAEA - Diversität in Phylogenie und Habitat

Ubiquitäre Präsenz von amoA-A in aquatischen oder terrigenen Habitaten. Beachte Dominanz von z.B. Nitrosopumiliales cluster a und e in marinen Wässern gegenüber z.B. Nitrosopumiliales clusterd und q in marinen Sedimenten, welche für Interpretation des fossilen N-Kreislaufs relevant ist.

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ARCHAEA - Diversität in Phylogenie und Habitat

Differenzierung der Archaea (Stand 2015) nach ihren Zellmembranmolekülen (allein nicht hydroxylierte Kernlipide, Kopfgruppe wird nicht angezeigt). Wesentlich: Crenarchaeol beschränkt auf Thaumarchaeota, Archaeol beschränkt auf Euryarchaeota, GDGT-5-8 in Thermophilen)

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Spezifische Membran-Tetraether-Lipide

Archaea – C86 Bacteria – C66+

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Tetraether-Lipide diagnostische für die Archaea besitzen isoprenoidale Alkylzwischenketten, die für Bacteria sind isoalkanoid am C-Atom 6 verzweigt.

Grau markiert sind alternative Methyl-Positionen an C6 und C4 angezeigt. Strukturelle Variation über die Anzahl Ringe und Methylgruppen zeigt Adaption der Fluidität und Permeabilität der Membranen an Umweltbedingungen an: Mehr Ringe = wärmer und mehr Methylgruppen = niedriger pH-Wert.

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ie GDGT-Tetraether Lipidprofile bestimmt mittels LC-APCI-MS für drei typische Bodenarten :

a) Ackerboden (Roggenfeld)b) Weidelandc) Gedüngtes Weideland

Cal = CaldarchaeolCren = CrenarchaeolBIT = Branched Isoalkane

Tetraether (bakterielle, isoalkanoide GDGT)

Ackerboden enthält viele Archaea, Weideland viele Bacteria, deren Anteil mit Düngung zunimmt. Agroökosysteme führen daher von der menschlichen Nutzung stark dominierte Mikrobenassoziationen und generieren dementsprechend Emissionen.

Spezifische Membran-Tetraether-Lipide

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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EUBACTERIADie echten Bakterien werden nach diversen Kriterien differenziert, von denen die “Gram”-Methode (benannt nach dänischem Apotheker) die bekannteste ist. Diese richtet sich nach der Oberflächenstruktur der Bakterienzellwände, ermittelt mit einem einfachen Färbetest.

• Gramnegative Eubacteria

Der Großteil der bekannten (d.h. kultivierbaren) Eubacteria (ca. 75%) ist gramnegativ. Als von geologischer Relevanz sind hier vor allem die als Primärproduzenten äußerst wichtigen, da photosynthetisierendenCyanophyceen zu nennen. Gramnegative Bacteria formen eine enorm diverse Gruppe und ihre einheitliche Reaktion auf den Gram-Färbetest bedeutet nicht, dass sie verwandt sind oder ein monophyletisches Taxon bilden.

• Grampositive Eubacteria

Obwohl nicht so divers wie die gramnegativen Bacteria, stellen die grampositiven noch immer eine sehr variable Gruppe dar. Von geologischer Relevanz sind hier vor allem die Actinomyceten zu nennen, die ohne echte Verwandheit dennoch Ähnlichkeit mit eukaryotischen Pilzen aufweisen und wesentlich an der anaeroben Ammoniumoxidation (Anammox) beteiligt sind.

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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ieBacteria FÄRBETEST nach GRAM

Die Methode wurde von dem dänischen Apotheker und Arzt Christian Gram1884 entwickelt. Eine bakterienführende Probe wird auf einen Objektträgergegeben und mit einem blauvioletten Farbstoff (Triarylmethan) gesättigt undsodann mit Jod behandelt. Anschließend wird mit Alkohol gewaschen und eineGegenfärbung mit dem roten Farbstoff Safranin ausgeführt.Zellwände gramnegativer Bakterien sind dünn haben eine geringe Affinität fürden violetten Farbstoff, der mit der Alkoholbehandlung ausgewaschen wird. DieGegenfärbung mit Safranin hingegen bleibt bestehen, sodass gramnegativeBacteria als rot oder rosafarben erkennbar werden.Grampositive Zellwände sind dicker und haben eine hohe Affinität für denblauvioletten Farbstoff und behalten diesen auch nach Alkoholwaschung bei.Daher erscheinen grampositive Bacteria dunkelblau bis bräunlich.Die unterschiedliche Reaktionen auf den Färbetest gehen auf die Menge desZellwandmoleküls Peptidoglycan/Murein zurück, die in grampositive Zellwändenetwa fünffach höher ist als in den gramnegativen.Zudem besitzen gramnegative Bacteria eine zweite äußere Membran, die sichvon der primären Plasmamembran unterscheidet und außerhalb der Zellwandaufliegt, wobei sie auch noch von extrazellulärer polymerer Substanz (EPS)bedeckt wird. Dies erklärt die geringe Affinität für den violetten Farbstoff.

Gram positive

Gram negative

Zellwandaufbau einschichtigergrampositiver und komplexergramnegativer Bacteria.Die äußere Membran dergramnegativen Bacteria führtgrößere Anteile von Poly-Teichonsäure.Die grampositive Membranenthält viele Polysaccharide.

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iePhylogenie von Bacteria zur Ölremedition

Diversität im phylogenetischen Stammbaum von Bakterien, die im marinen Milieu Erdöl abbauen.

Bakterienstämme, die alipha-tische Kohlenwasserstoffe biodegradieren.Bakterienstämme, die aroma-tische Kohlenwasserstoffe biodegradieren.Stämme ohne Potential zur Ölbiodegradation überwiegen in der Anzahl sehr deutlich.Erdöl biodegradierende Bakterien entwickeln sich in der Biogeosphäre dort, wo natürliche Ölaustritte stattfinden.

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Bakterien mit diesen Fähigkeiten werden kultiviert und gezielt für Bioremediationvon anthropogen verursachten Ölunfällen eingesetzt. Die von den Bakterien hierbei erzeugten Metabolite können jedoch auch umweltgefährdend sein.

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ieMarine Microbiota – Rapide Entwicklung in Analysentechniken und Wissensstand

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Anwendungsbeispiele für Organische und Isotopengeochemie

in :

• Umwelt(belastungs)-Analyse

• Geologie fossiler Rohstoffe

• Organismischer Evolution

Die folgenden Beispiele dienen allein zur Information und sind

NICHT prüfungsrelevant !

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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ie Umweltanalyse – Geo-/Bioarchive

Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe

(PAK)

Verbrennungsprodukte• Verkehr

• Hausbrand

• Stromerzeugung

• Industrie

natürliche Quellen

Diagenese

Fossile Brennstoffe

Andere PAK-Quellen

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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PAK - Molekülstruktur und Molgewicht

178

178

202

202

228

228

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252

252

252

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276276 302

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PAK Umweltindikatoren in GeoarchivenHerkunftsdiagnostik - Quellenidentifizierung

0 0.5 1 1.5 2

Fla/Py

0

10

20

30

40

50

60

P/A

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7

Fla/Py

4

5

6

7

8

1957-1998

1934-1956

1932

petrogen

pyrogen

PAH Isomere gleichen Molgewichts bilden sich in kinetischer Abhängigkeit von der Temperatur.a) Niedrige T (<150°C) oder lange Reaktionszeit -> petrogen (z.b. Phenanthren, Fluoranthen)b) Hohe T (>500°C) bei kurzer Reaktionszeit -> pyrogen (z.b. Anthracen/ Pyren)Datierte Sedimente des Harkortsees (Ruhr, Hagen) zeigen generell eine Dominanz pyrogener PAK mit einem Minimum für 1932, ein Maximum industrieller PAK bis ca. 1957 gefolgt von einer Abnahme durch den Rückgang in der Schwerindustrie (Stahl und Kohle).

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Fluoranthen/Pyren MW 202

Phenanth

ren/A

nth

racen M

G 1

78

Fluoranthen/Pyren MW 202

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perylene

-24,92 /0

00

-28,55 /0

00

0.1 1 10 100

perylene-ratio

d13C=

d13C=

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

PAK Umweltindikatoren in Geoarchiven

Herkunftsdiagnostik - Quellenidentifizierung

Unter den PAH Isomeren mit dem Molgewicht 252 bildet Perylen eine Ausnahme, da es nicht nur durch Verbrennung sondern auch aus diagenetischem Abbau von Vegetation gebildet werden kann. Hohe relative Anteile von Perylen an der summe der PAK mit MG 252 zeigen biogene Quellen an, die sich auch in den leichteren d13C-Isotopen des Bio-Perylens abbilden.

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0 40 80 120 160

PAK

[ µg/g ]

1930

1940

1950

1960

1970

1980

1990

2000

4 8 12

PCB

[ µg/g ]

2000 4000

aliph. NKG

[ µg/g ]

0 10 20 30 40 50

Hopan

[ µg/g ]

2 4 6 8 10

LAB

[ µg/g ]

0 4 8 12

[

TPB

µg/g ]

V

IV

I I I

I I

I

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

PAK Umweltindikatoren in Geoarchiven

Entwicklung der Schadstoffkonzentrationen in Sedimenten über die Zeit zeigt das Aufkommen enuer Schadstoffe sowie deren Reduktion durch effiziente Umweltregulierungsmaßnahmen oder technischen Fortschritt (Ersatzstoffe) an.

PCB: polychlorierte Biphenyle

aliph. NKG:Erdölstämmige Alkylalkane

HopanErdölstämmige Hopane

TPB:Tetrapropylen-benzene aus nicht biodegradierbarenSulfonaten

LAB:Linear alkylierte Benzene aus bio-abbaubarenTensidsulfonaten

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ie

Environmental Analyses - ArchivesAlkylbenzole [ µg/g ] Phosphor [ %]Nonylphenol [ µg/g ]

0 4 8 12

1930

1940

1950

1960

1970

1980

1990

20000.2 0.4 0.6 0.82 4 6 8 10

LAB

TPB

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Entwicklung sedimentärer Schadstoffmengen aus Waschmitteln (WM). Phosphathaltige WM führten zu Hypereutrophie in Gewässern und mussten durch alternative Detergentien ersetzt werden. Erste Tenside (TPB) in WM waren nicht abbaubar und wurden durch biodegradierbareLAB-Sulfonate ersetzt. Nonylphenole werden aus deren Etoxylat-Tensiden gebildet, sind toxisch und haben infolge ihrer Ähnlichkeit mit Östrogen hormonimitierende Wirkung. Der seit ca. 1985 erkennbare Rückgang basiert vor allem auf effizienterer Abwasserklärung.

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Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Umweltanalyse – Geo-/Bioarchive

Ölaustritte infolge von Tankerunfällen

• Fallbeispiel Exxon Valdez Unfall Prinz-William Sund 1993

• Gerichtsfeste Herkunftsdiagnostik essentiell für Schadenersatz durch Verursacher

• Biomarker-Quellendifferenzierung Exxon Valdez gegenüber anderen potentiellen

Eintragswegen für Erdölkomponenten, die in Sedimenten angetroffen werden.

• Identifizierung anderer Quellen: natürliche Ölaustritte, Monterey-stämmige, nach Alaska

exportierte Öle oder Raffinierungsprodukte wie Diesel, Benzin, Kerosin, Heizöl, etc.

• Viele in Sedimenten und Böden angetroffene Residualöle oder Teere gehen auf miozäne

Öle aus Kalifornien zurück, die schwer biodegradierbar sind.

• Große Ölvorratstanks an Land, die durch Erdbeben zerstört wurden, haben ebenso wie

Bergbau und Fischindustrie Erdölraffinate in die Umwelt eingetragen

• Abbaubarkeit des Exxon Valdez Öls gegenüber anderen Kontaminationen – ist auch

nach Biodegradation eine Quellenzuweisung noch möglich`?

• Öl aus Nordalaska, welches von der Exxon Valdez transportiert wurde hat eine auch

nach Biodegradation noch sicher feststellbar andere Verteilung von Organoschwefel-

verbindungen (Dibenzothipophene), die eine eindeutige Quellenzuweisung erlauben.

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Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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Exxon Valdez Oil Spill

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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ie

Exxon Valdez Tankerunfall

Zusammensetzung des originalen Exxon Valdez Rohöls (EVC) gegenüber dessen Verwitterungsrückstand Teer (EVC tar) ist so unterschiedlich, dass die Analyse der Gesamtkohlenwasserstoffe (TPH = total petroleumhydrocarbon composition) keine Herkunftszuweisung ermöglicht. Andere Ausgangsmaterialien, z.B. Raffinierungsprodukte wie Diesel (oben rechts), würden von EVC nicht unterscheidbare Teerresiduen ergeben. Zur Quellenidentifizierung werden daher verbesserte Methoden benötigt.

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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ie I

Zusammensetzung von anderen, anthropogen verursachten TPH Kontaminationen, die nicht auf den Exxon Valdez Unfall zurückgehen. Kalifornische Öle und Raffinate wurde seit dem 19.Jahrhundert nach Alaska exportiert und in großen Tanks (z.B. bei Port Ashton) gelagert, von denen einige durch Erdbeben zerstört wurden, was große Mengen an TPH in die Umwelt freisetzte. Die z.B. bei Peak Island noch heute auffindbaren Teere gehen (teilweise) auf diese alten Öl-Unfälle zurück.

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Exxon Valdez Tankerunfall

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ie I

Stoffliche Zusammensetzung von TPH aus natürlichen Quellen, i.e. submarine und terrigene Ölaustritte. Verwitterungsprodukte ausÖlaustritten, wie denen am Bering River aber qauch unverwittertensubmarinen wie bei Katalle sind nicht mit dem EVC assoziiert.

TPH Verteilungsmuster erlauben keine Quellenidentifizierung von Ölen/Teeren in Sedimenten des Prinz William Sund

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Exxon Valdez Tankerunfall

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Diagnostische Verhältniswerte aromatischer gegenüber thio-aromatischerMoleküle differenzieren EVC von: u lokale Ölförderung bei Cook Inlet,o Diesel raffiniert aus Ölen aus Nord-Alaska (ANS), X natürliche Ölaus-tritte bei Katalla/Cape Yakataa und, m Sedimenten, abgelagert vor dem

Exxon Valdez Unfall (lokale und kalifornische Komponentenverteilung)

o

o

6

1

2

3

4

5 7

8

9

10

S

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Exxon Valdez Tankerunfall

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Verwitterung, und Biodegradation verändert das Verhältnis der leichtengegenüber schweren Komponenten drastisch, wohingegen das Verhältnis deraromatischen zu thio-aromatischen Moleküle konstant bleibt, da dieseähnliche Dampfdrücke, Wasserlöslichkeit, UV-Resistenz und biologischeAbbaubarkeit, etc. aufweisen, was sie zu konservativen Indikatoren macht.

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Exxon Valdez Tankerunfall

C2-Ch/C2-Ph: Dimethyl/Ethyl-Chrysene zu –Phenanthrenen,reagiert auf den Dampfdruck,die Phenanthrene verdampfenvor den Chrysenen

AlkylN/TPAH: Alkylnaphthalinegegenüber Gesamtaromaten,reagiert auf Dampfdruck, Alkyl-napthaline verdampfen schnell

C2-Db/C2-Ph: Dimethyl/Ethyl-Dibenzothiophene gegenüber –Phenanthrenen, verleibt sehrkonservativ innerhalb eins 95%Konfidenzintervals

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Umwelt Analyse

Luftqualität

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Die Lufthygiene, das heißt die Gewährleistung schadstofffreier, saubere Atemluft, ist eine Thematik von allgemeinem Interesse, da wir alle die gleiche Luft einatmen und diese nicht (oder nur marginal) nach persönlichem Lebensstil oder Vermögen individuell gestaltet werden kann. Überwachung der Luftqualität ist damit ein anerkannte Aufgabe der entsprechenden staatlichen Überwachungs-/Regulierungsorgane. Es werden jedoch nur wenige Luftschadstoffe (meist Gase über IR-Detektion) permanent gemessen, für die meist viel schädlicheren partikulären oder fluiden Schadstoffe wie PAK ist die Gewinnung über Aktivsammler (Pumpen großer Luftvolumina über Adsorbensfilter) und anschließende Messung zu aufwändig und teuer. Messungen sind meist nicht repräsentativ, da Bedingungen zum Sammelzeitpunkt (z.B. Wind-richtung) zu variabel sind und die Anzahl der Messstation zu gering ist. Passivsammler, wie Oberfläche von Vegetation, z.B. lipophile Kutikular-wachse von Kiefernnadeln, binden permanent Luftschadstoffe, die von ihnen gewonnen und analysiert werden können. Dies liefert je nach dem Expositionsalter der Nadeln langfristige Durchschnittswerte der Luftqualität, die eine raumzeitliche Analyse und eine Quellendiagnose vor allem in urbanen Ballungsräumen erlauben. Im Großraum Köln existieren 3 wesentliche Emissionsquellen für Luftschadstoffe: Verkehr, Industrie und Braunkohle- Kraftwerke, die zu differenzieren sind.

Umwelt Analyse Luftqualität

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Chapter 8 – Case study – Air quality in the Cologne Conurbation

Ballungsraum Köln Luftschadstoffe

10 µm

Hohe Signale für Au resultieren aus Goldbedampfung der SEM Präparate.

Urbat et al. (2004)

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ie SEM-EDX Identifizierung von Partikeln auf Pinus-Nadeln

Gesamtauschnittvorwiegend minerogenerStaub (Si, Al, Ca).

Organisches Partikel (Pollen), Morphologie sowie Staub (Si, Al).

Schmelztröpchen(Spherulit) aus Silizium Verbrennung von Kohle

Schmelztröpchen(Spherulit) aus Eisen, bevorzugt Magnetit Verbrennung von Kohle

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Köln

Düren

Euskirchen

Bonn

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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ie

Ballungsraum Köln Gesamt-PAK-Belastung

Im Ballungsraum Köln treten die höchsten PAK-Beladungen auf Kiefernnadeln nicht in den urbanen Zentren auf, sondern abwindig der Großkraftwerke, in denen jährlich 80 Mio Tonnen Braunkohle verstromt werden.

Hellbraun: aktive Braunkohletagebaue

Dunkelbraun: alte Braunkohletagebaue

Schwarze Symbole: Kraftwerke mit Feuerung durch Braunkohle

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PAK Größenfraktionierung beim Lufttransport

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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Große PAK (PAH5) sinken neben Quelle zu Boden, kleine (PAH2) werden weiter verteilt.

weit

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sp

ort

weit

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mit

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kelt

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sp

ort

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PAK–Quellenindikatoren diverser Emissionen

9/1mP = 9/1-MethylphenanthrenCPcdP = Cyclopenteno(cd)pyren

CPP = Cyclopentenophenanthren Fluo / Py = Fluoranthen/Pyren

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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Verkeh

r

Verkeh

rK

raft

werk

Kraft

werk

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Dd13C

CuSb

K d13C

Cu

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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ie

Diverse Quellenindikatoren für Kraftverkehrsemission

Fossiler K

oh

len

sto

ff

mag

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arti

kel

Brem

sab

rie

b

Brem

sab

rie

b

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Sb

Ru

Pt

Pd

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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Katalysatorelemente und Sb aus Kraftverkehrsemission

Kata

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sab

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b

Kata

lysato

rK

ata

lysato

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Erdölgeologie

Molekulare MaturitätThermische Katagenese

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Organisches Material, wenn in höheren Konzentrationen (<2 Gew. %) in Sedimenten eingebettet, durchläuft nach de primären Ablagerung ein Kontinuum diagenetischer und katagenetischer Prozesse. Im Zuge der Diagenese werden Biomoleküle über Kondensations- und Polymeri-sationsprozesse in ein makromolekulares Geopolymer, das Kerogen, überführt. Ab einer Temperatur von ca. 50 bis 60°C werden aus diesem Geopolymer durch die Spaltung kovalenter Kohlenstoffbindungen leichte Kohlenwasserstoffe (Erdöl und Erdgas) wieder abgespalten. Diese Erdöl-genese durchläuft eine Katagenese-Phase, in der mit zunehmender Temperatur immer mehr Öl/Gas gebildet, ein Maximum erreicht wird und sodann die Geneseraten sinken, da das labile Kerogen abgebaut wurde und nur rekalzitrantes Anteil Kerogen verbleibt, welches letztlich graphitisiert. Das Temperaturinterval der Erdölgenese liegt zwischen 60 und 130°C, wobei am 100°C vorwiegend Gas gebildet wird. Um den Katagenesefortschritt eines Erdölmuttergesteins an einer Lokation zu erfassen und damit hier zu bestimmen und für benachbarte Bereiche zu prognostizieren, ob und in welche Tiefe sich Öl gebildet hat oder haben kann, wird mit der molekularen Veränderung spezifischer Moleküle, meist über deren Isomerisierung, am exaktesten vorgenommen. Daher ist Maturitätsanalyse über Bio/Geomarker zentral in der Ölgeochemie.

Maturitätsanalyse in der Erdölgenese

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Molekular Maturitäts-Parameter - Geomarker

Maturitätssequenz abgebildet durch Verteilungsmuster alkylierter Naphthalene. Im unreifen Zustand und vor der Genese von Erdöl dominiert das biologische 1,2,5-Isomer, welches mit zunehmender Katagenese in andere Isomere übergeht.

niedrige Maturität hohe Maturität

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

moderate Maturität

keine Ölgenese moderate Ölgenese Haupt-Ölgenese

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22S aus 22R-Isomere

Hopan-Diagenese bei zunehmender Temperatur. Isomerisierung in der Seitekette an C-22 generiert bei zunehmender Temperatur aus 22R die 22S Isomere bis ein Gleichgewicht von ca. 55-60 % 22S-Isomeren bei ca. 50°C erreicht ist, was den Beginn der Ölgenese (des Ölfensters) anzeigt.

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Molekular Maturitäts-Parameter - Geomarker

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Kapitel 2 – Molekulare Diagenese und Catagenese

Molekular Maturitäts-Parameter - Geomarker

Steran-Diagenese bei zunehmender Temperatur. Isomerisierung in der Seitekette an C-20 generiert bei zunehmender Temperatur aus 20R die 20S Isomere bis ein Gleichgewicht von ca. 50-60 % 22S-Isomeren bei ca. 70°C erreicht ist, was ein fortgeschrittenes Stadium der Ölgenese anzeigt.

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Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

Zusammenstellung einer Reihe von molekularen Maturitätsparametern gegenüber einer synthetischen Teufe und deren komplementären Maximaltemperatur (Tmax) bei simulierter Ölgenese. Molekulare Maturitätsindikatoren sind exakter aber stets nur für einen begrenzten Bereich der Temperatur/Teufenzunahme anwendbar. In Relation zur Teufe und zum potentiellen geothermischen Gradienten kann somit nur die Biomarkeranalyse tatsächlich erreichte Gesteinstemperaturen anzeigen.

45°C

aus simulierter Ölgenese.

60°C

90°C

A B

A: geothermischer Gradient 30/km

B: geothermischer Gradient 30/km 75°C

30°C

40°C

60°C

50°C

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ieMolecular Maturity Parameters - Korrelation

Various molecular thermal maturity ratios correlated

with bulk/total OM (non-molecular)

maturity indicators.

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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Molecular Evolution

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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AlgenevolutionPhylogenetische Klassi-fizierung terrestrischer und aquatischer photo-autotropher Organismen basierend auf klassisch, morphologischen Unter-scheidungsmerkmalen.Die hochdiverse Phylo-genie der aquatischen Organismen (6 Claden) kontrastiert merklich von der der terrestrischen, die von nur 2 Cladendominiert werden unter denen die Clade der Embryophyten mit >99% der gesamten speziesausmacht. Algen zeigen eine starke Habitat-

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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differenzierung, mit vorwiegend limnischen Vertretern bei den Cyanophycea, Xanthophycea, Euglenophyta, Characea, Synurophycea, und Chlorophycea, gegenüber marinen bei Dinophyta, Rhodophycea, Prasinophycea, Phaeophyceaund Ulvophycea sowie Habitat-Gleichverteilung unter den Bacillariophycea.

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Algenevolution – Paläozoische SteraneDiversifizierung der Algen im Paläozoikum läßt sich über Mikrofossilien alleinnicht verfolgen, da viele Arten keine überdauerungsfähigen Hartteile aufbauen. Steroide stellen Zellwandmembranbestandteile der Algen dar und ihre zeitlicheVariation gibt Auskunft über Diversifizierungstrends.

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Algenevolution – Paläozoische SteraneRelative Verteilung der C28/C29 Sterane zeigt Zunahme während kurzlebiger biotischer Events durch Massenauftreten von “Disaster Spezies”. Bleibender Anstieg des Ratios auf >0,55 tritt erst ab dem Hangenbergevent oder der D/K-Grenze auf und indiziert grundlegende Umstellung der Algenassoziation.

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Algenevolution – Mesozoische Diatomeen

Phylogenie basierend auf kompletter 18S-rDNA Sequenzierung der Diatomeen. Diatomeen nicht, positiv und negativ getestet auf HBI. Diatomeen von nur 2 phylogenetische Clustern entwickeln unabhängig die Fähigkeit, HBI zu synthetisieren.

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Algenevolution – Mesozoische Diatomeen

Relative Konzentration von HBI in Ölen (ppm) und Sedimenten (normalisiert auf Phytan) zeigt ein Erst-Auftreten bei 91.5 Ma.

Der rapide Anstieg der rhizoselenoiden Diatomeen wurde durch eine Umstellung des Nährstoffhaushalts im kretazischen Nord-Atlantik ausgelöst. Der Nordatlantik fungierte zu Beginn der Oberkreide als stark stratifizierte Nährstofffalle, die die Verfügbarkeit von Si sehr einschränkte.

Plattentektonische Prozesse der weiteren Öffnung und Vertiefung des Nordatlantik-Gateways zum Proto-Südatlantik lösten eine Nährstoffrevolution im Oberflächen-wasser des Atlantik aus, die eine rasche Entwicklung Si-testater Algen begünstigte.

Die Kalkulation “molekularer Uhren” ging für Diatomeen von 1% pro 18-26 Ma aus. Infolge der hervorragenden Datierung konnte für rhizoselenoide Diatomeen die Evolutionsrate pro 1% auf nur 12 Ma korrigiert werden.

Kapitel 2 – Definition und Anwendung Organische Geochemie

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