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Kapitel L:IV IV. Nichtklassische Logiken Fuzzy-Mengen Modifizierer für Fuzzy-Mengen Operationen auf Fuzzy-Mengen Fuzzy-Inferenz Defuzzifizierung L:IV-1 Nonclassical Logics © LETTMANN/STEIN 1998-2013

Kapitel L:IV - uni- · PDF fileFuzzy-Mengen Unscharfes Wissen Nach einem zweitägigen Marsch ohne Wasser durch die Wüste treffen Sie einen Beduinen, der ihnen zwei Flaschen mit

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  • Kapitel L:IV

    IV. Nichtklassische Logikenq Fuzzy-Mengenq Modifizierer fr Fuzzy-Mengenq Operationen auf Fuzzy-Mengenq Fuzzy-Inferenzq Defuzzifizierung

    L:IV-1 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenUnscharfes Wissen

    Nach einem zweitgigen Marsch ohne Wasser durch die Wste treffen Sie einenBeduinen, der ihnen zwei Flaschen mit Getrnken gibt zusammen mit folgenderInformation:

    q Flasche 1 enthlt mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein ungiftigesGetrnk, aber die Flasche knnte auch ein tdliches Gift enthalten.

    q Flasche 2 enthlt ein Getrnk, das mit dem Zugehrigkeitsgrad 10 vonmaximal 100 zu den tdlichen Giften gehrt.

    Frage: Aus welcher Flasche trinken Sie?

    Bei der Fuzzy-Theorie geht es nicht um Unwissenheit, sondern um Unschrfe,Vagheit und Ungenauigkeit.

    L:IV-2 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenUnscharfes Wissen (Fortsetzung)

    IF Gewicht ist hochTHEN Lebenserwartung ist gering

    Wann hat man ein hohes Gewicht? Umfrage:

    Aussage Gewicht 80kg Gewicht ist hoch1 ja ja2 ja ja3 ja nein4 ja ja5 ja ja6 ja nein7 ja ja

    IF Gewicht ist hochTHEN Lebensqualitt ist gering

    Die Lebensqualitt lsst sich nicht quantitativ messen.

    L:IV-3 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenUnscharfes Wissen (Fortsetzung)

    Imprzision:

    q Wissen besteht aus mehreren (przisen) Alternativen.

    q Beispiel: Herr Meier ist zwischen 20 und 30 Jahre alt.

    Unsicherheit (objektive Unschrfe):

    q Die Wahrheit einer Aussage ist nicht klar.

    q Sowohl przise als auch unprzise Aussagen knnen unsicher sein.

    q Beispiel: Paderborn liegt (exakt) 120m ber NN.

    Vagheit (subjektive Unschrfe):

    q Die Aussage ist eher qualitativ.

    q Beispiel: Das Bro E4.151 ist gro.

    L:IV-4 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Bemerkungen:

    q Eine Prmisse der Fuzzy-Theorie ist die Unvereinbarkeit hoher Komplexitt und hoherPrzision.

    q berall dort, wo eine Problemlsung Toleranzen in der Formulierung und Verarbeitungzulsst, knnen diese Toleranzen ausgenutzt werden, um eine weniger exakte unddennoch ausreichende Lsung zu erreichen.

    L:IV-5 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenUnscharfes Schlussfolgern

    q Regel. A B

    q Kontext C mit Interpretation. A B1 11 00 1

    q C mit Interpretation zu Zeitpunkten t. t A B1 1 12 1 13 0 14 1 05 1 16 0 17 1 18 0 19 1 1

    Die Regel A B gilt meistens.

    L:IV-6 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenUnscharfes Schlussfolgern (Fortsetzung)

    Anstze zur Verarbeitung von unscharfen Regeln:

    q MYCIN-Ansatz.Verarbeitung von unsicheren Ursache-Wirkungs-Beziehungen zur Diagnosemittels Konfidenzfaktoren.

    q Dempster-Shafer Theorie.Verarbeitung von Unwissenheit mittels Evidenzen.

    q Data-Mining.Bewertung von Regeln mittels Support und Confidence innerhalb einergegebenen Stichprobe.

    L:IV-7 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenGeschichte

    1920 Erste Fuzzy-Systeme, vorgeschlagen von Lukasiewicz.Beobachtung: Terme wie tall, old oder hot lassen sich nur schwer unterdem Aristotelischen Wahrheitsbegriff wahr oder falsch (0,1) fassen.

    20er Lukasiewicz erweitert das System der Logik auf alle reellen Zahlen in [0,1].Eine Zahl aus [0,1] beschreibt die Mglichkeit (Possibility), ob eine Aussagewahr oder falsch ist.

    >20er Forschungen fhrten zur (unscharfen) Schlussfolgerungstechnik derPossibilittstheorie.

    1965 Zadeh entwickelt die Possibilittstheorie zu einem formalen, logischenSystem. Insbesondere entstehen Konzepte zur Beschreibung undVerarbeitung von Ausdrcken der natrlichen Sprache.

    >80er Japanische Industrie greift die Fuzzy-Theorie auf und verwendet Konzepteund Methoden in zahlreichen industriellen Anwendungen.

    L:IV-8 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-Mengen (Fuzzy Sets)

    Die traditionelle Mengenlehre malt ein Schwarz-Wei-Bild von der Welt: einObjekt ist entweder in einer Menge oder nicht.

    Beispiel Alter:

    Sei age_is_young eine Menge, die aus jungen Menschen besteht. DenElementen in der Menge ist eine 1, den anderen eine 0 zugeordnet.

    Whlt man das Alter als Objektmerkmal, so muss ab einem bestimmten Alter dieJugend schlagartig aufhren.

    Ausweg Fuzzy-Menge:

    Graduierung der Mengenzugehrigkeit mittels einer Zugehrigkeitsfunktion .

    L:IV-9 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-Mengen

    Beispiel Alter ( (Fortsetzung)):scharfe Menge

    Fuzzy-Menge

    0.5

    1

    0age

    "young"

    "young"

    0 10 20

    q linguistische Variable: age

    q Grundbereich fr age: 1. . . 100

    q mgliche qualitative Ausprgung fr age: young

    q Fuzzy-Menge fr young: Angabe der Zugehrigkeit zu young

    L:IV-10 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-Mengen

    Definition 1 (Fuzzy-Menge, Zugehrigkeitsfunktion)Sei X ein Grundbereich (Diskursbereich, Universe of Discourse) mit Elementen x.Eine Fuzzy-Menge A von X ist beschrieben durch eine charakteristische Funktion(Zugehrigkeitsfunktion, Membership Function) A, die jedem Element x Xeinen Zugehrigkeitswert A(x) [0, 1] fr A zuordnet.

    A : X [0, 1]x 7 A(x)

    A(x) :

    Zugehrigkeitsgrad fr x in A

    L:IV-11 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-Mengen

    Definition 1 (Fuzzy-Menge, Zugehrigkeitsfunktion)Sei X ein Grundbereich (Diskursbereich, Universe of Discourse) mit Elementen x.Eine Fuzzy-Menge A von X ist beschrieben durch eine charakteristische Funktion(Zugehrigkeitsfunktion, Membership Function) A, die jedem Element x Xeinen Zugehrigkeitswert A(x) [0, 1] fr A zuordnet.

    A : X [0, 1]x 7 A(x)

    A(x) :

    Zugehrigkeitsgrad fr x in A

    Klassische Menge:

    Sei X ein Grundbereich mit Elementen x. Die Zugehrigkeit eines Elementesx X zur Menge A kann durch eine charakteristische Funktion A beschriebenwerden:

    A : X {0, 1} A(x) ={

    1, fr x A0, sonst

    L:IV-12 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Bemerkungen:

    q Fuzzy-Mengen sind Mglichkeitsverteilungen.

    q Der Grad der Zugehrigkeit zu einer zu einer Fuzzy-Menge darf nicht mit einerWahrscheinlichkeit verwechselt werden. Der quantitative Wert aus dem Grundbereich derlinguistischen Variablen ist fest.

    q Nur die Zuordnung ist nicht festgelegt, wie der quantitative Wert auf Werte derlinguistischen Variablen abbgebildet wird. Wenn beispielsweise von 100 Personen, derenAuffassung man nachbilden will, insgesamt 25 das Alter 17 fr jung halten, knnte man frdie Fuzzy-Menge young als Zugehrigkeitswert 0,25 whlen.

    L:IV-13 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-Mengen

    Beispiel: Raumtemperatur

    MembershipFunction

    1

    0

    C

    -10

    0

    10

    20

    30

    Cold

    Cool

    Warm

    Hot

    Bivalente Mengen zur Charakterisierung der Raumtemperatur

    MembershipFunction

    1

    0

    C

    -10

    0

    10

    20

    30

    Cold

    Cool

    Warm

    Hot

    Fuzzy-Mengen zur Charakterisierung der Raumtemperatur

    q linguistische Variable: temperature

    q Grundbereich: -10, . . . , 30

    q Qualitative Ausprgungen: cold, cool, warm, hot

    L:IV-14 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenKonstruktion

    Gegeben ein Konzept A, das als Fuzzy-Menge zu reprsentieren ist.

    Wie knnte eine Zugehrigkeitsfunktion A definiert werden?

    (1) Umfrage.

    Befragung von Experten nach ihrem Verstndnis bzgl. A mit nachfolgenderstatistischer Weiterverarbeitung (Glttung, Regression etc.).

    L:IV-15 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenKonstruktion (Fortsetzung)

    (2) Parametrischer Ansatz.

    (x; c1, p) = [1 + c1 |x x0|p]1 c1 > 0; p > 1

    Beispiel Menschenalter mit Grundbereich X = [0, 100]:

    0 50 75 100

    0.5

    1 jung

    Jahre

    (x)

    25

    (Alter = jung)(x) =

    1, falls 0 x 25[1 + (x255 )2]1, falls 25 < x 100L:IV-16 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenKonstruktion (Fortsetzung)

    (3) Vergrberung/Vereinfachung von Zwischenwerten durch lineare Interpolation.

    Beispiel Menschengre mit Grundbereich X = [150, 220]:

    Linguistische Variable

    Zugehrigkeits-werte

    height [cm]150 180170 200

    1

    0

    0.5

    short medium tall

    height

    Verschiedene Fuzzy-Mengen (hier: short, medium, tall) ber dem gleichenGrundbereich werden auch als Fuzzy-Untermengen bezeichnet.

    Ein Element des Grundbereichs kann Mitglied in mehreren Fuzzy-Mengen sein.

    L:IV-17 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenSchreibweise

    Sei X ein Grundbereich und A eine hierauf definierte Fuzzy-Menge mitZugehrigkeitsfunktion A(x).

    (1) Vektorschreibweise (bei einer diskreten und geordneten Menge).

    A = (a1, a2, . . . , an) mit ai = A(xi)

    Oft auch geschrieben als:

    A = (a1/x1, a2/x2, . . . , an/xn) mit ai = A(xi)

    Beispiel:

    tall = (0/170, 0.25/185, 0.5/190, 0.75/195, 1.0/200)

    L:IV-18 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenSchreibweise (Fortsetzung)

    Sei X ein Grundbereich und A eine hierauf definierte Fuzzy-Menge mitZugehrigkeitsfunktion A(x).

    (2) Zadehs Schreibweise.

    A = 1/x1 + 2/x2 + . . . + n/xn =

    ni=1

    A(xi)/xi

    Falls X eine unendliche Menge ist:

    A =

    X

    A(x)/x

    L:IV-19 Nonclassical Logics LETTMANN/STEIN 1998-2013

  • Fuzzy-MengenCharakterisierung

    Definition 2 (Charakterisierung einer Fuzzy-Meng