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Kardiovaskulare Eikosanoide Sven Fischer Kardiovaskulare Eikosanoide - Biosynthese, pharmakologische und nutritive Intervention sowie Analytik Abb. 1. Dihotiio-y-linolenc9ure (C23:3tu-h), Arachidonsiiure (CZO:.l(o-h) und Eikosn- pentaensiure (C2C:50-3). Mehrfach un- gesiittigte Fettsiurcn werden n~ch Anznhl ihrcr Kohlenrtoff3tonie und ihrer Doppcl- hindungen, die ini nllgenieinen cis-stiintiig und durch Meth! lcngruppen iintcrbru- chen sind, sowie dcr L~igc dcr letzten Dop- pclbindung vom hlcthylentic her he- nnn n t. 1 Eikosanoide und ihre Biosynthese Als Eikosanoide werden oxygenierte Deriva- te mehrfach ungesattigter Fettsauren mit einem Gerust aus 20 Kohlenstoffatomen bezeichnet. Hierzu gehoren Prostaglandine, Prostazykline, Thromboxane, Leukotriene, Lipoxine und H ydroxyfettsauren. Eikosanoi- de sind in ihrer Mehrzahl biologisch hoch- wirksam und werden fast ubiquitar in einem fur jede Zelle typischen Muster gebildet. Sie wirken lokal als Modulatoren des Zellgesche- hens und werden schnell zu einer Vielzahl in- aktiver Metaboliten abgebaut. Ihre wesent- liche Rolle bei zahlreichen physiologischen und pathophysiologischen Vorgangen irn Menschen ist durch biochemische, funktio- nelle und pharrnakologische Befunde sicher- gestellt. So sind Eikosanoide bei athero- thrombotischen und entzundlichen Prozes- sen sowie bei immunologisch-allergischen Reaktionen beteiligt. Ihre Entdeckung und Erforschung ist als grundlegende Erkenntnis mit dem Nobelpreis fur Physiologie oder Me- dizin des Jahres 1982 an die Forscher S. Berg- strom, B. Samuelsson und J. Vane gewiirdigt worden. Die drei natiirlich vorkommenden Eikosapo- lyensauren Dihomo-y-linolensaure, Arachi- donsaure und Eikosapentaensaure konnen als Substrate fur die Eikosanoid-Bildung dienen, wobei Arachidonsaure die am haufigsten vor- kommende Prakursorfettsaure bei Sauge- tieren ist (Abbildung 1). Arachidonsaure ist in 2-Stellung der Glycero- phospholipide der Zellmembran und auch in Triglyceriden verestert. Die Freisetzung der Arachidonsaure aus den Phospholipiden wird kontrolliert durch Phospholipasen A, oder die kornbinierte Aktion einer Phospholipase C und einer Diglyceridlipase. Durch Stimuli chemischer, rnechanischer und humoraler Art werden diese Phospholipasen aktiviert. Dieser Schritt bestimmt die Verfiigbarkeit der freien Arachidonsaure, die durch konkurrie- rende Enzyme, narnlich die Zyklooxygena- Phannazie in unserer Zeit / 16. Jabrg. 1987 / Nr. I 0 VCH Verlagsgesellschafi mbH, 0-6940 Weinheim, 1987 0048-3664/87/0101-000l $ 02.JO/O se (Prostaglandin-Endoperoxid-Synthetase) und spezifische Lipoxygenasen umgesetzt werden kann. Daneben findet aber auch eine Reacylierung der freigesetzten Arachidon- saure in die Phospholipide statt. Als zweite Quelle neben der stimulierten Freisetzung aus dem Membranpool wurde in neuester Zeit ein metabolischer Pool aus freier Prakur- sorfettsaure postuliert, der die normale endo- gene Synthese abdeckt. Der membrangebundene Enzymkomplex der Zyklooxygenase bildet unter Inkorporierung zweier Sauerstoffmolekiile am C-11 und C-15 der Arachidonsaure und Bildung eines Zyklopentanringes das Endoperoxid PGG,, das mittels einer Hydroperoxydase unter Re- duktion der 15-Hydroperoxygruppe und Freisetzung eines Sauerstoffradikals zum Endoperoxid PGH, umgewandelt wird. Zy- klooxygenase und Hydroperoxydase-Akti- vitaten lassen sich nicht trennen, und die Hydroperoxydase-Reaktion kann zur Uber- tragung von Sauerstoff auf reduzierende Ko- faktoren, also auch Pharmaka fuhren (Ko- oxygenierung). Bei der Zyklooxygenase sind eine positive und eine negative Ruckkopp- lung bekannt. Sie bestehen in einer Beschleu- nigung der Zyklooxygenaseaktivitat, sobald Endoperoxid PGG gebildet ist, und einer progressiven, selbstkatalysierten Inaktivie- rung durch Sauerstoffradikale, so dai3 ein Zy- klooxygenasernolekul nur eine begrenzte Menge an Endoperoxiden bilden kann. Die Endoperoxide sind biologisch hochaktive, in- stabile Substanzen mit Halbwertszeiten von 4-6 Minuten. Aus ihnen entstehen durch Iso- rnerasen bzw. eine Reduktase die klassischen Prostaglandine E, D und F, wobei die Enzy- me PGE,- und PGD,-Isomerase und PGF,,- Reduktase isoliert wurden. Durch Syntheta- sen wird das Endoperoxid PGH in die che- misch labilen Prostanoide Prostazyklin (PGI) und Thromboxan (TXA) umgewandelt, die keine Prostaglandinstruktur besitzen und nichtenzymatisch unter Hydrolyse in die sta- bilen Kataboliten 6-Keto-PGF,, und TXB, zer- fallen. Beide Synthasen sind gereinigt und als Cytochrom P 450-abhangig erkannt worden. 1

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Kardiovaskulare Eikosanoide

Sven Fischer Kardiovas kulare Eikosanoide - Biosynthese, pharmakologische und nutritive Intervention sowie Analytik

Abb. 1. Dihotiio-y-linolenc9ure (C23:3tu-h), Arachidonsiiure (CZO:.l(o-h) und Eikosn- pentaensiure (C2C:50-3). Mehrfach un- gesiittigte Fettsiurcn werden n ~ c h Anznhl ihrcr Kohlenrtoff3tonie und ihrer Doppcl- hindungen, die ini nllgenieinen cis-stiintiig u n d durch Meth! lcngruppen iintcrbru- chen sind, sowie dcr L~igc dcr letzten Dop- pclbindung vom hlcthylentic her he- n n n n t.

1 Eikosanoide und ihre Biosynthese

Als Eikosanoide werden oxygenierte Deriva- te mehrfach ungesattigter Fettsauren mit einem Gerust aus 20 Kohlenstoffatomen bezeichnet. Hierzu gehoren Prostaglandine, Prostazykline, Thromboxane, Leukotriene, Lipoxine und H ydroxyfettsauren. Eikosanoi- de sind in ihrer Mehrzahl biologisch hoch- wirksam und werden fast ubiquitar in einem fur jede Zelle typischen Muster gebildet. Sie wirken lokal als Modulatoren des Zellgesche- hens und werden schnell zu einer Vielzahl in- aktiver Metaboliten abgebaut. Ihre wesent- liche Rolle bei zahlreichen physiologischen und pathophysiologischen Vorgangen irn Menschen ist durch biochemische, funktio- nelle und pharrnakologische Befunde sicher- gestellt. So sind Eikosanoide bei athero- thrombotischen und entzundlichen Prozes- sen sowie bei immunologisch-allergischen Reaktionen beteiligt. Ihre Entdeckung und Erforschung ist als grundlegende Erkenntnis mit dem Nobelpreis fur Physiologie oder Me- dizin des Jahres 1982 an die Forscher S. Berg- strom, B. Samuelsson und J. Vane gewiirdigt worden.

Die drei natiirlich vorkommenden Eikosapo- lyensauren Dihomo-y-linolensaure, Arachi- donsaure und Eikosapentaensaure konnen als Substrate fur die Eikosanoid-Bildung dienen, wobei Arachidonsaure die am haufigsten vor- kommende Prakursorfettsaure bei Sauge- tieren ist (Abbildung 1) .

Arachidonsaure ist in 2-Stellung der Glycero- phospholipide der Zellmembran und auch in Triglyceriden verestert. Die Freisetzung der Arachidonsaure aus den Phospholipiden wird kontrolliert durch Phospholipasen A, oder die kornbinierte Aktion einer Phospholipase C und einer Diglyceridlipase. Durch Stimuli chemischer, rnechanischer und humoraler Art werden diese Phospholipasen aktiviert. Dieser Schritt bestimmt die Verfiigbarkeit der freien Arachidonsaure, die durch konkurrie- rende Enzyme, narnlich die Zyklooxygena-

Phannazie in unserer Zeit / 16. Jabrg. 1987 / Nr. I 0 VCH Verlagsgesellschafi mbH, 0-6940 Weinheim, 1987 0048-3664/87/0101-000l $ 02.JO/O

se (Prostaglandin-Endoperoxid-Synthetase) und spezifische Lipoxygenasen umgesetzt werden kann. Daneben findet aber auch eine Reacylierung der freigesetzten Arachidon- saure in die Phospholipide statt. Als zweite Quelle neben der stimulierten Freisetzung aus dem Membranpool wurde in neuester Zeit ein metabolischer Pool aus freier Prakur- sorfettsaure postuliert, der die normale endo- gene Synthese abdeckt.

Der membrangebundene Enzymkomplex der Zyklooxygenase bildet unter Inkorporierung zweier Sauerstoffmolekiile am C-11 und C-15 der Arachidonsaure und Bildung eines Zyklopentanringes das Endoperoxid PGG,, das mittels einer Hydroperoxydase unter Re- duktion der 15-Hydroperoxygruppe und Freisetzung eines Sauerstoffradikals zum Endoperoxid PGH, umgewandelt wird. Zy- klooxygenase und Hydroperoxydase-Akti- vitaten lassen sich nicht trennen, und die Hydroperoxydase-Reaktion kann zur Uber- tragung von Sauerstoff auf reduzierende Ko- faktoren, also auch Pharmaka fuhren (Ko- oxygenierung). Bei der Zyklooxygenase sind eine positive und eine negative Ruckkopp- lung bekannt. Sie bestehen in einer Beschleu- nigung der Zyklooxygenaseaktivitat, sobald Endoperoxid PGG gebildet ist, und einer progressiven, selbstkatalysierten Inaktivie- rung durch Sauerstoffradikale, so dai3 ein Zy- klooxygenasernolekul nur eine begrenzte Menge an Endoperoxiden bilden kann. Die Endoperoxide sind biologisch hochaktive, in- stabile Substanzen mit Halbwertszeiten von 4-6 Minuten. Aus ihnen entstehen durch Iso- rnerasen bzw. eine Reduktase die klassischen Prostaglandine E, D und F, wobei die Enzy- me PGE,- und PGD,-Isomerase und PGF,,- Reduktase isoliert wurden. Durch Syntheta- sen wird das Endoperoxid P G H in die che- misch labilen Prostanoide Prostazyklin (PGI) und Thromboxan (TXA) umgewandelt, die keine Prostaglandinstruktur besitzen und nichtenzymatisch unter Hydrolyse in die sta- bilen Kataboliten 6-Keto-PGF,, und TXB, zer- fallen. Beide Synthasen sind gereinigt und als Cytochrom P 450-abhangig erkannt worden.

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Kardiovaskulae Eikosanoide

Spezifische Lipoxygenasen greifen die Ara- chidonsaure bevorzugt in 5-, 12- oder 15- Stellung an und bilden unter Einfuhrung von molekularem Sauerstoff Hydroperoxyver- bindungen, die durch Hydroperoxidasen zu Hydroxyarachidonsauren reduziert werden. 5-HPETE” kann als Hauptprodukt von neu- trophilen Granulozyten enzymatisch zu 5-HETE’”, jedoch auch zu dem Epoxid Leu- kotrien A, umgewandelt werden, das mit Glutathion unter Einwirkung einer Trans- ferase zum Leukotrien C, reagiert oder en- zymatisch zum Leukotrien B, hydrolysiert wird. Abbildung 2 zeigt die sogenannte Eiko- sanoidkaskade.

Wahrend der PG-Synthetase-Komplex in der Mikrosomenfraktion lokalisiert wurde, fin- det der Metabolismus durch uberwiegend zy- tosolische Enzyme meist an der Stelle des Syntheseortes statt. Er fuhrt zunachst iiber die 1 5-Hydroxyprostaglandindehydrogenase und die 13, 14-Reduktase zu den zirkulieren- den inaktiven PG-Metaboliten beim Mensch- en. Diese Bildung der 15-Oxoderivate ist

“5-Hydroperoxy-eikosa-tetraensaure * ‘5-Hydroxy-eikosa-tetraensaure

der geschwindigkeitsbestimmende Schritt in der biologischen Inaktivierung. So werden die Prostaglandine E, und F,, zu 70 % durch eine Lungenpassage desaktiviert, wahrend PGI, in der Lunge nur in geringem AusmaR inaktiviert wird. Der nachfolgende Abbau uber die P-Oxidation und in geringerem MaRe die w-Oxidation fuhrt zu den entspre- chenden Metaboliten im Urin mit einem C,,-C,,-Kohlenstoffskelett. Als Hauptmeta- boliten des Prostazyklins und des Throm- boxans irn menschlichen Urin wurden 2,3- Dinor-6-keto-PGF,, und 2,3-Dinor-TXB2 festgesrellt. Diese Metaboliten spiegeln wohl die systemische Synthese wider, wahrend 6-Keto-PGF1, und TXB, im Urin renalen Ursprungs sein durften. Der Metabolismus von LTB, und dem Peptidoleukotrien LTC, ist zum Teil bekannt und noch Gegenstand intensiver Forschung.

a) Struktur und Nomenklatwr

Prostaglandine als oxygenierte Metaboliten hochungesattigter Fettsauren besitzen einen Zyklopentanring und leiten sich von der hy- pothetischen Prostansaure ab. In den beiden Seitenketten finden sich stets die Carboxyl- funktion in Stellung 1 sowie eine Hydroxyl-

gruppe in Position 15. Nach Lage der Sauer- stoff-Funktionen am Fiinfring ordnet man die Prostaglandine den Gruppen A bis F zu, wobei die Prostaglandine A bis C biologisch nicht vorkommen. Durch die Ziffern I ,2 und 3 wird die Anzahl der Doppelbindungen in den Seitenketten gekennzeichnet, die von dem Kohlenstoffatom 13 (transstandig), 5 (cis-standig) und 17 (cis-standig) ausgehen. Je nach Prakursor-Fettsaure und damit Anzahl der Doppelbindungen im Molekul wird ein Prostanoid der Einer-, Zweier- oder Dreier- serie zugeordnet (Abbildung 3).

Die instabilen Prostanoide Prostazyklin und Thromboxan weisen ein bizyklisches Skelett mit Vinylatherstruktur bzw. einen sauer- stoffiiberbriickten Oxanring auf. Sie lagern sich unter Wasseraufnahrne in biologisch inaktives 6-Keto-Prostaglandin F,, bzw. Thrornboxan B, um (Abbildung 4).

Die Urin-Hauptmetaboliten von Prostazy- klin und Thromboxan haben ein Skelett aus 18 Kohlenstoffatomen und werden als 2,3-

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Dinor-6-keto-PGFI, bzw. 2,3-Dinor-TXB2 bezeichnet (Abbildung 5).

Leukotriene werden je nach Anzahl der Dop- pelbindungen der Dreier-, Vierer- oder Fiinfer-Serie zugeordnet (Abbildung 6).

b) Geschichte der Entdeckung

Vor mehr als 50 Jahren entdeckten von Euler und Goldblatt unabhangig voneinander in der Samenfliissigkeit des Menschen einen neuen Faktor, der eine vasodepressive Wir- kung zeigte und die glatte Muskulatur erreg- te. Von Euler fand, daB die biologische Akti- vitat von einem fettloslichen Material mit Saureeigenschaft herriihrte, welches er provi- sorisch ,,Prostaglandin" nannte, da er seinen Ursprung in der Prostata vermutete. Wegen analytischer Probleme bei der Isolierung von Prostaglandinen - die Substanzen standen nur in geringster Menge zur Verfiigung und zum Nachweis gab es lediglich Bioassays - ruhte die Forschung lange Zeit.

1960 gelang ein entscheidender Durchbruch, als Bergstrom und Sjovall erstmals kristalli- nes PGE, und PGF,, aus Samenblasen von Schafen isolierten und innerhalb weniger Jah- re die Strukturen von 13 weiteren Prosta- glandinen aufgeklart wurden. Hierbei spiel- ten neue analytische Verfahren, besonders die Anwendung der Massenspektrometrie, eine grol3e Rolle.

Die Gruppen von Bergstrom und van Dorp zeigten gleichzeitig, daB Prostaglandine aus mehrfach ungesattigten Fettsauren, beson- ders der Arachidonsaure, biosynthetisiert werden. Weitere Arbeiten in Samuelssons Laboratorium mit dem Sauerstoffisotop "0 ergaben, da13 ein instabiles zyklisches Endo- peroxid als Zwischenprodukt auftritt, das schlieglich 1973 isoliert wurde.

1969 fanden Piper und Vane, daf3 in der

Abh. 3 . Nonienklatur tler Prostaglandine.

Ahb. 4. Prostaglandin I, und Thromboxan A, sowie ihre Zerfallsprodukte 6-Keto- prostaglandin und Thromboxan €3,.

Abb. 5. 2,3-Dinor-6-Keto-prostaglandin F,a und 2,3-Dinor-throniboxan B2.

Abb. 6. Leukotrien A,, Leukotrien B, und Leukotrien C,.

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Lunge von Meerschweinchen eine Substanz freigesetzt wird, welche die Kaninchenaorta kontrahiert. Die weitere Beschaftigung mit der Metabolisierung von Arachidonsaure in Thrombozyten fiihrte Hamberg und Sa- muelsson 1974 zur lsolierung dieser instabi- len Substanz mit einem Oxanring, die sie Thromboxan nannten.

1971 wurde die Entdeckung gemacht, dafi Acetylsalicylsaure (Aspirin) die Prostaglan- dinsynthese hemmt, was die pharmakologi- sche Beeinflussung des Prostaglandinsystems erlaubt.

1976 fanden Moncada und Vane, dai3 Arte- rienwande Endoperoxide in eine Substanz iiberfiihren, welche die Thrombozytenaggre- gation hemmt und zu einer Entspannung der

glatten Muskulatur fiihrt. Diese im sauren Medium instabile Substanz mit einem zykli- schen Vinylather wurde in vereinten Arbeiten der Wellcome Research Laboratories und der Upjohn Company in ihrer Struktur auf- geklart und als Prostazyklin bezeichnet.

Studien des Arachidonsauremetabolismus durch neutrophile Granulozyten fiihrten zur Entdeckung von Produkten der 5-Lipoxyge- nase mit drei konjugierten Doppelbindun- gen, die Leukotriene genannt wurden und chemotaktisch aktiv sind. Hierbei spielten der Gebrauch der HPLC und die UV- Absorption der Leukotriene bei 280 nm eine entscheidende Rolle. ,,Slow reacting substan- ce of anaphylaxis" (SRSA) war seit Ende der 30er Jahre bekannt, ihre Struktur als ein Ge- misch aus Peptidoleukotrienen mit 3 kon-

jugierten Doppelbindungen und einem Glu- tathionrest wurde erst Ende der 70er Jahre ge- sichert. Wesentlich hierfiir waren mikroana- lytische Methoden mit I4C-markierter Ara- chidonsaure und chemische Umsetzungen, welche die Existenz eines Schwefelatoms be- wiesen. In neuester Zeit wurden zusatzlich zu diesen 5-Lipoxygenase-Produkten Meta- boliten der 15-Lipoxygenase mit einer Trihy- droxytetraenstruktur, die von menschlichen Leukozyten gebildet werden und biologisch aktiv sind, entdeckr. Die physiologische Be- deutung dieser sogenannten Lipoxine ist noch unbekannt.

Wahrend bis etwa 1970 Eikosanoide nur iiber die Extraktion biosynthetisierten Materials erhaltlich waren, bestehen inzwischen ele- gante chemische Totalsynthesen, die dem Un- tersucher authentische Verbindungen zur Verfiigung stellen.

2 Eikosanoide und das kardio- vaskulare System

In den Endothelzellen der BlutgefaBe wird Arachidonsaure hauptsachlich zu PGI, um- gesetzt, einem Vasodilatator, der die Throm- bozytenaktivierung inhibiert. PGI, verhin- dert den Gestaltwechsel der Thrombozyten und vermindert die Plattchenadhasion. Es ist 30-40 ma1 wirksamer als PGE, und kann Thromben wieder auflosen.

Thrombozyten hingegen metabolisieren Ara- chidonsaure unter anderem zu TXA,, einem starken Vasokonstriktor und Verursacher der Plattchenaggregation. Wenn Plattchen und Blutgefafie interagieren, kann Arachidon- saure oder PGG,, das von den Plattchen frei- gesetzt wird, vom Endothel zur Produktion von PGI, benutzt werden. Die physiologi- schen Effekte von PGI, und TXA, werden iiber spezifische Rezeptoren durch Stimulie- rung bzw. Inhibierung der Adenylatzyklase mediiert, welche die intrazellularen Spiegel von zyklischem AMP ansteigen bzw. abfallen 1ai3t und so die Ca2+-Konzentrationen regu- liert. PGI, hielt man fruher fur ein zirkulie- rendes Hormon. Unter physiologischen Be-

Abb. 7. Intelaktioncn \ o n T h r o m b o u n A? der Tliromboi! ten und I'ro\t;lglanclin I, dcr ~ c f S l \ u a n d (aus l 'ebcr et 31. 1979).

Abb. S. Einige hliiglichkeiten der pharma- kolog i sc h e n Ikci n f l iiss LI ng cles E i kosa n oid- s\ stcn1s.

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dingungen ist die Sekretion von PGI, jedoch sehr niedrig, und die Plasmaspiegel liegen bei 5 pg/ml.

Moncada und Vane schlugen vor, dafl das Gleichgewicht zwischen PG1,-Synthese durch das Endothel und TXAi-Synthese durch Thrombozyten die vaskulare Integritat aufrecht erhalt. Auch in der normalen Hamo- stase und der Antwort aktivierter Plattchen auf eine Verletzung sol1 das Gleichgewicht zwischen PGI, und TXA, eine Rolle spielen. Obwohl durch einige Arbeitsgruppen uber- betont und in letzter Zeit in Zweifel gezogen, hat dieses Paradigma Grundlagenforschung und klinische Forschung stark stimuliert (Ab- bildung 7 ) .

Produkte des Lipoxygenaseweges und beson- ders Hydroperoxysauren spielen eine regula- torische Rolle bei der PG1,-Synthese. Hohe Spiegel an Lipidperoxiden oder LDL und atherosklerotische Lasionen verhindern in vi- tro die PG1,-Produktion. Die Prostazyklin/ Thromboxan-Synthese durch vaskulares Ge- webe und Plattchen kann durch Krankheit verandert sein. Atherosklerotische Bezirke des Gefafles zeigen eine Verminderung der PG1,-Synthesekapazitat, vielleicht durch In- hibierung der Zyklooxygenase durch Lipidperoxide. Wenn jedoch die Plattchenak- tivierung erhoht ist, wie bei Patienten mir pe- ripherer Atherosklerose, ist die PG1,-Pro- duktion auch erhoht. Die PG1,-Synthese kann durch Inhibierung der Zyklooxygenase durch die eigenen Aktivierungsprodukte erschopft werden.

Vielen Risikofaktoren der Atherosklerose ist ein Ungleichgewicht zwischen PG1,- und TXA2-Bildung gemeinsam. Die Plattchen- aggregation ist bei chronischen Rauchern erhoht. Bei essentieller Hypertonie ist die Bil- dung von vasodilatatorischem PGE, und PGI, reduziert, und hypercholesterinamische Patienten haben erhohte Plattchenaggrega- tion und gesteigerte Thromboxanbildung. LDL kann sogar die Hemmung der Throm- bozytenaggregation durch PGI, uberwinden. Wahrend LDL die endotheliale PG1,-Syn- these hemmt, wird sie durch H D L stimuliert, und Thrombozyten von Diabetikern mit und ohne Angiopathie setzen auf verschiedene Stimuli vermehrt TXA, frei.

Innerhalb der Lumina und Gefal3wande der Blutgefafle befinden sich auch Neutrophile, Makrophagen und Mastzellen, die alle Lip- oxygenasen enthalten, die biologisch aktive

Mono- und Dihydroxyfettsauren und Leuko- triene synthetisieren. Die Rolle der Leuko- triene im kardiovaskularen System des Men- schen ist Gegenstand intensiver Forschung und noch weitgehend ungeklart.

3 Beeinflussung der kardio- vaskularen Eikosanoid- bildung

a) Pbarmakologiscbe Intervention

Der pharmakologische Eingriff in das kardio- vaskulare Eikosanoidsystem des Menschen ist als therapeutische Strategie von groflem Interesse. Es eroffnen sich Moglichkeiten, die Synthese bestimmter Eikosanoide zu hem- men oder zu stimulieren und ihre Wirkungen auf Rezeptoren zu imitieren oder zu blockie- ren. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wie zum Beispiel der Offenhaltung des Ductus arteriosus mit PGE, haben die Prostanoide selbst auf Grund ihrer Nebenwirkungen und ihrer schnellen Desaktivierung keine grofle therapeutische Bedeutung erlangt.

Inhibitoren der Eikosanoidbiosynthese kon- nen an verschiedenen Stellen in die Arachi- donsaurekaskade eingreifen, so durch Hem- mung der Phospholipase A,, durch Hem- mung der Zyklooxygenase sowie durch Hemmung der PGH-metabolisierenden En- zyme und schliel3lich der Lipoxygenasen (Abbildung 8).

Glucocorticoide wie Dexamethason (1) inhi-

Ck20H I

1 0

bieren die Eikosanoidbiosynthese zumindest in vitro durch Verhinderung der Freisetzung von Arachidonsaure aus den Phospholipiden. Sie induzieren die Synthese eines Proteininhi- bitors der Phospholipase A, und inhibieren so die Bildung von Produkten der Zyklooxy- genase und Lipoxygenase.

Mit der Entdeckung der Inhibierung der Zy- klooxygenase durch nichtsteroidale antiin- flammatorische Pharmaka (NSAIDs) wie Acetylsalicylsaure (Aspirin) ( 2 ) und Indome- tacin (3) im Jahre 1971 begann das Interesse an den Prostaglandinen schlagartig zu stei-

qOOH

cY0-:-cH3 n L

3

gen. Die Hemmung der Prostanoidsynthese durch Blockade der Zyklooxygenase wird allgemein als entscheidender Wirkmechanis- mus der nichtsteroidalen antiinflammatori- schen Pharmaka angesehen. Im kardiovas- kularen Bereich befinden sich Thrombozy- tenaggregationshemmer wie Acetylsalicyl- saure (4, welche die Zyklooxygenase und da- mit die Prostanoidsynthese der Blutplattchen auf deren Lebenszeit irreversibel hemmt, seit Jahren in klinischer Erprobung. Neuere Er- kenntnisse uber die Wirkung von niedrig do- sierter Acetylsalicylsaure (2) auf die Throm- boxan- bzw. Prostazyklinbildung im Throm- bozyten und der Endothelzelle zwingen zu einer Reinterpretation der Studien und haben das Konzept des ,,low dose"-Aspirin aufkom- men lassen.

Eine Inhibierung der Prostazyklinsynthetase wird mittels des Lipoxygenaseproduktes 15- HPETE (4) erreicht. Spezifische Inhibierung

COOH

der Thromboxansynthetase in Thrombozy- ten als antithrombotische Strategie und Redi- rektion der Endoperoxide gelang mit Hilfe von Imidazolderivaten wie Dazmegrel (5).

i COOH 5

Bei diesem Vorgehen wird jedoch die Bildung von Endoperoxiden, die ebenfalls aggregato- risch auf Thrombozyten wirken, nicht ver- hindert, und eine langanhaltende Stimulie-

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rung der endogenen Prostazyklinsynthese liefl sich nicht feststellen (Abbildung 9).

Daneben befinden sich selektive Thrombo- xan-Rezeptorblocker wie BM 13.177 (6) in

der Erprobung, die als zusatzliche Wirkung die Plattchenaggregation durch Endoper- oxide verhindern und somit eine vielverspre- chende Strategie darstellen.

Hochspezifische Inhibitoren der Lipoxyge- nasewege sind bisher unbekannt. 5,8,11,14- Eikosatetrainsaure (5,8,11,14-ETYA) (7) in-

blockiert sowohl die 12-Lipoxygenase und Zyklooxygenase von Thrombozyten als auch die 5-Lipoxygenase von Leukozyten. Nordihydroguaiaretsaure (NDHGA) (9) in-

H O OH 9

hibiert die 12-Lipoxygenase in niedrigeren Dosen als die Zyklooxygenase.

Eine Blockierung der Leukotrienbildung ist bei allergischen und inflammatorischen Er- krankungen von groflem therapeutischen Interesse und Gegenstand intensiver For- schung. Sie kann am Anfang des Biosynthese- weges der Leukotriene durch Inhibierung der

hibiert sowohl Lipoxygenase als auch Zyklooxygenase mit ahnlichen IC,,-Werten. Das Aminopyrazolinderivat BW 755c (8)

5-Lipoxygenase erfolgen, aber auch im weite- ren Verlauf durch Inhibierung der Gluta- thiontransferase und damit der Bildung der Peptidoleukotriene. Blocker des 5-Lipoxyge- naseweges wie Kaffeesaure (10) und das Di-

sulfid (11) wurden in vitro angewandt und

6 5 - 4 3 1 1

sind in groflerer Anzahl bekannt. Eine erste in vivo Anwendung von Nafazatrom (12), das

12

die Leukotrien B,-Bildung von stimulierten neutrophilen Granulozyten erniedrigt, wur- de kurzlich berichtet. Auch auf dem Gebiet der Rezeptorantagonisten von Leukotrienen wird intensiv gearbeitet.

Synthetische Prostaglandinmimetika wie das Prostazyklinanalogon Carbazyklin (13) und

13 , OH OH

Abb. 9. Wirkungcweix des l'hi-omboxan- synthax-€ 1eninict.s Dazmegrel und Redi- rektion de5 Endoperoxids PGHz in Throm- bozyten.

Ahb. 1G. Dcsnturierung utid Elongation Jer 0-6- u n d dcr w-j-hochunges3ttigtcn Fettsauren. Die Eikosanoid-Prakursor- Fcttsiiuren sintl cingernhmt (nach C r a w ford 19x3) .

6 Pharrnazie in unserer Zeit / 16. Jahrg. 1987 / Nu. 1

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das PGE,-Analogon Rioprostil (14) rnit

HO OH 14

verlangerter Wirkungsdauer und geringeren Nebenwirkungen sind in grol3er Anzahl be- kannt und befinden sich zum Teil im Ein- satz.

b) Nutritive Intervention

Neben der pharmakologischen Beeinflus- sung der Eikosanoidbildung im kardiovas- kularen System des Menschen hat in den letz- ten Jahren die nutritive Intervention rasch wachsendes Interesse gefunden. Moglich- keiten hierzu bietet die gezielte Zufuhr voti Prakursor-Fettsauren der Eikosanoide. Prakursoren der Eikosanoidbiosynthese ge- horen zwei Reihen von ungesattigten Fett- sauren an, die von der Linolsaure (C18 : 20-6) und der a-Linolensaure (C18 : 30-3) ihren Ausgang nehmen. Durch enzymatische De- saturierung und Elongation werden so die drei Prakursorfettsauren fur die Eikosanoid- Biosynthese gebildet, wobei die A6-Desatu- rierung der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist (Abbildung 10).

Die Bezeichnungen 0-6 und w-3 charakteri- sieren metabolisch streng getrennte Fettsau- refamilien, die im Stoffwechsel des Menschen und der Tiere nicht ineinander umgewandelt werden und auch funktionell verschieden

sind. a-3-hochungesattigte Fettsauren wer- den im Phytoplankton gebildet und im Meer in der Nahrungskette angereichert. Sie finden sich in hohen Konzentrationen in den Kalt- wasserfischen.

Diatetische Linolsaure wird nur langsam zu Arachidonsaure elongiert und desaturiert, und eine Abnahrne der TXA,-Bildung IaBt sich feststellen. Gleichzeitig kommt es je- doch zu einer Verminderung der endothelia- len PG1,-Bildung. Dihomo-y-linolensaure kommt in den meisten naturlichen Quellen nur in geringer Menge vor. Aufgrund der Bil- dung von antiaggregatorischem PGE, und der geringen biologischen Aktivitat von TXA, wurden nutritive Versuche unternoni- men. Antithrombotische Wirkungen liei3en sich in einer jungst durchgefuhrten klini- schen Studie jedoch nicht feststellen. Arachi- donsaure, die normalerweise mit der Nah- rung nur in geringen Mengen eingenommen wird, fuhrt zu erhohter Thrombozytenaggre- gation und TXA,-Bildung. a-Linolensaure wird wegen des hohen Anteils der ,,westli- chen" Ernahrung an Linolsaure und der Kompetition dieser beiden Fettsauren um de- saturierende und elongierende Enzyme nur sehr langsam in Eikosapentaensaure umge- wandelt.

Ein wesentlicher neuer Impuls zur nutritiven Beeinflussung des Eikosanoidsystems ging von epidemiologischen Befunden an Eskimos und auch japanischen Kustenbewohnern aus. Bei diesen Gruppen ist die geringe Inzidenz kardiovaskularer Erkrankungen besonders auffallend. Ihre Nahrung maritimen Ur- sprungs ist reich an den w-3-hochungesattig- ten Fettsauren Eikosapentaensaure und Do- kosahexaensaure (Abbildung 11). Diese Fett- sauren sind in den Phospholipiden von Plas- ma und Blutzellen auf Kosten der Arachidonsaure und der Linolsaure angerei- chert. Gleichzeitig werden verlangerte Blut- ungszeit und verminderte Plattchenaggrega- tion beobachtet.

In der Folge wurden diatetische Studien an gesunden Probanden mit Seefisch und Fisch- olen, reich an Eikosapentaensaure und Doko- sahexaensaure, durchgefuhrt. Diese Studien zeigten, daR w-3-hochungesattigte Fettsauren in die Phospholipide von Plasma, Thrombo-

Abb. 11. Strukturforiiieln voii Eiltosnpen- tnensiure (C23:5to-3) und Dokosnhexaeii- S ~ U I Y (C22:ht0-3).

zyten und roten Blutzellen reversibel auf Ko- sten der w-6-hochungesattigten Fettsauren eingebaut werden. Auch die Plasmaspiegel an Triglyceriden nahmen signifikant ab. Gleich- zeitig wurde beobachtet, dai3 die Bildung von TXA, bei Stimulierung der Thrombozyten zuruckging und gunstige funktionelle Effek- te wie verminderte Plattchenaggregation, ver- Iangerte Blutungszeit und abgeschwachte Blutdruckantwort auf Pressorhormone auf- traten.

Diese beobachteten gunstigen Effekte lieBen die Bildung von Prostanoiden der 3er-Serie nach Einnahme von w-3-hochungesattigten Fettsauren als moglich erscheinen. In vitro Versuche hatten ergeben, daB PGI, und PGI, wirkungsgleich sind, wahrend TXA, im Ge- gensatz zu TXA, auf Thrombozyten nicht oder nur schwach aggregatorisch wirkt. Auch LTB, ist im Vergleich zu LTB, nur schwach chemotaktisch und proinflammatorisch wirksam (Tabelle 1).

O b jedoch diese Eikosanoide rnit einer zusatzlichen Doppelbindung am C-17 des Molekuls in der Tat in erheblichen Mengen beim Menschen nach diatetischen ~ - 3 - h o c h - ungesattigten Fettsauren gebildet werden, war nicht geklart. Versuche mit gereinigter Zyklooxygenase und Eikosapentaensaure bzw. Arachidonsaure als Substraten hatten vielmehr nahegelegt, dai3 ein hoher Peroxid- Tonus, wie er in vivo beirn Menschen kaum vorkommt, zur Bildung von Prostanoiden der Dreierserie notig ist. Futterungsversuche an Ratten rnit Eikosapentaensaure hatten eben- falls negative Resultate gezeigt (Abbildung 12).

In jungster Zeit wurde erstmals die Bildung von Prostazyklin und Thromboxan der Dreierserie und Leukotrien B der Ser-Serie mit einem gunstigen Wirkprofil aus nutritiv zugefiihrter Eikosapentaensaure beim Men- schen nachgewiesen. Gleichzeitig ist die Syn- these von proaggregatorischem TXA, ver- mindert, wahrend die Bildung von vasodila- tatorischem PGI, unverandert oder sogar erhoht ist. Dieses vorteilhafte Eikosanoidpro- fil sowie das Absinken der Triglyceride im Plasma konnte das antithrombotische Poten- tial w-3-hochungesattigter Fettsauren zurn Teil erklaren. Auch wurde erkannt, daR nutri- tive Dokosahexaensaure, die selbst kein Sub- strat fur die Zyklooxygenase ist, im Mensch- en zu Eikosapentaensaure retrokonvertiert und in vasodilatatorisches PGI, umgewandelt werden kann.

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Kczrdiovaskulare Eikosanoide

Taabcllc 1. Uiitet 4chiedliche physiologische Eigencchaften dcr von ArnchidonsSurc iind € ikcwpentacnsriurc abgeleiteten Eikosanoide.

C20:4W-6 ~

C20:5~-3

Thrombozyt TXA, TXA,

Endothel

proaggregatorisch nicht proaggregatorisch vasokonstriktorisch schwach vasokonstriktorisch

PGI, PGI,

antiaggregatorisch antiaggregatorisch vasodilatatorisch vasodilatatorisch

Neutrophiler LTB, LTB,

~~ ~ ~ ~ ~

Diese funktionellen und biochemischen Re- sultate am Menschen sowie tierexperimentel- le Studien haben weites Interesse an der Aus- wirkung o-3-hochungesattigter Fettsauren auf Patienten rnit Krankheiten hervorgerufen, bei denen Eikosanoide atiologisch eine Rolle spielen. Klinische Studien an Patienten mit koronarer Herzerkrankung, chronischer Polyarthritis, IgA-Nephritis, chronischer Niereninsuffizienz und Hypertriglycerid- amie sowie epiderniologische Untersuchun- gen iiber den Fischkonsum und die Inzidenz atherothrornbotischer Erkrankungen in einer hollandischen Stadt erbrachten augerst ermu- tigende Ergebnisse.

stark chemotakrisch schwach chernotaktisch

4 Analytik der kardio- vaskularen Eikosanoide

a) Probleme der Analytik

Die Messung der Eikosanoid-Bildung im kar- diovaskularen System des Menschen stellt den Analytiker vor Aufgaben mit mannigfal- tiger Problematik, zurnal wenn niedrige en- dogene Spiegel bestimmt werden sollen. Feh- lerhafte analytische Methodik invalidisiert daher einen betrachtlichen Teil der publizier- ten Literatur. So wurde iiber Jahre hinweg PGA,, das bei der Aufarbeitung einer Probe im sauren Milieu aus PGE, als Artefakt ent- stehen kann, als biologisch relevantes Pro-

staglandin gernessen. Auch wurden die Plas- maspiegel von 6-Keto-PGF,, beim Menschen in zahlreichen Publikationen urn den Faktor 10-100 zu hoch angegeben. Ebenso ist die Konsistenz von Daten, die in verschiedenen Laboratorien erhoben wurden, oft mangel- haft, und nur wenige Vergleiche sind bisher in der Literatur aufgefuhrt.

Man kennt inzwischen etwa 60-80 verschie- dene Metaboliten der einzelnen Eikosanoide, die sich durch Kettenlange, Ringstruktur und Anzahl der funktionellen Gruppen wie Hy- droxyl- und Ketogruppen und Doppelbin- dungen unterscheiden. Allen gemeinsarn ist iedoch die saure Carboxylgruppe. Diese Me- taboliten ahneln sich in ihren physikalisch- chemischen Eigenschaften oft sehr und sind nur schwierig voneinander durch Extrak- tionsschritte und chromatographische Ver- fahren abzutrennen. Auch konnen einige Me- taboliten bei Anderung des pH-Wertes ihre molekulare Konfiguration verandern, wie etwa der Urin-Hauptmetabolit des Prosta- zyklins, der irn sauren Milieu ein y-Lakton bildet (Abbildung 13).

Die zu messenden Metaboliten kornmen in der biologischen Matrix meist nur in Spuren vor, die gegeniiber einem vieltausendfachen Uberschui3 anderer Lipide angereichert wer- den miissen. Von der Vielzahl der rnoglichen Metaboliten eines bestimrnten Eikosanoids sollte ein reprasentativer Metabolit gemessen werden, der einen grogen Pool und geringes ,,turnover" besitzt. Auch ist es angebracht, die Spiegel eines Eikosanoids in ihrem Verlauf zu messen und sich nicht mit der Analyse einzel- ner Werte zu begnugen, die mit hohen Fehler- quoten belastet sein konnen. Da sich die Syn- theseraten der Eikosanoide oft gegenlaufig verhalten, sollte man moglichst das gesamte Spektrum in einer biologischen Probe rnes- sen, eine ,,profiling" genannte Technik.

6) Wo wird gemessen ?

Die Bildung von Eikosanoiden im kardiovas- kularen System des Menschen 1aRt sich im Blutplasrna und Blutserum, an isolierten

Abb. 12. Werdcn beim Menschen Eikosa- noide auch aus Eikosapentacnsiiure gcbil- det'

Abb. 13. ?,3-Dinor-6-liet0-PC;F,~ in den voni PI+ abhingigcn Formen als freie S u r e und nls y-Lakton.

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Kardiovaskulare Eikosanoide

Blutzellen wie Thrombozyten, Neutrophilen und Monozyten, an vaskularen Explantaten sowie im Urin messen.

Die Analyse von primaren Prostaglandinen wie F,, und E, im Plasma ist problematisch, da diese schnell metabolisiert werden und mithin nur augerst niedrige zirkulierende Konzentrationen auftreten. Die Messung der 13,14-Dihydro-l5-keto-Metaboliten, die Halbwertszeiten von etwa 8 Minuten besit- Zen, konnte hier einen Ausweg zeigen. Auch 6-Keto-PGF,, und TXB, haben im Plasma sehr niedrige zirkulierende Spiegel im unter- en pg/ml-Bereich und werden rasch in pola- rere Metaboliten mit langeren Halbwertszei- ten umgewandelt. Die Suche nach solchen In- dexrnetaboliten fur Prostazyklin und Throm- boxan im Plasma ist im Gange. Auch sind die in situ-Konzentrationen von primaren Pro- stanoiden im Plasma wegen der Bildung von Artefakten bei der Probennahme und Lage- rung schwierig zu bestimmen. Durch Rei- zung des Endothels oder Stimulierung der Thrombozyten wahrend der Blutentnahme konnen leicht artifiziell hohe Spiegel entste- hen.

Bei Messung von Eikosanoiden im Serum ist zu beachten, daB bei Inkubation von Vollblut die ablaufende Gerinnung die Thrombozyten maximal stimuliert. Die Spiegel im Blutse- rum geben somit nicht die physiologischen Konzentrationen, sondern die Kapazitat der Zellen zur Eikosanoidsynthese wieder. So be- laufen sich die Spiegel an TXB, im Serum auf etwa 250 ng/ml.

Die Messung an isolierten Blutzellen s t e h einen weiteren Weg der Bestimmung von kardiovaskularen Eikosanoiden dar. In plattchenreichem Plasma oder an isolierten Thrombozyten lassen sich durch physiologi- sche Stimuli wie Kollagen oder Thrombin Aggregationsmessungen durchfiihren und die Bildung von Thromboxan bestimmen. Auch die Bildung von Leukotrienen aus isolierten menschlichen Neutrophilen nach Stimulierung mit Calciumionophor oder FMLP" lagt sich auf diese Weise analysieren. Ebenso sind isolierte Monozyten zur Synthe- se von Eikosanoiden befahigt.

Auch Gefagexplantate konnen in vitro stimu- liert, und die Bildung von Prostazyklin kann

"Formyl-~-methionyl-~-leucyl-~-phenylala- nin

messend verfolgt werden. Hierbei ist zu be- achten, daB auch bei Geweben die in-situ- Spiegel an primaren Prostanoiden schwierig zu ermitteln sind, da durch mechanische Traumata wie 2.B. das Homogenisieren im Puffer die Eikosanoidsynthese stimuliert und somit nur die Synthese-Kapazitat des Gewe- bes ermittelt wird. Dies laRt sich umgehen durch Blockieren der enzymatischen Akti- vitat etwa durch sofortiges Tiefgefrieren mit- tels flussigen Stickstoffs, durch Bestrahlen rnit Mikrowellen oder durch Homogenisie- ren des Gewebes in organischen Solventien.

Die Analyse des Hauptmetaboliten eines primaren Prostanoids im WStunden-Urin gibt ein Integral uber dessen endogene Pro- duktion wieder, wobei Schwankungen kurze- rer Zeit nicht beriicksichtigt werden. Die Urinhauptmetaboliten etwa von Thrombo- xan oder Prostazyklin sind durch Infusions- studien mit den radioaktiv markierten Prostanoiden festgelegt worden. Die Mes- sung des Urin-Hauptmetaboliten eines Eiko- sanoids gibt daher wertvolle Hinweise auf sei- ne in-vivo-Synthese unter physiologischen oder pathophysiologischen Bedingungen so- wie bei pharmakologischer oder nutritiver Intervention.

c) Vergleich Bioassay - RIA - Kombinierte GCIMS

Fur die Analyse von Eikosanoiden in biologi- schen Proben haben sich vor allem drei Tech- niken bewahrt, die alleine oder in Kombina- tion miteinander jeweils die bestmoglichen Ergebnisse liefern, namlich Bioassay, Radio- immunoassay und die kombinierte Gaschro- matographie-Massenspektrometrie.

Beim Bioassay werden biologische Antwor- ten gemessen, und es konnen biologisch akti- ve Prinzipien entdeckt werden, bevor sie in ihrer molekularen Struktur bekannt sind. Kurzlebige Verbindungen in zirkulierendem Blut oder im Perfusat isolierter Organe wur- den auf diese Weise identifiziert. Besonders die Entdeckung der Endoperoxide und des Thrornboxans (rabbit aorta contracting sub- stance, RACS) sowie des Prostazyklins ware ohne den Bioassay kaum denkbar. Der Bioas- say 1aBt sich auch zur Quantifizierung von Verbindungen heranziehen, und synthetische Analoga konnen mit den naturlichen Eikosa- noiden in ihrer Potenz verglichen werden.

Seine Spezifitat wurde durch die sogenannte Kaskadentechnik erhoht, bei der verschie-

dene Organpraparate hintereinander geschal- tet sind. Nachteile des Bioassays sind sein ge- ringer Probendurchsatz und die Schwierig- keit, eine Substanz in einer biologischen Pro- be eindeutig zu identifizieren. Er wird heute nur noch relativ selten bei spezifischen Frage- stellungen in der Eikosanoidanalytik ange- wandt.

Der Radioimmunoassay ist die am meisten verwendete Methode zur Messung von Eiko- sanoiden und ist im allgemeinen empfindlich und relativ spezifisch. So ist die Nachweis- grenze kommerzieller Radioimmunoassays fiirTXB, und 6-Keto-PGF,, kleiner als 10 pg. Die Spezifitat eines Radioimmunoassays fur ein Eikosanoid sollte durch Vergleiche rnit anderen Methoden, so besonders der kombi- nierten GC/MS bestatigt werden. Die Vali- ditat eines Radioimmunoassays fur ein Eiko- sanoid sollte auch durch Vergleich des direk- ten Radioimmunoassays mit den Ergebnissen nach Extraktion und chromatographischer Abtrennung des zu messenden Eikosanoids gepruft werden. Wahrend etwa in Organper- fusaten und Zellmedien Eikosanoide im all- gemeinen durch spezifische Antikorper di- rekt gemessen werden konnen, erfordert die Analyse im Plasma und Serum oft eine Ex- traktion und chromatographische Auftren- nung der Eikosanoide, da eventuell kreuzrea- gierende Fettsauren in grogem Uberschufi vorhanden sind und Proteine die Antigen- Antikorper-Bindung beeinflussen konnen.

Die Notwendigkeit einer Extraktion und Auftrennung gilt in noch hoherem MaBe fur radioimmunologische Messungen von Eiko- sanoiden im Urin. Auch wird in Zukunft bei der Analyse von Eikosanoiden der Enzym- immunoassay eine immer grogere Rolle spie- len.

Seit Einfuhrung von ,,electron capture"-De- tektoren und Derivaten wie Pentafluoroben- zyloximen stellt auch die Gaschromatogra- phie eine empfindliche Methode zum Nach- weis von Eikosanoiden dar. Jedoch mangelt ihr die hohe Spezifitat der Massenspektrome- trie, und dies macht sie wenig geeignet zum Nachweis niedriger Spiegel von Eikosanoiden aus biologischem Material.

Die Messung von Eikosanoiden mittels der kombinierten GC/MS beruht auf der Verei- nigung zweier analytischer Methoden, die sich in idealer Weise erganzen. Wahrend die Gaschromatographie hohe Kapazitat zur Auftrennung eines Substanzgemisches in sei-

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Kardiovaskulare Eikosanoide

ne Komponenten mit charakteristischen Retentionszeiten besitzt, vereinigt die Mas- senspektrometrie hohe Sensitivitat der De- tektion mit hoher Spezifitat durch Messung charakteristischer Fragmente. Auch 1al3t sich die Struktur unbekannter Eikosanoide nur mittels kombinierter GC/MS und eventuell anderer physikalisch-chemischer Methoden ermitteln. Radioimmunoassays, Bioassays und auch GC-Messungen sollten mittels GC/ MS verifiziert werden, und Eikosanoide, fur die kein Radioimmunoassay existiert, lassen sich nur mittels GC/MS identifizieren und quantifizieren. Die teuren und storanfalligen GUMS-Apparaturen sowie meist hoher Aufwand bei der Probenvorbereitung begren- zen die massenspektrometrische Analytik je- doch auf wenige Laboratorien. Neben quali- tativen Messungen lassen sich an Eikosano- iden mittels deuterierter interner Standards vor allem quantitative Messungen durchfuh- ren. Erste Erfahrungen mit der Tandem- Massenspektrometrie (kombinierte G U M S / MS) in der Analyse von Eikosanoiden zeigen vielversprechende Ergebnisse. Auch die kom- binierte H P L U M S steht in der Eikosanoid- analytik erst am Anfang der Entwicklung.

5 Messung mittels der Kombinierten GUMS

Die massenspektrometrische Analyse eines Eikosanoids in einer biologischen Probe er- fordert im allgemeinen Vorreinigung mittels Extraktion und chromatographischer Aufar- beitung, und die Probe mug derivatisiert, d. h. durch chemische Reaktionen in eine ther- misch stabile und fluchtige Form ubergefuhrt werden.

a) Extraktion und Vorreinigung der Proben

Da Eikosanoide aufgrund ihrer Carboxyl- gruppe schwach saure Lipide sind, werden sie leicht durch organische Solventien wie Chlo- roform oder Athylacetat aus der wagrigen Phase extrahiert, wenn diese angesauert ist.

Auch die Adsorption an XAD-2-Polystyrol- harze und in neuerer Zeit an C,,-reverse- phase-Kartuschen bewirkt selektive Extrak- tion der Lipide besonders aus Urinproben. In Plasma- und Serumproben kann das Protein vor Extraktion der Lipide durch Zugabe von Aceton ausgefallt werden. Auch die Extrak- tion von Eikosanoiden aus Gewebeproben und Zellen erfolgt nach ahnlichen Methoden. Die Ausbeute der Extraktions- und weiterer Reinigungsschritte sollte durch radioaktive Tracer kontrolliert werden.

Die durch Extraktion angereicherten Eikosa- noide lassen sich mittels chromatographi- scher Methoden nach ihrer Polaritat auftren- nen. Die Saulenchromatographie an Kieselgel und schrittweise Elution mit Losungsmittel- gemischen wachsender Polaritat stellt eine klassische Methode dar. Auch der Gebrauch von Kieselgel-Kartuschen hat sich bei der Auftrennung von Eikosanoiden in neuerer Zeit bewahrt. Ebenso ist die Dunnschicht- chromatographie von hohem Wert bei der Reinigung und vorlaufigen Identifizierung von Eikosanoiden, die anhand des Rf-Wertes und mitlaufender Standards geschieht. Zur dunnschichtchromatographischen Separie- rung der Eikosanoide sind eine Vielzahl ver- schiedenartiger Laufmittelsysteme beschrie- ben.

Einen grofien Fortschritt stellt die Anwen- dung der HPLC zur Reinigung der Eikosa- noide dar, wobei C,,-reverse-phase- oder Kieselgelsaulen verwendet werden und Lauf- mittelsysteme beschrieben sind, die ein weites Spektrum verschiedener Eikosanoide auf- trennen. Die HPLC ist als Reinigungsme- thode fur die massenspektrometrische Analy- se von Eikosanoiden nicht mehr wegzu- denken. Als Detektionssystem dient die Ra- dioaktivitat zugesetzter Tracer oder die UV- Absorption, die allerdings auf Hydroxysau- ren (Absorption bei 234 nm), PGB, (Absorp- tion bei 278 nm) und Leukotriene (Absorp- tion bei 280 nm) und Lipoxine (Absorption bei 305 nm) beschrankt ist. Die Einfuhrung spezieller chromophorer Gruppen zur De- tektion durch die UV-Absorption hat nur ge- ringe Verbreitung gefunden.

In neuester Zeit hat die selektive Extraktion eines Eikosanoids aus einer biologischen Pro- be auch mittels der Affinitatschromatogra- phie mit immobilisierten Antikorpern Ein- gang in die Analytik gefunden.

b) Derivatisierung

Vor der Injektion in das GUMS-System mug das Eikosanoid, das ein polares Molekul mit einer Carboxylgruppe, mit Hydroxylgrup- pen und eventuell auch Ketofunktionen dar- stellt, derivatisiert werden. Die gebildeten Derivate mussen wahrend der gaschromato- graphischen Auftrennung thermostabil sein und sollten in ihrem Massenspektrum cha- rakteristische Fragmente in ausreichender In- tensitat aufweisen. Diese Fragmente sollten im hoheren Massenbereich liegen (m/z > 300), um von biologischem Untergrund ge- trennt zu sein. Die Einfuhrung von Glaska-

Abb. 14. Flcsible Quarzkapillarsaulc fur die Gaschromatographie, welche die Trennung und den anschlietlenden niassenspektro- metrischen Nachwcis dcr Urinhauptmeta- bolitcn von I’rostazyklin d r r Zweier- und Dreierseric crlaubte, die sich n u r in einer Doppelbindung untcrschciden (Molge- wicht der Dcrivatc M=601 und M=599).

4bb . 15. Methylester-mcthoxini-trinic- thylsilylyithcr-derivat (links) und Penta- fluorobenzylestcr-nicthosim-triniethylsi- lykithcrtlcrivat (rechts) von 2.3-Ihor-6- keto-I’GF,,,, den1 Urin-Hauptmetnboliten von I’rostaxyklin, fur die El- hzw. NCI- Massenspektrometric.

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Kardiovaskulare Eikosanoide

pillarsaulen und flexiblen Quarzkapillarsau- len hat auch die GC/MS-Analyse komplexer Gemische von Eikosanoiden in minimalen Konzentrationen ermoglicht. Methylsilikon- phasen verschiedener Polaritat wie SE 30, O V 101 und SP 2100 und Polyathylenglykol- phasen wie Carbowax CP 51 und die hohe theoretische Bodenzahl (3000-8000/m) kauflicher Quarzkapillarsaulen ermoglichen eine Anpassung an das jeweilige analytische Problem (Abbildung 14).

Bis in neuere Zeit haben sich fur die Elektro- nenstofl-Massenspektrometrie der Eikosa- noide die Methylester-Methoxime-Trime- thylsilylather als Derivate bewahrt. Die cha- rakteristischen Fragmente dieser Derivate im hohen Massenbereich stellen jedoch nu r ei- nen geringen Anteil des Gesamtionenstroms dar und verhindern damit eine Messung mit hochster Empfindlichkeit. Eine bahnbre- chende Neuerung ist die massenspektrome- trische Messung von Eikosanoiden als Pentafluorobenzylesterderivate mittels der chemischen Ionisation mit Detektion negati- ver Ionen. Die elektroneneinfangende Penta- fluorobenzylgruppe wird abgespalten, und das Eikosanoidmolekiil bildet ein stabilisier- tes Carboxylatanion, das mehr als 50 % des Totalionenstroms auf sich vereinigt. Dieses Carboxylatanion ist hochspezifisch fur das Eikosanoid, da es das intakte Molekul dar- stellt, und ermoglicht eine augerst empfindli- che Quantifizierung des Eikosanoids bis in den Femtogramm-Bereich hinein ( g) (Abbildung 15).

Hohe Spezifitat der Analyse und exakte Quantifizierung eines Eikosanoids mittels kombinierter G U M S im ,,selected ion moni- toring"-Betrieb konnen nur durch Verwen- dung der stabilen Isotopen-Verdunnungs- technik erzielt werden. Eikosanoid-Analoga, die stabile Isotope, meist 4 Deuteriumatome in unaustauschbarer Stellung im Molekul ent- halten, sind durch chemische Totalsynthese hergestellt worden und werden als interne Standards vor Beginn der Extraktion und Reinigung des Eikosanoids zugesetzt. Diese Analoga sind in ihren physikalisch-chemi- schen Eigenschaften den naturlichen Isome- ren nahezu identisch und dienen auch als ,,carrier" wahrend der Reinigungsprozedur. Der deuterierte interne Standard wird im all- gemeinen in etwa zehnfachem Uberschui3 zu der zu messenden Substanz zugegeben. Viiichtig ist, dafl die deuterierte Verbindung von hoher Isotopenreinheit ist, d. h. idealer- weise weniger als 1 YO an protonierter Form

enthalt, da dieser sog. ,,blank" sich zu der zu messenden Substanz addiert. Messungen nahe der Nachweisgrenze miissen daher im- mer den Anteil des ,,blank" des internen Standards an den gemessenen biologischen Spiegeln berucksichtigen.

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Dr. S. Fischer, Diplom-Chemiker, promo- vierte am Organisch-Chemischen Institut der Universitat Heidelberg bei Prof. G. Wittig und war dor t anschliegend zwei Jahre Assi- stent. Danach Aufenthalt an einer nordameri- kanischen Universitat und am Physiologisch- Chemischen Institut der Universitat Wurz- burg. 1979/83 Forschungsaufenthalt a m Ka- rolinska-Institut, Stockholm. Anschliei3end Arbeiten zu r Analytik sowie pharmakologi- schen und nutritiven Beeinflugbarkeit der Ei- kosanoidbildung beim Menschen. Habilita- tion (med. habil.) im Fach Klinische Bioche- mie 1986.

Anschrift:

Dr. Sven Fischer, Medizinische Klinik Innen- stadt der Universitat Munchen, Ziemssenstra- 13e 1. 800C Munchen 2.

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