12

Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

  • Upload
    lutz

  • View
    214

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis
Page 2: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

© s

bori

sov

/ fot

olia

.com

Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

Dr. Lutz Laurisch // Korschenbroich

Die Hauptziele präventionsorientierter Zahnheilkunde sind die Vermeidung von Karies und Parodontopathien (Pri-märprophylaxe). Allerdings sind diese Ziele der primären Mundgesundheit nicht immer zu erreichen. In solchen Fäl-len ist es wichtig, die eingetretenen Schäden frühzeitig zu erkennen, um deren Ausmaß gering zu halten (Sekundär-prophylaxe). Das hierdurch erreichte therapeutische Ziel wird als sekundäre Mundgesundheit bezeichnet. Aber auch,

nachdem eine mehr oder weniger invasive �erapie not-wendig geworden ist, kann der Zahnarzt noch präventions-orientiert agieren, indem einem Rezidiv entgegengewirkt wird (Tertiärprophylaxe). Für die präventionsorientierte Zahnheilkunde ist es also nie zu spät; vielmehr kann ohne Prävention durch alleinige restaurative �erapie keine dau-erha�e Mundgesundheit etabliert werden.

Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen

Karies und Parodontitis sind kein Schicksal mehr – die Ätiologie ist bestens erforscht, und die Wis-senschaft eröffnet die Möglichkeit, zahnärztliche sowie individualprophylaktische Betreuung gezielt und ursachenorientiert einzusetzen. Durch Prävention können dem Patienten viele kariöse Defekte und parodontale Probleme erspart bleiben. Prophylaxe ist nicht nur ein Programm für Kinder, auch Erwachsene profitieren von individueller präventiver Betreuung und können ihre Zähne prinzipiell bis ins hohe Alter hinein gesund erhalten. Der vorliegende Beitrag informiert über die Ziele der prä-ventionsorientierten Zahnheilkunde und stellt Diagnose- sowie Therapiekonzepte für Patienten aller Altersstufen vor.

Redaktion: Dr. Norbert Grosse // Frankfurtder junge zahnarzt 4/2013 12-23 s13279-013-0304-0 (c) Springer- Verlag Berlin Heidelberg 2013

Page 3: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

LernzieleNach der Lektüre dieses Beitrags→ sind Sie in der Lage, die Hauptziele der präventionsori-

entierten Zahnheilkunde zu beschreiben.→ können Sie die Voraussetzungen zur Etablierung kari-

esrelevanter Keime in der Mundhöhle darlegen.→ sind Sie imstande, das individuelle Kariesrisiko Ihres

Patienten zu bestimmen.→ sind Sie fähig, eine risikobezogene präventive Behand-

lung zu koordinieren.

Diese Erkenntnis bewirkt eine veränderte Behandlungswei-se: Während sich die herkömmliche Kariestherapie auf das blo-ße Füllen von Kavitäten beschränkte, setzt ein modernes prä-ventionsorientiertes �erapiekonzept an, bevor klinisch über-haupt eine Kavität oder ein parodontaler Substanzverlust sicht-bar ist. Hierzu ist es notwendig, die Patienten herauszu�ltern, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, um dieses dann im näch-sten Schritt durch prophylaktische Maßnahmen zu minimieren. Darin liegt einer der Haupttherapieunterschiede zur konventio-nellen Zahnheilkunde: Während hier nur der Endzustand Karies behandelt wird, versucht eine prophylaktisch orientierte Zahn-heilkunde bereits das Kariesrisiko des Patienten zu therapieren [1]. Mit der Einführung des Begri�s „individuelles Kariesrisi-ko“ 1985 [2, 3] wurden erstmals ätiologische Parameter erho-ben, die Rückschlüsse auf das Kariesrisiko sowie auf die Akti-vität des aktuellen kariösen Geschehens und seine Entwicklung in der Zukun� gestatteten. Langsam entwickelte sich so das Ver-ständnis des kariösen Prozesses als kontinuierliches Geschehen, das mit Mikroporosität beginnt und über die Demineralisation in eine Kavitation mündet. In den Stadien der Mikroporosität und der initialen Demineralisation zeigt sich der kariöse Pro-zess reversibel, unter der Voraussetzung, dass es noch nicht zu einer Kavitation gekommen ist ([1, 4]; Abb. 1).

Präventive MaßnahmenWerdende Eltern, Säuglings- bis KindesalterWissenscha�liche Untersuchungen der letzten 20 Jahre konnten belegen, dass zahnmedizinische Prophylaxe die größte E�ekti-vität zeigt, wenn sie bereits im Säuglingsalter einsetzt [5, 6, 7, 8].Für die erfolgreiche Umsetzung frühkindlicher präventiver Konzepte ist es daher in der zahnärztlichen Praxis wichtig, die Eltern rechtzeitig auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass Karies bei ihren Kindern vermeidbar ist. Besonders günstig ist es, wenn diese Informationen bereits die werdenden Eltern erreichen. Gerade während der Schwangerscha� sind die Bedingungen hierfür günstig, da dann in der Regel ein vermehrtes Bewusst-sein für Gesundheit und gesunde Lebensweise besteht. Mütter wollen das Beste für ihr Kind, sind o� selbst in der Vergangen-heit von Zahnproblemen betro�en gewesen, und dies führt zu dem verständlichen Wunsch, dass es ihren Kindern mit den Zähnen einmal besser ergehen soll.

Die Tatsache, dass gesunde Milchzähne nicht nur mitbestim-mend für die Gesundheit des bleibenden Gebisses sind, son-dern auch für die gesamte Gesundheit des Kindes, kann die

Motivation der Eltern zur frühkindlichen Prävention zusätz-lich verstärken.

Diagnostisches Konzept. Ging man ursprünglich davon aus, dass die Etablierung des kariesrelevanten Leitkeims Streptococ-cus mutans in einem bestimmten Zeitfenster – nämlich wäh-rend des Durchbruchs der Milchzähne – erfolgte („window of infectivity“, [9]) so weiß man heute, dass das erste Au�reten von Streptococcus mutans in der Mundhöhle des Kindes zu jedem Zeitpunkt möglich ist ([8]; Abb. 2). Gelingt es, die permanente Etablierung dieses Keims auf einen möglichst späten Zeitpunkt zu verschieben, wird dies in einer besseren Mundgesundheit resultieren [6, 10]. Grundsätzlich ist aber in jedem Fall davon auszugehen, dass kariesrelevanten Keimen die Etablierung in der Mundhöhle nur beim Vorhandensein ausreichender Sub-stratzufuhr (Zucker, Kohlenhydrate) gelingt.

Der Schlüssel zur Mundgesundheit liegt bei Kindern also in den ersten zwei Lebensjahren. In dieser Lebensphase entwickelt sich das kindliche Biotop (Abb. 3). Werden im Alter von zwei Jahren Streptococcus-mutans-Bakterien in der Mundhöhle nach-gewiesen, verdoppelt sich das Kariesrisiko. Wird Streptococcus mutans im Plaqueabstrich nachgewiesen, vervierfacht sich das Kariesrisiko (Abb. 4; [7]). Dieser Nachweis kariogener Keime ist für das Milchgebiss kritischer zu sehen als für bleibende Zähne, denn bestimmte orale Abwehrmechanismen wie antibakteriel-le Speichelfaktoren, Sekretionsrate, Pu�erkapazität, sind noch nicht entwickelt und können nicht zum Schutz der Zähne bei-tragen [11, 12, 13].

1 // Kariesentstehung als Störung der Balance zwischen schädigenden und schützenden Einflüssen

2 // Für die Kolonisation der kindlichen Mundhöhle gibt es kein Zeitfenster; sie ist jederzeit möglich

fortbildung

14 DER JUNGE ZAHNARZT 04 | 2013

Page 4: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis
Page 5: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

Beratende Maßnahmen Im präventiven Handlungskonzept in dieser Altersklasse sind folgende Parameter zur Etablierung einer gesunden, nicht von kariogenen Keimen besiedelten Mundhöhle wichtig [2]:→ Verhinderung der Übertragung kariogener Keime (Ver-

meidung unnötiger Speichelkontakte wie Ablecken von Sauger, Lö�el o. Ä.; [4]),

→ Etablierung einer zahngesunden zuckerreduzierten oder auch zuckerrestriktiven Ernährungsweise,

→ Stärkung der Abwehr des Kindes gegenüber kariogenen Keimen (Etablierung adäquater Mundhygienetechniken, Fluoridierungskonzept).

Zum Nachweis kariogener Mikroorganismen eignen sich die „Speicheltests“. Hierbei wird entnommener Speichel oder ent-nommene Plaque auf einem hoch selektiven Nährboden ausge-strichen (Abb. 5, Abb. 6).

Folgende beratende Maßnahmen sind zur Umsetzung des prä-ventiven Konzepts notwendig:→ Au�lärung der Schwangeren über das Übertragungsrisiko

und die Übertragungswege kariogener Keime,→ Ernährungsberatung unter Berücksichtigung der früh-

kindlichen Zuckerzufuhr,→ Verhaltenshinweise zum Gebrauch von Saug�aschen

zur Vermeidung von frühkindlichen Zahnschäden [„Early-childhood-caries“(ECC)-Syndrom],

→ Hinweise zur richtigen Anwendung von Fluoriden.

Aufklärung der Schwangeren über das Übertragungsrisiko und die Übertragungswege kariogener KeimeDiese Keimübertragung erfolgt auf indirektem Weg (Abb. 4) wie durch einen Schnuller, eine Milch�asche, einen Lö�el oder aber auch Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie zum Beispiel Spielsachen, die von potenziellen Kontaktpersonen abgeleckt werden. Hier gilt es, über�üssige Speichelkontakte zu vermeiden. Günay et al. [14] konnten nachweisen, dass die Etablierung von Streptococcus mutans in der Mundhöhle allein durch entspre-chende Verhaltensweisen der Eltern vermieden werden kann.

Ernährungsberatung unter Berücksichtigungder frühkindlichen ZuckerzufuhrDie Ernährungsberatung muss deutlich machen, dass eine Kolo-nisation mit kariogenen Keimen nicht erfolgen kann, wenn das dazu nötige Substrat nicht zugeführt wird.

Verhaltenshinweise zum Gebrauch von Saugflaschenzur Vermeidung von frühkindlichen ZahnschädenDurch die „kindgerechte Gestaltung“ der Flaschenform ist es schon Kleinstkindern möglich, gefahrlos an der extra aus Plastik hergestellten Flasche zu saugen. Die Getränke, die sich in der Flasche be�nden, sind in der Regel – entgegen den Bekundungen der Werbung – nicht zuckerfrei. Die Beratung der Schwangeren bzw. der jungen Mutter sollte also darauf abzielen, dass grund-sätzlich Flaschen nur zu den Mahlzeiten und nicht zur Beruhi-gung oder zur „Ruhigstellung“ des Kindes wahllos über den Tag verteilt genutzt werden.

Hinweise zur richtigen Anwendung von FluoridenVor dem ersten Zahndurchbruch ist eine Fluoridzufuhr nicht notwendig. Ab dem 6. Lebensmonat sollten dann die Zähne mit speziellen Kinderzahnpasten geputzt werden (Hinweise zu Dosierung und Anwendung in der S3-Leitlinie Fluoridierungs-maßnahmen unter http://www.dgzmk.de).

Praktische MaßnahmenBestimmung der mütterlichen ZahngesundheitHier ist insbesondere der Anteil an aktiver Karies im Mund der Mutter wichtig, da das Vorhandensein von aktiver Karies in der Regel immer mit erhöhten Zahlen kariesrelevanter Keime ver-bunden ist. Diese Keimzahlen wiederum haben maßgeblichen Ein�uss auf das Übertragungsrisiko [4, 15].

Regelmäßige professionelle Betreuung der Mutter in Verbin-dung mit einer entsprechenden zahnärztlichen Sanierung redu-ziert das Keimniveau der Mutter und senkt damit das Übertra-gungsrisiko. Darüber hinaus konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass eine regelmäßige Xylitzufuhr bei der Mutter eine signi�kante Reduktion der Wahrscheinlichkeit der Keimü-bertragung bewirkt [7, 15].

3 // Ablauf der Kolonisation der kindlichen Mundhöhle mit Streptococcus mutans (SM)

4 // Plaqueabstrich mit einem harten Pinsel. Weiche Pinsel entfernen nur die oberflächliche Plaque und sollten nicht verwendet werden

fortbildung

16 DER JUNGE ZAHNARZT 04 | 2013

Page 6: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

Feststellung des Kariesrisikos durch Bestimmungdes kindlichen Keimniveaus im Alter von zwei JahrenHierzu eignet sich der „caries risk test“ (CRT®, Fa. IvoclarVi-vadent, Ellwangen; Abb. 5). Der Nachweis von Streptococcus mutans sollte eine umfangreiche präventive Behandlung mit dem Ziel, die Keimzahlen wiederum unter die Nachweisgrenze zu drücken, auslösen.

Kontrolle der Ernährungssituation, insbesondere des TrinkverhaltensZuckerhaltige Getränke sind zu vermeiden. Die Frequenz der Zuckeraufnahme ist deutlich zu reduzieren. Empfehlens-wert sind xylithaltige Produkte oder Süßigkeiten mit dem Zahnmännchensymbol.

Maßnahmen zur Beeinflussung desKeimniveaus kariesrelevanter KeimeWichtig ist die professionelle – altersentsprechende – Reinigung der Zähne, insbesondere der Kau�ächen und der Zahnzwischen-räume. Chlorhexidin(CHX)-Gele oder -Lacke (zum Beispiel Cer-vitec®; Fa. Ivoclar Vivadent, Ellwangen) werden auf die Kau�ä-chen aufgetragen. Eine Lackapplikation von Cervitec® erfolgt in der Regel dreimal innerhalb von zwei Wochen. Die Zähne werden einmal wöchentlich für zwölf Wochen mit 0,2-prozen-tigem CHX-Gel geputzt (Altersklasse ab 10 Monate, [16]). Die Kau�ächen durchbrechender Milchmolaren werden mit CHX-Gel gereinigt [17, 18].

6 // Bebrüteter Abstrich aus Abb. 4. Die Kolonisationsdichte mit Streptococcus mutans ist ausgeprägt und weist auf einen Risikofall hin. Weitere präventive Maßnahmen sind indiziert

5 // CRT® bacteria zur Bestimmung subklinischer bakterieller Kolonisationsparameter (Mit freundlicher Genehmigung von Ivoclar Vivadent AG)

fortbildung

17DER JUNGE ZAHNARZT 04 | 2013

Page 7: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

Hilfsweise kann ein temporärer Verschluss tiefer Kau�ächensy-steme mit einem dünn�ießenden Glasionomerzement erfolgen. Dieser wird auf die zuvor getrocknete Kau�äche mit einer Sonde oder einem Kugelstopfer aufgetragen und �ießt in das Fissuren-system. Um eine speichelfreie Aushärtung zu begünstigen und dabei die Belastung der kleinen Patienten möglichst gering zu halten, kann dann die Kau�äche mit Vaseline abgedeckt wer-den ([17]; Abb. 7).

Grundsätzlich ist bei allen präventiven Maßnahmen zu beach-ten, dass – insbesondere bei der Anwendung von CHX-haltigen Gelen und Lacken – immer eine entsprechende Ernährungsbe-ratung und Ernährungsumstellung indiziert sind. So zeigt zum Beispiel die alleinige Anwendung von CHX-haltigen Produkten nicht immer den gewünschten therapeutischen E�ekt [16, 19, 20].Aus den geschilderten Fakten ist zu ersehen, dass ein kariesfreies Milchgebiss bei einem zwei Jahre alten Kleinkind nicht automa-tisch bedeutet, dass kein Kariesrisiko vorhanden ist. Erst eine weitergehende Anamnese unter Einbeziehung weiterer klinischer Parameter (Ernährungsanamnese, Fluoridzufuhr, Hygienever-halten) sowie subklinischer Parameter (Nachweis von Streptococ-cus mutans) gibt Hinweise darauf, welcher präventive Behand-lungsbedarf in den nächsten Monaten und eventuell auch Jahren überhaupt notwendig ist.

Jugendliche und ErwachseneAufgrund der Tatsache, dass es sich sowohl bei Karies als auch bei Parodontitis um multifaktorielle Erkrankungen handelt, steht eine Vielzahl von präventiven �erapieansätzen zur Verfügung. Einige wirken ausschließlich lokal und verbessern die Schmelz-qualität gegenüber einem bakteriellen Angri�; andere beein�us-sen die Zusammensetzung des Biotops Mundhöhle und damit auch den Bio�lm bzw. der Plaque. Präventive Leistungen in diesen Altersklassen haben daher das therapeutische Ziel eines konse-quenten Bio�lmmanagements.

Ernährungsberatung. In der Ernährungsberatung wird versucht, die Menge und Häu�gkeit der Zuckerimpulse des Patienten zu senken und damit die Zahl kariogener Keime zu verringern. Es werden Hinweise auf zuckerarme bzw. zuckerfreie Genussmittel unter Verwendung von Zuckerersatz- bzw. Zuckeraustausch-sto�en gegeben [15, 17].

Fluoridapplikation. Zur Fluoridapplikation stehen Präparate unterschiedlichster Konzentration zur Verfügung (Zahnpa-sten, Spülungen, Gele, Lacke), die alle ihren speziellen Einsatz-

bereich haben. So eignen sich hoch dosierte Präparate (zum Bei-spiel Duraphat® Zahnpaste, Fa. Colgate-Palmolive, Hamburg) zur Behandlung von Wurzeldemineralisation, gering dosierte Spülungen eher zum täglichen Gebrauch. Sie beein�ussen das De- und Remineralisationsgleichgewicht positiv (Abb. 1). Fluori-dierungsmaßnahmen sind lokale Maßnahme am Zahn und die-nen der Strukturverbesserung des Zahnschmelzes, auch bereits während des Zahndurchbruchs. Hierdurch wird das Hydroxyla-patitgerüst des Zahns besser vor Säureangri�en geschützt [21].

Keimzahlreduzierende Medikamente. Keimzahlreduzierende Medikamente stehen in Form von CHX-haltigen Spülungen, Gelen und Lacken zur Verfügung. Ihre Verwendung ist im Rah-men einer Intensivtherapie bei Patienten mit sehr hohen Keim-zahlen, aber auch zur gezielten Applikation an einzelnen beson-ders plaquebesiedelten Stellen im Gebiss durch CHX-haltige Lacke oder Gele indiziert. Fluoridhaltige Spülungen sind zur Kariesprophylaxe nicht empfehlenswert [19].

Fissurenversiegelung. Durch die Fissurenversiegelung wird die morphologische Schwachstelle des Zahns geschützt, aber auch die potenzielle Besiedelungs�äche für kariogene Keime in der Mundhöhle verkleinert, wodurch das Biotop wiederum positiv beein�usst werden kann. In diesem Zusammenhang bekommt die Fissurenversiegelung einen vollkommen neuen Stellenwert: Eigentlich als unmittelbarer Schutz der Fissur vor der Keimbesie-delung mit kariogener Flora konzipiert, bekommt sie im Rahmen des Bio�lmmanagements eine darüber hinausgehende Bedeu-tung: Das Fissurensystem stellt eine Rückzugsnische für kario-gene Keime, insbesondere Streptococcus mutans, dar. Sollen also kariogene Keime und damit die Menge an Bio�lm in der Mund-höhle reduziert werden, ist es sinnvoll, ökologische Nischen, die das Überleben der Mikroorganismen sichern und damit auch die Rekolonisierung der Mundhöhle initiieren, zu verschließen. Das bedeutet, dass alle Patienten, die mit Streptococcus mutans in�-ziert sind und bei denen aus bestimmten Gründen eine Redukti-on dieser Keime in der Mundhöhle indiziert ist, unabhängig von ihrem Alter einer Fissurenversiegelung bedürfen [1]. Durch die Versiegelung des Fissurensystems verringert sich die der Plaque-bildung zur Verfügung stehenden Zahnober�äche. Übrig bleiben dann Glatt�ächen, die unter Verwendung moderner Zahnp�e-gehilfsmittel (zum Beispiel Ultraschallzahnbürsten) und unter Anwendung adäquater Techniken labial sowie palatinal gut zu reinigen sein sollten. Schwieriger zugänglich und damit für die Ausbildung von Mikrobiotopen geeignet, verbleiben im natür-lichen Gebiss dann nur noch die Approximalräume.

Professionelle Zahnreinigung. Bei der professionellen Reinigung der Zähne werden alle Zahn�ächen – auch erreichbare Wurze-lober�ächen – von harten und weichen Belägen sowie exogenen Verfärbungen gereinigt. Durch den Einsatz �uoridhaltiger Polier-pasten wird die Wiederbesiedelung der gereinigten Ober�ächen durch plaquebildende bzw. kariogene Keime verzögert. Die pro-fessionelle Zahnreinigung – eine Basisleistung der Prävention in der Zahnarztpraxis – ist die einzige Möglichkeit, völlige Pla-quefreiheit im Mund zu erzielen und optimiert somit das, was die häuslichen Hygienebemühungen des Patienten nicht zu lei-sten vermögen [22]. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass die professionelle Zahnreinigung nicht nur die so gern propagierte „Glatt�ächenpolitur“ ist, die auch als professionelles Zähneput-

7 // Temporär verschlossene Kaufläche eines Milchmolaren bei Nachweis eines erhöhten Kariesrisikos (Streptococcus-mutans-Besiedelung der kindlichen Mundhöhle) mit einem Glasionomerzement

fortbildung

18 DER JUNGE ZAHNARZT 04 | 2013

Page 8: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

zen bezeichnet oder damit abgewertet werden könnte. Die pro-fessionelle Zahnreinigung ist ein komplexer Vorgang, der je nach individuellem Befund mechanische Grob- und Feindepuration, auch im Bereich der parodontalen Problemzonen, miteinschließt. Sie umfasst:→ mechanische Grobdepuration,→ mechanische Feindepuration,→ Glatt�ächenpolitur und→ Beseitigung von exogenen Verfärbungen.

Pharmakologische Beeinflussung. Die pharmakologische Beein-�ussung wurde in den letzten 10 Jahren immer mehr optimiert. So gibt es unterschiedliche antibakterielle Substanzen, die auf den Bio�lm wirken: zum Beispiel CHX, Cetylpyridiniumchlo-rid (CPC), Öle und Phenole. Die Wirkung aller Substanzen ist unterschiedlich, sowohl in ihren antibakteriellen Eigenschaf-ten, in ihrer Substantivität als auch in ihrer Konzentration und Darreichungsform. Die beste Wirksamkeit konnte für das CHX nachgewiesen werden [1, 19, 20]. Der Wirksto� CHX verbindet sich am schnellsten mit Mundbereichen, die einen hohen Anteil an organischer Matrix aufweisen.

Eine Spülzeit von 30 bis 45 s bei einer 0,1- bis 0,2 -prozentigen CHX-Lösung bewirkt eine 30 -prozentige Bindung des CHX an die oralen Gewebe. Es wird verständlich, dass hier eine karies-protektive Wirkung nur über den damit erzielten Depote�ekt erzielt werden kann. Als geeigneter sind daher CHX-haltige Gele oder Lacke anzusehen. Gele sind 2 -prozentig, Lacke bis zu 30- bis 40 -prozentig konzentriert.

Bei CHX-haltigen Gelen ist es von Vorteil, diese unter Verwen-dung einer Applikationshilfe bzw. Medikamentenschiene auf den Zahn aufzubringen. Dies vermeidet Verdünnungse�ekte durch den beim o� empfohlenen Einbürsten hinzutretenden Speichel und ermöglicht so die längere Einwirkzeit bei konstanter Kon-zentration. Von einer längeren Einwirkungszeit ist auszugehen, da der Patient eine Applikationsfolie längere Zeit tragen wird, als er sich mit dem CHX-Gel die Zähne putzt.

Die CHX-haltigen Lacke liegen in 1 -prozentiger (bei Cervitec® mit 1 % �ymol versetzt) und in 30- bzw. 40 -prozentiger Konzen-tration (EC 40, Fa. Explore, Nijmwegen) vor. Chlorhexidinhaltige Lacke stellen sicherlich die wirkungsvollste Art der Anwendung dar. Aufgrund ihrer hohen Konzentration bzw. ihrer gesicherten Einwirkzeit ist es möglich, hohe CHX-Wirkspiegel in den doch relativ geringen Anteil an organischer Schmelzmatrix einzubrin-gen. Geht man jedoch davon aus, dass ein Bio�lmmanagement o� auf demineralisiertem Bereich im Zahnschmelz notwendig ist, um die Remineralisation zu fördern, sind die Bedingungen hier deutlich besser: Das Freiliegen der organischen Matrix im demi-neralisierten Bereich fördert die CHX-Aufnahme. Da Remine-ralisierungsmaßnahmen nur dann sinnvoll sind, wenn der Bio-�lm auf der zu remineralisierenden Stelle eliminiert wird, stellt die vorherige Applikation von CHX-haltigen Lacken eine wich-tige präventive Maßnahme dar.

Im Fall einer Gingivitistherapie unter Verwendung von CHX-haltigen Lacken oder Gelen verhält es sich jedoch genau umge-kehrt: Das Belassen des Bio�lms in diesen kritischen Bereichen erhöht den Anteil organischer Substanz erheblich. Der Bio�lm dient somit als CHX-Speicher und zugleich auch als Langzeit-depot. Dies erklärt das Einsatzgebiet des CHX im parodonta-len Management. ▶

fortbildung

19DER JUNGE ZAHNARZT 04 | 2013

Page 9: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

Selbstverständlich können in diesen Bereichen des Bio�lm-managements CHX-haltige Spülungen oder Gele ebenfalls ein-gesetzt werden, da diese eine gleichartige Wirkung haben – wenn auch mit nicht so hohen Einlagerungen des CHX in den Bio�lm.Chlorhexidinhaltige Lacke sind der professionellen Anwendung in der Praxis vorbehalten. Alle Maßnahmen des pharmakolo-gischen Bio�lmmanagements haben nur dann Sinn, wenn sie im Rahmen eines umfassenden Präventionskonzepts erbracht werden. Hierzu zählt insbesondere eine entsprechende Ernäh-rungssorgfalt des Patienten, verbunden mit einer Zuckersubstitu-tion durch Xylit. Denn in jedem Fall ist von einer Rekolonisation der Mundhöhle mit kariesrelevanten Keimen auszugehen, da es kaum möglich sein wird, alle den Bio�lm formenden Keime zu eliminieren. Qualität und Quantität dieser Rekolonisation haben sich als von der Zuckerzufuhr abhängig gezeigt.

GrundvoraussetzungGrundvoraussetzung für den Erfolg der Prophylaxe ist Motiva-tion – und zwar zuerst nicht die des Patienten, sondern zunächst die des Zahnarztes und seines Teams. Nur wenn die Behandeln-den selbst von der Idee der Prävention und dem angebotenen Konzept überzeugt und begeistert sind, wird es gelingen, diese Begeisterung auf die Patienten zu übertragen. Die Motivierung des Patienten zur Prävention ist daher bereits der zweite Schritt. Der Schlüssel zur Umsetzung eines Prophylaxekonzepts liegt darin, dem Patienten den medizinischen Nutzen der Prophylaxe-sitzungen zu vermitteln und ihn über die Krankheitsursachen und -folgen sowie deren Verhütung zu informieren. Der bei Kon-trollen in Zahnarztpraxen häu�g vorgebrachte Standardsatz „Bei Ihnen muss mal wieder eine Zahnreinigung gemacht werden“ vermag dies nicht zu leisten, vielmehr wird dadurch der allei-nige Fokus auf die glänzenden Zähne gelenkt und die Prophy-laxesitzung zu einer „Wellness-Behandlung“ herabgemindert, vergleichbar einem Friseurbesuch, der Wohlgefühl und besseres Aussehen zum Resultat haben soll.

Ziel der präventiven Bemühungen ist jedoch die positive Beein-�ussung des ökologischen Gleichgewichts in der Mundhöhle durch Entfernung und Modi�zierung des Bio�lms sowie die Stärkung der Abwehrfaktoren. Aufgeklärte Patienten betrach-ten daher das regelmäßige Wahrnehmen der Prophylaxetermine als aktiven Beitrag zur Mundgesundheit und erwarten von einer Prophylaxesitzung zu Recht mehr als nur eine Zahnreinigung.

GrenzenIn vielen Behandlungs- und Betreuungsfällen über die Jahre stellt sich die Frage, ob eine dauerha�e Änderung der Ernährungs- und Mundhygienegewohnheiten erreicht werden kann. Häu�ger sind eher kurzfristige Änderungen und das schrittweise Wiederein-schleichen alter Gewohnheiten zu beobachten. Remotivierung stellt somit einen wichtigen Bestandteil der Sitzungen dar. Wenn aber trotz aller Bemühungen die Compliance des Patienten zu wünschen übrig lässt, bedeutet dies noch nicht automatisch das Scheitern des präventiven Konzepts. Ist der Patient beispielsweise nicht zu angemessener häuslicher Mundhygiene zu motivieren, kann dies unter Umständen durch eine erhöhte Recall-Frequenz aufgefangen werden. Diese Recall-Frequenz ist nicht nur interin-dividuell – abhängig vom individuellen Erkrankungsrisiko – unterschiedlich, sondern variiert erfahrungsgemäß auch beim einzelnen Patienten über die Zeit.

Unterschiedliche Lebensabschnitte erfordern unterschiedliche Betreuungsintervalle. Persönliche Lebensumstände und wech-selnde Lebensprobleme wirken sich o� auf die Mundgesundheit aus. Wechselnde Ernährungsvorlieben verändern das Mundbi-otop. Medikamentenkonsum verändert die Sekretionsrate und damit das Erkrankungsrisiko. Regelmäßige Reevaluation des Erkrankungsrisikos – sowohl klinischer als auch subklinischer Parameter (Sekretionsrate, Pu�erkapazität, pH-Wert und Zahl kariogener Keime) – ist daher unabdingbarer Bestandteil einer Patientenbetreuung im Recall.

SchlussfolgerungenAlle beschriebenen therapeutischen Ansätze beein�ussen in erster Linie den supragingivalen Bio�lm [23]. Da sich aber der subgingivale Bio�lm aus dem supragingivalen Bio�lm erst ent-wickelt, stellt im parodontal noch gesunden Gebiss die Beein�us-sung des supragingivalen Bio�lms auch eine e�ziente parodon-talprophylaktische Maßnahme dar. Allerdings zeigt die Prävalenz der parodontalen Erkrankungen ein anderes Bild. Die Prävention parodontaler Erkrankungen wird daher mehr und mehr in den Mittelpunkt der Bemühungen rücken müssen. Auch hier geht es letztlich um eine entsprechende Kontrolle des Bio�lms, allerdings in der Zahn�eischtasche. Es spielen nicht nur Qualität und Quan-tität des Bio�lms eine Rolle, sondern auch die immunologische Grundsituation des Patienten. Diese bestimmt letztendlich über das Ausmaß und die Progredienz der parodontalen Destruktion. Das bedeutet, dass das subgingivale Bio�lmmanagement, das in der Regel durch mechanische Depuration erfolgt, nicht die einzige auf Dauer erfolgversprechende präventive Maßnahme darstellen kann.

Fazit für die Praxis→ Andauernde parodontale Gesundheit erfordert kontinuier-

liche präventive Leistungen.→ Deren Intensität in der Zahnarztpraxis wird nicht von den

Fähigkeiten und Fertigkeiten des Patienten bei seiner häus-lichen Mundhygiene bestimmt, sondern von seiner gene-tischen Grundsituation im parodontalen Problembereich. Und diese ist nicht veränderlich und wird auch in Zukun� die Prävention notwendig machen.

→ Die auf Prävention ausgerichtete zahnärztliche Praxis bleibt in jedem Fall Dreh- und Angelpunkt der Zahngesundheit der Patienten.

Interessenkon�iktDer Autor weist auf folgende Beziehung hin: Mitentwickler des CRT® (Ivoclar Vivadent AG). Das vorliegende Manuskript enthält keine Studien an Menschen oder Tieren.

LiteraturDas Literaturverzeichnis kann bei der Redaktion angefordert werden: [email protected]

Korrespondierender AutorDr. Lutz Laurisch // Arndtstraße 25 41352 Korschenbroich [email protected]

fortbildung

20 DER JUNGE ZAHNARZT 04 | 2013

Page 10: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis
Page 11: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

Das Fortbildungsangebot der Zeit-schri� der junge zahnarzt wird nach den Leitsätzen der Bundeszahnärzte-kammer zur zahnärztlichen Fortbil-dung einschließlich der Punktebewer-tung von BZÄK/DGZMK erstellt.

Pro Fortbildungseinheit können 2 Fortbildungspunkte erworben werden.

CME-FragebogenKostenfreie Teilnahme für Abonnenten auf springerzahnmedizin.de

Achtung: Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. Es ist immer nur eine Antwort richtig.

CME-Helpdesk: [email protected] – Tel.: 0800 77 80 777

Welche Aussage zur präventionsorien-tierten Zahnheilkunde trifft zu?

☐Unter Primärprophylaxe versteht man die Früherkennung von Erkrankungen. ☐Unter Sekundärprophylaxe versteht man die Vermeidung von Erkrankungen. ☐Das Ziel der Tertiärprophylaxe ist es, einem Rezidiv entgegenzuwirken. ☐Durch eine alleinige restaurative Thera-pie ohne zusätzliche Prävention kann eine dauerhafte Mundgesundheit geschaffen werden. ☐Das Ziel der primären Mundgesundheit ist dann erreicht, wenn der durch invasive Be-handlungen geschaffene Mundgesund-heitszustand stabilisiert werden kann.

Die Kenntnis des individuellen Kariesri-sikos eines Patienten ist wichtig, um ei-ne risikobezogene präventive Behand-lung zu koordinieren. Welche der fol-genden Aussagen trifft nicht zu?

☐Das individuelle Kariesrisiko ist mitentschei-dend für die Bestimmung der Recall-Fre-quenz. ☐Bei einem klinisch gesunden Milchgebiss ist die Durchführung eines Speicheltests unnötig, da offensichtlich ein niedriges Ka-riesrisiko vorliegt. ☐Die Speicheluntersuchung erlaubt eine Aussage über die Besiedelung der Mund-höhle mit kariogenen Mikroorganismen. ☐Zu den zu bestimmenden subklinischen Parametern gehören auch die Pufferkapa-zität des Speichels und der pH-Wert. ☐Beim Nachweis von Streptococcus mutans sollte eine umfassende präventive Behand-lung erfolgen.

Zu welchem Zeitpunkt erfolgt die Eta-blierung des kariesrelevanten Leitkeims Streptococcus mutans in der kindlichen Mundhöhle?

☐Sie findet in einem Zeitfenster zwischen

dem 6. und 20. Lebensmonat statt. ☐Sie erfolgt direkt nach der Geburt durch Spei-chelkontakt mit der Mutter. ☐Die Etablierung von Streptococcus-mutans-Bakterien ist zu jedem Zeitpunkt möglich. ☐Die Etablierung von Streptococcus-mutans-Bakterien kann erst erfolgen, wenn ein voll-ständiges Milchgebiss vorliegt. ☐Die Etablierung von Streptococcus-mutans-Bakterien erfolgt mit dem ersten Auftreten kariöser Läsionen in der kindlichen Mund-höhle.

Was bedeutet ein klinisch kariesfreies Ge-biss im Alter von zwei Jahren?

☐Weitere präventive Maßnahmen sind nicht notwendig, da kein Kariesrisiko vorliegt. ☐Es liegt ein sehr hohes Kariesrisiko vor, wenn sich Plaque in den Kauflächen findet.

☐Es liegt ein mittleres bis hohes Kariesrisiko vor. ☐Bei Nachweis des kariesrelevanten Keims Streptococcus mutans liegt ein Kariesrisiko vor. ☐Bei einem Nachweis von Streptococcus mu-tans im Plaqueabstrich ist das Kariesrisiko um den Faktor 8 erhöht.

Welche der folgenden Aussagen zur früh-kindlichen Zuckerzufuhr trifft zu?

☐Ohne eine regelmäßige frühkindliche Zucker-zufuhr ist eine Etablierung kariogener Keime in der kindlichen Mundhöhle nicht möglich. ☐Die Etablierung kariogener Keime ist unab-hängig von der Zuckerzufuhr. ☐Zuckerhaltige Getränke können im Gegen-satz zu zuckerhaltigen Speisen ohne Auswir-kung auf das Kariesrisiko häufig und in großen Mengen konsumiert werden. ☐Frühkindliche Zuckerzufuhr ist nicht zu ver-meiden, da Zucker ubiquitär vorhanden ist. ☐Xylithaltige Produkte tragen nicht dazu bei, die Keimübertragung von der Mutter auf das Kind zu verringern.

Welche Maßnahmen ergreifen Sie bei zweijährigen Kindern, bei denen Sie Streptococcus-mutans-Bakterien in der Mundhöhle nicht nachweisen konnten?

☐Sie kontrollieren die Keimzahlen an Strep-tococcus mutans bei der Mutter. ☐Sie versiegeln die Fissuren aller Zähne bzw. behandeln die Kauflächen temporär mit Glasionomerzement. ☐Sie applizieren regelmäßig antibakterielle Lacke auf den Lingualbereich. ☐Sie empfehlen das tägliche Zähneputzen mit 0,2 -prozentigem CHX Gel für zwölf Wochen. ☐Sie empfehlen ein ausreichendes Fluoridie-rungskonzept und eine Kontrolle mit prä-ventiven Maßnahmen.

Sie haben bei einem vierjährigen Kind mit klinisch gesundem Milchgebiss Streptococcus mutans in der Mundhöh-le nachgewiesen. Wie sieht Ihr weiteres Vorgehen aus?

☐Eine weitere Prophylaxebetreuung ist nicht nötig, da das Kind zwar Streptococcus-mu-tans-positiv ist, aber bisher keine Karieser-fahrung hat. ☐Kontrolle und Reinigung der Approximal-räume können vernachlässigt werden, da eine Approximalkaries ausgeschlossen werden kann.

fortbildung

22 DER JUNGE ZAHNARZT 04 | 2013

Page 12: Kariesprophylaxe in der täglichen Praxis

☐Sie kontrollieren die retentiven Fissurensy-steme und versiegeln diese anschließend. ☐Sie erklären den Eltern, dass ein gutes Fluori-dierungskonzept bei Kindern unter fünf Jah-ren keine Rolle spielt. ☐Sie erklären den Eltern, dass die frühkindliche Zuckerzufuhr in diesem Zusammenhang un-wichtig ist.

Welche Aussage zur Recall-Frequenz ist richtig?

☐Die Recall-Sitzung sollte grundsätzlich einmal im Quartal durchgeführt werden. ☐ In der Altersklasse 20 bis 40 Jahre ist ein Recall nicht nötig, da hier die Kariesprävalenz äu-ßerst gering ist. ☐Die Recall-Frequenz ist abhängig vom Erkran-kungsrisiko. Dies kann sich jederzeit bei einem Individuum verändern. ☐Die Recall-Frequenz ist abhängig von den Wünschen des Patienten und sollte nur nach dem Patientenwunsch terminiert werden. ☐Ein regelmäßiger Recall ist bei den meisten Patienten nicht notwendig.

Welche der folgenden Aussagen trifft zu? ☐Die professionelle Zahnreinigung ist in den meisten Fällen nicht nötig, wenn der Patient in der Lage ist, zu Hause eine gute Glattflä-chenreinigung durchzuführen. ☐Die professionelle Zahnreinigung ist eine Ba-sisleistung der Prävention in der Zahnarzt-praxis. ☐Die professionelle Zahnreinigung bezeichnet lediglich ein professionelles Zähneputzen des Patienten in der Zahnarztpraxis. ☐Auf die professionelle Zahnreinigung kann in der Regel verzichtet werden, wenn alle Zähne schon überkront sind. ☐Bei der professionellen Zahnreinigung wer-den ausschließlich harte Zahnbeläge entfernt.

Welche Aussage zur Anwendung von CHX ist richtig?

☐Chlorhexidin ist nicht wirkungsvoller als an-dere antibakterielle Substanzen, wie zum Bei-spiel Öle und Phenole. ☐Chlorhexidinhaltige Lacke sind für die Anwen-dung zu Hause gut geeignet. ☐Vor der Anwendung von CHX in der Gingivi-tistherapie sollte der Biofilm von den Zähnen umfassend und sorgfältig entfernt werden. ☐Chlorhexidin ist der "Goldstandard" unter den antibakteriellen therapeutischen Mitteln mit der besten nachgewiesenen Wirksamkeit. ☐Für die Kariesprophylaxe sind CHX-haltige Gele genauso wirksam wie CHX-haltige Spü-lungen.

fortbildung

23DER JUNGE ZAHNARZT 04 | 2013