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KAV-Seminar Vergütungsvereinbarung in der Strafverteidigung

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Page 1: KAV-Seminar Vergütungsvereinbarung in der Strafverteidigung

KAV-Seminar

Vergütungsvereinbarung in der Strafverteidigung

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Wozu?

• um dem Vermögensverfall (§ 14 Abs. 2 Nr.7 BRAO) vorzubeugen (Berufspflicht)

• um effektive Verteidigung betreiben zu können (das sog. Zweitmandat)

• um Unabhängigkeit vom Mandanten und von der Justiz zu erhalten – schlimmstenfalls zu erlangen (RVG VV 4141)

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Wann?

• möglichst früh• BGH Urt. V. 07.02.2013 – IX ZR 138711 – = BeckRS 2013,

06891: erstmaliges Verlangen vor Gerichtstermin mit Androhung Mandatsniederlegung kann widerrechtliche Drohung enthalten (Anfechtung/Schadensersatz auf Befreiung von Vergütungsversprechen)

– ggfs. Verlust des Anspruches auf gesetzliche Vergütung des geleisteten Teils bei Wahrmachen der Kündigung BGH Urt. 29.09.2011 – IX ZR 170/10 – (Interessewegfall nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB)

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Wann? (beim inhaftierten Mandanten)

Überraschungsmoment/Sittenwidrigkeit (nicht sofort / mit „Überlegung“)

Kautionsrückzahlungsanspruch als Sicherheit? BGH BRAK-Mitt. 2009, 88: Verrechnung verstößt ge- gen Sicherungscharakter der Zweckbindung. Damit ist Modifikation der Sicherungsvereinbarung nicht ausge- schlossen (instr.: Sefrin KammerForum 2014, 116ff.)

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Warum?

Weil die Vergütungsvereinbarung das strafrechtliche Mandat

„verrechtlicht“

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Welche?

• Erfolgsabhängig• Erfolgsunabhängig• Pauschalvereinbarung• Stundensatz• Tarifgebunden• Nachträgliche Vergütungsvereinbarung

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Vereinbarung über 

 erfolgsabhängige erfolgsunabhängige

Vergütung

(von einem als „Erfolg“ (Normalfall der dienst-definierten Ereigniseintritt leistungsbezogenenabhängige Vergütung) Vergütung)

„Erfolg“ z.B.• Freispruch• Einstellung d. Verf.• günstige Entsch. i. Haftverf.• Vermeidung HV (VV 4141) u.a.

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RVG ist Berufsgesetzi.S.d. § 43 BRAO als Transportnorm

Abbedingung durch Vergütungsvereinbarung nur in den Grenzen der §§ 3 ff. RVG möglich

Gesetzliche Voraussetzungen der erfolgsabhängigen Vergütungsvereinbarung (§ 4a Abs. 1 RVG): wirtschaftliche Insuffizienz des Mandanten (keine RS-VS,

anderw. Kostenträger und keine notwendige Verteidigung) ohne Erfolgsvereinbarung Zugang zum Recht versperrt Darlegung Höhe gesetzlicher/erfolgsunabh. Verg. (§ 4a Abs.

2 Nr. 1 RVG), Erfolgsdef., Höhe der Erfolgsverg. (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 RVG) und der vom Mandanten geschilderten Gegebenheiten für die Erfolgsaussicht (§ 4a Abs. 3 RVG)

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Gesetzliche Erfolgsvergütung

Klassisch: VV 4141 (vgl. auch z.B. VV 1000 - 1005)

Erhöhung dieser Gebühren durch Vereinbarung ohne die Voraussetzungen des § 4a RVG möglich (§ 49b Abs. 2 Satz 3 BRAO)

Nur für die Tatbestände in VV 4141 (also nicht für Freispruch, günstige Haftentscheidungen pp.) und nicht in Kombination mit weiteren RVG-Bestimmungen modifizierenden Vereinbarungen „ohne weitere Bedingungen“

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Wie hoch?

Unangemessenheit /„Mäßigungsgebot“

BGHZ 162, 98ff. = NJW 2005, 2142ff.: das Fünffache der Höchstgebühr erzeuge eine Vermutung für Unangemessenheit der Vergütung weil der Gebührenordnung ein „Mäßigungsgebot“ innewohne.

Überholt nach BVerfG NJW-RR 2010, 259ff. = StV 2010, 89 durch: BGH NJW 2010, 1364; BGH AnwBl. 2011, 148: rückblickende Kontrollrechnung nach fiktivem Stundensatz – substantiierte Darlegung erforderlich

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Pauschalvereinbarung

Höhe: Aufwandskalkulation + Zuschlag oder

Ideenvergütung

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Stundensatzvereinbarung

Höhe: RAK Köln hält in Gebührengutachten Stundensätze zwischen 150,00 € und 500,00 €OLG Koblenz Beschl. v. 26.04.2010 – 5 U 1409/09 – = BeckRS 2010, 12986

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Mindeststandards

Für alle Gestalten von Vergütungsvereinbarungen:

• Trennungsprinzip, § 3a Abs. 1 S. 2 RVG• Abstufung nach Verfahrensabschnitten (Bestimmtheit

und Praktikabilität)• Textform, § 3a Abs. 1 S. 1 RVG• Hinweispflichten § 3a Abs. 1 S. 3• möglichst wenig kautelarjuristische Bemühungen (AGB)• Gerichtsstandklausel bei Wohnsitz des Mandanten im

Ausland

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Fallstricke (1)

Pauschale

• Verfallklausel nach OLG Köln Urt. 10.01.2012 – 24 U 103/10 – = BeckRS 2012, 03590 berufswidrig (u.B. auf BGHSt 27/366 zu früheren Standesrichtlinien – führt zu Unwirksamkeit der

Klausel und Anwendung ges. Regel des § 628 Abs. 1 S.1 BGB: Abrechnung des geleisteten Teils)

• unzureichende Beschreibung des Abgeltungsbereichs (Bestimmtheit)

• fehlende Dokumentation (nachträgl. Rechtf. Angem.)

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Fallstricke (2)Stundensatzvereinbarung

• Zeittakt Zulässigkeit str. : OLG Düss., Urt. 07.06.2011 – I – 24 U 183/05 – (unzul.); OLG Karlsruhe Urt. v. 28.08.2014 – 2 U 2/14 – zulässig, wenn vereinb. BGH Urt. 21.10.2010 – IX ZR 37/10 – offen gelassen• unzureichende Abgrenzung von Anwaltszeitaufwand zu Wartezeiten,

Fahrtzeiten• fehlende Fälligkeitsregel• fehlende zeitliche Eingrenzung des Geltungsbereichs• Fehlende Mindestgebühr für Tätigkeiten im gerichtlich anhängigen Verfahren

(unzulässige Gebührenunterschreitung – §§ 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO, 4 Abs. 1 RVG)

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Fallstricke (3)

Tarifgebundene Vereinbarung

§ 4 Abs. 3 Satz 2 RVG: Bleibt die Bestimmung der Vergütung dem RA überlassen, ist nur die gesetzliche Gebühr geschuldet. Deshalb führen Bestimmungen wie „das Doppelte der gesetzlichen Gebühr“ nur zu deren einfachem Satz. Möglich: Vielfaches der Höchst-/Mindest-/Mittelgebühr

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Leistungsstörungen

• Keine Verrechnung zweckgebundener Zahlungen

• Zurückbehaltung von Leistungen kein Zurückbehaltungsrecht im Dienstvertrag Mandat niederlegen• Vorzeitige Beendigung/Mandatsniederlegung Bei Pauschalvereinbarungen Abrechnungsmodus (z.B. Stundensatz) vereinbaren

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Rechtsfolgen fehlerhafter Vergütungsvereinbarungen

Kein Gegenleistungsanspruch aus

• sittenwidriger Vereinbarung (Wucher, Überrumpelung – Vorsicht beim inhaftierten Mandanten!)

• formfehlerhafter Vereinbarung (Reduzierung auf ges. Gebühr als vertr. Anspruch BGH Urt. 05.06.2014 – IX ZR 137/12 – )

• Vereinbarung ohne ausreichende HinweiseBGH Urt. v. 25.09.2014 – 4 StR 586/13 – Betrug d. Unterl.

Es gilt zur Rückabwicklung ausschließlich Bereicherungsrecht (§ 4b Satz 2 RVG)

Bei Unwirksamkeit einzelner Klauseln gilt § 306 Abs. 2, 3 BGB

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Vergütungsvereinbarung bei Pflichtverteidigung

Im Gegensatz zum PKH-Mandat (§ 3a Abs. 3 RVG) möglichZu beachten: Anrechnung, § 58 Abs. 3 RVGgesteigerte Hinweisanforderungen (doppelte

Kostenbelastung bei Verurteilung)Keine Drohung mit „Dienst nach Vorschrift“

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Vergütungsvereinbarung mit Dritten/Abrechnung mit RS-VS

Besonderheiten ergeben sich aus Verschwiegenheitspflicht (z.B. detaillierte Abrechnung gegenüber dem Arbeitgeber) und Leistungsstörung im Verhältnis zu Vergütungsschuldner

Im Zweifel: gesamtschuldnerische Haftung vereinbaren

Sonderproblem: Vorsteuerabzugsberechtigung des versicherten Unternehmens führt nicht zu Nettovergütung beim Verteidiger des mitversicherten AN: EUGH (1. Kammer) vom 21.02.2013 – C-104/12 – (Verteidigung keine umsatzbezogene Tätigkeit)

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Vergütungsvereinbarung bei Beratung/Erstberatung

• Gesetzliche Empfehlung § 34 Abs. 1 RVG

Folgen bei Mißachtung: § 612 BGB Vergütung nach dem Discount des

Beratungsmarktes• Anrechnung § 34 Abs. 2 RVG• Formfrei wirksam, § 3a Abs. 1 Satz 4 RVG

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Nachträgliche Vergütungsvereinbarung

Die nach Abschluss des Mandats getroffene Vergütungsvereinbarung (freiwilliger Aufschlag/Erfolgsbonus pp.) ist ebenfalls an die Anforderungen des § 3a RVG gebunden (Wortlaut § 3a RVG)str. dafür: OLG Hamm Urt. V. 22.07.2010 – 28 U 237/09 - =

BeckRS 2010, 22728dagegen: Hartung/Schons/Enders RVG § 3a, Rdnr. 25