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(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut fiir Genealogie und Demographie der Deutsehen Forschungsanstalt fiir Psychiatrie in Miinchen.) Kinder aus Ehen zwisehen einem endogen oder reaktiv Geisteskranken und einem Querulanten oder induziert Gest~rten. Von Bruno Schulz, Assistent des Instituts. Mit 1 Textabbildung. ( Eingegangen am 26. August 19g0.) Materialgewinnung und Gruppierung. Kfirzlich berichtete ich in dieser Zeitschrift fiber Kinder endogen psychotischer E1ternpaare 1. Die Paare wurden, ohne dab die psychische Beschaffenheit der Kinder dabei eine Rolle spielen konnte, aus einer weit grSl~eren Anzahl ebenfalls auslesefrei gesammelter, ganz allgemein geisteskranker Elternpaare gewonnen. N~heres fiber die Art der Ma- terialgewinnung, sowie fiber die Unterstfitzung, die mir die Herren Entres und Bischo/dutch Diagnostizierung der Psychosen dabei leisteten, ist in den erw~hnten fffiheren Arbeiten gesagt. Bei Gelegenheit jener Sammlung fanden sieh nun aueh einige Paare, bei denen die beiden Herren, denen ich aueh bei dieser Gelegenheit ffir ihre Mitarbeit noch- reals herzlich danken mSehte, annahmen, daft es sich bei dem einen der beiden Eltern nur um einen ,,Querulantenwahn" oder aueh um ein induziertes Irresein handele, w~hrend sie bei dem anderen Elter ent- weder ebenfalls einen ,, Querulantenwahn" (in einigen F~llen auch eine reaktive StSrung anderer Art) oder eine Schizophrenie diagnostizierten. Von diesen Paaren und ihren Kindern soll hier die Rede sein. Die Untersuchung der Kinder solcher Paare erscheint mir schon deshalb als wertvoll, weft man aus der Beschaffenheit der Kinder yon Personen, die eine querulatorische Reaktion oder eine induzierte Geistes- stSrung durchgemacht haben, wird sehlieflen kSnnen, ob das Erkranken an diesen beiden StSrungen eine genotypische Beschaffenheit zur Vor- aussetzung hat, die als gleich oder verwandt mit der der endogen Geistes- kranken anzusehen ist oder nieht. Die Untersuchung kSnnte also nicht nut rein erbpr0gnostische Bedeutung haben, sondern gleichzeitig unsere Ansicht fiber die Entstehung der beiden StSrungen kl~ren he]fen. Allerdings lieBe sich vielleicht wfinschen, es sollten zu diesem Zwecke nicht Kinder untersucht werden, deren eines Elter als induziert oder 1 Sc]~ulz: Z. Neur. 168, 332 (1940); 169, 311 (1940); 170, 441, (1940). hn folgenden bisweilen kurz als Arbeit I, II und III bezeichnet.

Kinder aus Ehen zwischen einem endogen oder reaktiv Geisteskranken nnd einem Querulanten oder induziert Gestörten

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(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut fiir Genealogie und Demographie der Deutsehen Forschungsanstalt fiir Psychiatrie in Miinchen.)

Kinder aus Ehen zwisehen einem endogen oder reakt iv Geis teskranken und einem Querulanten

oder induziert Gest~rten. Von

Bruno Schulz, Assistent des Instituts. Mit 1 Textabbildung.

( Eingegangen am 26. August 19g0.)

Materialgewinnung und Gruppierung. Kfirzlich berichtete ich in dieser Zeitschrift fiber Kinder endogen

psychotischer E1ternpaare 1. Die Paare wurden, ohne dab die psychische Beschaffenheit der K i n d e r dabei eine Rolle spielen konnte, aus einer weit grSl~eren Anzahl ebenfalls auslesefrei gesammelter, ganz allgemein geisteskranker El te rnpaare gewonnen. N~heres fiber die Art der Ma- terialgewinnung, sowie fiber die Unterstfitzung, die mir die Her ren Entres und B i s c h o / d u t c h Diagnostizierung der Psychosen dabei leisteten, ist in den erw~hnten fffiheren Arbeiten gesagt. Bei Gelegenheit jener Sammlung fanden sieh nun aueh einige Paare, bei denen die beiden Herren, denen ich aueh bei dieser Gelegenheit ffir ihre Mitarbeit noch- reals herzlich danken mSehte, annahmen, daft es sich bei dem einen der beiden El tern nur um einen , ,Querulantenwahn" oder aueh um ein induziertes I r resein handele, w~hrend sie bei dem anderen Elter ent- weder ebenfalls einen ,, Querulantenwahn" (in einigen F~llen auch eine reakt ive StSrung anderer Art) oder eine Schizophrenie diagnostizierten. Von diesen Paa ren und ihren Kindern soll hier die Rede sein.

Die Untersuchung der Kinder solcher Paare erscheint mir schon deshalb als wertvoll, weft man aus der Beschaffenheit der Kinder yon Personen, die eine querulatorische Reakt ion oder eine induzierte Geistes- stSrung durchgemacht haben, wird sehlieflen kSnnen, ob das Erkranken an diesen beiden StSrungen eine genotypische Beschaffenheit zur Vor- aussetzung hat , die als gleich oder verwandt mi t der der endogen Geistes- kranken anzusehen ist oder nieht. Die Untersuchung kSnnte also nicht nut rein erbpr0gnostische Bedeutung haben, sondern gleichzeitig unsere Ansicht fiber die En ts tehung der beiden StSrungen kl~ren he]fen.

Allerdings lieBe sich vielleicht wfinschen, es sollten zu diesem Zwecke nicht Kinder untersucht werden, deren eines Elter als induziert oder

1 Sc]~ulz: Z. Neur. 168, 332 (1940); 169, 311 (1940); 170, 441, (1940). hn folgenden bisweilen kurz als Arbeit I, I I und I I I bezeichnet.

58 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

als Querulant, deren anderes ebenfalls als psychotiseh oder doeh als zum mindesten zeitweise psychisch gestSrt anzusehen ist, sondern es seien Kinder zu untersuchen, deren eines El ter als psychisch unauf- f~llig anzusehen ware. (Das als induziert geltende Elter braucht j.~ durchaus nicht immer dutch seinen Zeugungspartner, sondern kSnnte ja aueh dutch irgendeine andere Person, etwa dutch ein Geschwister oder dutch einen ttausgenossen, induziert sein.) Da mir indes yon syste- matischen Untersuchungen fiber die Kinder yon Personen mit indu- ziertem Irresein bisher fiberhaupt noch nichts bekannfl ist, und auch fiber die Kinder yon Querulanten bisher erst wenige Untersuchungen vorliegen, sei doch fiber das an und ffir sich zun~chst vieneicht weniger geeignet erscheinende Material berichtet, das uns beim Sammeln geistes- kranker Ehepaare ohne wei$eres mit zugefallen war. Untersuehungen einerseits fiber die Beschaffenheit der Kinder yon endogen psyehoti- schen Elternpaaren, andererseits fiber die Besehaffenheit der Kinder yon nichtpsyehotisehen Eltern, und dri t tens solehe fiber die Beschaffen- heit yon Kindern, deren eines Elter psychiseh unauff~llig, deren anderes endogen psychotiseh ist, liegen ja vor, so dab ein sinnvoller Vergleieh der Befunde immerhin m6glich sein wird.

In bezug auf das induzierte Irresein lieBe sich rein Sheoretisch ver- tauten, es kSnne jemand nur dann die wahnhaf ten Ideen eines Schizo- phrenen teilen, wenn er der Schizophrenie verwandte Anlagen besitze. Ebenso abet lieBe sich vermuten, gerade ein zur Schizophrenie neigen- der, autistischer Mensch werde nur selten sich einen Wahn aufdr~ngen lassen, vielmehr k~men hierfiir nur oder v o r allem Menschen einer eher entgegengesetzten Wesensart, n~mlich solche einer besonderen Suggesti- biliti~t in Betracht. Zwar hat v. Baeyer 1 fiber versehiedene F~lle yon konformen Wahn bei Schizophrenen, zumeist Ehepaaren, berichtet, und er ist fiberzeugt, dale" unter den Beschreibungen des induzierten Irreseins noch manch anderer Fall yon echter, konformer Doppelsehizo- phrenie verborgen sei. I)emnach kann an der M5glichkeit, dab kon- forme Krankheitserscheinungen auch bei beidseitigen eehten Sehizo- phrenien einmal vorkommen, wohl kaum gezweifel~ werden. Doeh ist damit noch nicht etwa wahrscheinlich gemacht, dal3 auch das echte induzierte Irresein auf irgendwelchen der Schizophrenie verwandten An- lagen beruhen mfil~te. Andererseits aber wird man es nach v. Baeyers D~rlegungen ffir besonders angezeigt halten, da~ die Frage etwaiger Zu- sammenh~nge zwisehen induziertem Irresein und der Anlage oder den Teila~lagen zur Schizophrenie einmal empirisch iiberprfift wird.

Nun ist, wie eingangs bemerkt wurde, der Par tner des induzierten Elters bei den hier verwendeten Paaren nicht immer ein Schizophrener, sondern bei einem Teil der Paare (nur) ein reakt iv Geisteskranker, oft

1 Baeyer, v.: Z. Neur. 140, 398 (1932).

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 59

ein Querulant. D a s i s t de sha lb wicht ig , well meines E r a c h t e n s du rch Kolles U n t e r s u c h u n g e n 1 sehr wahrsehe in l ieh gemaeh t is t , daft d ie queru- l a to r i sche R e a k t i o n als solche, s o w e r sie n i eh t e twa n u t e ine ~ u f l e r u n g e iner endogenen P s y e h o s e ist , zum mindes t en ke ine engeren Bez i ehungen zu r Seh izophren ie aufweis t .

Vor der Untersuehung Kolles h~tte man auf Grund der VerSffentliehung v. Economos ~ derartige Beziehungen annehmen kSnnen, wenn man aueh ganz ab- gesehen yon den Untersuchungen Kolles den Befunden v. Economos wohl keine Allgemeingfiltigkei~ h~tte zusprechen dfirfen. Die Sehizophrenieh~ufigkeit so- wohl unter den Kindern wie unter den Gesehwistern der 14 Falle v. Economos, von denen iibrigens 2 bereits yon anderer Seite verSffentlieht worden waren, i s t so hoch, daft es zu ihrer Erkl~rung auch kaum genfigen kann,' dbxauf binzuweisen, dab ein Tell der Probanden v. Ecvnam~s querulierehde Schizophrene seien. Die Sehizophrenieh~ufigkeit betr~gt, selbst wenn wir jede Person bei Berechnung der Bezugsziffer roll reehnen, 27 % unter den Kindern und 14% unter den Gesehwistern der Querulanten v. Economos, ist also h0her, als sie unter den Kindern bzw. Ge- schwistern yon Sehizophrenen gefunden wurde. Sic muB also wohl entweder auf einen nur infolge der Kleinheit des Materials mSgliehen, an sich unwahrsehein- lichen Zufalls zuriickgefiihrt werden oder die Folge einer unbeabsichtigten Aus- lese sein, fiber deren Zustandekommen sieh auf Grund der VerSffentlichung selbst allerdings nur rage Vermutungen anstellen lassen.

U n t e r d iesen U m s t ~ n d e n h ie l t ieh es fiir r ieht ig , d ie 17 in vor l iegen- d e r A r b e i t v e r w e n d e t e n P a a r e wenigs tens in zwei Gruppen au/zuteilen, n~ml ieh in eine Gruppe, bei denen der eine Partner als endogen psycho- tisch (fast s t e t s a ls sch izophren) gal t , der andere als reaktiv gestSrt (sei es a ls induz ie r t , sei es a ls y o n sieh aus queru la to r i sch r eag ie rend) , u n d in eine zweite ~ruppe, bei der beide Partner nur als reaktiv gestSrt (sei es a ls queru la to r i seh , sei es a ls sons twie k r a n k h a f t reag ierend , v ie l l e i eh t a u e h als induz ie r t ) angesehen wurden . Die 11 e r s t en P a a r e d e r T a be l l e 1 b i lden die e r s te G r u p p e , d ie 6 l e t z t en die zweite. Auf die in de r T a b e l l e f i ir jedes P a a r a n g e g e b e n e soziale Sehieht , sowie auf das E r k r a n k u n g s . a l t e r (EA) des V a t e r s (V.) bzw. de r M u t t e r (M.) werden wir im n ~ e h s t e n A b s c h n i t t z u r i i e k k o m m e n 3. H ie r sei nu r gesagt , dab d ie hochges t e l l t en B u e h s t a b e n jewefls n e b e n d e m E A angegeben, ob das be t r e f f ende E l t e r als Sch izophren ie bzw. man i sch -depres s ives I r rese in (S bzw. M), a l s Que ru l an t (Q), i n d u z i e r t p sycho t i s eh (In), oder als eine p s y e h o p a t h i s e h e R e a k t i o n a n d e r e r A r t (Ps) ge f i ih r t wurde . Es k a n n ke in Zweife l sein, d a b das Ma te r i a l a u c h i n n e r h a l b j ede r der be iden G r u p p e n une inhe i t - l ieh ist , u n d d a b es w i insehenswer t w~re, nu r Paa re d u r c h a u s g le iehe r A r t g e m e i n s a m zu b e t r a c h t e n . Doeh is t dazu das M a t e r i a l zu k le in .

Es is t f e rne r h inzuzuf i igen , daft, wenn ich aueh endogene P s y e h o s e n u n d kra~l~haf te R e ~ k t i o n e n fiir g runds~tz l ich Versehiedenes ha l t e , es

z Kolle: Arch. f. Psychiatr . 95, 24 (1931). - - ~ Economo, v.: Jb. Psychiatr. 36, 418 (1914). - - a Als Vater bzw. Mutter werden b i e r - in ~bereinstimmung mit den drei anderen Arbeiten - - stets die beiden Partner des betreffenden Paares bezeiehnet.

60 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

Tabel le l . (~bers ich t f iber die 17 P a a r e v o r l i e g e n d e r A rbe i t .

N r . des

Paares

!

IV 1 IV 2 IV 3 IV 4 IV 5 IV 6 IV 7 IV 8 IV 9 IV l0 IV l l

IV 12 IV 13 IV 14 IV 15 IV 16 IV 17

Soziale Schmht

des Paares

V.

3 46 S 3 38 s 1 55 In 3 44 In 4 50 In

3 39** 3 51S 3 43 S* 3 51 s* 3 41Q 3 58 Q

54 Q 62 Q 48 Q 39 In 53 Ps 45 In

EA

M.

50 In 30 In 488 33 s 468 32 Ps 32 In 41 In 48 In 39 s 528

Summe

55 Q 61Q 39 In

45 Q 53 In 39 Ps

Befunde bei den KAndern

Bezugsziffern nach GrSbere Str6mgren ! Weinberg psychische Anomalien

8i L s. I

O,ll 0,64 0,5 0,5 0,03 0,27 0,5 1,0 ~-- 0,55 2,47 2,5 2,5 1 Epi.?; 1 Debiler 1,91 5,01 3,5 4,5 1 MDI; 1 Schizophr. 0,10 0,50 0,5 1,5 , 1,67 2,58 2,5 2,5 ! 0,48 1,86 1,5 1,5 I 2,24 6,16 4,0 5,0] 2 leicht Debile 0,30 1,59 . 1,5. 2,01

8,50

3,62 1,23 0,69 0,73 2,65 0,58

23,94 19,0

4,94 5,0 2,91 2,0 2,02 1,5 1,00 1,0 8,84 6,5 1,75 1,5

Summe 9,50 21,46 17,5

** S oder M. - - * Gleichzeitig Querulant.

23,0

5,0 3,0 2,0 1,0 7,0 1,5

19,5

8 Induzierte 1 neurasthen. Depression

doch n ich t immer mSglich war, m i t S icherhe i t zwischen diesen be iden A r t e n y o n StSrungen zu un te r sche iden , so dab auch die Z u o r d n u n g zu Gruppe I oder I I n ich t i m m e r ohne B e d e n k e n erfolgen konnte . Es sche in t mi r daher nStig, bei den f rag l ichen F~ l l en einiges tiber die Grf inde de r Zuordnung anzufi ihren. Die e inze lnen Pe r sonen sind, wie in den f r i iheren Arbei ten, in der Kasu i s t ik (S. 79f.) kurz geschfldert .

I n bezug auf die Di//erentialdiagnose zwischen querulatorischer Re- aktion und endogener Psychose lieB Entres bei dem Va te r des Paares I V 9 , sowie bei dem des Paares IV 10 die F r a g e often. I ch rechne te den e r s t en y o n i hnen zu den Schizophrenen. Z w a r k a n n bei i hm alles das, was zu seiner Ein l ie ferung in die Ans t a l t f i ihr te , du rchaus im Sinne eines r e inen QuerulanSenwahns ve r s t anden werden , d . h . sein , ,W ahn" (soweib e r m i t dem Ereignis bzw. Er lebnis zusammenhKng t , das zur E in l i e fe rung des K r a n k e n in die Ans t a l t f i ihrte) is t n i ch t in dem Sinne sch izophren zu nennen , da$ es sich u m einen frei a u f t a u c h e n d e n W a h n yon p r i m ~ r e m Bedeu tungsbewuBtse in hande l t ; der n o r m a l e Ak tvo l l zug ist in dieser H i n s i c h t keineswegs q u a l i t a t i v a b g e ~ n d e r t (Kolle). UnabhKngig aber ,

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 61

so m6chte ich sagen, von diesem seinem nicht psychotischen, sondern (sit venia verbo) , ,normalen" Verhalten eines nur psychopathischen Querulanten scheint mir nun der t)roband in der Anstal t Symptome einer Schizophrenie dargeboten zu haben. Er berichtet yon Gedanken- entzug, er kann die Zukunf t voraussehen, meint, dab die Stiche, die er an seinem t te rzen fiihlt, irgendwo aus der Ferne herkommen. Man kSnnte fragen, ob hier eine Schizophrenie vorlag, die ohne den (an sieh durehaus nicht sehizophrenen) Querulantenwahn nicht bemerk t worden w/~re. (•ber den Aufenthal t des Kranken in einem Nervenlazare t t im Alter yon e twa 36 Jah ren ist leider nichts N~heres in Erfahrung zu bringen.) Man k6nnte sogar fragen, ob die Sehizophrenie nicht erst durch das Erlebnis der Hausausweisung und seine Folgen ausgel6st ist. Man wird aber auch fragen k6nnen, ob der Proband wohl auf die Aus- weisung mi t einem Querulantenwahn reagiert h~tte, wenn er nieht (latent) schizophren gewesen w~re. - - An sieh handelt es sich iibrigens bei dem Kranke n um einen fiir einen Querulanten auffallend wenig energischen, ja affektarmen, im Grunde mehr depressiven Mensehen. Ob m a n ihn iiberdies wegen seines zweimaligen Zuriickbleibens in der Schule als sehwachsinnig bezeiehnen darf, sei dahingestellt. Sehwach begabt wird man ihn nennen miissen.

Die Verhs seheinen mir bei diesem Probanden s zu liegen wie bei dem Vater des Paares I V 8 (s. Kasuist ik S. 85), bei dem wohl n iemand an einer endogenen Psychose zweifeln wird, obwohl sieh bei ihm auch nach vielen J ah ren noeh Ideen finden, die sich u m den ProzeB drehen. Eine gewisse J~hnlichkeit liegt aueh bei der Mut ter des Paares IV l l vor, insofern als sie als induzierte Querulantin in die An- stal t aufgenommen wurde, aber eine Schizophrene war bzw. sieh zu einer solchen entwiekelte. Auch sonst spielt iibrigens bei einem Teil der als sicher endogen psyehotisch gefiihrten t~robanden vorliegender Arbeit ein 1)rozel~ eine RoBe, so bei der Mutter des Paares IV4, und aueh der Vater des Paares I V 6 ist hier zu nennen, bei dem Entres nicht zwisehen Schizophrenie und MDI zu entscheiden wagte; vielleieht wird m a n die endogene Psyehose hier doeh als dutch den Streit ausgel6st ansehen k6nnen.

I m Gegensatz zu dem Vater des Paares IV 9, den ich also der Schizo. phrenie zurechnete, reehnete ieh den zweiten Fall, bei dem Entres die Diffe- rentialdiagnose zwischen Sehizophrenie und Querulantentum often ge- lassen ha t t e - - den Vater des Paares I V 10 - - zu den Querulanten. Aus- geschlossen kann eine Sehizophrenie dort zwar wohl aueh nicht werden. I m Krankenb la t t wurde betont , da~ der Pat ient stets ein starkes Ge- fiihl rechtlieher Beeintr~chtigung zeigte, und die Diagnose Parano ia querulatoria gestellt. Sieherlich wurde eine Schizophrenie in Erw~gung gezogen, aueh einmal der Verdacht ge~ul3ert, dal~ der I~roband hallu- ziniere. Aber es bleibt bei der ~uBerung eines Verdachtes. - - Auch

62 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

diesen Kranken m6chte ieh iibrigens zum mindesten fiir schwachbegabt halten, obwohl im Krankenblat t mehrfach bemerkt ist, dab seine Schul- kenntnisse seinem Stande und Alter entsprechen.

In bezug auf die Frage, ob eine induzierte St6rung oder eine endogene Psychose vorlag, wird man ebenfalls bei einigen Fiillen Zweifel haben k6nnen. So sind z .B . bei der Mutter des Paares IV1 die Wahnideen durchaus die gleichen wie bei ihrem Manne, yon dem sie sich ihr Leben hindurch beherrschen lieB. DaB sie jedoch drei Jahre in der Anstalt blieb (w~ihrend der Mann nach drei Monaten entlassen wurde), stets wenig Affekt zeigte, ist auff~llig, um so mehr, als die Kranke von Haus aus anseheinend nieht schlecht begabt war. Die lange Dauer des Anstaltsaufentha!tes ist auch bei der Mutter des Paares IV9 auff~llig, ebenso ihr steifes, autistisches Verhalten; doch scheint dort beides infolge der mangel- haften Intelligenz verst/tndlicher. Ebenso liel~e sich bei der Mutter des Paares IV2 an eine endogene Psychose denken, um so mehr, als sie in der Anstalt anscheinend eigene Wahnideen (Beeinflussung dureh Metall) produzierte. Aueh beim Vater des Paares IV5 wird sich eine endogene Psychose nieht mit Sieherheit aussehlie6en lassen.

Von den nicht als endogen psyehotiseh gefiihrten Par tnern sind in der ersten Gruppe zwei mit Sicherheit nicht induziert: der bereits er- w~ihnte Vater des Paares IV10, bei dem die Diagnose zwischen Schizo- phrenie und querulatorischer Reaktion schwankt, und der Vater des Paares I V l l , der mit Sieherheit als hypomanischer Querulant gefiihrt wurde. Auch die Mutter des Paares IV6, deren Partner ebenfalls be- reits erw/ihnt wurde, wird man vielleicht besser nicht als induziert an- sehen, sondern bei ihr yon einer durch die Erregung fiber die psychische Erkrankung des Gatten ausgel6sten reaktiven Psychose sprechen. Der Vater des Paares IV3 und die Mutter des Paares IV7, die beide als induziert gefiihrt wurden, bieten insofern Besonderheiten dar, als es sieh bei ihnen um von Haus aus depressive Pers6nlichkeiten handelt.

In unserer zweiten Gruppe ist bei den vier ersten Paaren ein Partner als Querulant gefiihrt, der zweite ebenfalls als Querulant oder als in- duziert gest6rt. Bei diesen vier Paaren ist nur in einem Fall, bei der Mutter des Paares IV14, mit der M6glichkeit einer endogenen Psyehose zu reehnen; es bestand bei ihr aueh der Verdaeht auf Stimmenh6ren. Bei dem vorletzten Paare (Paar IV 16) handelt es sich bei dem einen Partner, tier Mutter, zwar mit Sieherheit um eine induzierte St6rung, doch unter- scheidet sieh dieses Paar ebenso wie das Paar IV17 insofern yon den anderen Paaren dieser Gruppe, als der Partner des Induzierten hier keine querulatorische, sondern eine psychopathische l~eaktion anderer Art darbietet. Bei dem Paar IV17 handelt es sich bei der Mutter wahr- seheinlich um eine psychopathische Reaktion bei Alkoholismus (weniger wahrscheinlich ist eine Schizophrenie), beim Vater diirfte eine psycho- pathisehe Reaktion bei Alkoholismus vorliegen, vermutlich auf Grund der Beeinflussung durch seine Partnerin.

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 63

Erkrankungsalter, soziale Schiehtung und Intelligenzgrad der Eltern. Es wurde bereits erw/~hnt, dab die als schizophren geftihrten El tern

vorliegender Untersuehung zu einem Tell ebenfalls querulatorische Ziige aufwiesen bzw. dab sieh die Psychose bei ihnen im Anschlul3 an einen Rechtss t re i t entwickelte oder doeh bei Gelegenheit eines solchen zu- rage t rat . Wie bei ihnen scheint es sieh auch bei den Schizophrenien, die nieht mi t Rechtsstrei t igkei ten zu tun hat ten, zum mindesten grSBten- tefls um die paranoide Form der Sehizophrenie zu handeln. Ieh k6nnte mir denken, dab es kein Zufall ist, dab bei El ternpaaren, deren einer Par tner als induziert anzusehen ist, der sehizophrene Par tner so oft die paranoide Fo rm der Schizo- phrenie darb ie te t oder das Bild einer querulatorisehen Reakt ion zeigt. Der Ka ta tone oder der yon Anfang an fang- sam verblSdende t tebephrene ~4rd viel weniger imstande sein, einen Anh/~nger zu ge- winnen als der Paranoide, und noch leichter als der para- noide Schizophrene wird ja wohl der querulierende Psy- chopath Anh/inger linden. Vielleicht wird m a n auch sagen k fnnen , dab von den

] A L . . . . . . " .

Erkran~un~xuller Jahre Abb. 1. V e r t e i l u n g d e r E r k r a n k u n g s ~ l t e r b e i d e n s c h i z o p h r e n e n E l t e r n v o r l i e g e n d e r A r b e i t (S~) so- wie d e r A r b e i t e n I (S~) u n d I I I ($3). (Die K u r v e n

w a r d e n ausgeg l i chen . )

drei schizophrenen Unter formen wiederum die paranoide Unter form am ehesten die ihr yon einer anderen Seite dargebotenen Wahnideen aufgreffen wird. Eine solche anfangs als induziert angesehene Sehizo- phrenie ist z. B. die bereits erwi~hnte Mutter des Paares I V 11 und m6g- licherweise auch die des Paares IV1.

Mit dem Vorherrsehen der paranoiden Formen hitngt es vielleicht zusammen, dab die schizophrenen Eltern vorliegender Arbeit ein be- sonders hohes Erkrankungsalter zeigen; vielleicht abe t sind die Zu- sammenh/~nge allerdings auch anderer Natur , so k6nnte z .B . ein In- duziertwerden des Ga t t en besonders oft erst naeh langj/ihriger Ehe er- folgen. I m einzelnen ist das EA ftir jedes El ter aus Tabelle 1 ersieht- lieh. I n Abb. 1 ist die Kurve ftir die Verteflung der EA der 11 sehizo- phrenen El te rn vorliegender Arbeit ($4) der der schizophrenen El tern der Arbeit I fiber die schizophrenen El ternpaare ($1) und der der schizo- phrenen El tern der Arbei t I I I tiber die El ternpaare mi t einem schizo- phrenen und einem affektivpsychotisehen Par tner (83) gegentibergestellt. Die Kurven wurden entspreehend denen in den Abbfldungen der Ar- beit I I I und denen der Abb. 2 der Arbeit I I ausgeglichen. Selbstver- st/~ndlich ist das Material zu klein, als dab die Verteflung der EA als

64 Bruno Sehulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

aUgemeingfiltig fiir schizophrene El tern mi t einem induzierten Par tner angesehen werden k6nnte.

Die Querulanten , ,erkranken", wie wenigstens nach den Ziffern der Tabelle 1 anzunehmen w/~re, noch sparer als die Schizophrenen vor- liegender Arbeit. Allerdings ist es wohl besonders schwer, den Beginn der querulatorischen Reakt ion festzulegen. Oft erfolgte die ]~inliefe- rung in die Anstal t erst jahrelang naeh dem Beginn des l~eehtsstreites, doch w/~re es sicher nicht immer richtig, bereits den Beginn des Prozesses als Beginn der querulatorisehen Reakt ion anzusehen. So habe ich als EA fiir den Vater zu Paar IV10, den zu 1)aar IV13 und den zu Paar IV14 in Tabelle 1 iiberall den Termin der Einlieferung in die Anstal t eingesetzt, die jeweils erst 1(}---15 Jahre nach dem ProzeBbeginn erfolgte. DaB die querulatorische Reakt ion mit Vorliebe im reiferen Alter auftr i t t , ha t te auch Kolle gefunden, wenn sieh das auch in noeh h6herem Grade in bezug auf seine Paranoiker (f/Jr die er die Bezeichnung Paraphrene vorschl/~gt) sagen lieB. Es liegt nahe, dab fiir Querulanten mi t in- duzierten Ehepar tnern ein besonders hohes EA anzunehmen ist.

Kolle hat besonders auch auf die soziologischen Beziehungen hin- gewiesen, die fiir die Entwicklung einer querulatorischen Reakt ion von Bedeutung sind, gipfeln ja (wie er selbst sagt) seine diesbeziiglichen Er- 6rterungen in der Feststellung, dab der , ,Querulantenwahn" - - eine Bezeichnung, die er ablehnt - - zu einem groBen Stfick das sei, was Weizsdcker als Sozialneurose definiert habe. Kolle teilte seine l~/~lle auf Grund ihrer Berufe drei sozialen Kreisen zu und fand die Verteilung einer- seits bei den Paranoikern und andererseits bei den Querulanten so,

wie aus nebenstehender

Paraphrenie Querulanten

Oberer ~ M i t t l e r e r U n t e r e r

sozi~ler K r e i s

13 : 20,0% [ 49 ~ 74,0% 5 ~ 10,2% ! 37 : 75,5%

4 ~ 6,0% 7 ~ 14,3%

Zusammenstel lung her- vorgeht. Er wies dabei auf die relat iv starke Beteiligung der unteren Schichten hin.

Wie in meinen drei anderen Arbei ten fiber die Kinder geisteskranker El ternpaare habe ieh auch hier wieder nach Luxenburgers Vorgang das Material in vier soziale Schichten aufzuteilen versucht, die nach dem Beruf des Mannes (des Vaters) gebildet wurden. Ftir die einzelnen Paare ist die jeweilige Schieht in Tabelle 1 angegeben. Bei der geringen Anzahl der Paare sah ieh keinen anderen Weg, als wohl oder iibel alle 17 Paare hinsiehtlieh der prozentualen Vertei lung auf die vier Schichten gemeinsam zu betrachten. Ieh glaubte mieh dazu etwas eher berechtigt, als ein Blick auf die Tabelle 1 zeigt, dab in beiden Gruppen die l~ehr- zahl der l~aare der Sehieht I I I angehSrt. Die prozentuale Verteilung ist aus Tabelle 2 zu ersehen; dort ist auch das Vergleiehsmaterial wieder- gegeben, das ich bereits in Arbeit I I angeffihrt hat te .

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 65

Tabelle2. Die p r o z e n t u a l e V e r t e i l u n g der E l t e r n p a a r e v o r l i e g e n d e r A r b e i t und des V e r g l e i e h s m a t e r i a l s auf die s o z i a l e n S c h i c h t e n .

Affektivpsychotische Elternpaare . . . . . MDI-Probanden ,.~laters . . . . . . . . . Kreuzung MDI • Schizophrenie . . . . . Schizophrene Elternpaare . . . . . . . . Durehschnittsbev61kerung . . . . . . . . Elternpaare vorliegender Arbeit . . . . . . Kreuzung Endogene Psychose • Epilepsie .

Soziale Sehicht

I II III IV

34,5 29,1 29,I 7,3 21,5 28,9 37,0 12,6 13,3 36,7 33,3 16,7 13,3 26,7 40,0 20,0 9,1 30,2 39,8 21,0 5,9 5,9 76,5 11,8 5,3 21,0 26,3 47,4

Bezugs- ziffer

55 135 30 30

etwa 2300 17 19

In bezug auf das Durchschnittsmaterial erw/~hnte ich in Arbeit II , S. 325, dab es sich insofern nichg gut zum Vergleich eignete, als es sich bei ihm nicht, wie bei den iibrigen Gruppen, durchwegs um Eltern handelte. Ich habe daher aus den gleichen vier Arbeiten 1, aus denen Luxenburger die oben wiedergegebenen Ziffern eines Durchschnittsmaterials gewonnen hat, nut die V/~ter der dortigen Probanden zusammengestellt. Sie verteilen sich auf die Schichten I - - I V wie folgt: 9,5%; 36,9%; 38,7%; 14,9%. Doch daft man natiirlich auch die soziale Schichtung der V/~ter aus diesen vier Arbeiten noch nicht als repr/~sentativ fiir die soziale Schichtung der VKter einer ,,Durchschnittsbev61kerung" ansehen. Die 1)robanden der hier verwencleten vier und der meisten genealogischen Durch- schnittsuntersuchungen sind jeweils sozial in bestimmter, stets anderer Weise geschichtet, je nachdem, ob sie mehr eine LandbevSlkerung oder eine StadtbevSlke- rung darstellen, ob sie als Aufnahmen yon Krankenh~usern, und welcher, ge- wonnen sind, oder ob als Bewohner bestimmter Stadtviertel und ob als Angehfrige einer friiheren oder sp/~teren Zeitepoche usw. Es wiirden z. B. bei Einbeziehung der Eltern zweier Untersuchungen yon Krankenhausaufnahmen 2 die eben an- gegebenen Ziffern wie folgt lauten: 8,5%; 33,8% 40,2%; 16,6%, und die ent- sprechenden Ziffern ftir die Eltern einer yon D. Boeters 3 untersuchten Probanden- gruppe aus einem bestimmten Breslauer Bezixk lauten sogar: 4,3%; 19,4%; 26,5% ; 49,8%.

Wie in den f r i ihe ren Arbe i t en habe ich mich auch h ie r bemi ih t , die ve r sch iedenen Ma te r i a lg ruppen , im ganzen gesehen, n a c h der t t 6 h e

ihrer jewei l igen sozialen Sch ich tung anzuordnen, und h a b e nach d iesem Ges ich t spunk t die P a a r e vor l iegender Arbe i t an vo r l e t z t e r Ste l le der Tabel le 2 eingeft igt . Z w a r ist bei ihnen die Schicht I V schw~cher ver- t r e t e n als in a l len Verg le i chsg ruppen aul3er der ersten, also a u g e r in der der a f f e k t i v p s y c h o t i s c h e n E l t e rnpaa re , doch bleiben Sch ich t I und I I m i t A b s t a n d selbst h i n t e r den an le tz te r SteUe angef i ih r ten (vorl~ufigen) 4 W e r t e n der K r e u z u n g : E n d o g e n e Psychose • Epflepsie zuri ick.

Bei der K l e i n h e i t des Mater ia ls wird m a n in bezug auf die Zi / fe rn vor l iegender A r b e i t a u c h h ie r wieder durchaus m i t Zuf~l l igkei ten r echnen miissen. I m m e r h i n wi i rde es m i t K o l l e s B e o b a c h t u n g e n i ibe re ins t immen ,

1 Schulz: Z. Neur. 109, 15 (1927). - - Luxenburger: Z. Neur. 112, 331 (1928). - - Wol/: Z. Neur. 117, 728 (1928). - - Mag9: Z. Neut. 119, 39 ( 1 9 2 9 ) . - 2 Schulz: Z. Neur. 136, 386 (1931). - - Boeters, H. : Z. Neur. 158, 90 (1935). - - a Boeters, D.: 1~7~, 675 (1936). __4 Vgl. Arbeit II, S. 324/325.

z. f. d. g. Neur. u. Psych. 171. 5

66 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

dab die hfheren Schiehten auffallend gering unter unseren Querulanten ve r t re ten sind. I)al3 man diesem U m s t a n d deswegen weniger Wer t bei- zumessen braucht, weil Kolle gleich mir sein Material in der H a u p t - sache aus 6ffentlichen Anstalten bzw. Kliniken gesammelt hat , m6ehte ieh nicht annehmen. Selbstverstgndlich wird die Herkunf t des Materials sich auch in seiner sozialen Schiehtung ausdrficken. Doch ist demgegen- fiber auch nicht zu vergessen, dab die Herkunf t der h6hergeschichteten Paranoiker Kolles die gleiehe ist wie die seiner Querulanten und ebenso die Herkunf t des yon mir in Tabelle 2 verwendeten Vergleiehsmaterials die gleiehe wie die der El ternpaare vorliegender Arbeit.

Andererseits wies Kolle darauf hin, daB yon seinen 49 Querulanten nu t 4 als wenig intelligent zu bezeichnen seien; doch sei bier zun/~chst offengelassen, ob es auf etwaige Beziehungen zwischen Querulanten- turn und wenigstens einer bes t immten H6he der Intelligenz zurfick- zufiihren ist, dab die niedrigste soziale Schieht, die nach der yon mi r gew/~hlten Einteflung Luxenburgers nur die Arbeiter und Dienstleute umfafl t , unter unseren Probanden besonders selten ver t re ten ist. Wir k o m m e n auf die Frage der intellektuellen Begabung sogleich noeh zu- rfick. Zun/~chst ist ja aueh zu sagen, dab die meisten unserer Probanden, soweit es sich nicht um endogen Psyehotische handelt , gar keine Queru- lanten, sondern induziert Geisteskranke sind, und vielleicht ist unser Material im ganzen gesehen aueh in sozialer Hinsicht weniger dadurch charakterisiert , dab ein Teil der El tern Querulanten sind, als dadurch, dall der eine Par tner beinahe eines jeden Paares jewefls induziert geistes- k r ank ist. ])as aber mag sich in zweierlei Hinsicht auswirken. E inmal mSchte ich glauben, daB unter den induziert Geisteskranken die weniger Begab ten besonders s tark ver t re ten sind, und ist dem so, so helle sich vermuten , dall infolgedessen nun aueh die Ehepar tner der (wenig be- gabten) Induzier ten nicht zu den besonders intelligenten Personen ge- hSren, da die Gattenwahl jedenfalls hinsichtlich des Intelligenzgrades wohl doeh Gleiches und Gleiehes besonders hgufig zusammenfiihrt . Wenn daher Kolle seine Quer~an ten im allgemeinen als iiberdurehsehnitt- lich intelligent bezeichnen konnte, aueh wenn sie den , ,ungebildeten" Schiehten angehSrten, und wenn derar t ig iiberdurehschnittlich Intelli- genre unter meinen Querulanten fehlen, so kann das Fehlen dieser fiber- durehsehnit t l ich Begabten natiirlich durehaus ein Zufall sein. Es kann abe t auch dadurch bedingt sein, daft hier nur solehe Querulanten in das Material hineinkamen, deren Ehega t t en ebenfalls psychiseh auf- fgllig waren, in der Mehrzahl der Fglle im Sinne einer induzierten StS- rung. Demgegenfiber aber mag es aueh gerade auf den Umstand, daB der origin~r geisteskranke Par tner imstande sein mullte, seinen Par tne r zu induzieren, mit zurfickzuffihren sein, dab der ursprfinglieh Geistes- k ranke im allgemeinen ein Menseh von einer gewissen geistigen Reg- samkei t war, also verh/iltnismgllig selten ein AngehSriger gerade der t iefs ten sozialen Schicht.

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 67

Wir erw~hnten soeben, es sei zu vermuten, dab unter induziert Geisteskranken die weniger Begabten besonders stark vertreten sind. Auch Kraepelin berichtet 1, dab es bei den meisten der yon ihm beob- aehteten F~lle yon induziertem Irresein unverkennbar war, dab es sieh nm urteflslose, bisweilen geradezu schwachsinnige, ferner um hyste- risehe oder sonstwie psychopathisehe Pers5nlichkeiten handelte. I n bezug auf einen der in vorliegender Arbeit verwendeten induzierten F~lle (Mutter des Paares IV9) wurde die" geringe Intelligenz bereits er- w~hnt. Es ist aber wohl angezeigt, zu priifen, ob sich allgemein unter den induzierten Eltern vorliegender Arbeit und damit vielleieht aueh unter den Eltern vorliegender Arbeit iiberhaupt h~ufiger Anzeichen fiir eine geringere Begabung feststellen lassen als unter den geistes- kranken Eltern der drei fr'tiheren Arbe i ten . Auf Grund der Schulzeug- nisse und Krankenblatteintri~ge li~Bt sich bei 5 bzw., wenn wit die Mutter des Paares IV6 mit als induziert gest6rt ansehen, bei 6 als induziert ge- fiihrten Eltern eine verh/iltnism~Big geringe Begabung feststellen~. Ferner kommt bei 3 Par tnern der Induzierten ebenfalls eine geringere Begabung in Betracht 3. Das sind in dem genannten Sinne 9 weniger begabte Personen unter insgesamt 34, also 26,5%.

Diese Zahl erscheint recht hoch, doeh linden sich auch bei den sehizo- phrenen Elternpaaren der Arbeit I, wenn wir dort die Paare S 10 und $20 aus den in Arbeit I I erw~hnten Grfinden 4 fortlassen und sie der Arbeit I I I hinzureehnen, bei einer Ausz~hlung in entsprechender Weise unter 56 Eltern 11 geringer Begabte, also immerhin gleichfalls bereits 19,6% 5. Niedriger sehon ist die entspreehende Ziffer, die sieh bei einer Auszs unter den 35 Paaren mit einem schizophrenen und einem affektivpsyehotischen Par tner ergibt. Es sind das die 33 ersten Paare der Arbeit I I I und die Paare S10 und $20 der Arbeit I. I)ort linden sich unter den schizophrenen Partnern 5 geringer Begabte e und unter den affektivpsychotisehen Partnern ebenfalls 57, unter insgesamt 70 Eltern also 10 geringer Begabt~ gleieh 14,3%. Noeh niedriger aber ist die Zahl der weniger Begabten unter den Partnern der affektivpsy- chotischen Elternpaare der Arbeit I I . Von den dortigen 110 Eltern lassen sich 8, also 7,3%, als geringer begabt bezeichnen s. - - A U e diese Befunde kSnnen und sollen nieht als absolute Werte gelten. Dazu sind die Angaben, auf Grund deren ein Elter als weniger begabt gez~hlt wurde, viel zu unsicher. Sie lassen sich jedoeh untereinander vergleiehen. Der grebe Unterschied zwisehen 7,3% bei den affektivpsyehotisehen

1 Kraepelin: Lehrbuch fiir Psychiatrie, 8. Alffl., Bd. 4, S. 1438. 1915. - - 2 Vater zu Paar IV3, IV4, IV17: Mutter zu Paar IV6, IV9, IV 1 4 . - 3 Vater zu Paar IV9, IVI3, IV14. - - 4 Dort S. 338 bzw. 345. - - 5 Vater zu Pa~r K7, $8 S16, S17, S18~ S21, $22; Mutter zu Paar K3, K4, $5, $8. - - e Zu Paar MS1, MS6, MS27, MS28, MS30. - - 7 Zu Paar MS4, MS7, MS31, dazu Mutter des Paares S10 und Vater des Paares $20. - - 8 Vater zu Paar M16, M18, M20, M22, M23, M29; Mutter zu Paar M1, M29.

5*

68 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

El ternpaaren und den 26,5% bei den El ternpaaren vorliegender Arbei~ diirfte nicht zufs sein. I m iibrigen entspricht er nur der beruflichen Zusammensetzung der verschiedenen Gruppen, wenngleieh sich die Befunde im einzelnen nicht immer decken. So wurde z. B. der Vater zu Paa r IV3, obwohl or wegcn seines Berufes der sozialen Schieht I zugeordnet werden muBte, ebenfalls unter die weniger Begabten mib aufgenommen.

Die Befunde bei den Kindern. a) Betrachtung in bezug au/ endogene Psychosen.

Wie in den drei anderen Arbeiten wurden auch hier die El ternpaare selbst nur insoweit geschfldert, als ich glaubte, dab es zur Beurteilung der Befunde bei den Kindern yon Wer t sein kSnnte. Der Darstellung dieser Befunde bei den Kindern, die die eigentliehe Aufgabe vorliegender Arbeit ist, wollen wir uns je tzt zuwenden.

Die durchschnittliche Kinderzahl eines Paares - - es wurden, wie in den drei Vergleichsarbeiten, nur Paare mi t erwachsenen Kindern aus- gew/~hlt - - betr/igt 5,1. Das ist mehr als bei den endogen psychotischen El ternpaaren (dort e twa 4,0) und wtirde zu der niedrigen sozialen Schichtung wie dem durchschnitt l ich sp~teren Erkrankungsal ter passen, um so mehr, als die Paare vorliegender Arbeit eher einer n/~her an der Gegenwart liegenden Epoche angehSren als die der drei Vergleichs- arbeiten. Das Geburtsjahr des jeweils jiingsten (lebenden oder ver- storbenen) Kindes der Paare vorliegender Arbeit liegt yon 1936 durch- schnittlich nur um 31,9 Jahre zuriick; in den Vergleichsarbeiten betr/~gt diese Zahl 40 und mehr Jahre . Die Zahl der kleinverstorbenen Kinder vorliegender Arbeit betr/tgt 19,5%; in Arbeit I, I I und I I I lauten die Ziffern 35,3%, 24,9% und 17,2%. Zwillinge fanden sich unter den Kindern vorliegender Arbeit nicht.

Es wurde auf S. 59 bereits erw/~hnt, dab .KoUe keine Beziehungen der reinen (psychopathischen) querulatorischen Reakt ion zur Schizo- phrenie feststellen konnte. Wir l inden nun unter den Kindern der Gruppe II , also der der querulatorischen und anderen Reakt ionen, i iberhaupt keine Schizophrenie. Schwanken wird man, ob man den Sohn des Paares IV17 als endogene Depression auffassen, also ihn den endogenen Psyehosen im engeren Sinne zuz/~hlen, oder ihn als neurasthe- nisch-depressiven Psyehopathen bet raehten soil. Aber aueh unter den Kindern der Gruppe I, also denen der Paare mi t einem endogen psyeho- t isehen und einem induzierten odor sonstwie reakt iv gestSrten Par tner , f indet sieh kaum die H~iu/igIceit der endogenen Psychosen, die wir bei der Kreuzung Sehizophrenie • Durehschni t t (S • D) erwarten mill]ten. Die beiden einzigen endogenen Psychosen (die eine yon ihnen wurde der Schizophrenie, die andere dem MDI zugerechnet) unter den Kindern der Gruppe I s t ammen yon ein und demselben Elternpaare, dem

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 69

Paare IV6 ab, bei dem iiberdies hinsichtlich der Psychose des Vaters die Diagnose zwischen Schizophrenie und MDI schwankt, und die der Mutter nicht als induziert im engeren Sinne betrachtet zu werden braucht (vgl. S. 62).

Wie die Anzahl und Verteilung der endogenen Psychosen lassen sich aueh die Bezugsziffern fiir die Bereehnung der H~ufigkeit dieser Psychosen aus Tabelle 1 ersehen. N~heres fiber die Berechnung der Bezugsziffern wurde in den friiheren Arbeiten ausgefiihrt 1. Reehnen wir, wie dort , fiir die Sehizophrenie mit der Bezugsziffer nach StrSmgren, so erhalten wir bei unserer Gruppe I, indem wir die eine Schizophrenie unter den Kindern auf 23,94 beziehen, 4,2% Erkrankungswahrscheinlichkeit fiir Schizophrenie. Als Bezugsziffer fiir MDI nehmen wir, ebenfalls wie in den friiheren Arbeiten, das arithmetische Mittel zwischen den nach Str6mgren und den nach Weinberg gewonnenen Bezugsziffern, fiir unsere Gruppe I also 13,75; wir erreehnen dort also fiir den einen Fall yon MDI eine Erkrankungswahrscheinlichkeit von 7,3%. Fiir Gruppe I I wi i rde die Bezugsziffer fiir die eine fragliche ])epression 13,5 lauten, die fiir die - - hier fehlende - - Schizophrenie 21,5.

])as Fehlen der endogenen Psychosen unter den Kindern der Kreu- zung Q • Q bzw. Q • In (iibrigens auch unter denen der Kreuzung Q x S) best~tigt also, soweit sich das bei der Kleinheit meines Materials sagen l~13t, die Befunde Kolles. Eine soehe Bestiitigung ist vielleicht doch nicht vSllig bedeutungslos; denn wenn aueh Kolle die Verwandt- schaft yon insgesamt 49 Querulanten untersucht hat, ist doch die ver- mutliche Zahl der Kinder seiner Querulanten nur gering. Sie finder sich leider in seiner Arbeit nicht angegeben. Aus den Angaben S. 68 seiner Arbeit mSehte ich indes schliet~en, dab die Bezugsziffer fiir Schizo- phrenic, die die Kinder der Probanden Kolles ]iefern wiirden, doch nu t etwa 25 betragen diirfte. Wenn ich daher auf S. 59 und S. 68 davon sprach, dal~ durch Kolles Untersuchungen sehr wahrseheinlich gemaeht sei, dab die querulatorische Reaktion keine engeren ]3eziehungen zur Schizophrenie besitze, stiitzte ich reich dabei weniger darauf, dab Kolle unter den Kindern seiner Probanden keinen Fall yon Schizophrenie gefunden ha t t e (das wiirde bei der niedrigen Bezugsziffer wenig besagen), sondern darauf, dab Kolle auch unter den iibrigen Verwandtschafts- graden seiner Probanden keine Befunde erhoben hatte, die auf solehe Beziehungen hinwiesen. ])as Fehlen soleher Befunde lieB zwar ohnehin vermuten, daft auch unter denKindern der Querulanten die Schizophenie- h~ufigkeit nieht erhSht sein diirfte, doeh wird man es t rotzdem begriil]en, dab diese Vermutung hier durch unmittelbare empirische Untersuchung gestiitzt werden konnte.

])aB die Psychosenhaufigkeit unter den Kindern der Kreuzung S • In eher noch hinter der bei den Kindern der Kreuzung S • D (dort etwa 15 % )

1 Siehe etwa Arbeit II, S. 311f.

70 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

zurfickbleibt, kann bei der Kleinheit des Materials zufallig sein. Doch kSnnte es sich aueh dadurch erkl~ren lassen, daB, wie wir oben (S. 63) bereits erws in der Hauptsache die mehr paranoiden Formen der Schizophrenie sich in unserem Material linden, weil sie vor allem imstande sind, eine andere Person zu induzieren, also die Formen der Sehizophrenie, die, wenigstens nach Kallmann 1, im Vergleich zu den katatonen und hebephrenen Formen unter ihren Kindern die wenigsten Sehizophrenen aufweisen. AuBerdem aber zeigen ja die schizophrenen Eltern vorliegender Arbeit ein besonders sp~tes EA, so dab es auch mSglich ist, daB wir, da zwisehen dem EA an Schizophrenie bei Eltern und Kindern vermutlich eine positive Korrelation besteht 2, in unserem Falle bei den Kindern so sps erkrankter Eltern eigentlich eine kleinere Bezugsziffer, als sie sich nach der im allgemeinen fibliehen Berechnung ergibt, zu verwenden h~tten. Doeh selbst wenn wir dies berficksichtigen, l~Bt sich sagen, dal3 unser Befund jedenfalls nicht dafiir spricht, dab die Induzierten besonders viel Anlagen oder Teilanlagen besitzen, die zur Schizophrenie fiihren. (Der Befund maeht es iibrigens andererseits auch wieder bis zu einem gewissen Grade unwahrscheinlich, dab es sich bei einer grSBeren Anzahl der als induziert geffihrten Eltern etwa doch um endogene Psychosen gehandelt haben kSnnte. Das gilt um so mehr, als den Herren Entres und Bischo/, als sie die Diagnosen bei den Eltern stellten, ja nieht das Geringste fiber die psychische Beschaffenheit der Kinder bekannt war.)

b) Betrachtunq in bezug au] 8onstige psychische Besonderheiten. Natfirlich wird man nicht nur nach der Hs der endogenen

Psychosen unter den Kindern fragen, sondern man wird auch wissen wollen, ob die querulatorisehe Reaktion oder das induzierte Irresein unter ihnen gehi~uft auftritt. Fragen wir zun~chst naeh der Hs der querulatorischen .Reaktion. Kein Kind bot bis zum SehluB der Beobaehtung eine solche Reaktion dar, die in bezug auf Art und Grad der bei den Eltern aufgetretenen gleichgesetzt werden kSnnte; ja bei keinem Kinde wird man fiberhaupt yon einer querulatorischen Reaktion im engeren Sinne sprechen dfirfen. Unabhi~ngig von der querulatorischen Reaktion der Eltern bietet bisher sogar nur ein Kind Erscheinungen dar, die sieh, wenn man will, als Ans~tze zu einer solchen Reaktion deuten lieBen.

Es handelt sich um die Tochter Christine des Paares IV12. Wie aus der Schil- derung S. 90 hervorgeht, hat sie zwar nicht ,,queruliert", hat aber immerhin um eines prinzipiellen Standpunktes in einer belanglosen Angelegenheit willen betr~eht- lichste wirtschaftliche Sch~digungen in Kauf genommeh, ohne ihr Handeln nach- tr~glich zu bedauern. Ob sie selbst oder ihr Mann als treibende Kraft fiir das

1 KaUmann: Genetics of Schizophrenia. New York 1938. - - 2 Schulz: Z. Neur. 168, 709 (1940).

Geisteskranker *nit Querulanten oder Induzierten. 71

damalige Handeln sowie fiir die Einnahme des jetzigen Standpunktes anzusehen ist, muB dahingestellt bleiben. Ist es der Mann, so billigt die Frau jedenfalls sein damaliges Handeln und hat sich seinem jetzigen Standpunkt angeschlossen.

In bezug auf die Ereignisse, die bei den Eltern zu einer querulatori- schen Reakt ion ffihrten, ist nun zwar erst recht zu sagen, daft sie bei keineIn Kind eine eigentliche (induzierte) querulatorische Reaktion aus- gel6st haben, doch daf t andererseits wohl nicht fibergangen werden, dab ein groBer Tell der Kinder, obwohl seit den damaligen Vorg/~ngen meistens Jahrzehnte vergangen sind, nach wie vor fiber diese Vorg/tnge kritiklos im gleichen Sinne wie damals flare Eltern urteilt , jedenfaUs lest fiberzeugt ist, dab den Eltern damals Unrecht gesehehen sei. Unter den Kindern der El ternpaare mit querulatorischen Par tnern linden sich jedenfalls in beinahe jeder Kinderreihe eines oder mehrere mit einer derartigen Stellungnahme, so bei den Paaren IV 12, IV 13, IV 14, sowie IV 10 und bis zu einem gewissen Grade auch bei dem Paar IV 11. Es fehlt in dieser Reihe nur das Paar IV 15, jedoch vielleicht nur deshalb, weil hier die Stellungnahme des verstorbenen einzigen Sohnes nieht mehr in Erfahrung gebracht werden konnte. Die gleiche Stellung wie ein Tell der Kinder der eben genannten 5 Paare nehmen fibrigens auch die Kinder der Paare IV 8 und IV 9 ein, bei denen die beiden beein- flussenden Par tner als Schizophrene angesehen wurden, jedoch ein Rechtsstreit zur Einlieferung geffihrt hatte.

Soweit man in diesem Verhalten Ans/~tze zu einer querulatorischen Reaktion sehen will, wird man nicht yon einer autochthonen, sondern yon einer induzierten querulatorischen Reaktion sprechen mfissen. Man wird aber zun~chst zu prfifen haben, ob man i iberhaupt yon einer psychischen St6rung sprechen kann und ob nicht vielmehr nur eine Beeinflussung vorliegt, wie sie zwischen Eltern und Kindern als natiir- lich gelten zu hat. Wir woilen dabei die Kinder yon solehen Elternpaaren, bei denen der beeinflussende Partner als querulatoriseh reagierend, oder wenigstens (wie der Vater zu Paar IV 8 und der zu Paar IV 9) als neben seiner Schizophrenie auch querulatorisch reagierend angesehen wurde, getrennt bet rachten yon den Kindern derjenigen Elternpaare, deren Par tner keine derart igen querulatorisehen Erscheinungen boten. Einen (J~berblick fiber Anzahl und Altersverteilung der Kinder jeder dieser beiden Gruppen, die somit nach anderen Gesichtspunkten gebildet wurden als die beiden Gruppen der Tabelle 1, zeigt die Tabelle 3. Der ~berbl iek fiber die Altersverteilung soll bis zu einem gewissen Grade als Ersatz fiir die Bezugsziffern dienen, die in Tabelle 1 ftir die Bereeh- hung der MI)I- und Schizophreniehi~ufigkeit sieh angegeben finden. Bezugsziffern ffir die Bereehnung der H/~ufigkeit der querulatorisehen Reaktion oder gar nur der Ansi~tze dazu anzugeben, ersehien mir nieht gut m6glich, wie ieh f iberhaupt yon der Berechnung yon Prozentziffern ffir diese H/iufigkeit absehen mSehte.

72 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

Tabelle3. A l t e r s v e r t e i l u n g d e r K i n d e r d e r 8 P a a r e m i t q u e r u l a t o r i s c h e m und der 9 P a a r e ohne q u e r u l a t o r i s c h e n P a r t n e r .

Alter in

Jahren

0--10 l l - - 1 5 16--20 21--30 31--40 41 - -50 51--60 61--70

K i n d e r t i e r E l t e r n l a a a r e

mit querulatorischen Partner

l e b e n d

I ! - -

1 i - - - - I 1

3

3 4

- - 1

9 17

6

3

1

10

tot

1

o h n e q u e r u l a t o r i s e h e n P a r t n e r

lebend I tot

i I I 3 3

' 3 1 --- 6 ~ 8 3 - -

i 6 - - - - 8 [ 3 - -

! I

, - i - I - - 14 20 7 3

D a be i den E l t e r n berei ts e rws wurde , dal3 e ine geringe Verstandes- begabung d e m E n t s t e h e n einer i n d u z i e r t e n S t S r u n g fSrder l ich sein kSnn te , und d a s ich in de r T a t un t e r den E l t e r n vo r l i egende r A r b e i t besonder s h~ufig A n h a l t s p u n k t e fiir das Vor l iegen e iner so lchen ger ingeren Ver- s t a n d e s b e g a b u n g fanden, sei auch h ie r ge f rag t , ob die S t e l l u n g n a h m e der K i n d e r auf eine ger ingere B e g a b u n g zur i ickgef f ih r t werden k( innte . I n e n t s p r e c h e n d e r Weise wie bei den E l t e r n beur t e i l t , f inden sich u n t e r den i n sgesamt 69 h inre ichend a l t en K i n d e r n a l le r 17 P a a r e 10 ger inger B e g a b t e z, also 14,5%. I m Verhi~ltnis zu der be i den E l t e r n (dor t 26 ,5%) sche in t d ie Ziffer n ich t eben hoch zu sein, doch i s t zu beach ten , d a b be inahe die t ts a l ler E l t e r n a ls i n d u z i e r t b e t r a c h t e t werden mut3te, sowie ferner , daB es sich hier n i c h t n u r u m Schwachs inn ige h a n d e l t , d ie u n t e r E l t e r n im aI lgemeinen se l t ene r s ind als in de r Gesamt - bevSlkerung , sondern auch u m verh~Lltnisms schw~cher Begab te . U n d wenn wir die Ziffer 14,5% den e n t s p r e c h e n d e n Ziffern aus den bere i t s be i den E l t e r n zum Vergleich h e r a n g e z o g e n e n U n t e r s u c h u n g e n gegeni ibers te l len , so e rha l t en wir u n t e r den K i n d e r n der a f f ek t ivpsycho t i - schen E l t e r n p a a r e auf insgesamt 161 d o r t zu w e r t e n d e Per sonen 9 ger inger B e g a b t e 2, also nur 5 ,6%. U n t e r den 117 K i n d e r n der 35 P a a r e de r K r e u z u n g M • S f inden sich a l l e rd ings be re i t s 14 ger inger B e g a b t e a, a lso 12,0%, und u n t e r den 69 in B e t r a c h t k o m m e n d e n K i n d e r n d e r

1 Zu den Paaren IV5 (Sigismund und Hans), IV6 (Margarethe), IV8 (Marga- rethe), IV9 (Johanna und Elsa), IV10 (Anna, Josef, Johann, Elisa).

e Zu den Paaren M9 (Otto), M10 (Therese), M18 (Wilhelm), M23 (Wilhelm), M33 (Eleonore), M35 (Johann), M38 (Frieda), sowie M44 (Maria und Therese).

a Zu den Paarcn MS1 (Karl und Michel), MS4 (Margarethe), MS5 (Richard, ein Little-Fall), MS13 (Ignaz und Georg), MS18 (Alois), MS23 (Josef und Anna), MS25 (Anna), MS26 (Hedwig), K2 (Udo), $20 (Maria Anna und Johann).

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 73

Tabelle4. Die p rozen tua le Verte i lung der Kinder vor l iegender Arbe i t und des Vergle iehsmater ia ls auf die sozialen Schiehten.

Kinder der Arbeit I I . . . . . . Kinder der Arbeit I I I . . . . . . Kinder vorliegender Arbeit . . . . Kinder der Arbeit I . . . . . . .

Soziale Schicht

I I I I I I

22,7 23,3 27,3 3,1 34,4 39,6 4,5 25,4 37,3 5,6 23,9 28,2

Bezugs- z i f f e r

I V

26,7 150 22,9 96 32,8 67 42,2 71

28 schizophrenen Elternpaare 111, also sogar 15,9 %. Von einer gewissen ]~rh6hung der geringer Begabten unter den Kindern vorliegender Arbeit wird man also wohl sprechen kSnnen, doch scheint nach den Ziffern allein unter den Kindern der Kreuzung S • Se ine geringere Begabung sogar noch starker vertreten zu sein. Vergleichen wir die berufliche Schiehtung der Kinder bei den 4 Arbeiten untereinander (s. Tabelle 4), so zeigt sich ein entsprechendes Bild. Ich mSchte also schon aus die- sere Grunde nicht ohne weiteres das, was ich ,,Ans~tze zur induziert querulatorischen Reakt ion" nannte, in erster Linie auf eine geringere Verstandesbegabung zurfickffihren.

Betraehten wir nun aber die Kinder vorliegender Arbeit im einzelnen, so finden wir, dal~ j ene Kinder, die derartige Ans~itze am ausgesprochensten zu bieten scheinen, sogar keineswegs diejenigen sind, die wir unter den geringer Begabten anfiihren konnten. Sieherlich finden sich auch unter den Kindern unserer Querulanten geringer Begabte, die den Stand- punkt ihrer Eltern teilen, so etwa die Tochter Johanna zu Paar IV9, die Tochter Margarethe zu Paar IV8. Doch bisweilen stehen gerade die weniger Begabten dem Reehtsstreit ihrer Eltern eher gleichgiiltig gegeniiber, wie etwa der Sohn Josef zu Paar IV10, der, abgesehen yon seiner Schwester Balbine, vielleicht yon allen seinen Geschwistern noch die objektivste Stellung den psychischen St6rungen seiner Eltern gegen- fiber einnimmt, jedenfalls welt objektiver fiber sie urteilt als seine dureh- aus nicht schwaehbegabte Schwester Katharina. Es ist eben nicht nur die geringere Verstandesbegabung, auf Grund deren jemand induziert wird. Die mit einer geringeren Verstandesbegabung anscheinend hs zusammentreffende gemiitliche Stumpfheit diirfte die Kinder, zumal wenn sie zu der Zeit der betreffenden Ereignisse bereits in einem anderen Interessenkreis lebten, am Gesehick der Eltern vieUeicht sogar besonders wenig Anteil nehmen lassen. Andererseits wird eine besonders leieht beeinflul~bare Person sieh vermutlieh aueh yon der sonstigen Umgebung leieht bestimmen lassen, so dab eine Beeinflussung durch die El tern im Sinne der Psyehose, noch mehr aber das Festhalten an der einmal

1 Zu den Paaren K3 (Katharina), K4 (Maria und Gottfried), K5 {Walter), $2 (Maria), $4 {Emil), $5 (Maria), $8 (Lina), S12 (Elsa, wohl eine heredit~re Ataxie), S14 (Walter), $22 (Johann).

74 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

gefaBten bzw. ihnen induzierten Ansieht dadureh sogar beeintr&chtigt werden kann, namentlich wenn die Kinder zur Zeit der fragliehen Ereignisse noch sehr jung gewesen waren. Vor allem mag eine derartige Beeinflussung im anderen Sinne durch den sp~teren Ehegat ten erfolgen, wenngleich auch hier natfirlich die MSglichkeit besteht, da~ die Ehe- ga t ten sich den Ansichten der Kinder des Querulanten anschlieBen, wie e twa die beiden M~nner der TSchter des Paares IV8.

So diirfte es auch gar nicht e inmal vornehmlich die leichte Induzier- barkei t sein, der die beobachteten Ansatze zur induziert querulatorischen Reak t ion ihre Ents tehung verdanken. Die Eigenschaften, die fiir das Auf t re ten dieser Ans~tze, vor allem aber ffir ihr For tbes tehen teilweise nach vielen Jahren bei den Kindern bes t immend zu sein scheinen, diirften viebnehr in erster Linie in einer besonders s tarken Empf indsam- keit, ja Verletzbarkeit, und in einer Tiefe oder doch Nachhal t igkei t der Empfindungen - - wenn man will, in der Unf~higkeit, sieh mi t einer Saehe abzufinden - - bestehen, Eigensehaften, die ja vermutl ich aueh vielfach wesentlich dazu beitrugen, dab die El tern querulatorisch reagierten. (Da das Nieht loskommen yon einer Sache sieh besonders bei sehizoiden PersSnlichkeiten finder, kSnnte m a n in dem Auftre ten dieser Eigenschaft einen Hinweis auf eine Verwandtsehaft mi t der Schizophrenie erblicken. Doch spricht, wie gesagt, unser sonstiger Befund nicht fiir eine solche.) Besonders ausgepr~gt erscheint die Ahn- liehkeit mi t den Eltern dort, w o e s sich u m sthenische Naturen handelt , wie e twa beim Sohn Georg des Paares IV12, der Tochter Maria des Paares IV13 oder dem Sohn Mart in des Paares IV9, der iibrigens sthenischer als seine El tern erseheint. (Aueh die bereits als weniger b e g a b t erw~hnte Schwester J o h a n n a dieses Mart in billigte, wie wir sahen, durchaus das Verhalten der Eltern, aber sie erkl~rte, dab sie aus Mangel an Energie hie zu einem Handeln wie die El tern f~hig sein werde.) Selbst dort, wo nur gewisse sthenisehe Zfige vorhanden sind, wie e twa beim Sohn Wilhelm des Paares IV14, t r i t t die ~hnl iehkei t mi t dem Verhalten der El tern gleich besonders s tark hervor.

Gerade yon diesem Sohn Wilhelm des Paares IV14, wie yon dem Sohn Martin des Paares IV9, l a s t sich nun iibrigens aueh. mi t aller Bes t immthei t sagen, dab sie keineswegs fiber eine mangelhafte Verstandes- begabung verfiigen. Ja , vielleieht t r i f f t auf sie beide zu, da[~ sie, wie die Querulanten Kolles, fiber ihren Stand hinaus begabt sind, wenn ich aueh glaube, da~ sie beide ihre Begabung als Halbgebildete, sowie auch auf Grund ihrer sthenisehen Ziige, etwas fiberschs Aueh bei diesen beiden Personen maehte ich allerdings die Beobaehtung, wie bei den fibrigen Kindern der Querulanten, dab sie mix keine klare Aus- kurSt fiber die Vorg~nge zu geben vermochten, die seinerzeit zur Ein- lieferung ihrer Eltern geffihrt ha t ten , oder dab sie doch zum mindesten nieht einwandfrei begrfinden konnten, inwiefern denn das, was damals

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 75

ihren El tern geschah, diesen wirklich zu Unreeht geschah. Es genfigte ihnen damals und genfigte ihnen auch noch zur Zeit der Explorat ion die grSbste, allgemeinste Kenntnis der Vorg~nge, etwa dab der Vater zu Unrecht u m sein Haus gebracht sei; n~heres fiber die Reehtslage wuBten sie nicht zu sagen. Die gleiehen Menschen, die fiber andere Dinge, ja sogar fiber peinlichste, schmerzlichste eigene Erlebnisse ruhig und klar Auskunf t gaben, wie e twa eben der SohnWilhelm des Paares IV14, wurden unzusammenh~ngend in ihren Darlegungen, kamen immer wieder auf einige wenige Behauptungen zurfick, ffir deren Riehtigkeit sie den Beweis schuldig blieben, in bezug auf die sie aber vom Zuh5rer ohne weiteres ver langten bzw. voraussetzten, dab er sie als wahr ansehen miisse. Alles das aber sind wohl Zeichen daffir, dab die Stel lungnahme der Kinder in der betreffenden Angelegenheit nicht allein auf Grund verstandesm~Biger ~ber legung erfolgt war und sie auch in der Zwischen- zeit nieht in Ruhe P u n k t ffir Punk t unter Abw~gung aller Umst~nde fiberprfift ha t ten . DaB auch die sonst gut begabten Personen ein solches Verhatten zeigten, wird m a n nur so deuten kSnnen, daB sie eine wirk- liche Kls letzten Endes - - wenn auch wohl ohne sich dessen v6Uig bewuBt zu sein - - gar nicht wollten, jedenfalls nicht, bevor jene Erleb- nisse ihre Affektbetonthei t ffir sie verloren hatten, so dab sie bis dahin nur durch sich ganz unabweisbar aufdr~ngende Sachverhalte zur Einsieht hs gezwungen werden kSnnen.

I n gewissem Sinne ist ]a wohl in einer derartigen Reaktionsm6glich- kei t die erste Voraussetzung ffir die Entwicklung einer induziert querula- torischen St6rung zu sehen, weshalb es fiir die Beurteilung der Kinder in manchen F~llen auch im Grunde bedeutungslos sein kann, ob den El tern nun damals wirklich Unrecht geschehen war oder nicht. Aber es fragt sich, wieweit, die entsprechende Affektbetonthei t eines Er- lebnisses vorausgesetzt , eine solche Reaktionsweise nieht als innerhalb der Norm liegend, wenn nieht als eine den meisten Menschen eigene angesprochen werden muB. Wie dem indes auch sei, in bezug auf die Kinder vorliegender Arbeit l~Bt sich jedenfalls sagen, dab ihr Verhalt~n, ob m a n in diesem nun Ans~tze zu einer induzierten querulatorischen St6rung erblicken will oder nicht, sich bisher noch bei keinem bis zu einer eindeutig feststellbaren, sich auch sozial auswirkenden induzierten St6rung gesteigert hat . Dieses Fehlen einer ausgesprochen querulatorischen St6rung unter Kindern - - mag es sieh nun um eine origins wie um eine induzierte h a n d e l n - entspricht fibrigens wiederum den Befunden Kolles. Kolle land in der 694 Personen umfassenden, yon ihm beforschten Verwandtschaf t (Kinder, Geschwister, Neffen, Niehten, Eltern, Onkel, Tanten, Vettern, Basen) seiner 49 querulatorischen Probanden keinen einzigen richtigen Querulanten.

Aktiv Partei genommen fiir die Eltern hat bisher allein der Sohn Friedrich des Paares IVl l . Leider ist gerade er seither verschollen, so dab sich, abgesehen yon

76 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

der Tatsache seines Verschollenseins, nichts weiteres fiber die Folge seiner Partei- nahme aussagen l~13t, ebenso nichts fiber seine jetzige Stellungnahme zu dem Ver- halten des Vaters. Nach dem, was wir wissen, ist durchaus mSglich, daB es sich bei ihm damals um eine einfache unfiberlegte Gewalttat in augenblicklicher Er- regung gehandelt hat, nicht um die ~-uflerung einer unentwegt allen Schwierig- keiten gegenfiber, auch fiber die Zeiten ruhiger Besinnung hinweg, festgehaltenen Einstellung. Seine Geschwister Theodor und - - in etwas weniger starkem Grade - - Emilie vermSgen fibrigens, was zun~chst wundernehmen kSnnte, yon allen Kindern unserer Querulanten, die unter dem Geschick der Eltern noch jetzt innerlich leiden, noch die verhitltnism~flig ldarste Auskunft fiber den dort in Rede stehenden Streitfall zu geben; vielleicht empfanden aber diese beiden mehr ernst nnd ruhig veranlagten Menschen die hypomanische Wesensart ihres Vaters wohl doch immer als fremd.

Wir be t r ach te t en bisher d ie jen igen K i n d e r in bezug au/ induzierte StSrungen, deren eines E l t e r als Queru lan t , sei es als re in psychopath ischer Que ru l an t oder als queru l ie render Schizophrener , angesehen werden konnte . Wir be t r ach ten in bezug auf die gleiche S tSrung n u n m e h r die Kinder derjenigen Elternpaare, deren induzierender Partner keine querula- torische Reaktion darbot. Hier f inde t sich u n t e r den K i n d e r n des Paares IV16 ausgesprochen induzier tes I r resein, u n d zwar zeigten dies bis auf e inen damals erst 10 Jah re a l t en Sohn alle AngehSrigen, die zu der be t ref fenden Zeit in der Fami l ie ]ebten, n/~mlich die Mut t e r u n d 8 K i n d e r im Al ter yon 12- -25 Jahren . Alle I n d u z i e r t e n gaben ihr Verha l ten sofort auf, als sie vom Vater , der ve rmut l i ch n i ch t als Schizophrener, sondern als r eak t iv GestSrter anzusehen ist, en t sprechende Anwei sungen erhiel ten, und s ind demen t sp rechend auch j e t z t t iberzeugt, daft ihr Vater u n d mi t ihm sie selbst sich damals falschen Vors te l lungen hin- gegeben h~t ten. Wie d ie jenigen Kinder , die noch je tz t die Ans ich ten ihrer querula tor ischen E l t e r n teilen, s ind auch die induz ie r t en K i n d e r dieses Paares charakter l ich auf das verschiedenste geartet .

Wilhelm ist ein ~ul3erlich gewandter, im Grunde aber harmlos heiterer Primi- tiver, der sich allerdings nicht ganz sicher ist, dab er sich in entsprechender Lage nicht wieder krankhaft beeinflussen lassen kSnnte, und sich deshalb sogar yon jeglicher Lektfire fernh/~lt. Auch Mathilde, energisch, etwas erregbar, ist geistig verh/~ltnism~13ig einfach organisiert. Das gleiche gilt ffir Franz, der ebenfalls etwas nfichtern, aber im ganzen ruhiger und nachdenklich ist. Eine durchaus besinnliche l~atur ist Berta, im Gegensatz zu ihren Geschwistern ffir alles Geistige besonders interessiert, sicherlich auch innerlich altruistisch eingestellt, wenngleich nicht aus- geschlossen werden kann, dab sie vor sich selbst wie anderen gern ein wenig stolz darauf ist. Die anderen Kinder scheinen mir weder in irgendwelcher Hinsicht be- sonders kompliziert veranlagt, noch besonders primitiv oder erregbar, wenigstens diejenigen, die ich explorieren kormte, und die Auskfinfte der Geschwister fiber- einander entsprechen, soweit nachpriifbar, so sehr den Tatsachen, daft ich glauben mSchte, daft auch die in Amerika lebenden Geschwister keine besonderen Eigen- heiten darbieten.

F r a g t man, ob bei den induz ie r t en K i n d e r n dieses Paares eine besondere Verardagung, induz ie r t zu werden, a n g e n o m m e n werden ka nn , so lieBe sich be iWflhe lm vielleicht die etwas ausgesprochene U n b e k i i m m e r t - heir u n d Harmlosigkei t anf i ihren, bei Ber ta k S n n t e demgegeni iber gerade

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 77

eine gewisse t t inneigung zum Auflergew6hnliehen genannt werden. Wesent- lieher scheint mir indes zu sein, dab der Vater eine ganz besondere Autori t~t genoB und die Geschehnisse geeignet waren, die in l~ndlicher Gegend herangewachsenen Kinder und Jugendlichen auBerordentlich zu beeindrucken.

I m iibrigen seien in diesem Zusammenhange auch die Kinder des Paares IV5 erw~hnt. Wenngleich hier kein Rechtsstreit zur Einlieferung der Eltern ftihrte, er innert das Paar doch insofern etwas an die Paare mi t querulatorischen Par tnern , als die Eltern sieh von den Nachba rn beeinfluBt glaubten. Ob die Kinder damals wirklich induziert waren, wie nach der Schilderung der Eltern angenommen werden k6nnte, sei dahingestellt, wiirde wohl auch wegen des damals sehr j ugendlichen Alters der Kinder wenig besagen. Auffallender ist, dab die Kinder noch jetzt fiir m6glieh halten, dab die damaligen Beeinflussungsideen der Eltern den Tatsachen entsprochen haben kSnnten. I m Gegensatz zu den Kindern des Paares IV16 ~thnelt ihr Verhalten hierin dem der Kinder der Paare mi t querulatorischen Partnern. Doch weicht es insofern wieder von diesem ab, als hier niehts yon der Affektgeladenheit oder auch nur yon der gemfitlichen Anteilnahme sichtbar wird, wie sie wenigstens ein groBer Tefl der Querulantenkinder zeigt. Nun l~Bt sich das Ver- hal ten der Kinder des einen Paares IV5 natiirlich nicht e twa als typisch fiir das der Kinder yon El ternpaaren mit einem paranoid-sehizophrenen und einem induzierten Par tne r ansehen, um so weniger, als gerade die Kinder des Paares I V 5 zum Teil besonders energielos und wenig intelligent erscheinen. Vielleicht aber ist gerade bei den Kindern dieses Paares (im Gegensatz zu den Kindern der Querulanten oder doch eher als bei diesen) der Umstand , dab sie noch jetzt die unsinnigen Vorstellungen ihrer El tern nicht ablehnen, auf ihre mangelhaite Vers tandesbegabung zurfickzufiihren.

Der Sohn Sigismund des Paares IV5 ist ausgesprochen schwachsinnig, aber auch der Sohn Hans und wohl auch die Tochter Hermine sind wenig begabt. Die intelligenteste yon den Kindern, Rosina, steht mindestens seit ihrer Heirat vSllig unter dem (giinstigen) Einflu{3 ihres Mannes; sie suehte bei der Exploration den Eindruck zu erwecken, dab sie die seinerzeitigen Ideen ihrer Eltern nicht ernst genommen babe.

I n bezug auf die sonstigen grSberen psychischen Anomalien unter den Kindern dtirfte es genfigen, auf die in der Tabelle 1 angefi ihrten Sehwachsinnigen, dig allerdings bei der Besprechung der einzelnen Famil ien schon erws wurden, und den auf Epilepsie verdi~ehtigen Fal l zu verweisen; aueh sei bemerkt , dab keines der 67 erwaehsenen Kinder vorliegender Untersuchung bisher Suicid veriibt hat , w~hrend unter den 326 erwachsenen Kindern der endogen psychotischen El tern- paare sich 3,5% Suicide fanden.

78 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

Zusammenfassung. Es wurden die Kinder yon 17 Elternpaaren untersucht, bei denen

jewells der eine Partner entweder als induziert geisteskrank angesehen wurde oder eine querulatorische Reaktion darbot. Der andere Partner galt jeweils als yon irgendeiner anderen funktionellen oder endogenen Psychose befallen.

Das Erkrankungsalter der Eltern lag, auch bei den als schizophren gefiihrten, besonders hoch. Die soziale Schichtung der Elternpaare erwies sich in dem Sinne als besonders tier, als bei einer Einteflung nach dem Berufe des Ehemannes (Vaters) in 4 Schichten die beiden hSchsten Schichten nur gering vertreten waren. Andererseits war auch die tiefste Schicht nur gering vertreten. Auffallend viele Paare waren also der Schicht I I I zuzurechnen. Bis zu einem gewissen Grade mag dieser sozialen Schichtung entsprechen, dab sich bei vielen Eltern An- zeiehen fiir eine geringe intellektuelle Begabung erheben lieBen.

Die Kinder wurden fiir die Untersuchung in bezug auf die I-I~ufig- keit endogener Psychosen in zwei Gruppen eingeteflt, ns in solche, bei denen der eine Partner der Elternpaare den endogenen Psychosen (bis auf einen Fall alle den Schizophrenien) zugerechnet wurde, und in solche, bei denen kein Partner den endogenen Psychosen zugerechnet wurde. Unter den Kindern der ersten Gruppe land sich eine Psychosen- hgufigkeit, die etwa der unter den Kindern aus der Verbindung eines Schizophrenen mit einem beliebigen Angeh6rigen der Durchschnitts- bev61kerung nahekommt. ])as spricht, da die Partner der endogen psychotischen Eltern meist induzierte Geisteskranke waren, daf/ir, dab da aus, daI~ sich jemand hat induzieren lassen, noch nicht geschlossen werden daft, dab er besondere Anlagen auch zur Erkrankung an einer endogenen Psychose in sich tr~gt.

Unter den Kindern der zweiten Gruppe land sich nur eine fragliehe endogene Psychose (neurasthenische Depression). Unter den Kindern der Elternpaare mit querulatorischen Partnern land sich sogar iiber- haupt keine endogene Psychose. /)as spricht im Sinne der Erhebungen Kolles, der in der Verwandtschaft yon Querulanten keine Erh6hung der Sehizophreniehiiufigkeit naehweisen konnte und infolgedessen- im Gegensatz zu v. E c o n o m o - Beziehungen zwischen Querulantentum und Schizophrenie ablehnte. Die an den Kindern dieser zweiten Gruppe erhobenen Befunde sprechen iibrigens gleichzeitig ebenfalls wieder gegen die Verwandtschaft des induzierten Irreseins mit der Schizophrenie.

Abgesehen yon der Betrachtung in bezug auf die H~ufigkeit tier endogenen Psychosen erscheint mir hinsichtlich der Beschaffenheit der Kinder der Paare mit queruIatorischem Partner noch folgendes be- merkenswert: Eine eigentliche autochthone querulatorische Reaktion tr i t t unter den Kindern bisher nicht auf. Ein Kind des Paares IV12 bietet gewisse Ans~tze dazu. Auch eine induzierte querulatorische

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 79

Reakt ion zeigt sich bei den Kindern nicht, wie fibrigens auch Kolle unter den 694 yon ihm beforschten Verwandten seiner 49 querulatorischen Probanden keinen einzigen riehtigen Querulanten land. Doeh sind die Kinder, soweit sie nicht - - und das sind nur wenige - - den Ereignissen, die zur Einlieferung ihrer El tern fiihrten, gleichgiiltig gegeniiberstehen, nach wie vor der Ansicht, dab den Eltern damals Unrecht geschehen sei. Unter den Kindern aller 17 Paare sind die weniger Begabten ver- h~ltnism~Big s tark vertreten, wenn auch nicht so stark wie unter den El tern; doch l inden sich gerade unter den durchschnittlich oder iiber- durehschnitt l ieh begabten Kindern diejenigen, bei denen noeh je tz t die Erinnerung an das den El tern zugeffigte , ,Unrecht" ganz besonders af fektbetont ist; die Ursache fiir diese Art der Reaktion diirfte also nieht in der geringen Begabung der betreffenden Kinder oder doeh wenigstens nicht in ihr allein, sondern vor allem in der besonderen Empf indsamkei t und Naehhalt igkei t der Empfindungen zu suchen sein. Ein derart iges Verhalten zeigen iibrigens nicht nur die Kinder der reinen (psycho- pathischen) Querulanten, sondern aueh die der beiden querulatorisch reagierenden Schizophrenen.

Unter den Kindern der El ternpaare ohne querulatorisehen Pa r tne r findet sich die Tatsaehe, dab die Kinder die Wahnideen der El tern aueh je tz t noch nicht vSllig ablehnen, nur bei den Kindern des Paares IV5 . Vielleicht l~Bt sich dieser Ums tand gerade bei ihnen auf mangelhaf te Begabung zuriiekfiihren. Bei einem zweiten Paar, dem Paar IV16, bei dem der induzierende Par tne r keine querulatorische, sondern eine krank- hafte Reakt ion anderer Art zeigte, boten die im iibrigen unauff~lligen Kinder zur Zeit der Reakt ion des Vaters, ebenso wie die Mutter, ein kurz dauerndes, aber regelreehtes induziertes Irresein dar, das indes keine Spuren zuriicklieB. Es zeigen jedenfalls yon den Kindern unserer Paare ohne querulatorischen Par tner in bezug auf ihre Einstellung zu der Erk rankung ihrer El tern nur die des Paares IV5 die Kritiklosig- keit, und i iberhaupt kein Kind der Paare ohne querulatorischen Pa r tne r etwas yon der Reizbarkei t in bezug auf alles, was mit der E rk rankung der El tern zusammenhs wie die Kinder der Paare mi t querulatori- schem Par tner .

Kasuistik L IV1. Vater: Miiller. Heirat mit 30 Jahren. Zieht mit 46 Jahren in die GroB-

stadt. Bekommt dort keine Arbeit. Glaubt sich nun durch Freimaurer behindert.

1 Damit der Leser die Befunde bei Eltern und Kinder innerhalb der gleichen Familie leiehter miteinander vergleichen kann, wurden die Kinder jedes Eltern- paares unmittelbar im AnsehluB an dieses angeftihrt (s. Arbeit II, S. 315, FuB- note 1). Am Ende der Schilderung jedes Elters, sowie der Schilderung der in Ta- belle 1 als auffKllig gefiihrten Kinder ist die Diagnose in Klammern beigefiigt.

8 0 Bruno Sehulz: Kinder aus Ehen endogen oder reakt iv

Br ing t das naeh 5 Woehen auf der Armendi rek t ion vor. Ansta l t . Meint, seine l ~ h i g k e i t e n als Erf inder seien in der ganzen Welt bekann t , daher werde schon seit 16 J a h r e n gegen ihn intrigiert . Die Leute auf der StraBe sprechen fiber ihn, ihm sei Magnetismus beigebracht , t t ypnose falle auf ihn. I m ilbrigen ruhig. Nach 3 Mona ten entlassen, d a n n in Arbei t in einer Mfihle bis zum 64. Jah re . I m Be- t r ieb als versehroben bekannt , hiel t s te t s a n seinen Ideen lest. Seit dem 64. J a h r e aus k6rperlichen Gri inden invalidisiert . Bei der Exp lo ra t ion in seinem 70. J a h r e pfiffig, freundlich und t ro tz seiner Idee, dab er von al ien Seiten verfolgt werde, durehaus zutraulich. E r sei ein groBes technisehes Talent , habe Sehon als Kind seinen Vater beraten. Es sei ordent l ieh mi t Hypnose a n ihm gearbe i te t worden. Seine F r a u habe auch geglaubt, dab er hypnot i s ie r t sei. Zum Referen ten k6nne er fiber alles spreehen, er sehe den Leu ten immer gleich an, was mi t ihnen los sei. (Sehizophrenie.)

1V1 . Mutter: In Schule gut gelernt. I-Ieirat mi t 34 Jah ren . E n t b i n d u n g mi t 35 Jahren . Mit 40 J a h r e n Ute rusexs t i rpa t ion wegen Prolaps. Mit 50 Jahren , gleichzeitig mit dem Mann, in Ansta l t . Ruhig, gleichm/~Bige S t immung, aber ganz einsichtslos. Schon vor 17 J a h r e n babe ihr Mann Luftschiffe, Aeroplane und neue U h r e n erfunden. Die Fre imaurer haben ihn ausgehorcht und ihm alles abgenommen. J e t z t wollen sie, dal] ihr Mann TSehter der Fre imaure r heirate. Schon bei der Hochzei t habe sie gemerkt , dab m a n die Ehe habe ause inanderbr ingen wollen. Rf ihmt ihren Mann sehr, im fibrigen wenig Affekt. Freundl ieh . Nach e twa 3 J a h r e n unver/~ndert entlassen. Erscheint d a n n F r em den durehaus unauff/~llig, g laubte aber wohI stets an die Ideen des Mannes. S t i rb t m i t 70 J a h r e n an I~erzsehw~ehe. (Induziert . )

I V 1 . Sot, n Paul : Radiogesch/if ts inhaber. Schule gut. Ging baldm6gl ichs t yon Haus fort, well er es in der dort igen , ,Atmosphere" n ich t habe ausha l t en k6nnen. Tiichtig, gewandt, freundlich. Gibt an, er fiihle sich v611ig frei yon Gedanken und Zust/inden~ wie sie sein Vater gehab t habe. Diesen ha l t er fiir geisteskrank, w/~hrend er bei der Mutter die Frage offen lassen m6ehte. Sie habe eben v611ig un te r dem EinfluB ihres Mannes gestanden. F r a g t bei der Explora t ion , mi t 39 Jahren , ob ihm y o n einer Heira t abgera ten werden mfisse.

I V 2 . Vater: Fabrikweber . He i ra t mi t 30 Jah ren . Mit 38 J a h r e n sperr t er sich ein, iBt nur Brot, das durchs Fens te r gereieht wird. Gib t S t immen zu. Nach einigen Monaten in Ansta l t . H6re S t immen durch Seelenverbindung. Geruehs- hal luzinat ionen. Eine ffirstliehe Pers6nl ichkei t habe ihm befohlen, F rau und Kinde r einzusperren und mi t Kar tof fe ln zu ern/~hren. E r werde auch hier yon dieser Pers6nlichkeit geleitet. K a t a t o n , deut]iche Befehlsautomat ie , zum Teil s tupor6s, sprieht nichts , dann pl6tzliehe Erregung, schreit , schimpft , spr ing t aus dem Bert . Heimliche Selbstgespr/~che. Seine F r a u sei nu r nachgemaeht . Arbe i te t sp/~ter, h~lt aber an den Ideen fest. Sei Gesandter des deu tschen Kaisers. S t i rb t nach 14 Monaten an Herzl/~hmung. (Schizophrenie.)

I V 2 . Mutter: Heira t mi t 22 Jah ren . Mit 30 J ah ren , gleichzeitig m i t dem Mann~ in Ansta l t , weil sie mi t Selbs tmord droht , t i a b e die gleiehen S t immen und Tr/~ume gehab t wie der Mann. Habe d~e gleiehen Gerfiche gerochen. Wechsel zwischen t i e i t e rke i t und Vers t immthei t . Arbe i te t fleiBig in der Weberei . G l a u b t sich aber d n r e h Metall (Schere usw.) beeinfluBt. Nach 1/2 J a h r gebessert ent lassen. S t i rb t m i t 37 J a h r e n an Lungenleiden. Nach Aussage der T6ch te r seit En t l a s sung ganz unauff/~llig. Brachte ihre 3 Kinder als N/~herin, B/iglerin usw. allein durch. Trotz der vielen Arbeit lustig, warmherzig. Beliebt, gu t begabt . ( Induziert . )

I V 2 . Yochter Margarethe: Haush~l ter in . Mit 17 J a b r e n uneheliches Kind, das ba ld s t i rb t . Tr i t t d a n n einer Methodis tensekte bei. S te ts ernst , gedrfiekt durch ihr t r i ibes Erlebnis, jedoch in ihrer Stellung, die sie auch naeh ihrer He i ra t mi t e inem Metalldreher, im 31. Jah re , beibeh/i l t , sehr tf iehtig und beliebt . Wi rk t bei

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 81

der Exploration, mi t 32 Jahren, sympathisch, abet sehr ernst, beinahe versehlossen, weir weniger regsam als ihre Schwestern.

I V 2 . Toehter Trinette: Technikersfrau. :Nennt sich ernst, wirkt aber reeht heiter, ]a sogar fidel. Ehe glficklieh. Je tz t 30 Jahre.

1V2. Tochter Katharina: Kaufmannsfrau. Wirkt weltgewandt, heiter, ]eb- haft. Sagt aber, sie sei oft nerv6s, weine auch leicht, nehme alles sehr schwer und habe Zeiten yon Niedergeschlagenheit. Sieherlieh weiche, warme Natur. J e t z t 28 Jahre.

I V 2 . 1 Tochter klein gestorben. I V 3 . Vater: Buchh~ndler. I n Schule m~l]ig. Einmal sitzengeblieben. Sehr

nerv6s, s te t s zuriickgezogen, /~ngstlich, im fibrigen unauff/~]lig. H~ufiger Stellen- weehsel. Sp/~ter selbst/~ndig. Heira t mit 33 Jahren. In seinem 55. Jahre (1921) glaubt sich seine Frau, die sich hier als Engliinderin fremd ffihlt, verfolgt. E r selbst glaubt sich, wohl unter ihrem Einfluft, ebenfalls verfolgt. Meint, man gehe ihm auf der StraBe nach. Man verst/indige sich dureh Pfiffe fiber ihn. Wende t sich an die Polizei. Einige Tage sp/~ter Suieidversueh mit Subllmat. Anstalt . H/~lt an seinen Ideen fest. Stirbt 5 Tage nach der Einlieferung an Sublimatvergif tung. (Induziert.)

IV3 . Mutter: Seit je zurfiekgezogen. Heira t mit 25 Jahren. Mit 48 J ah ren glaubt sie, eine Nachbarin wolle sie als Engl/~nderin denunzieren. Ihr Mann, der unter ihrem Einflul3 sieh auch verfolgt glaubt, n immt sich das Leben. Sie mein t nun, der Mann lebe noeh, wird immer auff~lliger. Lacht dauernd, geht nicht aus, wird bfsartig, schreit. Anstalt . Man lasse einen Kotstrahl gegen sie. Ihr Sohn (der Astronom ist) mfisse dureh einen Strahl auf der Sternwarte tanzen. Dor t sei fiberhaupt eine groBe Schweinerei. Sehimpft dauernd. HSrt Stimmen. Gr613en- und Verfolgungsideen. Widerstrebend. Finster. Dazwischen plStzliches L~cheln. Meist aber s tarr t sie unbeweglieh vor sieh bin, widerstrebend, steht allein umher. Ablelmend, gereizt, spuckt. Allm~hlich etwas ruhiger. Naeh 6 Jahren, im ganzen wohl unver/~ndert, entlassen. Zun/~chst vermutl ich weiterhin Vergiftungs- und andere Wahnideen. Dann jedoeh, zum mindesten naeh auflen bin, wirkt sie geistig unauff/~l]ig. Geht zu einer Schwester nach Amerika, bei der sie noeh jetzt, m i t 63 Jahren, angeblieh psychiseh gesund, lebt. Is t jedoeh seit einigen Jahren blind. (Schizophrenie.)

I V 3 . Sohn Richard: Dr. phil., Astronom. Als Kind/~ngstlieh, nerv6s, z i t ter te leicht, wurde allerdings auch immer yon der Mutter /~ngstlieh bewacht. Taute sp~ter auf. Heiter , lustig, unternehmend. Recht begabt. Heira t mit 25 Jahren . Sbirbt mit 28 J ah ren an Lungenentzfindung.

I V 4 . Vater: Stukkateur. Heira t mit 32 Jahren. In seinem 44, J ah r glaubt seine Frau sieh verfolgt, hOrt St immen und bemerkt Geriiche aus der Wasser- leitung. Er h/~lt alle Behauptungen der Frau ffir wahr, nur die Rule vor dem Fenster habe er nicht verstanden, ,,weil er schwerhSrig sei". Geht mi t dem Messer auf Hausbewohner los, yon denen er seine Frau bedroht glaubt. Schiekt zusammen mit dieser Mordanzeigen an die Staatsanwaltschaft. Anstalt. ~ul]erllch ruhig, doch ironiseh und unnahbar, wenn man auf die Wahnideen zu spreehen kommt . Soba]d er in der Ansta l t mit der X~rau zusammenkommt, schwatzt er dieser alles naeh. Vermutet aueh sonst in allen Vorg~ngen auf der Abteilung irgend etwas Besonderes. Entf l ieht nach 6 Monaten ins Ausland. Arbeitet dort wieder als Gipser. Anfangs noch etwas sonderbar, dann wohl unauff~llig, doch wirkt er mi t 52 Jahren, als er seine Frau in eine Anstalt einliefert, auf den Anstaltsarzt , ,komisch und nicht normal" , f/~ll$ auf durch seine unordentlichen Kleider. Irgendwelche Klagen sind indes nieht mehr fiber ihn eingegangen. (Wohl schwachsinnig.) J e t z t 54 Jahre. (Induziert.)

I V d . Mutter: In Entwieklungszeit Veitstanz. Sonst o. B. Hei ra t mit 21 Jahren . Gutmfitig. Mit 29 Jahren kauft sie gemeinsam mit einem Bruder ein Grundstfiek.

Z. f. d. g. Neut. u. Psych. 171. 6

82 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

Klagt bald danach diesen Bruder und eine Schwester im Anschlul3 an gewisse Reibereien des Meineids an. Mit 33 Jahren in Anstal t (s. auch Krankenblat t des Mannes). Man habe in ihre Wohnung gesehossen, heraufgerufen, Gas eingeblasen. HSrte und sah angeblich in ihrer Wohnung unglaubliche Dinge. Sagt, hier sei das alles nicht, ist aber etwas ironisch, macht aueh Fluchtversuche. ~lach 1 Jahr ins Ausland fiberffihrt. Glaubt sich dort yon den Brfidern ihres Mannes verfolgt. Bit ter mi t 40 Jahren um Aufnahme in ein Frauenspital . Von dort wieder in eine Anstalt geschickt. Erzi~hlt zerfahren die sonderbarsten Erlebnisse. Spricht yon ihrem ,,ProzeB wegen materiellen Mordes". Schimpft besonders auf ihren Mann. HSrt offenbar Stimmen, dissimuliert aber. Spi~ter meist unzuganglich, autistisch. Verkennt gelegentlich Personen. Etwas Flickarbeit . Sonderbare Ausdrficke, ihr Mann verblSde ihr Geld. Meint, der Arzt gehSre zur Berliner Staatspolizei. Ein andermal: er habe in Berlin ein Lusthaus gehabt. Mit 44 Jahren noeh in Anstalt . (Schizophrenie.)

I V 4 . Sohn Gotthard: Bfiroangestellter. ( Im Ausland.) Sehule gut. Als er seine Mutter in seinem 19. Jahre besucht, tr~gt der Anstal tsarzt in das Kranken- blat t seiner Mutter ein, er mache einen sehr hebephrenen Eindruck. In seinem 21. J ah re berichtet die Gemeinde fiber ihn, er sei so]ide, tiichtig, habe gute Kennt- nisse und werde sich vermutl ich eine angesehene Lebensstellung erwerben.

I V 4 . Toch~er Else: Gesund, geistig gut entwiekelt. J e t z t 16 Jahre. I V 5 . Vater: Fabrikarbeiter. Gut g e l e r n t . Dann Knecht . Danach Arbeiter.

I-Ieirat mi t 25 Jahren. Wird allm~hlich Meister in einer Zfindholzfabrik. SeMieB- lich Weber. Mit 50 Jahren in Anstalt. Sei vor 5 J ah ren in der Fabrik, in der er Meister war, verleumdet worden, babe deshalb dort seine Stelle aufgegeben. Je tz t wfirden sie yon ihren Mitbewohnern hypnotisiert und yon bSsen Geistern verfolgt. I n der Wohnung unter ihnen ist Tischriicken, elektrische Wellen kommen nach oben. Zittert, ganz verwirrt. Naeh 3 Monaten entlassen. Beh~lt die Ideen, glaubt sieh aber nun yon Hypnose frei. Meint, seine Frau habe ihn angesteckt. Bei der Exploration, mit 61 Jahren, glaubt er noch immer, dab seine damaligen Ideen wahr gewesen seien. Ist aber i~uflerlich unauffallig. Wirk t geistig weir weniger rege als seine Frau. (Induziert.)

I V 5 . Mutter: Heirat mit 21 Jahren. Mit 46 J ah ren in Anstalt. Auflert die gleiehen Ideen wie ihr Mann. Durch die elektrischeu Wellen aus der Wohnung unter ihnen h~tten ihre Kinder Ameisenlaufen in den Fiiflen bekommen. Vor 5 Jahren sei ihr zweimal die Geb~rmutter ausgekratzt , seitdem kSnne sie nieht mehr arbeiten. Seit kurzem fiihle sie, da~ sie die Mutter Gottes werde. Eine Stimme sagt, ihr Mann solle sie befruchten, dann werde sie Jesus geb~ren. Maria werde dann zuriicktreten. Der Satan ist gekommen und hat i h r Gegenbefehle gegeben. He tz t die Kranken auf; empfindlich, eigensinnig. I~Iaeh 3 Monaten gebessert ent- lassen, ihren Wahnideen gegenfiber unsiehere Hal tung. Nach Entlassung vielfach als Reisende in W~sche ti~tig. Nach auBen hin anscheinend unauffi~llig. Bei der Exploration, im Alter yon 57 Jahren, wirkt sie recht energisch. Glaubt naeh wie vor, dab sie elektrisiert gewesen sei. Bestreitet indes S t immen und Beeinflussungen. Sucht fiber ihre damaligen Au~erungen hinwegzugehen. Fi ihr t gleiehzeitig ffir ihre damalige Erkrankung die ErschSpfung durch ihre Operationen und die wirt- sehaftliche Not an. Andererseits sagt sie, die BehSrde kSnne ja je tz t schliefllich allerhand durch den Strom maehen, und in einem Variet6 habe sie selbst eine Hypnose gesehen. Sei dort auch auf der Biihne gewesen, allerdings habe der t{yp- notiseur sie und eine andere als einzige nicht hypnotisieren k(innen. (Sehizo- phrenie.)

I V S . Sohn S ig ismund: Knecht. I n Schule zweimal sitzengeblieben. War in Erziehungsanstalt . Entwich dort. Galt als faul und frech; stahl. War Bettni~sser. Sp~terhin angeblich ruhig, fleiBig, solide. Wirkt bei der Explorat ion mit 35 Jahren debil. Auffallend klein, der ldeinste seiner Geschwister. (Debilit~t.)

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 83

1V5 . Tochter Rosina: Friseursfrau. Sehule mittel. Immer mehr ernst. Heira t mi t 20 Jahren. Ehe glfieklieh. Bei der Exploration, mit 27 Jahren, freundlich, schfiehtern, beseheiden, innerlieh ziemlieh erregt. Warmherzig, intelligent. Unter- stfitzt den Mann tatkr~ft ig in der Leitung des Gesch~fts. Seit einigen Jahren nervSsos Magenleiden, etwas blaB. Meint, daft der Vater damals bestimmt Neider in der Fabr ik gehabt habe. Aueh sei er yon den E l t e m enterbt worden, weil er eine Evangelisehe geheiratet habe, und all das habe ihn wohl verwirrt . Von den elek- trisehen StrSmen und yon dem Ameisenlaufen wisse sie niehts. Die Mutter babe sie zwar gefragt, aber sie Kinder h~tten darfiber gelacht. Allerdings seheut sie sieh anscheinend, auch nur die MSglichkeit zuzugeben, dab die Eltern damals geisteskrank gewesen sein kSnnten.

I V 5 . Sohn Hans : t t i l fsarbeiter und ttausierer. Schule m ~ i g . Sp~ter viel krank. Seit Grippe mi t 14 J ah ren oft Kopfweh, Fieber. Mit 25 Jabren in Nerven- abteilung eines Krankenhauses. Klagt fiber Atemnot beim Treppensteigen, Ver- stimmungszust~nde im Fri ihjahr und Herbst mit Angst und Selbstmordneigung, Reizbarkeit, Sehlafsucht und n~tchtlieher Unruhe . Krampfart ige Schmerzen in der Herzgegend. Zit tern der Stimme und der H~nde bei Aufregung. Sehe yon Zeit zu Zeit schlecht. Bisweilen Zwangsweinen und Zwangslaehen. Anfangs ruhig und fleii3ig, dann unzufrieden, queruliert, hetzt. Nach 6 Tagen ein nur yore Pflege- personal beobachteter als typiscli epileptisch geschilderter Anfall. Sparer kein Anfall mehr. Nach 10 Monaten gebessert entlassen mit der Diagnose: ,,Psycho- und Neuropathie (Epilepsie ? !)". Je tz t 26 Jahre. (Epilepsie ?)

I V 5 . Sohn Georg: Handlungsgehilfe. Gutmiitig, warmherzig. Wohl o . B . Je t z t 23 Jahre.

I V 5 . Tochter Hermine: Reisende in Taschenspiegein. Anfangs als Modistin gelernt. Ents innt sich angeblich nicht mehr an die damalige Angelegenheit. Wisse nur.noeh, da~ die El tern fortgekommen seien. Es sei doeh wohl mSglich, dab die Eltern recht gehabt h~ttten. Sie habe ja auch auf dem Jahrmark t eine Frau ge- sehen, dureh die man elektrischen Strom geleitet habe. Verschliei]t sich gegen alle Einwendungen. Wirkt wenig begabt. J e t z t 22 Jahre.

I V 5 . 2 SShne und 2 TSchter klein gestorben. I V 6 . Vater: Bauer. I n Schule maBig, konnte mit 12 Jahren noch nieht lesen

und sehreiben. Mit 11 Jahren Typhus. t te i ra t mit 29 Jahren. Vielleicht etwas fibertrieben flei6ig; nfiehtern. Mit 39 Jahren, nach Streit wegen zweier Bretter , brfitet er stumpfsinnig vor sieh him H~lt dana religiSse Ansprachen. Redet yon HSlte und Verdammnis. Anstalt : Sehr erregt, oft verwirrt. HSr t die St imme der Frau und des Sehwagers. Verwechselt Personen. Viele GehSrs- und Gesiehts- halluzinationen. K6nne dutch Handauflegen heilen. Naeh 11/2 Jahren gebessert entlassen. Sei tdem angeblich o. B., war allerdings stets aufgeregt, abet doch be- liebt. Nur in der ersten Zeit nach der Entlassung betrachteten die Leute im Doff ihn etwas miBtrauisch. Sparer machte er sogar Witze fiber seine Krankheit . A]s er w~hrend des Krieges schwarz gesehlaehtet hatte, sagte er z. B. zu Bekannten, ilm kSnne man ja deswegen nicht bestrafen, da er ein Narr sei. St i rbt mit 60 Jahren an Lungenentzfindung. (MDI oder Schizophrenie.)

I F 6 . Mut ter : Gut gelernt. Heirat mit 22 Jabxen. Lehte mi t ihrem Mann zuriiekgezogen und sparsam, betete viel mit ihm. Mit 32 Jahren , als der Mann den obenerw~hnten Strei t wegen der Bretter hat, will sie ihn beschwichtigen. Der Mann wirft ihr Ehebrueh vor, und nun erkrankt sie ebeniaUs. Macht alles naeh, was der Mann rut . Lauf t ihm nach, als er auf der StraBe predigt. Will ihr Kind aus dem Fenster werfen. Anstalt. Zeitweise ruhig, zeitweise sehr erregt. Gespannt, ~ngstlich, laeht grundlos. Wird dann ruhiger, unklare Erinnerung. Nach 11/2 Jah ren gebessert entlassen. Verabsehiedet sich dankbar und froh. J e t z t 77 Jahre. Fidele kleine Frau. Seit der Entlassung angeblieh stets unauff~llig. Habe sich damals

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8 4 Bruno Schulz: Kinder aus E h e n endogen oder reakt iv

fiber den Proze0 und die Krankhe i t des Mannes so erregt. (Psychogene Reak t ion ; induzier t ?)

I V 6 . Tochter Justine: Ste inbruchvorarbei ters f rau . Vor einiger Zeit wegen ]-Ierzbeschwerden kurze Zeit in Klinik. Sons t o. B. E twas rauhes Wesen. Schiebt die K r a n k h e i t der E l t e rn allein auf den Strei t . J e t z t 44 Jahre .

I V 6 . Tochter Maria: Schuhmachersfrau. Ste ts gesund. Zuriickgezogen. Viel als K6ch in auf Kirchweihen t~tig. Auch ganz u n t e r h a l t s a m t rotz ihrer Zurfick- gezogenheit. J e t z t 41 Jahre .

I V 6 . Tochter Margarethe: Arbeitersfrau. I n Schule m~l]ig, e inmal sitzenge- blieben. Mit 21 J a h r e n pl6tzlich psychisch e rk rank t . J(ngstlich, spr ieht wirr. H 6 r t S t immen. Ansta t t . Verkennt Personen. Zerreii3t ailes. Grimassiert . Sehreit , schl~gt u m sich. Viele eitrige Stellen am K6rper . Fieber . ])eliriert. Allmi~hlich heiterer. Nach 4 Monaten geheilt ent lassen. W a r se i tdem geistig o . B . Zu- n~chs t noch in verschiedenen Stellen. W/~hrend dieser Zeit, mi t 29 Jahren , ein- real wegen Nierenleiden im Krankenhaus . Mit 32 J a h r e n Heirat . Ehe glficklich. Bei Explora t ion , mi t 39 Jahren , freundlich, vers t~ndnisvol l , wenn auch immer noch sehr leicht erregbar, wie sie selbst sagt. Lebhaf tes Mienenspiel, guter Konnex. Er innere sich genau an die Krankhei t . Habe damals S t immeu yon Toten, Ver- wand ten usw. geh6rt. Es sei wohl Kopfgrippe gewesen. Soll im Doff bel lebt sein. (MDI.)

I V 6 . Tochter El@e: K6chin. Schule gut . Soll sei t je anders gewesen sein als die Gesehwister. Ste ts still und zurfiekgezogen. , ,Simul ier te" immer. Wurde gerade geboren, als die Mut ter erkrankte . Die M u t t e r st i l l te 2 Jahre . Elise f r ank die k ranke Milch. Mit 29 J a h r e n in Kanada . Dor t Heimweh. Kehr t zurfick. Bei A n k u n f t vers t immt . Dalm starr, in Ans ta l t . IBt n icht . _Angstlich verwirr t . Be- wegt die Lippen, spr ieht aber nieht. Beach t e t die U m g e b u n g nieht, reagier t n ieht auf Nadelst iche. Katalept isch. Gibt S t i m m e n zu. H e x e n machen das Essen. un- geniei~bar. Wird al lmahlich ffeier. Nach 3 Mona ten gebessert entlassen. Mit 34 J a h r e n Naehunte rsuchung fiir V e r s i c h e r u n g . . L i e g t zu Hause im Bet t . Ver- giftungsldeen. H6r t St immen. Grimassiert . Wieder in Ansta l t . Liegt mit leerem, hochfabrendem Gesicht zu Bett . Meist zerfahren. J e t z t 37 Jahre , noch dort . (Schizophrenie.)

I V 6 . Tochter Anna: Arbeitersfrau. Scheint r eeh t fidel. Soil e twas hi tzig und aufgeregt sein, ~hnlich wie Margarethe. Sei im Dorf n ieh t beliebt, da sie bei Haussammlungen immer gleich mi t Anzeigen drohe, wenn jemand nichts kaufen will. J e t z t 31 Jahre .

I V 6 . Sohn Georg: Metzger und Gastwir t . o . B . Gesund, unauffi~llig. J e t z t 28 Jahre .

I V 6 . Tochter Gunda: Chauffeursfrau. Still u n d mun te r , o .B . Ehe gliieklich. J e t z t 24 Jahre .

I V 6 . 1 Sohn klein gestorben. I V 7 . Vater: SSldner. Heira t mi t 42 Jah ren . Mit 51 J a h r e n beschaft igen er

und seine F rau sich viel mi t Spiritismus. Glaubt , dab das Weltende nah, zerschlagt die M6bel. Will das Anwesen anstecken. Ans ta l t . Meint , im Essen sei Ko t u n d Samen. Die oberste Got the i t telephoniere m i t ihm. E r hSre die Geisteshure. Sein S t a m m stehe Got t gleich. Xm Nach t t i seh seien Hexen. Spricht viel yon Frei- maurern . Er kOnue die KomSdien durch e inen Bl ick sistieren. Bisweilen wahre Verzweiflungsstfirme. Dann wieder s ieht er im Gebe t die himmlischen Freuden. Arbe i te t sparer mi t beim Weidenflechten, b le ib t aber eigensinnig und verschlossen. S t i rb t mi t 59 J a h r e n an Magenkrebs. (Schizophrenie.)

I V T . Mutter: Heira t mi t 23 Jahren . Mit 26 g a h r e n ver le tz t sie bei Gelegen- lmit eines h~uslichen Zwistes ihre Mut t e r du reh e inen RevolverschulL N~heres ~icht bekannt . Als der Mann in ihrem 32. J a h r e e rk rank t , tei l t sie seine Ideen. Gleichzeitig mi t ihm in Anstal t . Ber ichte t , sie habe berei ts mi t 25 J a h r e n u n d

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 85

wieder mit 28 Jahren einen Astralleib gesehen. Verfal]t Sehriftstiieke, in denen sie das Verhalten ihres Mannes reeht gewandt zu erkI/iren und zu rechtfertigen sucht. Das Doff babe ihn gehaftt, weil er die Wahrheit sagte. Sonst ruhig, ge- ordnet, n/~ht fleillig. Bleibt aber bei ihren Ideen; verschlossen. Nach 3 Monaten entlassen. Ffihrt seitdem mit ihren TSchtern das Anwesen. Bei der Exploration in ihrem 48. Jahre sehr deprimiert, allem Ansehein nach fiberhaupt seit Jahren depressiv. Gealtert fiber ihre Jahre, sieht aus wie eine 65--70j/~hrige. Erz/ihlt unter Tr/~nen von ihrer (wohl tats/~chlieh vorhandenen) Notlage. Bleibt aber dabei, es sei ihnen damals grebes Unrecht geschehen. Es seien Verleumdungen gewesen. Es habe zu Unreeht geheiBen, ihr Mann bringe die Kinder um, auch habe man ihn als Spartakisten verhaftet usw. (Induziert.)

IV7. Tochter Stephanie: Gelernte N~herin, wegen Mangels an landwirtschaft- lichen Hilfskr/~ften Magd bei der Mutter. In Schule sehr gut. Etwas ernst, freund- lich, kr~ftig, gesund. Jetzt 23 Jahre.

IVT. Tochter Irene: Dienstm/~dchen. Gut begabt. Friseh, heiter. Nieht so kr~ftig wie ihre Schwester Stephanie. Lustiger, ,,wohl weil sie noeh jtinger ist". Je tz t 20 Jahre.

IVT. Tochter Helene: Magd bei der Mutter. •hnelt durchaus ihrer Schwester Irene. Jetzt 18 Jahre.

IV8. Vater: Hutmacher. Heirat mit 28 .Jahren. Seit dem 35. Jahre Prozel~ mit Waldnachbarn. Verlor alles. I)er Sehwager kaufte das Haus, lieB ihn aber wohnen. Einige Jahre sp~ter verlor auch der Schwager alles. Proband sell nun ausziehen, weigert sich. Als er gewalts~m ausquartiert und in eine ihm yon der Gemeinde errichtete Wohnung gebracht wird, schafft er selbst die Saehen wieder zuriick. Arbeitet nieht mehr, begeht Felddiebst/thle. Erhalt mit 38 Jahren 11/2 Jahre Zuchthaus wegen Meineids und Meineidsverleitung. Mit 41 J~hren entlassen. Wieder das gleiche Verhalten. Mit 43 Jahren in Anstalt. Ruhig, 1/~ppisches L~cheln. Redet verworren fiber seinen ProzeB. Nieht die geringsten richtigen Begrfindungen. Verfa~t dauernd Sehriftstfieke. Gehobenes Selbstgeffihl. Fibrill/~re Zuckungen der Oberlippenmuskeln. Sonst kein k6rperlicher Befund vermerkt. Gr6Benideen. Stamme yon der K6niginmutter. Habe Millionen. Verlangt eine W/~rterin zur Frau. Will getraut werden. Bezeichnet sich als Jiingling. Aueh in den n~ehsten Jahren die alten ProzeB- und Gr61]enideen. Verfertigt dauernd ,,Masehinen" (v611ig unbrauchbare ,,Modelle"). Will bald eine Kranke, bald eine Oberpf]egerin heiraten. Bezieht Zeitungsberieh~e atff sich. Stets gereiz~. Bisweilen gewalt- t~tig, schl~gt Mitkranke, well er denkt, dab diese seine Frau heiraten wollen. Arbeitet jedoeh die ganzen Jahre hindureh fleil]ig und brauehbar als Tapezierer. Ersetzt laut Eintrag einen ttandwerker. Klagt in der letzten Zeit vor seinem Tode, er habe ein dreik6pfiges Vieh im Leib. Stirbt mit 58 Jahren an Magenkrebs. (Schizo- phrenie und querulatorische Reaktion.)

IV8. Mutter: I-Ieirat mit 26 gahren. Mit 36 Jahren, zugleieh mit dem Mann, wegen Meineids zu 6 Monaten Gef~ngnis verurteilt. Mit 41 J~hren, wieder zugleich mit dem Mann, in Anstalt. Die gleichen Prozel3ideen. Alle h/~tten sie bestohlen. Wirkt sonst intelligent und unauff~llig. Behauptet aber, ihr Mann sei nieht geistes- krank, obwohi dieser fiir jeden sofort als geisteskrank zu erkennen ist. Sehr fleil3ig, h6rt sieh gem gelobt, aber aueh empfindlieh und reizbar. Maeht sp~terhin gern Klatsehereien. Allm/~hlich unauff/~lliger. Nach 2 Jahren gebessert entlassen. Be- h/~lt ihre Ideen bei. Sonst wohl unauff/~llig. Stirbt mit 66 Jahren an Bronchitis. (Induziert.)

IV8. Tochter ~Iargarethe: B~ekermeistersfrau. Heirat mit 24 Jahren. Be- liebt, gutmfitig, abet allem Ansehein nach mangelh%ft begabt. Berichtet bei der Exploration, mit 62 Jahren, sofort weitschweifig, aber letzten Endes unklar, fiber die Umst/~nde, die zur Einlieferung ihrer Eltern ffihrten. Die Eltern seien dureh- aus nicht geisteskrank gewesen, sie h/~tten vollkommen recht gehabt. Der Ehe-

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mann der Margarethe ist fibrigens ganz der gleiehen Ansicht. Aueh er erklgr t , soleh ein Unrecht sei noch nie gesehehen und kSnne nie wieder gesehehen. Der Direktor der Irrenanstalt, in der sein Sehwiegervater war, habe stets erklar t , dem Vater fehle niehts, es sei blol~ keiner dagewesen, der sich seiner angenommen h~tte.

I V 8 . Tochter Barbara: Gastwirtsfrau. Heira t mit 26 Jahren. ,,Gesch~fts- frau ohne Tadel." Scheint der Sehwester Margarethe zu ~ihneln, teilt aueh ihre Ansichten fiber die Einlieferung der E l te rn ; der gleiehen Ansicht ist ihr Mann. J e t z t 55 Jahre.

I V 8 . Sohn Michael: Obermiiller. Wohl o . B . Ledig. Mit 27 Jahren tSdlich verunglfiekt.

I V 8 . 3 S6hne und 1 Tochter klein gestorben. 1V9. Vater: T6pfer. In Sehule zweimal sitzengeblieben, zum Teil wohl in-

folge Krankheit . Heirat mit 23 Jahren. I n seinem 36. Jahre, als er im Krieg war, nahmen Mutter und ~rau des Probanden yon dem Mann seiner Schwester eine Hypo thek auf das vom Vater ererbte Haus auf. I n seinem 51. J a h r konnte der Proband die Zinsen nieht mehr aufbringen und wurde yon seinem Sehwager ,,rfick- sichtstos aus dem Hause getrieben". E r n~chtigte mm mit seiner Frau in Sehuppen oder im Freien, drohte mit Selbstmord, beclrohte aueh den neuen P~ohter seines v~terl ichen Grundstfiekes, das er naeh wie vor als sein eigenes ansah. Die Mut ter habe kein Recht gehabt, das Grund~tfick zu verkaufen. Mit 52 Jahren in Anstalt . Zuerst unauffallig, bis auf seinen S tandpunkt zu dem ProzeB. Bezeichnet sich jedoeh als durch die Aufregung vSllig zermfirbt. Weint leicht. Gibt an, er habe w~hrend des Krieges einen ~hnliehen Zustand gehabt, sei damals auch in einem Nervenlazaret t gewesen. BI~heres nieht zu effahren. Berichtet sp~ter fiber Ge- dankenentzug. SagS, er k6nne die Zukunft voraussehen. Spricht sich jedoch nicht n~her aus. Verlangs hie und da Gift. Isoliert sieh gern. Steht hinter den Tfiren. Bisweilen pl6tzlich erregt, meist jedoch affektlahm, resigniert. Im allgemeinen fleiBiger Arbeiter. Berichtet yon Stichen im Herzen, die irgendwo aus der Ferne herkommen. Stirbt mit 57 Jahren an l~erzmuskelentartung. (Nach Entres: Schizo- phrenle? Querulant? I n d e r T a b e l l e : Schizophrenieundquerula tor i seheReakt ion . )

I V 9 . Mutter: Schlecht begabt. In Sehule einmal sitzengeblieben. Heira t mi t 19 Jahren. Mit 48 Jahren, gleiehzeitig mi t dem Mann, in Anstalt, da sie seine Ansichten fiber den Prozel3 teilt. Auffallend apathisch; sagt immer nur : mein Mann well] Beseheid. Im fibrigen fiir sich, steif, widerstrebend, arbei te t jedoeh fleiBig und ordentlieh in der N/~hstube. Naeh dem Tode des Mannes, mi t 53 Jahren - - w g h r e n d des Absehlusses vorliegender Untersuchung - - , psyehisch unver~ndert entlassen. (Indiaziert.)

I V 9 . Tochter Johanna: Heizersfrau. I n Schule m~il~ig, aber nicht sitzenge- blieben. Weich, viel Kopfweh, Schlaflosigkeit, Sehwindel. Bei aul3eren Anliissen leicht gedrfickt, weint dann leicht. Ehe glficklieh. Erklar t bei Explorat ion, dal$ die E l te rn recht hgtten. Sie selbst sei allerdings, da es ihr an Energie fehle, zu einem Handeln wie die Eltern nieht f/~hig. J e t z t 31 Jahre.

I V 9 . Sohn Martin: Elektrornonteur. GreBe Glatze; seheint reeht intelligent. H a t mi t 24 Jahren bei Motorradunglfick linken Unterschenkel verloren. Sei tdem st~rkste Amputationsstumpfschmerzen. Sehon einmal naehamputiert . Ansehei- nend energisch. Sags, er hat te an Stelle seines Vaters den Streit anders durch- geffihrt und h~tte den Prozef~ gewonnen. H~t te er aber nicht gewonnen, so h~itte er Schwager und Schwester des Vaters niedergemacht, ganz gleieh, was dann er- folgt w~re. Auch das Verhalten seiner Mutter halte er ffir riehtig; sie stehe eben zu ihrem Manne. Die Saehe sei ein Jus t izmord . Im fibrigen bei der Explora t ion freundlich, ruhig, entgegenkommend. Nach behandelndem Arzt etwas scheu und verschlossen, sonst jedoeh unauffiillig. J e t z t 30 Jahre .

I V 9 . Tochter Elsa: Kneehtsfrau. I n Sehule zweimal sitzengeblieben. Hgr te r als Johanna, aber auch viel leiehtlebiger. Geht fiber Sachen, die sic nicht andern kann, leichter hinweg. Je t z t 28 Jahre .

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 87

IVIO. Vater: Gfitler. Angeblich gut gelernt. Heirat mit 25 Jahren. Bis zum 26. Jahre unauffgllig, dalm ProzeB wegen einer Erbschaft. Dadureh sehr reiz- bar, betr inkt sich versehiedentlieh, sitzt viel herum und denkt fiber seinen Proze6 hath. Wird ,,tiefsinnig". LgBt sich bei den .ProzeBstreitigkeiten mehrfach zu Be- leidigungen hinreiBen. Wird einige Male deshalb eingesperrt. Mit 41 Jahren in Ansr Ruhig, geordnet, jedoeh sofort erregt, sobald die Rede auf den ProzeB kommt. Sehreit, gestikuliert. Es ist ihm Urkundenfglschung zur Last gelegt, die er bestreitet. Erzi~hlt yon dem ProzeB sehr umst~ndlich, doch liiBt sich keine Klarheit fiber die Vorg~nge gewinnen. VSUig unbelehrbar, dabei keine schlechten Sehulkenntnisse. Nach 6 Wochen entlassen. Mit 43 Jahren wieder aufgenommen, da er auf dem Bezirksamt erneut Beschwerden vorbrachte. Schimpft st~ndig oder sehreibt Briefe ans Amtsgerieht . Hetzt . Halluzinier~ vielleicht. Stets starkes Geffihl reehtlieher Beeintr~chtigung. Mit 52 Jahren entlassen. Sei tdem nicht wieder auff~llig. Bei der Explorat ion, mit 69 Jahren, wirkt er wenig intell igent. scheint sieh allerdings auf die Bewirtschaftung seines Anwesens zu verstehen. Ob- wohl er sehr viel fiber den ProzeI3 spricht, gelingt es such je tz t nicht, klare Aus- kunft darfiber zu erhalten. Die Gemeinde habe ihn damals hinausschmeil~en wollen, es seien auch viele Meineide geschworen, das ist immer wieder der Inha l t seiner Reden. (Nach Entres: Querulant? Schizophrenic? In der Tabelle: Querulant.)

IVIO. Mutter: Heira t mi t 23 Jahren. Immer bray und sparsam. Mit 39 J ah ren auffi~llig. Bezieht Zeitungsartikel auf sich. StSrt die Predigt. Sprieht yon An- zfinden. Mit 40 Jahren in Anstalt. Unreinlich, gewaltt~tig. Verkennt die Um- gebung. HSr t englisch sprechen (kalm ke in Englisch). Luftgedanken ertei len ihr Auftr~ge. Sieht auf den B~umen gro0e VOgel, die sie aus der Ansta l t befreien wollen. Nach 1 Jah r unver~ndert entlassen. Nach Angabe der Tochter dann noch 10 Jahre krank, dann plStzlich wieder ganz gesund. Besorgt den Haushal t gut, fiihrt such den gesamten Briefwechsel mit den Kindern, verwahrt die Doku- mente usw. Die ProzeBdokumente allerdings hat sie verbrannt, damit die Sache endlich ruhe. J e t z t 67 Jahre . Klein, dick und behaglich. Gibt fiber alles gut Aus- kunft, nur nicht fiber den ProzeB, mit dem sie nichts zu tun haben will. Gibt zu, dab sie noch St immen hSrt. Achte abet nicht mehr darauf. Man kSnne sich auf die St immen auch nicht verlassen, sic sagten auch Falsches. ,,Man kann die St immen ruhig hinter sich ]assen." ,,Viel Wissen macht Kopfweh. '~ (Schizophrenic.)

IVIO. Tochter Maria: Alleinm~dchen in Holland. Wohl intelligent. Gesund, kr~fti~, offen. J e t z t 43 Jahre .

IVIO. Tochter Balbine: Gfitlersfrau. ]n Schule einmal sitzengeblieben. Wirk t intelligent und verniinftig. Einfach, etwas verlegen. Ist der Ansicht, dab die Eltern, in deren Nachbarschaft sic wohnt, krank waren bzw. sind. J e t z t 41 Jahre.

IVIO. Tochter KatS~rina: Arbeitersfrau. Frisch und nett , vergnfigt. Nimmt jedoch durchaus Partei ffir die Eltern, von denen sie seit J ah ren entfernt lebt, sagt erregt, sic sei zwar nur ein Kind gewesen, aber das Doff habe damals schtecht an den Eltern gehandelt. Der Pfarrer habe noch dazu geholfen. Die Leute seien so boshaft, man glaube es gar nicht. Meint anfangs, die Mutter sei vielleicht durch Schl~ge vom Vater krank geworden. Nachher nimmt sie das wieder zurfick. So frisch und unauff~tllig sie sonst wirkt, wird sie doch auch gleich wieder erregt, als ich sie frage, ob sie schon einmal beim Arzt gewesen sei. Wenn sie in der Kasse sei, werde sie sich doch nichts direkt aus der Apotheke helen, sondern es sich vom Arzt verschreiben lassen, auch wenn ihr sonst gar nichts fehle. J e t z t 39 Jahre.

IVIO. Tochter Anna: I) ienstmagd. In Schule sitzengeblieben und als geistig minderwertig bezeichnet. Wirk t schwachsinnig. Sonst o . B . J e t z t 36 Jahre . (Leichte Debilit~t.)

IVIO. Solon Josef: Landwirt . In Schule schwer gelernt. Im fibrigen bray und ordentlich, nfichtern und sparsam. Ha t jetzt, mit 35 Jahren, geheiratet und das Anwesen des Vaters t ibernommen. Wirkt bei der Exploration, wie fibrigens auch seine Frau, ausgesprochen unintelligent.

8 8 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder reaktiv

I V I O . Tochter Berta: Hausangestell te in Holland. Anscheinend intelligent und unauffallig. Je tz t 32 Jahre.

I V 1 0 . Sohn Johann: Arbeiter. I n der Schule schlecht. Lernte Schuster, kam aber als solcher nicht vorwarts. Seit kurzem verheiratet mi t einer 6 Jahre ~lteren ordentlichen Frau. Wirkt bei der Explorat ion, mit 30 Jahren, kindlich-schwach- sinnig, zutraulieh. ~ b e r die Krankhei t der El tern sprieht er verhi~ltnismai3ig ver- niinftig. Die Mutter sei yon Haus aus gesund gewesen, aber der Vater habe sie geschlagen, als sie im Wechsel war; da sei ihr das BIut in den Kopf gestiegen. Der Vater sei immer j~hzornig gewesen; die Verwandtschaft seiner Frau habe ihn um sein Geld bringen wollen, dadurch sei die Krankhei t gekommen. (Leichte Debilit~t.)

I V I O . Tochter Elise: Kfichenm~dehen in einer groi3stiidtischen Bahnhofs- wirtschaft. In Schule schlecht, , ,schwatzhaft, frech nnd dumm". Auffallend klein, so wie ihr Bruder Johann. Wirkt bei der Exploration, mit 28 Jahren, wenig intelligent, etwas schnodderig; leeres Geschw~tz. In den letzten Jahren mehr- fach wegen Magenbeschwerden in Behandlung.

I V 1 0 . 1 Sohn und 1 Tochter klein gestorben. I V l l . Vater: Mineralwasserfabrikan~ und H~ndler. Stets lebhaft, Neigung

zu Humor und Ironie. Nach Angabe seines Bruders und seiner Schwester yon klein an immer gelogen, unzuverl~ssig, habe sich zum gleichen Termin bisweilen mi t drei Leuten an drei verschiedenen Orten verabredet. Als akt iver Soldat Ge- hirnerschiitterung. Vielleicht habe das seine Reizbarkeit und seine ~qeigung zum Trinken noch verst~rkt. Erste Heira t mi t 26 Jahren, Ehe nach kurzem geschieden. Zweite Heirat mit 32 Jahren (Frau s. unten). Leidet seit dem 51. J ah r an Asthma. Glaubt sich bei dem deswegen gefiihrten Rentenstrei t vom Vorstand des Fiir- sorgeamtes benachteiligt. Macht dauernd Eingaben. Wird verklagt wegen Be- leidigung. Mit 58 Jahren in Anstalt . MiBtrauisch, dann wieder humorvoll, sieg- haft. Schwere Vergehen seien aufgedeckt. Erz~hlt zwischendurch fesselnd yon der Front . Verspricht, Ruhe zu halten. ~ a c h 2 Monaten entlassen. I-[~lt es bald daranf wieder ftir seine Pflicht, dafiir zu sorgen, dab die Sonne die Schlechtigkeit des Beamten an den Tag bringt, und leitet entsprechende Schritte ein. Berichtet davon bei der Exploration mit 62 J ah ren in etwas unklarer Weise. Es sei nach- gewiesen, dab in seinen Akten Gutachten fehlten usw. Wird erregter, je l~nger er yon dem Prozei3 spricht, im iibrigen freundlich, heiter. (Querulant.)

I V l l . Mutter: Schule gut. Seit je Migr~ne. Heira t mit 26 Jahren. Mit 42 J ah ren infolge Blutungen Entfernung der Geb~rmutter. Seitdem tterzanf~lle. Stell te sich, seitdem ihr Mann gegen das Fiirsorgeamt k~mpft, durchaus auf seine Seite. Mit 52 Jahren gemeinsam mit ihm in Anstalt . l~uhig, ftir sich. Nach 4 Mo- na ten entlassen. Seitdem zu Hause, aber zweifellos geisteskrank. Bei der Explo- ration, im Alter yon 56 Jahren, sehr gespannt, mil3trauisch, zuriickhaltend, iiber- legen, freundlich l~chelnd. Habe viel Kopfweh. Bete dauernd zu Gott, dab ihr Kopfweh verschwinde, er kSnne doch den Wunsch erfiillen. Sitzt in ganz steifer Hal tung mit steifen Gesichtsziigen da. l~ber St immen ist nichts zu erfahren. Macht jedoch einige dunkle Andeutungen: ,,Es gehen viele WSlfe in Schafskleidern u m h e r " usw. (Der Sohn Theodor und die Tochter Emilie hal ten die Mutter auch fiir geisteskrank, meinen allerdings, sie sei erst in der Ansta l t so geworden.) (Schizo- phrenie.)

I V l l . Sohn Theodor: B~cker. Hei ra t mi t 24 Jahren. J e t z t in Milehzentrale. Erscheint bei der Exploration mit 29 J ah ren als umg~nglich, ernst, verntinftig. Zufrieden, gesellig. Meint, der Vater babe die Sache wohl nicht richtig gemacht, sei zu erregt vorgegangen. Er selbst h~t te sich anders benommen. Fiir krank halte er den Vater allerdings nicht.

I V l l . Tochter Emil ie: Dienstm~dchen in einem Krankenhans. Sieht sehr derb, aber often und intelligent aus. Meint, der Vater habe wohl iibertrieben, aber der Inspektor habe auch sehr tible J~ul3erungen getan. ,,Die Brut mug vert i lgt

Geisteskranker mit Querulanten oder Induzierten. 89

werden usw." Woher sie das wei6, kann sie nicht sagen. Reeht selbstbewuBt. Will Schwester werden. Heiraten will sie nicht, weft sie keinen Mann bek~me, zu dem sie aufsehen k6nne, obwohl sie an Intelligenz sicher keiner naehstehe. Von Halls sei sie fortgegangen, weil sie die Erregungen dor t nicht mehr habe aushal ten k6nnen. J e t z t 25 Jahre.

I V l l . Sohn Friedrich: B~cker. Gut begabt, hat auch die Handelsschule be- sucht. Soll aber doch intellektuell unter seinem Bruder Theodor stehen. Sei t je diekk6pfig. K a m mit 24 Jahren von auBerhalb nach Hanse zurfick, gerade zu dem Strei t des Vaters mi t dem Inspektor. Drohte, mit diesem abzureehnen, wurde gegen einen anderen Beamten t~tlich. War am n~ehsten Tage verschwun- den und ist bis je tz t (nach 4 Jahren) noch nieht wieder aufgefunden.

I V l l . Tochter Lisette: Lehrschwester. Sehr gut in Schule. Klfiger als ihre Schwester Emilie (so sagt ihr Bruder Theodor). Lustig, unterhaltsam. J e t z t 19 Jahre.

I V l l . Sohn Wilhelm: Vielleicht etwas zu ernst. Sonst o . B . Je t z t 14 Jahre . I V l l . 1 Sohn und 2 T6chter klein gestorben. I V 1 2 . Vater: Maurer. t te i ra t mit 25 Jahren. Bald danach ging die Verfol-

gung an. Wurde vom Biirgermeister des I)orfes, der sich argerte, dab Proband eine Ausw~rtige geheiratet habe, schikaniert. Zog darum in andere Orte, wurde auch dort immer verfolgt. SchlieBlich zurfick an seinen Geburtsort. Nun verst i irkte Schikanen. Mit 54 Jahren verklagte er dort einen Arzt, weil dieser seine F rau nicht behandeln wollte. Bald danach habe man ihn mit Gewalt aus der Wohnung gesetzt und seine Frau bedroht. Der Bfirgermeister habe eine Bande gemietet , um ihn zu bek~mpfen. Er verklagte Arzt und Bfirgermeister. Anstalt . Vergriimt, mil3trauisch. Es seien Meineide geschworen. Nach 11/4 Jahren entlassen, nach- dem er versprochen hatte, die Sache ruhen zu lassen. Nach Angabe seiner Kinder nach Entlassung durchaus unauif~llig gewesen. ~beral l beliebt. St i rbt mi t 85 Jahreu an Altersschw~che. ( Querulant ? Induziert ?)

I V 1 2 . Mut ter: Mit 26 Jahren Heirat. Mit 55 Jahren in Anstalt , gleichzeitig mit ihrem Mann. Erz~hlt fiber die Anfeindungen dasselbe wie ihr Mann. Sie h~t ten fiberall geklagt und nirgends ihr Recht erhalten. Sonst ruhig, schimpft nur immer wfitend fiber ihre Feinde. T~uscht oft k6rperliche Beschwerden vor, um Mitleid zu erwecken. Verlangt bisweilen, get6tet zu werden. Theatralisch. Entweicht naeh 10 Monaten, wird zurfickgebracht, jedoch kein weiterer Eintrag. Vermut- [ich bald entlassen. Soll dann nach Angabe der Kinder unauff~llig geblieben sein. Die Kinder bezeichnen sie als sehr king, sie hiitte einen Rechtsanwalt abgeben k6nnen, habe sich mit allem ausgekannt. St irbt mit 79 Jahren an Altersschwiiche. (Querulantin.)

I V 1 2 . Tochter Jose/a: Schriftgie~ersfrau. Von ihren Geschwistem a|s un- auff~llig geschildert. St irbt mit 63 Jahren an Kropfoperation.

I V 1 2 . Sohn Georg: Maurermeister. Mit 20 Jahren wegen K6rperver le tzung verurteil t , dann vielfach wegen Betrugs, K6rperverletzung, Unterschlagung, Be- leidigung. Mit 45 Jahren angezeigt wegen Hehlerei, mit 54 Jahren wegen Kon- kubinats. Wirkt bei der Exploration, mit 60 Jahren, gemacht biederm~innisch. Robust , krfi.ftig. Den El tern sei durchans unrecht geschehen. Die Mutter sei nach kurzem aus der Ansta l t entflohen. Dann habe sich ein Landtagsabgeordneter ihrer angenommen. Sie habe dann viele Gesch~ifte mi t groBem Erfolg geffihrt, Milch- gesehaft, Auskochgesehaft. Auch kSrperlieh sei sie stets gesund geblieben, habe auf ihrer goldenen Hochzeit noch getanzt. Georg selbst habe, als die El tern in die Anstal t kamen, gerade zum Milit~r ~inrficken mfissen. Sonsb ware er sicher auch eingesperrt, da er sehr geschimpft babe.

I V 1 2 . Tochter Elise: Sehriftgiel3ersfrau. Auffallend klein. Stets viel auf Jahr - m~rkten als Limonadenverk~uferin und ~hnliches. Sieht sehr jugendlich aus, obwohl sie mi t Fehl- und Totgeburten 14 Kinder hat, yon denen das ~lteste 36 J ah re

90 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen endogen oder r eak t iv

ist. Trotz ihrer Aufmachung (gefarbte t t aa re , ras ier te Augenbrauen) wirkt sie sympathisch. Sicherlich gute Ga t t i n und Mutter . Freundl ich , h6flich. Schimpf t abe t sehr auf die , ,Bauernteif is" , die ihre E l t e rn du rch Meineid in die Ans ta l t ge- b r a e h t haben. J e t z t 54 Jahre .

IV12 . Tochter Therese: Juweliersfrau. Fr i iher Kel lner in . Sagt, sie habe sich mi t grol~en Mfihen durcharbe i t en mtissen, schon u m ihren Sohn, einen jetzigen Staa tsanwal t , s tudieren ]assert zu kCinnen. E twas yon sich e ingenommen. U b e r die Krankhe i t ihrer E l t e rn spr ieht sie m i t Zurf iekhal tung, doch sei es richtig, dab m a n die Mut ter s tets ,,die Hergelaufene" gehefl3en habe. Bezeichnet sich selbst als im Grunde lustig, wirk t abe t sicherlieh n i eh t so frei wie ihre Sehwester Elise. J e t z t 52 Jahre .

IV12 . Tochter Christine: Gastwir tsfrau. I n Schule mi t t e l bis gut , wirkt abe r durehaus nieht intell igent. J ammer~ fiber die b6sen Leute , die ihren E l t e rn das ange t an hat ten . Wir t sehaf t l ich geht es ih r seh r schlecht , s ieht sehr elend aus. I h r Mann und sie h a t t e n e twa 14 J a h r e lang eine Wi r t scha f t gepachte t , in der sie gu t verdienten , zogen d a n n dor t aus, weil der Hausbes i tze r yon ihnen ftir ein Zimmer,. das ihrer Ansicht nach zur Wir t schaf t geh6rte, 20 RM ex t r a h a b e n wollte. Bei der nachs t en Wir tsehaf t waren wieder unangenehme Verhi~ltnisse - - ,,die Leute sind ja so b6s" - - , sie k onn t en sich dort n i ch t ha l t en u n d leben sei tdem in ausgespro- chener Armut . Der M a n n ist je tz t t t i l fsarbei ter . Die F r a u gibt jedoeh n ich t zu, dall sie kliiger ge tan ha t t en , die 20 RM mehr zu bezahlen. ] )as ware unm6gl ich gegangen. Das Zimmer ha t t e zur Wir t sehaf t gehSrt. J e t z t 51 Jahre .

IV12 . 1 Tocbter klein gestorben. 1V13. Vater: Landwir t . Wohl seit je schwachsinnig. I-Ieirat mi t 27 J a h r e n

Seit dem 49. J a h r e Grenzs t re i t m i t e inem Nachba rn , b e d r o h t ihn mi t 62 J a h r e n mi t e inem Bell. I n Haft . Meint dort , der Aufseher tue ihm Gift in die Suppe. An- s t a l t . Sagt, die G r u n d b u c b n u m m e r n seien gefalscht. K a n n k a u m schreiben und lesen. Sehr miBtrauisch. Meint, im Wasser sei Gift, t r i n k t d a t u m nur aus dem Kloset t . Nach 3 Mona ten ziemlich unveri~ndert ent]assen. Mit 68 J a h r e n legt er dera ihn besuchenden Fiirsorgearzt wieder sehr viele Dokumen te vor, redet dauernd mi t e rhaben lachelnder Miene. Es lauf t wieder ein Prozef3, tells um die a l ten Grenz- streit igkeiten, teils u m rfickstandige Brandvers icherungen . Bei der Explora t ion, in seinem 73. Jahre , weigert er sich zun/~chst, die I~austfire aufzuschliel~en. Als Refe ren t yon der Tochter eingelassen wird und sich mi t ih r unterhi~lt, geht er zu- naehs t wfitend aus dem Zimmer, lauscht aber s tandig a n der Tfir. k o m m t d a n n sctfliel~lieh doch herein und erzahl t aufgeregt yon neuen Prozel3absichten. Dicker, un terse tz te r Mann. (Queru lan t ; induzier t ?)

IV13 . Mutter: t t e i r a t mi t 25 Jah ren . Mit 61 J ah ren , 1 J a h r nach ihrem Mann, in Ansta l t , w~il sie den Nachba rn bed roh t h a b e n soll. I h r Mann habe recht. H a t fibrigens seit J a h r e n ftir ihn die E ingaben gemaeht . Soll sich dah in geaul3ert haben, ihr Mann sei unzurechnungsfahig , aber sie s tehe ffir ihn ein. Vermut l ieh geht die ganze Angelegenheit yon ihr aus. Erschein t , im Gegensatz zu ihrem Mann, gu t begabt , hat ein ziemliches Wissen. Beruf t sieh sel tsamerweise bisweilen darauf, dab sie geisteskrank sei und n ieht bes t ra f t werden kOnne. Nach 4 Wochen ent- lassen. Mit 66 Jahren , bei dem bei Schi lderung des Mannes e rwahn ten Fiirsorge- besuch, wieder sehr erregt. Sei es ihren K i nde r n sehuldig, bis zum aul3ersten zu kampfen. ,,Die Urkundenfa l schung is t vorbeha l t en , die mul3 durch !" S t i rb t m i t 70 J a h r e n an Herzwassersucht . (Querulant in . )

IV13 . Tochter Kath~trina: Zugeherin, Kutschers f rau . Spr ieht reiehlieh laut . Sonst verhi~ltnismal3ig unauff~llig, heiter , often, gesellig, gutmfit ig. Habe aber, wie sie selbst sagt, bisweilen t t a a r e auf den Zahnen . E twas ironiseh, n i m m t aber a n dem Prozel3 der E l t e rn wenig Anteil , wohl weft sie, als er zu spielen begann, schon yon Haus fort u n d 3 J a h r e sparer ve rhe i r a t e t war. J e t z t 47 Jahre .

Geis teskranker mi t Querulanten oder Induzier ten . 91

IV13 . Tochter Maria: Schlachtersfrau. Unterse tz t , derb. Verweigert, aufs ~uBerste erregt , jede Auskunf t . l~iemand habe etwas bei ih r zu schnfiffein. Sie babe yon K i n d h e i t a n all das Unreeh t miter lebt . Sehreit m i t lautes ter St imme, un te r sag t wi i tend ih rem Manne, der daraufh in etwas eingeschi ichter t das Z immer verl~Bt, i rgendwelche Auskunf t zu geben. Angeblich im fibrigen unauff~Uig, wenn aueh leicht erregbar . J e t z t . 4 6 Jahre .

IV13 . Tochter Lui~e: Landwir ts f rau. Leb t beim Vater. Ersche in t im ganzen unauff~llig. Sieht den ProzeB ruhiger an als ihre E l t e rn u n d als ihre .Schwester Maria. I s t aber doeh der Ansicht , dab die E l t e rn vSllig im R e e h t s in& t t~ l t aueh den Vate r n i eh t fiir geis teskrank, obwohl sie ihn w~hrend der Exp lo ra t ion mehr- faeh beschimpft , w e n n er altzu weitschweifig yore Prozefl erz~hlt . J e t z t 31 Jah re .

I V 13. Sohn Michael: Unteroffizier. Soil rech t gutherzig gewesen sein. Ge- fal len mi t 23 J a h r e n .

IV14. Vater: TaglShner , fri iher Landwir t . Sehwaeh veran lag t , in der Schule sehlecht. Eigens innig und rechthaber isch. I t e i r a t mi t 31 J a h r e n . Mit 38 J a h r e n wirtschaft l iche Schwierigkeiten. Beschuldigt den Ortsvors teher , er habe ihn m i t Gewal} h i n m a c h e n wollen, bewirf t ihn mi t Steinen. Arbe i te t n i ch t mehr, be t t e l t hernm. Schre ib t s t~ndig Beschwerdeschrif ten. Mit 48 J a h r e n in Ansta l t . E r sei seit 17 J a h r e n aufgeregt , sein Sehaden miisse ihm vergi i te t werden. I)epressiv, weint bisweilen. Oft unzufr ieden. Droht bisweilen mi t Selbstmord. NSrgelt. Glaub t sich immer zuri ickgesetzt . Bleibt dabei, der Gemeindera t seiner H e i m a t sei sein Fe ind . S t i r b t m i t 60 J a h r e n an einer Darmerkrankung . (Querulant . )

IV14 . Mutter. In te l lek tue l l schwach veranlagt . Hei ra t mi t 24 Jahren . Mit 41 J a h r e n im Ansehlu~ a n die E rk rankung des Mannes ebenfalls in Ansta l t . Teil te aUe seine Ideen. Sehr ieb in den le tzten J a h r e n die Schrif ts t t icke fiir ihn. Ble ib t dabei, dab der Geme inde ra t schleeht an ihm gehandel t habe. Sie seien miBhandel t , gesehlagen, m i t S te inen beworfen usw. Widerspr icht sieh mehr fach selbst. G laub t sich dureh Mi tk ranke oft gekrankt . Meist miirriseh, mi6t rau isch . Mit 50 J a h r e n Verdach t auf S t immen , wird immer stumpfer. Mit 55 J a h r e n gebessert ent lassen, naehdem sie in le tz ter Zei t k larer gewesen war. Mit 74 J a h r e n al tersschwach. L e b t fiir sich zu Hause. H a t aber wohl noch immer die gleichen Ideen. I h r Sohn meint , sie sei s te ts eine s tumpfe Person gewesen. (Induziert . )

IV14 . Tochter Pauline: Dienstmadchen. Rech t intel l igent . Wi rd yon al len als besonders rege u n d a d r e t t geschildert. Mit 33 J a h r e n gestorben a n En tb indung .

IV14 . Sohn Wilhelm: Fabr ikarbe i te r . Mit 27 Jahren , als er aus dem Krieg zur i ickkommt, Verkehr m i t seiner Sehwester, die yon ihm sehwanger wird und bei der E n t b i n d u n g s t i rb t . E r h a l t 3 Monate Gefangnis. Fi ihl t sich se i tdem im Dorfe sehr ungliieklich, weil er meint , da6 noch immer fiber die Sache geredet wird. In bezug auf die K r a n k h e l t seiner E l t e rn g laubt er fest daran, dab ihnen damals Un- recht geschehen sei, doch s t i i tzen sich seine Ansichten eigent l ieh nu r auf Aus- sagen seiner Mut te r , yon der er sonst gar nichts hi~lt. Man k 6 n n t e seine Stellung- nahme u m so auff~lliger nennen , als er im iibrigen zweifellos intel l igent ist, wenn er sich auch ein wenig da rauf zugute rut , daft er , ,fast nur wissenschaft l iche Ab- handlungen u n d keine R o m a n e " liest. Wi rk t ernst, zuriickgezogen, nachdenkl ich, innerlich anst~ndig , zuverl~ssig; anscheinend starkes Gerechtigkeitsgefiihl. J e t z t 43 Jahre .

I lZl4. Sohu Paul: Landarbe i te r . I m ganzen unauff~llig. Geistig n ieh t so rege wie seine Geschwister . Gefallen mi t 23 Jahren .

IV14 . 1 Sohn klein gestorben. IV15 . Vater: Ste inhaue r und Maurer. He i ra t m i t 24 J a h r e n . Mit 39 J a h r e n

beginnt er plStzl ich seine Frau , die vor 1 J a h r aus der Ans t a l t ent lassen war, bei ihren Querelen zu un te rs t i i t zen . H~l t sie fiir geistig besonders hochs tehend. An- stal t . Spr icht s p o n t a n n i ch t yon seinem ProzeB, h~l t aber a n seinen Ans ich ten [eat. Arbe i t e t als Maurer . l~ach 1 J a h r unver~nder t ent lassen. Nach auBenhin

92 Bruno Schulz: Kinder aus E h e n endogen oder reakt iv

unauff/illig. Hausmeis ter in einer Fabr ik . S t i rb t m i t 53 J a h r e n an Magenkrebs. (Induziert . )

I V 1 5 . Mutter: Mit 29 J a h r e n bes t raf t wegen Diebstahls . Mit 31 J a h r e n Heira t . Mit 33 J a h r e n wieder wegen Diebstahld bedtraf t . I n ihrem 42. J ah re kauf t ihr ein Mieter dad t Iaus ab, das ihr Mann gebau t ha t t e . I n ihrem 45. J a h r e l~Bt er die aus dem Hause setzen. Sie wird erregt, geht m i t de r Ax t auf andere los. tt/~lt die Ger iehtsentscheidung ftir falseh. Schreibt s t and ig Briefe an die Richter . I n ihrem Hause sei nur sie Herr . SchlieBlich wegen Versuchs der Meineidsverlei tung und Majest/ i tsbeleidigung angeklagt, aber wegen Geis teskrankhe i t auller Verfolgung gesetzt. Ansta l t . Hoehn/isig, he tz t und sehimpft . Naeh 11/2 J a h r e n unve rande r t ent lassen. N i m m t sofort die Prozesse wieder auf. Nach 1 J a h r wieder eingeliefert. Freue sieh, dab die Gemeinde fiir sie zahlen mtisse. H e t z t wieder. S t i rb t m i t 48 J a h r e n an Uteruskrebs . (Querulant in . )

I V 1 5 . Sohn Georg: Korbfleehter. Zog iiberal] umher . Gutmii t ig, wenn n i eh t gereizt, sonst aber sehr j/~hzornig, explosiv. T r a n k viel. Sehr dick. Sehr schlag- fertig. Nie bestraf t , obwohl er sehr b ru t a l war u n d oft gewaltt/~tig wurde. Be- liebt, in den Wir tschaf ten. Galt iiberall als , ,ziinftiges Haus" . Kiimmente sich n ich t u m seine Familie, lieB die fiir sich selbst sorgen. S t i rb t mi t 57 J a h r e n a n P a r a t y p h u s mi t Herz- und Kreislaufschw~che.

I V 1 6 . Vater: Holzaufk~ufer und Maurermeis ter . Schule gut, s tets o .B . Als K ind einmal Rotsucht . Hei ra t mi t 24 J ah r en . Mit 52 J a h r e n liest er viele spiri- t is t ische u n d philosophische Biieher. Beseh~ft igt sich 1 J a h r h indurch immer mehr und m e h r mi t retigi6sen Fragen, die ihn schliel~lich ganz beherrschen. Versucht einen seiner SOhne als Medium zu verwenden. Wi rd durch die yon diesem angeb- l ich t ibermi t te l ten Geis terbotschaf ten aufs t iefs te beeindruckt . Behaup te t m i t 53 Jah ren , er heil3e Petrus, bete nur zum lebenden Got t . Verb renn t mi t seiner Famil ie allen Zierrat , alle Spiegel, Waffen u n d Messer. Die Nachbarschaf t be- f t i rchte t eine Feuersbruns t und auBerdem die , ,Opferung" eifles Kindes seiner Tochter Rosa. Ansta l t . Ganz vernfinftig, bis auf seine Ideen, an denen er zun~chst festh~lt . Bestrei te t , dab die Gefahr einer F e u e r s b r u n s t gegeben gewesen sei. Auch habe er n ich t da ran gedacht, sein Enke lk ind zu tS ten bzw. zu , ,opfern". (Vielleicht in der T a t nur grundlose Befi irchtung der ~qachbarn.) Versucht Mitkranke zu heilen. Die lachen ihn aus. Nach 6 Wochen gebesser t ent]assen. Sei tdem ~uBer- lich unauff~llig. Ob er doch noch an die Sachen g laubt , ist schwer zu erkennen. Spr ich t jedenfa]ls n icht mehr dariiber. Nach Angabe yon Frau und Kindern , die nach wie vor groBe Stticke auf ihn hal ten , sehr gescheit . Grote , imponierende Gestal t , erscheint, wie schon ein K r a n k e n b l a t t e i n t r a g kurz vor seiner Ent lassung aus der Ans t a l t besagt, gediegen und zuverlassig. J e t z t 68 Jahre . (Psychogene Reakt ion . )

I V . 16. Mutter: Heira t mi t 24 Jah ren . Mit 53 J ah ren , gleichzeitig mi~ dem Mann, in Anstal t . Sie habe zwar n ich t rech t geglaubt , dab man mit Geistern reden k6nne, abe t ihr Mann wisse Bescheid. N a c h kurzem entlassen. Sei tdem unauff~llig. Wi rk t bei der Explora t ion mi t 68 J a h r e n als natiirliche, unauffi~llige Fra.u. Gutmi i t ig ; gesunder Menschenvers tand. ( Induzier t . )

I V 1 6 . Sohn Heinrich: Zimmermann. Ledig, o . B . Mit 23 J a h r e n gefallen in Frankre ich .

I V 1 6 . Tochter Kreszenz: Landwir tsfrau, o. B., gesund, kr/~ftig. J e t z t 42 Jahre . I V 1 6 . Sohn M a x : Maschinist in Amerika. Mit 25 J a h r e n in Anstal t . Sagt ,

er hSre die S t imme Gottes, seit er an ihn glaube. Segnet die Speisen, b r ich t das Brot . W i r k t etwas beschr/inkt, horcht still vo r sich hin. Nach einigen Tagen durch- aus unauff~llig. Sagt, es sei wohl Uns inn gewesen. Nach 3 Wochen ent lassen. Ble ib t unauff/~llig, jedoch immer etwas ernst . Verwa l t e t in Amerika drei H/~user. J e t z t 40 Jahre . (Induziert . )

Geis teskranker mi t Querulanten oder Induzier ten. 93

I 1/16. Sohn Albert: Maurer . Ledig, o. B. Mit 21 J a h r e n gcfallen in Frankre ich . I V 1 6 . Sohn Franz: Elekt ro ins ta l la teur . Mit 23 J a h r e n in Ans ta l t . Segnet

alas Essen, b r ieh t das Brot . Man mSge den Vater fragen, ,,ich und der Va tc r sind eins" . Nach einigen Tagen unauffal l ig. Nach 3 Wochen ent lassen. He i ra t m i t 35 Jahren . Ehe gliicklich. Sei nu r in dem einen P u n k t empfindl ich, wenn ihn j emand auf die Vorgange, die zu seiner Asylierung fi ihrten, anspr icht . ] )as sei begreiflich, weil Be t runkene ihn ein paarmal dami t aufgezogen haben. J e t z t 38 Jahre . (Induziert . )

I V 1 6 . Tochter Rosa: Werkmeis te rs f rau in Amerika. Mit 21 J a h r e n in Ans ta l t . Schiiehtern, an twor t e t widerwillig. Sei tiberzeugt, dall die Geister aus ih rem Brnde r Wilhelm gesprochen h a t t e n (s. diesen) und dall alles, was dieser gesagt habe, r icht ig sei. Nach 3 Wochen gebessert entlassen. Seitdem unauffal l ig. He i ra t mi t 31 Jahren . J e t z t 36 Jah re . (Induziert . )

I V16. Sohn Gottlieb: Elektroins ta l la teur . Mit 20 J a h r e n in Ans ta l t . Mull ge- f t i t ter t und ka the te r i s ie r t werden. Kneif t die Augen zu und spr icht nicht . W i r d dann mi t dem Vater zusammengebrach t , der ihm die Weisung gibt , sich anders zu verhal ten , darauf sofort unauffall ig. Nach 3 Wochen entlassen. Sei tdem streb- sam, fleillig. He i ra t e t m i t 26 J a h r e n eine Biirgermeisterstochter . J e t z t 35 Jah re . (Induziert . )

I V 1 6 . Tochter E m m a : Buchhal te r in . Mit 18 J a h r e n in Ans ta l t . Gib t keine Auskunf t . Si tz t s tets in gleicher Stellung da. Beruf t sich auf den Vater . Ba ld freier, korrigiert . Nach 3 Wochcn entlassen. Seitdem unauffallig. J e t z t 33 Jahre . ( Induzicr t . )

I V 1 6 . Tochter Martha: Gartners f rau in Amerika, o .B. J e t z t 32 Jahre . I V16. Sohn Wilhelm: Gastwir t . Mit 15 J a h r e n in Ansta l t . H a t t e dem Va te r

als Medium gedient. G ib t an, er sei dabei im Schtaf gewesen, habe e twas gehSrt u n d das d a n n gesagt. Was cr sagte, kam vom Geist. E r glaube an hShere und niedere Geistcr, n icht a n ein Jensei ts . Zuganglich, freundlich. Nach 2 Mona ten ent lassen. Sei tdem unauffall ig. Le rn te erst Maurer. Hei ra t mi t 24 J a h r e n . Pach t e t e boi Gelegenheit einen Gasthof . Bei der Explorat ion, mi t 30 Jah ren , wi rk t er lebens- froh, frisch, hei ter ; du rchaus gewandter Wirt , mi t gesundem Menschenvers tand . Liest keine Bficher, d a m i t cr n i ch t wieder auf dumme Gedanken komme. Damals habe er die Sachen auch n u r vom Vater f ibernommen. Habe in der Ans t a l t jedoch ba ld gemerkt , m a n ha l te ihn n i ch t fiir richtig, und so habe er yon den k r a n k h a f t e n Gedanken abgelasscn. Keineswegs schwachsinnig, aber wohl e twas pr imi t iv . Freundt ich, groin, kr~ftig. ( Induzier t . )

I V16. Tochter Berta: Servier tochter . M i t 13 J a h r e n in Ans ta l t . K ind l i ch , schiichtern, weint, sonst unauffall ig. Sie habe nur getan, was die E l t e rn ihr ge- sagt ha t ten . Nach 11 Tagen ent lassen. Sei tdem unauff/~llig. Viel za r te r als ihre etwas robus ten Geschwister. Ersche in t bei dcr Exploration, m i t 29 J a h r e n , sehr ernst , ruhig, sympath isch . E r inne r t , ohne geziert zu wirken, in ihrem Wesen eher a n eine Krankenschwes te r als a n eine Serviertochter . H a t vor 2 J a h r e n das t I a u s der E l t e rn zuri ickgekauft , da es den E l t e rn je tz t recht schlecht geht . Bel iebt in ihrer Stellung. Liest gem, d c n k t fiber alles nach. K a n n sieh die Sache damals auch n icht rech t erklaren. Se lbs tvers tandl ich sei es durch die Lekt i i re des Vate rs gekommen. (Induziert . )

I V 1 6 . Tochter Mathi lde: Servier tochter . Mit 12 J a h r e n in Ans ta l t . Kindl ich, schiichtern. Nach 11 Tagen als n ich t geisteskrank entlassen. Seit dem 27. J a h r e zu Hause, da nervSs infolge Kropfbeschwerden und Kropfoperat ion. Bei der E x - plorat ion, mi t 28 Jah ren , rech t energisch, weigert sich zun/~chst, Auskunf t zu geben, ungehal ten, erregt , lall t sich ers t a l lmahlich beruhigen. Sonst wohl o . B . ( In- duziert .)

I V 1 6 . Sohn Engelbert: Backer , je tz t bei der Reichswehr. VSllig o . B . J e t z t 26 Jahre .

94 Bruno Schulz: Kinder aus Ehen verschiedenartiger Geisteskranker.

(Soweit die Kinder des Paares IV 16 asyliert wurden, wurden sie gleichzeitig mi t den Eltern asyliert, und zwar alle, die damals zu Hause waren, auBer dem derzeit erst 1Oj~hrigen Sohn Engelbert.)

I V 1 7 . Vater: Altmaterialienh~ndler, vordem Arbeiter. In Schule schleeht gelernt. Heirat mit 38 Jahren. E twa mi t 40 Jahren Gelenkrheumatismus. Sonst stets gesund, heiteres Wesen, stets viel getrunken. Nach einigen Jahren Blau- kreuzler, fibertrieben fromm, betet viel, tei l t die religiSsen Ideen seiner Frau. Mit 45 Jahren schlieflt er sich plStzlich mit der Frau in seiner Wohnung ein. Als man ihn nach mehreren Tagen auffordert, zu 5ffnen, sagt er: ,,Bei uns hat niemand etwas zu suchen". Als der Arzt kommt, werfen er und seine Frau Kot nach ihm. Anstalt . Stupor(is im Bert. Spricht erst nach einigen Tagen, auch dann nur mfir- risch. Antwortet auf irgendwelche Fragen nach seinem psychischen Zustand fiber- haupt nicht. Sagt nur, er sei yon den Nachbarn ge~rgert. ]:)ann stumpf, leicht euphorisch. Nach 2 Monaten entlassen. Sei tdem angeblich unauff~llig, jedoch unselbst~ndig und ganz unter dem Einflul~ seiner Frau. Trinkt viel, besonders vom 60.--65. Jahr. Stirbt mit 69 J ah ren an Magenkrebs. (Reaktive Psyehose bei Alkoholismus; induziert.)

I V 1 7 . Mutter: Unehelich geboren, gut begabt, konnte aber nicht sehreiben (s tammt aus polnisch Oberschlesien). Hei ra t mi t 32 Jahren. Trinkt in den ersten J ah ren der Ehe viel. ])ann Blaukreuzlerin. Betete viel. Lebt ganz in religiSsen Vorstellungen. SehlieBt sich mit 39 J ah ren mi t ihrem Mann in der Wohnung ein, beret. Anstalt. Widerstrebend, verschlossen, abweisend. Leicht deprimiert. Sagt, sie seien yon Nachbarn schikaniert. Der Her r Jesus habe bei ihnen zu Hause verkehrt . Schmerzempfindliehkeit herabgesetzt. Wird ruhiger, still, fleil3ig, ge- ordnet. Nach 2 Monaten entlassen. Soll dann wieder ganz normal und vertr~g- lich gewesen sein, ging jedoch bis in die letzte Zeit viel in die Kirche und gait, wenn vielleieht auch nur aus diesem Grunde, in der evangelischen Gegend als verschroben. St i rbt mi t 50 Jahren an Hirnschlag. (Hysterische Reaktion bei Alkoholismus.)

I V 1 7 . Schn Hermann: Altmaterialienh~ndler. In Schule gut. Lernte dann Drechsler. Heiter. Gefallen mit 18 Jahren.

I V 1 7 . Sohn Richurd: Lumpenhi~ndler. Mit 24 Jahren einmal wegen Trunk- sucht und RuhestSrung bestraft. Mit 26 Jahren I-ieirat. Seit dem 3 I. Jahre st~ndig in Behandlung einer Nervenpoliklinik. Klagt fiber Angst, Kopfweh, weine und grfible viel, fahre oft aus dem Schlaf auf, bisweilen Schwindel, LebensiiberdruB. Ffihrt seinen Zustand zum Tell auch auf die Arbeitslosigkeit zurtick. Diagnose der Poliklinik: Endogener Depressionszustand. Bei der Exploration, mit 38 Jahren , leicht gehemmt, wirkt eher mii3mutig als depressiv. (Neurasthenische Depression.)

I V 1 7 . Tochter Margarethe : Hauptwachtmeistersfrau. Aufgeschlossen, heifer, gesellig, freundlich, warmherzig. Nennt sich religi(is gleichgfiltig. J e t z t 34 Jahre .