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Illustration: Maike Hettinger
Wo geht’s dennhier zum Gipfel?
Emmer naufzuas!
Wasser raus, Ge-schmack rein – dasist das Ziel, wennFleisch durch Räu-chern haltbar ge-
macht werden soll. Wenn man eineSchweine-Hinterkeule drückt undpresst und mit Salz oder gar mitkünstlichen Aromen vollschmeißtund bei hohen Temperaturen trock-net, dann ist das in ein paar Tagenerledigt. Frank Pfau, Metzger indem Schwarzwalddorf Herzogswei-ler, kann gar nicht genug Abscheuin seine Stimme legen, wenn erüber schnell produzierten „Indus-trieschinken“ redet.
Pfau führt oft Touristen, aberauch zum Beispiel Berufsschülerdurch seine Räucherei. Er will ihnendie traditionelle Herstellung vonSchwarzwälder Schinken nahe brin-gen. Die braucht Zeit. Es fängt da-mit an, dass ein „gutes Handwerker-schwein“ nicht zu früh geschlachtetwerden darf. Sauen mit 200 Kilo,wie sie noch sein Vater verarbeitethabe, bekomme man heute garnicht mehr, bedauert Pfau. 145 KiloLebendgewicht sollten es aberschon sein: „robust, kernig undmuskulös“. Und eine schöne Fett-Marmorierung. Jedenfalls keine mitdubiosem Futter eilig herangezo-gene „Industrieferkel“.
Nach Entfernung der Knochenwerden die Schweineschlegel mildgepökelt, also mit Salz und Gewür-zen eingerieben. Die Rezeptur hatgroßen Einfluss auf Qualität undFarbe des Fleischs – und ist das Ge-heimnis jedes Herstellers. Pfau legtseine Schinken rund fünf Wochenlang in eine Beize aus Wacholder,Koriander, Knoblauch, schwarzemPfeffer und anderen Zutaten. JedenSamstagmorgen schrotet er die Ge-würze selbst: „Das Aroma entfaltetsich dann besser.“ Außerdem wisseman bei bereits gemahlenen Gewür-zen nicht, ob nicht Holzmehl oderandere Füllstoffe drin sind.
Danach kommen diesieben bis zehn Kiloschweren Keulen unge-fähr zwei Wochen lang ineine Räucherkammer.Für 20 bis 30 Grad war-men Kaltrauch sorgt glim-mendes Tannen- undFichten-Sägemehl, demReisig und Beeren von Wacholderbeigegeben werden. Dazu schmeißtPfau auch eine Handvoll getrockne-ter Tannennadeln: „Die sind feinerals Reisig. Die sind Gold wert fürmich. Ich fahre 15 Kilometer zu Bau-ern, die noch Tannennadeln sam-meln.“
Beim anschließenden Abhängen,drei bis vier Wochen im Reiferaum,zieht der Geschmack voll ein unddas Fleisch wird trockener. „Den Ge-wichtsverlust von 30 Prozent neh-men wir bewusst in Kauf“, sagtPfau: „Der Schinken wird zarter,mürber, fester.“
Schließlich kann die Spezialitätverpackt werden: in Pergamentpa-pier, in Vakuumfolie oder – nochbesser – in einen dicken Leinen-sack. „Auf gut geräucherten Speckgehen Fliegen in der Regel nichtso“, erläutert Pfau: „Der Sack regelt
die Luftfeuchte. Da bleibt Schinkenlänger weich und saftig.“ Dass mitt-lerweile nur vielleicht zehn Prozent
aller SchwarzwälderSchinken von Schwarz-wälder Schweinen stam-men, hält Pfau für „eineSauerei“. Es ist aber völ-lig legal: Das EU-Siegel„geschützte geografischeAngabe“" garantiert indiesem Fall lediglich die
Herstellung nach traditionellem Ver-fahren im Schwarzwald – nicht aberdie Herkunft des Fleischs.
Im Jahr 2015 wurden 9,14 Millio-nen Schwarzwälder Schinken ver-kauft. Der Vormarsch deutscher Su-permarktketten verhilft dem kno-
chenlos-bedienerfreundlichen Roh-schinken zu immer neuen Exportre-korden: Bereits jeder vierte geht insAusland. Wenn die Schweine ir-gendwo zwischen Bremen und Os-nabrück im Stall stehen, dannkönnte der „Schwarzwälder“ Schin-ken doch auch gleich dort geschnit-ten und verpackt werden?
Das meinen jedenfalls großenorddeutsche Fleischfabrikanten.Die 14 Unternehmen, die sich in Ba-den-Württemberg zum Schutzver-band der Schwarzwälder Schinken-hersteller vereint haben, meinendas nicht. Beim Bundespatentge-richt in München läuft dazu schonseit Jahren ein Urheberrechtsverfah-ren.
Frank Pfau braucht sich um denStreit der Giganten nicht zu küm-mern. Er will seinen Handwerksbe-trieb mit zehn Mitarbeitern sowiesonicht vergrößern. „Ich muss auchnicht jeden Tag Fleisch essen“, sagtder Metzger: „Lieber weniger, abereine gute Qualität.“ MARTIN EBNER
Info In Herzogsweiler bei Freuden-stadt lädt die Metzgerei Pfau immerdienstags und samstags zur „Bauern-rauch-Besichtigung“:www.pfau-schinken.deDas „Schwarzwälder Schinkenmu-seum“ im Turm auf dem Feldberghat die gleichen Öffnungszeiten wiedie Seilbahn: www.schwarzwaelder-schinken-verband.de
Werben für die Tradition: Frank Pfau zeigt gerne seine Räucherkammer für Schwarzwälder Schinken. Foto: Martin Ebner
Egal wohin der Schwabe geht, obge Ässa, aufs Rathaus, hoim-
zuas, auf da Zug ge Schtuegert odereinfach bloß nore: Er stößt damitauf Unverständnis.
Besonders gerne gelacht wirdüber die schwäbische Verwendungdes Verhältnisworts auf. Sagt einSchwabe, er müsse aufs Baurechts-amt, muss er mit dummen Kom-mentaren rechnen, etwa der Art:Schön, dass den Beamten mal eineraufs Dach steigen will. Pressiert einSchwabe auf den Bus, ist derdumme Vergleich mit den Massen-verkehrsmitteln in den Entwick-lungsländern fällig, auf deren Ver-deck oft mehr sitzen als im Abteil.
Nicht selten kommen solcheSprüche von Menschen, die keinProblem damit haben, auf Schnäpp-chenjagd zu gehen oder die damitangeben, auf eine höhere Schule ge-gangen zu sein. Das beweist: Die
Präposition auf zeigt eben nicht nurein Höhenverhältnis der Art auf– unter an, sondern auch eineRichtung – und eine Fülle weite-rer Beziehungen. So bereitetman sich auf eine Prüfung vor –ein jeder auf seine Weise, sinntauf Rache – und merkt ir-gendwann, dass auf nichtnur auf Schwäbisch mehrals nur „oberhalb“ bedeu-tet.
Die Schwaben sind alsonicht die einzigen, die aufnicht nur im vertikalenSinne begreifen, sondernauch im horizontalen. Wervon einer Veranstaltung be-richtet, in der „älle aufanan-derg’hockt“ sind, beschreibtein gedrängtes Nebenei-nander und nicht etwaeinen Berg übereinandersit-zender Menschen.
Nicht mehr so häufig zu hören istdie Richtungsangabe ge. Wer geSchtuegert geht, begibt sich in dieLandeshauptstadt. Literarisch Be-wanderte erkennen darin das altegen, das noch in bestimmten For-meln überlebt hat wie gen Morgen,gen Abend, gen Osten, gen Mekka,gen Himmel. Dieses gen ist die Kurz-form von gegen im Sinne von „inRichtung“, die sich im Mittelhoch-deutschen eingebürgert hat.
Die Richtung, die das schwäbi-sche ge weist, geht freilich über die
geografische Dimension hinaus ineine ganz andere, nämlich die
des Zwecks: Mit Hilfe des gesteuert der Schwabe auf
eine Tätigkeit zu. Er gehtge Schaffa oder eben ge
Ässa.Bemerkenswert ist die Endung
-zuas, die manche Richtungsadver-bien kennzeichnet. „Nach oben“
heißt naufzuas, „dort hinüber“heißt nomzuas, „einwärts“ heißt nei-zuas und „heimwärts“ heißt hoim-zuas. Dass in diesem -zuas das rich-tungweisende zu steckt, ist unstrit-tig. Die Frage ist, woher das -s amEnde rührt. Ist es vom mittelhoch-deutschen Vorläufer zuoz(e) übrig-geblieben? Oder wurde die Endung-zu anderen Richtungswörtern an-geglichen, die auf -s enden wie etwalinks, rechts, -wärts? Dies vermutetdas Schwäbische Wörterbuch.
Gang nore! versteht man außer-halb Schwabens nicht. Es bedeutet„Geh vorwärts!“, auch im Sinne von„Mach voran!“ Nore ist ein weiter-entwickeltes nacher (mit einem h!),könnte eine alte Steigerung vonnahe sein und die Annäherung anein Ziel nahelegen. Kein Zweifel be-steht jedoch über den ultimativenCharakter der Aufforderung „Machnore!“ HENNING PETERSHAGEN
Sicher auf den Beinchen: Kaum gebo-ren, kann ein Steinbock-Zicklein klet-tern. Foto: Wilhelma Stuttgart/Harald Knitter/dpa
Wohin?Das Schlossmuseum im ober-
bayerischen Murnau wid-met sich aktuell in einer Son-
derausstellung dem ganz besonde-ren Verhältnis von Vätern und Söh-nen in Künstlerfamilien. Im Mittel-punkt stehen die Maler Wilhelmund Franz Marc, Edmund und Ale-xander Kanoldt, Alexej und AndreasJawlensky, Andreas, Lyonel undT.Lux Feininger sowie Willi, Rupp-recht, Lenz und Florian Geiger. DieBilder des Vaters hätten die Feinin-ger-Brüder ein Leben lang begleitet,heißt es weiter. In künstlerisch ge-prägtem Umfeld sei auch FranzMarc aufgewachsen. Schon sein Va-ter sei Maler gewesen, und obwohldieser ihn nicht für talentiert gehal-ten habe, habe Franz Marc doch die-sen Beruf ergreifen wollen. kna
Info Väter & Söhne, bis 6. Novemberim Schlossmuseum Murnau, Di-So10-17 Uhr, www.schlossmuseum-murnau.de
Rückgang Schlachtschweinesind bei uns nicht vom Ausster-ben bedroht: Ihre Zahl pendeltin Baden-Württemberg seit Jah-ren um die zwei Millionen. Bau-ern dagegen werden selten:Seit 2001 haben im Ländle16 500 Landwirte dieSchweine-Haltung aufgegeben– ein Rückgang um mehr als 80Prozent! Es gibt immer weniger
Bauernhöfe; dafür werden dieStälle immer größer. Die meis-ten Schweine leben mittler-weile in Betrieben mit mehr als2000 Tieren. Nur die Hälfte desin Baden-Württemberg verzehr-ten Schweinefleischs wird auchim Land produziert. Die ge-samte deutsche Produktionstieg seit 1994 von 3,7 auf 5,5Millionen Tonnen.
Wege Das Zentrum der deut-schen Schweinemast ist derKreis Vechta südlich von Bre-men. Brake an der Weser istEuropas größter Futtermittel-Ha-fen: Dort kommt Soja aus Süd-amerika an. Verkauft werdendie norddeutschen Fleischbergezum Beispiel an Schinken-Räu-chereien im Schwarzwald. DieAbfälle gehen nach Afrika.
Über immer weitere Streckenmüssen auch die enormenGülle-Mengen exportiert wer-den, die bei der Massentierhal-tung anfallen. Informationenzur industriellen Nahrungsmit-telproduktion bietet der„Fleischatlas“, den die Umwelt-organisation BUND und diegrüne Böll-Stiftung herausge-ben: www.fleischatlas.de meb
Künstlerfamilien:Väter und Söhne
Gleich drei Steinbock-Zick-lein sind vor Kurzem in derWilhelma in Stuttgart auf die
Welt gekommen – von drei verschie-denen Müttern. Wie der Zoolo-gisch-Botanische Garten mitteilte,wird das Trio aber immer nur von ei-ner Geiß betreut. „Das funktioniertwie ein Kindergarten“, erklärte Re-vierleiter Jürgen Deisenhofer. „EineGeiß passt auf, während die ande-ren Zeit zum Fressen haben. Dasklappt in der Natur bei bis zu zehnJungtieren.“ Die Steinböckchen ka-men Mitte Juni zur Welt – und klet-tern schon jetzt auf oft nur fingerdi-cke Vorsprünge.
In den Alpen waren die Steinbö-cke den Angaben zufolge Anfangdes 19. Jahrhunderts bis auf etwahundert Tiere ausgerottet. Durchdie Nachzucht in Zoos und die Aus-wilderung leben heute in den Alpendemnach wieder 30 000 bis 40 000Steinböcke. In der Wilhelma wur-den seit 1964 mehr als 110 Tiere ge-boren. Manche wurden auch in denAlpen ausgewildert.
Für Kinder, die sich nicht nur fürZicklein, sondern überhaupt fürTiere begeistern, hat die Wilhelmaim Rahmen ihres Sommerpro-gramms ein besonderes Erlebnis zubieten: eine Zooübernachtung.Wenn die Wilhelma abends bereitsgeschlossen hat, können die jungenTeilnehmer noch Hai, Krokodil undEisbär besuchen, teilte Wilhelma-Pressesprecher Harald Knitter inStuttgart mit. Danach wird in derZooschule übernachtet, und amnächsten Morgen gibt es ein „Tref-fen“ mit einer Schlange.
Zwischen 29. Juli und 10. Septem-ber stehen insgesamt sieben Ferien-abenteuer für Kinder im Zoo aufdem Programm. Sie führen zu Fle-dermäusen und Elefanten, ins Aqua-rium oder in die Futterküche für die1200 Tierarten. In einem Workshopkönnen Kinder Spielzeug für Tierebasteln, etwa Bälle für Affen, aus de-nen diese mit Stöcken oder anderenWerkzeugen Leckereien herauspu-len können. dpa/epd
Info Detailinformationen im Internetunter www.wilhelma.de in der Rub-rik „Wilhelmaschule“ unter „Som-merferienprogramm“. Die Pro-gramme sind für unterschiedliche Al-tersgruppen zwischen sechs und 14Jahren ausgelegt. Die Teilnahme kos-tet je nach Angebot zwischen fünfund 40 Euro. Alle Angebote werdenpädagogisch betreut. Anmeldung er-forderlich unter Telefon0711/5402-136.
SCHWÄBISCH OFFENSIV!
Zart und saftigEin Erbe aus Zeiten ohne Kühlschrank: Im Schwarzwaldwird Fleisch traditionell durch Räuchern konserviert.Hochwertiger Schinken kommt dabei heraus.
Kinder dürfen inder Wilhelmaübernachten
Die Kleinen werden weggebissen
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