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Eos, die Göttin der Morgenröte, avancierte auch zur Namenspatronin eines legendären Wiener Kinos, das 1921 in den Räumen der ehemaligen Militärschule eröffnet wurde. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der nach einem Umbau 1930/31 Sascha Filmpalast benannte Betrieb im 3. Wiener Gemeindebezirk, Ecke Ungargasse/Rennweg, durch Brand- bomben völlig zerstört. Die damalige Geschäftsführerin Hermine Kunesch übersiedelte in den Theater- und Vortragssaal des Herz-Jesu-Klosters in der Landstraßer Hauptstraße 137a, 1930/31 erbaut von Architekt Felix Angelo Pollak. Das neu adaptierte Kino wurde nach dem ursprünglichen Namen des Sascha Filmpalastes wieder Eos Kino genannt. Betrieben wurde es bis zur Schließung 2004 vom Ehepaar Huber. Imposant war das Kino mit seinem großzügigen Balkonbereich, der großen Leinwand und einer Gesamtbestuhlung von immerhin 603 Plätzen. Beeindrucken konnte auch der hohe Fo- yerbereich mit Büffet, Kartenhäuschen und kultiger Ausstattung im Design der 1950er-Jahre. Als letzte Vorstellung zeigte das Eos Kino am 12.10.2004 den Film FAHRENHEIT 9/11 von Michael Moore (USA 2004). Im ehemaligen Foyerbereich ist heute ein Humana-Shop untergebracht. (Thomas Jelinek) 29. & 30. Jänner 2014 Kino der Orte 1 Eos Kino 11 filmheft # 11 Eos Kino (Humana Shop), Landstraßer Hauptstraße 137a, 1030 Wien 6397_13_2-11KinoderOrte_fsch.indd 11 20.12.13 14:08

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Eos, die Göttin der Morgenröte, avancierte auch zur Namenspatronin eines legendären Wiener Kinos, das 1921 in den Räumen der ehemaligen Militärschule eröffnet wurde. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der nach einem Umbau 1930/31 Sascha Filmpalast benannte Betrieb im 3. Wiener Gemeindebezirk, Ecke Ungargasse/Rennweg, durch Brand-bomben völlig zerstört. Die damalige Geschäftsführerin Hermine Kunesch übersiedelte in den Theater- und Vortragssaal des Herz-Jesu-Klosters in der Landstraßer Hauptstraße 137a, 1930/31 erbaut von Architekt Felix Angelo Pollak.Das neu adaptierte Kino wurde nach dem ursprünglichen Namen des Sascha Filmpalastes wieder Eos Kino genannt. Betrieben wurde es bis zur Schließung 2004 vom Ehepaar Huber. Imposant war das Kino mit seinem großzügigen Balkonbereich, der großen Leinwand und einer Gesamtbestuhlung von immerhin 603 Plätzen. Beeindrucken konnte auch der hohe Fo-yerbereich mit Büffet, Kartenhäuschen und kultiger Ausstattung im Design der 1950er-Jahre.Als letzte Vorstellung zeigte das Eos Kino am 12.10.2004 den Film FAHRENHEIT 9/11 von Michael Moore (USA 2004). Im ehemaligen Foyerbereich ist heute ein Humana-Shop untergebracht. (Thomas Jelinek)

29. & 30. Jänner 2014

Kino der Orte 1

Eos Kino

11filmheft # 11

Eos Kino (Humana Shop), Landstraßer Hauptstraße 137a, 1030 Wien

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Jänner bis Juni 201414

KINO DER ORTE 1 EOS KINO

Programm 1

MI 29.1.2014, 20:00

NUOVO CINEMA PARADISO I 1988REGIE, DREHBUCH Guiseppe Tornatore KAMERA Blasco Giurato MU-SIK Ennio Morricone MIT Philippe Noiret, Jacques Perrin, Salvatore Cascio, Marco Leonardi, Antonella Attili, John Wood PRODUKTION Cristaldi/RAI-Tre/Forum Pictures/Les Films Ariane FORMAT s/w und Farbe, OF mit engl. UT 123 Minuten

Nicht selten hat die Liebe zum Kino ihre Wurzeln in der Kindheit. Bislang unbekannte Welten er-öffnen sich, Verbotenes kann heimlich beobachtet werden, Neugier und Staunen wechseln einander ab.NUOVO CINEMA PARADISO (I 1988) erzählt von Salvatore Di Vita (genannt Toto), einem Re-gisseur, der schon in seiner Kindheit der Faszinati-on des Kinos erliegt. Nachdem der Vater des Jun-gen von der russischen Front nicht zurückkehrt, wird Alfredo, der Filmvorführer des sizilianischen Ortskinos, zur männlichen Bezugsperson. Toto schleicht sich heimlich in den Vorführraum, beob-achtet seinen väterlichen Freund beim Umrollen und Einspannen der Filmrollen. Er ist dabei, wenn der Gemeindepfarrer Zensurschritte einfordert. Die zensurierten Filmstreifen sammelt Toto, blickt

sie sehnsüchtig gegen das Licht gerichtet an, um die Szenen letztlich nachzuspielen. Als besonders verwerflich gelten Kuss-Szenen, die das siziliani-sche Dorfpublikum nie zu sehen bekommt.Kino- und Filmgeschichte werden lebendig, wenn vom stummen und tönenden Film, von Zensur und Klebestellen, von der Gefahr des Nitrofilms und der Errungenschaft des Sicherheitsfilms anschaulich und emotional erzählt wird. Stumm-filmklassiker mit Stan Laurel und Oliver Hardy, Western mit John Wayne oder erotische Auf-nahmen der Bardot flimmern von der Leinwand, während die unmittelbare Reaktion der Zuschauer in den Fokus genommen wird: Freude und Span-nung, Erregung und Empörung lassen das Kino als den zentralen Erlebnisort erscheinen. Allen voran werden im Dunkeln Verbindungen geknüpft, Beziehungen angebahnt, die mitunter ein Leben lang halten. Parallel dazu gibt NUOVO CINEMA PARADISO auch Einblick in kulturgeschichtliche und gesellschaftliche Entwicklungen der 1940er- und 1950er-Jahre, die sich sowohl im Kinoschaf-fen als auch in der Rezeption und Reaktion vor Ort widerspiegeln.1990 wurde NUOVO CINEMA PARADISO als bester fremdsprachiger Film mit dem Oscar ausge-zeichnet. Regisseur Tornatore verlieh man bei den

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Filmfestspielen in Cannes 1989 den großen Preis der Jury. Philippe Noiret wurde 1989 für seine Darstellung des Alfredo als bester Schauspieler mit dem Europäischen Filmpreis geehrt. (Karin Moser)

Programm 2

DO 30.1.2014, 20:00

THE DREAMERS UK/F/I 2003REGIE Bernardo Bertolucci DREHBUCH Gilbert Adair KAMERA Fabio Cianchetti MUSIK Broadcast MIT Michael Pitt, Eva Green, Louis Garrell u.a. PRODUKTION RPC/Peninsula Films/Fiction Films FORMAT Farbe, OF 115 Minuten

Bernardo Bertolucci führt mit THE DREAMERS mitten hinein in den gebrochenen Traum von 1968: Vor der Cinémathèque begegnet der US-amerikanische Student Matthew dem eigenwilli-gen Geschwisterpaar Théo und Isabelle. Aus dem ungleichen Gespann wird, begünstigt durch die Abwesenheit der (bzw. aller) Eltern, nicht nur eine verschworene Gemeinschaft von Kinogängern, sondern auch eine ungewöhnliche Wohngemein-schaft. Während auf der Straße der gesellschaft-liche Umbruch geprobt wird, macht es sich das cinephile Trio in der eleganten Weitläufigkeit der

elterlichen Pariser Bleibe gemütlich. Filmszenen werden nachgestellt, man ergeht sich im Spiel mit Verweisen, die Rebellion scheint nur ein Hinter-grundgeräusch zu sein, ein Spektakel im Abseits. Doch die Versuchsanordnung gesellschaftlicher Abkehr birgt explosives Potenzial, erzeugt die Nähe der drei Ungleichen doch eine sich verdich-tende erotische Spannung. Das Rituelle beginnt zu kippen, das Ungeschönte und das Grausame sind die unvermeidlichen Folgen. Die aufkeimende Liebe ist durch das Referenzfeld des Filmischen gekennzeichnet, das von Bertoluccis subtilen Kommentar auf gesellschaftliche Zustände noch überhöht wird. Am Rande der Selbstzerstörung entlangschlitternd, geraten auch die isolierten Verhältnisse der Liebenden durcheinander. Die insular anmutende Utopie, die sich im bürgerli-chen Wohnraum entfaltet, endet schlussendlich nicht nur wieder im Kino, sondern auch auf der Straße. Der Traum von der Veränderung hat sich ausgeträumt, als Gewalt an die Stelle von Philosphie zu treten scheint. Bertoluccis Film, der bewusst Fragen offen lässt oder auch ausspart, ist eine Verbeugung vor den Kräften des Kinos, ihren zahlreichen Vertretern, die er auch wirkungsvoll ins Bild setzt. (Thomas Ballhausen)

Seite 16: NUOVO CINEMA PARADISO, I 1988 Seite 17: THE DREAMERS, UK/F/I 2003

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