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KIRCHE WELTARBEITER Erde, himmels und ARBEIT HALBJAHRIGER NEWSLETTER DER WELTBEWEGUNG CHRISTLICHER ARBEITNEHMER • NOVEMBER 2017 www.mmtc-infor.com PHOTO I ALLGEMEINE VERSAMMLUNG MMTC ÁVILA 2017

KIRCHE WELTARBEITER - kab.de · sich dabei um eine historis-che Tatsache. Die Immigra-tion besteht seit etwa hun-dert Jahren und trat massiv seit Ende des Krieges auf, erst aufgrund

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KIRCHEWELTARBEITERErde, himmels und ARBEIT

HALBJAHRIGER NEWSLETTER DER WELTBEWEGUNG CHRISTLICHER ARBEITNEHMER • NOVEMBER 2017

www.mmtc-infor.com

PHOTO I ALLGEMEINE VERSAMMLUNG MMTC ÁVILA 2017

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NOVEMBER 2017

Weltbewegung Christlicher Arbeit-nehmer (WBCA)Bd. du Jubilé, 124B-1080 BrüsselBelgienTelefon +32 247 22 [email protected]

MMTCWMCW@MMTC_fr@MMTC_fr

Die Internet-Version vonINFOR ist kostenlos.Eine Spende zur Unters-tützungunserer redaktionellenArbeit ist sehr willkom-men.Danke für Ihre Mithilfe.

Bank:Credit Mutuel ParisIBAN: FR76 10278060.4200.0305.8544.184BIC: CMCIFR2A

Design und Layout:HOAC | Veröffentlichungenwww.hoac.es

ÉDITORIAL

Zwischen Angst und Hoffnung… | 3

LEBENSZEUGNISDie Begegnung mit gläubigen Muslimen | 4Wir sind traurig, aber wir leben | 7

TREFFENAbschlusserklärung: Land, Obdach und ARBEIT für ein würdiges Leben | 13Ängste am arbeitsplatz | 15

LEBEN DER BEWEGUNGENEinen Lebenswandel durchleben. JederMensch zählt angesichts des Evangeliums | 17Unterstützung der Arbeiter von Mali | 18Tag der arbeit 2017 in Togo | 20

AKTUELLES7 Oktober: Welttag für menschenwürdige Arbeit | 8Internationale botschaft zum 1. Mai: Es lebedie Arbeiterklasse! | 9Botschaft zum Internationalen Frauentag. 8. März: Das Frausein | 10Bewegung der arbeiter und arbeiterinnen vonNissan | 11Gebet: Für die Arbeitswürde und ein universelles Grundeinkommen | 12

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INFOR. Halbjähriger Newsletter der WBCA

INFOR / November 2017 3

I n euren Händen oder auf dem Bildschirm habt ihr eineneue Ausgabe von INFOR. Gleichzeitig mit demWunsch für eine frohe Lektüre möchten wir auch, dass

ihr euch auf einen Weg der Hoffnung begebt.

Ja, es ist wahr. Beim Blick auf die Entwicklung dieserWelt gibt es genug Gründe Angst zu haben. Wenn man ei-nen kleinen Spaziergang durch diese Welt macht, so stelltman fest, dass Brasilien nach dem Staatsstreich von 2016Opfer eines neoliberalistischen Rückschritts geworden ist.Die Aktivisten sagen jedoch: “Wir sind traurig, aber wir le-ben noch!”. Mit anderen Worten: Noch ist es möglich, sichzu erheben und Hoffnung zu haben. In Mali beispielswei-se gibt es Grund zu neuer Hoffnung , wenn wir die Aktionauf dem Gebiet der Förderung von Hausfrauen (oder häus-lichen Arbeiterinnen) betrachten, deren Löhne sich in denvergangenen fünf Jahren verdoppelt haben, von monatlich11 euro auf 23 euro. Hoffnung gibt es auch in Portugal, wodie Bewegung LOC/MTC 250 Aktivisten zu einem Trai-ning versammeln konnte mit dem Titel “Wie können wirunsere Ängste loswerden?”.

Es gibt noch Hoffnung, wenn uns die Aktivisten desACO (Frankreich) von ihrer Entwicklung erzählen, von derVertiefung des Glaubens und der Überwindung der Sch-wierigkeiten, die das Zusammentreffen mit Muslimen mitsich bringen. Sie zeigen uns, wie wichtig es ist, “in Harmo-nie zu leben” und vor allem “gemeinsam zu kämpfen” füreine Welt in Gerechtigkeit und Frieden.

Um alle unsere Ängste zu überwinden und den Weg derHoffnung zu gehen, müssen wir als Aktivisten oder Sym-pathisanten der MMTC, folgende Indikatoren beachten:

• Den Indikator “DIALOG”, um dem Nächsten zu begeg-nen, all denen, die uns nicht ähneln, die nicht so den-ken, essen oder glauben wie wir. Und wir müssen ler-nen sie anzunehmen, als ob sie unsere Schwestern oderBrüder wären.

• Den Indikator “WÜRDE”: Der Aktionstag des 7. Oktobererinnert uns daran, dass Männer und Frauen im Zentrum

aller Ökonomie (welcher Ausprägung diese auch immersei) stehen müssen und dass “WÜRDIGE ARBEIT UNDGERECHTER LOHN” als Erbe der Menschheit festgesch-rieben sein müssen, als unveräußerliche Rechte.

• Den Indikator “SOLIDARITÄT”: Der 1. Mai erinnert unsdaran, dass wir “KÄMPFER SIND” und dass unsere Mis-sion in der Mission besteht, die Christus uns anvertrauthat, um mit der Kraft unseres Geistes eine bessere Weltzu bauen.

• Den Indikator “GLEICHHEIT ZWISCHEN FRAUENUND MÄNNERN”: Der 8. März zeigt uns den Kampfder Frauen um völlige Anerkennung. Sie erinnern unsdaran, dass “ohne sie keine Zivilisation möglich ist”.

• Den Indikator “CHRISTLICHER GLAUBE”: Indem wiruns an Christus wenden, entdecken wir das Kreuz (dasuns immer ängstigt) als Möglichkeit zur Erlösung. Im Le-ben von Christus entdecken wir genügend Gründe, wa-rum wir trotz allem die Hoffnung nicht zu verlierenbrauchen, denn wir wissen, dass er siegte. Er besiegte je-den Tod, alles Sterbende, alles Tödliche.

Wie es die Schlusserklärung der Generalversammlungder MMTC (in Ávila im vergangenen Juli) betonte: “Wirwollen ein Zeichen sein und Hoffnung zeigen!”.

Auf diese Weise “möchten wir uns an das Evangeliumder Arbeitswelt annähern und die Stimme der Arbeitendeninnerhalb der Kirche sein”, genau so, wie papst Franziskusuns einlud es zu tun.

In diesem Sinne euch alleneine frohe Lektüre!

Zwischen Angst und Hoffnung…

ÉDITORIAL

Bernard Robert Kaplan der WBCA

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4 INFOR / November 2017

Lebenszeugnis

Dazu folgen nun vor allem Berichte über die Begegnung mit Muslimen. Der Bericht von Brigitte über eine Begeg-nung bei der Arbeit, der Bericht von Colette über eine Begegnung ihres Vereins, der illegale Arbeiter unterstützt,und der Bericht von Joëlle und Jacques über eine Begegnung im familiären Umfeld.

Die Begegnung mit gläubigen MuslimenMit diesem Artikel möchten wir eine Reflexion über die Begegnung mit gläubigenMuslimen und dem Islam anregen und uns dabei mit dem Aspekt des Zusammenle-bens auseinandersetzen.

Bericht von Brigitte

Saoussen kommt aus Tunesien. Sie ist Muslimin undlebt seit mehreren Jahren in Frankreich. Sie ist eineneue Kollegin. Nach dem 13. November verfolgten wirin manchen Räumen die Nachrichten. Wir haben überdie Ereignisse gesprochen und waren uns einig, dass essich hier um Extremisten handelte. Sie war genausoschockiert wie wir alle über das, was passiert war. Soforthat sie mir auch ihre Befürchtungen mitgeteilt, dass diesein Aufkommen von Rassismus ihr gegenüber begünsti-gen könnte. Einige Leute zeigten Ängste und Befangen-heit im Umgang mit muslimischen Kollegen. Währendder Pause tauschten wir Kollegen uns aus, darunter At-heisten, Muslime und ich als Katholikin. Einige stelltenFragen zum Islam oder Katholizismus. Dieses Gesprächhat uns alle erleichtert und zufriedengestellt.

Zum Anlass eines muslimischen Festes brachte Sa-oussen uns Spezialitäten zum Essen mit. Sie wollte,dass wir es genauso machten. Unsere atheistischen Ko-llegen brachten Crêpes zu Lichtmess mit; dieses Festfeiert die Darstellung Jesu im Tempel. Wie ist dies zuerklären? Zu Neujahr schenkte ich drei muslimischenKollegen einen interreligiösen Kalender, in dem allechristlichen, muslimischen und jüdischen Feste einge-tragen waren. Fatouma und Saoussen haben sich sehrgefreut. „Dein Kalender ist super, jetzt kenne ich alleDaten der muslimischen Feste. Ich weiß, wann der Ra-madan beginnt und konnte meinen Urlaub dements-prechend planen“. Wir führten unseren Dialog fort.Ich erklärte ihr unsere Fastenzeit und sie erkundigtesich danach wie es lief. Ich bin davon überzeugt, dassein interreligiöser Dialog für den Aufbau und Erhaltvon Frieden unabdingbar ist.

Bericht von Colette

68 illegale Arbeiter haben vier Jahre lang gestreikt unddabei das Volkshaus von Creil Tag und Nacht besetzt. Siesind Muslime, unter ihnen sind zwei Imame. Wir, die Mit-glieder der französischen katholischen Arbeiteraktion(ACO), nahmen am Unterstützungskomitee teil und wur-den Zeugen ihres Lebens, mit gemeinsamen und re-gelmäßigen Gebeten dort wo sie lebten und schliefen.Doch die Erlangung ihrer gesetzlichen Anerkennung standim Vordergrund, und die Religion war wenig sichtbar. Frei-tags stellten sie einen Bereitschaftsdienst, so dass die meis-ten von ihnen zum Gebet in die Moschee gehen konnten.Während des Ramadan erhielten sie Lebensmittelvorräte,gekochte Gerichte und Geld von den umliegenden musli-mischen Gemeinden. Sie hatten nichts, da sie seit mehre-ren Monaten nicht gearbeitet hatten, und dennoch warenwir alle eingeladen um mit ihnen zu feiern. Zweimal habe ich die Delegierten zu den Direktoren

der beiden Moscheen begleitet, um ihnen unserenKampf zu erklären und sie um Unterstützung zu bitten.

Es war ein sehr warmer Empfang. Einer der Streikendenhatte zwei Mal an der christlich-muslimischen Begeg-nungsgruppe von Creil teilgenommen. Mehrere von ih-nen sind zum Welttag für Migration zur Kirche Saint Jo-seph gekommen, wo die christliche Gemeinde den Film„Welcome“ gezeigt hatte. Im ersten Jahr ist Ousmane, einer der illegalen Arbeiter,

an Krebs gestorben. Alle Arbeiter und das Unterstützungs-komitee waren zu einer Zeremonie bei seinem Cousineingeladen. Alles wurde für uns übersetzt. Die Familieschätzte die Anwesenheit des Unterstützungskomiteessehr und dankte uns öffentlich dafür. Trotz seines Leidenshatte Ousmane die moralische Unterstützung, die wirihm geben konnten, geschätzt. Das war sehr ergreifend. Beim Tod eines Mitglieds unseres Unterstützungsko-

mitees haben sie auch unser Leid geteilt und waren beider christlichen Feier zugegen oder nahmen von außer-halb teil und waren dabei sehr respektvoll gegenüber un-seren religiösen Bräuchen. Die schweren Ereignisse ha-ben zu einem gegenseitigen Austausch mit einigen vonihnen über unseren jeweiligen Glauben und unsere Ge-bete geführt.

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Lebenszeugnis

INFOR / November 2017 5

Im Anschluss an diese Be-richte versuchen wir nun,diese näher zu beleuchten.

Eine integriertePräsenz in derGesellschaftDie Präsenz der Muslime

in Frankreich rührt im We-sentlichen von der Immigra-tion von Arbeitern aus demMaghreb und dem subsaha-rischen Afrika. Es handeltsich dabei um eine historis-che Tatsache. Die Immigra-tion besteht seit etwa hun-dert Jahren und trat massivseit Ende des Krieges auf, erstaufgrund eines Bedarfs an Ar-beitskräften, dann im Rah-

men der Familienzusammen-führung. Heute handelt essich bei den gläubigen Musli-men um integrierte französis-che Bürger.

Dank der Begegnungmit Muslimen öffnenwir uns gegenübereinem anderenGlauben und anderenreligiösen PraktikenDie religiösen Praktiken

der Muslime sind auf dieUnterwerfung vor Gott aus-gerichtet. Das bedeutet,man befindet sich perma-nent unter dem Blick Got-tes. Der Koran ist die Offen-barung Mohammeds,

Bericht von Joëlle und Jacques

Joëlle und Jacques sind Rentner, Eltern von zwei Kin-dern und Großeltern von acht Enkelkindern. Ihre Toch-ter Céline, die im christlichen Glauben in einer katholis-chen Familie erzogen wurde, ist zum Islam konvertiert. Jacques: An der Sorbonne hat Céline ihre Abschlussar-

beit über die jungen verschleierten Mädchen in denfranzösischen Großwohnsiedlungen verfasst. Dies hat siedazu bewogen, sich immer weiter dem Islam zuzuwen-den, der ihrem Leben einen Sinn und eine moralischeStruktur gab. Ihr Mann Ahmed, algerischen Ursprungs,hat ebenfalls seine Zugehörigkeit zum Islam vertieft,etwa so wie die Wiedereinsteiger bei den Christen. Sch-ritt für Schritt sind sie vollwertige Muslime gewordenund üben ihre Religion sehr streng aus. Joëlle: Die Zeit der Konvertierung war für uns nicht

einfach. Für mich war sie schmerzhaft. Sie haben Schrittfür Schritt mit unserer Lebensweise und unseren ge-wohnten Beziehungen abgeschlossen. Céline, die zu derZeit Studentin und Freizeitanimateurin war, hat sich im-mer mehr verschleiert, wodurch sie ihren Job verlorenhat. Später, nach ihrer Hochzeit, ist sie Hausfrau undMutter geworden. Sie und ihr Mann hatten sich für eineFamilie mit muslimischen Vornamen entschieden. Essenund Feste im Kreise der Familie, ob bei ihnen oder beiuns, fanden ohne Alkohol und ohne Musik statt. Trotz ihrer anderen Lebensweise hat die Liebe unse-

rer und Ahmeds Familie für unsere Kinder und Enkel-kinder diese Unterschiede überwunden. Wir und auchsie haben uns dazu entschieden, ein gutes Verhältnis zupflegen. Man kann selbst sagen, dass das Verhältnis zuunserer Tochter, ihrem Mann und unseren Enkelkin-dern niemals so eng gewesen ist.

Dazu waren Zugeständnisse und Opfer nötig. Wirmussten Unterschiede akzeptieren und wurden Zeugenvon verächtlichen Blicken und Diskriminierungen, dieihnen auf der Straße, in Geschäften und im alltäglichenLeben wiederfuhren. Jacques: Trotz der Unterschiede haben wir ihren

Glauben kennengelernt, ihren Respekt der fünf täglichenGebete, auch bei unseren Enkelkindern, und die Bewäl-tigung des Fastens während des Ramadan. Dies betrifftnicht nur das Essen und Trinken, sondern dient auchdem Rückzug, guten Gedanken und dem Begehen vonguten Taten in ihrem Umfeld. Wir sind Zeugen ihres Glaubens an Gott, der ihr Le-

ben und ihre Beziehungen strukturiert, dabei lehnen sieden übermäßigen Materialismus und den Pessimismusunserer Gesellschaft ab. Ihre Überzeugungen bringen uns dazu, unseren eige-

nen christlichen Glauben zu vertiefen und unsere reli-giösen Überzeugungen zu teilen. Mein Glaube an Gottist nun gestärkt. Er beruht auf der Freiheit, die Gott unsgibt, um Verantwortung für unser Handeln im Lichtedes Evangeliums zu tragen. Er führt auch zu der Fragenach den Begriffen Gut und Böse und dem Platz der Re-ligionen in den Großwohnsiedlungen. Joëlle: Ich empfinde meine von zwei Religionen

geprägte Familie als Bereicherung. Das Zuhören und diechristlich-muslimische Begegnung haben meinen Glau-ben gestärkt. Ich habe viel von Céline gelernt und dies hat es mir

ermöglicht, mich den Ärmsten gegenüber zu öffnen,und ich teile mit Christophe, unserem Sohn, was unsheute Halt gibt. Ich bleibe der Überzeugung, dass wirdurch die Liebe Christi eines Tages in einer gerechtenund brüderlichen Welt leben werden.

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aufgrund derer die Mens-chen sich Gott unterordnensollen. Der Koran ist dasWort. Dies führt zu einemvertikalen Ansatz desVerständnisses von Gott,der allwissend ist. Das ritue-lle Gebet ist Teil der FünfSäulen des Islam und wirdauf Arabisch gesprochen.„Es handelt sich um ein ko-difiziertes Gebet, welchesin Zeit und Raum bestimmtist“. Eine andere Säule, dieArmensteuer (zakât) stehtim Zusammenhang mitdem Gebet und den Reini-gungsritualen. Die Sadaqa(freiwillige Almosen), isteine Aufforderung des Ko-rans, den Armen zu helfen.Dem muslimischen Glau-ben wird im sozialen RaumAusdruck verliehen, undMuslime haben in der Regel

kein Problem damit, darü-ber zu sprechen. Auchwenn wir in diesem Punktüber eine höhere Sensibi-lität verfügen, ist dies ansich nicht negativ. Es muss ein Gleichge-

wicht gefunden werden,wobei darauf zu achten ist,dass der öffentliche Raumnicht zu einem Raum wird,in dem Überzeugungennicht im Einklang mit denGesetzen und der Laizitätgelebt werden können.Aber ebenso muss ange-merkt werden, dass dasRespektieren von Gesetzeneine Einschränkung desAusdrucks von Überzeu-gungen bedeutet. Dies istder Fall in Unternehmen,wo manchmal das Trageneines (religiösen) Kennzei-chens verboten ist.

Die Herausforderungender BegegnungDie Begegnung mit Musli-

men macht uns offen für An-dersartigkeit und die Aner-kennung von Unterschieden.Dieser Dialog bedeutet Hin-terfragung, Freude, Respektund spirituelle Vertiefung;konkret gesagt, die Vertiefungunserer religiösen Praktiken.Dieser Dialog soll Zeugnis ei-nes Zusammenlebens trotzaller Unterschiede sein. Unser Glaube an Gott ist

untrennbar vom Kampf fürden Respekt der Würde vonGottes Söhnen und Töchtern,dem Respekt für das Leben,sowie vom Kampf für Ge-rechtigkeit und Frieden.Diese Kämpfe können im

Rahmen solcher Begegnun-gen stattfinden. Wir Christenrichten unsere Einsichten

nach der Soziallehre der Kir-che. Für die Muslime ist derKoran die Referenz.Dies erweckt die Frage nach

dem Kontext seines Aus-drucks und dem richtigenVerständnis dieser Schrift heu-te. Wir sollen uns nicht zu-rückziehen, sondern diejeni-gen treffen, die ihren eigenenGlauben und ihre eigenenWerte haben. Innerhalb derGesellschaft sollten wir ge-meinsam die Frage nach Gottoffen lassen. Christen undMuslime sind Gläubige, diesich in dieser Frage ähneln.„Über alle Unterschiede hi-naus besteht eine gemeinsamegläubige Haltung, die sich aufdas Gesetz Abrahams bezieht:die Einwilligung, eine Existenzzu führen, die nicht nur voneinem selbst und seinen Inte-ressen ausgeht, sondern auchvom Wort und Versprecheneines Gottes, der sich denMenschen offenbart1”.

6 INFOR / November 2017

Lebenszeugnis

1 Rencontrer l’islam von Jean-Luc Brunin. Collection ToutSimplement, éditions de l’Ate-lier, 1993.

Pascal Fouque Generalsekretär

von ACO Frankreich

Vor einem Tag hat er mich völlig unverhofft darum gebeten, ihm das Betenbeizubringen; Mohammed (ein Dorfbewohner) hat es sich angewöhnt re-gelmäßig zu kommen, um sich mit mir zu unterhalten. Er ist ein Nachbar. Wirhaben daher vieles geteilt. Oft musste ich mich kurz mit ihm fassen oder Wo-chenenden verbringen ohne ihn zu treffen, wenn die Gäste zu zahlreich undeinnehmend waren. Eines Tages fand er einen Weg, um mich zur Ordnung zurufen und mich nach einem Treffen zu fragen: „Wir haben schon lange nichtmehr an unserem Brunnen gegraben!“ Das Bild ist geblieben. Wir gebrauchenes, wenn wir die Notwendigkeit verspüren, uns gründlich auszutauschen.Einmal scherzte ich und fragte ihn: „Und am Grund unseres Brunnens, was

werden wir dort finden? Muslimisches oder christliches Wasser?“ Er schautemich an, halb lachend, halb bekümmert: „Jetzt laufen wir schon so lange ge-meinsam und du stellst mir dennoch diese Frage! … Weißt du, das Wasser aufdem Grund dieses Brunnens ist Gottes Wasser“.

Christian de Chergé. Mönch von Thibirine

Artikel veröffentlicht in Nummer113 der Zeitschrift "Reprende"

der ACO Frankreich imSeptember 2016. "Répères" ist

eine Überprüfung der Bildung unddes Verhaltens der Führer der

Bewegung.

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Lebenszeugnis

INFOR / November 2017 7

Nach diesen be-deutendenFortschritten sind

wir von einem Momentzum nächsten zur Dun-kelheit übergegangen,nach dem Rechts-undMedienputsch im Parla-ment sind wir plötzlich ineinem Meer der Unge-wissheit versunken. DieApathie ist über unserVolk gekommen und wirerleben eine Zeit komplet-ter Hoffnungslosigkeit. Dieses Land, das zu einem

Entwicklungsvorbild gewor-den ist, das sich den BRICS-Staaten angeschlossen hatte,das den Entwicklungsländernzeigte, wie sie vorgehen sollen:Brasilien, die Energiesuper-macht mit dem industriellenFortschritt, Meister der Pro-duktion von Eiweiß und Ge-treide. Das Land der starkenFamilienlandwirtschaft. DieNation, die sich in großen Sch-ritten mit Autonomie und Res-pekt einen Platz auf der Welterobert hat. Brasilien hat mitdem Norden über die Dichtegesprochen und mit den Part-nern des Südens Gesprächegeführt. Brasilien macht gera-de eine der dramatischsten Si-tuationen der Geschichte

durch, so etwas wie eine mitTraurigkeit beladene Wolke,die auf unsere Köpfe regnetund den Horizont verdunkelt.Der Neoliberalismus, der, seitPräsident Lula im Jahr 2003sein Amt antrat, unterdrücktwurde, verzehrt nun gierig dieArbeiter und ist bereit, dieRechte zu verschlingen, dienach vielen Jahren der Kämp-fe und zum Preis von viel Blut-vergießen erlangt worden wa-ren. Also leben wir in diesemAlbtraum, der Träumezerstört, und der Kampf wirdzu einem Überlebenskampfnach der Art „rette sich, werkann“. So nimmt die Gewaltzu, die schon nur im Februardieses Jahres in unserem Stadt-teil Salvador/Bahia 245 ar-men, schwarzen und nicht

wertgeschätzten Jugendlichendas Leben gekostet hat. DieKriminalität ist in letzter Zeitorganisierter und sie existiertauch in den Eingeweiden derPutschregierung. Die Betäu-bungsarbeit der Kommunika-tionsmittel hat funktioniert,der Putsch war erfolgreich, dieArmen haben verloren.Trotz der folgenden Nieder-

lagen der letzten Tage glaubenwir an die Möglichkeit einerWiederaufnahme des Kamp-fes. Die Proteste nehmen lang-sam Form an, die unparteiis-che Bewegung, angeführt vonJungen, Frauen, und sozialenGruppen, die CNBB (Nationa-le Konferenz der Bischöfe vonBrasilien) und andere Organi-sationen der Zivilgesellschaftbeginnen, sich schrittweise zu

gliedern. Die sozialenMedien hatten eineSchlüsselfunktion beidieser Neugliederung.Ein Generalstreik ist fürden 28. April geplant.Wir müssen Brasilienanhalten, um zu ver-meiden, dass das Bösemittels Outsourcing-Gesetz durchgesetztwird, das schnell vonder Abgeordnetenkam-mer im März ange-

nommen wurde und das dieArbeits- und Lebensbedingun-gen der Arbeiter und Arbeite-rinnen extrem verschlechtert.Wir müssen verhindern, dassdie Rentenreform angenom-men wird, welche die Armenzum Tod verurteilt, und auchdie Arbeitsreform unterdrüc-ken, die uns die Sklaverei zu-rückbringen wird, die 1888abgeschafft wurde. Schließlichstehen wir für die Rückkehrder Demokratie und das Endedes Staatsverbrechens, das imGange ist und von denen aus-geübt wird, welche die Machtim traurigen Jahr 2016 wide-rrechtlich an sich gerissen ha-ben.

Wir sind traurig, aber wir lebenWir blicken auf 12 Jahre zurück, die geprägt waren von bedeutenden politischen Erfolgen, alsdie wirtschaftlichen Zahlen die beste gesellschaftliche Eingliederung der Geschichte Brasilienszeigten, und von Siegen im Kampf gegen den Hunger (das Land ist nicht mehr auf der Welt-hungerkarte). Diese Errungenschaften sorgten für Millionen von Arbeitsplätzen und die Zunah-me der Reallöhne, die den Zugang zum Konsum und den sozialen Aufstieg von 40 MillionenMenschen ermöglichten. Es wurden mehr als zwei Millionen Häuser gebaut, die das Selbstwert-gefühl der Frauen und Männer erhöhten, die obdachlos waren. Zentral waren auch die Zulas-sung von Jugendlichen zu Universitäten, Söhne und Töchter von Arbeitern sowohl aus derStadt als auch vom Land, sowie die Schaffung und Implementierung der Staatstätigkeit im Be-reich Sozialschutz und die Zusprechung von Rechten für die ewig Benachteiligten unserer ver-fallenen Gesellschaft: Frauen, Kinder, ältere Menschen und Menschen mit einer Behinderung,Personen afrikanischer Herkunft, Eingeborene sowie Hausangestellte.

Marcelino Almeida Regional MTC NE III

Aktive Mitglieder der regionalen MTC

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8 INFOR / November 2017

Aktuelles

«Menschenrechte vorProfit», mit dieser For-derung richtete sich

das Bündnis an die deutscheBundesregierung, um fürdie Einhaltung menschen-würdiger Arbeit gesetzlichaktiv zu werden. DeutscheUnternehmen müssen ge-setzlich dazu verpflichtetwerden, auch im Auslanddie Menschenrechte zu ach-ten. Der geplante „Nationa-le Aktionsplan für Wirts-chaft und Menschenrechte“muss in Deutschland gesetz-liche Regelungen auf denWeg bringen, welche:• Deutsche Unternehmen

verpflichten, mögliche negativeFolgen ihrer Auslandsgeschäftefür die Menschenrechte zu un-tersuchen, ihnen aktiv entge-genzuwirken und transparentdarüber zu berichten.• Die Transparenz in globa-

len Lieferketten auch auf in-formelle und prekäre Arbeits-bedingungen hin fördern.• Die Vergabe öffentlicher

Aufträge und Außenwirts-chaftsförderung nur zulassen,wenn Unternehmen ihrermenschenrechtlichen Verant-wortung und Sorgfaltspflichtnachkommen.• Opfern die Möglichkeit

geben, hierzulande eineEntschädigung einzuklagen,wenn deutsche Unternehmenihre Menschenrechte im Aus-land missachten.

• Arbeits- und Menschen-rechte bei der Aushandlungund Umsetzung von Han-delsabkommen grundlegendstärken. In der Erklärung heißt es

weiter: „Arbeit kann entschei-dend dazu beitragen, dassMenschen der Armut ent-kommen. Das wissen wir,und das sagt auch die interna-tionale Staatengemeinschaftoffiziell in ihrer Agenda 2030für nachhaltige Entwicklung.Aber Arbeit schützt nicht au-tomatisch vor Armut. VieleArbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer leben trotz einerBeschäftigung, sei es in der in-formellen oder der formellenWirtschaft, an oder sogar un-ter der Armutsgrenze. Löhne,von denen man nicht lebenkann, unbezahlte Überstun-den, ausbeuterische Kinderar-beit, Gesundheitsschäden undmenschenunwürdige Arbeits-bedingungen gehören für vie-le zum Alltag. Oft haben siedann nicht einmal das Recht,sich gewerkschaftlich zu orga-nisieren. Deutschland trägt da-bei Mitverantwortung, dennauch deutsche Unternehmenbeziehen Rohstoffe und Pro-dukte aus dem Ausland, dieunter menschenverachtendenBedingungen gewonnen oderhergestellt wurden. Am 7. Oktober wurde in

vielen Gruppen der KAB das„Weltgebet für menschenwür-

dige Arbeit“ gebetet. Die KABin der Diözese Münster nahmdies zum Anlass, am 7. Okto-ber eine „Gebetskette“ von6:00 Uhr bis 22:00 Uhr durch-zuführen. In dieser Zeit habenin einem Abstand von jeweilseiner halben Stunde 38 Grup-pen und Einzelpersonen ausder gesamten Diözese fürmenschenwürdige Arbeit welt-weit gebetet. Die Kette startetemit einer Andacht der KAB St.Paulus und endete mit einemgemeinsamen Gebet in Halternam See. Die KAB Deutschlandhatte zum „Weltgebet“ einigeAnregungen erarbeitet und ver-breitet: eine Gebetskarte undeine Gottesdienstvorlage, dasGebet vom Weltpräses derWBCA, Guy Boudaud sowiedie Erklärung der WBCA.Das Weltgebet der WBCA

wurde ebenfalls am 7. Oktober

bei einem europäischen Semi-nar der LOC/MTC Portugalgebetet, bei dem Delegationender KAB sowie der HOC undACO aus Spanien teilnahmen.Weitere Aktionen fanden

zum Beispiel in Deutschlandin der Diözese Freiburg statt.An verschiedenen Orten be-suchten Aktivisten der KABPflegeheime, und den Arbeit-nehmerinnen und Arbeitneh-mern wurde eine Rose übe-rreicht und ein Dankeschönfür ihre Arbeit ausgesprochen.

7. Oktober

Welttag für menschenwürdige Arbeit Die Schaffung von menschenwürdiger Arbeit gilt als entscheidender Beitrag zur Verringerung der globalenArmut. Das Recht auf menschenwürdige Arbeit muss endlich umgesetzt werden. Das forderten in einer ge-meinsamen Erklärung zum 7. Oktober, dem Welttag für menschenwürdige Arbeit, der Deutsche Gewerks-chaftsbund, das Bischöfliche Hilfswerk Misereor, die Deutsche Kommission Justitia et Pax und die KABDeutschland.

Aktionen zum 7. Oktober dem Welttag für gerechte Arbeit.

Wilfried Wienen

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Aktuelles

INFOR / November 2017 9

Diesen Kampf fechtenwir im täglichen Le-ben aus, unabhängig,

ob die Sonne scheint oder obes regnet. Wir kommen spätabends nach Hause und ver-lassen das Haus in aller Früheauf dem Weg zur Arbeit oderauf der Suche nach einerBeschäftigung. In dieser Ans-trengung für die Wahrungoder Unterstützung einer Fa-milie stellen wir fest, dass wirnicht alleine sind. Wir sindDutzende, Hunderte, Tausen-de und Millionen von Mens-chen, die, nachdem sie einGlas Wasser oder eine TasseKaffee getrunken haben, denKampf für einen gerechtenLohn aufnehmen in der Hoff-nung, dass die Würde der Ar-beiter und Arbeiterinnen indieser Welt voller Ungleich-heiten respektiert wird. Es istunmöglich, sich nicht die Fra-ge zu stellen, warum SO WE-NIGE Menschen mit sehr vielleben, wogegen ZAHLREI-CHE mit sehr wenig leben?Mein Gott, sind die Reichtü-mer der Erde nicht allen zu-gedacht?Während der 50 Jahre des

Bestehens unserer Bewegungder christlichen Arbeiter ha-ben wir erfolgreich den Auf-trag vorgelebt, den Jesus Ch-ristus uns erteilt hat. Das istnicht immer einfach, aber esist möglich. Wir sind Kämp-fernaturen! Wir sind geboren,um für das Überleben der Ar-beiter und Arbeiterinnen zukämpfen, und wir wollen die-sen Kampf mit Überzeugungweiterführen in unsere Schu-lungsarbeit für eine gemeinsa-

me und kollektive Aktion in-nerhalb der Arbeiterklasseund im Lichte des Evange-liums. Die Methode, für diewir uns entschieden haben,ist das SEHEN, URTEILEN,HANDELN im Verband mitden Überlegungen zu denvier Säulen einer Gesells-chaft: Politik, Sozialwesen,Wirtschaft und Ideologie. Dasist die Art und Weise, wiewir unseren Kampf führenwollen, in der Lebenswir-klichkeit der arbeitendenFrauen und Männer der Ar-beiterklasse interagieren undin ihrem täglichen Leben in-tervenieren wollen.Und im Sinne der WBSA

sind wir uns dessen be-wusst, was jede/r von unszu erdulden hat, der/die ar-beitslos ist, der Wirtschafts-krise ausgesetzt ist, der poli-tischen und sozialen Krise.Es kann sogar passieren, dasswir unsere Selbstachtungverlieren. Aber das kann un-sere Kraft nicht brechen,nicht unsere Träume vondiesem Leben in Liebe. Wirwissen, dass die Liebe Got-tes durch all diejenigen über-tragen wird, die für dasRecht und den Respekt dermenschlichen Würde kämp-fen. Wir sind uns auch derTatsache bewusst, dass trotzder Müdigkeit, die dieMenschen trifft, trotz derHeftigkeit eines Systems, dasuns schindet, dass wir annichts anderes als an eineVerbesserung der Situationglauben können. Wir wer-den immer davon überzeugtsein, dass wir zu Gewinnern

erkoren wurden, trotz derzahlreichen, nicht zu verges-senden Niederlagen: wirsind nicht alleine, wirsind viele und wir müssenden Kampf fortsetzen umArbeit, Nahrung, Haus, Er-ziehung, Gesundheit, Res-pekt, Würde und um vieleandere Dinge. Aber vorallem müssen wir denkampf für das leben fort-setzen!Wie viele unserer Kamera-

den und Kameradinnen,Männer und Frauen in derArbeiterwelt haben sich dasLeben genommen, sind ges-torben wegen schrecklicherArbeitsbedingungen, habenihre Arbeit wegen dem Ein-satz von Maschinen verlo-ren. Wie viele von ihnen ha-ben unter Krankheiten wieDepression und zahlreicheanderen Krankheiten gelit-ten? Aus diesem Grund,wenn wir Trost bei unserenFamilien, Freunden undFreundinnen und sogar inanderen Ländern suchen,dann sind wir nicht alleineauf der Suche nach einemZufluchtsort, einer Umar-mung oder nach Hilfe. Waswir mehr als alles wüns-chen, ist der Respekt unsererWürde und die Anerken-nung unserer Stellung inner-halb der Gesellschaft. Jegli-che Diskriminierung istunakzeptabel und dieBekämpfung all dessen, wasuns unterdrückt, ist Grund-voraussetzung. Die Welt istunser gemeinsames Haus,und das Haus aller für alle.Das Haus ist der Ort, wo wir

unser tägliches Brot verdie-nen und in dieser Weltwachsen unsere Kinder auf,in ihr statten wir unseren El-tern Besuche ab, in ihr lebenwir mit unseren Freundenund Freundinnen, in ihrpreisen wir Gott und arbei-ten wir Tag für Tag an unse-rem Überleben.Leben ist Arbeit und Ar-

beit ist Leben. Ausdauer inden Kämpfen des täglichenLebens erweckt in uns alsWBCA zahlreiche Überle-gungen und macht uns zueinfallsreichen, unermüdli-chen, treuen Begleitern undBegleiterinnen der Arbeiter-klasse im Kampf um unsereRechte. Trotz der Bitterkeitder Niederlagen im alltägli-chen Leben: wir bleiben zu-versichtlich, voller Hoffnungund Ausdauer in unserenKämpfen, insbesondere füreine gerechtere und egalitä-rere Gesellschaft.Unsere Reise wird fortge-

setzt, liebe Wegbegleiterund -begleiterinnen, gegenjedes System, das die Rechteder Arbeiter und Arbeiterin-nen unterdrückt und derenAnerkennung verweigert.

Internationale botschaft zum 1. Mai

Es lebe die Arbeiterklasse!Es steht ein neues Fest zum 1. Mai an. Wir werden aufgefordert, die Geschichte unserer Arbeiterklasse zuüberdenken. Was wir suchen, ist eine würdige Arbeit, eine gerechtere Gesellschaft und eine besser verteil-te Wirtschaft, die uns ein Leben in Würde ermöglicht.

Weltbewegung der Christlichen Arbeitnehmer

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10 INFOR / November 2017

Aktuelles

I m Inneren einer jeden Per-son trägt das weiblicheWesen in den unterschied-

lichsten Gesellschaften eine po-litische, soziale, kulturelle undökonomische Rolle, welche zer-brechlich, mutig, ehrlich, philo-sophisch, kühn und widers-prüchlich in ihrem Dasein ist -verglichen mit dem männli-chen Wesen. Das weiblicheWohlwollen dominierte nochnie in der Menschheitsges-chichte die Welt. Und noch vielweniger in der aktuellen Zeit: ineiner von Männern dominier-ten, inkonsequenten Gesells-chaft, in welcher die Fortschrit-te von „Empowerment“ (ausdem engl. Empowerment =Ermächtigung, Übertragungvon Verantwortung) überschat-tet werden, in welcher das Stre-ben nach neuen Räumen mitpolitischem Geschick und trotzgroßem Widerstand errungenwurde. Ist nicht die Inans-pruchnahme von Rechten einenatürliche Pflicht und jedemmenschlichen Wesen innewoh-nend? Ist nicht schon alleine die

Tatsache, dass alle Menschengleich sind, ausreichend genug,damit wir in GLEICHEN Be-dingungen leben? „Arbeiteraller Welt, vereinigt euch!“, sag-te einst Karl Marx, im Bewusst-sein, dass Frauen und Kinderbereits Teil der Geschichte derArbeit, Landwirtschaft, Hausar-beit etc. waren und ihren Teilfür Heim und Wirtschaft in ih-rer Gesellschaft beitrugen. Undwarum herrscht dann immer

noch Ungleichheit bei denGehältern? Warum dominiertimmer noch die weibliche Un-terwerfung in der Arbeitswelt?Bei Tätigkeiten, die von Män-nern und Frauen gleich aus-geübt werden, mit der gleichen(und bei Letzteren vielleicht mitgar höherer) Belesenheit? AlleMenschen sind ARBEITER, seies intellektuelle oder körperli-che Arbeit. Die Geschichte des Kampfes

um größere Eroberungen, diebis dahin verwehrt wurden, istnoch weit weg davon, von ir-gendwelchen Theoretikernoder Beobachtern im Laufe derZeit bis heute analysiert zuwerden. Frauen sind keine Ob-jekte, sondern menschlicheWesen! Und wie jedesmenschliche Wesen muss dieFrau auf politischer, sozialerund kultureller Ebene als Per-son existieren dürfen und nichtals ein Element, das nur im Zu-sammenhang mit einem ande-ren Wesen wertgeschätzt wird.Die Frau ist Teil und Anker,welcher Arbeit, Emotion und

Heim fruchtbar miteinander zuvereinbaren weiß. Sie geht beiNiederlagen als Siegerin her-vor, aus dem einfachen Grundweil sie eine Frau ist!Noch gibt es viel zu tun, im

Zeitgeschehen und in der ge-genwärtigen Zeit der Ungleich-heiten; sich dessen bewusst zuwerden und sich für politischeBewegungen zu engagieren,die nach dem Gemeinwohlstreben, ist noch die beste Op-tion. Dort wo der soziale, wirts-chaftliche und politische Kampfwie eine Glut nicht verglühenmöchte, müssen wir mit derKraft der Kollegialität und desGeistes für das Bewusstwerdender Frauenrolle eintreten; ohneden Mut zu verlieren und wei-terhin zu KÄMPFEN. Die Ges-chichte ist dynamisch, und je-der Teil von ihr wird vondenen gebaut, die sich nichtbeugen, sondern aktiv daranteilnehmen, alle negativen As-pekte verändern zu wollen –für die menschliche Würde. Im Rahmen unserer Mission

der Arbeiter-, Kirchen- und

Weiterbildungsbewegung erin-nern wir uns an die Worte vonPapst Franziskus, welche erwährend einer Messe in derKapelle Santa Marta sprach undsich in einem mutigen Diskursfür die Gleichheit zwischenMann und Frau einsetzte.Das Schicksal von Mann

und Frau, so Papst Franziskusin einer klaren Botschaft fürden Schutz der Geschlechter-gleichheit, ist es, „ein Fleisch“zu sein. Und wenn „Mens-chen auszubeuten ein Verbre-chen gegen die Menschlichkeitist, dann ist die Ausbeutungder Frau mehr als ein Verge-hen und ein Verbrechen: es be-deutet, die Harmonie zuzerstören, die Gott der Weltgeben wollte“.„Viele Male“ merkte der

Papst an, „sprechen wir vonder Frau auf funktionale Weise:die Frau ist dazu da, dieses undjenes zu tun“, so wie wir alleetwas tun müssen. Doch es istganz anders: „Die Frau ist dazuda, um Harmonie zu bringen;ohne die Frau gibt es keineHarmonie“.Wir erfüllen mit Überzeugung

unsere Mission als Weiterbil-dungs- und Kirchenbewegung,neben allen Arbeiterfrauen, diesich jede Sekunde ihres Lebensfür den Kampf der Gerechtigkeiteinsetzen.

Wir leben mitten im 21. Jahrhundert, einer Zeit, in der das Gegenwärtige schnell verjährt, einer Ära, in der un-terschiedlichste Gesellschaften auf unserem Planeten Erde wachsen und das Traditionelle sowie Nicht-Traditio-nelle weltweit verbreiten, einer Zeit, in der der Kapitalismus die Ideologien derer konsumiert, die für die Weltals einen gemeinsamen Ort kämpfen. Einem Jahrhundert, in dem das Leid die Namen Einsamkeit und Indivi-dualität trägt, in dem die Technologien oft nicht allzu technologisch erscheinen und wir tagtäglich zusehen müs-sen, dass das Frausein noch immer bedeutet, wie ein Objekt benutzt zu werden. Was ist der Gemeinsinn?

Botschaft zum Internationalen Frauentag. 8. März

Das Frausein

Weltbewegung der Christlichen Arbeitnehmer

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Aktuelles

INFOR / November 2017 11

SSeit mehreren Jahrenbereits führen diese Ar-beiter ihren Kampf ge-

gen die Forderungen des Un-ternehmens in Ávila, das aufeine Umstrukturierung undin der Folge einen Abbau vonArbeitsplätzen und Entlas-sungen von Arbeitern abzielt.Die Schließung des Unter-

nehmens hat die Entlassungder fast 500 Arbeiter und Ar-beiterinnen zur Folge, wasden Anteil der Arbeitnehmerund die entsprechenden Aus-wirkungen auf 300 indirekteArbeitsplätze erhöhen wür-de. Weiterhin würde es eineVerarmung der Familien undder gesamten Kommune Ávi-las mit sich bringen.Das Evangelium lädt uns ein,

das Salz der Erde zu sein undin Brüderlichkeit zu leben. DasLeben Jesu inspiriert uns dazu,uns mit den Ärmsten und denAusgeschlossenen zu solidari-sieren, ihnen zur Seite zu ste-hen, sie zu lehren und ihneneine Stimme zu geben. PapstFranziskus selbst weist daraufhin: „Die größte Armut bestehtdarin, einem Menschen seine

Arbeit zu nehmen”. DieWBCA ist eine weltliche Bewe-gung in der Arbeitswelt, und esist ihre Mission, die Menschenzu begleiten und ihnen unsereLiebe zu bezeugen.Vor diesem Hintergrund

erklärt die Weltbewegung Ch-ristlicher Arbeiter (WBCA):1 Wir lehnen die Maßnah-men von Nissan-Ávila ab,die auf eine Entlassung vonArbeitern und Arbeiterin-nen abzielen.

2Wir unterstützen denKampf und solidarisierenuns mit dem Kampf der inden spanischen Gewerks-chaften (CCOO, Comisio-nes Obreras; UGT, UniónGeneral de Trabajadoresund USO, Unión SindicalObrera) organisierten Arbei-ter und Arbeiterinnen.

3Wir fordern, dass NISSANdie mit den Arbeitnehmerngetroffenen Vereinbarungeneinhält, da das Leben einesArbeiters oder einer Arbei-terin wertvoller ist als allesGold der Welt.

GeneralversammlungWBCA Ávila 2017

Die Weltbewegung Christlicher Arbeiter WBCA solidarisiert sich anlässlich ihres 50. Jubiläums im Rahmenihrer Generalversammlung und des Internationalen Seminars zum Thema Grund und Boden, Wohnung undArbeit, um in Würde zu leben. Das Seminar wurde in der spanischen Stadt Ávila unter Teilnahme von De-legierten aus 42 Ländern abgehalten, mit dem Kampf der Arbeiter und Arbeiterinnen von Nissan, einemUnternehmen, das Kraftfahrzeuge für den europäischen Markt produziert.

Bewegung der arbeiter und arbeiterinnen von Nissan

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Gott, wir wenden uns an diesem wichtigen Tag in völligem Vertrauen mit unserem Gebet an Dich, der Du dieQuelle aller Heiligkeit und Würde bist. Du hast uns nach Deinem Abbild und in Deiner Würde geschaffen, undDu vertraust uns die Welt an, um dafür zu sorgen, dass alle Frauen und Männer unseres Landes in derselben

notwendigen Würde leben.Herr, blicke auf uns! Blicke auf die Millionen von Männern und Frauen, von Kindern und Jugendlichen, die in Leben-

sumständen verweilen, die dem Menschen unwürdig sind… Dir unwürdig, dem Gott der Liebe. Blicke auf all jene, die ohne Dach über dem Kopf leben, ohne Land, das sie nährt, ohne ertragreiche Arbeit.Blicke auf all jene, die unter widrigen Umständen atmen, essen, trinken oder arbeiten. Gott, blicke auf (einen LEBENSUMSTAND einfügen, der, je nach örtlicher Notwendigkeit, von jeder Bewegung defi-

niert wird)Herr, an diesem 7. Oktober 2017, möchten wir Dir auch unseren Willen mitteilen, mit unserer Bewegung Hoffnung

in dieser Welt zu verbreiten, die Du uns anvertraut hast. Wie unser Papst Franziskus sagt: „Dinge haben ihren Preis und sind verhandelbar. Aber die Menschen haben eine

Würde; sie sind mehr wert als alle Dinge, ohne verhandelbaren Preis!“Das sagte auch Père Cardijn – durch ihn wurden unsere verschiedenen Bewegungen inspiriert: „Ein (junger) Arbeiter

gilt mehr als alles Gold der Welt, denn er oder sie ist Sohn oder Tochter von Gott.“Mit ihnen, und Dank ihrer, wissen wir wohl, dass Menschenwürde an ertragreiche Arbeit und eine ausreichende En-

tlohnung gebunden ist.Daher, Gott, ermutige die Verantwortlichen der Politik- und Wirtschaftswelt unseres Landes und der ganzen Welt

dazu, das Menschliche in den Mittelpunkt aller Entscheidungen zu rücken. Herr, animiere auch alle aktivistischen Bewegungen – wie das MMTC – sodass alle gewillten Männer und Frauen eine

neue Welt erschaffen, die Deinem Reich gleicht. Herr, inspiriere die Aktivisten unserer Bewegung dazu, …… zu …… (eine geplante oder aktuelle Aktion einfügen, je

nach Aktualität der jeweiligen Bewegung)Herr, rege jede und jeden unter uns dazu an, noch stärker gegen das Unheil zu kämpfen und gegen alles, was die

Menschenwürde beeinträchtigt. So werden wir zu Zeugen Deiner Liebe. So verkünden wir Deine Hoffnung, für morgen, und für die kommenden Jahrhunderte.Amen!

12 INFOR / November 2017

Aktuelles

Gebet. Für den Tag des 7. Oktober 2017

Für die Arbeitswürde und ein universellesGrundeinkommen. Ein Apell an die weltweiteSolidarität

Momente der Generalversammlung und des Internationalen Seminars. Momente der Generalversammlung und des Internationalen Seminars.

Weltbewegung der Christlichen Arbeitnehmer

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Treffen

INFOR / November 2017 13

In diesen Tagen haben wirdas Leben, die Geschwis-terlichkeit und Solidarität

miteinander geteilt. Wir sindvon der Stadt Ávila, ihrer Diö-zese und von ihren Medienaufgenommen worden undschätzen uns sehr glücklich.Wir sind in unserem Treffendurch wichtige Verantwortli-che der Kirche und der Ge-werkschaften Spaniens ermu-tigt worden, weiter Brückenzwischen der Kirche und derArbeitswelt zu bauen.Wir danken Gott für diese

50 Jahre der christlichen Prä-senz in der Arbeitswelt undfür den Weg an der Seitezahlreicher Arbeiter und Ar-beiterinnen mit ihren Zwei-feln und Hoffnungen, ihrenFreuden und Sorgen.

Wir fühlen uns in unsererAufgabe durch Papst Franzis-kus begleitet, der uns in sei-ner Botschaft an unsere Ver-sammlung auffordert, durchneue Impulse das Evangeliumin die Arbeitswelt zu tragen,damit die Stimme der Arbei-ter/innen der Kirche erschalltund wir uns dafür einsetzen,dass die Arbeiter/innen inWürde leben und niemalsvergessen werden.Aus unserem Glauben he-

raus haben wir die Erfahrun-gen und die unterschiedli-chen Lebenssituationen inunseren Herkunftsländernder Bewegungen der WBCAmiteinander geteilt. In dieserEinsicht haben die Erfahrun-gen der Internationalen Ar-beitsorganisation (ILO), des

Europäischen Gewerkschafts-bundes (EGB) und die Volks-bewegung der vergessenenStadtviertel geholfen, die Leh-re von Papst Franziskus inBezug auf Wirtschaft undmenschenwürdige Arbeit zuvertiefen. Wir teilen die Sorge

über Arbeitslosigkeit, Mangelan menschenwürdigen Ar-beitsplätzen und hohe Preka-risierung der Arbeitsbe-ziehungen weltweit, dieSchmerzen, Leiden, Tod,Mangel an Solidarität, Verz-weiflung, Krieg, Gewalt undMigration erzeugen. DieHerrschaft des Profits beruhtauf einem Modell der Ar-beitsbeziehungen, das aufder Schwächung von Ar-beitsrecht, Tarifverhandlun-

gen, sozialem Schutz undder sozialer Rechte, Vertre-tung und Verteidigung derArbeiter und Arbeiterinnenbasiert, kurz gesagt, eine Ve-rarmung des Lebens und einWerk der Entmenschlichungund Ungleichheit der Arbeit.Diese Bedingungen machenaufmerksam für das Lebenvon Millionen von Mens-chen und ganzen Familien,unabhängig von Alter,Geschlecht, Rasse oder Ort...für junge Menschen, Frauenund Kindern (Kinderarbeit).Eine Realität des Leidens,

die das Ergebnis einer Kul-tur des Wegwerfens ist, istes, die Menschen in Warenverwandelt. Diese Merkma-le gelten für alle Länder imRahmen einer wirtschaftli-

Abschlusserklärung des Seminars und der Generalversammlung der WBCA 2017.

Abschlusserklärung

Land, Obdach und ARBEIT für ein würdiges LebenAufgerufen zum Dialog und zur Erneuerung unseres Engagements, das Evangelium in die Arbeitswelt einzubrin-gen, schlussfolgert das Internationale Seminar und die Generalversammlung der WBCA mit ihrem Thema 'Land,Obdach und Arbeit für ein würdiges Leben', die vom 15. bis zum 21. Juli 2017 mit 120 Delegierten aus 42 ch-ristlichen Arbeiterbewegungen aus Afrika, Amerika, Asien und Europa in Ávila, Spanien, abgehalten wurde.

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14 INFOR / November 2017

Treffen

chen Globalisierung, die So-lidarität und den Respektfür das gemeinsame Hausignorieren.Wir fühlen uns anges-

prochen. Unser Schmerz istder aller Arbeiterfamilien.Wir wollen nicht nur Zei-chen der persönlichen Hoff-nung setzen, sondern sieauch vermitteln. Es hängtvon unserem persönlichenEngagement ab, eine Hal-tung zu wahren, die unserePräsenz unter unseren Brü-dern und Schwesternverstärkt, um sie zu hören,zu begleiten, zu schulen undum öffentlich zu berichten.So unterstützen wir denWerdegang der Humanisie-rung, und wir machen Jesuszur erkennbaren Geste undzum Akt der Liebe zu denMitmenschen in unseremengsten, prekären und ar-men Umfeld, und mit derausdrücklichen Verpflich-tung, in unseren Bewegun-gen auf internationaler Di-mension so in der globalenSolidarität zu wachsen.Unsere Herausforderungen

sind weiterhin die Evangelisie-rung der Arbeitswelt, die Ver-kündung der frohen Bots-chaft: „Das Projekt Gottes“,das jeden und jede mit allen

Sorgen als Ebenbild Gottes inden Mittelpunkt stellt, zur Hu-manisierung aller Menschen.Wir sind uns unserer

Grenzen in dieser Aufgabebewusst, aber gleichfalls en-gagieren sich andere wichti-ge Akteure im Einsatz fürdie unantastbare Würde derPerson, in der gemeinsamenAnklage für Land, Obdachund Arbeit für ein würdigesLeben. Weil wir Alternati-ven erarbeiten, ob kleineoder große, ermutigt unsPapst Franziskus, unserenWeg fortzusetzen; und weilwir als WBCA Brückenbauen um weiter zu wach-sen, um gemeinsam mit an-deren eine gerechtere, soli-darische und nachhaltigeWelt zu bauen.Unser Engagement liegt

in unserer Arbeit und unse-rem Einsatz für alle Arbeiterund Arbeiterinnen der Welt,sei es lokal, regional oderweltweit. Um unserem Auf-trag zur Evangelisierung ge-recht zu werden, müssenwir unsere Organisation derWBCA weiterentwickeln.Wir verpflichten uns:

1 Unser Leben in den Be-wegungen, unsere Bil-dungsarbeit und Refle-xion des Lebens auf der

Basis unseres Glaubensan Jesus Christus, demEvangelium und der So-ziallehre zu stärken.

2 Die Beziehung zwischenden Bewegungen und derPastoral weiterzuentwic-keln und den Aufbau derArbeiterpastoral zu för-dern: als Stimme der Ar-beiter und Arbeiterinnenin der Kirche und alsStimme in der Arbeits-welt mit besonderem Au-genmerk für die amstärksten ausgegrenztenund prekär lebenden Brü-der und Schwestern.

3 Die Situation der Arbeiterund Arbeiterinnen in denRegionen zu analysieren,um eine Entwicklung inGang zu setzen, die dieMissachtung der Rechteanprangert und die Würdeder Person schützt. ZurFörderung der Chancen-gleichheit von Männernund Frauen in allen Berei-chen, auch in unseren Or-ganisationen. Ebenso leis-ten wir einen Beitrag zurFörderung der Ausbildungjunger christlicher Arbei-ter/innen.

4 Zur Initiierung von Allian-zen mit anderen wichti-gen lokalen und regiona-len Akteuren, derenAnsichten für menschen-würdige Arbeit und Auf-

bau des Gemeinwohleswir teilen.

5 Zur Solidarität und ge-meinsamen Aktion mitden Volksbewegungen beiden Welttreffen, initiiertvon Papst Franziskus undwährend der spezifischenRegionaltreffen.

6 Zum fortlaufenden Aufrufan alle Bewegungen ch-ristlicher Arbeiter und Ar-beiterinnen, sich gemein-sam mit dem IGB undder ILO dem Welttag fürmenschenwürdige Arbeit(7. Oktober) anzusch-ließen.

7 Zur Ermutigung der Zu-sammenarbeit der katho-lisch inspirierten Organi-sationen auf lokaler undregionaler Ebene, um so-mit eine internationaleInitiative in der Kirche fürwürdige Arbeit auf denWeg zu bringen.

8 Zur Forderung einer mens-chenwürdigen Arbeit.

9 Zur Einforderung einessozialen Einkommens beiden Regierungen, damitMillionen von Menschenbei fehlendem Zugang zumenschenwürdiger Ar-beit nicht ausgegrenztwerden.

Universität der Mystik zu Ávila, Spanien,

im Juli 2017

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Treffen

INFOR / November 2017 15

Die LOC / MTC–Liga Operaria Cató-lica / Movimiento

de los Trabajadores Cristianos(zu Deutsch: die katholischeArbeiterbewegung)– hat imMärz 2017 drei Bildungsver-sammlungen des katholischenBistums organisiert: am 5.März in Porto für den Norden,am 12. März in Coimbra fürdie Regionen im Landesinne-ren und eine weitere Verans-taltung am selben Tag in To-rres Novas für den Süden. Andiesen Versammlungen habenungefähr 250 Mitglieder undSympathisanten der Bewe-gung teilgenommen mit demgemeinsamen Ziel, die Zusam-menfassung der Lebensrevisio-nen der Arbeitnehmer zu bes-prechen und zu vertiefen. Indiesem Zusammenhang wur-den von den Leitern der LOC/ MTC Dutzende von Unter-suchungen zum Thema: ,,DieHumanisierung der Arbeit:Durch Wissen Ängste amArbeitsplatz bewältigen"durchgeführt.Elísio Estanque, Custódio

Oliveira und Eduardo Bentohalfen uns, dieses Thema zuanalysieren und auszubauen.Sie begleiteten uns bereits abden Zusammenfassungen derLebensrevisionen, die uns ge-geben wurden, und unterstütz-ten uns, Herausforderungenund Wege zu erkennen, diebeim Kampf gegen Ängste amArbeitsplatz nützlich sein könn-ten. Dank der Zusammenfas-sungen der Lebensrevisionen,der Reflexion, die von den Re-

ferenten präsentiert wurde,und der Debatten und Gruppe-narbeiten, die folgten, konnteman Folgendes erschließen:

Angst wird bewusstprovoziert, geschürt undvorangetrieben

Arbeitnehmer haben Angst,ihre Arbeit zu verlieren.Grund dafür ist, dass sie ohnegroße Schwierigkeiten undbesonderen Kostenaufwandgekündigt werden können. Inkeinem Wirtschaftsbereich istman sich wirklich bewusst,wie einfach eine Kündigungausgesprochen werden kann.Unbeständigkeit und Unsi-cherheit des Arbeitsplatzes ve-rursachen den Arbeitneh-mern die größten Sorgen.Arbeitnehmer haben Angst,

bestraft zu werden, weil maneiner Gewerkschaft angehört

oder weil man an einemStreik teilgenommen hat; siehaben Angst, nicht mehr ge-braucht zu werden oder ih-ren Verpflichtungen nichtmehr nachkommen zu kön-nen; sie haben Angst, eine Fa-milie zu gründen, Kinder zuzeugen oder schlicht und ein-fach Mensch zu sein.Die Angst wird bewusst pro-

voziert, geschürt und vorange-trieben. Das alles entsteht nuraus Gier: Geld beherrschtalles. Angst beraubt die Mens-chen ihrer Handlungsfreiheit,sie untergräbt, verfälscht undzerstört die psychische und spi-rituelle Abwehr und machtden Menschen gleichgültigund gefühllos.„Angst“ ist ein entscheiden-

der Faktor in der neoliberalenund extremistischen Kommu-nikation. Sie macht die Ar-

beitswelt menschenunwürdigund stellt den Menschen inden Dienst der Arbeit undnicht die Arbeit in den Dienstdes Menschen. Sie fördert eineWirtschaft, die sowohl Gegen-wart als auch Zukunft zerstört.Der Kult der Angst wird geför-dert, sodass sie auf irrationaleWeise herrschen kann. Siemutiert zu einer Krankheit, dieimmer mehr Menschen infi-ziert. Wir durchleben geradeeinen historischen Moment, indem Angst zum Motor derGeschichte geworden ist unddie Menschen dabei sind,überflüssig zu werden.

Wir müssen gegenUngerechtigkeit und Unterdrückungbekämpfen

Die Arbeitswelt, die Gesells-chaft und die Wirtschaft sind

Ängste am arbeitsplatzAngst ist ein entscheidender Faktor der neoliberalen und extremistischen Kommunikation. Sie macht die Ar-beitswelt menschenunwürdig und stellt den Menschen in den Dienst der Arbeit und nicht die Arbeit in denDienst des Menschen.

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menschenunwürdig. Angst isteine Strategie, die von denMachtinhabern genutzt wird,um ihre Machtposition weiter-hin zu behalten.Es ist weder gerecht noch

menschenwürdig, unter Druckzu arbeiten, Angst am Arbeits-platz zu haben oder Opfer vonErpressungen bei der Arbeit zuwerden. Angst unterdrücktund tyrannisiert. Es könnennur Unternehmen erfolgreichsein, in denen alle Zugehörigenmit einem guten Gefühl sagenkönnen, was sie fühlen undwas sie denken (Arbeitnehmerund Arbeitgeber).Wir müssen gegen Unge-

rechtigkeit und Unterdrüc-kung kämpfen, denn je mehrwir uns einschüchtern lassen,umso eher werden wir res-pektlos behandelt. In einemsolidarischen Europa müssenwir uns nicht mit dieser Artvon Arbeitsentwertung abfin-den. Wir wollen eine gute Re-gierung. Und wir wollennicht auf die Lüge hereinfa-llen, die uns glauben lassenwill, dass es keine andereWahl gibt. Man hat immereine Wahl. Aus diesemGrund müssen wir uns fra-gen: ,,Wo sind heutzutage die

Menschenrechte?" Und wosind die christlichen Werte?Jesus wurde auch bedroht

und hatte Angst, sodass ernicht mehr frei unter den Ju-den wandelte (Johannes11,54), aber er schaffte es, dieUnterdrückten zu befreien,den Ausgeschlossenen eineStimme zu geben und denje-nigen, die vom rechten Wegabgekommen sind, wiederHoffnung zu geben. Wir dür-fen uns dieser Angstmachereinicht unterwerfen. Sie wirdgezielt von denen geschürt,die dem Verdienst, dem Op-portunismus und der Gierverfallen sind. "Denn Gott hatuns nicht gegeben den Geistder Furcht, sondern der Kraftund der Liebe und derZucht." (2 Timotheus 1,7).

Die Angst wird ambesten bekämpft, wenn alle Arbeitnehmerzusammenhalten

In Portugal gibt es momen-tan eine neue Regierung, dievon den Arbeitnehmern alsHoffnungsschimmer betrach-tet wird. Trotz der vielen fi-nanziellen Engpässe gibt esgute Aussichten für die Ar-beitnehmer auf den Mindes-

tlohn, auf eine bessereBeschäftigungssituation undauf andere Aspekte, die dasArbeitsrecht betreffen und diegerade noch in Vorbereitungsind. Da die regierende Parteinicht die absolute Mehrheitinnehat, ist es gelungen, imDialog Lösungsvorschläge fürdie Probleme der Arbeitneh-mer zu erarbeiten, die ihnenbesser entsprechen, sodassnicht wieder auf irgendwel-che Lösungen zurückgegriffenwird, die von oben herab vor-geschrieben werden und fürdie es keine Alternativen zugeben scheint. Die Realität isteine Herausforderung, die dieParteien sowie die politischenund sozialen Institutionen zurMobilisierung zwingt und dienach einem aufklärendenBürgerrecht verlangt, das sichfür die Suche nach alternati-ven Lösungen einsetzt, umeine gerechtere, nachhaltigereund demokratischere Gesells-chaft zu erschaffen.Die Probleme sind real, aber

mit der Beteiligung aller kannman sie lösen. Ängste könnenbesser bekämpft werden,wenn alle Arbeitnehmer zu-sammenhalten, zuversichtlichsind und gemeinsam Wegefinden, etwas zu bewegen.

Es gibt gute Gründe,weiterhin Hoffnung zu haben

Wie papst Franziskus sagte:,,Die Menschheit durchlebteinen Moment der Wen-dung", also gibt es keinen

Grund, sich zu fürchten! Esgibt gute Gründe, weiterhinHoffnung zu haben! Im Laufeder Geschichte hat sich dieMenschheit immer zum Posi-tiven hin weiterentwickelt,sogar heute, obwohl es fürdiejenigen, die gerade einenschwierigen Moment durch-machen, nicht ganz einfachzu glauben ist.Die Zukunft hängt im ho-

hen Maße von uns allen ab.Sie richtet sich nach unserenWerten, unserem Glaubenund unserer Motivation, dasLeben als eine Form der ge-genseitigen Interaktion zuverstehen und nicht in Kon-kurrenz zueinander. Sie hängtaußerdem von unserer Fähig-keit ab, wie wir SEHEN, UR-TEILEN und HANDELN, an-dere miteinbeziehen, und wiewir sie herausfordern, sodassfür die gesamte Menschheiteine bessere Zukunft geschaf-fen werden kann.Wir öffnen uns mehr gege-

nüber den anderen und soli-darisieren uns mit ihnen, vorallem mit den Arbeitneh-mern, indem wir alles geben.Auf diese Weise erreicht un-sere Botschaft so viele Mens-chen wie möglich. Indem wirunsere Bewegung vorantrei-ben und fördern, erlangt sieeinen immer höheren Be-kanntheitsgrad und immergrößere Anerkennung.

16 INFOR / November 2017

Treffen

Nationale Exekutivdirek-tion der LOC /MTC

Die Angst wird bewusstprovoziert, geschürt und

vorangetrieben

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Die Republik erin-nert uns daran,dass sie unsere

Rechte und Pflichten mituns teilen, und oft auch un-sere Staatsbürgerschaft. DieKirche erinnert uns kraftvolldaran, dass angesichts desEvangeliums jeder Menschzählt und dass unsere legiti-men Verschiedenheiten dieBegegnung mit anderenund den Dialog zwischenverschiedenen Kulturen,Religionen usw. nichtbehindern sollen.Der Nächste ist in erster

Linie mein Bruder, denn erist von Gott geschaffen.

SEHEN: Der Berichteiner Begegnung

Wir schlagen euch vor,euer Leben umzugestalten,

ausgehend von dem Berichteines der Teammitglieder,der seine Begegnung, seinenWeg, seine Taten, seinenDialog mit Muslimen in demeinen oder anderen Lebens-bereich schildert. Die Aussa-gen des vorigen Artikels kön-nen eine Hilfe dabei sein,verschiedene Aspekte derBegegnung und des Dialogsaufzuzeigen.Nachdem wir den Bericht

gehört haben, können wiruns damit auseinandersetzen:– Wie und worin holt eruns ein, stellt uns Fragen,stört uns…?

– Und wir, was denken wirdarüber? Welche der vers-chiedenen Aspekte derBegegnung leben wir?

– Von welcher Begegnungbin ich der Überbringer,

mit ihrem Teil an Berei-cherungen, Spannungen,Schwierigkeiten?

URTEILEN: Öffnen wirdas Buch des Wortes

Die Aufforderung zurNächstenliebe ist nicht vonder Liebe zu Gott zu tren-nen. (Mt 22, 35-40). Wirsind dazu aufgefordert, ei-nen respektvollen, fordern-den Dialog zu führen, der ei-gentlich bis zu einerspirituellen Dimension, einer„Glaubensdiskussion“ gehenkann. Die Kenntnisse unse-res eigenen Glaubens vertie-fen und versuchen, unserWissen näher an Gott heran-zurücken, offenbart sich inder Begegnung mit demNächsten, dem gemeinsamgegangenen Weg.

Wählen wir einen Text, indem Jesus einen anderen trifft:– Was von der Haltung Je-sus prägt sich uns ein?

– Was sind die Bestandteiledes Dialogs, der zustandekommt?

– Unser Glaube macht unszu Aposteln Christi; in-wieweit sind wir Zeugenseiner Guten Nachricht?

HANDELN

– Was sind eigentlich unse-re Appelle, um die Begeg-nung und einen Dialogzu vertiefen?

– Welche Mittel könnenuns dabei helfen, Arbei-ter, betroffene Personenzu erreichen?

INFOR / November 2017 17

Leben der Bewegungen

Einen Lebenswandel durchleben

Jeder Mensch zählt angesichts des Evangeliums2016 ist die Welt offen für multikulturelle und multireligiöse Dimensionen. Aber gleichzeitig löstdiese Situation auch Spannungen aus, Missverständnisse, identitäre Abschottungen. Das erlebenwir jeden Tag in der Arbeitswelt, und Misstrauen und Ablehnung zeigen sich insbesondere gegenmuslimische Gläubige.

Lebensbetrachtung bei einer unserer Bewegungen.

Artikel veröffentlicht in Nr. 113der Zeitschrift "REPERES" von

ACO France im September 2016

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Leben der Bewegungen

18 INFOR / November 2017

Das MTC engagiertsich besonders fürgute Arbeit zuguns-

ten von:– Jungen Absolventen ohneBeschäftigung, die einequalitativ hochwertigeSchulung im Bereich In-formatik, Recherchetech-nik für die Stellensuchesowie Unternehmertumerhalten.

– Hausangestellten.– Lehrkräften der Gemein-de- und Privatschulen.

1) Ausbildung junger Absolventenohne Beschäftigung

Auch im 21. Jahrhundertschließen zahlreiche jungeMenschen ihr Universitätsstu-dium oder ihre beruflicheAusbildung ab, ohne dass siejemals die Möglichkeit hatten,einen Computer zu nutzenoder gar an einem zu arbei-ten. Heutzutage führt dieseUnkenntnis dazu, dass mankeinen Arbeitsplatz findet.

Im Rahmen einer Neuaus-richtung bezüglich dieser Pro-blematik hat das MTC eineAusbildung initiiert, die ebendiese jungen Absolventenohne Beschäftigung fördert.Nach einer attestierten

Einführungsschulung in In-formatik und einer Schu-lung zur Nutzung des Inter-nets für die Recherche aufInternetseiten für die Ar-beitsvermittlung lernen siedarüber hinaus Technikenfür die Recherche nach Ste-llenangeboten, das Schrei-ben von Lebensläufen undMotivationsschreiben sowiedie geeignete Vorbereitungauf Vorstellungsgespräche.

2) Ausbildung der Lehrkräfte an Gemeinde- undPrivatschulen

Die Lehrkräfte arbeitenunter prekären Bedingun-gen für ein Gehalt, das demMindestlohn in Mali von 60Euro (40.000 F CFA) ents-

pricht, wobei sie für 9 von12 Monaten bezahlt wer-den und keinerlei sozialeAbsicherung erhalten. Siekönnen mangels Arbeits-verträge jederzeit gekündigtwerden. Diese Gruppe vonLehrkräften wird didaktischausgebildet, um ihre päda-gogischen Fähigkeiten aus-zubauen, was ihnen ermö-glicht, sich für denöffentlichen Dienst zu be-werben und somit einenexistenzsichernden Lohn,eine Krankenversicherungund einen Arbeitsvertrag zuerhalten.

3) Ausbildung vonHausangestellten:

Es gibt insgesamt 15 Aus-bildungszentren für Hau-sangestellte des MTC Mali.Um besser bezahlt zu wer-den, lernen sie in den Aus-bildungszentren das Lesenund Schreiben, Zählen, Ko-chen und auch Nähen, umein Einkommen zu generie-ren, sowie hygienische undgesundheitliche Fakten.Dank dieser Ausbildung

wurde das Durchschnittsge-halt während der letzten 5Jahre verdoppelt. Vorherverdienten sie 11 Euro(7.500F CFA). Dank unse-rer Ausbildung ist das nie-drigste Gehalt 23 Euro(15.000 F CFA) zuzüglicheiner wöchentlichen Ruhe-zeit und der Anmeldung beieiner Krankenkasse, was sie

für Krankheitsfälle absi-chert.Sie werden ebenfalls über

den Inhalt der Konvention189 der Internationalen Or-ganisation für Arbeit (IOA)und das Malische Arbeits-recht aufgeklärt. Ebenfallsim Rahmen der Ausbildungvon Hausangestellten hat dieOrganisation Terre de Vie,ein Partner des MTC Mali,ein Nähzentrum für Hausan-gestellte finanziert. DiesesZentrum steht ganz am An-fang und verfügt über fünfMaschinen. Die Ausbildungfindet montags und donners-tags statt.

4) Vermittlung derHausangestellten:

Um den Hausangestelltenein gutes Leben zu ermögli-chen, hat das MTC Malieine Anlauf- und Vermit-tlungsstelle eröffnet, in demdiese in Kochkunst geschultund über ihre Rechte undPflichten aus der Konven-tion 189 der IOA sowie desnationalen Rechts aufgeklärtwerden, bevor sie in eineAnstellung mit Arbeitsver-trag, Sozialversicherung undwöchentlichen Ruhezeitenvermittelt werden.

5) Ein Restaurant:

Zum Zweck einer gutenkulinarischen Ausbildunghat das MTC Mali ein Mini-Restaurant eröffnet, in demdie Hausangestellten an

Unterstützung der Arbeiter von MaliDas Mouvement des Travailleurs Croyants du Mali (MTC, Bewegung gläubiger Arbeiter Malis)trägt seinen Teil zur Brüderlichkeit bei, indem es sich für gute Arbeit und sozialen Schutz für be-nachteiligte und ausgegrenzte Schichten einsetzt.

Nähzentrum.

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Leben der Bewegungen

INFOR / November 2017 19

freien Tagen ausgebildetwerden, um ihr Können zuperfektionieren. Bald sollendort sogar freie Stellen ange-boten werden.

6) Sensibilisierung

Das MTC Mali nutzt Ve-ranstaltungen wie die vom8. März, um Tage der offe-nen Tür und des Kennenler-nens für Hausangestellteund einige Arbeitgeber zuorganisieren.

Ebenfalls werden Behördeneingeladen sowie Ehrenbür-ger, Bürgermeister, Minister,um diese über die Lebens-und Arbeitsbedingungen zuinformieren und für das The-ma zu sensibilisieren, sodasssie die Hausangestellten mitMaßnahmen unterstützen,wie mit der Konvention 189der IOA durch die malischeRegierung.Seit mehr als drei Jahren

zeigt das MTC Mali mit

mehr als 200 Hausangestell-ten Präsenz, um die Auf-merksamkeit der Betriebsräteund der Behörden auf die Le-bens- und Arbeitsbedingun-gen der Hausangestelltenund der Lehrkäfte der Ge-meinde- und Privatschulenzu lenken. Dabei drängt mansie, mit Slogans auf Flaggenund Schildern die Konven-tion 189 der IOA zu ratifizie-ren: „Politische und legislati-ve Behörden, dieRatifizierung der Konvention189 der IOA heißt anständi-ge, würdige Arbeit für alleHausangestellten Malis för-dern“ oder auch „Entschei-dungsträger, begrenzt unsereArbeitszeit und gewährt unsRuhezeiten und Freizeit“.

7) Ausbildung undNeuausrichtung derAktivisten und bei AGR(zu entwickeln)

Jede katholische Bewe-gung braucht die Neuaus-richtung. So initiiert das

MTC Ausbildungen, bei de-nen Aktivisten Technikenfür die Neuausrichtung desLebens lernen, die sie inden Basisgruppen umset-zen.Das erlaubt den Mitglie-

dern, besonders den Jun-gen, zusammen zu kom-men und gemeinsam mitden langjährigen Mitglie-dern zu reflektieren.Im Rahmen dieser

Neuausrichtungen werdenZusammenhänge zwischenprimären Bedürfnissen dis-kutiert, wodurch neue Akti-vitäten in der Bewegungenstehen.Das MTC Mali bietet

üblicherweise Schulungenin Einkommen generieren-den Tätigkeiten, was denBasisgruppen ermöglicht,sich selbst zu finanzieren.

8) Generalversammlungdes MTC MALI:

Vom 10. bis 11. Dezem-ber 2016 fand die zehnteGeneralversammlung desMTC Mali statt, an der sichauch delegierte Aktivistender Gruppen aus Bamakound dem Landesinneren be-teiligten. Die Generalver-sammlung dauerte zweiTage und ein neuer nationa-ler Vorstand wurde gewählt.Sie wurde mit einer Dankes-messe geschlossen, die mitdem nationalen Kaplan desMTC Mali Abt Joachim Sa-make gefeiert wurde.

Mouvement des TravailleursCroyants du Mali Neue Mitglieder im Vorstand des MTC Mali.

Phto der Gruppe von Lehrkräften im Rahmen einer Ausbildung.

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Wir fertigten 1.500Kopien an. Wirschickten 800 Ko-

pien an die Basisgruppen zurVerteilung in den Kirchenge-meinden und ihren Arbeit-sumgebungen, des Weiterenübergaben wir Kopien an denRadiosender Maria Togo zurSendung am Maifeiertag undan die katholische Presse(„Présence Chrétienne“).

Der eigentliche tag der arbeit

Eucharistiefeier zu Ehrendes Heiligen Josefs, demSchutzpatron der Arbeiter,in Lomé in der franziskanis-chen Kirche Saint Antoinede Padou im Viertel Ahanou-kopé, wo sich die Mitgliederdes Exekutivausschussesund der Basisgruppen derErzdiözese Lomé trafen. Nach der Messe gesellte

sich jeder Teilnehmer zu sei-ner sozio-beruflichen Grup-pe für die traditionsgemäßenUmzüge.

Die umzüge der sozio-beruflichen schichten

Dieses Jahr erfolgten dieAufmärsche im Vergleichzu den Vorjahren nicht alseine Einheit, denn die vierin Togo bestehenden Ge-werkschaftszentren reihtensich eins nach dem anderenauf und zogen los. Die ge-meinsame Erklärung wurdenicht dem Minister für Ar-beit und öffentlichen Dienst

übergeben, sondern die Ar-beiter der Privatwirtschaftübermittelten ihren Arbeit-gebern ihre Beschwerden.Die Gewerkschaftszentra-

len haben eine Krise durch-lebt, wobei einigen vorge-worfen wird, im Solde derRegierung zu stehen undvon den Regierenden geholtworden zu sein.

Erklärungen dergeneralsekretäre der vier zentralen in sendungen deröffentlichen medien

Die Generalsekretäre dervier Gewerkschaftszentralensind sich in ihren Erklärun-gen einig, dass das Gehaltdes togoischen Arbeiters dasniedrigste in der SubregionWestafrikas ist. Sie erklären,

dass die Preise der lebens-notwendigen Dinge (Ze-ment, Kraftstoff, Mieteusw.) und Nahrungsmittel(Mais, Bohnen, Maniok-mehl, Reis usw.) zwischen1990 und 2017 um einZehnfaches gestiegen sind,die Gehälter jedoch nicht.Sie machen deutlich, dassdie togoischen Arbeiter keinwürdiges Leben führen. Siekommen nicht über dieRunden, sind verschuldet.Die Lage der Arbeiter in derFreizone ist noch schlimmerund inakzeptabel. Die Generalsekretäre ap-

pellieren an die Regierung,einerseits den obersten Ratdes öffentlichen Dienstes zuorganisieren und sich ande-rerseits zusammenzufinden,um eine Strategie für einen

gemeinsamen Kampf zuentwickeln, damit besonde-re Statute und die Überar-beitung des garantiertenMindestlohns in die Tatumgesetzt werden, um dieRechte der Arbeiter zugewährleisten.Kurz nach Beginn der

Umzüge ging ein Sturzre-gen, begleitet von einemWirbelsturm, auf die StadtLomé und ihre Vororte nie-der. Die Teilnehmer muss-ten zu ihren jeweiligen Ste-llen zurückkehren, woÜberdachungen aufgebautwurden. Wir konnten keineFotos machen.

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Leben der Bewegungen

Tag der arbeit 2017 in TogoWir erhielten die internationale Botschaft zum 1. Mai am 15. April 2017. Am 22. April 2017 trafsich der Exekutivausschuss, nahm Text und Inhalt zur Kenntnis und lernte dessen Zielsetzung undBedeutung kennen.

Victor Gbossou

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