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Klaus Mollenhauer Leben, Wirken und seine Bedeutung für die Soziale Arbeit Britta Xxxxxxx, Matrikelnummer XXXXXX, Studiengang BA Soziale Arbeit, Wintersemester 2015/2016

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Klaus Mollenhauer

Leben, Wirken und seine Bedeutung für die Soziale Arbeit

Britta Xxxxxxx, Matrikelnummer XXXXXX, Studiengang BA Soziale Arbeit, Wintersemester 2015/2016

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31.10.1928 – 18.03.1998

Abb. 1 – Klaus Mollenhauer (1985)

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Gliederung:

1. - Lebenslauf

2. - Werkthematiken und -einflüsse

2.1 - Kritische Theorie

2.2 - Symbolischer Interaktionismus

2.3 - Kritische Erziehungswissenschaft

3. - Historischer Kontext

3.1- Studentenbewegung, Heimkampagne und Schülerselbstbefreiung

3.2 - Kritische Theorie, Frankfurter Schule und die "eigentlichen Aufgaben" Sozialer Arbeit

3.3 - Kritische Soziale Arbeit

3.4 - Schlussfolgerung

4. - Relevanz für die heutige Soziale Arbeit

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1. - Lebenslauf

• Geboren am 31.10.1928 als Sohn des Fürsorgers Wilhelm Mollenhauer in Berlin.

• Schulbesuch in Cottbus und Nangern (Pommern).

Abb. 2 – Klaus Mollenhauer 1967

• Kriegsgefangenschaft 1945 (Luftwaffenhelfer).• 1948 - 1950 Studium an der Pädagogischen

Hochschule in Göttingen.• 1950 - 1952 Tätigkeiten als Volksschullehrer sowie im

Bereich Freizeit- und Heimerziehung in Bremen.[1]

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• Danach erneut Studium der Pädagogik, Geschichte und Psychologie in Göttingen und Hamburg.

• 1958 Promotion zum Dr. phil. bei Erich Weniger (Nachfolger Herman Nohls) mit "Die Ursprünge der Sozialpädagogik in der industriellen Gesellschaft. Eine Untersuchung zur Struktur sozialpädagogischen Denkens und Handelns" (veröffentl. 1959).

• 1958 - 1962 Assistent bei E. Weniger und Heinrich Roth am pädagogischen Seminar der Universität Göttingen.

• 1962 - 1965 Akademischer Rat an der Freien Universität Berlin.

• 1965 - 1966 außerplanmäßige Professur an der Pädagogischen Hochschule Berlin.[2]

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• 1966 - 1969 Professor für Pädagogik an der Universität Kiel.

• 1969 - 1972 Professor für Pädagogik an der Universität Frankfurt/M.

• 1972 - 1996 Professor für allgemeine Pädagogik und Sozialpädagogik sowie Direktor am pädagogischen Seminar der Universität Göttingen.

• 1986 - 1987 Mitglied des Wissenschaftskollegs Berlin (allgemeine Pädagogik, ästhetische Bildung, Jugendhilfe).

• 1996 Pensionierung.• 1998 Lebensende.[3]

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2. – Werkthematiken und -einflüsse

• Mollenhauer wurde zum einen durch die durch ihn maßgeblich geprägte Kritische Erziehungswissenschaft bekannt [4] sowie durch die Rezeption der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule und des Symbolischen Interaktionismus in der Erziehungswissenschaft[5].

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2.1 - Kritische Theorie• Frankfurter Schule – Horkheimer, Adorno,

Habermas, Marcuse

Abb. 4 - Theodor W. Adorno, ca. 1960Abb. 3 - Max Horkheimer

Abb. 5 - Jürgen Habermas 2007 Abb. 6 – Herbert Marcuse 1955

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Die Kritische Theorie gehört in den Bereich der kritischen Sozialphilosophie, die sich kritisch auf Marx (damit auch Hegel) und die Gesellschaft bezieht; sie verwendet die dialektische Methode (These / Antithese Synthese). "Kritisch" meint sowohl kritische Reflektiertheit (auch eigener Annahmen) als auch die kritische Betrachtung der Gesellschaft. Sie versucht, theoretisches Denken mit praktischem Handeln zu verbinden. Sie bezieht sich auf die Zukunft im Sinne von Hoffnung, Erwartung und verändernder Zielsetzung. Die Kritische Theorie verfolgt das Interesse an der Aufhebung gesellschaftlichen Unrechts. [6]Ablehnend steht die Kritische Theorie Dogmen und ahistorischen Setzungen gegenüber[7]. Entwickelt wurde sie wesentlich von Horkheimer und Adorno, die (aufbauend auf Marx, Hegel und Freud) ein analytisches Instrumentarium zur Gesellschaftsveränderung schaffen wollten[8]. Später wurde die Kritische Theorie in verschiedene Richtungen weitergeführt von Marcuse und Habermas[9].

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Vor allem durch die Studentenbewegung vermittelt, hatten Aspekte der Kritischen Theorie großen Einfluss auf Diskussionen gesellschaftlicher und politischer Aspekte Sozialer Arbeit sowie ihres Selbstverständnisses und ihrer Arbeitsformen gehabt[10], woran auch Mollenhauer insbesondere durch den Bezug auf die Sozialpädagogik einen Teil beisteuerte.

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2.2 - Symbolischer Interaktionismus

Sozialwissenschaftliche Handlungstheorie, begründet von George Herbert Mead (1863 – 1931) und Herbert Blumer (1900 – 1987), je nach Ansatz mit Einflüssen der Chicagoer Schule, der Iowaer Schule, von Manfred Kuhn (1911 - 1963) und Erving Goffman (1922 - 1982).

Der Symbolische Interaktionismus geht davon aus, dass der Mensch von Natur aus ein soziales Wesen sei, sein Selbstbewusstsein und seine Identität sowie seine Denkfähigkeit erst durch soziale Beziehungen entwickelt. Grundlegend dafür ist die Kommunikation im Rahmen der Sozialisation (Prozess der Persönlichkeitsentwicklung und Integration in die Gesellschaft). Die Sozialisation wird auch geprägt von emotionalen Besetzungen, permanenter Interaktion und Machtgefällen.

Das Individuum steht also in Relation zu anderen Individuen in einer Gruppe. Jedes menschliche Verhalten ist ein soziales Verhalten. [11]

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Dabei wird eine kooperative Gruppe ("Gesellschaft") vorausgesetzt – Interaktion, Individuum und Gesellschaft beeinflussen sich gegenseitig. Eine Rolle spielen dabei "signifikante Symbole" (Gesten, Worte etc.), die bei den Gruppenmitgliedern ähnliche Reaktionen hervorrufen. Dabei kommt es aber auch immer zur neuen Aushandlung von Bedeutungen der Symbole. Handlungen (und Unterlassungen) bzw. Interaktionen werden also auf Grundlage der Interpretation und Kommunikation von Symbolen gestaltet, wobei dies auch durch die selbst angenommene oder zugewiesene Rolle der Aktoren und ihre Einstellung (Reflexion) der eigenen Rolle beeinflusst wird. [12]

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2.3 - Kritische ErziehungswissenschaftMollenhauer war zudem wesentlicher Akteur der drei "Wendungen" in der Theoriebildung der Sozialpädagogik. Diese umfassen:

1. Die "realistische Wendung" (60er Jahre): Die bisherige geisteswissenschaftlich-pädagogische Forschung wird abgelöst durch eine empirisch orientierte Forschung, die Hermeneutik wird jedoch teilweise beibehalten. Normensetzung wird abgelöst von der Erforschung der empirisch zu untersuchenden Lebenswelt.

2. Die "emanzipatorische Wendung" (70er Jahre): Der Begriff der Emanzipation als neuer gesellschaftskritischer Schlüsselbegriff rückt in den Fokus, wobei die Vermittlung sowohl hermeneutischer, als auch empirischer und kritischer Methoden angestrebt wird. Durch den Methodenstreit entfernt sich die Theorie zunehmend vom Praxisalltag.

3. Die "Wendung im Alltag" (80er Jahre): Neuentdeckung des Alltags, festzumachen z.B. an der sich damals verbreitenden Aktionsforschung, die sich in ihrer Zielsetzung als emanzipatorisch, in ihrer Methodik als empirisch und hermeneutisch und in ihrem Objektbereich als an Alltagsproblematiken ausgerichtet beschreiben lässt. [13]

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"Eine Theorie der politischen Bildung ist nicht neutral. Sie nimmt Partei, und zwar notwendigerweise. Der Gesichtspunkt, unter dem sie ihre Gegenstände zu beschreiben und zu analysieren sucht, ist politisch-gesellschaftlich nicht exterritorial, sondern ist selbst, auf die eine oder andere Weise, eine Position im Zusammenhang vieler politischer Interessen.[14]“

Damit meint Mollenhauer:- Eine wissenschaftliche Behandlung mit Gegenständen der "sozialen Welt"

bezweckt, die Phänomene und damit verbundene Positionen diskutierbar zu machen. Dazu bedarf es rationaler, also prüfbarer (falsifizierbarer) Argumente. Eine solche Wissenschaft habe die Aufgabe, Prozesse der politischen Bildung so zu beeinflussen, dass die Rationalität des politischen Verhaltens gefördert wird.

- Ein solches Verfahren sei charakteristisch für "offene Gesellschaften" (Merkmal: Zulassung und Förderung der Selbsterkenntnis). Offenheit bestimmt sich durch den Grad, Widerstände rational zu analysieren und zu thematisieren, um ihre Gewalt zu minimieren.

- Durch die Reflexion auf die Bedingungen des gesellschaftlichen Daseins wird die politische Ordnung zum Gegenstand der Analyse und damit zum Moment und Faktor möglicher politischer Veränderung, was über das Bewusstsein der Gesellschaftsmitglieder geschehen kann. Darum ist die Parteinahme für ein Bewußtsein für politische Aufklärung und Bildung insbesondere bei Heranwachsenden auch in wissenschaftlicher Hinsicht notwendig. [15]

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Daraus ergeben sich nach Mollenhauer folgende Konsequenzen:

- Eine rein normative Theorie, die nur einübbares Verhalten geforderter Tugenden thematisiert, ist unstatthaft.

- Theorien, die eine politische Auseinandersetzung scheuen und statt dessen (wegen z.B. angeblich fehlender Reife etc.) auf harmonisierende Kategorien verweisen, seien unstatthaft.

- Theorie, die sich nur an einem anzustrebenden Ideal, nicht aber an der politischen Realität ausrichten, seinen unstatthaft.

- Wissenschaftliche Beschäftigung mit Problemen politischer Bildung bezieht sich deshalb eher auf Aspekte der Bildungsprozesse und ihren Rahmenbedingungen, auf damit verbundene Einstellungen und Motive für politisches Handeln. [16]

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"Politische Bildung" umfaßt dabei die Begriffe Herrschaft, Interesse und Konflikt als deskriptive Kategorien, aber auch als Instrument zur Bewusstseinsschaffung von Heranwachsenden, da durch diese Begriffe eine kritisch-objektivierende Reflexion möglich sei. Sie sollen also geeignet sein, gesellschaftliche Verhältnisse als änderbare Bedingungen bewußt werden zu lassen. Beispiel: Die Analyse von Herrschaftsverhältnissen führt zur Frage der Legitimierung von Herrschaft, dann zur Frage der Interessenslagen (z.B. von Gruppen) und beinhaltet auch Ideologiekritik. Dies führt zur Frage der Funktion von Ideologien und zu den Ursachen von Interessen, damit zur Problematik sozialer Ungleichheit, von Konfliktregelungen und ihrer Legitimation und der öffentlichen Kontrolle widerstreitender Herrschaftstendenzen. Darin aber liege auch in logischer Konsequenz der Wille bzw. die Motivation zum Handeln und zur Veränderung. [17]Bei der politischen Bildung gehe es demnach um Information bzw. Aufklärung über Sachverhalte und Analysen sowie um die Erprobung politischer Handlungsmöglichkeiten (Negativbeispiel: Schülermitverwaltung als Vollzugsorgan des Lehrerkollegiums ohne Möglichkeit tatsächlicher Einflussnahme). [18]

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Um dies zu verwirklichen, seien folgende Aspekte zu beachten:

• Ein Erziehungsfeld, das das freie Argumentieren möglich macht.• Wissen / Information muss auf mögliche Handlungen bezogen werden.• Wissen muss sich in der Analyse aktueller praktischer Fragen als

brauchbar erweisen.• Behandelte Gegenstände müssen Chancen zur praktischen

Motivierung enthalten.• "Unschulische" Formen der Bildung sollen zur Effektsteigerung

eingesetzt werden.• Einzubeziehen sind auch Lernfelder ausserhalb organisierter

Bildungsprozesse (politische Clubs, Demonstrationen usw.). [19]

Erziehung ist dabei auch stets kommunikatives (und damit soziales) Handeln, Interaktion und Reproduktion[20].

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Wie zu sehen, hängen die Ansichten Mollenhauers eng mit der politisch-historischen Überformung von Bildungsprozessen zusammen, die insgesamt zur Verbesserung gesellschaftlicher Bedingungen durch Emanzipation von vorgegebenen, angeblich unhinterfragbaren Strukturen zusammenhängen. Dies weist eindeutig enge Verbindungen zur Kritischen Theorie und zum Symbolischen Interaktionismus auf.Mollenhauers gesamtes Werk wird von der Frage nach den pädagogischen Möglichkeiten für selbstständige, kritische Individuen bezogen, und diese sowie pädagogische Problemstellungen europäischer Tradition für den Bereich der Sozialpädagogik stehen stets im Mittelpunkt seiner Forschung[21] – auch wenn sich (wie bei jedem Forscher) seine Schwerpunkte im Laufe der Zeit verschoben haben oder neue hinzukamen.

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3. - Historischer KontextUm den Erfolg Mollenhauers (auch als "Vordenker der 68er[22]") und seine Bedeutung zu verstehen, muss – wie in der Hermeneutik üblich – auch der historische Kontext mitbedacht werden (nachfolgend Kurzdarstellung).

• Heimkampagne, Studentenrevolte und Schülerselbstbefreiung

• Kritische Theorie, Frankfurter Schule und die "eigentlichen Aufgaben" Sozialer Arbeit

• Kritische Soziale Arbeit• RAF und erste Krisen

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3.1- Studentenbewegung, Heimkampagne und Schülerselbstbefreiung

In den frühen 60er Jahren bildete sich (besonders unter Studenten) eine internationale Bewegung, die später als "New Left", also "Neue Linke" (in Abgrenzung zu Sozialdemokratie und Kommunismus) bezeichnet wurde. Diese etablierte sich auch sehr schnell in Westdeutschland und führte im weiteren Verlauf zu gewissen gesellschaftlichen Umbrüchen. Sie war antiautoritär, aber auch neomarxistisch und kulturkritisch orientiert und richtete sich gegen Machtverhältnisse aller Art und forderte Mitbestimmung - durch allerlei Protestaktionen z.B. an Universitäten, zum Teil auch in regelrechten Straßenschlachten. Auch der Generationenkonflikt spielte dabei eine Rolle, ebenso der Feminismus und die 'sexuelle Befreiung'. Diese Zeit war auch geprägt von einer Art Lebensgefühl zwischen Protest und Pop-Kultur und einer Empfindung von weltweiter Gemeinschaft (sofern man der Protestbewegung angehörte). Im weiteren Verlauf verbreitete sich jedoch das Interesse an politischen Dingen jedoch auch in anderen Teilen der Bevölkerung, was zu zahlreichen Forderungen nach Liberalisierung und Demokratisierung der Gesellschaft führte. [23]In diesem Rahmen kam es auch zur „Heimkampagne“ oder „Heimrevolte“, die von Heimzöglingen und Lehrlingen getragen wurde und sich gegen die Zustände der Heimunterbringen richteten, die oft mit Schlägen, Zwangsarbeit und Demütigung verbunden war. An dieser Kampagne nahmen auch spätere Mitglieder der Rote Armee Fraktion (RAF) teil. [24]Aber auch Schüler „rebellierten“ und forderten Mitspracherechte und größere Freiheiten[25].

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3.2 - Kritische Theorie, Frankfurter Schule und die "eigentlichen Aufgaben" Sozialer Arbeit

Inhaltlich wurde bereits auf die Kritische Theorie der Frankfurter Schule eingegangen, nicht aber auf ihre gesellschaftliche Bedeutung. Diese muss als sehr hoch angesehen werden, da sie im Verlauf der Studentenbewegung häufig rezipiert wurde[26] – insbesondere der Ansatz von Marcuse besaß dabei eine noch intensivere Wirkung auf die studentische Linke[27].Hypothese: Theoreme der Kritischen Theorie, aber auch des Symbolischen Interaktionismus fanden somit weite Verbreitung nicht nur als theoretischer Hintergrund bzw. Legitimation von Protestbewegungen, emanzipatorischen Ansätzen und Gesellschaftskritik, sondern flossen auch in die Haltung und das Denken von Personen ein, die dann in sozialpädagogischen bzw. sozialarbeiterischen Feldern tätig wurden (auch durch die Hochschulreform Schaffung von Fachhochschulen). Dies fiel zeitlich zusammen mit der seit dem Elberfelder System ersehnten Möglichkeit, endlich die einzelfallorientierten "eigentlichen Aufgaben" Sozialer Arbeit durch den Ausbau des Wohlfahrtsstaats (angefangen mit dem BSHG 1962 zur Überwindung von Massennotständen) wahrnehmen zu können und einem geänderten Klientenbild. Nicht mehr die materielle Existenzsicherung ist die Aufgabe, sondern Verhaltensunsicherheiten und Orientierungslosigkeit mit psychosozialen Ursachen treten in den Vordergrund. Dies erweitert die Arbeitsfelder, auch dadurch, dass der Klient nunmehr weniger als eigenverantwortlich Handelnder, sondern vielmehr hilflos Ratsuchender, Kranker, Benachteiligter gesehen wird, der durch Beratung und Therapie wieder integriert werden muss. [28]

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3.3 - Kritische Soziale Arbeit

Als Folge der Rezeption der Kritischen Theorie entstand damals auch eine Kritische Soziale Arbeit. Auch diese verfolgte einen emanzipativen (Selbstbefähigung des Klienten) und gesellschaftskritischen (Änderung der Verhältnisse) Ansatz, war dabei aber marxistisch, zum Teil auch leninistisch, also sehr ideologisch orientiert. [29]Die schon erwähnte Aktionsforschung erfreute sich im Rahmen der damaligen Kritischen Sozialen Arbeit als Instrument der Veränderung einer großen Beliebtheit.Die Kritische Soziale Arbeit blieb bis in die 1980er Jahre hinein wirksam [30], verlor dann aber an Bedeutung und wurde von betriebswirtschaftlichem Denken (Sozialmanagement[31]) abgelöst.

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Das Widerständige, das Hinterfragen vorhandener Strukturen, das Rebellierende bis hin zum Anarchistischen (RAF), die Suche nach neuen Ansätzen und das Emanzipative (Kritische Soziale Arbeit, Frauenbewegung, "sexuelle Befreiung") entsprachen dem damaligen Zeitgeist, mit dem Mollenhauer zumindest in Teilen konform ging.

3.4 - Schlussfolgerung:

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4. - Relevanz für die heutige Soziale Arbeit

Zweifellos üben die Überlegungen Mollenhauers bis heute einen großen Einfluss in der Sozialen Arbeit aus. Sei es die Alltags- und Lebensweltorientierung (Thiersch), die Erörterung des Symbolischen Interaktionismus in Lehrveranstaltungen, Aushandlungsprozesse im Rahmen der Wissenschaftstheorie, emanzipatorische Ansätze in der klientenorientierten Sozialinformatik[32] oder die der Sozialen Arbeit immanente (aber selbstproblematische) kritische Haltung gegenüber Machtstrukturen.

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Seit ca. 2008 formiert sich zudem eine Neue Kritische Soziale Arbeit ohne explizit "linkem" Hintergrund (Bettinger, Seithe und andere), die dennoch in vielen Aspekten auf Mollenhauer verweist. So verfolgt auch sie einen emanzipatorischen Ansatz, richtet sich durch Analyse gegen bestimmte Verhältnisse (z.B. angebliche Sachzwänge der Ökonomisierung) und will Veränderungen herbeiführen. Dies jedoch nicht nur für Klienten, sondern auch für sich selbst. Und obwohl die Frage, ob Soziale Arbeit ein politisches Mandat haben soll, immer noch kontrovers diskutiert wird[33], vertritt die Neue Kritische Soziale Arbeit bereits explizit ein politisches Mandat auch im Eigeninteresse. So richtet sich eine sozialpädagogische theoretische Grundlage auf die Sozialarbeitenden selbst und wandelt sich zu einer Methodik. Im weitesten Sinne kann wohl gesagt werden, dass der Einfluss Mollenhauers so auch die Soziale Arbeit durch den Zusammenhang von Theorie und Praxis selbst zumindest zu einem Teil verändert hat.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

• Fragen?• Einwände?• Verbesserungen?• Tomaten und faule Eier?

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Verweise:

[1] Vgl. Leo o.J., o.S. [2] Vgl. ebd. [3] Vgl. ebd. [4] Vgl. Rödel 2003, S. 8. [5] Vgl. Aßmann 2015, S. 12. [6] Vgl. Störig 2004, S. 709 f. [7] Vgl. Pressel in: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge (Hrsg.) 19974, S. 595 f s.v. Kritische Theorie, Sp. 2. [8] Vgl. ebd. [9] Vgl. Störig 2004, S. 710 ff.[10] Vgl. Pressel in: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge (Hrsg.) 19974, S. 595 f s.v. Kritische Theorie, Sp. 2.[11] Vgl. Etzrodt 2003, S. 208 - 243.[12] Vgl. ebd.[13] Vgl. Leo o.J., o.S. [14] Mollenhauer 19736, S. 151.[15] Vgl. ebd., S. 151 ff.[16] Vgl. ebd., S. 153 f.[17] Vgl. ebd., S. 160 f.[18] Vgl. ebd., S. 162 f.[19] Vgl. ebd., S. 167 f.[20] Vgl. Mollenhauer 1972.[21] Vgl. Leo o.J., o.S. [22] Vgl. Aßmann 2015 (Buchtitel).[23] Vgl. Schildt 2008.[24] Vgl. Wensierski 2006.[25] Vgl. Liebel & Wellendorf 1969.[26] Vgl. Pressel in: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge (Hrsg.) 19974, S. 595 f s.v. Kritische Theorie, Sp. 2.[27] Vgl. Störig 2004, S. 710.[28] Vgl. Nootbar in: Landwehr & Baron (Hrsg.) 19953, S. 251 – 299.[29] Vgl. Dazu die Beiträge bei Hollstein & Meinhold (Hrsg.) 1973.[30] Vgl. Khella 1982.[31] Müller-Schöll & Priepke waren die ersten, die sich des Themas 'Sozialmanagement' bereits Ende der 1970er Jahre annahmen (vgl. Merchel 2001, S. 24). [32] Vgl. Janatzek 2007.[33] Vgl. dazu die Beiträge bei Merten (Hrsg.) 2001.

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Printquellen:

Aßmann, Alex (2015): Klaus Mollenhauer. Vordenker der 68er - Begründer der emanzipatorischen Pädagogik. Eine Biografie, Ferdinand Schöningh, Paderborn.

Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge (Hrsg.) (19974): Fachlexikon der sozialen Arbeit, Eigenverlag, Frankfurt/M. Etzrodt, Christian (2003): Sozialwissenschaftliche Handlungstheorien. Eine Einführung, UVK, Konstanz.

Hollstein, Walter & Meinhold, Marianne (Hrsg.) (1973): Sozialarbeit unter kapitalistischen Produktionsbedingungen, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M.

Janatzek, Uwe (2007): Sozialinformatik in der Sozialen Arbeit. Neuorientierung einer Wissenschaftsdisziplin, VDM Verlag, Saarbrücken.

Khella, Karam (1982): Sozialarbeit von unten. Praktische Methoden fortschrittlicher Sozialarbeit und Sozialpädagogik, Theorie und Praxis Verlag, Hamburg-

Landwehr, Rolf & Baron, Rüdeger (Hrsg.) (19953): Geschichte der Sozialarbeit. Hauptlinien ihrer Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, Beltz Verlag, Weinheim.

Liebel, Manfred & Wellendorf, Franz (1969): Schülerselbstbefreiung. Voraussetzungen und Chancen der Schülerrebellion, Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M.

Merchel, Joachim (2001): Sozialmanagement, Votum Verlag, Münster.

Merten, Roland (Hrsg.) (2001): Hat Soziale Arbeit ein politisches Mandat? Positionen zu einem strittigen Thema, Leske + Budrich, Opladen.

Mollenhauer, Klaus (1972): Theorien zum Erziehungsprozeß. Zur Einführung in erziehungswissenschaftliche Fragestellungen, Juventa Verlag, München.

Mollenhauer, Klaus (19736): Erziehung und Emanzipation. Polemische Skizzen, Juventa Verlag, München.

Nootbar, Hans (19953): Sozialarbeit und Sozialpädagogik in der Bundesrepublik 1949-1962, in: Landwehr, Rolf & Baron, Rüdeger (Hrsg.): Geschichte der Sozialarbeit. Hauptlinien ihrer Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, S. 251 – 299.

Pressel, Alfred (19974): Kritische Theorie, in: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge (Hrsg.): Fachlexikon der sozialen Arbeit, S. 595 f, Sp. 2.

Rödel, Bodo (2003): Klaus Mollenhauer in diskurs-philosophischer Perspektive, Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Heilpädagogischen Fakultät der Universität Köln, unter: http://kups.ub.uni-koeln.de/1087/1/DissertationBodoRoedel.pdf, 05.01.2016.

Störig, Hans Joachim (2004): Kleine Weltgeschichte der Philosophie, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M.

Wensierski, Peter: Schläge im Namen des Herrn. Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2006

Internetquellen:

Leo, Marlies (o.J.): Klaus Mollenhauer, unter: http://forge.fh-potsdam.de/~BiB/gruender/mollenhauer.pdf, 06.01.2016.

Schildt, Axel (2008): Neue Linke und Studentenbewegung, unter: http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/68er-bewegung/51815/neue-linke?p=all, 07.01.2016.

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Abbildungsnachweise:

Abb. 1 (Klaus Mollenhauer 1985):Urheber / Rechteinhaber: Susanne Mollenhauer, Göttingen ca. 1985Quelle: Aßmann, Alex (2015): Klaus Mollenhauer. Vordenker der 68er - Begründer der emanzipatorischen Pädagogik. Eine Biografie, Ferdinand Schöningh, Paderborn; UmschlagbildLizenz: KeineAnmerkung: Ein kleiner Teilbereich der Abbildung wurde retuschiert Abb. 2 (Klaus Mollenhauer 1967):Urheber / Rechteinhaber: UnbekanntQuelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/d/db/KlausMollenhauer1967.jpg Lizenz: Fair use under United States copyright law

Abb. 3 (Max Horkheimer):Urheber / Rechteinhaber: Fotograf unbekannt; Institut für StadtgeschichteQuelle: http://www.ffmhist.de/ffm33-45/bitmap/isg_horkheimer_max_01.jpgLizenz: Dt. Urheberrecht

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Abb. 5 (Jürgen Habermas 2007):Urheber / Rechteinhaber: Wolfram HukeQuelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/4d/JuergenHabermas.jpg/800px-JuergenHabermas.jpgLizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license

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