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Kleine Mitteilungen Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme Von Anita Hipfinger und Josef Löffler Forschungsstand und Literatur Die 27 Bände der Wiener Fuggerzeitungen', eine der umfangreichsten geschlossenen handschriftlich verfassten Nachrichtensammlungen der Frühen Neuzeit, befinden sich heu- te in der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Gesammelt von den Augsburger Brüdern Philipp Eduard Fugger (1546-1618) und Octavian Secundus Fugger (1549-1600), fanden die Bände über den Verkauf der Fuggerbibliothek durch Graf Albert Fugger an Kaiser Ferdinand III. ihren Weg nach Wien. Der Enkel der beiden Sammler sah sich aufgrund hoher Schulden zu diesem Schritt gezwungen und so wurde die Bibliothek 1656 auf dem Schiffsweg in die kaiserliche Hofbibliothek transportierr 2 . Die zwischen 1568 und 1605 an Octavian Secundus und Philipp Eduard Fugger adressierten Nachrichten kamen zum größten Teil aus den wichtigsten Handels- und Nachrichtenzentren Europas, vereinzelt auch aus Über- see, dem Nahen Osten oder Indien. Ein Netz an Korrespondenten, vornehmlich Fuggersche Faktoren und deren Mitarbeiter, hauptberufliche Zeitungsschreiber (Novellanten), Freunde und Bekannte, aber auch Vertreter anderer Bank- und Handelshäuser informierten die beiden vor allem über wirtschaftliche und politische Begebenheiten sowie andere außergewöhnliche Ereignisse, die bei der Leitung des weltweit umspannenden Fernhandelsimperiums von Nutzen sein konnten. In wirtschaftlicher Hinsicht reicht die Berichterstattung von Frachtverzeichnis- sen der Westindienflotte und ihrer Bedrohung durch englische Piraten über den Sklavenhandel bis hin zu Kursberichten der wichtigsten Börsen und Prognosen über die ökonomische Lage auf den wichtigsten regionalen Märkten 3 . 1 ÖNB, Handschriftensammlung, Cod. 8949-8975. - Die vorliegende Studie wurde von Martin Scheutz und Thomas Winkelbauer initiiert und aus Forschungsmitteln des Instituts fur Österreichische Geschichtsforschung bestritten. 2 Vgl. Michael SCHILLING, Die Fuggerzeitungen, in: Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.-18. Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch, hg. von Josef PAUSER-Martin ScHEUTZ-lhomas WINKELBAUER (MIÖG Ergbd. 44, Wien-München 2004) 875-880; zum Kauf der Fuggerbibliothek siehe ausführlich: Geschichte der österreichischen Nationalbibliothek 1, hg. von Josef STUMMVOLL (Wien 1968) 156-160; vgl. auch: http://www.onb.ac.at/about/hugoblotius.htm [26. 1. 2009]. 3 Franz MAUELSHAGEN, Netzwerke des Nachrichtenaustauschs. Für einen Paradigmenwechsel in der Erforschung der „neuen Zeitungen", in: Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit, hg. von Johannes BuRKHARDT-Christine WERKSTETTER (HZ Beih. 41, München 2005) 409—425, hier 423f. MIÖG 117(2009) Bereitgestellt von | Vienna University Library Angemeldet Heruntergeladen am | 20.07.17 08:41

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Kleine Mitteilungen

Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme

Von Anita Hipfinger und Josef Löffler

Forschungsstand und Literatur

Die 27 Bände der Wiener Fuggerzeitungen', eine der umfangreichsten geschlossenen handschriftlich verfassten Nachrichtensammlungen der Frühen Neuzeit, befinden sich heu-te in der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Gesammelt von den Augsburger Brüdern Philipp Eduard Fugger (1546-1618) und Octavian Secundus Fugger (1549-1600), fanden die Bände über den Verkauf der Fuggerbibliothek durch Graf Albert Fugger an Kaiser Ferdinand III. ihren Weg nach Wien. Der Enkel der beiden Sammler sah sich aufgrund hoher Schulden zu diesem Schritt gezwungen und so wurde die Bibliothek 1656 auf dem Schiffsweg in die kaiserliche Hofbibliothek transportierr2. Die zwischen 1568 und 1605 an Octavian Secundus und Philipp Eduard Fugger adressierten Nachrichten kamen zum größten Teil aus den wichtigsten Handels- und Nachrichtenzentren Europas, vereinzelt auch aus Über-see, dem Nahen Osten oder Indien. Ein Netz an Korrespondenten, vornehmlich Fuggersche Faktoren und deren Mitarbeiter, hauptberufliche Zeitungsschreiber (Novellanten), Freunde und Bekannte, aber auch Vertreter anderer Bank- und Handelshäuser informierten die beiden vor allem über wirtschaftliche und politische Begebenheiten sowie andere außergewöhnliche Ereignisse, die bei der Leitung des weltweit umspannenden Fernhandelsimperiums von Nutzen sein konnten. In wirtschaftlicher Hinsicht reicht die Berichterstattung von Frachtverzeichnis-sen der Westindienflotte und ihrer Bedrohung durch englische Piraten über den Sklavenhandel bis hin zu Kursberichten der wichtigsten Börsen und Prognosen über die ökonomische Lage auf den wichtigsten regionalen Märkten3.

1 Ö N B , Handschriftensammlung, Cod . 8 9 4 9 - 8 9 7 5 . - Die vorliegende Studie wurde von Martin Scheutz und Thomas Winkelbauer initiiert und aus Forschungsmitteln des Instituts fur Österreichische Geschichtsforschung bestritten.

2 Vgl. Michael SCHILLING, Die Fuggerzeitungen, in: Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16 . -18 . Jahrhundert). Ein exemplarisches Handbuch, hg. von Josef PAUSER-Martin ScHEUTZ-lhomas WINKELBAUER ( M I Ö G Ergbd. 44, Wien-München 2004) 8 7 5 - 8 8 0 ; zum Kauf der Fuggerbibliothek siehe ausführlich: Geschichte der österreichischen Nationalbibliothek 1, hg. von Josef STUMMVOLL (Wien 1968) 156-160; vgl. auch: http://www.onb.ac.at/about/hugoblotius.htm [26. 1. 2009].

3 Franz MAUELSHAGEN, Netzwerke des Nachrichtenaustauschs. Für einen Paradigmenwechsel in der Erforschung der „neuen Zeitungen", in: Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit, hg. von Johannes BuRKHARDT-Christine WERKSTETTER ( H Z Beih. 41 , München 2005) 409—425, hier 423f.

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380 Anita Hipfinger und Josef Löffler

In der politischen Berichterstattung nehmen die Auseinandersetzungen mit d e m O s m a n i -schen Reich, die fur die Handelsverbindungen mit der Levante und Indien von großer Bedeu-tung waren, einen großen R a u m ein, ebenso wie die das westeuropäische Handelsumfeld be-einträchtigenden spanisch-niederländischen Auseinandersetzungen. Insgesamt finden wohl fast alle wichtigen politischen Ereignisse im beschriebenen Zeitraum ihren Niederschlag. Darüber hinaus gibt es viele Meldungen, die über eine rein geschäftliche Korrespondenz hinausgehen: Nachrichten über gesellschaftliche Ereignisse ebenso wie Berichte über Aufsehen erregende Kriminalfalle und Hexenverbrennungen, Pasquille oder Naturereignisse, die in der Regel als übernatürliche Zeichen interpretiert wurden 4 .

Neben der Inanspruchnahme des Informationsflusses für die eigenen wirtschaftlichen Dis -positionen, die im Übrigen bis jetzt mehr eine plausible A n n a h m e als e ine durch vergleichende wirtschaftshistorische Studien abgesicherte These ist\ wurden Nachrichten auch an naheste-hende Fürsten wie den Kaiser, Erzherzog Ferdinand von Tirol oder den bayerischen Herzog sowie an befreundete Personen weitergegeben6 . Nachgewiesen ist auch, dass handschrift l iche Zeitungen als Vorlage für gedruckte „Neue Zei tungen" dienten. Berichte , an deren Verbreitung ein Interesse bestand, wurden wohl bewusst als Druckwerke in U m l a u f gebracht .

D i e Bedeutung der Fugger-Zei tungen ist der Forschung schon seit langem bewusst, Tei le davon wurden bereits mehrfach rezipiert und ediert. D e n n o c h steht e ine vollständige Er-schl ießung bislang aus und das, wie Michael Schi l l ing feststellt, „obwohl die Fuggerzeitungen (...) ein Quel lenwerk ersten Rangs fur vielfältige Fragestellungen und unterschiedl ichste his-torische Diszipl inen" 8 sowie fur historisch arbei tende Nachbardiszipl inen, etwa für die K o m -munikat ions- , die Sprach- oder die Religionswissenschaften, darstellen. D a s größte Hindernis einer Gesamtedi t ion ist zweifellos der e n o r m e U m f a n g , mit Hil fe der technischen M ö g l i c h -keiten der neuen Medien wäre ein derartiges U n t e r n e h m e n aber durchaus realisierbar, w e n n -gleich es nach wie vor sehr personal- und arbeitsintensiv wäre 9 . Erste Beschre ibungen des Bestands reichen zurück in die Amtszeit des Hofbib l io thekars J o h a n n B e n e d i k t Gent i lo t t i ( 1 7 0 5 - 1 7 2 3 ) sowie des Hofarchivars Joseph C h m e l ( 1 8 4 0 - 1 8 5 8 ) 1 0 . D i e ersten intensiveren Studien über die Fuggerzeitungen sind eine M o n o g r a p h i e von J o h a n n e s Kleinpaul aus d e m J a h r 1 9 2 1 " und eine Auswahledit ion von V i c t o r Klarwil l ' 2 aus d e m J a h r 1 9 2 3 , die sich aber als kaum brauchbar erweist, da sie modernen wissenschaftl ichen Edit ionsregeln in keiner Weise entspricht : D i e Texte sind gekürzt und sprachlich nicht im Orig ina lwort laut , sondern an die Gegenwart angepasst wiedergegeben. Math i lde Fitzler wies in e iner 1 9 3 7 erschiene-nen und bis heute viel zitierten Arbeit über den Ents tehungshintergrund der Ze i tungen und deren Berichterstatter a u f zahlreiche Fehleinschätzungen Kle inpauls h i n " . Aufbauend a u f

4 Vgl. Michael SCHILLING, Zwischen Mündlichkeit und Druck: Die Fuggerzeitungen, in: Editions-desiderate zur Frühen Neuzeit. Beitrage zur Tagung der Kommission fur die Edition von Texten der Frü-hen Neuzeit (Chloe 2 4 - 2 5 ) , Teil 2, hg. von Hans-Gert ROLOFF (Amsterdam-Atlanta 1997) 7 1 7 - 7 2 7 , hier 718f.; DERS., Fuggerzeitungen (wie Anm. 2) 879.

' MAUELSHAGEN, Netzwerke (wie Anm. 3) 423. ' SCHILLING, Fuggerzeitungen (wie Anm. 2) 877f. 7 SCHILLING, Mündlichkeit (wie Anm. 4) 72 l f . ; DERS., Fuggerzeitungen (wie Anm. 2) 878. 8 SCHILLING, Mündlichkeit (wie Anm. 4) 719. ' SCHILLING, Fuggerzeitungen (wie Anm. 2) 879. 10 Joseph CHMEL, Die Handschriften der k.k. Hofbibliothek in Wien, 2 Bde. (Wien 1840). " Vgl. Johannes KLEINPAUL, Die Fuggerzeitungen 1 5 6 8 - 1 6 0 5 (Leipzig 1921, Nachdr. Wiesbaden

1972), der allerdings aufgrund vieler Fehlinterpretationen wenig brauchbar ist; DERS., Das Nachrichten-wesen der deutschen Fürsten im 16. und 17. Jahrhundert (Leipzig 1930).

12 Mit vielen Transkriptionsfehlern: Fugger-Zeitungen. Ungedruckte Briefe an das Haus Fugger aus den Jahren 1 5 6 8 - 1 6 0 5 , ed. Victor KLARWILL (Wien-Leipzig-München 1923).

13 Mathilde FITZLER, Die Entstehung der sogenannten Fuggerzeitungen in der Wiener Nationalbi-bliothek (Baden bei Wien 1937) 7.

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„Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme 381

Fitzlers Vorarbeiten über die Fuggerschen Unternehmungen in Asien widmete sich Kaspar Kempter in seiner Dissertation der wirtschaftlichen Berichterstattung in den Fuggerzeitun-gen Seitdem ist keine Arbeit mehr erschienen, die sich mit der gesamten Sammlung ausein-andersetzt. Ein 1967 begonnener, durchaus sinnvoller Versuch, eine Auswahl einzelner Nach-richten mittels Regesten zu erfassen, wurde gleich wieder aufgegeben1 5 . Später erschienene Arbeiten widmeten sich einzelnen Aspekten, etwa landesgeschichtlichen Fragestellungen, wie eine Arbeit über die Berichterstattung aus und über Polen16, oder kommunikations- und me-diengeschichtlichen Themen' . Erwähnt seien hier auch Wolfgang Behringers Studien zum Nachrichtenwesen und zu Kommunikationssystemen1 8 . Seit 2007 liegt eine Edition der Fug-gerzeitungen aus Wien und Prag für den Zeitraum von 1581 bis 1590 vor19. Schließlich ist 2008 eine Edition sämtlicher in den Fuggerzeitungen enthaltenen Pasquille erschienen, die für die Erforschung der Herausbildung einer frühmodernen Öffentlichkeit von Bedeutung ist-0. Ziel der folgenden Ausführungen ist es, ohne auf den Inhalt der Zeitungen näher einzu-gehen, den Bestand der Fuggerzeitungen für weitergehende Forschungen aufzubereiten.

Der Bestand - Zusammensetzung und Besonderheiten

Der Bestand der Fuggerzeitungen geht vor allem auf die Sammlungstätigkeit Octavian Se-cundus' zurück, der über dreißig pergamentgebundene Bände der Jahre 1569 bis 1599, also pro Jahr einen Band, besaß. Der heutige Bestand stammt noch überwiegend von ihm; acht Bände, die Jahrgänge 1569 bis 1577, sind vermutlich nach seinem Tod verloren gegangen. Philipp Eduard ersetzte diese durch zwei Bände der Jahre 1568-1573 (Cod. 8949) und 1575-1576 (Cod. 8950) aus seinem Bestand. Ersterer wurde von ihm als Sammlung der interessantesten Zuschriften in Form von Abschriften und Exzerpten in Antwerpen und Augsburg konzipiert, enthält also keine Originalnachrichten, und ist das Ergebnis eines regen Briefwechsels zwischen den Brüdern und den italienischen Freunden und Bekannten.

Nicht ergänzt wurden die beiden restlichen Jahre - 1574 und 1577 fehlen gänzlich. Sein Bruder war es auch, der den Jahrgang 1600, in dem Octavian Secundus starb, binden ließ. Die

M Kaspar KEMPTER, Die wirtschaftliche Berichterstattung in den sogenannten Fuggerzeitungen (München 1936).

15 "Theodor Gustav WERNER, Regesten und Texte von Fuggerzeitungen der Österreichischen Natio-nalbibliothek in Wien. Scripta Mercaturae 1 (1967) 57-69.

16 Czeslawa PIROZIÑSKA-Jan PIROZIÑSKI, Berichterstattung aus und über Polen in den „Wiener Fuggerzeitungen" (österreichische Nationalbibliothek, Cod. 8949-8975), in: Quellenstudien zur pol-nischen Geschichte aus österreichischen Sammlungen, hg. von Walter LEITSCH-Jan PIROZIÑSKI (Wien o . J . , ca . 1988) 83-90.

17 Zum Beispiel SCHILLING, Mündlichkeit (wie Anm. 4). " Wolfgang BEHRINGER, Bausteine zu einer Geschichte der Kommunikation. Eine Sammelrezensi-

on zum Postjubiläum. ZHF 21 (1994) 92-112; DERS., Fugger und Taxis. Der Anteil Augsburger Kauf-leute an der Entstehung des europäischen Kommunikationssystems, in: Augsburger Handelshäuser im Wandel des historischen Urteils, hg. von Johannes BURKHARDT (Colloquia Augustana 3, Berlin 1996) 241 -248; DERS. , Veränderung der Raum-Zeit-Relation. Zur Bedeutung des Zeitungs- und Nachrichten-wesens während des Dreißigjährigen Krieges, in: Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe, hg. von Benigna VON KRUSTENSTJERN-Hans MEDICK (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts fur Geschichte 148, Göttingen 1999) 39-81.

" Margarete BIRINGER, Fuggerzeitungen aus Wien und Prag von 1581 bis 1590 (Diss. Wien 2007), sowie DIES., Die Fuggerzeitungen und der niederösterreichische Bauernkrieg 1596/97 (Dipl. Wien 2003).

20 Oswald BAUER, Pasquille in den Fuggerzeitungen. Spott- und Schmähgedichte zwischen Polemik und Kritik (1568-1605) (QIÖG 1, Wien-München 2008). Siehe auch DERS., Spott- und Schmäh-gedichte in den Fuggerzeitungen (1568-1605) (Dipl. Wien 2005); DERS., Zeitungen vor der Zeitung. Studien zum Nachrichtenwesen des 16. Jahrhunderts am Beispiel der Fuggerzeitungen (1568-1604/05) (Diss. Augsburg 2008).

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382 Anita Hipfinger und Josef Löffler

zwei letzten Bände der Jahre 1601 und 1604/1605 stellte ebenso Philipp Eduard zusammen, fur den die Nachrichten, bedingt durch den kleiner werdenden Umkreis seiner Handelsge-schäfte, nicht mehr im selben Ausmaß von Interesse waren'1. Insgesamt kamen daher 28 Bände nach Wien. Der derzeitige Bestand ergibt sich aus der Zusammenfuhrung der Jahrgänge 1575 und 1576 und zwölf italienischer Zeitungen des Jahres 1571 zu einem nahezu ausschließlich italienischsprachigen Band, womit die frühere Vermutung, ein Band sei verloren gegangen, widerlegt scheint22. Die nunmehr 27 Bände umfassen zusammen rund 20.000 Blätter3.

Grundlage für die folgende Bestandsanalyse bildet ein elektronisches Bestandsverzeichnis, das von den Verfassern unter Zuhilfenahme eines etwa in den 1930er Jahren entstandenen und aufgrund später hinzugefügter handschriftlicher Korrekturen nur mehr eingeschränkt be-nutzbaren Typoskripts24 über den Bestand der Fuggerzeitungen in der Österreichischen Nati-onalbibliothek für das Institut für Osterreichische Geschichtsforschung erstellt wurde. Dieses Verzeichnis ist auf der Website des Instituts" zugänglich, wodurch Forscherinnen und For-schern auch ohne persönlichen Besuch der Handschriftensammlung der ÖNB eine einfache und schnelle Benützung des Bestandsverzeichnisses ermöglicht wird. Für die Erstellung des Bestandsverzeichnisses wurde zunächst der Inhalt des erwähnten Typoskripts, insgesamt 27 Hefte, in ein Tabellenkalkulationsprogramm übertragen. Dafür wurden elf Spalten mit folgen-den Kategorien angelegt: laufende Nummer, Codex, Folium, Ort laut Quelle, Ort modern, Sprache, Datum, Wochentag, Allfälliges, Kollationierung und Anmerkungen. In die Spalte Allfalliges wurden die Einträge übernommen, die der/die Verfasser/in offenbar bei einer will-kürlich getroffenen Auswahl von Zeitungen aufschrieb; es handelt sich dabei vor allem um Nachrichtenköpfe (z. B.: Arrest de la cour deparlemen d'Aix en Provence contre le duc Despernon donne le 4Mars26), Angaben zum Inhalt beziehungsweise Auszüge daraus (z. B.: Bericht außEn-gellandt von der spannischen armada den 19. Novembris inn Augsburg auß Hamburg empfangen1 ) oder Absendeorte und -daten auf dem Umschlag (z. B.: Di Roma ¡a vigilia di natale 1569:s). Daraufhin wurden die nunmehr in digitalisierter Form vorliegenden Einträge des Typoskripts anhand der Codices in der Nationalbibliothek kollationiert.

Außerdem wurden in der Liste fehlende Zeitungen ergänzt, und es wurde versucht, eine einheitliche Zählung der Schriftstücke vorzunehmen. Unserer Zählung zufolge beläuft sich die Gesamtzahl der Zeitungen auf 16.021 Mitteilungen - entgegen der bis in jüngste Zeit in der Literatur häufig genannten Zahl von 40.000".

Problematisch gestaltete sich bei der Zählung der Nachrichten die Feststellung, welche Schriftstücke als eigenständige Zeitungen zu werten sind, da diese weder nummeriert noch als jeweils eigene Nachricht deklariert sind. Es gibt viele Bündel von Zeitungen, die von der Hand eines Schreibers stammen, aber aus mehreren Zeitungen mit verschiedenen Absendeorten be-

21 FITZLER, Entstehung (wie Anm. 13) 11, verweist auf die nunmehr wichtigsten Nachrichtensam-melpunkte Amsterdam, Antwerpen, Wien und Prag; unserer Analyse zufolge hält diese Angabe einer Untersuchung nicht Stand, zumal aus Amsterdam in diesem Zeitraum gar keine Zeitungen aufscheinen und der Großteil aus Rom und Venedig geschickt wurde.

22 ÖNB, Cod. 8950, auf die Zusammenfuhrung hat BAUER, Pasquille (wie Anm. 20) 25, insbeson-dere Anm. 55, hingewiesen. FITZLER, Entstehung (wie Anm. 13) 12, geht hingegen davon aus, dass ein Band aus den Jahren 1602/1603 verloren gegangen ist.

23 Bauer zählt exakt 19.573 Blätter, vgl. BAUER, Pasquille (wie Anm. 20) 25 Anm. 47. 24 ÖNB, Handschriftensammlung, Cod. S. N. 17 .961-17 .987 (27 mit Schreibmaschine geschrie-

bene Hefte, möglicherweise angelegt von M. A. H. Fitzler). 25 http://www.univie.ac.at/Geschichtsforschung/. 26 ÖNB, Cod. 8968, fol. 286', Nachricht (Französisch) ohne Angabe des Absendeorts vom 4. März

1595-27 ÖNB, Cod. 8961, fol. 823', Nachricht (Deutsch) aus Hamburg s. d. 28 ÖNB, Cod. 8949, fol. 119", Nachricht (Italienisch) aus Rom vom 24. Dezember 1569. 29 Vgl. etwa SCHILLING, Mündlichkeit (wie Anm. 4) 718.

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„Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme 3 8 3

stehen. Diese sind einzeln datiert und eindeutig als Einzelstücke ausgewiesen, weshalb sie auch als eigenständige Nachrichten gewertet wurden. Anzunehmen ist, dass in diesen Fällen ein Schreiber an verschiedenen, auf einer Route liegenden Knotenpunkten die dort ankommenden Zeitungen in e in Schreiben übertragen hat, da in der Regel bei diesen gemeinsam verfassten Stücken die gleichen Absendeorte zusammen vorkommen, ζ. B. Antwerpen und Köln oder Wien und Prag. Daneben wurden häufig Abschriften kaiserlicher Erlässe, Patente, Landtagsbe-schlüsse, Abschriften, Extrakte etc. als Anhang mit gesendet. Diese Briefanhänge wurden nur dann separat gezählt, wenn offensichtlich ist, dass es sich dabei um eigenständige Schriftstücke handelt. Ahnlich verhält es sich mit den „Post Scripta", fur die dieselbe Vorgehensweise ange-wandt wurde. Post Scripta gehören in der Regel zu einer Zeitung, gelegentlich sind sie aber auch zu einem anderen Zeitpunkt verfasst worden. Für eine Edition wird es deshalb notwen-dig sein, anhand von genauen Kriterien zu definieren, welche Merkmale ein Manuskript zur eigenständigen Zeitung machen, eine Berücksichtigung des genauen Inhalts wird zudem die Abgrenzung begünstigen. Unter Zugrundelegung eindeutiger Kennzeichen zur Abgrenzung einzelner Stücke kann bei einer Edition die endgültige Anzahl der Zeitungen von der hier angegebenen Summe noch leicht abweichen, zumal auch davon auszugehen ist, dass Zeitungen in mehrfacher Ausfertigung darunter sind3 0 .

Einige Stücke weisen die Besonderheit auf, dass sie zwei divergierende Datierungen ha-ben. Darüber hinaus liegen auch Zeitungen vor, deren Ausstellungsdaten am Briefumschlag nicht mit jenen im Briefkopf übereinstimmen, was im Verzeichnis gekennzeichnet wurde. Als problematisch erwiesen sich ferner Datumsangaben in den ersten Jahren nach Einfuhrung des Gregorianischen Kalenders. Wenn angegeben, wurden Datierungen nach dem Alten Stil mit AS, jene nach dem neuen Kalender mit N S gekennzeichnet, teilweise datieren Stücke auch nach beiden Kalendern.

Die Foliierung der einzelnen Codices erscheint auf den ersten Blick unstrukturiert und ungeordnet. 19 Codices sind aufsteigend foliiert (Cod. 8949, 8950, 8951, 8952, 8954, 8955, 8956, 8957, 8958 , 8959, 8960, 8961 , 8963 , 8964, 8968, 8971, 8973, 8974 , 8975; der vermut-lich aus ursprünglich zwei eigenständigen Bänden bestehende Codex 8950 ist bis fol. 193 auf-steigend foliiert, dann beginnt erneut eine aufsteigende Zählung von fol. 1 bis fol. 204), sieben absteigend (Cod. 8962, 8965, 8966 , 8967, 8969, 8970, 8972) und einer gemischt (Cod. 8953 beginnt mit fol. 359, ist dann absteigend foliiert bis fol. 1, darauf folgt fol. 363 bis fol. 569 in aufsteigender Zählweise). Codex 8964 ist im Typoskript als rückwärts foliiert aufgelistet, wurde aber seitdem offenbar mit aufsteigender Foliierung neu gebunden und in dieser Form in die Liste aufgenommen, so dass bei diesem Codex Typoskript und digitale Liste nicht übereinstim-men. Auch bei den im Gesamten absteigend foliierten Codices wird innerhalb einer Zeitung aufsteigend gezählt (ζ. B.: C o d . 8962 , 1589: fol. 328 329 / 325 326 327 / 323 324 / 321 322 / 3 1 9 320). Letzteres System innerhalb der Zeitungen erschwert das Auffinden mancher Folien.

Für die folgenden Auswertungen wurden alle Zeitungen bandweise herangezogen, auch wenn sich mitunter einzelne Stücke anderer Jahrgänge darin befinden. So finden sich regelmä-ßig am Anfang eines Bandes einige Nachrichten des Vorjahres, die vermutlich erst nach dem Binden des Vorjahresbandes eingetroffen sind. Eine Ausnahme bildet der nur aus gesammelten Abschriften bestehende Codex 8949 , dessen Zeitungen sich über einen Zeitraum von sechs Jahren erstrecken, die jeweils fur sich ausgewertet wurden, um die Statistik nicht zu verfalschen. Ebenso wurde der vermutlich ursprünglich aus zwei Bänden bestehende Codex 8950 auf die Jahre 1575 und 1576 aufgeteilt. Darüber hinaus sind diesem Band zwölf Zeitungen des Jahres 1571 beigebunden, die dort berücksichtigt wurden. Der letzte Codex 8975 aus dem Jahr 1604 beinhaltet auch eine Zeitung des Jahres 1603 und drei Zeitungen des Jahres 1605, die aber aufgrund der geringen Anzahl nicht als eigenständige Jahrgänge behandelt wurden.

30 Vgl. B i r j n g e r , Fuggerzeitungen (2007) (wie AIIM. 19) 6.

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384 Anita Hipfinger und Josef Löffler

Analysen und Statistiken

Ausstellungsorte

Als sehr schwierig erweist sich die Lokalisierung der mit 417 überraschend zahlreichen verschiedenen Absendeorte, vor allem aufgrund der uneinheitlichen Schreibweise heute nicht mehr gebräuchlicher, deutscher oder latinisierter Versionen von Ortsnamen. Erschwert wird diese Aufgabe zudem dadurch, dass einige Orte nur selten oder sogar nur einmal aufscheinen, weshalb in diesem Rahmen nicht alle Orte (zumindest nicht eindeutig) identifiziert werden konnten. Erfasst wurde nur der Ausstellungsort einer Zeitung, Relationen, die einen solchen nicht explizit aufweisen, wurden dementsprechend als „o. O . " (ohne Ort) verzeichnet. Nach-richten ohne Herkunftsort am Briefumschlag oder in der Kopfzeile, deren Ausstellungsort sich nur durch den Inhalt erschließen lässt - häufig ist dies bei Vertragsabschlüssen der Fall - , wur-den nicht berücksichtigt und ebenfalls als o. O . gewertet; ebenso wurde bei Nachrichten, die einen Ort innerhalb des Textes aufweisen, verfahren. Im Zusammenhang mit den Ortsangaben gibt es auch die „Eigenheit" der Quelle, dass Zeitungen vereinzelt mehrere verschiedene Ab-sendeorte aufweisen, obwohl es sich dabei um nur ein Stück handelt und innerhalb des Textes Nachrichten nicht nach Ausstellungsorten voneinander zu trennen sind. In diesen Fällen wur-den im digitalen Verzeichnis beide Orte als Ausstellungsorte eingetragen, in den hier gebotenen Statistiken wurden diese Mehrfachdatierungen aber nicht berücksichtigt. Ebenso wurde mit Orten, die nicht eindeutig lokalisiert werden konnten, verfahren.

Jahrgänge

Anzahl der Zeitschriften

Grafik 1 : Anzahl der Zeitungen nach Jahrgängen

Die Anzahl der Zeitungen eines Jahrganges ist sehr unterschiedlich. Die ersten acht Jahr-gänge bis 1576 beinhalten je zwischen 150 und 250 Zeitungen, im folgenden Jahrzehnt steigt die Anzahl auf ungefähr das Doppelte. Mit dem Jahrgang 1588 beginnt ein rasanter Anstieg, der sich - zwar mit Unterbrechungen - fortsetzt, um im Jahr 1595 mit 946 Zeitungen den Höhepunkt zu erreichen. Danach fälle die Anzahl, bleibt aber bis 1601 auf hohem Niveau, der letzte Band 1604 (1605) enthält noch 408 Stück (vgl. Grafik 1).

Im Folgenden soll die Verteilung der Zeitungen der 25 am häufigsten vorkommenden Orte nach Jahrgängen genauer dargestellt werden.

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„Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme 385

Ort Anzahl in % Ort Anzahl in %

Antwerpen 2278 14,22 Hatvan 25 0,16 Rom 2149 13,41 Neapel 25 0,16 Venedig 2086 13,02 Siebenbürgen 24 0,15 Köln 2057 12,84 Warschau 24 0,15 Lyon 955 5,96 Leipzig 23 0,14 Wien 909 5,67 Sevilla 22 0,14 Prag 905 5,65 Pápa 21 0,13 Konstantinopel 271 1,69 Polen 21 0,13 Frankfurt 219 1,37 Karlstadt 20 0,12 Gran 203 1,27 Klausenburg 20 0,12 Paris 172 1,07 Nürnberg 20 0,12 Kaschau 166 1,04 Posen 20 0,12 Middelburg 165 1,03 Mailand 19 0,12 Straßburg 164 1,02 Mainz 18 0,11 Brüssel 115 0,72 Granada 17 0,11 Raab 113 0,71 Tokaj 17 0,11 Komorn 110 0,69 Waitzen 17 0,11 Weißenburg 103 0,64 Großpolen 15 0,09 Pressburg 79 0,49 St. Gallen 15 0,09 Madrid 78 0,49 Maastricht 14 0,09 Graz 73 0,46 Oberungarn 13 0,08 Amsterdam 72 0,45 Zadar 13 0,08 Regensburg 54 0,34 Altenburg 12 0,07 Genf 50 0,31 Erlau 12 0,07 Augsburg 49 0,31 Agram 10 0,06 Krakau 48 0,30 Bruck a. d. Lcitha 10 0,06 Genua 47 0,29 Freiburg im Breisgau 10 0,06 Danzig 46 0,29 Linz 10 0,06 Breslau 45 0,28 Ungarn 10 0,06 Hamburg 45 0,28 Lissabon 40 0,25 unter 10 Nennungen* 542 3,38 Ofen 40 0,25 nicht aufzulösen 253 1,58 London 38 0,24 o. O. 597 3,73 Kanizsa 36 0,22 mehrere Orte 33 0,21 Pilsen 32 0,20 Neuhäusel 31 0,19 Gesamt 16021 100 Ferrara 30 0,19 Speyer 26 0,16 * 258 O n e

Tabelle 1: Absendeorte nach Häufigkeit (über 10 Nennungen)

Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, unterscheidet sich die Anzahl der Zeitungen, die auf die verschiedenen Or te entfallen, signifikant: Die sieben am häufigsten genannten Absendeorte vereinen 70,78 % auf sich, wobei die vier häufigsten - Antwerpen, Rom, Venedig und Köln - ungefähr gleich, zwischen 14,22 % und 12,84 %, liegen, die folgenden drei — Lyon, Wien und Prag - liegen mit zwischen 5,65 % und 5,96 % ebenfalls fast gleichauf. Alle anderen

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386 Anita Hipfinger und Josef Löffler

Orte liegen unter 2 %. Die Zeitungen ohne Absendeort machen 3,73 % aus, nicht oder nicht sicher aufzulösen waren 1,58 % der Orte. Die Tabelle berücksichtigt nur Orte mit mehr als zehn Zeitungen; je neun Zeitungen liegen aus den Orten Großwardein, Nógrad und Salzburg vor, je sieben aus Korfu, Kotor, Messina, Metz, Schwabmünchen, Ungarisch Altenburg, Veszprém und Zengg, je sechs aus Dresden, Fontainebleau, München, Namur, Rheinhausen, Rimini, Schaffhausen und Ulm sowie je fünf aus den Absendeorten Den Haag, Fülek, Hagenau, Marseille, Petrinja und Spanien. Es folgen 16 Orte mit vier Nennungen, 26 Orte mit drei, 48 mit zwei und 143 Orte scheinen einmal auf, wobei hier einige sehr weit entfernte Absendeorte wie Mexiko, Indien oder das ebenfalls am indischen Subkontinent liegende Kochi hervorstechen. Bei einer tiefgreifenden Untersuchung würden sich die selten oder nur ein Mal vorkommenden Orte noch beträchtlich erweitern, da die in diesem Rahmen nicht auflös- oder lokalisierbaren Orte - es sind rund 92 Orte mit 253 Nennungen - allesamt in diese Kategorie fallen.

Jahrgänge

— — Antwerpen

Rom

- - - Venedig

• Köln

Lyon

Grafik 2: Anzahl der Zeitungen nach Jahrgängen aus Antwerpen, Rom, Venedig, Köln und Lyon

Die Zeitungen aus Antwerpen beginnen mit dem Jahr 1570. Nach anfänglich 23 Stück steigt die Anzahl in den folgenden Jahren leicht auf 40 im Jahr 1573. 1575 und 1576 gibt es nur zwei beziehungsweise vier Zeitungen, danach steigt die Zahl auf die Höchstwerte 129 und 130 in den Jahren 1579 und 1580. 1581 und 1582 gibt es nur weniger als 50 Zeitungen, da-nach sind es mit Ausnahme des Jahres 1604 immer mehr, wobei weitere sieben Jahrgänge mehr als 100 Zeitungen beinhalten. Die Jahre 1590 bis 1598 liegen stabil über 90. Datiert sind die Zeitungen aus Antwerpen regelmäßig auf Samstag.

Abgesehen von zwei Stücken 1568 und einem 1572 beginnt die Berichterstattung aus Köln erst mit dem Jahr 1578 mit 24 Stücken. Danach gibt es mit drei Ausnahmen (1581, 1589, 1604) immer mehr als 60 Zeitungen, sehr häufig zwischen 80 und 100. Das Jahr 1588 markiert mit 168 Stück den absoluten Spitzenwert aller Absendeorte. Die Zeitungen aus Köln sind sehr häufig auf einen Donnerstag datiert.

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„Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme 387

Die Anzahl der Zeitungen aus Rom und Venedig ist über die gesamte Zeitspanne nahezu identisch, bis 1586 gibt es in den meisten Jahren eine Zeitung pro Woche. Auffällig ist, dass es aus dem Jahr 1587 nur eine einzige Zeitung aus Venedig und keine aus Rom gibt. Danach steigt die Anzahl wieder erheblich an und verbleibt fast durchgehend auf dem hohen Niveau von 80 Stück, nicht selten deutlich darüber. Die Zeitungen aus Rom sind regelmäßig auf Sams-tag, jene aus Venedig auf Freitag datiert. Die Anzahl der Zeitungen aus Lyon stagniert bis 1584 auf unter 20, steigt ab 1586 an und verbleibt zwischen 1589 und 1595 auf über 50, um danach wieder etwas zu fallen und sich auf einem niedrigeren Niveau zu stabilisieren.

Grafik 3: Anzahl der Zeitungen nach Jahrgängen aus Wien, Prag, Konstantinopel, Frankfun und Gran

Wie aus Grafik 3 hervorgeht, gibt es bis 1592 nur drei Mal mehr als 20 Zeitungen aus Wien, in den meisten Jahren sind es zwischen zehn und 20 Stück, in sechs Jahrgängen sind es sogar nur drei oder weniger. Mit dem Beginn des Langen Turkenkrieges 1593 steigt die Be-richterstattung aus Wien stark an und erreicht 1595 mit 99 Zeitungen den Höchstwert. In den Folgejahren gibt es immer mindestens 45 Zeitungen, vier Mal deudich mehr.

Bis zum Einsetzen einer kontinuierlichen Berichterstattung aus Prag 1576 enthalten nur die Jahrgänge 1570 (4) und 1575 (16) Nachrichten aus der Stadt an der Moldau. Ab 1578 kommt es zu einem Anstieg, der 1579 mit 58 Zeitungen einen Höhepunkt erreicht. Danach fällt die Anzahl wieder, 1582 und 1583 gibt es überhaupt keine Prager Zeitungen, in den drei Jahren danach immer weniger als zehn. Die Verlegung des Kaiserhofes nach Prag 1583 hatte also keinen merkbaren Einfluss auf die Berichterstattung nach Augsburg. 1587 steigen die Nachrichten aus Prag sprunghaft an. Der Grund dafür ist die ausfuhrliche Berichterstattung über die Auseinandersetzung um den polnischen Thron zwischen Erzherzog Maximilian III. und Sigismund Wasa nach dem Tod Stephan Báthorys31. Nach einem leichten Rückgang 1590 und 1591 bewegt sich die Anzahl der Zeitungen relativ stabil um 50.

Die Berichterstattung aus Konstantinopel ist besonders ausgeprägt zwischen 1585 und 1592, nach dem Ausbruch des Türkenkrieges gibt es, ebenso wie vor der Phase intensiverer Berichterstattung, nur vereinzelt Nachrichten. Aus Frankfurt stammen in den Jahren 1583 bis

" B i r inger , Fuggerzeitungen (2007) (wie Anm. 19) 6.

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388 Anita Hipfinger und Josef Löffler

1584, 1588 bis 1593 und 1599 mehr als zehn Zeitungen, wobei insbesondere das Jahr 1591 mit 44 Stück auffällig ist. Der Nachrichtenfluss aus Gran steht of fenkundig in einem engen Zu-sammenhang mit den Ereignissen im Türkenkrieg, mit dessen Beginn die Berichterstattung erst einsetzt. Im Jahr 1595 haben viele Nachrichten den Vermerk Auf dem veldläger vor Graan'-.

J ahrgänge

Paris

—* — Kascbau

Middelburg

— ™ Straß bürg

Brüssel

Grafik 4: Anzahl der Zeitungen nach Jahrgängen aus Paris, Kaschau, Middelburg, Straßburg und Brüssel

Aus Paris gibt es bis 1580 mit Ausnahme der Jahre 1571 und 1579 regelmäßig Nachrich-ten, häufig sind es in etwa fünf Stück. Zwischen 1581 und 1586 ist mit einer Ausnahme ein Anstieg auf über zehn Stück zu verzeichnen, der 1585 den Höhepunkt mit 23 Stück erreicht. Danach fällt die Anzahl mit Ausnahme der jeweils zehn Stück der Jahre 1589 und 1590 wieder auf das Niveau vor dem Anstieg. Bei den anderen Absendeorten in Graf ik 4 fällt auf, dass die Verteilung sehr unregelmäßig ist, der Berichterstattung also eher singulare Ereignisse zu G r u n d liegen. Die Berichterstattung aus Kaschau beginnt 1585, wird aber erst 1592 in der Vorpha-se des Türkenkrieges ausführlicher. Danach gibt es durchgehend Zeitungen, 1596 und 1598 sogar 28 beziehungsweise 24 Stück. Die Nachrichten aus Midde lburg konzentrieren sich zum größten Teil auf die Jahre 1588 /1589 und 1 5 9 1 / 1 5 9 2 , jene aus Brüssel au f 1597, 1598 und 1600. Es ist naheliegend, diese Konzentration mit Ereignissen während des Achtzigjährigen Krieges in Zusammenhang zu bringen. A m ehesten kann noch bei Straßburg von regelmäßiger Berichterstattung gesprochen werden. Von den 19 Jahrgängen bis 1588 enthalten elf Bände Zeitungen aus dieser Stadt, allerdings nur drei Mal mehr als fünf. Zwischen 1589 und 1593 steigt die Anzahl beträchtlich an, insbesondere das Jahr 1592 sticht mit 4 7 Stück hervor. Nach 1594 gibt es insgesamt nur noch drei Stück.

Wie aus Grafik 5 hervorgeht, gibt es aus Madr id meistens zwischen null und fünf Berichte, nur in den Jahrgängen 1569 und 1570 gibt es neun beziehungsweise zehn. Von den elf Jahr-gängen, die keine Zeitungen aus Madr id enthalten, befinden sich die meisten a m Ende des Zeitraums. Die Verteilung der Anzahl der Zeitungen aus den anderen Orten in Grafik 5 steht wieder in einem engen Zusammenhang mit den Ereignissen im Türkenkrieg. Von einzelnen Jahrgängen abgesehen, beginnt bei diesen vier Orten die Berichterstattung erst ab dem Jahr

32 ÖNB, Cod. 8968, fol. 686', Nachricht (Deutsch), 19. August 1595.

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•Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme 3 8 9

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Grafik 5: Anzahl der Zeitungen nach Jahrgängen aus Raab, Komorn, Weißenburg, Pressburg und Madrid

1593. Besonders viele Zeitungen gibt es 1594 aus Raab, das Ende September dieses Jahres vom Kommandanten der Festung, Ferdinand Graf von Hardegg, an die Osmanen übergeben wurde. Von den meist starken Jahrgängen in den ersten Jahren nach dem Beginn des Langen Türkenkrieges aus diesen vier Städten sind insbesondere die 38 Zeitungen des Jahres 1596 aus Weißenburg (Alba lulia) bemerkenswert.

J a h r g ä n g e

Amsterdam

Graz

- - - Regensburg

• - G e n f

Augsburg

Grafik 6 : Anzahl der Zeitungen nach Jahrgängen aus Amsterdam, Graz, Genf, Regensburg und Augsburg

Die in Grafik 6 dargestellten Absendeorte, die in der Häufigkeit der Orte an 21. bis 25. Stelle liegen, weisen keine Regelmäßigkeit in der Berichterstattung auf, einzelne starke Jahr-gänge dürften auf besondere Ereignisse zurückzufuhren sein. So treten im Fall Regensburg be-

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390 Anita Hipfinger und Josef Löffler

sonders die Jahrgänge 1576 und 1594 hervor, in denen jeweils Reichstage zwecks Bewill igung von Reichstürkenhilfen stattfanden. Die Berichterstattung aus Graz steht wiederum in engem Zusammenhang mit dem Tìirkenkrieg, bei Amsterdam ist besonders das Jahr 1599 ausgeprägt. Insgesamt lässt sich festhalten, dass es nur aus wenigen Städten über einen längeren Zeitraum regelmäßige Berichterstattung gab, darunter sind die sieben am häufigsten vorkommenden Absendeorte, die sich auch in der Gesamtzahl deutlich abheben, wenn auch bei diesen, wie das Beispiel Wien zeigt, die Anzahl von politischen Gegebenheiten stark beeinflusst ist. Darüber hinaus kann noch bei den europäischen Residenzstädten, wie zum Beispiel Paris oder Madrid, von einer gewissen Regelmäßigkeit auf geringem Niveau ausgegangen werden. Berücksichtigt man die Gesamtsteigerung der Anzahl der Zeitungen (vgl. Grafik 1), so ist mit Ausnahme des Totalausfalles des Jahres 1571 die Nachrichtenverbindung von Rom und Venedig am konstan-testen. Auch bei den hier nicht mehr im Detail dargestellten Hafenstädten, wie Sevilla oder Lissabon, bei denen eine regelmäßige Berichterstattung über Warenverzeichnisse e inkommen-der Schiffe oder Berichte über die spanische Silberflotte vermutet werden könnte, sind die Zeitungen auf wenige Jahre konzentriert.

Sprache

Die Fuggerzeitungen bestehen vorwiegend (rund 82 % ) aus deutschsprachigen Relationen (vgl. Grafik 7). 13.136 der insgesamt 16.021 Mittei lungen wurden in Deutsch verfasst, bezie-hungsweise teilweise auch ins Deutsche übersetzt. Ubersetzungen lassen sich bei keiner Spra-che mit Sicherheit feststellen, da sie nur gelegentlich explizit als solche ausgewiesen wurden" , Kopien offizieller Dokumente (Briefe, Befehle, Erlässe etc.) sind allerdings über das Original in ihrer ursprünglichen Sprache zu erschließen. An zweiter Stelle der Häufigkeitsverteilung der Sprachen folgen italienische Texte (2 .680 Stück), das entspricht einem Anteil von etwa 17 %. Weitaus geringer fallen die Zahlen für französische (91), spanische (56) und lateinische (52) Zeitungen aus. Flämische und lateinisch-deutsche Zeitungen bilden mit je drei Ausgaben eine kleine Minderheit .

Grafik 7: Anzahl der Zeitungen nach Sprachen über den gesamten Zeitraum

33 Vgl. etwa Cod. 8963, fol. 743': Translation des sultanischen beveUh an den bassa zu Ofen unnd andere gränitz beglerbeghen wegen deßprorogierten fridens, sowie Cod. 8964, fol. 432': Traduction d'une lettre enuoyee à la reyne d'Angleterre par son ambassadeur surprise prest de Mouy par la garnison du Havre de grace.

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,Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme 391

Die Grafiken 8 und 9 veranschaulichen die Anzahl an Mittei lungen, die pro Sprache und Jahr nach Augsburg gesandt wurden. Dominierend sind in den Jahren 1568-1573 zunächst die überwiegend aus Rom und Venedig stammenden italienischen Nachrichten (vgl. Grafiken 2 und 8) mit bis zu 169 Stück im Jahr 1572. Der zweite Band - die Jahrgänge 1575 und 1576 - enthält abgesehen von zwei lateinischen nur italienische Zeitungen hauptsächlich aus Rom und Venedig, dahinter folgen mit einigem Abstand Wien, Lyon und Regensburg. Mit 170 und 160 Zeitungen*'1 zählen die beiden Jahre jedoch auch zu den schwächsten aller Jahrgänge. Ab 1578 beginnt der Anteil der italienischen Nachrichten leicht zu sinken, um zwischen 1581 und 1586 bei knapp über 100 Stück im Jahr zu stagnieren. Danach nehmen sie weiter ab, nur 1601 überschreiten sie, einhergehend mit einer gesteigerten Berichterstattung aus Rom und Venedig, nochmals die 100-Stück-Grenze.

Die deutschsprachigen Manuskripte bewegen sich in den ersten sechs Jahren zwischen 24 und 85 Stück und steigen ab 1578 erstmals auf über 200 Stück pro Jahrgang. Ein signifikanter Anstieg setzt 1588 mit einem Sprung um mehr als die Hälfte der Anzahl des Vorjahres auf 652 Stück ein - eine Steigerung, die mit dem oben erwähnten Spitzenwert des Absendeorts Köln (168), einer gehäuften Berichterstattung aus den Städten Antwerpen (130) und Middelburg (46), aus denen nahezu ausschließlich deutschsprachige Relationen stammten, sowie aus Prag (51) zusammenfallt . In den Folgejahren legen die Zeitungen dieser Sprachgruppe, abgesehen von zwei leichten Einbrüchen 1589 und 1593, in den Jahren 1592 mit 860 und 1594 mit 834 Stück weiter zu. Schließlich ist 1595 mit 929 Zeitungen der höchste W e n einer Sprache pro Band erreicht, während parallel dazu die anderen Sprachen immer mehr in den Hintergrund treten und 1596 zwei italienische Zeitungen 868 deutschen gegenüberstehen. Dieses (Miss-) Verhältnis und die Progression der letztgenannten Gruppe lassen sich wohl im Zusammenhang mit den zunehmenden Berichten aus bestimmten Städten beziehungsweise vor dem Hinter-grund der oben genannten politischen Ereignissen erklären.

Die Jahrgänge danach sind gekennzeichnet von einem kontinuierlichen Rückgang der Ge-samtzahl an Zeitungen und in Relation dazu auch der deutschen Mittei lungen, so dass der letzte Band nur noch aus 408 Manuskripten, alle deutschsprachig, besteht.

34 Die 12 italienischen Zeitungen des Jahres 1571 sind bei dieser Zählung nicht berücksichtigt.

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392 Anita Hipfinger und Josef Löffler

Für die weit zurückfallenden anderen Sprachen ist eine Darstel lung o h n e Berücksicht igung der deutschen und italienischen Relationen anschaulicher. In Graf ik 9 ist ersichtlich, dass die Jahre 1 5 6 8 - 1 5 7 0 ein relativ hoher Anteil an spanischen Relat ionen - insgesamt sind 3 4 Stück überliefert - kennzeichnet, während danach nur noch in den Jahren 1 5 7 9 , 1 5 8 2 und 1 5 9 0 mehr als zwei Zuschriften vorliegen. Einen höheren Gesamtantei l als die spanischen verzeich-nen die französischen Zeitungen, die ihren Höchststand 1 5 7 8 und 1 5 7 9 (jeweils 3 3 Stück) erreichen, danach aber die 10-Stück-Grenze nicht mehr überschreiten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass viele französische Nachr ichten aus Antwerpen, Brüs-sel und Flandern und nicht aus Frankreich gesendet wurden. Relat ionen aus Paris oder Lyon sind dagegen ausschließlich in Deutsch oder Italienisch verfasst. D i e Sprache einer Z e i t u n g korreliert demnach nicht unbedingt mit ihrem Herkunftsort , wie auch die Beispiele W i e n und Prag zeigen. 7 9 7 Relationen aus der Stadt an der Moldau wurden in Deutsch verfasst, der Rest ( 1 0 8 Stück) besteht aus italienischen Zeitungen, die zwischen 1 5 7 0 und 1 5 8 4 (später noch eine im Jahr 1 5 9 1 ) versendet wurden. Ahnlich verhält es sich mit den Zeitungen aus W i e n , die sich aus 8 2 6 deutschen, 8 2 italienischen, verfasst in den Jahren 1 5 6 8 bis 1 5 8 3 , und einer lateinischen Nachricht aus 1 5 7 6 zusammensetzen.

Die lateinischen Relationen stechen weder durch höhere Antei le innerhalb eines Jahrgan-ges hervor - ihr höchster Wert liegt bei sieben Stück im Jahr 1 5 9 5 - noch durch einen be-st immten Absendeort. Letztere divergieren in diesem Fall sehr, so wurden lateinische Schreiben in R o m , Köln und W i e n ebenso wie in Konstantinopel oder S iebenbürgen verfasst. D i e beiden restlichen Sprachen treten nur marginal auf: Flämisch 1 5 7 8 und 1 5 8 0 (aus den Niederlanden) , Latein/Deutsch in den Jahren 1 5 6 9 , 1 5 7 8 und 1 5 9 2 (davon steht nur Brüssel als einer der Absendeorte mit Sicherheit fest).

Jahrgänge

Grafik 9: Anzahl der Zeitungen ohne deutsche und italienische Texte nach Jahrgängen

A u s b l i c k

Die vorliegenden Ergebnisse repräsentieren eine Auswertung des Bestandes der W i e n e r Fuggerzeitungen, entstanden in Folge der Erstellung eines on l ine zugänglichen, e lektronischen Bestandsverzeichnisses. Die Darstellung der Daten in Form von Häufigkeitsverteilungen nach Absendeorten und Sprachen pro Jahrgang veranschaulicht nicht nur die Struktur des i m m e n s e n

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,Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme 393

Bestands an handschrift l ichen Nachrichten, vielmehr lassen sich auch Zusammenhänge zwi-schen historischen Ereignissen und der eingehenden Nachrichten zu best immten Zei tpunkten einfacher nachvollziehen. Die gewonnenen Daten sollen nicht zuletzt Forscher verschiedenster historischer Disziplinen zu weiteren Fragestellungen und Interpretationen animieren. Inhalt-lich bietet sich die Nachr ichtensammlung vor allem für politische, wirtschaftliche und kultu-relle Untersuchungen sowie für Studien über das Nachrichten- und Informationsnetz Europas und darüber hinaus zwischen 1568 und 1605 an. Gedacht sei hier unter anderem an Studien über den tatsächlichen Einfluss der mittels der Zeitungen gewonnenen Informationen auf die Handelspolit ik der Fugger beziehungsweise generell über die Zusammenhänge zwischen dem Fernhandel, dem Verkehrswesen und der Entwicklung der Postverbindungen.

Für eine systematische Auswertung der Quelle wäre zweifellos eine Volltext-Edition der Fuggerzeitungen wünschenswert. Ein solches Unternehmen würde freilich eine Herausforde-rung hinsichtlich personeller und finanzieller Ressourcen bedeuten, auch gäbe es dabei eine Reihe von Besonderheiten der Quelle zu berücksichtigen, dennoch würde eine Edition die europäische Geschichtsforschung in mannigfaltiger Hinsicht bereichern. Die Möglichkeiten der neuen Medientechnologien sollten dabei nicht nur die Edition und die Erstellung von Registern und Indizes beschleunigen, sondern durch die Vorteile einer Publikation mittels Da-tenbanken im Internet auch die Auswertungsoptionen erheblich erweitern.

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394 Anita Hipfinger und Josef Löffler

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„Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme

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„Die Wiener Fugger-Zeitungen" - Eine Bestandsaufnahme 397

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