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Klimaänderung und Wasserkraft Fallstudie Kraftwerke Oberhasli AG Foto: R. Bösch, 2002; Copyright: Kraftwerke Oberhasli (KWO). Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft Birmensdorf, August 2011

Klimaänderung und Wasserkraft - hydrologie.unibe.ch und Wasserkraft... · 1 In der Hydrologie oft verwendetes Gütemass In den meisten Teileinzugsgebieten simuliert das Modell die

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Klimaänderung und

Wasserkraft

Fallstudie Kraftwerke Oberhasli AG

Foto: R. Bösch, 2002; Copyright: Kraftwerke Oberhasli (KWO).

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft

Birmensdorf, August 2011

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In Kürze …

Wie wird sich die Klimaänderung auf die

Wasserverfügbarkeit und die Zuflüsse zu den

Stauseen auswirken, und was bedeutet das

konkret für den Betrieb und den Umsatz der

Wasserkraft-Gesellschaften?

Diese Frage wurde am Beispiel der Kraftwerke

Oberhasli (BE) basierend auf den aktuellsten

Klima- und Gletscherszenarien und mit Hilfe des

hydrologischen Modells PREVAH untersucht.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Mächtigkeit

der Schneedecke im gesamten KWO-Gebiet im

Verlauf des Jahrhunderts mehr als halbieren

wird. Infolge der zeitlichen Vorverschiebung der

Schneeschmelze wird die wasserarme Zeit

länger. Die mittlere jährliche Abflussmenge

dürfte leicht abnehmen (3%±3% für den

Zeitraum 2021-50; 7%±6% für den Zeitraum

2070-99). Die zur Zeit stark vergletscherten

Teileinzugsgebiete (Oberaar, Stein) dürften bis

zum Ende des Jahrhunderts kaum eine Abnahme

des natürlichen Abflusses erfahren. In

Teileinzugsgebieten mit grossen

Gletscherrückgängen in diesem Zeitraum (wie

z.B. Gelmer und Grueben) sind die grössten

Abnahmen zu erwarten.

Für die Kraftwerke Oberhasli AG bedeutet dies

einerseits einen leichten Rückgang des

Umsatzes – allerdings mit einer grossen

Unsicherheitsbandbreite. Simulationen mit einer

Kraftwerksoptimierungs-Software zeigen, dass

diese Abnahme mit einem Speicherausbau

teilweise kompensiert werden könnte.

Anderseits haben diese hydrologischen

Änderungen Auswirkungen auf die

Revisionsplanung und verursachen – eventuell –

Zusatzaufwendungen durch veränderten

Geschiebetransport.

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Über das Projekt

Die prognostizierte Klimaänderung wird einen

bedeutenden Einfluss auf Schneedecke und

Gletscher, und somit auf die Wasserressourcen

in den Einzugsgebieten der Wasserkraftwerke

haben.

Wie gross diese Änderung in der

Wasserverfügbarkeit für die

Wasserkraftproduktion sein wird und wie genau

sich die Zuflüsse zu den Reservoirs zeitlich

(saisonal) und mengenmässig verändern

werden, ist bisher nur in Einzelfällen untersucht

worden (Beispiel: Mauvoisin).

Mit dem Ziel, diesbezüglich für die ganze

Schweiz verbesserte Aussagen machen zu

können, hat die Swiss Electric Research

zusammen mit dem Bundesamt für Energie im

2008 die vorliegende Studie in Auftrag gegeben.

Dabei sollen die hydrologischen Auswirkungen

der Klimaänderung für die Wasserkraft in der

Schweiz räumlich differenziert unter Einbezug

der aktuellsten Vorhersagemodelle abgeschätzt

werden.

Neben einer generellen Analyse der zu

erwartenden hydrologischen Veränderungen in

ca. 20 natürlichen Einzugsgebieten der Schweiz

mit unterschiedlichen topographischen,

geologischen und klimatologischen

Voraussetzungen untersucht diese Studie sechs

ausgewählte Fallbeispiele im Detail. In diesen

Fallbeispielen werden für die Zeiträume 2021-50

(nahe Zukunft), resp. 2070-99 (ferne Zukunft)

die lokalen meteorologischen Veränderungen

und die daraus resultierenden Änderungen in

der Vergletscherung, der Schneedecke und im

Abfluss simuliert. Abschliessend wird von den

betroffenen Kraftwerkbetreibern die Bedeutung

dieser hydrologischen Änderungen für ihre

Stromproduktion abgeschätzt.

Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse der

Fallstudie „KW Oberhasli AG“ zusammen. Die

folgenden Gruppen haben hierzu beigetragen:

Institut für Atmosphäre und Klima der ETH

Zürich (klimatologisches Downscaling),

Geographisches Institut der Uni Zürich

(Gletschermodellierung), Versuchsanstalt für

Wasserbau der ETH Zürich

(Gletschermodellierung), Eidg.

Forschungsanstalt WSL (Schneedecken und

Abflussmodellierung), sowie KWO / BKW

(betriebliche Analysen).

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Allgemeine Datengrundlagen

Für die Fallstudie „KWO“ wurden folgende Daten

verwendet:

a) Digitales Geländemodell RIMINI (Arealstatistik,

Bundesamt für Statistik) mit einer räumlichen

Auflösung von 100 m.

b) Landnutzung – aggregiert in ca. 12 hydrologische

Klassen – mit einer räumlichen Auflösung von 100 m,

basierend auf der Areal-Statistik des Bundamts für

Statistik (GEOSTAT), 1992/97.

c) Meteorologische Messungen (Stundenwerte;

Zeitraum: 1980-2009) der MeteoSchweiz-Stationen,

welche für das Berner Oberland relevant sind.

Wichtige Stationen sind Brienz, Grimsel Hospiz, Titlis,

und Guetsch-Andermatt. Für die hydrologische

Modellierung wurden folgende meteorologische

Messgrössen verwendet: Lufttemperatur, Relative

Feuchte, Globalstrahlung, Niederschlag und

Windgeschwindigkeit.

d) Als Grundlage für die Gletscherentwicklung dient

das World Glacier Inventory: Stand 1973. Dieses

wurde als initiale Gletscherfläche für die Simulation

(1985) verwendet und dann kontinuierlich mit dem

Schrumpfmodell von Paul et al. (2007) angepasst

(siehe Seite 4). Die Rastergrösse des ursprünglichen

Gletscherinventars ist 25 m. Für unsere Modellierung

wird sie auf 200 m aggregiert.

e) Schneemessungen des Interkantonalen Mess- und

Informationssystems IMIS, sowie Beobachter-

Schneedaten des SLF Davos

f) Abfluss-Messungen (Schätzungen) der KW

Oberhasli AG für 11 Teileinzugsgebiete (Tageswerte,

Zeitraum 1980-2009)

Abb. 1: Karte des KWO-Einzugsgebiets und Umgebung. Die wichtigsten meteorologischen Stationen (gelb) und KWO-

Abflussmessstationen (blau) sind markiert.

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Modellierungsstrategie

Die Ergebnisse dieser Fallstudie basieren auf regionalen Klimamodelldaten des europäischen Projektes ENSEMBLES,

welche alle vom Emissionsszenario A1B (moderate Erwärmung) ausgehen. Diese umfassen zehn verschiedene

Modellketten von Globalen Zirkulationsmodellen (GCM) und Regionalen Klimamodellen (RCM) und widerspiegeln

die Unsicherheits-Bandbreite der Klimamodelle.

Um die erwarteten lokalen Klimaänderungen für das Untersuchungsgebiet abzubilden, wurden für alle

MeteoSchweiz-Messstellen Jahresgänge der Temperatur-

und Niederschlagsänderung für die Zeiträume 2021-2050

(nahe Zukunft) und 2070-2099 (ferne Zukunft) relativ zur

Kontrollperiode 1980-2009 berechnet. Diese statistische

Down-scaling Methode heisst Delta-change-Ansatz (Abb. 2;

Bosshard et al., in prep.).

Für die Abflussberechnung wurde die neue Gitterversion des hydrologischen Modells PREVAH (Viviroli et al., 2009a.)

für das ganze Einzugsgebiet mit regionalisierten Parameter

von Viviroli et al. (2009b und 2009v) aufgesetzt. Anhand

von gemessenen Abflussdaten der KW Oberhasli AG

wurden die Modellparameter optimiert. Danach wurden

für die Kontrollperiode 1980-2009 in täglicher Auflösung

folgende hydrologischen Grössen berechnet: Niederschlag, Verdunstung, Schneewasserwert, Eis- und

Schneeschmelze, Bodenwasserspeicher und Abfluss. Dazu wurden die gemessenen meteorologischen Grössen der

nahegelegenen Meteoschweiz-Stationen über das

Einzugsgebiet hinweg interpoliert.

Für die beiden Zukunftsszenarien wurden die

Modellparameter unverändert wie bei der

Kontrollsimulation beibehalten. Die meteorologischen

Messwerte der Kontrollperiode wurden stationsweise mit

den prognostizierten täglichen Änderungen (Delta change) korrigiert. Somit entstanden zwei neue 30-jährige

Zeitreihen mit ähnlicher Variabilität, wie sie in der Kontrollperiode beobachtet worden war, aber mit den

erwarteten Zukunftstrends.

Bezüglich Vergletscherung wurden für die beiden

Zukunftsszenarien der Ausgangszustand von 1985 mit

einem Schrumpfmodell von Paul et al. (2007) in 5-Jahres-

Schritten kontinuierlich reduziert. Das Modell basiert auf

der einfachen Annahme, dass die Gleichgewichtslinie

(GWL) entsprechend der Lufttemperaturerhöhung mit

einer Reaktionszeit von 50 Jahren ansteigt. Dadurch wird

das Akkumulationsgebiet des Gletschers kleiner.

Abschliessend wurden die durch das hydrologische Modell PREVAH berechneten Abflüsse in den 11 untersuchten

Teileinzugsgebieten auf die Einzugsgebiete der Fassungen der KWO umgelegt. Mit einer Kraftwerksoptimierungs-

software wurde pro Klimamodell-Kette die ertragsopti-

mierte Fahrweise für die Jahre 2009 (Referenzperiode),

2050 und 2099 ermittelt. Die Simulation wurde einerseits

mit einem Modell der KWO in heutigem Zustand und

andererseits nach einen Totalausbau der KWOplus

Projekte durchgeführt.

Abb. 2: Darstellung der Modellierungskette von den Klimamodellen (GCM) bis hin zum hydrologischen Modell

(PREVAH) nach Bosshard und anderen (2010).

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Beschreibung des Einzugsgebiets

Das Einzugsgebiet der KWO erstreckt sich von

Innertkirchen (Kanton Bern; 630 m.ü.M.) hinauf bis zum Finsteraarhorn (4’274m.ü.M.) und umfasst eine Fläche von

450 km2. Grosse Teile der Landschaft weisen alpinen

Charakter auf, mit vergletscherten Gebieten in höheren

Lagen (Unteraar-, Oberaar-, Triftgletschter etc.; Foto 1).

Die vergletscherte Fläche (Stand 1995) beträgt 81.4 km2,

was einem Anteil von 18% am Gesamtgebiet entspricht.

Messungen, resp. Schätzungen des gesamten Eisvolumens liegen nicht vor. Unterhalb der nivalen Höhenstufe sind

vom Gletscher geschliffene Felsoberflächen und flachgründige Böden mit einfacher Vegetation verbreitet,

welche zu einer insgesamt geringen Wasserspeicher-kapazität führen.

Der geologische Untergrund setzt sich im Wesentlichen aus

den Graniten und Gneisen des Aarmassivs zusammen.

Nördlich des Gadmertals sind zudem Sedimente der

helvetischen Decken aufgeschlossen.

Gemittelt über das Gebiet fallen pro Jahr im Durchschnitt

2170 mm Niederschlag (Periode 1980-2009). Diese Summe

scheint relativ hoch, wenn man sie mit den

Jahresniederschlägen an den Stationen Guttannen (1614 mm) oder Meiringen (1351 mm) vergleicht. Die Station

Grimsel-Hospiz (2094 mm) bestätigt aber den starken

Foto 1: Einzugsgebiet Trift, KWO (Foto: Robert Bösch)

Niederschlagsgradienten mit der Höhe (von ca. 5% pro 100

m). Dieser ist auch mit verschiedenen ausführlichen

Studien in einem benachbarten Gebiet von Kormann

(2009), Farinotti u.a. (2011) und Magnusson u.a. (2011) gut

belegt. Somit ergibt sich für das gesamte Einzugsgebiet ein Jahresvolumen von knapp 1000 Mio. m

3 Wasser.

Demgegenüber hat die KW Oberhasli AG einen Jahresniederschlag von 700 Mio. m

3 berechnet (Quelle:

grimselstrom.ch).

Für diese Studie wurde das gesamte KWO-Gebiet in elf

Teileinzugsgebiete unterteilt. Vier davon sind nur zu einem

geringen Anteil vergletschert: Haslital, Gadmen, Ürbach

und Gental. Die Teileinzugsgebiete mit dem aktuell

grössten Gletscheranteil sind Trift und Gauli (Tabelle 2).

Beschreibung der Kraftwerkanlage

Seit der Inbetriebnahme des Kraftwerks Handeck 1 im

Jahre 1932 wurden die Anlagen in mehreren Bauetappen

ausgebaut und erneuert (www.grimselstrom.ch). Abb. 3

zeigt die gegenwärtige Situation mit neun Kraftwerken, acht Speicherseen sowie den dazugehörigen

Verbindungsstollen. Die Speicherseen bieten gesamthaft

Platz für 195 Mio m3 Wasser, was 20 Prozent des jährlichen

Gebietsniederschlags entspricht. Die auf die verschiedenen

Kraftwerke verteilten 26 Turbinen produzieren eine

jährliche Gesamtenergie von 2350GWh bei einer

durchschnittlichen Leistung von 1150MW.

Abb. 3: Übersichtskarte mit den Reservoiren, Zuleitungen

und Teileinzugsgebieten der KWO.

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Ergebnisse Klimaszenarien für die Region

An allen Temperatur- und

Niederschlagsmesssationen der MeteoSchweiz

wurden Jahresgänge des Klimaänderungssignals für

Temperatur (T) und Niederschlag (P) gemäss 10

GCM-RCM Modellketten für die Szenarioperioden

2021-2050 (nahe Zukunft) und 2070-2099 (ferne

Zukunft) relativ zur Kontrollperiode 1980-2009

berechnet. Abb. 4 zeigt exemplarisch den Jahresgang

der Änderungssignale von T und P für die Station

Grimsel Hospiz. Gemäss den verwendeten GCM-RCM

Modellketten steigt die Temperatur am stärksten im

Sommer und über dem Alpenbogen an. Für den

Zeitraum 2021-50 liegt der Temperaturanstieg bei

1.7°C [0.8-3.2°C] und für den Zeitraum 2070-99 bei

4.5°C [2-6.5°C]. Die Unsicherheit der

Modellprojektionen ist ebenfalls im Sommer am

grössten.

Die projizierten Veränderungen liegen deutlich

ausserhalb der natürlichen Variabilität (siehe graue

Fläche in Abb. 4).

Das heisst, das Temperaturänderungssignal kann

trotz der grossen Unterschiede zwischen den

Modellen nicht alleine durch die natürliche

Variabilität erklärt werden und ist als robust zu

betrachten.

Der Niederschlag weist gemäss den

Modellrechnungen kein deutliches Signal für den

Zeitraum 2021-50 auf. Für den Zeitraum 2070-99

zeigt das Modellensemble übereinstimmend eine

deutliche Niederschlagsabnahme im Sommer,

welche grösser als die natürliche Variabilität ist. Im

restlichen Jahr ist eine leichte Zunahme des

Niederschlages zu sehen. Diese Zunahme liegt jedoch

bei den meisten Modellketten noch innerhalb der

natürlichen Variabilität. Für den gesamten

Jahresniederschlag im KWO-Gebiet heisst das im

Durchschnitt keine Änderung für den Zeitraum 2021-

50, resp. eine leichte Abnahme (-3%) für den

Zeitraum 2070-99.

Ausführliche Angaben zu diesen Klimaszenarien sind

verfügbar unter: www.c2sm.ethz.ch/services/CH2011

Abb. 4: Jahresgang des Klimaänderungssignals der Temperatur (ΔT, links) und des Niederschlages (ΔP, rechts) an der Station

Grimsel Hospiz für den Zeitraum 2021-50 (oben) und 2070-99 (unten) Zukunft relativ zur Kontrollperiode 1980-2009. Die

Änderungssignale basieren auf 10 GCM-RCM Läufen des ENSEMBLES Projekts.

Das graue Band bezeichnet den Bereich von +/- 1 Standardabweichung der natürlichen Variabilität, bestimmt mittels Resampling

der beobachteten Messreihen.

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Validierung des hydrologischen Modells

Wie gut kann das hydrologische Modell PREVAH die

aktuelle hydrologische Situation des KWO-Gebiets

abbilden?

Für den Zeitraum 1980-2009 können wir die

Modellsimulation anhand von Abfluss-Messungen

der Kraftwerke Oberhasli AG, sowie

Schneeprodukten des SLF überprüfen.

Im grossen und ganzen weist das Modell eine gute

bis sehr gute Übereinstimmung mit den Schnee- und

Abflussmessungen auf (Abb. 5). Die saisonalen

Schwankungen, aber auch die Unterschiede zwischen

wasserarmen und wasserreichen Jahren werden

realistisch widergegeben. Der Nash-Sutcliffe-

coefficient1 für den Abfluss aus den einzelnen

Teileinzugsgebieten liegt zwischen 0.76 und 0.83,

was dem Modell eine sehr gute Leistung attestiert.

Die beste Übereinstimmung erhalten wir für die stark

vergletscherten Teileinzugsgebiete "Gauli" und

"Grimsel". Die verfügbaren Abflussmessungen der

KWO für die anderen Teilgebiete weisen auf starke

Beeinflussung durch den Betrieb hin (z.B. negative

Zuflüsse). Bei wenig oder nicht vergletscherten

Teileinzugsgebieten überschätzt das Modell die

Abflusspitzen in Sommer.

1 In der Hydrologie oft verwendetes Gütemass

In den meisten Teileinzugsgebieten simuliert das

Modell die jährliche Abflussmenge mit einer

Genauigkeit von +/- 4%. Hier gilt zu berücksichtigen,

dass bereits beim Niederschlagsinput ins Modell eine

grosse Unsicherheit herrscht. Bei der räumlichen

Interpolation der wenigen

Niederschlagsmessstationen gehen wir von einer

Unsicherheit in der gleichen Grössenordnung aus. Bei

der Kalibrierung des Modells wird ein Parameter

angepasst, so dass die simulierten Abflussvolumina

so nah wie möglich an der Beobachtung liegen.

Ein Vergleich mit einem kürzlich entwickelten

Schneeprodukte des SLF, das sämtliche verfügbaren

Schneeinformationen seit 1979 optimal räumlich und

zeitlich interpoliert, deutet auf eine sehr

befriedigende Simulation der Schneedecke im KWO-

Gebiet hin. Wir können das mit einem Vergleich

zwischen dem SLF-Produkt und unserer Simulation

für die Thunersee-Region (Teilgebiete oberhalb 1500

m ü.M.) veranschaulichen (Abb 6). Schneearme (z.B.

1990 und 1996) und schneereiche (z.B. 1982 und

1999) Winter werden gut differenziert. Der

simulierte jährliche maximale SWE-Wert passt gut

zum SLF-Produkt – besonders nach 2000.

Abb. 6: Simulierter (schwarz) und beobachteter (farbig) mittlerer Schneewasserwert der Thunersee-Region (oberhalb 1‘500 m ü.M.) für den Zeitraum 1979-2009. (Grün: Interpolation aus 110 SLF-Messstationen, Rot: 133 SLF-Messstationen. Blau 203 SLF-

Messstationen.

Abb. 5: Simulierter (rot) und gemessener (blau) täglicher natürlicher Abfluss aus den Teileinzugsgebiet "Gauli". (Für die übrigen

Teileinzugsgebiete: siehe Anhang).

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Erwartete Veränderung der Schneedecke

Die erwartete Erwärmung des Klimas wird im Einzugs-

gebiet der KWO zu einer bedeutenden Veränderung der

Schneedecke führen (Abb. 7). Das jährliche

Schneewasserspeicher-Maximum wird sich zwar zeitlich nur geringfügig nach vorne verschieben (~1-2 Wochen für

den Zeitraum 2070-2099), mengenmässig wird aber eine durchschnittliche Reduktion des jährlichen

Schneewassermaximums (je nach Klimamodellkette) von 20-50% für den Zeitraum 2021-50, resp. von 50-60% für

den Zeitraum 2070-99 erwartet. Die Streuung des jährlichen maximalen Schneewasserwerts

zwischen schneearmen und schneereichen Wintern bleibt

für den Zeitraum 2021-50 ähnlich gross wie bisher, nimmt dann aber für den Zeitraum 2070-99 markant ab. Das

heisst, dass dann auch in seltenen extrem schneereichen Wintern keine grössere Schneewassermenge als 1000 mm

zu erwarten sein wird. Zur Zeit ist das Einzugsgebiet der KWO in den meisten

Jahren den ganzen Sommer hindurch teilweise

schneebedeckt. Für die Zukunft nimmt die

Wahrscheinlichkeit für ein komplettes Abschmelzen der

Schneedecke im ganzen Einzugsgebiet markant zu. In

einem durchschnittlichen Jahr wird für den Zeitraum 2070-

99 (je nach Klimamodellkette) eine komplette Ausaperung

von Mitte Juli bis Ende Oktober vorausgesagt. Nach besonders schneearmen Wintern muss bereits im Zeitraum

2021-50 mit einem komplett schneefreien Einzugsgebiet von August bis Oktober gerechnet werden.

Die für die Erhaltung der Gletscher wichtige Bildung von "ewigem" Schnee ist nicht mehr gewährleistet.

Für den Zeitraum 2021-50 verringert sich der Beitrag der

Schneeschmelze durchschnittlich um rund 180 mm (±65

mm) pro Jahr gegenüber der Referenzperiode (Abb. A1);

Für den Zeitraum 2070-99 beträgt diese Abnahme rund 425 mm (±85 mm) pro Jahr (Abb. A2). Anteilmässig macht

das für die höhergelegenen Teileinzugsgebiete ~20%, resp. ~45% aus. Für die tiefer gelegenen Gebiete macht das

anteilmässig ~32%, resp. ~80% aus. Winter mit gar keinem Schnee im Einzugsgebiet der KWO

wird es – gemäss den vorliegenden Simulationen – auch für

den Zeitraum 2070-99 nicht geben.

Abb. 7: Berechnete Veränderung in der Klimatologie des Schneewasserwerts (mm) für den Zeitraum 2021-50 (links) und den

Zeitraum 2070-99 (rechts), dargestellt für den Median, das 97.5%-Quantil und das 2.5%-Quantil (oben) und den Mittelwert (unten)

des gesamten KWO-Einzugsgebiets. Die schwarze Linie entspricht der Referenz-Simulation für den Zeitraum 1980-2009.

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Beobachtete und erwartete Veränderung der Gletscherflächen Die Gletscher der Alpen reagieren stark auf Änderungen

des Klimas. Nach einem zwischenzeitlichen Vorstoss der Gletscher in den 1980-er Jahren ist ein allgemeiner

Rückgang und ein damit verbundener Massenverlust

beobachtet worden. Für das Einzugsgebiet der KWO wurde

1985 eine Gletscherfläche von 103.2 km2 berechnet, was

einem Flächenanteil von knapp 23% entspricht (Tab. 1). Zu diesem Zeitpunkt wiesen die Teileinzugsgebieten Grimsel

(41.7%), Oberaar (35.5%), Gauli (49.5%), Stein (32.5%) und Trift (54.2%) die grösste Vergletscherung auf (Tab. 2). Nur

wenig vergletschert waren bereits damals die Teileinzugsgebiete Haslital, Gadmen und Gental.

Leider liegen keine aktuellen Messungen oder

Abschätzungen des totalen Gletscher-Eisvolumens vor.

Mit der prognostizierten Klimaerwärmung wird ein

weiterer Rückgang der Gletscher erwartet (Abb. 8). Unter

Annahme des Emissionsszenarios A1B dürfte sich bis 2040

die vergletscherte Fläche im Einzugsgebiet der KWO auf

knapp 15% reduzieren (65.6 km2). Für den Zeithorizont

2085 berechnet das Modell der Uni Zürich eine Reduktion

auf 8% (36 km2).

Tabelle 1: Berechnete und prognostizierte Vergletscherung im gesamten Einzugsgebiet der KWO

1985 2040 2085 Vergletscherte Fläche (km2) 103.2 65.6 36.0 Eisfreie Fläche (km2) 346.9 384.5.6 414.1 Vergletscherte Fläche (%) 22.9 14.6 8.0 Eisfreie Fläche (%) 77.1 85.4 92.0

Bis 2085 dürften die Teilgebiete Trift (-37.6%) und Gauli (-

33.4%) die grösste Veränderung in der Vergletscherung

(relativ zu 1985) erfahren.

Zu diesem Zeitpunkt werden die Teileinzugsgebiete

Grimsel, Gauli, Trift, Stein und Oberaar noch zu etwa 15-

20% vergletschert sein.

Abb. 8: Veränderung der Gletscherfläche im Einzugsgebiet der KWO: links: Berechnete Gletscherfläche: Stand 1985; mitte: Prognostizierte Gletscherfläche für 2040; rechts: für 2080.

Tabelle 2: Berechnete und prognostizierte Vergletscherung in den Teileinzugsgebieten der KWO.

Teileinzugsgebiete: 1-Haslital 2-Gadmen 3-Grimsel 4-Ürbach 5-Gauli 6-Gental 7-Trift 8-Stein 9-Oberaar 10-Gelmer 11-Grueben1985

eisfrei [km2] 95.8 54.4 46.7 28.6 18.7 33.6 16.0 18.9 12.4 13.3 8.4

vergletschert [km2] 3.9 3.8 33.4 2.0 18.3 0.8 19.0 9.1 6.8 3.1 3.2

eisfrei [%] 96.1 93.5 58.3 93.6 50.5 97.8 45.8 67.5 64.5 81.2 72.3

vergletschert [%] 3.9 6.5 41.7 6.4 49.5 2.2 54.2 32.5 35.5 18.8 27.7

2040eisfrei [km2] 98.1 57.3 57.3 29.8 24.3 34.0 21.7 21.7 14.8 15.1 10.3

vergletschert [km2] 1.6 0.9 22.7 0.7 12.7 0.3 13.3 6.3 4.5 1.3 1.4

eisfrei [%] 98.4 98.4 71.6 97.6 65.7 99.2 62.0 77.5 76.8 92.2 88.4

vergletschert [%] 1.6 1.6 28.4 2.4 34.3 0.8 38.0 22.5 23.2 7.8 11.6

2085eisfrei [km2] 99.2 58.0 64.2 30.4 31.0 34.3 29.2 23.6 16.7 16.3 11.3

vergletschert [km2] 0.5 0.2 15.8 0.2 5.9 0.0 5.8 4.5 2.6 0.1 0.4

eisfrei [%] 99.5 99.7 80.2 99.3 84.0 99.9 83.4 84.0 86.7 99.3 96.9

vergletschert [%] 0.5 0.3 19.8 0.7 16.0 0.1 16.6 16.0 13.3 0.7 3.1

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Erwartete Veränderung der Gletscherschmelze

Die tägliche Eisschmelze hängt indirekt mit der

Gletscherfläche zusammen. Allerdings nimmt die

Menge an Gletscherschmelzwasser nicht parallel zur

Gletscherfläche ab, da die steigenden Temperaturen

im Verlauf dieses Jahrhunderts dem Effekt kleinerer

Gletscherflächen entgegenwirken.

Die Prognose für die Periode 2021 bis 2050 zeigt

daher keinen extremen Rückgang der

Gletscherschmelze gegenüber dem Referenzzeitraum

1980 – 2009 (Abb. 9). Zwei der zehn Modelle deuten

gar auf eine Zunahme der jährlichen

Gletscherschmelze hin (max. 9%; Abb. A1). Bei den

übrigen Modellen ist eine Abnahme von 12 bis 44%

zu beobachten. Die maximale Eisschmelze dürfte

weiterhin anfangs August auftreten.

Die jährliche Schmelzperiode dürfte weiterhin jeweils

bis im November anhalten.

Etwas anders präsentiert sich das Bild für den

Zeitraum 2070-2099. Bei der jährlichen

Gletscherschmelze resultiert im Mittel eine Abnahme

von 22% (Abb. A2), was mit der Prognose für 2021-

2050 vergleichbar ist. Das Datum der maximalen

Eisschmelze rückt jedoch nach vorne. In einigen

Modellen ist dies verknüpft mit einer markanten

Zunahme der Gletscherschmelze in den Monaten

Juni/Juli gegenüber der Referenzperiode 1980-2009.

Umgekehrt ist in den Monaten August bis Oktober

ein Rückgang der Schmelze zu verzeichnen.

Abb. 9: Berechnete Veränderung in der Klimatologie der Gletschereisschmelze (mm) für den Zeitraum 2021-50 (links) und den

Zeitraum 2070-99 (rechts), dargestellt für den Median, das 97.5%-Quantil und das 2.5%-Quantil (oben) und den Mittelwert (unten)

des gesamten KWO-Einzugsgebiets. Die schwarze Linie entspricht der Referenz-Simulation für den Zeitraum 1980-2009.

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Erwartete Veränderung der Verdunstung und Bodenfeuchte

Eine Änderung des Klimas wird auch Auswirkungen

auf die Verdunstung und die Wasserspeicherung im

Boden haben (Abb. 10).

Jährlich verdunsten im KWO-Einzugsgebiet ca. 13%

des gesamten Jahresniederschlags. Diese

Berechnung des Modells PREVAH ist zwar mit grosser

Unsicherheit behaftet, weil man immer noch relativ

wenig weiss über die Verdunstung in alpinen

Einzugsgebieten. Die Grössenordnung stimmt aber

recht gut mit Angaben des hydrologischen Atlas der

Schweiz überein (Tafel 4.1).

Im Vergleich zur Unsicherheit im Modell und zum

Anteil an der jährlichen Wasserbilanz sind die

erwarteten Veränderungen in der Verdunstung

gering. Für den Zeitraum 2021-50 berechnet das

Modell eine Zunahme der jährlichen Verdunstung

um ca. 12 mm oder 5%; für den Zeitraum 2070-99

um ca. 25 mm oder 9%.

Auch bezüglich der im Boden gespeicherten

Wassermenge gibt es eine grosse Unsicherheit.

Doch angesichts der wenig entwickelten Böden in

diesem alpinen Einzugsgebiet kann von einer

allgemein geringen Bodenwasserspeicherung

ausgegangen werden.

Grundlage für die Berechnung der temporären

Bodenwasserspeicherung im KWO-Gebiet ist eine

angenommene Beziehung zwischen Landnutzung

und Bodenkennwerten.

Gemäss unseren Ergebnissen dürfte die

Bodenwasserspeicherung in Zukunft nur

unwesentlich zunehmen. Diese Zunahme ist eine

Folge des Gletscherrückgangs und der damit

verbundenen Freilegung des Gletschervorfelds.

Sobald eine vergletscherte Fläche verschwindet, wird

diese durch vegetationslose Schotter im Modell

ersetzt. Solche Böden sind nach wie vor sehr

speicherarm.

Diese vorerst fels-dominierten Flächen entwickeln

sich nur über sehr lange Zeit zu feinkörnigen,

speicherfähigen Böden.

Abb. 10: Berechnete Veränderung in der Klimatologie der durchschnittlichen Verdunstung (mm/Tag; oben) und Bodenwasser-

speicherung (mm; unten) für den Zeitraum 2021-50 (links) und den Zeitraum 2070-99 (rechts) gemittelt über das gesamte KWO-Einzugsgebiets. Die schwarze Linie entspricht der Referenz-Simulation für den Zeitraum 1980-2009.

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Auswirkungen auf den natürlichen Wasser-Abfluss des gesamten KWO-Gebietes Als Gesamtergebnis der sich verändernden

Teilkomponenten der Wasserbilanz (Gletscher,

Schnee, Bodenwasserspeicher und Verdunstung)

resultieren die in Abb. 11 dargestellten

Jahresabflussganglinien für das gesamte KWO-

Einzugsgebiet.

Für den Zeitraum 2021-50 werden sich in einem

durchschnittlichen Jahr die höchsten Abflüsse

mengenmässig kaum verändern. Sie werden aber ca.

einen Monat früher eintreffen; d.h. anfangs Juni

anstatt anfangs Juli. Diese zeitliche Vorverschiebung

der höchsten Jahresabflusswerte wird sich für den

Zeitraum 2070-99 noch weiter verstärken.

Die gesamte jährliche Abflussmenge wird in einem

Normaljahr (je nach Klimamodellkette) gegenüber

der Referenzperiode um 3% (±3%, 2021-50), resp.

um 7% (±6%, 2070-99) abnehmen. Die hohe

Spannweite zeigt die Unsicherheit, welche durch die

Fortpflanzung der 10 Klimaszenarien im

hydrologischen System entsteht.

In extrem wasserreichen Jahren werden die hohen

Abflüsse im Sommer für den Zeitraum 2021-50

wahrscheinlich leicht (bis zu 15%) zunehmen. Für den

Zeitraum 2070-99 sind die verschiedenen

Modellketten diesbezüglich widersprüchlich.

Eine grosse Unsicherheit besteht auch bei den

Abflussberechnungen für die Herbst- und

Wintermonate. Hier weichen die verschiedenen

Modellketten stark von einander ab. Eindeutig ist

aber der Trend zu höheren Abflüssen in diesen

Jahreszeiten, wo künftig die Akkumulation der

Schneedecke später beginnen und vermehrt

Niederschlag in flüssiger Form vorkommen dürfte

In Jahren mit besonderer Wasserknappheit dürften

sich die niedrigsten Abflüsse gegenüber der heutigen

Situation nur geringfügig verändern. Unsere

Simulationen sagen eine leichte Erhöhung im

Frühling, sowie eine leichte Reduktion im

Spätsommer voraus. Der niedrigste Abfluss wird aber

auch in Zukunft im Winter eintreffen.

Abb. 11: Berechnete Veränderung in der Klimatologie des natürlichen Abflusses (mm/Tag) für den Zeitraum 2021-50 (links) und

den Zeitraum 2070-99 (rechts), dargestellt für den Median, das 97.5%-Quantil und das 2.5%-Quantil (oben) und den Mittelwert (unten) des gesamten KWO-Einzugsgebiets. Die schwarze Linie entspricht der Referenz-Simulation für den Zeitraum 1980-2009.

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Auswirkungen auf den natürlichen Wasser-Abfluss in den Teileinzugsgebieten

Die Klimaänderung wird sich in den verschiedenen

Teileinzugsgebieten der KWO unterschiedlich stark

auswirken. Im Mittel aller Modellketten wird jedoch

für die meisten Teileinzugsgebiete eine Abnahme

der natürlichen Zuflüsse prognostiziert, welche sich

für den späten Zeitraum noch verstärkt.

Es gibt aber auch einzelne Modellketten (z.B.

HadCM3Q0_CLM), welche für die heute stark

vergletscherten Teilgebiete Gauli, Trift, Stein und

Oberaar eine Abflusszunahme bis Zeitraum 2070-99

voraussagen.

Die heute kaum vergletscherten Gebiete, wie das

Haslital oder das Gental, werden vor allem auf eine

Änderung im Niederschlag reagieren. Diese ist zur

Zeit – wie auf Seite 6 dargelegt – noch mit grossen

Unsicherheiten verbunden.

Andere Teileinzugsgebiete, wie z.B. Gelmer und

Grueben, dürften bis zum Ende des 21. Jahrhunderts

einen Grossteil der heutigen Gletscherfläche

verlieren. Hier wird sich der natürliche Abfluss über

die ganze Periode am deutlichsten verändern.

Ebenfalls eine bedeutende Abnahme des natürlichen

Abflusses wird für die heute relativ stark

vergletscherten Teileinzugsgebiete Trift und Grimsel

vorausgesagt, wo der Gletscherrückgang

flächenmässig beträchtlich ausfallen dürfte. Hier

gehen unsere Berechungen bis zum Ende des

Jahrhunderts von einer Abnahme um 7% aus.

Die stark vergletscherten Einzugsgebiete Stein und

Oberaar hingegen werden – gemäss unseren

Simulationen – in diesem Zeitraum kaum eine

Reduktion des natürlichen Abfluss‘ erfahren.

Es lohnt sich also, den Einfluss der Klimaänderung auf

die natürlichen Zuflüsse zu den KWO-Fassungen im

Einzelfall anzuschauen.

Tabelle 3: Mittlere jährliche Änderung der Vergletscherung und natürlichen Abflüsse in den verschiedenen Teileinzugsgebieten

der KWO für die Zeiträume 2021-50 und 2070-99.

1-Haslital 2-Gadmen 3-Grimsel 4-Ürbach 5-Gauli 6-Gental 7-Trift 8-Stein 9-Oberaar 10-Gelmer 11-Grueben KWO

Einzugsgebietsfläche (km2): 99.7 58.2 80.0 30.6 37.0 34.3 35.0 28.0 19.3 16.4 11.7 450.1

Vergletscherung (%):

1985 3.9 6.5 41.7 6.4 49.5 2.2 54.2 32.5 35.5 18.8 27.7 22.9

2040 1.6 1.6 28.4 2.4 34.3 0.8 38.0 22.5 23.2 7.8 11.6 14.6

2085 0.5 0.3 19.8 0.7 16.0 0.1 16.6 16.0 13.3 0.7 3.1 8.0

jährlicher Abfluss (mm):

Referenz Mittelwert 1822 1927 2362 1727 2392 1826 2841 2536 1991 2468 2236 2138

2021-50 Mittelwert 1786 1843 2239 1682 2383 1799 2838 2484 1981 2329 2070 2078

Standardabweichung 42 44 67 40 96 43 160 73 58 45 44

2070-99 Mittelwert 1707 1762 2211 1587 2271 1710 2632 2505 1951 2194 1927 1998

Standardabweichung 111 112 160 103 175 108 209 186 144 136 120

Veränderung (%) Ref -> 2021-50 -2.0 -4.3 -5.2 -2.6 -0.4 -1.5 -0.1 -2.0 -0.5 -5.6 -7.4 -2.8

Veränderung (%) Ref -> 2070-99 -6.3 -8.5 -6.4 -8.1 -5.1 -6.3 -7.4 -1.2 -2.0 -11.1 -13.8 -6.5

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Natürliche Variabilität versus

prognostizierte Veränderung

Das Abflussgeschehen im Einzugsgebiet der KWO

unterliegt einer beträchtlichen natürlichen

Variabilität. Mit unserer Betrachtung von 30-jährigen

Zeiträumen können wir dieser natürlichen

hydrologischen Bandbreite grösstenteils Rechnung

tragen, indem wir z.B. die Standardabweichung der

Schlüsselgrössen (jährliche Schnee- und Eisschmelze,

jährliche Verdunstungs- und Abflussmenge)

betrachten. Für den Jahresabfluss zum Beispiel

beträgt die Standardabweichung knapp 300 mm oder

13%.

Eine Grundannahme unserer Studie ist, dass die

Variabilität in den täglichen meteorologischen

Inputgrössen für alle drei Zeiträume (Referenz, nahe

Zukunft, ferne Zukunft) gleich bleibt. Unsere

Modellierung ergibt, dass sich auch die resultierende

Variabilität im Jahresabfluss für die nahe und ferne

Zukunft kaum verändern wird. Sie nimmt geringfügig

zu.

Im Vergleich dazu sind die prognostizierten

Änderungen relativ klein, so dass alle simulierten

Jahresganglinien für den Abfluss in einem zukünftig

durchschnittlichen Jahr innerhalb der Grenzen der

aktuellen Variabilität liegen. Das heisst nicht, dass die

Änderungen nicht signifikant oder unbedeutend

wären. Aber es bedeutet, dass die durchschnittlichen

Verhältnisse Ende des Jahrhunderts bereits heute in

extremen Jahren beobachtet werden können.

Wie plausibel, resp. unsicher sind die

Abfluss-Prognosen?

Die berechneten Veränderungen im natürlichen

Abfluss des KWO-Einzugsgebiets sind mit

verschiedenen Unsicherheiten entlang der ganzen

Modellkette verbunden:

Eine erste beträchtliche Unsicherheit liegt in der

Wahl des Emissionsszenarios. Diese Unsicherheit ist

nicht quantifizierbar.

Eine zweite Unsicherheit entsteht durch die globale

und regionale Klimamodellierung. Diese können wir

abschätzen, indem wir für unsere Zielgrössen die

Standardabweichung der 10 verschiedenen

Modellketten berechnen. Für den mittleren

Jahresabfluss im KWO-Einzugsgebiet ist die

Standartabweichung 66 mm oder knapp 3%. Das

heisst, die Klimamodellketten-bedingte Unsicherheit

ist vier mal kleiner als die natürliche Variabilität.

Eine weitere Unsicherheit liegt im Modell zur

Berechnung der zukünftigen Gletscherentwicklung.

Das hier verwendete Schrumpfmodell der Uni Zürich

ist grundsätzlich für eine grosse Skala (z.B. ganze

Schweiz) und längere Zeithorizonte geeignet. Für den

Zeitraum 2021-50 dürfte mit diesem Modell der

Gletscherrückgang etwas zu rasch simuliert werden.

Wir haben überprüft, wie stark sich eine leicht

Änderung der Gletscherfläche auf den simulierten

Abfluss auswirkt. Dabei erwies sich der simulierte

Gesamtabfluss nicht sehr sensitiv auf kleine

Änderungen der Gletscherfläche.

Und schliesslich entsteht auch durch das

hydrologische Modell selbst eine gewisse

Unsicherheit. Die Verifikation mit Abflussdaten in

den Teileinzugsgebieten (1980-2009) attestiert dem

Modell im grossen und ganzen eine gute Leistung.

Ein direkter Vergleich mit einem detaillierteren,

rechnerisch intensiveren hydrologischen Modell

(Alpine3D) in einem benachbarten Einzugsgebiet

zeigt, dass es beim hydrologischen Modell eine

Unsicherheit bezüglich Schnee- und

Eisschmelzintensität gibt. Das konzeptuelle Modell

PREVAH ist hier eher etwas konservativ und

berücksichtigt (im Gegensatz zu Alpine3D) mögliche

Änderungen in der Schnee-/Gletscheroberfläche

nicht explizit. Somit liegen die prognostizierten

durchschnittlichen Jahresabflüsse bei PREVAH

deutlich unter denjenigen von Alpine3D. Wir können

aufgrund des heutigen Wissenstands nicht sagen,

welche der beiden Vorhersagen wahrscheinlicher ist.

Anderseits scheinen die von PREVAH simulierten

Gletscherschmelzraten in guter Übereinstimmung

mit von der VAW berechneten

Gletscherschmelzraten zu sein. Dies können wir aus

einem direkten Vergleich am Beispiel Mattmark

(Wallis) schliessen.

Die Aussagen des hydrologischen Modells im Bezug

auf die jahreszeitlichen Veränderungen, vor allem im

Frühling / Sommer und längerfristig auch im Sommer

/ Herbst können als robust angesehen werden.

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Betriebliche Auswirkungen des veränderten Abflussregimes

Es wird erwartet, dass ein geändertes Abflussregime

sich auch auf den Einsatz und den Betrieb eines

Wasserkraftwerks auswirkt. Im Falle von KWO ist zu

berücksichtigen, dass es sich um ein

Speicherkraftwerk handelt, so dass eine gewisse

Flexibilität hinsichtlich veränderter Abflüsse gegeben

ist.

Einsatz

Die geänderten Abflussregime führen nicht zu einem

grundsätzlich geänderten Muster der saisonalen

Bewirtschaftung, mit einer Akkumulationsphase im

Frühjahr/Sommer und dem Entleeren der Speicher

über den Winter. An dem Jahresverlauf der

zukünftigen mittleren Abflussganglinien ist jedoch zu

erkennen, dass die Akkumulationsperiode kürzer und

die abflussarme Zeit länger ist. Im Vergleich zu

Speicherkraftwerken mit grösserem Saisonspeicher

wird die Bewirtschaftung in der längeren

abflussarmen Periode schwieriger. Abb. 12 zeigt vor

allem, dass die Seen der KWO in Zukunft früher

gefüllt werden. Da neben den Abflüssen der

wesentlichste Inputparameter der

Kraftwerksoptimierungssoftware, die Preise sind,

bleibt die Absenkphase auch für zukünftig geänderte

Abflussregimes gleich.

Nicht berücksichtigt in der Kraftwerksoptimierung

der Zukunft sind mögliche Auswirkungen des

Klimawandels auf das energetische System Europas.

Diese Auswirkungen können zum einen geänderte

Verbrauchsmuster, wie stärkerer Verbrauch tagsüber

für Klimaanlagen oder geringere saisonale Last im

Winter infolge reduzierter Heizleistungen sein. Zum

anderen kann sich durch den Klimawandel auch die

Produktionsseite ändern,

vermehrte Einschränkungen von thermischen

Kraftwerken, die mit Flusswasser gekühlt sind und

geänderte Abflussregimes der Laufkraftwerke führen

zu anderen verfügbaren Kraftwerkskapazitäten.

Diese Änderungen können auch den Einsatz der KWO

in der Zukunft beeinflussen.

Im Vergleich zu anderen Bereichen, insbesondere zur

Biosphäre, vollzieht sich der Übergang zu einem

neuen Abflussregime zunächst einmal gemässigt.

Wenn für die Planung der nächsten Jahre jeweils ein

5- bzw. 10-Jahresmittel herangezogen wird, so passt

sich dieses automatisch an die neuen Gegebenheiten

an. Das gilt sowohl für die Jahresverteilung, als auch

für die absolute Energieproduktion. Eine signifikante

Änderung in dieser Entwicklung ist erst zum Ende des

Abschmelzens der Gletscher im Gebiet zu erwarten,

da dann ihre ausgleichende Wirkung entfällt.

Wir haben bereits Erfahrung mit der Zukunft

Aufgrund der Variabilität der Zuflüsse, kommen

bereits heute Abflussverläufe vor, die dem mittleren

Verlauf in der Zukunft entsprechen. Das betrifft

insbesondere den Zeitraum der Schneeschmelze, der

von Jahr zu Jahr um bis zu 6 Wochen verschoben sein

kann. Eine Herausforderung können jedoch die

kurzfristig erreichten Zuflusswerte darstellen,

insbesondere einzelne warme Perioden können zu

Zuflüssen führen, die über der Kapazität einzelner

Fassungen liegen. In die gleiche Richtung ginge ein

häufigeres Auftreten von Starkregenereignissen.

Dieser Aspekt wurde in dieser Studie aber nicht

untersucht. Es kann aber gesagt werden, dass es im

Moment keine gesicherten Prognosen über die

zukünftige Häufigkeit von extremen

Niederschlagsereignissen im Alpenraum gibt.

Abb. 12: Ausnützung der Speicherkapazität der

4 grossen Speicherseen Oberaar, Grimsel,

Gelmer und Räterichsboden im Jahresverlauf

dargestellt für die Abflusssimulation mit der

Klimamodell-Kette ECHAM_RACMO.

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Auswirkungen auf den Betrieb

Ein verschobenes Abflussprofil hat im Betrieb und

Unterhalt vor allem Auswirkungen auf die

Revisionsplanungen, da das Kraftwerk sich jeweils an

den Zeiten mit maximaler und minimaler

Wasserführung halten muss. Für Arbeiten an den

Wasserwegen wird üblicher Weise der Zeitraum nach

Entleerung der Seen, vor der Schneeschmelze

gewählt. Hier wird eine Verschiebung nach Vorne

stattfinden.

Produktionseinbussen könnten anfallen, falls der

Geschiebetransport zu den Fassungen zunehmen

wird und somit vermehrte Spülungen notwendig

werden. Zudem kann es häufigere

Produktionseinschränkungen geben, sobald der

Suspensionsgehalt einen Grenzwert überschreitet, so

dass Turbinen abgestellt werden müssen um zu

grosse Abrasion zu verhindern. Durch stärkere

Abrasion wäre ein kürzeres Inspektionsintervall und

ein häufigeres Wechseln der Turbinenräder zu

erwarten.

Eine aktuelle Studie aus dem Wallis (Turowski et al.,

2011), welche im Rahmen des SwissElectric

Research-Projekts durchgeführt wurde, gibt jedoch

keinen klaren Hinweis auf eine generelle Erhöhung

des Geschiebetransports infolge des Klimawandels.

Zwar nimmt wegen dem

Gletscherrückgang die potentiell verfügbare

Geschiebemenge zu, aber gleichzeitig geht als Folge

der Abflussabnahme die Transportkapazität in den

Bächen zurück. Netto scheint dieser zweite Effekt die

grössere Auswirkung zu haben.

Auswirkungen auf den Umsatz

Die in den verschiedenen Klimamodellen zukünftig

tieferen Niederschläge führen erwartungsgemäss zu

sinkenden Umsätzen bei der KWO. Die

Simulationsrechnungen für den Betrieb bestätigen

diese These und zeigen beim heutigen Ausbaustand

der KWO einen Umsatzrückgang von 3% bis 6%

(2050) resp. 1% bis 17% (2099). Gemessen an den

mit KWOplus zu realisierenden Umsatze im Jahr 2009

sinken die Umsätze im Jahr 2050 um 2% - 5% resp.

1% bis 12% im Jahr 2099 (Abb. 13).

Durch die Realisierung des Investitionsprogramms

KWOplus (Leistungserhöhung,

Pumpspeicherkapazität und zusätzliches

Speichervolumen) kann der Einfluss des

Klimawandels auf die KWO reduziert werden. Das

liegt daran, dass weiterhin die besten Stunden

turbiniert werden können und Verluste vor allem bei

den tieferpreisigen Stunden auftreten.

Abb. 13: Umsatzentwicklung der Extrema sowie des Mittelwerts über alle 10 Klimamodelle mit und ohne KWOplus. Die

Prozentwerte beziehen sich jeweils auf das Referenzjahr 2009 im entsprechenden KWO-Modell (KWO-Modell: mit KWOplus; Klimamodell: Arpege_Aladin Jahr: 2055 94% des Umsatzes von 2009 wenn KWOplus damals bereits umgesetzt wäre)

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Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Basierend auf den aktuellsten Klimavorhersagen der

ETH Zürich und den jüngsten Gletscherszenarien der

Universität Zürich wurden für das Einzugsgebiet der

KW Oberhasli AG die hydrologischen Veränderungen

für die Zeiträume 2021-50 (nahe Zukunft) und 2070-

99 (ferne Zukunft) berechnet. Dabei wurde mit

PREVAH ein Modell verwendet, das seit fast 10

Jahren in vergletscherten und Schnee-beeinflussten

Gebieten getestet worden ist und sich bewährt hat.

Der Vergleich mit Abflussdaten der KWO, mit

Schneeprodukten des SLF und mit Gletschermassen

der VAW (für ein ähnliches Gebiet im Wallis) für den

Zeitraum 1980-2009 attestiert dem Modell eine gute

bis sehr gute Performance.

Auch wenn die in diesem Gebiet prognostizierte

Änderung des Niederschlags und der Gletscher noch

mit grossen Unsicherheiten verbunden ist, können

trotzdem klare Aussagen gemacht werden, wie sich

die Hydrologie verändern wird:

- Die Mächtigkeit der Schneedecke wird sich in

dieser Zeit sehr stark (bis Ende des

Jahrhunderts um über die Hälfte) verringern.

Die Schneeschmelze wird um 3 bis 6 Wochen

vorverschoben und fällt kürzer aus als bisher.

- Die Gletscher-Schmelze wird zwar intensiver,

aber die schmelzende Gletscherfläche wird

gleichzeitig kleiner. Daraus resultiert ein

Gletscher-Schmelzabfluss, der vorläufig ähnlich

gross bleibt wie bisher oder (bei ein paar

Klimamodellketten) leicht abnimmt.

- Bezüglich Verdunstung und

Bodenwasserspeicherung werden nur

unwesentliche Änderungen erwartet.

- Für den Gesamtabfluss im KWO-Einzugsgebiet

bedeutet dies eine markante zeitliche

Veränderung der Jahres-Ganglinie mit einem

um 3 bis 6 Wochen früheren Abfluss-Maximum

(ungefähr in der gleichen Grössenordnung wie

heute) und einer verlängerten abflussarmen

Periode.

- Für die Zukunft sagt das Modell eine zuerst nur

leichte, und dann eine deutlichere Abnahme

des Jahresabflusses voraus (3%±3% für den

Zeitraum 2021-50; 7%±6% für den Zeitraum

2070-99). Dieses Änderungssignal ist aber eher

klein im Vergleich zur natürlichen Variabilität

zwischen den Jahren, die wir bereits heute

beobachten.

- Der Abfluss in den unterschiedlich

vergletscherten Teil-Einzugsgebieten der KWO

werden unterschiedlich auf die Klimaänderung

reagieren. Eine detaillierte Betrachtung der

einzelnen Teileinzugsgebiete (hinsichtlich der

einzelnen Fassungen) macht Sinn.

Abschliessend wurde mit einer Kraftwerks-

Optimierungssoftware pro Klimamodell-Kette die

ertragsoptimierte Fahrweise für die Jahre 2009

(Referenzperiode), 2050 und 2099 ermittelt. Die

Simulation wurde einerseits mit einem Modell der

KWO in heutigem Zustand und andererseits nach

einen Totalausbau der KWOplus Projekte

durchgeführt.

Diese Berechnungen zeigen, dass mit der

prognostizierten Abflussabnahme auch der Umsatz

abnehmen wird: Je nach Klimamodellkette zwischen

3 und 6 % für die nahe Zukunft und zwischen 1 und

17% für die ferne Zukunft. Eine Erweiterung des

Speichers (wie mit KWO-plus geplant) könnte diese

Abnahme spürbar reduzieren – insbesondere für den

Fall einer starken Abflussabnahme.

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Anhang

Abb. A1: Veränderung des durchschnittlichen jährlichen Niederschlages (P-kor), Verdunstung (EREA), Gesamtabfluss (RGES),

Gletscherschmelze (GLAC) und Schneeschmelze (P-SME) für den Zeithorizont 2021-50 (farbige Linien) im Vergleich zur

Referenzperiode 1980-2009 (schwarze Linie). Die farbigen Linien entsprechen 10 Simulationen mit demselben hydrologischen

Modell (PREVAH), aber 10 verschiedenen Klimamodellketten.

Abb. A2: Veränderung des durchschnittlichen jährlichen Niederschlags (P-kor), Verdunstung (EREA), Gesamtabfluss (RGES),

Gletscherschmelze (GLAC) und Schneeschmelze (P-SME) für den Zeithorizont 2070-99 (farbige Linien) im Vergleich zur Referenzperiode 1980-2009 (schwarze Linie). Die farbigen Linien entsprechen 10 Simulationen mit demselben hydrologischen

Modell (PREVAH), aber 10 verschiedenen Klimamodellketten.

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Abb. A3: Abflussvalidierung für Teileinzugsgebiet Grimsel (Zeitraum 1980-2009). Die blaue Linie entspricht der Beobachtung der

KWO, die rote Linie entspricht der PREVAH Simulation.