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t~d. 201 (1964) 81 Aus der Medizinisehen Xlinik der Universit~t Erlangen-Niirnberg (Direktor: Prof. Dr. N. tt~X~ING) Klinisehe Analyse, ihre Aufgaben und Probleme ~ Von H.ARALD SCHON (Eingegangen am 22. November 1963) Wenn ein Mediziner vor Chemikern fiber die klinisch-ehemisehe Ana- lytik sprieht, so gesehieht es deshalb, well bier Besonderheiten existieren, die mir nach 1/tngerer Beseh/~ftigung mit der klinischen Chemie vertraut sind. Die Probleme beruhen einmal auf rein ehemiseh-analytisehen Fragen, zum anderen auf den Besonderheiten des biologischen Materials sehlechthin und sehliel31ich auf der Tatsaehe, dab es sich um Unter- suehungsmaterial yon kranken Menschen handelt, die mit Hilfe des Analysenergebnisses mSglichst sehnell wieder geheilt werden sollen. Die Bedeutung der klinisehen Chemie hat in den letzten Jahren sehr zugenommen, was am eindrueksvollsten damit belegt werden kann, dag die Zeitschrfft ,,Analytical Chemistry" in diesem Jahr zum ersten Male eine Methodeniibersicht ftir ,,klinisehe Chemie" mit nahezu 1000 Literaturstellen ver6ffentliehte. Im Gegensatz zu anderen L/~ndern ist die Ausbildung in kliniseher Chemie in Deutschland noeh unzul~ng- lich. Die Grfinde sollen bier nicht weiter erSrtert werden. W&hrend vor einer Generation noeh jeder Arzt die notwendigsten Untersuchungen selbst anstellen konnte, so werden heute an ein klinisch-chemisches Laboratorium Anforderungen gesteltt, ffir deren Bewgltigung die medi- zinische Ausbildung nicht mehr die notwendigen Grundkenntnisse ver- mitteln kann. Die Fragen naeh dem Aufgabenbereich eines klinisehen Laborato- riums wurden kfirzlich in der Hauszeitschrfft der ,,American Chemical Society", den ,,Chemical and Engineering News" beantwortet : 1. Welche Materialien wsrden im klinischen Laboratorium untersucht ? )[enschliche (tierische) KSrperbestandteile und Ausscheidungsprodukte 2. Welche KSrperbestandteile oder Ausscheidungsprodukte werden 6hemisch untersuc, ht ? 80 ~ t~lut-(Serum)-Analysen 10 ~ 10 ~ Versehiedenes (Magensaft, l~fickenmarksfifissigkeit, Gasstoffwechsel) 3. In welcher analytischen Gr6~enordnung wird gearbeitet ? Mikroverfahren (Menge im Ansatz) ~a +im Serum 3 -- 4 mg Fe 2+ im Serum 0,5-- 2/~g Ges.-Eiweil~ 35 --70 m g J- im Serum 7--14 ng * Vorgetragen bei der Tagung der Fachgruppe ,,Analytische Chemie" in ~eidelberg im September 1963. Z. analyt. Chem., Bd. 201 6

Klinische Analyse, ihre Aufgaben und Probleme

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Page 1: Klinische Analyse, ihre Aufgaben und Probleme

t~d. 201 (1964) 81

Aus der Medizinisehen Xlinik der Universit~t Erlangen-Niirnberg (Direktor: Prof. Dr. N. tt~X~ING)

Klinisehe Analyse, ihre Aufgaben und Probleme ~ Von

H.ARALD SCHON

(Eingegangen am 22. November 1963)

Wenn ein Mediziner vor Chemikern fiber die klinisch-ehemisehe Ana- lytik sprieht, so gesehieht es deshalb, well bier Besonderheiten existieren, die mir nach 1/tngerer Beseh/~ftigung mit der klinischen Chemie ver t raut sind. Die Probleme beruhen einmal auf rein ehemiseh-analytisehen Fragen, zum anderen auf den Besonderheiten des biologischen Materials sehlechthin und sehliel31ich auf der Tatsaehe, dab es sich um Unter- suehungsmaterial yon kranken Menschen handelt, die mit Hilfe des Analysenergebnisses mSglichst sehnell wieder geheilt werden sollen.

Die Bedeutung der klinisehen Chemie hat in den letzten Jahren sehr zugenommen, was am eindrueksvollsten damit belegt werden kann, dag die Zeitschrfft ,,Analytical Chemistry" in diesem Jahr zum ersten Male eine Methodeniibersicht ftir ,,klinisehe Chemie" mit nahezu 1000 Literaturstellen ver6ffentliehte. I m Gegensatz zu anderen L/~ndern ist die Ausbildung in kliniseher Chemie in Deutschland noeh unzul~ng- lich. Die Grfinde sollen bier nicht weiter erSrtert werden. W&hrend vor einer Generation noeh jeder Arzt die notwendigsten Untersuchungen selbst anstellen konnte, so werden heute an ein klinisch-chemisches Laborator ium Anforderungen gesteltt, ffir deren Bewgltigung die medi- zinische Ausbildung nicht mehr die notwendigen Grundkenntnisse ver- mitteln kann.

Die Fragen naeh dem Aufgabenbereich eines klinisehen Laborato- riums wurden kfirzlich in der Hauszeitschrfft der ,,American Chemical Society", den ,,Chemical and Engineering News" beantwortet :

1. Welche Materialien wsrden im klinischen Laboratorium untersucht ? )[enschliche (tierische) KSrperbestandteile und Ausscheidungsprodukte

2. Welche KSrperbestandteile oder Ausscheidungsprodukte werden 6hemisch untersuc, ht ? 80 ~ t~lut-(Serum)-Analysen 10 ~ 10 ~ Versehiedenes (Magensaft, l~fickenmarksfifissigkeit, Gasstoffwechsel)

3. In welcher analytischen Gr6~enordnung wird gearbeitet ? Mikroverfahren (Menge im Ansatz) ~a +im Serum 3 -- 4 mg Fe 2+ im Serum 0,5-- 2/~g Ges.-Eiweil~ 35 --70 m g J - im Serum 7--14 ng

* Vorgetragen bei der Tagung der Fachgruppe ,,Analytische Chemie" in ~eidelberg im September 1963.

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4. Welche Methoden werden verwendet ? Titrimetrie (Neutralisation, Jodometrie) Photometric (UV, IR; Flammen-) Chromatographie (Papier-, S~ulen-, Diinnschicht-, Gas-) Gasanalytik

5. Welche Untersuchungen werden im klinisch-chen~ischen Laboratorium aus- ge/iihrt ? etwa 50 verschiedene Bestimmungen: Blutzucker HarnsSure Cholesterin Transaminasen Bi]irubin Serum-Elektrolyte Rest-N Amylase Harnstoff-N alkal, und saure Phosphatase

6. Welche Hil/slcrg]te stehen zur Ver/i#]ung ? a) Med.-techn. Assistentinnen

(Ausbildung 2 Jahre, 30 ~ Chemic) b) chem.-techn. Assistentinnen

Diesem schnellen Wachstum der klinischen Chemie habcn weder die Personalausstattung noch die apparative und methodische Ausrtistung folgen kSnnen. Auch in Deutschland sind die klinisehen Laboratorien seit Jahren tiberfordert, ebenso wie das aus amerikanischen und kana- dischen Publikationen hervorgeht.

Ursachen flit analytische Unzul~ngliehkeiten in 95 Laboratorien in Pennsylvanien waren 1947 :

1. schlecht ausgebfldetes Personal: 82real; 2. unzureichende Personalanzahl : 80mal; 3. mange]nde Verstgndigung zwischen Arzt und Labor: 64mal; 4. unvollsti~ndige Ausriistung : 63 real ; 5. ungentigende Raumverhgltnisse: 57mal. Zum besseren Verstgndnis dieser Angaben muB man wissen, dab in

Amerika das klinisehe Labor meist yon einem ,,Clinical Pathologist" geleitet wird. In Deutschland finder man nut in groBen Krankenhgusern einen speziell ausgebildeten Laborleiter, in kleineren Krankenh~usern meist eine med.-teehnische Assistentin.

Dieser Enquete in Pennsylvanien ging eine Prfifung der Genauigkeit tier Analysenergebnisse ffir verschiedene l%outinebestimmuugen mit wiiBrigen Standardl6sungen parallel. Das Ergebnis kann man nur als niederschmetternd bezeichnen. Die Streuung der Einzelwerte und das Ausmal3 der Fehler sind fiberraschend. Bis 1963 scheinen yon den ein- ~elnen daffir verantwortlichen Faktoren noch nicht allzu viele beseitigt worden zu sein, denn eine •berpriifung der methodisehen Exaktheit~ in 170 kanadisehen Laboratorien in einer ghnlichen Kontrollserie zeigte keiue wesentliche ~nderung auf. 48~ aller Ergebnisse lagen auBerhalb der Toleranzgrenze. Eine besonders grol~e Anzahl falscher Analysen- ergebnisse wurden ffir Cholesterin (his zu 800/0), Rest-N (74~ und

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Natrium (54~ erhalten. Wenn auch/~hnliche Kontrolluntersuchuugen aus Deutschland nicht vorliegen, so besteht kein Grund zu der Annahme besserer Verh~ltnisse.

Einer der Grfindc ffir die hohe Quote yon Fehlbestimmungen liegt, wie eine Untersuchung der ,,American Association of Clinical Chemists" aufzcigte, darin, dab ffir die einzelnen Blur- oder Serumbestandteile je- weils 15--35 verschiedene Methoden angewendet werden. Eine groBe Zahl der verwendeten Methoden ist mehr als 25 Jahre alt, al]erdings werden in den USA in zunehmendem MaBe die ,,Standard Methods of Clinical Chemistry" verwendet. Eine solche Zusammenste]lung be- wi~hrter, moderncr Methoden gibt es in Europa noch nicht.

Neben diesem methodischen Tohuwabohu scheint mir insbesondere die Tatsache yon Bedeutung, dab h~ufig die Schnelligkeit einer Analyse h6her eingeseh~tzt wird als ihre Exaktheit . Ohne Zweifel gibt es im Krankenhaus Situationen, bei denen es wichtiger ist, in 1 min zu wissen, ob der Blutzuckerspiegel eines bewugtlosen Patienten normal, stark erniedrigt oder erh6ht ist. Die exakte Bestimmung des realen Wertes interessiert bei den differentialdiagnostischen '~rztlichen ~berlegungen zun~chst niche. In anderen Fi~llen: gilt es, ans einer Vielzahl yon normalen Werten zwei bis drei patho]ogische herauszufinden. So fallen z.B. in unserem Labor t&glich 30 Gesam~eiwei~bestimmungen im Serum an, bei denen 50/0 pathologische, yore Normalen abweichende Werte, vor- kommen, d. h. I--2 pro Tag. In diesen F&l]en muff man Schnellmethoden mit einem grSBeren Feh]er verwenden, um dann die als pathologisch erkannten Werte exakt zu bestimmen. Die kritiklose Anwendung yon Schnellmethoden aueh ffir Substanzen, die nur mit Sorgfalt bestimmt werden kSnnen, ffihrt dann zu unbrauchbaren Resultaten.

Auf die Ursachen des analytisehen Fehlers, methodischer, apparati- ver und subjektiver Fehler brauche ich hier nicht welter einzugehen. Zwei Dinge erscheinen mir wesentlieh:

1. Die klinische Chemie ben6~igt dringend eine genaue fJberprfifung der Leistungsbreite der verschiedenen Methoden. Wobei ffir die Notfalls- Laboruntersuchungen und die Arbeit ira sogenannten ,,kleinen" Labo- ratorium Schnellmethoden m i t gr6gerer Fehlertoleranz verwendet werden k6nnen. Fiir das ,,groge" Labor miissen fiir die Routinediagnostik und insbesondere fiir Forschungsarbeiten spezifische und exakt kontrol- lierte Methoden verwendet werden. Im Interesse der Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit der i%esulta~e sollte man rich auf maximal 2 Me- thoden far eine Substanz einigen. Die Iterausgabe eines Standard- methodenbuches ist dringend erforderlich.

2. Im ,,grogen" Labor mu l l zumindest bei seltener verwendeten oder bekannt st6ranf~lligen Untersuehungsverfahren durch Mitlaufen-

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lassen yon Stand~rdproben verschiedener Konzentration eine sti~ndige Fehlerkontrol]e ausgeffihrt werden.

Beide Forderungen kSnnen im l~ahmen der I~tionalisierung im grol3en klinisehen Laboratorinm am ehesten dureh Automatisation, z.B. durch Verwendung des Autoanalyzers, erffillt werden.

Einen Sonderfall stel]t das kinder-klinische Labor dar. Hier mul3 ffir alle wesentlichen Substanzen mit Ultramikromethoden gearbeitet wer- den, z.B. mit dem Beckm~n/Spinco-Ultramikrosystem. Allerdings d~rf nicht fibersehen werden, dab die Einfiihrung dieser Ultramikroverfahren eine v611ige Umorganis~tion dieser Laboratorien in personeller und rgum- lieher Hinsieht zur Voraussetzung hat.

An~lysenfehler kSnnen im k]iniseh-ehemisehen Labor nieht nur dureh schleehte Methoden oder unzuggngliehe ttflfskrafte bedingt sein, sondern aueh ihre Ursaehe in sehleeht vorbereiteten oder ver~ndertem Untersuchungsmaterial haben. Ffir bestimmte Untersuehungsverf~hren ist die Ver~rbeitung ungerinnb~r gemaehten Blutes erforderlieh. Werden Ca-Komplexbildner (Oxalat, Citrat, XDTA) verwendet, so sind so]che Proben fiir die Calcium-, p~- oder Enzymbestimmung unbrauchb~r. Wird zur Gerinnungsverhfitung tteparin benutzt, so stSrt dessen variab- ler NH3-Gehalt bei NHs-Bestimmung im Blur. Ffir die Glucosebestim- mung im Blur darf die Probe nieht ls Zeit stehen, weil die roten BlutkSrperchen in der Stunde 1 ,5--2 ,0#~ Glucose/ml Erythroeyten verbrauchen. Bilirubin, das Abb~uprodukt des Blutfarbstoffes tti~mo- globin, ist aul3erordentlich leicht oxydabel, so dab bei Stehen ira grellen Sonnenlieht in 1 Std bis zu 50o/0 verschwinden kSnnen. Eine l~eihe yon Serumenzymen nimmt in ihrer Aktivitgt bei Zimmertemper~tur er- heblieh ab, andere nehmen durch Wegfall yon Inhibitoren zu. Li~ngeres verlustfreies Aufbewahren yon Blutserum ist nut im tiefgekiihlten Zu- stand mSglich.

Eines der grS~ten Probleme stellt fiir das anslytisehe Arbeiten die H~molyse, die ZerstSrung der roten BlutkSrperchen dar. Einmal kann die Eigenfarbe des freigesetzten H~moglobins bei colorimetrisehen Analysen stSren, zum anderen treten Inhaltsstoffe der Erythroeyten in das Blutserum fiber. Bei grol3en Konzentrationsunterschieden kann das zu erhebliehen Fehlern ffihren (Tabelle).

Die heute bevorzugt verwendeten colorimetrisehen Verfahren werden durch eine ]ips Trfibung des Serums so naehhaltig gestSrt, da~ nahezu alle eolorimetrischen Verf~hren nieht angewendet werden kSn- hen. Dieser Fehler kann aueh durch Mitlaufenl~ssen eines kompletten Leerwertes meist nieht ausgeglichen werden. Temperaturunterschiede in der Zimmertemperatur machen sieh als StSrfaktor besonders bei enzymatisehen Analysen mit kinetiseher Messung bemerkbar.

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Tabe]le. Konzentration einzelner Substar~zeu in Erythrocyteyt (E) und Plasma (t))

Glucose, mg/1O0 ml Nichtzueker-reduz. Subst., rag/100 ml Rest-N, rag/100 mI Ges.-Cholesterin, rag/100 ml Estercholesterin, rag/100 ml Natrium, mJ~q/1 Kalium, mJ~q/1 Calcium, mJ~q/1 Lactatdehydrase, Einh.

E 1 )

74,0 40,0 44,0

139,0 0,0

16,0 100,0

0,5 58000,0

90,0 8,0

25,0 194,0 129,0 140,0

4,4 5,0

360,0

Verunreinigungen des Untersuchungsgutes oder der Analysenl6sun- gen dutch Sptilmittel usf. k6nnen zu ihrer Aufklgrung einen nahezu kriminalistischen Spfirsinn erfordern. So beriehtet ein amerikanisches Labor fiber falseh positive Glucoseoxydase/Peroxydase-Reaktionen im Harn, bei denen sieh schliel31ieh der Hypoehlorit- und Wasserstoff- peroxid-Gehalt des Spfilmittels der Urinsammelflaschen als St6rfaktor erwies.

Im fibliehen Filterpapier ist Caleinm enthalten, das zu Fehlern bei der Cae+-Bestimmung ffihren kann, wenn nieht sguregewasehene Filter vcrwendet werden. Bei der Amylasebestimmung kann Speiehel in die Pipette gelangen und die Analysenergebnisse verf/tlsehen.

StSrungen dutch Medikamente spielen eine nieht unerhebliehe Rolle. In der R6ntgendarstellung yon I-Iohlorganen (Gallenwege, Nieren- beeken) werden stark jodhaltige Kontrastmittel verwendet, die die Be- stimmung des proteingebundenen Jods im Serum stSren kSnnen. Es ist ausgerechnet worden, dab nach einmaliger Applikation solcher Kontrastmittel bis zur analytisch vollstgndigen Elimination 33 Jahre vergehen. Bei Bleiintoxikation wird ADTA zur Bleimobilisierung intra- ven6s verwendet, dadurch wird die Calciumbestimmung beeinfluBt. Im Harn k5nnen eine groge l~eihe yon Arzneimitteln, die als Glucuronide ocler Glucurons/~ureester ausgeschieden werden, mit den fiblichen Reduk- tionsproben (Trommer) eine Zuckerausscheidung vort/~uschen.

Eine besondere Rolle in der klinischen Bewertung der Analysen- ergebnisse spielt die physiologische Schwankungsbreite der einzelnen Substanzen. Nur in Einzelf/~llen sind eindeutige Grenzwerte ermittelt worden, wie z.B. f/Jr Glucose und Eiweig im Blutsernm und Harm Physiologische Sehwankungen, die in ihrer extremen Form auch dem Mediziner nicht immer gelgufig sind, bringen das Labor oft in Migkredit. So kann z. B. der Serumeisenspiegel normale Variationen um 500/0 zeigen. Das Serumcholesterin kann Tagessehwankungen bis zu 40O/o aufweisen. Die Berficksichtigung dieser Faktoren leitet fiber zur Beurteilung der diagnostischen Spezi/itiit der Laboratorinmsuntersuchungen. Es sind

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gerade auf dem Gebiet der Krebsdiagnostik eine Reihe yon angeblichen pathognomonischen, als ffir das Leiden spezifischen, Tests angegeben worden. Mich beschleicht bei jedem neuen Test, der mitgeteilt wird, ein sanftes Unbehagen, well die Naehprfifung solcher angeblich spezifiseher Tests, nicht nur in der Krebsdiagnostik, die vS1]ige Unbrauchbarkeit aufgedeckt hat. Laboratoriumsdiagnosen sind selten, w~hrend anderer- seits besonders ffir die modcrne innere Medizin und die operative Chirur- gie die Laboratoriumsuntersuchungen eine wesentliche ttilfe ffir Diagno- stik und Behandlung sind.

Zum SehluB mSehte ich noch fiber einige methodische Neuerungen berichten. Die klinische Anwendbarkeit des Autoanalyzers ffir Vier- ffinftel aller Routinemethoden des ,,groBen" Laboratoriums bedeutet einen wesentlichen FortschrJtt ; einmal durch die Einsparung des ohnehin knappen Personals, zum anderen durch Verbesserung der ana]ytischen Genauigkeit, weil das Mitlaufenlassen yon Standardproben als Bezugs- system erforderlich ist. F/Jr Laboratorien in S~uglings- und Kinder- kliniken bedeutet die Einffihrung des Beckman/Spinco-Ultramikroanaly- sensystems zur Verarbeitung yon Analysenproben im Ultramikro- Bereich einen grol3en Fortschritt. Bis auf die Bicarbonat-Methode sollen die Vorschriften brauchbar sein.

Die neuen ehromatographischen Verfahren, wie Gas-Chromatographic und Dfinnsehicht-Chromatographie werden ffir die Routineanalytik in n~chster Zukunft kaum klinische AnwendungsmSgliehkeiten bieten. In der Forsehungsarbeit haben sic jedoch eine Ffille neuer MSgliehkeiten erschlossen, was auf dem Gebiet der Fet tanalyt ik besonders deutlieh wird.

Neue MSgliehkeiten ffir den Ultramikronachweis von Kationen er- 6ffnet die Atomabsorptionsanalyse. Aus Amerika ]iegen bereits eine Reihe interessanter kliniseher Anwendungsberiehte vor. Es steht zu hoffen, dab die Fa. Perkin-Elmer bald die ersten Ger~te aueh in Deutsch- land ausliefern kann.

Zusammenfassung Die in den letzten Jahren erzielten Fortsehritte in der Erkennung

und Behandlung yon Krankheiten sind zu einem wesentliehen Teil auf die Anwendung neuer biochemiseher oder physika]ischer Untersuehungs- verfahren zurfiekzuffihren und haben die Anforderungen an das kliniseh- chemisehe Laboratorium in starkem MaB erhSht. Sowohl anorganische wie organische Verbindungen mfissen im Makro-, Mikro- oder gar UltramikromaBstab bestimmt werden. Abweichend yon den fiblichen Grundss der ehemisehen Analytik ist f~r eine Reihe yon klinisch- chemischen Analysen in lebensbedrohliehen Situationen die Sehnellig- keit der Analyse das wesentliche Gebot. Bei Ver]aufskontrollen hin-

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1964 F. T u ~ et al. : Trennung und l~einigung yon Proteinen 87

gegen muB wieder zum Pr imat des mSglichst kleinen Fehlers zuriick- gekehrt werden, lJber die methodische Seite hinaus ergeben sich eine I~eihe yon Fragen, wie Fehlerkontrolle, Standardisierung, Vergleich- barkeit der Ergebnisse und Automatisierung, die im einzelnen dargelegt werden.

Summary

Diagnosis and therapy of diseases have made considerable progress during the past years, owing chiefly to the application of new biochemical and physical methods of examination. Consequently, there are various new requirements to be met by the clinicochemical laboratory. Inorganic and organic compounds have to be determined in the macro, micro, and even ultramicro scale. In contrast to the usual principles of analytical chemistry, certain clinico-ehemieal determinations in eases of danger of life must be performed primarily with regard to rapidi ty and less to accuracy. But, otherwise the main viewpoint has to be the least possible error. Several questions arising beyond methodical problems as, control of errors, comparabil i ty of results, and automation, are dealt with in detail.

Privatdozeng Dr. H. Sc~6x, Med. Univ.-Klinik, 852 Erlangen, Krankenhauss~r. 12

Aus dem Physiologiseh-Chemisehen Ins~igut der Universit~g Wiirzburg

Neuere Methoden zur Trennung und R e i n i g u n g

yon Prote inen *

Von F. TURBA~ H. FASOLD und G. GUNDLACH

Mi~ 24 Textabbildungert

(Eingegangen am 13. September 1963)

Die Trennung, Reinigung und Charakterisierung yon Proteinen ist ein so aktuelles Thema, dab es in zahlreiehen neueren Ubersichtsrefera- ten und Monographien behandelt wird14,2~ 23-25. Darum besehr/~nkt sich die nachstehende Zusammenfassung im wesentliehen auf Beispiele aus dem Arbeitskreis unseres Institutes, erg~nzt nut dutch einige Arbeiten anderer Autoren, die in diesem Zusammenhang besonders wiehtig erscheinen. Eine Aufzghlung der Varianten der modernen Ver- fahren w/~re im vorliegenden l~ahmen ohnehin nieht mSglieh; der

* Vorgetragen bei der Tagung der Fachgruppe ,,Analytische Chemic" in Heidelberg im September 1963.