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Köln Flexible Beschaffung Dr. Lars Hettich durch Rahmenvereinbarungen 1 Flexible Beschaffung durch Rahmenvereinbarungen Hamburger Vergabetag 2015 23. Januar 2015 Dr. Lars Hettich LLR Legerlotz Laschet Rechtsanwälte

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Köln Flexible Beschaffung Dr. Lars Hettichdurch Rahmenvereinbarungen

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Flexible Beschaffung durch Rahmenvereinbarungen

Hamburger Vergabetag 2015

23. Januar 2015

Dr. Lars HettichLLR Legerlotz Laschet Rechtsanwälte

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Übersicht

A. Definition B. Anwendungsbereich C. Inhalt und Ausgestaltung der RahmenvereinbarungD. Vergabe der EinzelaufträgeE. Laufzeiten

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A. Definition1. Grenzen und Möglichkeiten von Rahmenvereinbarungen

Flexibilität(Auftragsvolumen,

Lieferzeit, keine Abnahmepflicht)

Kosten-ersparnis

(positive Skaleneffekte)

langfristigePlanungs-sicherheit

höhere Verfahrens-

kosten (zweistufiges Verfahren)

Preis-steigerung

(Risikozuschläge durch Unwägbarkeiten)

Wettbewerbs-beschränkung

Risiko der unzulässigen

Vergaberechts-umgehung

effiziente Beschaffung

begrenzte Laufzeit

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Fallbeispiel 1: (Abgrenzungsfragen)

Die Ruhrgebietsstädte Bochum, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Hagen schreiben die Anmietung von Fotokopiersystemen unterteilt in fünf Lose im offenen Verfahren europaweit aus. Die Leistungsbeschreibung enthält ausführliche Angaben zu den vertraglichen Hauptleistungen (Art und Umfang, Produktqualität, Lieferadressen etc.). Der Umfang des Auftrags erfasst 350 Fotokopiersysteme mit einem jährlichen Volumen von 158 Mio. Kopien. Der Mietvertrag regelt die Möglichkeit einer Mehrabnahme von 20 % bzw. eine Minderabnahme von 10 % der ausgeschriebenen Kopiermenge bzw. Kopiergeräte. Die Laufzeit des Vertrags soll sieben Jahre betragen.

Noch während des Verfahrens rügt ein Bieter, dass die vorgesehene Laufzeit von sieben Jahren gegen die vergaberechtliche Bestimmung des § 4 Abs. 7 EG-VOL/A verstoße, wonach für Rahmenvereinbarungen grundsätzlich nur eine Laufzeit von maximal vier Jahren zulässig ist. Ist seine Rüge berechtigt?

A. Definition2. Wesentliche Merkmale

OLG DüsseldorfBeschl. v. 21.04.2010Az. Verg 53/09

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A. Definition2. Wesentliche Merkmale

Rahmenvereinbarungen „sind Aufträge, die ein oder mehrere Auftraggeber an ein oder mehrere Unternehmen vergeben können, um die Bedingungen für Einzelaufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzuschreiben […].“ (§ 4 Abs. 1 Satz 1 (EG-)VOL/A).

öAG

öAG

öAG

AN 1

AN 2

AN 3

öAG ANoder oder

Rahmenvereinbarung(wesentliche Bedingungen für Einzelaufträge)

Einzelaufträge(verpflichtende Auftragserteilung)

1.Stufe(ausschreibungspflichtig)

2. Stufe(ausschreibungsfrei/ggf. “Mini-Wettbewerb“)

Auftrag

Auftrag

Auftrag

Auftrag

+

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A. Definition2. Wesentliche Merkmale

Bochum

Dortmund

Essen

Gelsenkirchen

Hagen

Unternehmen 1

Unternehmen 2

Unternehmen 3

Unternehmen 4

Unternehmen 5

Los 1

Los 2

Los 3

Los 4

Los 5

Lösung des Fallbeispiels:

OLG Düsseldorf,Beschl. v. 21.04.2010Az. Verg VII-53/09

Rahmenvertrag (-), da vertragliche Hauptleistungspflichten sollen gleich zu Beginn des

Vertragsverhältnisses und nicht erst nach Abruf und durch Abschluss von Einzelverträgen erfüllt werden

Mehr- und Minderabnahme = zulässige Flexibilisierung des Leistungsumfangs (keine zusätzlichen einzelvertraglichen Abreden erforderlich)

Mietvertrag

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A. Definition2. Wesentliche Merkmale

Exkurs: Bedarfspositionen

Definition: Leistungen, bei denen zum Zeitpunkt der Erstellung der Leistungsbeschreibung noch nicht feststeht, ob und ggf. in welchem Umfang sie tatsächlich zur Ausführung kommen werden. Solche Positionen enthalten nur eine im Bedarfsfall erforderliche Leistung, über deren Ausführung erst nach Auftragserteilung entschieden wird. („Option“)

Risiken: erschwerte Kalkulierbarkeit der Preise, eingeschränkte Vergleichbarkeit der Angebote, mögliche Beeinträchtigung der Transparenz des Wettbewerbs, drohende Angebotsmanipulationen

Voraussetzungen für die zulässige Einbeziehung: ernsthafte Durchführungsabsicht, d.h. kein Missbrauch

zum Zwecke der Markterkundung tatsächlicher Bedarf unmöglich zu ermitteln, d.h. keine

Kompensation einer unzureichenden Bedarfsermittlung „von untergeordneter Bedeutung“, d.h. 10 - 15 % des

geschätzten Auftragswerts Begründung des Erfordernisses in Vergabeakte

- BGH, Urt. v. 23.1.2003, Az. VII ZR 10/01

- OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.2.2010, Az. Verg 36/09

- OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.04.2011, Az. Verg 58/10

- VK Bund, Beschl. v. 14.07.2005, Az. VK1 50/=5

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B. Anwendungsbereich

Art der Beschaffung Rechtsgrundlage

Liefer- und Dienstleistungen § 4 (EG-)VOL/A

Trinkwasser, Energie, Verkehr § 9 SektVO

Verteidigung, Sicherheit § 14 VSVgV

Bauleistungen und freiberufliche Dienstleistungen

Keine Regelung in (EG-)VOB/A und VOF

T.d.Lit.: (-), da gemäß Art. 32 RL 2004/18/EG die Einräumung der Möglichkeit von Rahmenvereinbarungen im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt und Deutschland sich bewusst gegen eine Anwendbarkeit im Rahmen von Bau- und freiberuflichen Leistungen entschieden hat.

T.d.Rspr.: (+), unmittelbare Wirkung des Art. 32 RL 2004/18/EG (u.a. VK Hamburg, Beschluss v.27.4.2006, Az. VgK FB 2/06; VK Arnsberg, Beschluss v. 21.2.2006, Az. VK 29/05); aber: Voraussetzungen für unmittelbare RL-Wirkung liegen nicht vor

T.d.Rspr.: (+), analoge Anwendung, da RV als anerkannte Vertragsform allen zur Verfügung steht (VK Bund, Beschlüsse v. 9.5.2007, Az. VK 1-26/07, und v. 29.07.2009, Az. VK 2 – 87/09); aber: keine planwidrige Regelungslücke

NEU Art. 33 Abs. 1 RL 2014/24/EU: Mitgliedstaaten müssen die Möglichkeit von Rahmenvereinbarungen in allen Bereichen vorsehen; kein Ermessen.

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Inhalt: Bedingungen (1.) für den Abruf und (2.) für die Ausführung der Einzelaufträge Ermessen des Auftraggebers, ob er sämtliche Auftragsbedingungen bereits in der

Rahmenvereinbarung festsetzt oder diese erst nachträglich benennt Mindestinhalt bezüglich Ausführung der Einzelaufträge = Art der Leistung, das in

Aussicht genommene Auftragsvolumen und Preis (str.) sowie Leistungszeitraum Bestimmtheitsmaßstab: erleichterte Anforderungen an eine ordnungsgemäßen

Leistungsbeschreibung (§ 8 Abs. 1 EG-VOL/A: „eindeutig und erschöpfend“) und das Verbot der Aufbürdung ungewöhnlicher Wagnisse

C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen1. Inhalt

Vertrags-parameter Ausgestaltung und Bestimmtheitsanforderungen

Art der Leistung

ausreichend, wenn sich Bieter eine zutreffende Vorstellung von der geforderten Leistung machen können und Preisermittlung ermöglicht wird

unzulässig: „alle Dienstleistungen im Zusammenhang mit …“ oder „im Bereich von …“ oder Öffnungsklauseln zum Abruf weiterer, nicht näher bestimmter Leistungen

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C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen1. Inhalt

Vertrags-parameter Ausgestaltung und Bestimmtheitsanforderungen

Auftrags-volumen

§ 4 Abs. 1 Satz 2 (EG-)VOL/A: „Das in Aussicht genommene Auftragsvolumen ist so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben, braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden.“

Sorgfaltspflicht zur Verringerung des Kalkulations- und Vorsorgekostenrisikos der Bieter untermauert durch generelles Missbrauchsverbot, Art. 32 RL 2004/18/EG, d.h.

keine RV zu vergabefremden Zwecken, z.B. bloße Markterkundung, kein Beschaffungsdarf

Rahmendaten ausreichend, z.B. zu reinigende Fläche bei Reinigungsleistungen, potentielle Teilnehmerzahlen für eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme

Schätzung anhand des Regelfalls; Anhaltspunkt: Abrufmengen aus vorangegangenen Beauftragungen

weitere Möglichkeiten zur Eindämmung des Kalkulations- und Vorsorgekostenrisiko: Staffelpreise und Mindestabnahmemengen (zwingend bei Streusalz: OLG

Thüringen, Beschl. v. 22.08.2011, Az. 9 Verg 2/11), anderenfalls Risikoaufschläge auf den Preis

Sorgfaltspflicht auch im Hinblick auf sachgemäße Auftragswertschätzung hinsichtlich der richtigen Verfahrenswahl (europaweit/national)

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C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen1. Inhalt

Vertrags-parameter Ausgestaltung und Bestimmtheitsanforderungen

Laufzeit grds. 4 Jahre (ggf. abweichende sondergesetzliche Regelungen)

Preis bezieht sich auf Leistungen der Einzelaufträge in der Regel Ergebnis der Ausschreibung der Rahmenvereinbarung Angabe der preisbildenden Kriterien ausreichend (Preis pro

Menge/Stunde/Arbeitskraft) ggf. Preisgleitklauseln ggf. Straffelpreise (vgl. § 130a Abs. 8 Satz 2 SGB V)

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Fallbeispiel 2: (Abweichen von den geschätzten Mengenangaben)

Die Stadt Bochum beabsichtigt für Ihre Mitarbeiter neue Laptops zu beschaffen. In der Rahmenvereinbarung finden sich keine Mindest- oder Höchstabnahmemenge, sondern nur die seriös geschätzte Angabe der Gerätezahl mit dem Zusatz „circa“, die während der Laufzeit abgerufen werden sollen. Auf Grundlage der geschätzten Geräteanzahl und des sich daraus ermittelten Auftragswertes gelangte die Stadt Bochum zu dem Ergebnis, dass es sich um ein unterschwelliges Verfahren handelt. Während der Laufzeit stellt sich aber heraus, dass eine deutlich höhere Stückzahl an Laptops nachgefragt wird als ursprünglich angenommen und die auf Grundlage der Rahmenvereinbarung getätigten Einzelabrufe nunmehr den Schwellenwert zu überschreiten drohen. Darf die Stadt Bochum dennoch weitere Laptops abrufen?

C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen1. Inhalt

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§ 3 Abs. 6 VgV: Ermittlung des Auftragswertes erfolgt auf Grundlage des geschätzten (Netto-)Gesamtwertes aller Einzelaufträge, die während der Laufzeit geplant sind.

Fehleinschätzungen sind kein Missbrauch gemäß § 3 Abs. 2 VgV im Falle einer seriösen und nachvollziehbaren Prognose; Dokumentation in Vergabeakte

mögliche Rechtsfolgen bei Fehleinschätzungen des Auftragsvolumens

im Falle einer vereinbarten Mindestabnahmemenge Schadensersatz, wenn tatsächlich abgenommene Menge geringer als

vereinbart

im Falle einer vereinbarten Höchstabnahmemenge Mehrabnahme begründet unzulässige de-facto-Vergabe, da

Mengenüberschreitung nicht mehr von (ausgeschriebener) Rahmenvereinbarung erfasst

Einzelaufträge ggf. gemäß § 101b GWB unwirksam

C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen1. Inhalt

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„circa“-Angaben (Fallbeispiel) Über-/Unterschreiten des Auftragsvolumens bis zu gewisser Grenze

zulässig Grenze: „wesentliche Überschreitung“

- z.T.: ab 10-15 % des geschätzten Abnahmevolumens [aber: besondere Flexibilität des Rahmenvertrags leidet; Rspr.-Grenzen für Optionen bei Festmengenverträge nicht vergleichbar]

- z.T.: ab EU-Schwellenwert [aber: absoluter Auftragswert wenig aussagekräftig, da ggf. 1 % oder 300 % des Auftragswertes]

- vorzugswürdig: Ermittlung der Grenze anhand der Umstände des Einzelfalls nach Art und Größe des Beschaffungsgegenstands, Dauer der Rahmenvereinbarung, Leistungsfähigkeit des Bieterkreises; ggf. absolute Grenze bei Überschreitung der prognostizierten Abrufmenge um 100 %

C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen1. Inhalt

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Fallbeispiel 3: (Mehrfachvergabe)

Die Stadt Köln schreibt eine Rahmenvereinbarung über Büromaterialien für ihre Verwaltungsmitarbeiter mit einer Laufzeit von vier Jahren in einem europaweiten Vergabeverfahren aus. Man hat sich jedoch bei der Menge so massiv verschätzt, dass bereits nach 10 Monaten absehbar ist, dass man innerhalb der vierjährigen Laufzeit der Rahmenvereinbarung wahrscheinlich 300 Prozent der im Verfahren angegebenen Menge abrufen muss. Darf die Stadt Köln noch während der Laufzeit der Rahmenvereinbarung eine neue Rahmenvereinbarung mit dem gleichen Inhalt ausschreiben und noch während der Laufzeit der zeitlich ersten Rahmenvereinbarung aus dieser neuen Rahmenvereinbarung Büromaterialien abrufen?

C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen1. Inhalt

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Grundsatz § 4 Abs. 1 Satz 3 (EG-)VOL/A: „Die Auftraggeber dürfen für dieselbe Leistung nicht mehrere Rahmenvereinbarungen abschließen.“

Sinn und Zweck: Bedingungen für die Vergabe von Einzelaufträgen müssen für alle Unternehmen identisch sein! Bezüglich derselben Leistung dürfen daher nicht mehrere, inhaltlich unterschiedlich ausgestaltete Rahmenvereinbarungen abgeschlossen werden (Wettbewerbsgrundsatz, Diskriminierungsverbot)

Verbot der Mehrfachvergabe gilt für sämtliche öffentlichen Auftraggeber, die berechtigt sind, aus einer Rahmenvereinbarung Einzelaufträge abzurufen (nicht nur Vertragspartner)

Ausnahme: neue Rahmenvereinbarung zulässig im Falle der „inhaltlichen Erschöpfung“ der ersten Vereinbarung, jedoch nur unter der Bedingung, dass der Abruf aus der neuen Rahmenvereinbarung erst möglich ist, wenn der Abruf aus der zeitlich ersten Rahmenvereinbarung beendet ist.

C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen1. Inhalt

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C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen2. Vertragspartei und Abrufberechtigte

Fallbeispiel 4: („Quereinsteiger“)

Ein Jahr nach Abschluss der Rahmenvereinbarung über die Büromaterialien meldet sich bei der Stadt Köln die kleine Nachbargemeinde Düsseldorf und fragt an, ob sie nicht auch aus der Rahmenvereinbarung abrufen könne? Düsseldorf möchte sich den Aufwand einer eigenen Ausschreibung ersparen und ist von den in der Rahmenvereinbarung vereinbarten Preisen begeistert. Sie möchte der Rahmenvereinbarung nachträglich „beitreten“. Die Stadt Köln fragt sich allerdings, ob das vergaberechtlich zulässig ist.

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C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen2. Vertragspartei und Abrufberechtigte

§ 4 Abs. 2 (EG-)VOL/A: „Die Erteilung von Einzelaufträgen ist nur zulässig zwischen den Auftraggebern, die ihren voraussichtlichen Bedarf für das Vergabeverfahren gemeldet haben und den Unternehmen, mit denen Rahmenvereinbarungen abgeschlossen wurden.“

nachträglicher Beitritt auf Auftraggeberseite T.d.Lit.: zulässig bei abstrakter Öffnungsklausel (z.B. abrufberechtigt sind

sämtliche „im Mitgliedstaat niedergelassenen öffentlichen Auftraggeber“) EU-Kommission („Erläuterungen zur Rahmenvereinbarung – Klassische Richtlinie“

vom 14.07.2005): geschlossenes System! Abrufberechtigt nur, wer in der Bekanntmachung selbst oder mittels eines Verweises auf andere zugängliche Unterlagen (z.B. Verzeichnis) namentlich benannt oder auf sonst eindeutige Weise identifizierbar ist (z.B. zentrale Beschaffungsstelle handelt als Mittler für „sämtliche Gemeinden im Landkreis X“), arg.: Verbot der Mehrfachvergabe, Missbrauchsverbot gilt auch für Abrufberechtigte.

Missbrauchsverbot auch hinsichtlich der Zusammenstellung der Abrufberechtigten beachten, Stichwort „unzulässige Nachfragekartelle“

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C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen3. Ein- oder Mehr-Partner-Vereinbarungen

Ermessenspielraum des Auftraggebers, abhängig von Zweckmäßigkeit des konkreten Einzelfalls: Einzelunternehmen sinnvoll z.B. bei wiederkehrenden Wartungsarbeiten in

einem Gebäude / IT-Systemen mehrere Unternehmen sinnvoll, z.B. wenn Gesamtleistung aus einer Vielzahl

von Einzelaufträgen unterschiedlichen Inhalts und Umfangs besteht oder diese in einem größeren Gebiet zu erbringen sind

Festlegung vor Ausschreibung der Rahmenvereinbarung

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C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen3. Ein- oder Mehr-Partner-Vereinbarungen

Mindestanzahl bei Mehr-Partner-Vereinbarungen § 4 Abs. 4 EG-VOL/A

§ 4 Abs. 4 EG-VOLA: mindestens drei Unternehmen müssen beteiligt sein, sofern eine ausreichend große Zahl von Unternehmen die Eignungs- und Zuschlagskriterien erfüllt.

genaue Anzahl der Unternehmen kann (nicht muss) in Bekanntmachung/Vergabeunterlagen festgelegt werden (str.)

kein Verbotstatbestand („sofern“); aber ggf. Aufhebung der Ausschreibung, wenn nur ein Unternehmen verbleibt und Ziel der Ausschreibung (RV mit mehreren Unternehmen) damit verfehlt wird

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C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen4. Rechtliche Ausgestaltung

Auftragnehmer einseitig verpflichtet, die vertraglich festgelegten Leistungen auf Abruf zu erbringen; keine Pflicht des Auftraggebers zur Inanspruchnahme der vorgehaltenen Leistungen des Auftragnehmers (ähnelt Optionsrecht)

einseitige Pflicht zur Leistungserbringung muss ausdrücklich in der Rahmenvereinbarung geregelt sein.

Relevanz: Regelfall bei Rahmenvereinbarungen mit einem oder mehreren Unternehmen

a. einseitig verbindliche Rahmenvereinbarung

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C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen4. Rechtliche Ausgestaltung

Auftraggeber ist verpflichtet, die Einzelaufträge aus der Rahmenvereinbarung dem Vertragspartner zu übertragen. Das Unternehmen schuldet die Erbringung der Leistungen bei Abruf

ähnelt „normalem“ Auftragsverhältnis, aber keine direkte Leistungsverpflichtung durch Abschluss der Rahmenvereinbarung

Relevanz: selten, zweckmäßig nur bei Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Unternehmen (aber ggf. Vereinbarung einer Mindestabnahme-mengen als „Minus“ zwecks Begrenzung von Risikozuschlägen, Kompensation ungewöhnlicher Wagnisse)

Flexibilität der Leistungsbeschaffung stark eingeschränkt wegen Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers

Relevanz: nur sinnvoll bei Rahmenvereinbarungen mit mehreren Unternehmen

b. beidseitig verbindliche Rahmenvereinbarung

c. beidseitig unverbindliche Rahmenvereinbarung

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C. Inhalt und Ausgestaltung von Rahmenvereinbarungen5. Überblick über die inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten

Bedingungen für Einzelaufträge schon in Rahmenvereinbarung festgelegt

Bedingungen für Einzelaufträge noch nicht in Rahmenvereinbarung festgelegt

mit einem Unternehmen mit mehreren Unternehmen

einseitig verbindlichbeidseitig verbindlich beidseitig unverbindlich

Regelfall

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D. Vergabe der Einzelaufträge1. Rahmenvereinbarungen als rechtliche Grundlage

Rahmenvereinbarung muss wirksam sein, den vergaberechtlichen Anforderungen genügen und den jeweiligen Einzelauftrag inhaltlich erfassen unwirksam, z.B. wenn Laufzeit abgelaufen oder andere Nichtigkeitsgründe

bestehen (§§ 134, 138 BGB, § 101b GWB) vergaberechtswidrig, z.B. wenn Leistungsgegenstand nicht hinreichend

beschrieben oder andere wesentliche Bedingungen für Auftragsausführung fehlen (vgl. § 4 Abs. 1 EG-VOL/A)

Rechtsfolge für Einzelauftragsverhältnis: im Falle der Unwirksamkeit der Rahmenvereinbarung oder wenn Einzelauftrag

nicht von Rahmenvereinbarung erfasst Einzelauftrag = unzulässige de-facto-Vergabe

Im Falle eines Vergaberechtsverstoßes der Rahmenvereinbarung ggf. auch Einzelauftrag vergaberechtswidrig, wenn Vergaberechtsfehler auf Einzelauftragsverhältnis durchschlägt

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privilegiertes Verfahren zum Abruf der Einzelaufträge abhängig von:

Auftragswert der Rahmenvereinbarung oberhalb oder unterhalb des relevanten EU-Schwellenwerts

Rahmenvereinbarung mit einem einzigen oder mit mehreren Unternehmen Rahmenvereinbarung legt alle Bedingungen für die Einzelaufträge fest oder ist

insoweit noch unvollständig

D. Vergabe der Einzelaufträge2. Abruf der Einzelaufträge

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D. Vergabe der Einzelaufträge2. Abruf der Einzelaufträge

a. Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmen (§ 4 Abs. 3 EG-VOL/A) Vergabe der Einzelaufträge „entsprechend den Bedingungen der Rahmenvereinbarung“

Rahmenvereinbarung legt bereits sämtliche Bedingungen für Einzelaufträge fest - direkter Abruf der Leistungen- keine weitergehenden Verfahrensvorschriften

Rahmenvereinbarung legt noch nicht alle Bedingungen für Einzelaufträge fest - Konsultation in Textform (Telefax, Schreiben, E-Mail etc.) unter Mitteilung der

fehlenden Informationen und Aufforderung das Angebot zu vervollständigen- Auftrag wird auf das vervollständigte Angebot erteilt; keine Neueröffnung des

Wettbewerbs (Ausn.: Angebot unwirtschaftlich oder wesentliche Änderung der Bedingungen der Rahmenvereinbarungen)

- Beachte: trotz nachträglicher Vervollständigung der Auftragsbedingungen besteht grds. ein Abschlusszwang des Bieters, wenn dies in der Rahmenvereinbarung so vereinbart !

Rahmenvereinbarung oberhalb des Schwellenwertes

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Rahmenvereinbarung legt bereits sämtliche Bedingungen für Einzelaufträge fest: Einzelaufträge „nach den Bedingungen der Rahmenvereinbarung ohne erneuten Aufruf zum

Wettbewerb“ RV bestimmt bereits, welches Unternehmen für welchen konkreten Einzelauftrag vorgesehen ist,

- z.B. Wartungsrahmenvertrag für Fotokopierer verschiedener Hersteller; Einzelvertrag mit dem benötigten Spezialisten für die betroffene Marke

- z.B. Aufteilung der Rahmenvereinbarung in Fachlose; Einzelvertrag mit Unternehmen, das für das jeweilige Fachlos den Zuschlag erhalten hat

RV bestimmt Auswahlmechanismus für die Vergabe der Einzelaufträge, - Kaskadenprinzip (Reihenfolge entsprechend den gewichteten Zuschlagskriterien für das

wirtschaftlichste Angebot) - andere objektiv, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien (keine Bindung an die

Zuschlagskriterien nach § 19 Abs. 9 EG-VOL/A)- Beachte: „gleichmäßige Verteilung“ der Aufträge an die Unternehmen der

Rahmenvereinbarung ist nicht objektiv; Verstoß gg Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz)

Rahmenvereinbarungen oberhalb des Schwellenwertes

D. Vergabe der Einzelaufträge2. Abruf der Einzelaufträge

b. Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmen (§ 4 Abs. 5 und 6 EG-VOL/A)

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Rahmenvereinbarung legt noch nicht alle Bedingungen für Einzelaufträge fest

Mini-Wettbewerb unter Beachtung von vier Regeln:

1. Konsultation der Unternehmen in Textform, „ob diese in der Lage sind, den Einzelauftrag auszuführen“ (Eignung wird von Seiten des Auftraggebers festgestellt !)- hierbei Konkretisierung/Vervollständigung der noch offenen Bedingungen und

Aufforderung, Angebote zu vervollständigen - z.B. in der Rahmenvereinbarung wird nur Maximalpreis abgefragt und der endgültige

Preis bleibt dem Ergebnis des sich anschließenden Wettbewerbs um den Einzelauftrag vorbehalten

2. angemessene Frist zur Angebotsabgabe- Ausschlussfrist- Maßstab für Angemessenheit : vgl. Angebotsfrist bei Vorinformation (22 KT) oder bei

besonderer Dringlichkeit (10 KT); ggf. kürzer, wenn nur Lieferzeit oder Preis zu vervollständigen ist

- Rügepflicht bei zu kurze Fristen

3. Auftraggeber gibt an, in welcher Form die Angebote einzureichen sind; der Inhalt der Angebote ist bis zum Ablauf der Angebotsfrist geheim zu halten

D. Vergabe der Einzelaufträge2. Abruf der Einzelaufträge

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4. Auftragserteilung erfolgt auf das wirtschaftlichste Angebot- Bekanntmachung der Auswahlkriterien für die Einzelaufträge gemeinsam mit den

Vergabeunterlagen für die Rahmenvereinbarung- nachträgliche Ergänzung/Änderung der Auswahlkriterien unzulässig- Auswahlkriterien (z.B. Kaskadenprinzip, von den Zuschlagskriterien für

Rahmenvereinbarung abweichende Kriterien)

D. Vergabe der Einzelaufträge2. Abruf der Einzelaufträge

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Rahmenvereinbarung unterhalb des Schwellenwertes

D. Vergabe der Einzelaufträge2. Abruf der Einzelaufträge

a. Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmen

b. Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmen

transparente und diskriminierungsfreie Auswahl Dokumentation der Auswahlentscheidung

formloser schriftlicher Abruf genügt keine weitergehenden Verfahrensanforderungen

Keine VOL-Vorgaben ! Tipp: Vorgehen wie im Oberschwellenbereich

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E. Laufzeiten1. Rahmenvereinbarung

Fallbeispiel 5: (Laufzeitverlängerung)

Die Stadt Bonn hat eine Rahmenvereinbarung mit einer Laufzeit von sechs Jahren über die Lieferung von Fotokopierern einschließlich zweijährigen Wartungsleistungen öffentlich ausgeschrieben und vergeben. Die sechsjährige Laufzeit der Rahmenvereinbarung rechtfertigt die Stadt mit Hinweis auf die besonderen Marktgegebenheiten. Anfang des fünften Jahres der Rahmenvertragslaufzeit entsteht bei der Stadt Bonn der Bedarf nach neuen Fotokopierern samt Wartungsleistungen. Die Stadt Bonn beabsichtigt daher auf Grundlage der Rahmenvereinbarung weitere Fotokopierer samt Wartungsleistungen zu ordern. Ein Marktteilnehmer wendet hiergegen ein, dass die Leistungen neu ausgeschrieben werden müssten, da a. die Rahmenvereinbarung maximal nur vier Jahre hätte ausgeschrieben werden

dürfen.b. die Erteilung des Einzelauftrags im fünften Jahr der Rahmenvereinbarung führe

faktisch sogar zu einer Verlängerung des Leistungszeitraums auf insgesamt 7 Jahre.

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E. Laufzeiten1. Rahmenvereinbarung

Rahmenvereinbarung (6 Jahre)

Einzelabruf (2 Jahre)

Einzelabruf Anfang des 6. Jahres

7 Jahre

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E. Laufzeiten1. Rahmenvereinbarung Grundsatz: maximale Laufzeit der Rahmenvereinbarung

Dienst- und Lieferleistungen allgemein: vier Jahre (§ 4 Abs. 7 EG-VOL/A, § 4 Abs. 1 Satz 4 VOL/A)

Sicherheit und Verteidigung: sieben Jahre (§ 14 Abs. 6 VSVgV) sonstige spezialgesetzliche Regelungen: z.B. bei Arzneimittelrabattverträge zwei

Jahre (§ 130a Abs. 8 SGB V) „es sei denn der Auftragsgegenstand oder andere besondere Umstände

rechtfertigen eine Ausnahme“ Beispiele:

- Auftrag erfordert Investitionen mit einem längeren Amortisierungszeitraum- sonstige Marktgegebenheiten fordern längere Laufzeiten- längere Nutzungsdauer des Beschaffungsgegenstands

keine feste Obergrenze: Beweislast trägt Auftraggeber; Dokumentationspflicht Missbrauchsverbot ! Keine Marktverschließung durch zu lange Laufzeiten Ausnahme voll überprüfbar; trotz prognostischer Einschätzung kein

Beurteilungsspielraum des Auftraggebers, vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2012, Az. VII-Verg 95/11

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Laufzeit der Einzelaufträge auf die (Ab-)Laufzeit der Rahmenvereinbarung begrenzt (hM) latent wettbewerbsbeschränkenden Wirkung der Rahmenvereinbarung wird nur für vier Jahre

akzeptiert Grenze wird überschritten, wenn öAG es beliebig in der Hand hätte, die Laufzeit der

Einzelaufträge unbeschränkt festzulegen

E. Laufzeiten2. Einzelaufträge

Einzelaufträge dürfen bis zum letzten Tag der Rahmenvereinbarung erteilt werden, auch wenn die Laufzeit des Einzelabrufs die Laufzeit der zu Grunde liegenden Rahmenvereinbarung damit unter Umständen um Jahre überschreitet (hM) bei identischer (Ab-)Laufzeit müsste öAG zu Beginn sämtliche Einzelabrufe tätigen, um noch

sinnvolle Verträge zu schließen. Restzeit der Rahmenvereinbarung bliebe „ungenutzt“ Regelungsziel der Rahmenvereinbarung (effiziente Beschaffung durch Bündelung häufig

wiederkehrender, gleichartiger Bedarfe) würde leer laufen

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E. Laufzeiten2. Einzelaufträge

z.T.: keine zeitliche Beschränkung der Einzelaufträge VOL und RL 2004/18/EG sehen keine zeitliche Beschränkung vor Warum soll es einen Unterschied machen, ob der Vertrag das Ergebnis eines

Einzelabrufs aus einer Rahmenvereinbarung ist (4 Jahre) oder unmittelbar ausgeschrieben wird (unbefristet)?

einzig denkbare Ausnahme wäre der Abschluss einer Rahmenvereinbarung als Einzelabruf aus einer Rahmenvereinbarung („gestufte Rahmenvereinbarung“). Hierfür gelten wieder die Vorgaben der VOL/A (4 Jahre) bzw. VSVgV (7 Jahre).

Vorzugswürdig: Einzelfallabwägung zwischen Effizienz der Rahmenvereinbarung und noch zulässiger Wettbewerbsbeschränkung Kontrollfrage: Ist der über die Laufzeit der Rahmenvereinbarung hinausgehende

Leistungszeitraum des Einzelauftrags noch als Ausfluss des im Vertragszeitraum der Rahmenvereinbarung entstehenden Beschaffungsbedarfs zu werten?

sorgfältige und zurückhaltende Abwägung wegen drohender de-facto-Vergabe Begründung in Vergabeakte dokumentieren

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Dr. Lars Hettich

E-Mail: [email protected]: + 49 221 55400-210Telefax: + 49 221 55400-190

Literaturhinweis:

Frank Richter / Christian Mairgünther, „In, an oder über den Grenzen einer Rahmenvereinbarung nach der VOL/A“, Vergabeblog.de vom 31.07.2013, Nr. 16593, an deren Fallbeispiele sich diese Präsentation orientiert.