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Kohlenhydratstoffwechsel- Diabetes mellitus
SS 2020
2
Liebe Studierende,
aufgrund der Corona-Situation kann in diesem Semester das Praktikum „Klinische
Chemie“ nicht als Präsenzpraktikum stattfinden.
Der Praktikumsteil „Kohlenhydratstoffwechsel - Diabetes mellitus“ wird Ihnen als
Präsentation zur Verfügung gestellt. Die meisten Folien werden normalerweise auch
im Praktikum gezeigt. Sie werden hier durch Erklärungen bzw. weitere Folien ergänzt.
Die Präsentation sollten Sie zusammen mit dem Praktikumsskript durcharbeiten. Als
Bearbeitungszeit dafür sind ca. 90 min vorgesehen, was der Praktikumszeit entspricht.
Im Skript finden Sie am Ende des Kapitels Fragen zur Lernevaluation, mit denen Sie Ihr
Erlerntes überprüfen können.
Ich wünsche Ihnen viel Spass und Erfolg beim Durcharbeiten. Bleiben Sie gesund!
Dr. rer. nat. Nicole Böckel-Frohnhöfer
1. Typ 2 Diabetes
2. Typ 1 Diabetes
Sonderform: LADA
3. Schwangerschaftsdiabetes
4. MODY
1. Typ 2 Diabetes:
Entwicklung des Typ 2 Diabetes: Insulin Resistenz und ß-Zell-DysfunktionOft assoziiert mit anderen Problemen eines metabolischen Syndroms (Bluthochdruck, Übergewicht, gestörter Fett- und Cholesterinstoffwechsel, erhöhter Blutzucker)
Diagnostik
Glucosemessung - Präanalytik
Abnahme der Glucosekonzentration in unzentrifugierten Proben nahe des Referenzbereichs: 5 – 7 % pro Stunde (vgl. BPZ Roche, GLUC3, 2019-02, V.8.0)
Literatur: (1) Sacks DB, Carbohydrates. In: Burtis CA, Ashwood ER, Bruns DE, eds. Tietz textbook of clinical chemistry and molecular diagnosis. 4th ed. St. Louis: Elsevier
Saunders, 2006, p 868-9 (2) (2) A. Y. W. Chan, R. Swaminathan and C. S. Cockram, Clin. Chem. 35/2, 315-317 (1989) (3) Gambino, R. and David E. Bruns, Clin Chem Lab Med 2013; 51(19): 1883-1885 (4) Bruns David E. and William C. Knowler, Clin. Chem. 55:5, 850-852 (2009)
Glucose (mg/dl)Li-Heparin
Glucose (mg/dl)Na-Fluorid
Glucose (mg/dl)Glucoexact
0 h 3 h 0 h 3 h 0 h 3 h
Probe 1 94 82 (87 %) 91 87 (95 %) 84 84
Probe 2 104 92 (88 %) 104 101 (97 %) 91 91
Probe 3 94 84 (89 %) 94 86 (91 %) 84 84
Verwendetes Probenmaterial:- Lithium Heparinat Röhrchen : Falsch niedrige Werte durch Glykolyse (s. o.) - Natrium Fluorid (NaF) Röhrchen: langanhaltende Hemmung der Glykolyse (Enolase), Wirkung erst nach ca. 4h- Glucoexact Röhrchen (Citrat + NaF): durch Citrat Hemmung pH-abhängiger Enzyme der Glykolyse (Hexokinase,
Phosphofructokinase), Empfehlung durch Leitlinie für Gestationsdiabetes
Im Zentrallabor durchgeführter Vergleich mit unterschiedlichem Probenmaterial:3 Proben wurden einmal unmittelbar nach der Blutabnahme (0h) zentrifugiert und gemessen. Eine jeweils 2. Probe wurde 3h unzentrifugiert gelagert und anschließend zentrifugiert und die Glukosekonzentration gemessen.
Hämoglobin-Subtypen
Hb des Erwachsene
HbA (α2β2)(95-98%)
HbA1glykiertes HbA(ca. 7%)
HbA2 (α2δ2)(ca. 1-3%)
HbF (α2γ2)(< 1%)
HbA1c ß-Kette des Hb ist N-terminal an Glukose gebunden
Hb C,D, E, G, H, S – angeborene genetische Hb-Anomalien
HbA1aHbA1b
HbA1c
Einheit: alt: %neu: mmol/mol
Umrechnungsformel:(HbA1c [%] – 2,15) x 10,929 = HbA1c [mmol/mol]
(Consensus Statement on the Worlwide Standardization of the Hemoglobin A1C Measurement. DIABETES CARE, VOLUME 30, NUMBER 9, SEPTEMBER 2007, 2399-400)
HbA1c
HbA1c zur Diagnose eines Diabetes
Vorteile:
• weniger empfindlich für präanalytische Einflüsse als Plasmaglukose;
• geringe biologische Variabilität;
• kaum tageszeitliche Schwankungen;
• kaum Einfluss durch akuten Stress;
• wenig Einfluss von häufig verwendeten Pharmaka
• HbA1c reflektiert die mittleren Plasmaglukosewerte der letzten 8 bis 12 Wochen;
• weltweit einheitliche Bestimmung der HbA1c-Werte nach dem IFCC-Standard.
Nachteile:
1. „Falsch“ hohe Werte von HbA1c durch:
• Eisenmangel (Anämie);
• Infekt- und Tumoranämie;
• Organtransplantation;
• Splenektomie und aplastische Anämie;
• terminale Niereninsuffizienz ([Kreatinin > 5 mg/dl]:
karbamyliertes HbA);
• Hämoglobinopathien (HbH, HbF etc.);
• Pharmaka (hohe Dosen ASS; Immunsuppressiva,
Proteaseinhibitoren).
HbA1c zur Diagnose eines Diabetes
2. „Falsch“ niedrige Werte von HbA1c durch: • höheren Erythrozyten-Turnover; • Leistungssport; • große Höhen; • hämolytische Anämie; • Blutverlust; • nach Bluttransfusionen;Pharmaka, wie Erythropoetin, Eisensupplementierung; • chronische Niereninsuffizienz mit verkürztem
Erythrozytenüberleben; • Leberzirrhose mit verkürztem Erythrozytenüberleben; • ernährungsbedingt (hoher Alkohol-/ Fett-Konsum); • Hämoglobinopathien (HbS, HbC, HbD). bisher unzureichend berücksichtigte Faktoren:
• niedrigerer diagnostischer Wert in verschiedenenPopulationen (z. B. ältere Menschen, verschiedeneethnische Gruppen);
• Überdiagnostik bei Menschen mit genetischbedingter Hyperglykierung.
HbA1c: Patienten-Bsp.Diskrepanz Glukosekonzentration – HbA1c
Patient mit hämolytischerAnämie (autoimmun)
HbA1c Glucose Hb
Patient berechnete Glucose
Patient berechneterHbA1c
3 %(9,0 mmol/mol)
39 mg/dl 105 mg/dl 5,3 % 8,0 g/dl
2,6 %(5,0 mmol/mol)
28 mg/dl 88 4,7 % 7,9 g/dl Patient mit Leberzirrhose und damit verbundene Anämie
HbA1c nicht aussagekräftig!
mittlere Plasmaglucose [mg/dl] = (28,7 x HbA1c [%]) – 46,7(Nathan DM et al, Diabcare 2008;31:1-6)
Alternative: Bestimmung von Fructosamin/glykiertes Albumin (repräsentiert die Glykierungvon Albumin, HWZ 2-3 Wochen)
Biomarker bei Diabetikern (Diagnose, Monitoring, Risikomarkern)
- Glukose in Blut und Urin, (oGTT)
- HbA1C, Fruktosamin
- Albumin im Urin, Kreatinin (Nierenfunktion)
- Lipoproteinstoffwechsel (KHK-Risiko-Faktor bei Diabetiker)
(Cholsterin, Triglyceride, HDL-Cholesterin, Apolipoproteine)
aus: Hürter et al. (2016) Kinder und Jugendliche mit Diabetes
2. Typ 1 Diabetes:
Entwicklung des Typ 1 Diabetes: ß-Zellzerstörung, die zu einem absoluten Insulinmangel führtZumeist immunologisch vermittelt
Diabetes-spezifische Autoantikörper
• Anti-Inselzell-Ak (ICA)häufig die ersten initialen beta-Zell-Ak, viele Jahre vor Manifestation nachweisbar, Wertigkeit eher gering
• Autoantikörper gegen Glutamat-Decarboxylase (anti-GAD, GADA)bei Diabetes Typ 1 länger als ICA-Ak nachweisbar
• Insulin-Autoantikörper (IAA)können autoimmun entstehen oder unter Insulintherapie, stark altersabhängig, zur Risikoeinschätzung der Diabetesentwicklung bei Kleinkindern, ebenfalls Frühmarker, kommen mit zunehmendem Alter immer seltener vor, bei Erwachsenen nur zusammen mit anderen DM-spez. AK relevant
• Autoantikörper gegen die Tyrosinphosphatase (IA-2-Ak)bei Kindern und Jugendlichen hohe diagnostische Sensitivität hinsichtlich einer raschen Progression zum manifesten DM Typ 1
• Autoantikörper gegen den Zink-Transporter-8 der beta-Zellen (ZnT8-Ak)sehr gute Korrelation zu Masse und Funktion der beta-Zellen
Plasma Insulin nach Glucosebelastung
Normal Diabetes Type II Diabetes Type I
Pfifer HM, 1981. Am J Med
Sonderform Typ 1-Diabetes
LADA: Latent Autoimmune Diabetes in Adults
verzögert auftretender, autoimmunbedingter Diabetes im Erwachsenenalter
(oft als Typ 2-Diabetes diagnostiziert)
• Insulinmangel entwickelt sich eher langsam. • Patienten in einem Alter zwischen 35 und meist 50 Jahren• Patienten seltener übergewichtig, zeigen jedoch auch Hinweise auf eine
allgemeine Stoffwechselstörung (z. B. Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen)• Nachweis von Autoantikörpern (ICA, GAD)• Autoimmunerkrankung in der Krankenvorgeschichte
• Therapie: zunächst Ernährungsumstellung, körperliche AktivitätPatienten werden allerdings häufig schon nach wenigen Monaten Insulin-pflichtig (Sekundärversagen)
3. Gestationsdiabetes:
Erstmals während der Schwangerschaft aufgetretener oder diagnostizierter Diabetes (Glucosetoleranzstörung)
Gelegenheits-Glucose≥ 200 mg/dl
Nüchtern-Glucose≥ 92 mg/dl
oder
Nüchtern-Glucose (Zweitmessung)
< 92 mg/dl 92 – 125 mg/dl ≥ 126 mg7dl
o.B. GDM Diabetes
Vor 24 SSW:
oGTT ab 24 SSW
Ab 24 SSW
75 g – oGTTNü: ≥ 92 mg/dl1 h: ≥ 180 mg/dl2h : ≥ 153 mg/dl
mind. 1 WertGDM
50g-oGTT: als Vortest (pos. Screening; unabhängig von Tageszeit und Nahrungsaufnahme); nach 1h: ≥ 135 mg/dl
→ 75g-oGTT
Vgl. S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge, 2. Auflage
Term I, 20–23 weeks;term II, 24–27 weeks; term III, 28–31 weeks; term IV, 32–35 weeks
Hashimoto K et al., Diabetes Care. 2010;33(3):509-11http://www.ncbi.nlm.nih.gov/sites/entrez?db=pubmed
HbA1C but not serum glycated albumin is elevated because of iron deficiency in pregnancy in diabetic women
Gestationsdiabetes: Komplikationen
6 Wochen nach der Geburt
• Normoglykämie• Erhöhte Nüchternglucose• Gestörte Glucosetolerenz• Diabetes mellitus
Mütterliche Komplikationen↑ Abortrisiko↑ Risiko einen Diabetes zu entwickeln; 17-63% entwickeln DM in den nächsten 5-16 Jahre↑ Übergewicht ↑ Insulinresistenz
Kindliche KomplikationenMakrosomie: Geburtsgewicht > 90. Perzentile (4 kg)Neonatale HypoglykämieRespiratory Distress Syndrome
Glucose-Stoffwechsel der Kinder von Müttern mit GD sollte regelmäßig kontrolliert werden (im Schulkindalter: Adipositas, Gestörte Glucosetoleranz )
rek
las
sif
izie
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Diabetes Typ 3 : nicht „klassische“ Formen von Typ 1 oder 2
Ursachen:• eine Schädigung der Bauchspeicheldrüse • genetische Veränderungen• hormonelle Ursachen• Virusinfektionen
MODY (Maturity Onset Diabetes of the Young)
• Nichtimmunologisch bedingter, monogenetisch verursachte Diabetes-Form,• Entweder dominant, rezessiv oder mitochondrial vererbt, aber auch durch de-novo-
Mutation• Gendefekte beziehen sich auf unterschiedliche β-Zell-Funktionen (Genmutationen
von Transkriptionsfaktoren, Ausnahme MODY 2 Mutation des Glucokinase Gens)• seltene Diabetes-Formen, häufig fälschlicherweise zunächst als Diabetes vom Typ 1
und Typ 2 diagnostiziertSymptome für das jeweilige Erkrankungsalter meist ungewöhnlich
• Kein Nachweis von AK gegen GAD, IA-2 und/oder Inselzellen
MODY Typ (internat. Anteil %); Erbgang
Alter (Jahre) bei Manifestation
Ausprägung der Hyperglykämie
Klin. Bild
MODY 3 (20 - 50 %)HNF-1-αAutosomal-dominant
4 - 18 Stark hyperglykämisch
• Starker BZ-Anstieg im oGTT (> 90 mg/dl), niedrige Nierenschwelle
• Zunehmende Hyperglykämie im Alter
• Ansprechen auf Sulfonylharnstoffe
MODY 2 (20 – 50 %)GlucokinaseAutosomal-dominant
0 - 18 Mild hyperglykämisch
• Oft Zufallsbefund• Nüchtern-BZ meist gering erhöht
(99 – 144 mg/dl)• BZ-Anstieg im oGTT gering
(< 63 mg/dl)• Im Alter keine BZ- Verschlechterung• Selten mikro- oder makrovaskuläre
Komplikationen, auch ohne medik. Therapie
MODY 1 (1 – 5 %)HNF-4-αAutosomal-dominant
5 - 18 Deutlich hyperglykämisch
• Ähnlich wie HNF-1-α, aber normale Nierenschwelle
• Ansprechen auf Sulfonylharnstoffe
Die häufigsten MODY-Formen und ihre klinischen Charakteristika
Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter, Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) 2015
Stufendiagnostikbei MODY
(Labor Limbach, Heidelberg)
Gentests