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Belal Al Saeid Das Interview mit Belal wurde in seiner neuen, kleinen Wohnung geführt, die er nach und nach mit geschenkten Sachen einrichtet und liebevoll dekoriert. Mein Name ist Belal und ich komme aus Homs in Syrien. Als jüngstes Kind meiner Eltern wurde ich 1994 geboren. Ich habe 2 Schwestern und 5 Brüder. Nach Abschluss der Schule habe ich meinen Eltern geholfen und als Automechaniker gearbeitet. Als der Krieg nach Homs kam, begann die Zeit des ständigen Umziehens. Die Bomben sind uns immer wieder gefolgt. Vor 4 Jahren ging zuerst ich mit einem meiner Brüder und seiner Familie nach Libyen, um zu arbeiten. Da mein Vater herzkrank ist, flüchteten meine Eltern mit meinen anderen Geschwistern 1 Jahr später nach Jordanien. Aber auch in Libyen herrschen kriegsähnliche Zustände, und es wurde immer gefährlicher für uns. So entschlossen wir uns im Oktober 2014 zur Flucht über das Mittelmeer. Jeder weiß, wie gefährlich die Überfahrt ist, aber wir wussten keinen anderen Weg. Und so stiegen wir eines Nachts in ein kleines Holzboot, in das 350 Menschen gepfercht wurden. Die Erwachsenen haben dafür jeweils 1.300 US$ bezahlt. Mitten auf dem Meer fiel der Motor aus, rauchte und wir trieben im Meer. Es brach Panik und Angst vor Feuer aus. Die beiden Schlepper haben den Motor aber wieder in Gang gebracht. Nachts hat uns ein Schiff gefunden und Hilfe gerufen. Morgens kam ein großes Schiff mit einem blauen Kreuz, das uns an Bord nahm und nach Neapel brachte. Die beiden Schlepper wurden von der Polizei abgeführt. Wir sind mit Hilfe von Voluteers, die uns immer wieder mit Rat halfen, mit dem Zug über Mailand, München und Frankfurt nach Gießen gekommen. Über Kirchheim und Schlüchtern kamen wir nach Ronneburg. Mein Bruder zog später nach Erlensee. Ich darf nun vorerst noch 2 Jahre in Deutschland bleiben. Ab September 2015 habe ich den Deutschkurs am Rathaus besucht und bin seit März 2016 in einem Integrationskurs der ib in Hanau. Da ich nie gut Lesen und Schreiben gelernt hatte, ist dies ein Alphabetisierungskurs als Vorbereitung auf A1. Deutsch schreibe ich inzwischen besser als arabisch. Zusätzlich nehme ich an einem Tag in der Woche an einem Deutschkurs teil, den das muslimische Kulturzentrum für Geflüchtete anbietet, damit wir schnell die deutsche Sprache lernen.

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Page 1: kommunalwettbewerb-zusammenleben.de · Web viewDa ich nie gut Lesen und Schreiben gelernt hatte, ist dies ein Alphabetisierungskurs als Vorbereitung auf A1. Deutsch schreibe ich inzwischen

Belal Al Saeid

Das Interview mit Belal wurde in seiner neuen, kleinen Wohnung geführt, die er nach und nach mit geschenkten Sachen einrichtet und liebevoll dekoriert.

Mein Name ist Belal und ich komme aus Homs in Syrien. Als jüngstes Kind meiner Eltern wurde ich 1994 geboren. Ich habe 2 Schwestern und 5 Brüder. Nach Abschluss der Schule habe ich meinen Eltern geholfen und als Automechaniker gearbeitet.

Als der Krieg nach Homs kam, begann die Zeit des ständigen Umziehens. Die Bomben sind uns immer wieder gefolgt. Vor 4 Jahren ging zuerst ich mit einem meiner Brüder und seiner Familie nach Libyen, um zu arbeiten. Da mein Vater herzkrank ist, flüchteten meine Eltern mit meinen anderen Geschwistern 1 Jahr später nach Jordanien.

Aber auch in Libyen herrschen kriegsähnliche Zustände, und es wurde immer gefährlicher für uns. So entschlossen wir uns im Oktober 2014 zur Flucht über das Mittelmeer.

Jeder weiß, wie gefährlich die Überfahrt ist, aber wir wussten keinen anderen Weg. Und so stiegen wir eines Nachts in ein kleines Holzboot, in das 350 Menschen gepfercht wurden. Die Erwachsenen haben dafür jeweils 1.300 US$

bezahlt. Mitten auf dem Meer fiel der Motor aus, rauchte und wir trieben im Meer. Es brach Panik und Angst vor Feuer aus. Die beiden Schlepper haben den Motor aber wieder in Gang gebracht. Nachts hat uns ein Schiff gefunden und Hilfe gerufen. Morgens kam ein großes Schiff mit einem blauen Kreuz, das uns an Bord nahm und nach Neapel brachte. Die beiden Schlepper wurden von der Polizei abgeführt.

Wir sind mit Hilfe von Voluteers, die uns immer wieder mit Rat halfen, mit dem Zug über Mailand, München und Frankfurt nach Gießen gekommen. Über Kirchheim und Schlüchtern kamen wir nach Ronneburg. Mein Bruder zog später nach Erlensee.

Ich darf nun vorerst noch 2 Jahre in Deutschland bleiben. Ab September 2015 habe ich den Deutschkurs am Rathaus besucht und bin seit März 2016 in einem Integrationskurs der ib in Hanau. Da ich nie gut Lesen und Schreiben gelernt hatte, ist dies ein Alphabetisierungskurs als Vorbereitung auf A1. Deutsch schreibe ich inzwischen besser als arabisch. Zusätzlich nehme ich an einem Tag in der Woche an einem Deutschkurs teil, den das muslimische Kulturzentrum für Geflüchtete anbietet, damit wir schnell die deutsche Sprache lernen. Hier helfen viele Deutsche mit, unter denen ich bereits Freunde gefunden habe – wie in Ronneburg auch.

Sobald ich über ausreichende Sprachkenntnisse verfüge, würde ich am liebsten als Automechaniker arbeiten. Aber das Wichtigste ist, überhaupt arbeiten zu können.

In meiner Freizeit lerne ich viel, besonders die deutsche Grammatik ist schwer. Ich besuche meinen Bruder und seine Familie, treffe mich mit meinen neuen Freunden und helfe gerne, wo man mich braucht. Es ist schön hier in Deutschland und die Menschen sind sehr freundlich zu mir. Ich kann mir vorstellen, hier zu bleiben.

Aber ganz ehrlich, sollte jemals Frieden in Syrien eintreten, würde ich sehr gerne wieder gemeinsam mit meiner ganzen Familie in Syrien leben. Die Familie und unsere Heimat bedeuten mir sehr viel.

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Diaa Hamza

Mein Name ist Diaa Hamza. Ich komme aus Damaskus in Syrien. Dort habe ich mit meiner Frau gelebt und von 2008 – 2015 für die UN als Elektroingenieur für erneuerbare Energien gearbeitet. Ich war im Komitee syrischer

Erfinder und habe selbst 2 Patente im Bereich erneuerbarer Energien und Umwelt beantragt. Meinen Masterstudiengang konnte ich nicht fortführen, weil die Universität mehrfach unter Granatbeschuss lag. Damaskus – eine Stadt ohne Elektrizität und Wasser.

Ausschlaggebend für meine Flucht war, dass ein junger Mann in Syrien dem dauernden Druck der Assad-Regierung ausgesetzt ist, der Armee beizutreten und damit ein Mörder am eigenen Volk zu werden. Nach meiner Ansicht verfolgen jedoch alle Parteien, die in diesem Konflikt beteiligt sind, die Philosophie: es gibt nichts Höheres als den Tod. Ich sehe das anders. Ich wurde überall bedroht: in der Universität, zu Hause und am Arbeitsplatz. Ich hatte mehrfach großes Glück, nicht

getötet zu werden. Der Tod lauert auf allen Plätzen, in allen Straßen und beherrscht die Nachrichten. Ich konnte so nicht mehr leben und hatte Angst, meine Menschlichkeit zu verlieren.

Meine Flucht führte über den Libanon in die Türkei. In Izmir habe ich 10 Tage verbracht, um mit einem Schlepper die Reise nach Griechenland zu vereinbaren. Überall in der Stadt waren Flüchtlinge, die darauf warteten, von Schleppern angesprochen zu werden. Schlepper, das sind Dämonen ohne Gefühl für das menschliche Leben. Wir wurden an einen Strand gebracht und etwa 50 Personen in ein Gummiboot gepfercht. Auf See hörst du nichts mehr, nur das Weinen der Frauen und Kinder. (Schließt eure Augen und stellt euch das einmal vor.) Die 3stündige Überfahrt kam mir vor wie 1 Monat. Über die Balkanroute (zu Fuß, per Bus und Bahn) kam ich nach Deutschland.

Hier angekommen, habe ich mich zum ersten Mal nach 5 Jahren sicher gefühlt. Ein wunderbares Gefühl, morgens aufzuwachen, ohne Explosionen und Gefechtslärm zu hören. In Kassel habe ich in der Küche der Erstaufnahmeeinrichtung geholfen und die ersten Freunde gefunden.

Heute lebe ich in Ronneburg, einem wundervollen Ort. Ich habe viele nette Menschen getroffen, die mich auch moralisch unterstützen, und von denen ich einiges gelernt habe.

Meine Pläne für die Zukunft? Ich möchte meine Frau nachholen, die ich sehr vermisse und die Anfang März unsere Tochter erwartet. Ich stelle es mir sehr schwer vor, wenn ich sie nur auf Bildern aufwachsen sehen sollte und niemals umarmen könnte.

Derzeit lerne ich fleißig Deutsch. Im Oktober 2016 beabsichtige ich, an der iENA (Internationale Fachmesse „Ideen-Erfindungen-Neuheiten“) teilzunehmen, die ich letztes Jahr nicht besuchen konnte, weil Deutschland in Syrien keine Botschaft unterhält. Ich möchte meinen Masterstudiengang abschließen und in meinem Spezialgebiet erneuerbare Energien arbeiten. Meinen Lebenslauf für die Jobsuche habe ich bereits erstellt.

Ergänzung der Autorin: Wo immer wir im Dorf Hilfe benötigen, Diaa hilft. Er organisiert die Gemeinschaft aus Syrern und Irakern in seiner Unterkunft und unterstützt das wöchentliche Kulturcafé der Gemeinde Ronneburg, in dem sich Flüchtlinge und Einheimische treffen. Er leistet ganze Arbeit für die Integration, seine eigene und die der anderen Flüchtlinge.

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Daoud Shefajo

Ich heiße Daoud S, bin 26 Jahre alt und komme aus Afghanistan. Mit meiner Frau Samira und unseren Töchtern (Yusra 4 und Neda 1 Jahre) wohnen wir jetzt in Ronneburg-Altwiedermus. Neda wurde im Erstaufnahmelager in Gießen geboren.

In Afghanistan habe ich für die Amerikaner und Italiener im Beschaffungswesen gearbeitet. Materiell ging es uns gut. Aber dann wurden die Truppen aus unserer Gegend abgezogen, und wie alle Mitarbeiter der Streitkräfte, die uns gegen die Taliban halfen, kam auch ich auf die bekannten Todeslisten der Taliban. Damit waren mein Leben und das meiner Familie in Gefahr.

Wir sind geflohen und ich habe meinen kleinen Bruder Sulaiman (9 Jahre) mitgenommen. Er geht seit einem Jahr in die Ronneburgschule und ist richtig glücklich, lernen zu können.

Meine Familie ist sehr froh, in Deutschland zu sein, und ich will schnell Deutsch lernen, einen guten Beruf finden und arbeiten.

Anmerkung: Daoud S. hat im Rahmen einer Bürgerversammlung in Ronneburg vor einem Jahr den Besuchern in perfektem Englisch seine Geschichte erzählt. Die wesentlichen Punkte hatte er vorher in Form eines deutschen Briefes an die Ronneburger vorbereitet und an diesem Abend vorgelesen.

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Shakila Akbari

2013 bin ich mit meinem Mann und meinen 4 Kindern von Herat in Afghanistan nach Deutschland geflüchtet. Wir haben uns dazu entschlossen, unsere Familien und unsere Heimat zu verlassen, weil wir die Sicherheit unserer Kinder nicht mehr gewährleisten konnten.

Die Taliban kamen zurück und Anschläge nahmen zu. Bereits 2009 drangen sie in unser Haus ein und griffen meinen Mann an. Ich warf mich dazwischen. Da traten sie auf mich ein und brachen mir 4 Rückenwirbel. Noch heute habe ich trotz zweier Operationen dauernd starke Schmerzen. Als sie unseren ältesten Sohn entführten, konnten wir ihn gegen eine Lösegeldzahlung freibekommen. Diesmal. Aber dann kamen unsere beiden Töchter in ein Alter, in dem wir fürchten mussten, dass sie zwangsverheiratet werden. Der Schulbesuch wurde auch immer schwieriger, und sie konnten das Haus nur noch verhüllt verlassen. Das war der Moment, wo wir uns zur Flucht entschlossen. Wir waren lange

unterwegs über den Iran, zu Fuß im Winter in die Türkei, mit einem kleinen Boot 8 Tage übers Mittelmeer nach Lampedusa, und weiter nach Deutschland. Wir haben all diese Strapazen auf uns genommen, weil wir ein Ziel vor Augen hatten: unsere Kinder sollten lernen können und weder von den Taliban zwangsrekrutiert noch zwangsverheiratet werden.

Was mich glücklich macht: Unsere Kinder gehen in die Schule – alle lernen Deutsch und haben schon deutsche Freunde. Und wir erwarten ein Baby. Mein Mann und ich sind sehr froh, dass auch wir Deutsch lernen können, denn wir wollen arbeiten und unsere Familie ernähren – wie früher in Afghanistan. Mein Mann arbeitet bereits einige Monate im Bauhof in Ronneburg.

Meine ganze Familie möchte die Gelegenheit nutzen und einfach danke sagen all den netten Menschen in Deutschland.

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Die Rasselbande aus der Bahnhofstraße

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Familie Mdalal / Zakaria

Seit September 2016 wohnt bei uns im Dorf die erste Familie, die im Rahmen der Familienzusammenführung wieder vereint wurde.

Mazhar Mdalal kam 2015 nach Deutschland und musste mehr als ein Jahr warten, bis er seine Lieben wieder in die Arme schließen konnte: Safa seine Frau, und die Kinder Judy, Hamza und Jana.

Wer die Wiedersehensfreude miterlebt hat, weiß, wie schwer die Trennung war. Aus einem traurigen Mann, der immer mit der Hälfte seiner Gedanken bei seiner Familie war, ist ein fröhlicher Mann mit Plänen für seine Zukunft geworden.

Aber von vorn.

Die Familie stammt aus Damaskus in Syrien. Dort hat Mazhar als Schneider erst als Schneider und später als LKW-Fahrer gearbeitet. Safa, die gut Englisch spricht, wollte ebenfalls arbeiten, und hat ein 2monatiges Praktikum im Krankenhaus absolviert. In Syrien lernt man da auch schon, Spritzen zu geben. Eine Ausbildung nach unserer Vorstellung kennt man dort nicht. Bei uns nennt man das Learning by Doing.

Nachdem die erste und dann die 2. Wohnung innerhalb von 1,5 Jahren von Bomben zerstört wurden, brachte Mazhar 2014 seine Familie in Sicherheit nach Kairo in Ägypten. Dort hat er 2 Jahre lang Braut- und Abendkleider genäht. Traumhaft schöne, ist hinzuzufügen. Den Entschluss, nach Deutschland zu gehen, fasste die Familie, weil sie für ihre Kinder eine gute Ausbildung wollte, die in Ägypten so nicht möglich ist. Warum gerade Deutschland? Syrer, die in Deutschland gearbeitet hatten, und bereits Geflüchtete sprachen nur gut von unserem Land. Und der FC Bayern München ist einem Fußballnarren wie Mazhar durchaus bekannt.

Also flog die Familie in die Türkei, wo er seine Familie bei seinem Vater und Bruder ließ, die dorthin geflüchtet waren, und sich auf den Weg nach Deutschland machte. Per Boot von der Türkei nach Griechenland, zu Fuß nonstop über die Balkanroute bis Ungarn – in 8 Tagen. Dort hat der nächste Schlepper die Fahrt nach Deutschland organisiert. Über Gießen und Schlüchtern ist Mazhar zu uns nach Ronneburg gekommen.

Relativ schnell erhielt Mazhar seine Aufenthaltsgenehmigung für 3 Jahre und konnte die Formalitäten für den Nachzug seiner Familie in die Wege leiten. Er musste ein weiteres Jahr auf seine Familie warten, weil Safa erst nach 8 Monaten in Istanbul einen Termin für die Beantragung des Visums erhielt. Nach weiteren 4 Monaten wurde dies erteilt. Aber als sich die Familie im September 2016 am Frankfurter Flughafen traf, war das vergessen und nur noch Glück. Heute leben sie gemeinsam in einer kleinen Wohnung in der Bahnhofstraße.

Mazhar besucht den A1 Kurs in Hanau und macht jetzt seinen Führerschein. Sehtest und Erste Hilfe Kurs hat er bereits absolviert. Er möchte gerne, wenn er besser Deutsch kann, wieder in seinem Beruf als Schneider arbeiten. Bei der Spvgg. Hüttengesäß trainiert er jeden Donnerstagabend mit und hofft, bald gut genug zu sein, damit er mitspielen kann.

Sobald die kleine Jana im Sommer in den Kindergarten gehen kann, wird auch Safa Deutschkurse besuchen. Sie würde gerne in unserer Apotheke ein Praktikum absolvieren, denn sie möchte auch wieder berufstätig sein.

Die Kinder Judy und Hamza besuchen die Ronneburgschule und verstehen schon recht gut Deutsch. Der Mut, es zu sprechen, fehlt noch ein wenig. Deutsche Freunde könnten helfen, die Angst zu überwinden.

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Maher und Basher Mdalal

Maher bei seiner derzeit wichtigstenTätigkeit: Deutsch lernen. Neben dem täglichen Schulbesuch in Hanau, wo er den A1 Kurs besucht, kommt er jeden Donnerstagabend in den Kulturtreff und nimmt am Angebot des Arbeitskreises Deutschnachhilfe teil.

Maher Mdalal ist Syrer und hat bis 2013 mit seiner Familie, seiner Frau, einer Tochter und drei Söhnen, in Damaskus gelebt. Seine Familie konnte von seinem Einkommen als Elektriker gut leben.

Bereits 2013 kam der Krieg nach Damaskus und Maher ist aus Angst um das Leben seiner Familie nach Ägypten gegangen. Seinen kleinen Neffen Basher nahm er auch mit. Zwei Jahre hat er dort vergeblich versucht, als Elektriker eine Anstellung zu finden und sich mit Hilfsarbeiten über Wasser gehalten. Dazu kam, dass einer seiner Söhne aufgrund einer angeborenen

Fehlstellung der Beine eine schwierige Operation benötigt. Ein Sozialsystem wie bei uns gibt es dort nicht. Er hätte die OP alleine bezahlen müssen, was er irgendwie möglich

gemacht hätte. Aber von 4 Ärzten wollte jeder unterschiedlich vorgehen. Vertrauen konnte er zu keinem aufbauen. Auch vom Schulsystem war er aus Syrien eine bessere Qualität gewohnt.

Von Deutschland hatte er nur Gutes gehört. Also hat er sich erkundigt und ihm wurde gesagt, wenn er in Deutschland ist und sein Asylantrag positiv entschieden ist, kann er seine Familie nachholen. . Er hatte einfach Angst, seine Familie könnte ertrinken, wenn er sie mitnähme. Dann lieber die sichere Variante per Visum. Und so fasst er 2015 den Entschluss, die gefährliche Reise gemeinsam mit seinem Neffen Basher über die Türkei, mit dem Boot nach Griechenland und weiter über die Balkanroute anzutreten Beide haben es geschafft.

Über verschiedene Stationen kamen beide im August 2015 nach Ronneburg. Als Maher seine Anerkennung hatte, musste er jedoch erfahren, dass der Nachzug seiner Familien aus Ägypten nicht genehmigt wird, jedenfalls so lange, bis er unabhängig von einem eigenen Einkommen lebt. Arbeiten würde er gerne, und ein tüchtiger Elektriker findet auch sicher Arbeit, nur, da ist die Sprachbarriere. Also klemmt er sich dahinter, Deutsch zu lernen. Es ist fast unerträglich für ihn, dass er seine Familie jetzt schon 2 Jahre nicht gesehen hat.

Basher als 15Jähriger hat es bedeutend leichter, unsere Sprache zu lernen. Und so fungiert er oft als Dolmetscher. Die Stichworte für diesen Text hat er im Übrigen in Deutsch aufgeschrieben. Er besucht die Käthe-Kollwitz-Schule in Langenselbold und hat dort auch Freunde gefunden – genau wie in Ronneburg in Ahmad und Mahmud.

Basher ist ein fröhlicher, und neugieriger Teenager, den besonders unser demokratisches Staatssystem und unseren Schulen begeistern.

In seiner Freizeit spielt er gerne mit seinen Kumpels in der Bahnhofstraße Fußball.

Maher und Basher gehören zu den neuen Ronneburgern, die gerne helfen, wo Hilfe gefragt ist, und beide sind regelmäßig im Kulturtreff.