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Komplementäres Schmerzmänägement in der Pälliätive Cäre 15. Interdisziplinärer Basislehrgang für Palliative Care 2011 / 2012 Salzburg Betreuer: DGKP Jörg Fuhrmann MSc

Komplementä res Schmerzmänägement in der Pälliätive Cäre · ÄrztInnen die Therapie von Schmerzen, die mitunter die häufigsten Symptome im Laufe einer Tumorerkrankung und in

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Komplementä res Schmerzmänägement in der Pälliätive Cäre 15. Interdisziplinärer Basislehrgang für Palliative Care

2011 / 2012 Salzburg

Betreuer: DGKP Jörg Fuhrmann MSc

Komplementäres Schmerzmanagement in der Palliative Care

Preik-Schmidt K., Putz E., Staffner B., Teubenbacher A., Winkler K.

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Inhalt

1 Einleitung ............................................................................................................. 3

1.1 Projektgruppenteilnehmer .................................................................................................................. 5

2 Wickel und Kompressen .......................................................................................... 6

2.1 Einführung .................................................................................................................................................... 7

2.2 Geschichtlicher Hintergrund .......................................................................................................................... 8

2.3 Definitionen ................................................................................................................................................... 9

2.4 Anwendung in der Palliativpflege .................................................................................................................. 9

2.5 Materialien für die Wickelanwendungen ..................................................................................................... 10

2.6 Wirkstoffe in den Heilpflanzen .................................................................................................................... 11

2.7 Wirkstoffe für schmerzlindernde Wickelanwendungen................................................................................ 13

2.8 Schlussgedanken........................................................................................................................................ 24

2.9 Literatur ....................................................................................................................................................... 25

3 Aromapflege ...................................................................................................... 26

3.1 Allgemeines ................................................................................................................................................ 26

3.2 Anwendungsmöglichkeiten ......................................................................................................................... 29

3.3 Einreibungen und Streichungen .................................................................................................................. 30

3.4 JOJOBAÖL (WACHS) ................................................................................................................................ 31

3.5 JOHANNISKRAUTÖL ................................................................................................................................. 32

3.6 CAJEPUT ................................................................................................................................................... 33

3.7 LAVENDEL ................................................................................................................................................. 34

3.8 ROSMARIN c.t. 1,8-Cineol ......................................................................................................................... 36

3.9 Relevante Öle und Rezepturen bei Tumorschmerzen ................................................................................ 37

3.10 Rezepturen ............................................................................................................................................... 38

3.11 Literatur ..................................................................................................................................................... 40

4 Homöopathie als komplementäre Methode der Schmerztherapie in der Palliative

Care .......................................................................................................................... 41

4.1 Einleitung .................................................................................................................................................... 41

4.2 Grundlagen der Homöopathie ..................................................................................................................... 42

4.3 Homöopathische Arzneimittel ..................................................................................................................... 44

4.4 Auswahl eines homöopathischen Arzneimittels .......................................................................................... 46

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Preik-Schmidt K., Putz E., Staffner B., Teubenbacher A., Winkler K.

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4.5 Vorstellung einiger homöopathischer Arzneien ........................................................................................... 47

4.6 Grenzen und Schwierigkeiten im Bereich der Palliative Care ..................................................................... 59

4.7 Literatur ....................................................................................................................................................... 60

5 Basale Stimulation® ........................................................................................... 61

5.1 Motivation ................................................................................................................................................... 61

5.2 Geschichtliche Entwicklung ........................................................................................................................ 63

5.3 Das Konzept ............................................................................................................................................... 64

5.4 Wahrnehmungsbereiche des Menschen ..................................................................................................... 66

5.5 Basal stimulierende Angebote .................................................................................................................... 68

5.6 Nachwort ..................................................................................................................................................... 74

5.7 Literatur ....................................................................................................................................................... 74

6 Entspannungsverfahren in der Palliative Care .................................................. 61

6.1 Einleitung .................................................................................................................................................... 75

6.2 Theoretische Grundlagen ........................................................................................................................... 77

6.3 Progressive Muskelentspannung nach Jacobson ....................................................................................... 81

6.4 Kennzeichen physischer Entspannungsreaktionen .................................................................................... 82

6.5 Kennzeichen psychischer Entspannungsreaktionen ................................................................................... 84

6.6 Kontraindikationen ........................................................................................................................... 84

6.7 Durchführung .............................................................................................................................................. 85

6.8 Fazit 90

6.9 Literatur ....................................................................................................................................................... 91

7 Schlusswort ........................................................................................................ 92

Komplementäres Schmerzmanagement in der Palliative Care

Preik-Schmidt K., Putz E., Staffner B., Teubenbacher A., Winkler K.

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1 Einleitung

„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher

oder potenzieller Gewebeschädigung einhergeht oder von betroffenen Menschen so

beschrieben wird, als wäre eine solche Gewebeschädigung die Ursache.“

Die internationale Schmerzgesellschaft hat mit diesen Worten versucht dem Begriff

„Schmerz“ eine Definition zu geben. Wie Leidtragende das subjektive Symptom

Schmerz jedoch tatsächlich empfinden, lässt sich oft nur schwer bzw. ungenügend in

Worte fassen. Verständigungsschwierigkeiten zwischen PatientInnen und

Pflegepersonal bzw. behandelndem Arzt oder Ärztin sind vorprogrammiert, gar nicht

auszudenken wenn eine verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist.

Und so stellt uns als diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen und

ÄrztInnen die Therapie von Schmerzen, die mitunter die häufigsten Symptome im

Laufe einer Tumorerkrankung und in der Palliative Care darstellen, vor eine große

Herausforderung.

Schmerzen können durch den Tumor selbst in Folge einer Infiltration, Kompression

mit begleitender Durchblutungsstörung, Ulzeration oder Perforation verursacht

werden. Schmerzen treten aber oft auch therapiebedingt nach Chemotherapien,

Bestrahlungen oder Operationen auf. Des Weiteren sind viele Erkrankungen

tumorassoziiert, wie z.B. Thrombosen, Lungenentzündungen, Pilzinfektionen, sowie

Schädigungen der Haut und des darunterliegenden Gewebes durch die

Immobilisation. Natürlich kommt es auch zu Schmerzen, die völlig unabhängig von

der Tumorerkrankung sind, wie Kopf- oder Gelenksschmerzen.

Nach dem Schmerzkonzept „Total Pain“ von Cicely Saunders, die neben Elisabeth

Kübler-Ross als Begründerin der Palliativmedizin und Hospizbewegung gilt, gilt es

neben körperlichen Schmerzen natürlich auch psychische, soziale und spirituelle

Schmerzen zu berücksichtigen und entsprechend zu lindern.

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Preik-Schmidt K., Putz E., Staffner B., Teubenbacher A., Winkler K.

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So sind eine ausführliche Schmerzanamnese zu Art, Dauer, Intensität, Lokalisation,

etc. und Dokumentation Voraussetzung für die Schmerztherapie nach einem

ganzheitlichen Konzept. Die Intensität des Schmerzes kann in Form von Messskalen

(numerisch oder visuell in Form von Schmerzlinealen) oder ausführlichen

Fragebögen bzw. durch ein Schmerztagebuch dokumentiert werden. Die

PatientInnen sollen auf jeden Fall genau über alle Therapiemöglichkeiten und das

Vorgehen bei Besserung bzw. Verschlechterung der Schmerzen aufgeklärt und in die

Therapieplanung miteinbezogen werden. Engmaschige Kontrollen sind notwendig

um eine optimale Dosisanpassung bei Änderung der Symptomatik zu gewährleisten.

Eine medikamentöse Schmerztherapie erfolgt schließlich nach dem WHO-

Stufenschema in drei Schritten mit Nichtopioid- und Opioid-Analgetika, sowie

Koanalgetika, wie Antidepressiva, Neuroleptika und Kortikosteroiden. Dabei ist es

sinnvoll primär mit einer transdermalen oder oralen Therapie nach einem fixen

Zeitschema zu beginnen und langsam bis auf die benötigte Dosis zu steigern. Im

Laufe der fortgeschrittenen Tumorerkrankung muss dann an parenterale

Applikationsformen und Schmerzpumpen zur suffizienten Schmerzbehandlung

gedacht werden. Bei Knochenmetastasen bringt die Strahlentherapie

Schmerzlinderung.

Außerdem haben pflegerische und psychosoziale Maßnahmen, die physikalische

Therapie und der Einsatz von Hilfsmitteln zur Erleichterung der Mobilität, sowie

komplementäre Methoden, die im Folgenden im Rahmen dieser Projektarbeit mit der

Anwendung von Wickel und Kompressen, der Aromapflege, der basalen

Stimulation®, Entspannungsverfahren und der Homöopathie vorgestellt werden,

einen großen Stellenwert in der ganzheitlichen Behandlung von Schmerzen.

Literatur

Likar, Rudolf; Bernatzky, Günther; Märkert, Dieter; Ilias, Wilfried (2009):Schmerztherapie in

der Pflege, Schulmedizinische und komplementäre Methoden, Springer Wien NewYork

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1.1 Projektgruppenteilnehmer

Brigitte Staffner, Diplomierte Gesundheits – und Krankenschwester

[email protected]

Karin Winkler, Diplomierte Gesundheits – und Krankenschwester

[email protected]

Elisabeth Putz, Ärztin für Allgemeinmedizin

[email protected]

Anita Teubenbacher, Ärztin für Allgemeinmedizin

[email protected]

Kirsten Preik-Schmidt, Diplomierte Gesundheits – und

Krankenschwester

[email protected]

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2 Wickel und Kompressen

Brigitte Staffner

Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester

Foto: Staffner

Es hat sich schon oft gezeigt, dass man keine Überbrückung findet,

wenn man einen Schmerz oder einen Feind nur abschreckt oder wegscheucht.

Aber wenn man sagt:

„Komm her, lass dich anschauen, ich will mich für dich interessieren –

dann findet man fast immer Wege.“

Miriam Goldberg

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2.1 Einführung

Schmerzen gehören zu den unangenehmsten und mit Angst besetzten menschlichen

Erfahrungen.

Schmerz ist eine wichtige Schutzfunktion unseres Körpers und bewahrt uns oft vor

noch schwerwiegenden Schädigungen oder Verletzungen.

Ganz anders der Schmerz, der immer da ist, bei dem lediglich die Intensität wechselt,

der zum Alltag von unheilbar kranken und sterbenden Menschen noch immer

dazugehört.

Dieser chronische Schmerz hat längst seinen Sinn verloren. Das zentrale Ziel in der

Pflege von Menschen in der letzten Lebensphase ist den Schmerz auszuschalten

oder zu lindern.

Was tun, wenn Schmerzmittel scheinbar nicht ausreichen oder gar nicht wirken?

Hier bieten komplementäre Schmerzbehandlungen viele Handlungsmöglichkeiten im

Bereich der palliativen Betreuung.

Der Begriff „Komplementär“ kommt vom lateinischen „complementum“ und bedeutet

Erfüllung oder Begleitung. Komplementäre Medizin bedeutet eine Ergänzung zur

Schulmedizin.

Das Thema „Wickel und Kompressen“ und „Heilpflanzen“ begleitet mich schon viele

Jahre und ich bin eine begeisterte Anhängerin von den Anwendungen natürlicher

Heilmittel.

Da mir dieses Thema sehr am Herzen liegt, habe ich darüber ein Buch geschrieben

und auch die Ausbildung zur volksheilkundlichen Kräuterfachberaterin gemacht.

In dieser Projektarbeit möchte ich einige Wickelanwendungen vorstellen, die in der

Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen sehr gute

schmerzlindernde Wirkung zeigen, einfach in der Anwendung sind und auch im

Pflegealltag eingesetzt werden können.

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Es soll jeder sowohl Arzt als auch Pflegeperson ermutigt werden, sich über die

verschiedenen komplementären Behandlungsmöglichkeiten zu informieren und

individuell für die betroffenen Menschen die beste Lösung zu finden.

2.2 Geschichtlicher Hintergrund

Die Pflanzenheilkunde ist die älteste Form der Heilkunde. Sie hat sich von der

traditionellen Heilmethode, welche durch die Erfahrungen früherer Generationen

überliefert wurde zur wissenschaftlich anerkannten Phytotherapie weiterentwickelt

und ist auch in der modernen Medizin ein fester Bestandteil.

Die Anwendungen der Pflanzen zum Heilen sind so alt wie die Menschen selbst. Die

Menschen mussten sich auf ihren Instinkt verlassen und bei Schmerzen und anderen

körperlichen Beschwerden Mittel in der Natur suchen.

Heilpflanzen wurden für die Herstellung von Salben und Tinkturen, für

Wickelanwendungen und Kompressen, zum Räuchern und als Tee verwendet.

Vor allem die Anwendung der Heilpflanzen in Form von Wickeln und Kompressen

zählte zu den erfolgreichsten Heilmitteln des Mittelalters und stammt aus der

europäischen Kultur.

„Die Menschen sind mehr als sie es wahrhaben wollen,

ein Ausdruck des Teiles der Erde,

in dem sie leben.

Eine Rose des Westens sollte nicht danach trachten,

so zu blühen wie der Lotus des Ostens.“

Gareth Knight

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Bei den Wickelanwendungen und Kompressen verbindet sich das

Wissen aus der Phytotherapie und der Hydrotherapie.

Pfarrer Sebastian Kneipp (1821 – 1897) erkannte im 19.

Jahrhundert die Heilkräfte des kalten Wassers und durch die Kneipp-

Methode lassen sich viele Beschwerden lindern, die Abwehrkräfte

stärken und die Gesundheit erhalten.

Foto: Kneippverein

2.3 Definitionen

der Wickel umhüllt rundherum

die Kompresse wird nur auf die betroffene Stelle aufgelegt

umgangssprachlich spricht man vom „Wickel“

2.4 Anwendung in der Palliativpflege

Wenn bei der Pflege und Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen

wenig zur Linderung des Leidens beigetragen werden kann, so sind

Wickelanwendungen oft sehr hilfreich.

Die feinstofflichen Anteile der Heilpflanzen wirken im Zusammenspiel auf Körper,

Geist und Seele.

Die Aufmerksamkeit und Zuwendung welche die Menschen dadurch erfahren,

verändern positiv das Befinden und erhöhen die Bereitschaft zur Zusammenarbeit,

sowohl von den betroffenen Menschen selbst als auch von ihren Angehörigen.

Wickelanwendungen und Kompressen eignen sich sehr gut zur Schmerzlinderung

um die vorhandene Lebensqualität zu erhalten, um Ängste und Unruhe zu lindern,

um ein Gefühl von Geborgenheit und Wärme zu vermitteln und um Angehörigen das

Gefühl zu geben, dass sie noch sehr viel für ihre Lieben tun können.

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Beachte

Auf die Vorlieben und Wünsche des betroffenen Menschen individuell eingehen.

Wickel und Kompressen sehr sorgfältig und verantwortungsbewusst anwenden.

Sehr heiße, sehr kalte und stark reizende Wickelanwendungen vermeiden, da dies

für schwerkranke und sterbende Menschen eine zu große Belastung sein könnte.

Werden die Schmerzen oder andere Beschwerden nicht besser sondern werden

diese stärker und häufiger, dann unbedingt die Wickelanwendung beenden und den

Arzt hinzuziehen.

2.5 Materialien für die Wickelanwendungen

o Natürliche Wirkstoffe:

Wenn möglich nur Wirkstoffe aus biologischem Anbau verwenden.

o Wickeltücher:

Tücher aus natürlichen Fasern (Wolle, Baumwolle, Leinen, Flanell, Seide),

Handtücher, Leintuch, Stoffwindel, Geschirrtuch, Socken, Wollschal, …

Innentuch: aus Leinen oder Baumwolle

Zwischentuch: aus Baumwolle - wird nur bei feuchten Wickelanwendungen

benötigt

Außentuch: Badetuch, Handtuch, Flanelltuch, Wolldecke oder Wollschal –

damit die Wärme oder Kälte des Wickels hält und vor Nässe schützt

o Wärmekissen: (Dinkel- oder Hirsekissen)

Sie sind natürliche Wärmespeicher und schmiegen sich angenehm an den

Körper an.

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o Wärmflasche:

Bei feuchten Wickelanwendungen besser geeignet. Bei der Verwendung einer

Wärmflasche darauf achten, dass keine kleinen Haar-Risse im Plastikgummi

sind - vor allem bei älteren Modellen. Es besteht die Gefahr des Verbrühens!

2.6 Wirkstoffe in den Heilpflanzen

In jeder Heilpflanze sind neben den Wirkstoffen auch Begleitstoffe enthalten, welche

für die Aufnahme der Wirkstoffe in den Körper verantwortlich sind.

o Ätherische Öle:

Die meisten Pflanzen enthalten ätherische Öle. Sie sind Duftstoffe der Pflanze

und setzen sich aus vielen verschiedenen Substanzen zusammen.

o Alkaloide:

Alkaloide sind stickstoffhaltige Verbindungen und wirken als sogenannte

„Heilgifte“. Pflanzen mit einem hohen Gehalt an Alkaloiden sind nur äußerlich

anwendbar, da eine hohe Dosis giftig wirkt. Allgemein wirken Alkaloide

blutdrucksteigernd, nervenanregend und krampflösend.

o Bitterstoffe:

Bitterstoffe sind keine einheitliche chemische Gruppe. Die Inhaltsstoffe

schmecken bitter. Sie wirken entzündungshemmend, verdauungsfördernd,

kreislaufanregend und appetitanregend.

o Cumarine:

Cumarine haben einen charakteristischen Geruch aus. Sie riechen ähnlich wie

duftendes Heu und wirken krampflösend, entspannend, beruhigend und

entzündungshemmend.

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o Flavonoide:

Das ist ein Sammelbegriff für verschiedene Stoffe, welche eine gleiche

chemische Grundstruktur aufweisen. Sie haben unterschiedliche

Eigenschaften und sind an der Gesamtwirkung einer Heilpflanze immer

beteiligt. Ihre Wirkung kann harntreibend, gefäßerweiternd,

blutdrucksenkend, gerinnungshemmend und galleanregend sein.

o Gerbstoffe:

Gerbstoffe können Eiweißstoffe der Haut und Schleimhaut binden und in

unlösliche Stoffe umwandeln. Darauf beruht oft die Hauptwirkung eine

Pflanze. Sie wirken entzündungshemmend und zusammenziehend auf

Schleimhaut und Gewebe.

o Glykoside:

Sie haben eine große Vielfalt an Wirkstoffen und Wirkungen und kommen sehr

häufig vor. Sie können durch Wasser und Enzyme gespalten werden. Ihre

Wirkeigenschaften können schleimlösend, schweißtreibend, abführend und

herzstärkend sind.

o Kieselsäure:

Einige Pflanzen können die Kieselsäure aus dem Boden aufnehmen und

speichern. Sie wirkt auf das Bindegewebe, Haare, Haut und Nägel.

o Saponine:

Saponine sind pflanzliche Glykoside und haben einen großen Anteil an der

Gesamtwirkung einer Heilpflanze. Sie unterstützen die Aufnahme anderer

Inhaltsstoffe aus dem Darm und binden Cholesterin. Ihre Wirkungen sind sehr

vielfältig und sie können abwehrstärkende, entzündungshemmende,

harntreibende und schleimlösende Eigenschaften aufweisen.

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o Schleimstoffe:

Schleimstoffe sind unterschiedliche Stoffe, welche Wasser aufquellen und sich

schleimig anfühlen. Sie haben eine erweichende, reizlindernde und

einhüllende Wirkung, die vor allem bei Entzündungen der Schleimhäute

nützlich sind.

o Vitamine, Mineralien und Spurenelemente:

Diese Nährstoffe fehlen in keiner Pflanze und sind auch für uns Menschen

lebensnotwendige Stoffe.

2.7 Wirkstoffe für schmerzlindernde Wickelanwendungen

Meistens sind mehrere Wirkstoffe in einer Heilpflanze vorhanden und wirken dadurch

sehr vielfältig. Oft ist es ein Hauptwirkstoff, der den Heilcharakter einer Pflanze

bestimmt.

Eine entspannende, krampflösende oder entzündungshemmende Wirkung kann zur

Linderung von Schmerzen sehr viel beitragen.

o Arnika (Arnica montana)

Foto: mysteryinlo

„Arnika ist nicht mit Gold zu bezahlen“

Sebastian Kneipp

Der Arnika enthält sehr viele Bitterstoffe, Flavonoide und ätherische Öle, welche die

entzündungshemmende (antiphlogistisch), krampflösende (spasmolytisch),

schmerzlindernde (analgetisch) und Kreislauf anregende Wirkung erzeugen.

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Beachte

Manche Menschen reagieren allergisch auf Korbblütengewächse (Asteraceae) zu

deren Gruppe der Arnika gehört.

Es kann zu Bläschenbildung, Brennen, Hautveränderungen oder Juckreiz kommen.

Pulswickel mit Arnika-Lösung oder Arnika-Tinktur

Arnika-Lösung: 1 bis 2 Teelöffel getrocknete Arnikablüten mit 250 ml kochendem

Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen und abseihen. Abgekühlt als Lösung

verwenden.

Arnika-Tinktur: Getrocknete Arnikablüten in Alkohol angesetzt und bei der

Verwendung mit Wasser verdünnen.

Material

Arnika-Lösung oder Arnika-Tinktur, 2 Stofftaschentücher oder Mullkompressen und 2

Pulswärmer (abgeschnittene Strumpfhose, Sockenstulpen oder Stülperverband)

Stofftaschentücher mit Arnika-Lösung oder verdünnter Arnika-Tinktur befeuchten.

Locker von der Pulsinnenseite an den Hand- und/oder Fußgelenken nach außen

umwickeln und die Pulswärmer überstülpen.

Indikationen

- Schmerzen

- Angst

- motorischer Unruhe

- Bluthochdruck (Hypertonie)

- Fieber

- Schwindelgefühl

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Fallbeispiel

Herr H., 84 Jahre, terminales Stadium bei Prostata-CA, Metastasen im ganzen

Körper, starke Schmerzen, motorische Unruhe und Schreie, wurde zu Hause von der

Ehefrau, 82 Jahre und Tochter, 58 Jahre mit Unterstützung des ambulanten

Pflegedienstes betreut.

Pulswickel mit Arnika-Tinktur wurden von Herr H. sehr gut toleriert, vor allem auch,

da er die Arnikablüten selbst gesammelt und diese Tinktur selbst angesetzt hatte, als

er noch gesund war. Die Ehefrau und Tochter erneuerten diese Pulswickel 3 – 4 mal

am Tag und Herr H. wurde zunehmend ruhiger und entspannter. Auch das Schreien

wurde von Tag zu Tag weniger. Die Ehefrau und Tochter wurden immer sicherer im

Umgang mit Herrn H. und waren auch stolz, dass sie so viel für ihn tun konnten und

er sehr ruhig und entspannt in ihrem Beisein sterben konnte.

o Lavendel (Lavandula angustifolia)

Foto: dachgarten24

Lavendel enthält ätherische Öle, Cumarine, Gerbstoffe und Flavonoide und wirkt

beruhigend, entspannend, schmerzlindernd, wundheilend und schlaffördernd.

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Nacken-Kompresse mit Lavendel-Öl

Lavendel-Öl: einige Lavendelblüten in Olivenöl ansetzen oder ätherisches Lavendelöl

mit Olivenöl mischen

Material

Lavendel-Öl, Stofftaschentuch oder Mullkompressen, Stoffwindel oder kleines

Handtuch und Wärmekissen

Das Stofftaschentuch mit einem Lavendelöl tränken und auf den Nackenbereich

legen, eine Stoffwindel und ein warmes Wärmekissen dazu geben.

Diese einfache Nacken-Kompresse ist eine sehr schnelle „Erste-Hilfe-Methode“, um

körperliche und auch seelische Schmerzen rasch zu lindern und um das Einschlafen

zu erleichtern. Diese Kompresse ist eine sehr angenehme und sanfte Anwendung,

wenn die betroffenen Menschen nur in Rückenlage liegen können.

Indikationen

- Körperliche und seelische Schmerzen

- Angst

- Verspannungen im Nacken und Rücken

- Schlafstörungen

- Kopfschmerzen

- Gedankenkreisen

Fallbeispiel

Frau B., 61 Jahre, Zustand nach Mamma-CA, durch Metastasen in der Wirbelsäule

Querschnittlähmung, linker Arm stark ödematös und schmerzhaft, jede Bewegung

und Berührung ist sehr schmerzhaft, Frau B. kann nur auf den Rücken liegen und

wird im Hospiz betreut.

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Frau B. klagt sehr häufig über Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich, da sie

sich selbst nicht bewegen kann und dadurch auch sehr verspannt ist.

Nackenkompressen mit Lavendelöl werden als sehr angenehm und schmerzlindernd

von Frau B. angenommen. Sie verlangt meist 3 mal am Tag diese

Nackenkompressen und schwärmt, wie gut sie ihr tun und die Schmerzen leichter

werden.

Puls-Wickel mit Lavendel-Öl

Lavendel-Öl wirkt auf die Seele harmonisierend, baut körperliche und seelische

Spannungen ab und lindert Schmerzen.

Material

Lavendel-Öl, 2 Stofftaschentücher oder Mullkompressen und 2 Pulswärmer

(abgeschnittene Strumpfhose, Sockenstulpen oder Stülperverband)

Stofftaschentücher mit warmen Lavendel-Öl beträufeln und locker von der

Pulsinnenseite an den Hand- und/oder Fußgelenken nach außen umwickeln und

Pulswärmer (abgeschnittene Strumpfhose oder Sockenstulpen) überstülpen.

Indikationen

- Körperliche und seelische Schmerzen

- Angst

- motorischer Unruhe an Armen und Beinen

- Schlafstörungen

- Kopfschmerzen

- Gedankenkreisen

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Fallbeispiel

Frau O., 94 Jahre, Zustand nach Zervix-CA, sehr schwach und vor allem in der Nacht

starke Schmerzen und Unruhe, wird zu Hause bei der Familie ihres Sohnes und mit

Unterstützung des ambulanten Pflegedienstes betreut.

Pulswickel mit Lavendel-Öl am Abend werden von Frau O. sehr gut angenommen

und sie ist in der Nacht viel ruhiger, die Pulswickel werden von der Schwiegertochter

am Abend angelegt und Frau O. genießt diese Zuwendung, die Schwiegertochter

berichtet, dass Frau O. nun viel leichter zu betreuen ist.

o Heublumen (Flores graminis)

Foto: heublumen.at

Heublumen bestehen aus getrockneten Blüten, Samen, Stängel- und Blattstücken

von Gräsern.

Sie enthalten sehr viele natürliche Wirkstoffe, ätherische Öle und Spurenelemente.

Der Hauptwirkstoff ist das Cumarin, ein kampferähnlicher Stoff, der den Kreislauf

stärkt und den typischen Heugeruch erzeugt.

Heublumen regen die Durchblutung und Ausscheidung an, wirken durchwärmend,

entspannend, entzündungshemmend, krampflösend und schmerzlindernd.

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Heublumen-Kompresse

Material

Getrocknete Heublumen, Leinensäckchen, Kochtopf, Sieb und Deckel

In einem Leinensäckchen ungefähr 200 g Heublumen einfüllen. Dieses über

Wasserdampf erwärmen und so warm wie möglich auflegen. Ein kleines

Zwischentuch verwenden, da Heublumen Flecken hinterlassen.

Nach der Anwendung das Heublumen-Säckchen trocknen, da es öfters verwendet

werden kann.

Indikationen

- Körperliche und seelische Schmerzen

- Depressive Verstimmung

- Schlafstörungen

- Magen- und Darmbeschwerden

- Verspannungen

Beachte

Nicht anwenden bei

- akuten Entzündungen und

- starker Neigung zu Allergien

Fallbeispiel

Herr M., 87 Jahre, Zustand nach einem kolorektalem CA, Anus praeter,

verwachsenes Narbengewebe, was oft ziemlich starke Spannungsschmerzen

verursachte. Durch diese Schmerzen ist Herr M. oft sehr aggressiv und depressiv.

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Herr M. wird zu Hause von seiner Frau und der Familie seines Sohnes auf einem

Bauernhof mit Hilfe des ambulanten Pflegedienstes betreut.

Da Herr M. ein leidenschaftlicher Bauer war, bat ich die Ehefrau, ob sie ein

Leinensäckchen mit Heublumen füllt, welches wir dann über Dampf erwärmten.

Diese feucht-warme Heublumen-Kompresse legten wir Herrn M. bei Schmerzen

regelmäßig auf den Bauch. Herr M. wurde daraufhin sehr entspannt und die

Schmerzzustände wurden sehr gebessert. Ebenso war er gut gelaunt, vor allem da

er auch den Duft des Heues sehr genoss. Diese Heublumen-Kompresse wird nun

schon seit Monaten regelmäßig bei Verlangen angewendet und wirkt sich besonders

auf die Psyche von Herrn M. sehr positiv aus.

o Leinsamen (Linum usitatissimum)

Foto:kuechengoetter.de

Leinsamen ist der Samen des Flachses, der auch Saat-Lein bezeichnet wird.Der

Leinsamen enthält das wertvolle Leinöl. Die erhitzten Leinsamen geben Wärme ab,

wirken entspannend, krampflösend, schleimlösend und schmerzlindernd.

Leinsamen-Kompresse

Material

Leinsamen (ganz), Kochtopf und Kochlöffel und Mullkompressen

250 ml Wasser im Kochtopf erhitzen, ungefähr 100 g Leinsamen dazugeben und

einen schleimigen Brei kochen.

Diesen Brei fingerdick auf die Mullkompressen streichen und falten. Die Wärme an

der Arminnenseite überprüfen, da diese Kompresse zuerst sehr heiß ist. Die

Kompresse sehr warm auf die betreffende Stelle legen.

Indikationen

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- Bauchschmerzen

- Blasenentzündung

- chronischer Gelenksschmerzen

- Erkältungsbeschwerden

- Muskelschmerzen

- Ohrenschmerzen

- Rückenschmerzen

- Verspannungen

- Obstipation (zur Anregung der Verdauung)

Beachte

Warme Leinsamenkompressen nicht anwenden bei

- akuten Entzündungen und

- nässenden und entzündlichen Hauterkrankungen im Bereich der Kompresse

o Topfen

Foto: Heumilch

Topfen wird in der Naturheilkunde erfolgreich eingesetzt. Durch seine Milchsäure und

Enzyme beeinflusst er den Zellstoffwechsel günstig. Durch den Milchsäureprozess

werden Schlacken- und Giftstoffe aus dem Körper aufgenommen.

Topfen ist für kühle und warme Anwendungen geeignet. Die Fettstufe des Topfens

hat keinen Einfluss auf die heilende Wirkung. Praktischer in der Wickelanwendung ist

der Mager-Topfen, da er fester ist und weniger nässt.

Beachte

Komplementäres Schmerzmanagement in der Palliative Care

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Topfen nicht anwenden bei

- Milcheiweiß-Allergie (Kuhmilch-Allergie)

- offenen Wunden

Warmer Topfen-Wickel

Warm angewendet wirkt Topfen krampflösend, schleimlösend und schmerzlindernd.

Material

Mager-Topfen, etwas warme Milch, Löffel, Mullkompressen, Wärmekissen

Den Topfen mit etwas warmer Milch anrühren. Auf die Mullkompresse fingerdick

streichen und falten. Diese Kompresse über Dampf erwärmen. Die warme Topfen-

Kompresse auflegen und ein warmes Wärmekissen darüber und mit einem Handtuch

befestigen.

Der Topfen-Wickel bleibt, bis er trocken und bröselig wird oder solange er als

angenehm empfunden wird.

Indikationen für einen warmen Topfen-Wickel

- Heiserkeit

- Abszess

- chronischer Gelenksschmerzen

- Halsschmerzen

- Erkältungsbeschwerden

- Reizhusten

Kühler Topfen-Wickel

Topfen wirkt kühl angewendet bei akuten Entzündungen schmerzlindernd und

abschwellend.

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23

Material

Mager-Topfen, Löffel, Mullkompressen und Handtuch

Den zimmerwarmen Topfen auf eine Mullkompresse streichen und falten. Auf die

betroffene Körperstelle auflegen und locker mit einem Handtuch umwickeln.

Indikationen für einen kühlen Topfen-Wickel

- Abszess

- Halsschmerzen, Heiserkeit

- Hautbeschwerden (Sonnenbrand, Insektenstich, Ekzem, Akne, Neurodermitis)

- Gelenksentzündung, Gicht

- Kopfschmerzen

- Venenentzündung

- Ödeme

- Lymphknotenschwellung

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24

2.8 Schlussgedanken

Mein Tätigkeitsbereich liegt in der ambulanten Pflege und ich bin sehr oft mit

schwerkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen konfrontiert. Ich

erlebe es immer wieder, dass gerade die einfachen Methoden sehr wirksam sind und

von den betroffenen Menschen und ihren Angehörigen sehr gerne angenommen

werden.

Gerade Angehörige brauchen eine Möglichkeit, dass sie auch selbst sehr viel für

ihren schwerkranken oder sterbenden Angehörigen tun können. Hier sind einfache

Wickelanwendungen eine sehr schöne Aufgabe, die sie leicht bewältigen können und

merken, wie gut dies dem betroffenen Menschen und auch ihnen selbst tut.

„Es ist nicht genug zu wissen,

man muss auch anwenden.

Es ist nicht genug zu wollen,

man muss es auch tun.“

Johann Wolfgang von Goethe

1749 – 1832

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25

2.9 Literatur

Fingado, M.: „Therapeutische Wickel und Kompressen“, Natura Verlag 2001

Huber G., Casagrande Ch.: „Komplementäre Sterbebegleitung“, Hau Verlag, 2011

Pahlow, M.: „Das große Buch der Heilpflanzen“, GU Verlag,

Sonn, A.: „Pflegethema: Wickel und Auflagen“, Thieme Verlag 1998

Schwabenthan S., V. Weigert „Damit Ihr Kind sich wohlfühlt“, Mosaik Verlag 1984

Staffner, B.: „Entdecke die sanften Heilkräfte der Natur“, Berenkamp-Verlag, 2008

Thüler, M.: „Wohltuende Wickel“, Thüler Verlag 1995

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26

3 Aromapflege

Karin Winkler

Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester

3.1 Allgemeines

Die Aromapflege als komplementäre Pflegemethode ist ein Teil der

Pflanzenheilkunde. Sie orientiert sich an den individuellen Pflegeproblemen und

Bedürfnissen der jeweiligen PatientInnen im Sinne des Pflegeprozesses sowie deren

Pflegdiagnosen.

Die Aromapflege beschäftigt sich mit der Anwendung von 100% naturreinen

ätherischen Ölen, fette Pflanzenölen, Hydrolaten, sowie den daraus hergestellten

Pflegeprodukten.

Die Anwendung und Wirkung ätherischer Öle erfolgt über den Geruchssinn und über

die intakte Haut. Sie dient prophylaktischen und pflegerischen Maßnahmen.

(Seite 14 Aromapflege Handbuch)

Allgemeine Richtlinien

Ätherische Öle dürfen nicht innerlich eingenommen bzw. verabreicht werden.

Ätherische Öle werden im Sinne der Aromapflege nur auf intakte Haut

angewendet.

Ätherische Öle müssen immer vor Kindern und vor sich selbst bedrohenden

Personen sicher aufbewahrt werden, um Missbrauch vorzubeugen.

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27

Aromapflegeprodukte müssen immer in den korrekt etikettierten Behältnissen

abgefüllt sein.

Aromapflegeprodukte dürfen niemals in Medikamentenbechern oder Spritzen

aufbewahrt werden, damit sie nicht aus Versehen ausgetrunken oder injiziert

werden.

Augenkontakt mit ätherischen Ölen unbedingt vermeiden.

Schleimhautkontakt mit unverdünnten ätherischen Ölen vermeiden.

Bei unbeabsichtigtem Kontakt der Haut, Schleimhaut oder Augen mit

unverdünnten ätherischen Ölen, eine fetthaltige Flüssigkeit wie z.B. Mandelöl,

Milch oder Sahne zum Abwischen verwenden, um so den Reiz rasch zu

lindern. Anschließend mit Wasser nachspülen.

Bei Erstanwendung von Aromapflegeprodukten einen

Hautunverträglichkeitstest durchführen.

Der Raumduft darf zu keiner Geruchsbelästigung der Patienten und des

Betreuerteams führen und bedarf einer Abklärung der Duftvorlieben der

betreffenden Personen, die sich im Raum befinden.

Für den Raumduft empfehlen wir die Verwendung von Zitrusölen, die sich

erfahrungsgemäß großer Beliebtheit erfreuen.

Duftlampen mit Teelichtern/Kerzen aus feuerpolizeilichen Gründen sind

verboten!

Ätherische Öle, fette Pflanzenöle bzw. Aromapflegeprodukte sind nicht in

Kombination mit mineralölhaltigen Pflegeartikeln wie z.B. Vaseline oder

Paraffinöl, anzuwenden. Vorsicht, auch einige konventionelle Babypflegeöle

sind auf Mineralölbasis aufgebaut. Die Hautatmung und der Stoffwechsel der

Haut werden dadurch beeinträchtigt. Auf Grund der Carrier – Funktion der

ätherischen Öle kann es zu einer Einschleusung gesundheitsschädigender

Moleküle kommen. Dies kann auch zu Kontaktallergien führen. Deshalb

empfehlen wir, ätherische Öle immer mit natürlichen Grundlagen zu

kombinieren, wie z.B. mit naturbelassenen, fetten Pflanzenölen.

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28

Die Hygienerichtlinien, wie bereits auf Seite 28 beschrieben, müssen

berücksichtigt werden (z.B. Händehygiene vor dem Gebrauch ätherischer Öle,

Flaschenöffnung nicht kontaminieren,...).

Zitrusöle erhöhen die Lichtempfindlichkeit (Photosensibilität) der Haut, ebenso

das Johanniskrautöl (Pflanzenölmazerat). Daher Vorsicht bei Patienten, die in

die Sonne gehen können. In diesem Fall die Öle nicht unmittelbar vorher

anwenden.

Mehrmalige Anwendungen täglich sind nach Prioritätenreihung der

Pflegeprobleme des Patienten zu entscheiden.

Es sollten nicht mehr als 3 bis maximal 4 verschiedene Einsatzmöglichkeiten

pro Tag nach Reihung der Pflegeprobleme angewendet werden.

Ein Aromapflegeprodukt sollte nicht länger als 2 - 3 Wochen, bei chronischen

Beschwerden nicht länger als maximal 3 Monate, verwendet werden. Danach

empfiehlt sich eine Pause, von ca. einer Woche. In dieser Zeit kann die

Hautpflege mit einem fetten Pflanzenöl (z.B. Mandelöl) ohne Zusätze von

ätherischen Ölen fortgesetzt werden. Auch das Umsteigen auf ein anderes,

ähnlich wirksames Aromapflegeprodukt ist möglich.

Die Wirkung der Aromapflege ist nicht bei jeden Patienten gleich. Diese ist

ganz von der Individualität der Person, dem Beschwerdebild und auch von der

Anwendungsart abhängig.

Bei der Anwendung eines ätherischen Öles als Bade- oder Waschzusatz ist

immer die Verwendung eines Emulgators nötig, da sich ätherisches Öl und

Wasser nicht miteinander verbinden. Es gibt verschiedene Emulgatoren, die in

Frage kommen. Hier muss die richtige Dosierung und die verwendete

Wassermenge berücksichtigt werden. Die möglichen Emulgatoren sind bei

längerer Anwendungszeit zu wechseln.

Sollte bei der Anwendung ätherischer Öle eine Reaktion auftreten, ist die

Pflegemaßnahme zu stoppen, dies im Pflegebericht zu dokumentieren

(eventuell Fotodokumentation)und der Arzt zu informieren. Mögliche

Ursachen sind abzuklären.

(Seite 37,38 Aromapflege Handbuch)

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29

3.2 Anwendungsmöglichkeiten

Waschungen

Bäder/Teilbäder

Wickel und Kompressen

Hautpflege

Einreibungen und Streichungen

Raumbeduftung

Anhand der nachfolgenden Richtlinie möchte ich mich mit Einreibung/Streichung etwas näher beschäftigen.

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30

3.3 Einreibungen und Streichungen

Einreibungen

Darunter versteht man die tägliche 1-2malige Anwendung von entsprechenden

Aromapflegeprodukten im Bereich der unterstützenden und prophylaktischen Pflege,

wie z.B. eines Pflegeöles zur Intertrigo- oder Pneumonieprophylaxe.

Streichungen

Dies ist eine spezielle Technik, ein Aromapflegeprodukt sanft auf Arme, Beine,

Rücken oder Bauch aufzubringen, um schwierige Situationen wie Angst, Schmerz,

seelisches Leid, Unruhezustände oder Schlaflosigkeit besser bewältigen zu können

(z.B. Streichung der Hände und Arme mit einem Wegbegleitungsöl zur Begleitung

eines Menschen im Sterbeprozess).

(Seite 23 Aromapflege Handbuch)

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31

Da ich persönliche Erfahrungen im täglichen Pflegealltag mit diesen Schmerzöl habe

führe ich eine genauere Auflistung der Inhaltsstoffe an:

3.4 JOJOBAÖL (WACHS)

Der kleine, bescheidene Jojobastrauch liefert ein sehr begehrtes Öl (flüssiges

Wachs). Das flüssige Wachs ist sehr beständig gegen Bakterien, das heißt die

Verkeimungsgefahr ist dadurch sehr gering. Die Indianer Südamerikas bezeichnen

das Jojobaöl als das "flüssige Gold". Sie kennen und verwenden es seit vielen

Jahrhunderten zur Wundheilung und Pflege von Haut und Haaren. Die Pflanze strotzt

den widrigsten Umweltbedingungen in den glutheißen Wüsten und benötigt nur 20 ml

Niederschlag pro Jahr. Daher auch der Name "Überlebenskünstler". Die Samen

(Nuss), etwa in der Größe einer Olive, enthalten etwa 50% Wachs. Die Ernte der

Nüsse kann erst nach 5 - 6 Jahren erfolgen.

Äußerliche Anwendungen

macht gereizte, empfindliche und trockene Haut widerstandsfähiger

schützt die Haut vor Kälte

stärkt das Bindegewebe und beugt Faltenbildung vor reguliert den

Feuchtigkeitshaushalt der Haut

stabilisiert den Hydrolipidmantel

unterstützt den Heilungsprozess der Haut bei vielen Hauterkrankungen und

bei Sonnenbrand

Jojobaöl besitzt eine ausgezeichnete Tiefenwirkung sehr pflegend, zieht gut in

die Haut ein und hinterlässt einen nachhaltig schützenden, seidigen Film

enthält einen natürlichen Lichtschutzfaktor von zirka 4

wird gerne als Grundlage für Naturkosmetika verwendet

ist als Zusatz für Narbenpflegeöle besonders beliebt

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32

Vorsichtsmaßnahmen

Anwendungen nur äußerlich, da ein Wachs nicht verstoffwechselt werden kann. Nicht

täglich auf der Haut anwenden, sondern mit anderen fetten Pflanzenölen mischen.

Besonders Menschen die zu einer fettigen Haut neigen, sollten Jojobaöl sparsam

verwenden und am Besten in Mischungen mit Nachtkerzen- oder

Hagebuttensamenöl anwenden. Ein qualitativ hochwertiges Jojobaöl verfestigt sich

im Kühlschrank und bildet einen trichterförmigen Einzug.

Jojobaöl wird gerne mit ganz empfindlichen Pflanzenölen gemischt, um deren

Stabilität verbessern und somit das Ranzig werden zu verzögern.

3.5 JOHANNISKRAUTÖL

Johanniskrautöl ist ein besonders heilkräftiges Mazerat aus den Blüten des

getüpfelten Johanniskrauts (Hypericum perforatum) in Olivenöl. Wegen seiner roten

Farbe wird es auch Rotöl genannt. Es ist ausgesprochen schmerzlindernd bei

rheumatischen Beschwerden. Erfahrene Krankenschwestern pflegen zu sagen, es

gehe »bis in die Knochen". Johanniskrautöl wirkt darüber hinaus wundheilend,

entzündungshemmend und muskelentspannend, außerdem ist es hautpflegend und

hilfreich bei Problemen wie gereizter und irritierter Haut, denn es beruhigt das

Nervensystem der Haut. Wegen seiner schmerzstillenden und nervenberuhigenden

Wirkung wird es auch als »Arnika der Nerven" bezeichnet. Durch seinen

synergistischen Effekt unterstützt Johanniskrautöl die Wirkung der ätherischen Öle

bei vielen Beschwerden.

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33

3.6 CAJEPUT

Körperliche Wirkungen

schleimlösend

auswurffördernd

antiseptisch

antibakteriell

stark antiviral

schmerzlindernd (Muskulatur, Nerven)

durchblutungsfördernd

hustenreizlindernd

entzündungshemmend

abwehrsteigernd (besonders wirksam als Erkältungs- und Grippeprophylaxe)

Psychische Wirkungen

energetisierend

konzentrationsfördernd

sehr wertvolles Nerventonikum

belebend

Vorsichtsmaßnahmen

Nicht bei Kindern mit obstruktiven Ventilationsstörungen (Atemwegserkrankungen)

verwenden, ansonsten auch für Kinder ein sehr gut geeignetes ätherisches Öl.

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34

( Seite 58 Aromapflege Handbuch)

3.7 LAVENDEL

Wegen seiner umfangreichen Wirkungsweise ist das Lavendelöl ein großartiger

Helfer in der Kranken- und Gesundheitspflege und gilt in der Aromapflege als das

Allroundöl Im Pflegebereich wird das Lavendel fein Öl dem Lavendel extra Öl

vorgezogen, da es großflächiger angebaut werden kann und daher kostengünstiger

ist.

Körperliche Wirkungen

antiseptisch, antiviral und antimykotisch

antibakteriell und entzündungshemmend

hautpflegend und sehr hautverträglich

wundheilend und zellregenerierend

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narbenglättend und juckreizlindernd

schlaffördernd, stark abwehrsteigernd

schmerzlindernd, fiebersenkend

krampflösend, reizlindernd, herzstärkend

Psychische Wirkungen

stimmungsaufhellend und harmonisierend

beruhigend, entspannend und tröstend

ausgleichend, es wirkt wie Nervenbalsam

Vorsichtsmaßnahmen

Im psychischen Bereich niedrig dosieren, da ein Zuviel zu paradoxen

Reaktionen führen kann (Schlaflosigkeit, Unruhezustände).

In physiologischer Dosierung keine Nebenwirkungen.

(Seite 66 Aromapflege Handbuch)

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3.8 ROSMARIN c.t. 1,8-Cineol

Körperliche Wirkungen

antibakteriell, antimykotisch, antiviral

antiseptisch und entzündungshemmend

antirheumatisch und schmerzlindernd

durchblutungsfördernd

hautstoffwechselanregend, epithelisierend

venös entstauend

schleimlösend und auswurffördernd

kreislaufanregend und herzstärkend verdauungsfördernd

leberstärkend (besonders der Rosmarin c.t. Verbenon)

Psychische Wirkungen

nervenstärkend

erfrischend und anregend

gedächnisstärkend, konzentrationsfördernd

Vorsichtsmaßnahmen

Keine Ganzkörperpflege bei Hypertoniepatienten auf Grund der anregenden

Wirkung. Feinste Dosierungen in Mischungen mit anderen ätherischen Ölen stellen

jedoch kein Problem dar.

(Seite 75 Aromapflege Handbuch)

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3.9 Relevante Öle und Rezepturen bei Tumorschmerzen

Tumorschmerzen

Fast die Hälfte aller Tumorpatienten leiden unter Schmerzen. Diese entstehen, wenn

Tumoren in Nerven und benachbarte Organe oder Gewebe infiltrieren, wenn

Knochenmetastasen zu Frakturen führen, und sie treten als Nebenwirkung bei

Chemo- oder Strahlentherapie auf. Schmerzfreiheit zu erlangen, ist außerordentlich

wichtig für den Tumorpatienten, da sie das Allgemeinbefinden sehr beeinträchtigen.

Therapeutisch werden Analgetika und Coanalgetika nach WHO-Schema eingesetzt.

Ätherische Öle als Monotherapie eingesetzt, kann keine Schmerzfreiheit erzielen. Sie

können lediglich durch ihre Wirkung auf das limbische System positive Gefühle,

Stimmungsaufhellung und teilweise auch Schmerzlinderung hervorrufen. Dadurch

können z.B. Analgetika schneller und in geringerer Dosis wirken.

Relevante Öle

Alle genannten Öle wirken sedierend, anxiolytisch sowie beruhigend, spasmolytisch

und somit auch analgetisch.

Geranie: spasmolytisch, analgetisch, kühlend

Lavendel: sedierend, spasmolytisch

Narde: sedierend, anxiolytisch

Orange: anxiolytisch, spasmolytisch

Rose: kühlend, sedierend, antiinflammatorisch

Tonka: beruhigend und einhüllend

Ylang-Ylang: stark analgetisch

Zedernholz: sedierend, spasmolytisch

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3.10 Rezepturen

Neuperlacher Tonka-Schmerzöl

4 Tr. Zeder

3 Tr. Orange

3 Tr. Tonka

1 Tr. Lavendel

30 ml Mandelöl

Die ätherischen Öle in das Mandelöl geben, sanft die schmerzenden Stellen damit

einreiben.

Beruhigend wirkendes Schmerzöl

5 Tr. Orange

2 Tr. Ylang-Ylang

1 Tr. Narde

1 Tr. Rose

30 ml Mandelöl

Die ätherischen Öle in das Mandelöl geben. Schmerzende Stellen mit der Mischung

sanft einmassieren, dabei den Geruch des Öls tief einatmen und wirken lassen.

(Seite 536 ,537 Aromatherapie)

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Erfahrungsbericht

Seit etwa 3 Jahren wird das Schmerzöl im Landeskrankenhaus Salzburg auf der

Palliativstation verstärkt verordnet und angewendet. Die Rückmeldungen der

PatientInnen sind sehr positiv. Neben einer schmerzstillenden und entspannenden

Wirkung überzeugt diese Behandlungsmethode auch durch einen weiteren wichtigen

Aspekt. Das „ernst genommen werden“ und das Gefühl „ganzheitlich angenommen

zu werden“ trägt wesentlich zum Erfolg bei.

Patientenbeispiel

Frau K ist eine 60 jährige Patientin mit Pankreaskrebs. Zusätzlich zu ihren vielen

Nebendiagnosen leidet sie an einer alkoholbedingten Gedächtnisstörung sowie am

Ritalin® Missbrauch.

Frau K. wurde hausintern an die Palliativstation zur Schmerzeinstellung überwiesen.

Als erste Maßnahme wurde eine Umstellung ihrer schon verordneten oralen

Schmerzmittel auf Vendal® Schmerzpumpe (über Porth) und Neodolpasse Infusionen

2 x täglich eingeleitet. Tagsüber schien die Schmerzmedikation sehr gut zu wirken.

Nachts aber kam es regelmäßig zu unerträglichen Schmerzen. Aufgrund ihrer

Gedächtnisstörung viel es ihr schwer, Verbesserungen oder genauere Angaben zum

Schmerz zu verbalisieren. Sie zeigte aber immer auf ihren Rücken bzw. ihren

Steißbein-Bereich.

Nach ärztlicher Anordnung wurde der Versuch mit Schmerzöl gestartet. Schon nach

der ersten Anwendung konnte eine merkliche Linderung der Schmerzen festgestellt

bzw. auch von ihr selbst geäußert werden. Die Patientin konnte sich in Seitenlage

nach der Einstreichung des Öles sehr gut entspannen. Vereinzelt ist sie schon beim

Auftragen des Schmerzöls eingeschlafen.

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Ganz klar möchte ich aufzeigen, dass dies ein Zusammenspiel aus den

verschiedensten Aspekten ist. Wie die adäquate medikamentöse Schmerzmittelgabe,

psychoonkologischer Betreuung, Zuwendung, Körperkontakt, sich Zeit nehmen, für

die Patientin wohltuender Geruch und vieles mehr.

In einem klaren Moment hat die Patientin erzählt, dass sie dieses „Ölflascherl“ an

früher erinnert. Sie wusste zwar nicht mehr an was - aber sie berichtete, dass es ein

gutes Gefühl war.

Für mich war die Betreuung von Frau K. eine sehr intensive Begleitung, da sie sehr

unruhig und getrieben wirkte. Im Gespräch hatte ich häufig das Gefühl sie nicht zu

„erreichen“ bzw. nicht zu ihr „vor zu dringen“. Aber in der Tätigkeit ihr das Schmerzöl

aufzutragen konnte ich sehr gut fühlen, dass sie sich entspannte und ruhiger wurde.

3.11 Literatur

Bärbl Buchmayer,Evelyn Deutsch, Marlene Fink 1 Auflage 2007 Verlag Grasl, Aromapflege Handbuch

Monika Werner,Ruth von Braunschweig 2006 Karl F.Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH und

Co.KG

Praxis Aromatherapie

Dietrich Wabner, Christiane Beier (Hrsg)1. Auflage 2009 Verlag ELSEVIER Urban und Fischer

Aromatherapie

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4 Homöopathie als komplementäre Methode der

Schmerztherapie in der Palliative Care

Dr. Elisabeth Putz

Ärztin für Allgemeinmedizin

4.1 Einleitung

Brennende Schürfwunden am Knie, Bauchschmerzen, Prüfungsangst – schon seit

meiner Kindheit begleitet mich die Homöopathie durch die Offenheit meiner Eltern für

Komplementärmedizin. Für mich waren eben diese positiven Erfahrungen mit der

Homöopathie, der traditionellen chinesischen Medizin, der Akupunktur und der

Phytotherapie auch schließlich nach einem kurzen beruflichen Umweg der

ausschlaggebende Grund, mich für das Medizinstudium zu entscheiden.

Abbildung 4.1

Komplementäres Schmerzmanagement in der Palliative Care

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42

So freut es mich umso mehr im Rahmen meiner Palliative Care Ausbildung die

Gelegenheit nutzen zu können, die Möglichkeiten der Homöopathie als

komplementäre Schmerztherapie vorzustellen.

Vorweg möchte ich allerdings betonen, dass ich hier keine „Kochrezepte“ zur

Schmerzbehandlung vorstellen werde. Diese Arbeit soll einen kleinen Einblick in die

Theorie und Praxis der Homöopathie geben, sowie das Interesse wecken, sich

vertiefend mit diesem Bereich der Komplementärmedizin auseinander zu setzen.

4.2 Grundlagen der Homöopathie

„Simila similibus curentur“

„Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden“

Auf Basis dieser Grundannahme, dem Ähnlichkeitsprinzip,

veröffentlichte der deutsche Arzt Samuel Hahnemann 1796

erstmals Ergebnisse seiner jahrelangen Forschung und die

Prinzipien der klassischen Homöopathie (altgriechisch homios

„ähnlich“, pathos „Leid“), die heute als Reiz- und

Regulationstherapie interpretiert wird. Dazu gehören neben

dem Ähnlichkeitsgesetz die Arzneimittelprüfung am Gesunden

und die Verwendung von Einzelarzneimitteln in potenzierter

Form.

Abbildung 4.2

Komplementäres Schmerzmanagement in der Palliative Care

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43

Das Ähnlichkeitsprinzip und die Arzneimittelprüfung am Gesunden

Ein homöopathisches Arzneimittel, das in der Arzneimittelprüfung am Gesunden

bestimmte Symptome erzeugt, ist in der Lage eine Erkrankung, die ähnliche

Symptome zeigt, zu heilen. Dieses Prinzip, das schon Hippokrates (~ 460 - 370

v.Chr.) und Paracelsus (1493 -1541) beschrieben haben, entdeckte Samuel

Hahnemann durch den „Chinarindenversuch“ wieder. Chinarinde kam schon dazu

Mals in der Therapie von Malaria zum Einsatz, das Wirkprinzip war jedoch nicht

bekannt.

Hahnemann führte schließlich einen Selbstversuch durch Einnahme von Chinarinde

durch, da er mit den spekulativen Theorien des englischen Arztes William Cullen zur

Wirkungsweise von Chinarinde unzufrieden war.

Dabei bemerkte er, dass die Einnahme von Chinarinde bei ihm als gesunden

Probanden ähnliche Symptome, wie sie bei Malaria Erkrankten zu finden sind,

auslöste. So schloss er daraus, dass ein Arzneistoff eine Krankheit heilen könne,

wenn er beim Gesunden ähnliche Symptome wie die der Krankheit hervorruft. Viele

Selbstversuche und Prüfungen von möglichen Arzneistoffen an Familie, Freunden

und Schülern folgten.

Diese Symptomensammlungen der Arzneimittelprüfung am Gesunden wurden unter

Beachtung aller Begleitumstände, Auslöser und Modalitäten, also verschlechternde

bzw. bessernde Faktoren, genau dokumentiert und im „Repertorium“ bzw. im Buch

„Materia Medica“ gesammelt. Richtlinien zu dieser Prüfung legte Hahnemann in

seinem Werk „Organon der Heilkunst“ fest.

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44

4.3 Homöopathische Arzneimittel

Homöopathischen Arzneimittel werden nach genauen Vorschriften hergestellt. Etwa

80 % werden aus pflanzlichen Produkten gewonnen, 15 % aus mineralischen und 5

% aus tierischen. Als orale Darreichungsform sind sicherlich Globuli am

bekanntesten. Dabei handelt es sich um Streukügelchen aus Stärkemehl und

Rohrzucker, die mit einer Dilution in entsprechender Potenzierung besprüht wurden.

Außerdem können diese Dilutionen selbst als Tropfen eingenommen werden.

Weiteres gibt es homöopathische Arzneimittel als verriebenen Milchzucker in

Pulverform oder in Form von Tabletten gepresst.

Da Hahnemann bei hohen bzw. unverdünnten Dosen oft sehr starke

Verschlimmerungen der Symptome beobachtete, reduzierte er diese immer weiter

und entdeckte, dass verdünnte und zusätzlich mit Milchzucker verriebene oder mit

Alkohol bzw. Wasser verschüttelte Arzneimittel noch wirksamer waren. Dieses

Herstellungsverfahren im Sinne von Verdünnen und Verschütteln bezeichnete er als

„Dynamisieren“ oder „Potenzieren“.

Abbildung 4.3

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45

Verdünnt man so beispielsweise einen Tropfen einer aufbereiteten Ursubstanz wie

der Königskerzenpflanze mit neun Tropfen eines Lösungsmittels, wie Alkohol, und

schüttelt diese Mischung zehn Mal gut durch, hat man eine Arznei mit der

Bezeichnung D 1 (D = decem = 10) hergestellt. Verdünnt man die Urtinktur mit 99

Tropfen einer alkoholischen Lösung, erhält man eine Arznei mit der Bezeichnung C 1

(C = centum = 100). Auf diese Weise können beliebig viele Potenzierungsschritte

angeschlossen werden.

Die Dosierung, und somit die Arzneistärke („Potenz“) und Arzneimenge eines

homöopathischen Arzneimittels richtet sich schließlich sowohl danach, ob eine

Erkrankung akut oder chronisch ist, als auch nach dem Allgemeinzustand des

Patienten, der Reagibilität des Organismus (d.h. bestehen pathologische reversible

oder nicht reversible Veränderungen), und der Intensität der Hauptsymptome.

Im Akutfall wird mit mittleren Potenzen, wie C 12 oder D 12, meist das Auslangen

gefunden, diese werden 1 - 2 Mal täglich verabreicht, bei Besserung ist die

Einnahme zu beenden.

Die Einnahme homöopathischer Arzneien, die über die Schleimhäute resorbiert

werden, sollte nüchtern erfolgen, also 10 Minuten vor oder nach einer Mahlzeit und

ohne gleichzeitige Flüssigkeitsaufnahme. Globuli, Tropfen, Verreibungen oder

Tabletten lässt man unter der Zunge zergehen, auch Auflösen der Tabletten in

Wasser und eine schluckweise Einnahme ist möglich. Intravenöse, intramuskuläre

oder subkutane Anwendungen sind selten. Wichtig ist zu beachten, Globuli nicht mit

feuchten Fingern zu berühren, da sich der Wirkstoff außen auf deren Oberfläche

befindet.

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46

Die Homöopathie als Regulationstherapie

Homöopathische Arzneimittel wirken nicht nur auf ein Organsystem, sondern auch

darüber hinaus auf nervale und humorale Regelkreise und somit auf die Konstitution

des Patienten.

Als Regulationstherapie kann die Homöopathie jedoch nur wirken, wenn der kranke

Organismus noch über Selbstheilungskräfte verfügt, sodass durch Aktivierung der

Eigenenergie der Regelkreis in seine Normalfunktion zurückgelenkt wird. Zerstörte

Strukturen können nicht wieder hergestellt werden, ebenso können keine

Substanzen, wie z.B. Hormone oder Elektrolyte, substituiert werden. Somit stößt man

in diesem Fall an die Grenzen der Homöopathie (s.u.).

4.4 Auswahl eines homöopathischen Arzneimittels

Um entsprechend des Ähnlichkeitsprinzips das individuelle homöopathische

Arzneimittel für den Patienten aus rund 2400 Substanzen auszuwählen, ist eine

ausführliche Anamnese unabdingbar. Hierbei sollen nicht nur körperliche Symptome

erhoben werden, sondern auch die seelischen und geistigen Eigenschaften des

Patienten, sowie weiterführend auch biographische Daten, eine Familienanamnese

und Fremdanamnese, um den Patienten in seiner Ganzheit zu sehen.

Dies ist besonders bei chronischen Erkrankungen wichtig. Natürlich erfolgt auch eine

körperliche Untersuchung durch den Homöopathen.

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47

Die Symptome müssen des Weiteren genau differenziert werden, um die ähnlichste

Arznei im Sinne eines Ausleseverfahrens zu eruieren. Nach einer genauen

Beschreibung der Lokalsymptome inklusive Beginn, Dauer, Auslöser, Intensität und

Charakter, Ausstrahlung, zeitliches Auftreten, Begleitsymptome, etc. wird im

Besonderen auch auf Faktoren, die die Symptome bessern oder verschlechtern,

sogenannte „Modalitäten“, eingegangen.

Hat man all diese Informationen gesammelt, lässt sich dadurch die Anzahl der in

Frage kommenden Substanzen reduzieren bzw. im Idealfall auf ein einziges

Arzneimittel beschränken.

Nach Verabreichung der Arznei in entsprechender Dosis und Potenz muss die

Arzneiwirkung unbedingt abgewartet werden. Entsprechend der Reaktion des

Patienten auf das Arzneimittel muss die Gabe wiederholt bzw. bei Auftreten neuer

Symptome ein anderes Arzneimittel ausgewählt werden.

4.5 Vorstellung einiger homöopathischer Arzneien

Einleitend sei bemerkt, dass die Arzneimittel hier nicht nach einer tabellarischen

Lehrbuchsystematik mit Auflistung von Bezug (Wirkungsrichtung des Arzneimittels),

Auslösern, allen Leitsymptomen (Charakteristika), Modalitäten (i.e. verschlechternde

bzw. verbessernde Faktoren), klinischen Indikationen (objektive und subjektive

Symptome) und Differentialtherapien, sondern unter besonderer Berücksichtigung

des Leitsymptomes „Schmerz“ vorgestellt werden, um einen Überblick zu deren

möglichen Einsatz als komplementäre Methode in der Palliative Care zu geben. Im

Sinne des Schmerzkonzeptes „total pain“ von Cicely Saunders stelle ich auch

Arzneimittel vor, die bei seelischen Schmerzen, Angst und Depressionen eingesetzt

werden können.

Komplementäres Schmerzmanagement in der Palliative Care

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Außerdem habe ich mich dazu entschlossen, auf eine Empfehlung zur Dosierung

bzw. Darreichungsform zu verzichten, da diese immer individuell auf den Patienten

abgestimmt und mit einem erfahrenen Homöopathen besprochen werden soll.

o Aconitum napellus (blauer Eisenhut)

Aconitum kommt bei Neuralgien (Trigeminus, Ischiadicus) und ziehenden

einschießenden Schmerzen mit Parästhesien, auch als Folge einer Erkältung zum

Einsatz.

Als Leitsymptomatik treten unerträgliche, plötzlich, heftig einsetzende Schmerzen mit

großer Intensität, begleitet von Unruhe und Angstzuständen, sowie eine

Kollapsneigung, ein rasender Puls, Herzsensationen und Atemnot auf, auslösend

können trocken-kalter Wind, auch Hitze oder psychische Ereignisse, wie ein großer

Schreck, sein.

Die PatientInnen haben oft ein hochrotes Gesicht, sind schweißig, fiebrig, ruhelos.

Des Weiteren kann ein Harnverhalt auftreten. Oft sprechen sie von ihrem

Todeszeitpunkt. Sinneseindrücke jeglicher Art verschlimmern die Beschwerden,

ebenso Angst, Kälte und Berührungen. Eine Linderung tritt durch Absonderung von

Körpersekreten ein.

o Anacardium (Elefantenlausbaum)

Bei Gastritis, krampfartiger Obstipation oder nässenden, juckenden, entzündeten

Bläschen der Haut kann an Anacardium als geeignete Arznei gedacht werden.

Die PatientInnen sind gereizt, gewalttätig und unbeherrscht oder aber ängstlich-

depressiv, unentschlossen und voller Sorgen. Überanstrengung und Ärger

verschlechtern die Beschwerden, nach dem Essen, nachmittags und gegen Abend

sind die Schmerzen leichter.

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o Arnica montana (Bergwohlverleih)

Arnica wird bei großer Erschöpfung und Schwäche, sowie bei Blutungen,

Hämatomen oder postoperativen Schmerzzuständen eingesetzt.

Als Leitsymptom steht ein großes Zerschlagenheitsgefühl und große

Schmerzempfindlichkeit im Vordergrund, jede Unterlage wird als zu hart empfunden,

jede Berührung oder Bewegung verschlimmert die Schmerzsymptomatik, ebenso

langes ruhiges Liegen. Auslöser können Unfälle, Prellungen, Verstauchungen,

Quetschungen oder Überanstrengung sein, die PatientInnen befürchten bzw. leiden

unter dem Wissen, dass keine Heilung mehr möglich ist und wollen keinen Kontakt

zu anderen Personen.

Lageänderungen und kühle Umschläge bringen Linderung. Die PatientInnen neigen

eher zum Hypertonus, Benommenheit und Schwindelgefühle können auftreten.

Arnica kann auch bei Folgen eines Schlaganfalles oder Herzinfarkt eingesetzt

werden.

o Arsenicum album (Arsen)

In der Palliativmedizin kommt Arsen bei Kachexie, also fortschreitende Schwäche

und Abmagerung in Folge der Krebserkrankung, Todesangst, depressiver

Verstimmung, Neuralgien und Hauterkrankungen, wie z.B. Herpes zoster, zum

Einsatz.

Die PatientInnen sind entkräftet, ängstlich und ruhelos, vor allem nachts, sehr

schreckhaft und überempfindlich. Sie haben Angst vor dem Alleinsein, vor ihrer

Erkrankung uns ihrem Tod, können nicht loslassen. Schmerzen werden als brennend

beschrieben, es herrscht ein unstillbarer Durst, der Geruch von Speisen verursacht

Ekel. Durch Kälte und nachts verschlechtern sich die Beschwerden, frische Luft und

Wärme bringen Linderung.

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o Bellis perennis (Gänseblümchen)

Bellis zeigt eine Arnicaähnliche Wirkung und wird bei Verletzungen, Prellungen,

Hämatomen und rheumatischen Beschwerden als Arznei herangezogen. Vor allem

bei Brustkrebs und dadurch entstandene Gewebeschäden bzw. Beteiligung der Haut

oder nach einem operativen Eingriff und einer Wundheilungsstörung entfaltet es

seine Wirkung.

Es besteht ein Abgeschlagenheits- und Wundheitsgefühl, nachts und nach dem

Erwachen sind die Symptome am schlimmsten, weder heißes, noch kaltes Baden

wird vertragen, Wärme bringt jedoch Besserung, ebenso Bewegung.

o Berberis vulgaris (Berberitze)

Berberis kommt bei stechenden, kolikartigen Schmerzen im Bereich des Magen-

Darm-Traktes, der ableitenden Harnwege, des Stütz- und Bewegungsapparates,

sowie Pusteln und Quaddeln der Haut bei Urtikaria oder Schuppenflechte zum

Einsatz.

Die PatientInnen neigen zur Steinbildung z.B. der Niere oder Gallenwege, weitere

Leitsymptome sind Schmerzen im Leber- und Nierenbereich. Harnwegsinfekte und

Nierenbeckenentzündungen sind klassische Anwendungsbereiche, ebenso

Muskelrheumatismus und Rückenschmerzen begleitet von einem Gefühl der

Mattigkeit und Steifigkeit. Begleitend treten eine große körperliche und geistige

Schwäche und Zerschlagenheit, sowie ein großes Ruhebedürfnis und

Gleichgültigkeit gegenüber den Geschehnissen um sie herum auf. Des Weiteren

wechseln die Symptome sehr häufig sowohl Ort, als auch Charakter. Auch

Heißhunger und Appetitlosigkeit bzw. großer Durst und Durstlosigkeit wechseln.

Bewegung und Erschütterung verschlimmern die Schmerzen, Druck auf die

schmerzende Stelle wird unangenehm empfunden. Frische Luft und Schwitzen,

Harnlassen bzw. Stuhlgang bessern die Symptomatik.

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o Bryonia cretica (Zaunrübe)

Bei einer Reizung des Bauch- oder Brustfells im Rahmen einer Krebserkrankung

aufgrund von Metastasen im Sinne von Bauch- oder Brustschmerzen, bei

Neuralgien, Gelenks- oder Muskelrheumatismus, sowie Kopfschmerzen mit

meningealer Reizsymptomatik kann Bryonia als Arznei herangezogen werden.

Stechende Schmerzen und großer Durst auf kaltes Wasser trotz Bedürfnis nach

Wärme sind Leitsymptome, die PatientInnen sind reizbar und ärgerlich. Wärme

verschlechtert jedoch auch die Symptome, ebenso wie Bewegung und Berührung.

Frische Luft, Ruhe und Liegen auf der erkrankten Seite bringen Linderung.

o Calendula officinalis (Ringelblume)

Bei Wundheilungsstörungen, zum Beispiel nach Operationen, kann neben Arnica

auch die Ringelblume eingesetzt werden.

Die PatientInnen sind reizbar, überempfindlich gegen Lärm und kalte Luft, neigen zu

Erkältungen bei feuchtem Wetter und zeichnen sich durch eine schlechte

Wundheilung mit Eiterneigung aus. Die Narbenbildung ist oft überschießend, es

bestehen Narbenschmerzen und ein allgemeines Zerschlagenheitsgefühl. Durch

feuchtes, drückendes Wetter, Kälte und Bewegung nehmen die Beschwerden zu. Im

Gegensatz zu Arnica verspüren sie bei der Verletzung auch sofort den Schmerz, sie

müssen sich dem Geschehenen nicht zuvor bewusst werden.

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o Chamomilla (echte Kamille)

Chamomilla wird bei neuropathischen Schmerze, wie Gesichtsneuralgien oder

Zahnneuralgien, Infektionen der oberen Atemwege, wie Schnupfen, Bronchitis oder

trockenem krampfartigen Reizhusten, Blähungskoliken, Dsypepsie oder grünlich-

schleimiger Diarrhoe mit Geruch nach faulen Eiern und Muskelrheumatismus, sowie

Neuralgien mit ziehenden, reißenden Muskelschmerzen und Parästhesien

eingesetzt.

Die Leitsymptome sind große Reizbarkeit, starke Schmerzempfindlichkeit, ein

überempfindliches Nervensystem, Ärger, Wut und Ungeduld. Ärger, Kaffee und

Narkotikamißbrauch lösen die Symptome oft aus und verschlimmern die

Beschwerden, Berührungen werden abgelehnt. Durch lokale Wärmeanwendung (bei

Koliken zum Beispiel) kommt es zur Besserung.

o Colocynthis (Koloquinte)

Colocynthis ist ein bewährtes Mittel bei kolikartigen Schmerzzuständen der Hohl- und

Bauchorgane.

Ausgelöst werden die Schmerzen durch Ärger, die PatientInnen krümmen sich wenn

sie alleine sind vor quälenden Schmerzen zusammen, sind gereizt, geben

Schmerzen jedoch aus Stolz nicht gerne zu. Ihren Ärger und Zorn lassen sie an

anderen aus. Es treten auch periodische Nervenschmerzen mit Kribbelgefühlen und

ein unangenehm riechender Schweiß auf. Bewegung, Erschütterung, psychische

Ereignisse verschlechtern die Symptomatik, bei Magen-Darm-Beschwerden nehmen

die Schmerzen durch Essen oder Trinken zu. Wärme, Ruhe und Gegendruck, sowie

Genussmittel bringen Linderung.

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o Hypericum perforatum (Johanniskraut)

Bei Nervenschmerzen jeglicher Art, vor allem nach traumatischer Verletzung des

Gehirns oder des Rückenmarks auch im Sinne einer Prellung oder

Gehirnerschütterung, sowie Nervenläsionen und Phantomschmerzen kann

Hypericum als Arznei Linderung bringen.

Leitsymptome sind Taubheit und Kältegefühl, stechende Schmerzen und

Kopfschweiß. Eine Verschlimmerung der Schmerzen tritt bei Nebel, Kälte,

Berührungen und in geschlossenen Räumen auf, Strecken bringt eine Besserung der

Symptome.

o Ignatia (Ignazbohne)

Als „Krebsmittel“ wird Ignatia bei PatientInnen eingesetzt, die über ihre Erkrankung

und ihre Gefühle nicht reden können, die Kummer und Gedanken für sich behalten,

ihre Situation überspielen mit z.B. unpassendem Lachen.

Es treten häufig Stimmungswechsel, psychische Labilität, Nervosität und Lach- und

Weinkrämpfe auf. Oft besteht ein Kloßgefühl im Hals. Morgens, durch Kälte,

Berührung und Genussmittel verschlechtern sich die die Beschwerden, ebenso durch

Grübeln, Aufregung und Sorge. Essen und Lagewechsel bringen Erleichterung.

Neben der depressiven Verstimmung können Kopf- oder Magenschmerzen, sowie

rheumatoide Beschwerden weitere Symptome sein.

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o Magnesium phosphoricum (Magnesiummonohydrogenphosphat)

Magnesium wird bei neuralgischen Schmerzen von scharf-stechendem,

intermittierendem Charakter und Kolik artigen Krampfzuständen eingesetzt.

Die PatientInnen sind nervös, gereizt und überempfindlich, ebenso schwach und

erschöpft durch ihre Krankheit. Denken fällt schwer, häufig treten

Verdauungsbeschwerden, sowie Koliken des Magen-Darm-Traktes, der Gallenwege

oder der Niere auf. Häufig besteht auch Meteorismus, sie krümmen sich vor Schmerz

zusammen, Massieren und fester Druck auf die Bauchdecke entspannen etwas. Des

Weiteren kann ein Würge- und Brechreiz auftreten, während dessen besteht ein

Verlangen nach kalten Getränken.

Plötzliche, schmerzhafte Krämpfe v.a. in den Waden sind Anwendungsmöglichkeiten

von Magnesium. Eine Verschlimmerung der Symptome tritt durch Kälte, Bewegung

und Berührung ein, Zusammenkrümmen und Wärme bessern die Beschwerden.

o Opium (Schlafmohn)

Bei Darmparalysen nach Operationen, träger Darmtätigkeit und Obstipation,

geblähtem Bauch und kolikartigen Magenschmerzen kann Opium herangezogen

werden, ebenso nach Schlaganfällen oder Gehirnerschütterungen bzw.

Lähmungserscheinungen mit Bewusstseinstrübungen.

Die PatientInnen zeichnen sich durch eine geringe Schmerzempfindlichkeit, einen

betäubten Zustand bzw. Schläfrigkeit, Schreckhaftigkeit und Halluzinationen aus. Sie

schwitzen stark, die Sinne sind überempfindlich. Durch Ärger, Angst und Schreck

können Symptome ausgelöst werden, durch Wärme und nach dem Schlaf

verschlechtern sich die Beschwerden, Abkühlung bringt Linderung.

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o Phosphorus (gelber Phosphor)

Bezogen auf das Thema Schmerz kommt Phosphor bei brennenden Schmerzen

zwischen den Schulterblättern bei Hyperästhesie der Wirbelsäule, Gliederschwäche

und Parästhesien der Extremitäten zum Einsatz. Kopfschmerzen begleitet von einem

Gefühl, wie betäubt zu sein stellen ebenfalls eine Indikation dar.

Als Leitsymptome zeigen sich eine Überempfindlichkeit gegenüber allen

Sinneseindrücken, eine nervöse Übererregbarkeit, Schreckhaftigkeit und Furcht (vor

der Dunkelheit, dem Alleinsein, dem Tod, der Krankheit). Die PatientInnen sind rasch

erschöpft und müde, können sich jedoch nach kurzem Schlaf leicht erholen. Sie

neigen zu blauen Flecken und Nasenbluten. Abends und nachts kommt es zur

Verschlimmerung der Beschwerden, ebenso durch Linksseitenlage, Kälte, frische

Luft, sowie psychische und physische Ereignisse. Kurze Ruhepausen, Essen und

kalte Nahrung, Körperkontakt, sanfte Massage und Zuspruch wirken lindernd.

o Pulsatilla pratensis (Wiesenküchenschelle)

Bei Gesichtsneuralgien, Migräne und Kopfschmerzen als wolle die Stirn und Schläfe

zerspringen, sowie bei Beschwerden aus dem rheumatischen Formenkreis wie

Muskel- und Gelenksschmerzen, ebenso bei neuralgischen Schmerzen kann

Pulsatilla als Arzneimittel herangezogen werden. Auch bei Harnwegsinfekten kommt

es zum Einsatz.

Leitsymptome sind Weinerlichkeit, Depressionen, Launenhaftigkeit, ein häufiger

Wechsel der Symptomatik nach Art und Lokalisation, Unverträglichkeit von fettem

Essen, Neigung zu Erkältungen, Frieren, jedoch Unverträglichkeit von Wärme und

Durstlosigkeit. Abends und am Morgen nach Ruhe, durch Wärme und Hägen lassen

der Glieder verschlimmern sich die Beschwerden, im Freien, durch Bewegung und

Trinken kommt es zur Besserung.

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o Rhus toxicodendron (Giftsumach)

Rhus wird vor allem bei Schmerzen des Bewegungsapparates, wie Verrenkungen,

Zerrungen, Ischialgien und Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis

herangezogen.

Leitsymptome stellen große Ruhelosigkeit und Bewegungsdrang dar, oft sind die

Beschwerden auch Folgezustände von Kälte und Nässe, sowie Überanstrengung.

Nachts, in Bettwärme und in Ruhe verschlechtern sich die Symptome, Massagen,

Wärmeanwendungen, fortgesetzte Bewegung und Schwitzen bessern sie. Die

PatientInnen halten ihre Gefühle eher zurück, haben fixe Ideen oder sogar

Wahnvorstellungen, von welchen sie sich nicht abbringen lassen und haben vor

allem nachts die Befürchtung bedroht zu werden. Die schmerzendenden Gelenke

sind steif, nach einem Anlaufschmerz bessert sich allerdings der Zustand. Glieder

fühlen sich wie gelähmt an, es treten Taubheitsgefühle und Kribbelparästhesien auf.

Bei berstenden, ziehenden, reißenden Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit nach

Zugluftexposition und auch Bronchitiden oder grippalen Infekten mit Brustschmerzen

kann Rhus herangezogen werden. Schmerzhafte, bläschenförmige, nässende

Hautausschläge, wie die Gürtelrose, stellen eine weitere Indikation dar.

o Strontium carbonicum (Strontiumcarbonat)

Bei Ganzkörperschmerzen, auch im Speziellen verursacht durch eine

Krebserkrankung, kann Strontium als Arznei herangezogen werden.

Die PatientInnen zeigen eine allgemeine Schwäche und Abgeschlagenheit, ebenso

leiden sie im Rahmen chronischer Erkrankungen unter psychischer Verstimmung mit

großen Ängsten und Wahnvorstellungen vor allem nachts begleitet von einer

unbestimmten Ruhelosigkeit und Aggressionen (vgl. Rhus toxicodendron).

Arteriosklerotische Beschwerden mit Bluthochdruck oder Migräne sind weitere

Leitsymptome.

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Sie klagen über rheumatoide Schmerzen in Gelenken und Knochen, auch begleitet

von einem Lähmungsgefühl oder Zittrigkeit, die Extremitäten sind kalt. So führen

Kälte und Anstrengung zu einer Verschlechterung, Wärme und frische Luft zu einer

Besserung der Schmerzen.

o Symphytum (Beinwell)

Symphytum wird bei Verletzungen der Knochen, wie Knochenbrüche oder durch

Metastasen bedingte Knochenschmerzen, aber auch bei stumpfen Verletzungen des

Auges eingesetzt. Bei Gelenksschmerzen oder nach Amputationen bringt es

ebenfalls Schmerzlinderung.

Die Schmerzen verschlechtern sich bei Berührung, Bewegung und Druck, Wärme

wird als angenehm empfunden.

o Tabacum (Tabak)

Bei nächtlichen Wahnvorstellungen und großer Unruhe, oft auch begleitet von

Übelkeit und Erbrechen, kann Tabacum als Arznei herangezogen werden, ebenso

bei Muskelkrämpfen und Schmerzen, Parästhesien und Lähmungserscheinungen.

Durch Überanstrengung und psychische Ereignisse werden die Symptome

ausgelöst, es bestehen eine Mattigkeit und Kältegefühl, sowie Schweißausbrüche.

Es kommt zu Magen-Darm-Krämpfen, einem aufgetriebenem Bauch, Durchfall und

Erbrechen. Bewegung, Kälte und Sinneseindrücke verstärken die Beschwerden,

frische Luft und Erbrechen bessern sie.

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o Veratrum album (weißer Germer)

Veratrum album eignet sich als Arznei bei Neuralgien, Parästhesien und

Muskelkrämpfen. Auch bei Migräne mit kaltem Schweiß und Schwindel oder

Schmerzen mit Kollapsneigung, sowie manisch-depressiven Zuständen kann es

eingesetzt werden.

Psychische Ereignisse, Vergiftungen oder Infektionskrankheiten können Auslöser

sein. Die PatientInnen zeigen ärgerliche Gereiztheit, eine geschäftige Unruhe,

Angstzustände und Halluzinationen. Des Weiteren kann ein Kältegefühl am ganzen

Körper mit dem Gefühl von innerem Brennen auftreten. Das Verlangen nach kaltem

Wasser ist ebenfalls ein Leitsymptom. Durch Anstrengung, Aufregung und gegen

vier Uhr früh verschlimmern sich die Beschwerden, Wärme und Liegen bessern sie.

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4.6 Grenzen und Schwierigkeiten im Bereich der Palliative

Care

Aufgrund der Grunderkrankungen der Palliativpatienten ist die Reiz- und

Regulationstherapie, auf der die Homöopathie beruht, sicherlich eingeschränkt

wirksam, da der Körper keine oder nur wenig Reaktionskraft besitzt, um schwere

Krankheiten zu regulieren und Selbstheilungskräfte in Gang zu setzen.

Außerdem muss berücksichtigt werden, dass eine über Stunden dauernde

Anamnese aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes oft eine zu große

Anstrengung darstellt oder die Patienten dazu nicht mehr in der Lage sind bzw. dies

auch ablehnen. Auch eine Fremdanamnese durch Angehörige kann hier kaum als

Ersatz dienen. Weiteres sind durch vorangegangene Therapien, wie zum Beispiel

Chemotherapie oder Bestrahlungen, die eigentlichen Symptome der Patienten

überlagert oder verändert.

So wird in der Palliative Care hauptsächlich versucht ein Arzneimittel für akute

Symptome, verursacht durch die Erkrankung oder Therapienebenwirkungen, wie z.B.

Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Appetitlosigkeit, Unruhe, Ängste und natürlich

Schmerzen zu finden. Die Gesamtheit der Symptome sollte immer erhoben und die

Charaktereigenschaften des Patienten mit berücksichtigt werden, um das passendste

Arzneimittel auswählen zu können.

Alles in allem ist der Einsatz homöopathischer Arzneimittel sicher einen Versuch

wert, denn selbst eine Reduktion quälender Beschwerden kann für den Patienten

eine große Erleichterung darstellen.

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60

4.7 Literatur

Förderverein Palliative Care LK Krems (2011): Palliative Care, Praktisches Handbuch für Pflegekräfte und

pflegende Angehörige, Verlag Berger

Likar, Rudolf; Bernatzky, Günther; Märkert, Dieter; Ilias, Wilfried (2009):Schmerztherapie in der Pflege,

Schulmedizinische und komplementäre Methoden, Springer Wien NewYork

Lohmann, Wiebke (2009): Basics Homöopathie, Urban & Fischer

Wiesenauer, Markus; Elies, Michael (2004): Praxis der Homöopathie, Eine praxisbezogene Arzneimittellehre, 2.

Auflage, Hippokrates

Vermeulen, Frans (1994): Concordant Materia Medica, 1. Auflage, Merlijn Publishers

Internetquelle

http://www.homoeopathieinstitut.at/chamomilla.html

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 4.1.: URL:

http://www.tushattingen.de/turnen/Ubungsangebot/Wassertropfen1.gif , abgerufen am 16.04.2012

Abbildung 4.2.: URL:

http://www.google.de/imgres?q=hom%C3%B6opathie&um=1&hl=de&sa=N&qscrl=1&nord=1&rlz=1T4SKPT_deA

T417AT421&biw=1600&bih=773&tbm=isch&tbnid=mybsWYtGz4IyuM:&imgrefurl=http://de.wikipedia.org/wiki/Hom

%25C3%25B6opathie&docid=jRQwd6gydRNhQM&itg=1&imgurl=http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/

thumb/c/cb/Hahnemann.jpg/220px-

Hahnemann.jpg&w=220&h=294&ei=Sx6RT4sihOyyBpywwawE&zoom=1&iact=hc&vpx=162&vpy=158&dur=1588

&hovh=235&hovw=176&tx=91&ty=92&sig=113331485221259986113&page=1&tbnh=124&tbnw=88&start=0&nds

p=35&ved=1t:429,r:0,s:0,i:119 , abgerufen am 16.04.2012

Abbildung 4.3.: URL:

http://www.google.de/imgres?q=hom%C3%B6opathie&um=1&hl=de&sa=N&qscrl=1&nord=1&rlz=1T4SKPT_deA

T417AT421&biw=1600&bih=773&tbm=isch&tbnid=V8cqE7y4naBdzM:&imgrefurl=http://hno-lehrberger-

unterhaching.de/leistungen/homoeopathie&docid=km0tTMPqPcRADM&imgurl=http://hno-lehrberger-

unterhaching.de/images/stories/leistungen/heilmittel.png&w=424&h=283&ei=Sx6RT4sihOyyBpywwawE&zoom=1

&iact=hc&vpx=899&vpy=184&dur=4253&hovh=183&hovw=275&tx=115&ty=132&sig=113331485221259986113&

page=1&tbnh=124&tbnw=162&start=0&ndsp=35&ved=1t:429,r:5,s:0,i:129 , abgerufen am 16.04.2012

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5 Basale Stimulation®

Dr. Anita Teubenbacher

Ärztin für Allgemeinmedizin

5.1 Motivation

Einleitend möchte ich darauf eingehen, warum ich mich für das Thema „Basale

Stimulation®“ entschieden habe.

Im Oktober 2009 erhielt ich von meinem Opa den Anruf, dass meine Oma im Sterben

lag. Für meine Familie war diese Nachricht ein großer Schock, denn beim letzten

Besuch hatten uns die betreuenden Ärzte noch Hoffnung gemacht. Im August 2009

wurde bei Oma ein Pankreaskarzinom festgestellt und anschließend musste sie

einige Operationen über sich ergehen lassen. Kurz vor ihrem Tod wäre eine erneute

Operation geplant gewesen um einen Stent zur Offenhaltung der Gallenwege zu

implantieren. Doch aufgrund des sich rasch verschlechternden Allgemeinzustandes

wurde die OP kurzfristig abgesagt. Als ich meine Oma im Krankenbett liegen sah, bot

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sich mir ein erschreckendes Bild. Ihre Augen und Wangen waren eingefallen und ich

erkannte sie kaum wieder. Ich sah aber auch die Angst und Panik in den Gesichtern

meiner Verwandten. Mir war es deshalb sehr wichtig, sie in dieser Zeit nicht alleine

zu lassen und ich hatte größte Angst, dass meine Oma alleine sterben musste.

Deshalb verbrachte ich die letzten Tage rund um die Uhr neben ihrem Krankenbett.

Als ich sie so betrachtete, kam mir der Gedanke wie schrecklich es sein musste, im

eigenen Körper „eingesperrt“ zu sein und sich nicht mehr bewegen zu können. Doch

zu Beginn sah ich keine Möglichkeit Kontakt aufzunehmen. Den entstandenen

Monolog hielt ich in dieser Situation als unbefriedigend und traurig. Intuitiv begann

ich ihre Finger-, und Fußgelenke zu massieren, Arme und Beine auszustreichen,

Gelenke zu bewegen und den Mund regelmäßig zu befeuchten. Dadurch hatte ich

endlich wieder das Gefühl mit meiner Oma „kommunizieren“ zu können. Ich

recherchierte im Internet um mich über weitere Möglichkeiten der Sterbebegleitung

zu informieren und stieß auf etwas das ich bis dahin nicht kannte aber dennoch

unbewusst durchführte: die Basale Stimulation®. Ich führte diese Methode

anschließend regelmäßig bis zu ihrem Tod durch und hatte danach das Gefühl, dass

ich ihren letzten Weg in Würde begleiten konnte.

Die Basale Stimulation® hat mich seitdem nachhaltig verändert und mir auch viele

Erklärungen auf ein scheinbar unerklärliches Verhalten von Patienten gegeben.

Weiters konnte ich im Rahmen meiner Palliativausbildung feststellen, dass sie auch

in der Schmerzbehandlung eine sehr gute alternative Therapiemöglichkeit darstellt.

In den folgenden Abschnitten möchte ich die geschichtliche Entwicklung, das

Konzept, die Wahrnehmungsbereiche des Menschen sowie die verschiedenen

Angebote der Basalen Stimulation® zur Behandlung körperlicher und seelischer

Schmerzen beschreiben.

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5.2 Geschichtliche Entwicklung

Ich sah ein Kind mit einer brennenden Kerze.

Ich fragte es nach der Herkunft des Lichts.

Das Kind löschte es und bat:

„Sage du mir, wohin es gegangen ist.“

(Hassan von Basra)

Basale Stimulation® wurde 1975 von Andreas Fröhlich entwickelt um geistig und

körperlich schwerstbehinderte Kinder zu fördern. Gemeinsam mit der

Krankenschwester und Diplompädagogin Christel Bienstein wurde dieses Konzept in

den 80er Jahren in die Erwachsenenkrankenpflege übertragen. Sie entdeckten, dass

apallische und komatöse Patienten ebenso das elementare Bedürfnis nach

Wahrnehmung, Bewegung und Kommunikation verspüren, dabei in ihrem Erleben

jedoch stark beeinträchtigt sind. Die gültigen Prinzipien haben eine grundlegende,

elementare und allgemeingültige Bedeutung für alle Menschen, ob krank oder

gesund, alt oder jung, neugeboren oder sterbend. Wir alle können uns aktiv am

Pflegeprozess beteiligen und einem schwerkranken oder sterbenden Menschen auf

seinem letzten Weg in Würde begleiten.

Letztendlich ist die Basale Stimulation® kein situatives Pflegekonzept, sondern

erfordert eine ganz bestimmte innere Haltung von uns, eine Haltung die den

Menschen, den wir gerade betreuen und pflegen, in den Mittelpunkt unseres

Handelns stellt.

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5.3 Das Konzept

„Und wenn wir noch so von Krankheit und Gebrechlichkeit behindert sind,

wenn wir uns nicht mehr ausdrücken, nicht mehr aktiv handeln können:

Bis zum letzten Atemzug bleiben uns die Gefühle und die Sinneswahrnehmungen.

Über die Stimulation der Sinne erleben wir bis zuletzt Schönheit, Stabilität,

Körpergefühl und deshalb Wohlbefinden.“

Rosemarie Mathys

Die Basale Stimulation® orientiert sich an allen Bereichen menschlicher Bedürfnisse.

Sie hat zum Ziel, die Wahrnehmung beeinträchtigter Menschen zu fördern, den

Beziehungsverlust zur Umwelt zu verhindern, Sterbende angemessen zu pflegen und

zu begleiten sowie psychische und physische Schmerzen zu lindern. Mit der Basalen

Stimulation® soll der Mangel an Eigenerfahrung, Eigenbewegung und die fehlende

Auseinandersetzung mit der Umwelt kompensiert werden. Der neuronale

Informationsabbau wird dadurch gestoppt und mit gezielten Anregungen werden im

Gehirn verbliebene Verbindungen aufrecht erhalten und die Entstehung neuer

Verbindungen angeregt, damit einer fortschreitenden Isolation, einer Deprivation

(Entzug sensorischer Reize) und einer Desorientierung entgegengewirkt werden

kann.

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65

Zielgruppen der Basalen Stimulation® sind:

Behinderte Menschen

Somnolente, desorientierte und demente Menschen

Sterbende Menschen

Schmerzpatienten

Bewusstlose, sedierte und beatmete Menschen

Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma oder apallischem Syndrom

Frühgeborene und kranke Kinder (sofern Sie in ihrer Fähigkeit zur

Wahrnehmung und Kommunikation eingeschränkt sind)

Hemiplegiepatienten

Stark in ihrer Beweglichkeit eingeschränkte Menschen

Grundannahmen des Konzeptes sind:

Wahrnehmung, Bewegung und Kommunikation stehen in Beziehung

zueinander.

Fähigkeiten und Leistungen sind neuronal miteinander verknüpft.

Die neuronale Verknüpfung im Gehirn ist abhängig vom Ausmaß der

Stimulation durch die Umwelt.

Der Mensch ist in seinem funktionellen Wirken ganzheitlich zu betrachten.

Basale Stimulation® arbeitet mit Erinnerungsauslösern. Der Mensch ist

geprägt von Erfahrung.

Der Mensch nimmt wahr und kommuniziert, solange er lebt.

Bewusstlosigkeit bedeutet nicht Wahrnehmungslosigkeit.

Der Mensch ist gefährdet durch Gewöhnung und Unterstimulation.

Der Mensch zieht sich in bestimmten Situationen auf eine Basis zurück.

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5.4 Wahrnehmungsbereiche des Menschen

Somatische Wahrnehmung

Darunter versteht man jegliche Berührung mit den entsprechenden

Sinneseindrücken. Die Haut ist das größte Sinnesorgan, das wir besitzen. Der

somatische Sinn entwickelt sich als Erstes.

somatisch

vestibulär

vibratorisch

oral

olfaktorisch

visuell

auditiv

taktil

Wahrnehmung

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Vestibuläre Wahrnehmung

Das Innenohr ist das Sinnesorgan für Bewegung und Gleichgewicht. Die Stimulation

fördert den Lage- und Gleichgewichtssinn.

Vibratorische Wahrnehmung

Durch Vibrationen bekommen wir Informationen über unser Körperinneres, das

Körpergefühl wird gefördert und wir nehmen Knochen und Gelenke wahr.

Orale Wahrnehmung

Die Kau- und Schluckbewegungen sind sehr wichtig für den Menschen. Der Mund

gehört zu unseren sensibelsten Bereichen. Durch seine Verbindung zur Nase hat er

eine doppelte Fähigkeit, denn die Riechnerven und der Geschmackssinn können

gleichzeitig gereizt werden. Diese Regionen gehören zu den

wahrnehmungsstärksten Körperzonen.

Olfaktorische Wahrnehmung

Der Geruchssinn ist an die Einatmung gebunden. Alle Geruchsinformationen und

Duftbotschaften landen direkt im limbischen System und lösen damit Emotionen aus.

Visuelle Wahrnehmung

Wir orientieren uns dadurch in unserer Umwelt, eine gewohnte Umgebung gibt uns

Sicherheit.

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Auditive Wahrnehmung

Ganzkörperliches Hören ist über Geräusche und Vibrationen möglich, wir können die

Differenzierungsfähigkeit und den Kontaktaufbau fördern.

Taktile Wahrnehmung

In der Haut befindliche Rezeptoren reagieren auf Druck und Berührungsempfindung.

Erinnerungen an Bekanntes werden wachgerufen, die Sicherheit und Beruhigung

wird gefördert.

In all diesen Wahrnehmungsbereichen gibt es vielfältige Stimulationsmöglichkeiten,

die es uns ermöglichen mit dem Menschen in Kontakt zu treten und mit ihnen zu

kommunizieren. Es ist wunderbar zu wissen, dass die drei

Hauptwahrnehmungsbereiche (somatisch, vestibulär, vibratorisch) auch bei

schwersten Störungen meist ansprechbar sind und wir in diesen Bereichen immer

Kontakt zu jedem Menschen aufnehmen können.

5.5 Basal stimulierende Angebote

Somatische Stimulation

Im Vordergrund steht hierbei, dass der Patient durch gezielte und eindeutige

Berührungen ein Bewusstsein über seinen Körper bekommt und dessen Grenzen

neu bzw. wieder erlernt. Die somatische Stimulation bezieht sich auf Wahrnehmung

der Haut, Muskulatur und Gelenke, d.h. der Patient empfängt Reize für das Spüren

von Druck, Schmerz und Temperatur, die den Grundbaustein im Spüren der Lage

und Bewegung der Gliedmaßen darstellen und somit helfen, das Körperbewusstsein

wiederherzustellen.

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Ganzkörperwaschung in der Basalen Stimulation® (GKW)

Eine weitere Möglichkeit der Basalen Stimulation® ist die Ganzkörperwaschung. Ziel

ist zum einen die Säuberung und Pflege des Patienten, zum anderen dem Patienten

eine systematische angenehme Körpererfahrung zu ermöglichen. Grundsätzlich

unterscheidet man verschieden Formen der GKW. Im nächsten Abschnitt werden die

geführte GKW und die beruhigende GKW erklärt.

Geführte Ganzkörperwaschung

Die geführte Ganzkörperwaschung soll die verbliebenen Aktivitäten des Patienten

und seine Autonomie unterstützen. Die Waschbewegungen des Patienten werden

durch eine Pflegeperson unterstützt. Es ist nicht immer leicht zu erkennen, welche

Ressourcen noch zur Verfügung stehen, jedoch sollte jeder Patient selbst bestimmen

können, wie viel Hilfe er benötigt und von wem er diese Hilfe annimmt.

Beruhigende Ganzkörperwaschung

Die beruhigende Ganzkörperwaschung kann bei Menschen mit innerer Unruhe und

Angstzuständen, mit Einschlafproblemen oder Schmerzen angewandt werden. Auch

bei Morbus Alzheimer Patienten, Hyperaktivität und zentralen Unruhezuständen hat

diese Methode Erfolge gezeigt. Die Waschbewegung erfolgt in die

Haarwuchsrichtung und kann mit einem Waschhandschuh, Socken oder einem

nassen Handtuch erfolgen. Die Wassertemperatur sollte nicht mehr als 42 Grad

betragen. Dem Patienten unangenehme Körperstellen, beispielsweise das Gesicht,

sollten bei der Waschung ausgelassen werden. Durch wiederholte Bewegungen der

Hände, können die gewünschten Effekte verstärkt werden. Das Abtrocknen und

Eincremen wird wieder in die Haarwuchsrichtung durchgeführt. Die Dauer der

beruhigenden Ganzkörperwaschung sollte mindestens 20 Minuten betragen.

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Vestibuläre Stimulation

Die vestibuläre Stimulation dient in erster Linie der unwillkürlichen motorischen

Steuerung des Gleichgewichts. Dadurch kann der Patient Informationen über die

Lage und Bewegung seines Körpers im Raum wahrnehmen.

Falls Patienten lange in einer bestimmten Position gelagert sind, passt sich ihr

Gleichgewichtsinn an diese Lagerung an. Dadurch wird die Wahrnehmung des

Betroffenen über seine Lage im Raum erschwert. Durch eine plötzliche

Positionsänderung kann es sein, dass der Betroffene diese Stimulation verstärkt

wahrnimmt, so dass Übelkeit und Schwindel entstehen können. Deshalb sollten

möglichst langsame Bewegungen angeboten werden. Bewährt haben sich hierbei die

30 und 135 Grad- Lagerung bei denen feste Materialien unter die Längsseite

gebracht werden.

Vibratorische Stimulation

Bei dieser Form der Basalen Stimulation® werden Druckrezeptoren im Körperinneren

gereizt. Dies kann man beispielsweise mit einer elektrischen Zahnbürste oder einem

elektrischen Rasierapparat, elektrischen Massagegeräten oder Vibrationskissen

bewirken. Die feinen Schwingungen übermitteln wichtige stimulierende Impulse.

Erwähnenswert ist auch das Spazieren fahren mit dem Patienten, denn die

vibratorischen Anregungen, aufgrund der unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten

mit ihren Unebenheiten, bieten dem Betroffenen einen einzigartigen Erfahrungsraum.

Auch einfache Musikinstrumente wie Gitarre oder Klangstäbe können hergenommen

werden.

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Orale Stimulation

Der Mund ist unser wahrnehmungsstärkster Bereich. Orale Stimulationsangebote,

die bei schwer kranken Patienten gemacht werden, sollten in erster Linie das Ziel

haben das Wohlbefinden zu fördern. Der Mund kann mit Hilfe von Berühren und

Streicheln des äußeren Mundbereiches mit kühlen Objekten, Zahnbürsten,

Kauschwämmchen, Kausäckchen, Knabberspielzeug, usw. dazu stimuliert werden.

Den Geschmack kann man mit süßen oder sauren Flüssigkeiten gezielt erfahrbar

machen. Zur Mundpflege eignen sich verschiedene Teesorten wie Pfefferminze,

Salbeitee, oder Kamille. Fruchtsäfte aller Art (z.B. Ananas-, Orangen-, oder

Traubensaft) können eingefroren und anschließend gelutscht werden. Sie fördern die

Speichelproduktion und bewirken eine gute Mundbefeuchtung und angenehme

Kühlung.

Olfaktorische Stimulation

Bei der olfaktorischen Stimulation kommen hauptsächlich Gerüche und

Geschmäcker zum Tragen, die möglichst genau biografisch auf den Patienten

abgestimmt werden. Das Arbeiten mit Duschölen, die den Patienten an früher

erinnern, oder das Auftragen eines bestimmten Parfüms dient dieser Stimulation.

Visuelle Stimulation

Durch die visuelle Stimulation kann „bewusstes Sehen“ ermöglicht werden. Der

Betroffene erlangt so eine Orientierung über sich selbst und über seine Umgebung.

Da ein schwerkranker oder sterbender Patient ab einem bestimmten Zeitpunkt oft

sein Zimmer nicht mehr verlassen kann, ist es umso wichtiger, das Zimmer so

auszustatten, dass der Sterbende sich wohl fühlt. Sein Bett sollte so platziert sein,

dass er Personen, die ins Zimmer treten, sofort sehen kann. Gegenstände in

Sichtweite des Patienten, sollen für ihn interessant sein und ihn anregen.

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Auditive Stimulation

Dieser Bereich umfasst alles, was Menschen durch ihr Gehör wahrnehmen. Er ist

sehr subjektiv, da jeder Mensch Geräusche anders wahrnimmt. Dies kommt daher,

dass die Wahrnehmung und Interpretation von Geräuschen auf Erfahrung und

Erziehung beruht. In der Begleitung von Patienten kann Musik eine große Rolle

spielen. Sie hat positiven Einfluss zum Durchbrechen des chronischen

Schmerzkreises durch Behebung des durch Schmerzen hervorgerufenen unruhigen

und depressiven Zustandes, dient zur Förderung der Muskelentspannung und hilft

dem Patienten, sich an vergangene, wichtige Lebensereignisse zu erinnern u.v.m..

Taktil-haptische Stimulation

Der taktil- haptische Sinn dient dazu unsere Umwelt zu begreifen, zu identifizieren

und zu differenzieren. Die Hand- und Fußinnenflächen des Patienten eignen sich

sehr gut zum Begreifen der Umgebung. Wenn es dem Betroffenen nicht möglich ist

selbst zu tasten, muss der Betreuende die Hände oder Füße führen. Zur taktilen

Stimulation eignen sich die Hände des Betreuenden oder unterschiedliche

Materialien wie, z.B. Tücher, Cremen, Bürsten und vieles mehr.

Die Atmung

Eine weitere Möglichkeit, der Basalen Stimulation® besteht darin, den Patienten zu

unterstützen seine Atmung bewusst zu erleben. Durch die Art der Atmung können die

Betreuenden die Betroffenen leichter verstehen: Wenn ein Patient Schmerzen hat,

nervös oder erregt ist, wird die Atmung flacher und schneller. Ist er entspannt, atmet

er vergleichsweise tiefer und ruhiger. Von den verschiedenen Atemmustern kann auf

momentane Gemütszustände des Patienten geschlossen werden. Parallel dazu kann

man im Rahmen der Basalen Stimulation®, durch die Beeinflussung der Atmung, den

Gemütszustand des Patienten beeinflussen.

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Tiefes Ausatmen kann Anspannungen lockern, rasche, oberflächliche Atmung kann

Unruhe bewirken. Die Atmung ist bei manchen schwer bewusstseinsgestörten

Personen oft die einzige verbliebene Kommunikationsmöglichkeit bzw.

Ausdrucksmöglichkeit.

Die Atemstimulierende Einreibung (ASE)

Das Ziel der ASE ist, dem Patienten zu einer gleichmäßigen und ruhigen Atmung zu

verhelfen. Somit kann man ihn bei der Wahrnehmung des eigenen Körpers oder

auch in seiner Konzentrationsfähigkeit unterstützen.

Bevor mit der Atemstimulierenden Einreibung begonnen wird, sollten einige Faktoren

beachtet werden. So sollte zum Beispiel auf die Wahl eines passenden Zeitpunkts

geachtet werden. Wenn die Atemstimulierende Einreibung tagsüber angewendet

wird, muss hinterher mindestens eine halbe Stunde Zeit zum Ruhen eingerechnet

werden. Wenn sie abends angewendet wird, kann sie vor dem Schlafen gehen zum

Einsatz kommen. Weiters sollte eine angenehm warme Raumtemperatur und Ruhe

im Raum herrschen. Mobile Patienten können sich auf einen Sessel setzen und den

Oberkörper auf einen Polster, der auf einem Tisch liegt, abstützen. Immobile

Patienten können in eine 135 Grad Lagerung gebracht werden. Dabei sollten Ringe

und Uhren des Pflegenden entfernt werden.

Anschließend kann der Rücken mit einer Lotion eingecremt werden. Der Pflegende

kann nun die Lotion regelmäßig mit den Handflächen vom Nacken bis zum Steiß auf

den Rücken des Patienten verteilen. Die Atemstimulierende Einreibung beginnt

während einer Ausatmung. Normalerweise geschieht der Wechsel zwischen Ein- und

Ausatmung im Verhältnis 1 : 2. Für das gesamte Procedere sollten 3 - 10 Minuten

eingerechnet werden.

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5.6 Nachwort

2011 durfte ich im Rahmen meiner Ausbildung 3 Monate an einer Palliativabteilung

verbringen. Hierbei kam ich erneut mit der Basalen Stimulation® in Berührung.

Regelmäßig wurde eine Initialberührung als ritualisierte Begrüßung und

Verabschiedung durchgeführt. Sie wurde vor und am Ende jeder Tätigkeit an einem

zentralen Körperbereich (meistens an der linken Schulter) durchgeführt. Angehörige

und Bezugspersonen hatten ihre eigene Initialberührung. Ich konnte dabei

beobachten, dass komatöse Patienten auf stimulierende Einwirkungen reagierten

und vitale Parameter günstig beeinflusst wurden (Herzfrequenz, Blutdruck,

Atemfrequenz etc.). Weiters konnte ich feststellen, dass Patienten, die eine Basale

Stimulation® erhielten, oftmals weniger Schmerzmittel brauchten und auch bezüglich

seelischem Schmerz häufig von dieser Therapieform profitierten.

Was mich persönlich besonders angesprochen hat, ist der Umstand der sich in der

Ausübung der Basalen Stimulation® verwirklicht und zwar, dass der ganze Mensch

mit seiner Biographie, seinen Beziehungen, seinen Bedürfnissen, Wünschen, Plänen

und Zielen, den Mittelpunkt des Interesses bildet.

5.7 Literatur

P. Nydahl, G. Bartoszek; Basale Stimulation – Neue Wege in der Intensivpflege

S. Kostrzewa, M. Kutzner: Was wir noch tun können! Basale Stimulation in der Sterbebegleitung

C. Bienstein, Andreas Fröhlich: Basale Stimulation in der Pflege- Die Grundlagen (6. Auflage)

Internetquellen

http://www.integra.at/files/Zagermann.pdf

http://www.homecare-info.ch/dokus/Basale_Wie_Basale_Stimulation.pdf

www.basale.at

Abbildung: www.wolfgang-goetzfried.de/index.php?id=36

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6 Entspannungsverfahren in der Palliative Care

Kirsten Preik-Schmidt

Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester

6.1 Einleitung

In den vier Jahren, in denen ich auf der Palliativstation tätig war, hatte ich immer den

Eindruck, dass das interdisziplinäre Team alle Fähigkeiten einsetzte, um den

Bedürfnissen der Patienten und der Angehörigen gerecht zu werden.

Seit der Eröffnung der Station im Jahr 1998 sind die Angebote für die Patienten und

Angehörige stetig erweitert worden.

Entspannungsangebote sind erst vor drei Jahren eingeführt worden. Als ehemalige

Pflegekraft auf der Palliativstation und heute dort tätige Entspannungspädagogin ist

es mir ein Anliegen, Entspannungstechniken anzubieten, die die Lebensqualität für

alle am Krankheitsgeschehen beteiligte Personen so positiv wie möglich zu

gestalten,

In dieser Arbeit möchte ich dem Leser einen kleinen Einblick geben, von dem was

machbar ist und sinnvoll sein kann.

Ich beziehe mich bewusst nur auf eine Entspannungstechnik, weise aber bewusst

darauf hin, dass Entspannung ein „weites Feld“ ist und nicht nur unbedingt eine

bestimmte Technik den gewünschten Erfolg erzielt.

Wichtig ist es, dem Menschen stets mit einer Haltung zu begegnen, die Wünsche

zulässt und ein gemeinsames Miteinander ermöglicht.

Im ersten Teil wird kurz thematisiert, wie die Befindlichkeit vieler erkrankten

Menschen und deren Angehörige ist und warum Entspannung Thema sein kann.

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Darauf folgend wird die Entspannungstechnik allgemein und insbesondere die

Muskelentspannung nach Jacobson ausführlich dargestellt.

Damit der Leser einen genauen Einblick ins Thema erhält, führe ich detailliert die

Einsatzbereiche und die Wirkungsweise des progressiven Muskeltrainings auf. Jede

Entspannungsform hat möglicherweise Grenzen, sodass ich auch die

Kontraindikationen anspreche.

Zum Schluss wird eine kurze Sequenz der Durchführung dargestellt mit einem

abschließenden Erfahrungsbericht.

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6.2 Theoretische Grundlagen

Ausgangslage

Entspannungsverfahren, komplementär zur medikamentösen Schmerztherapie,

gewinnen im Bereich der Arbeit mit Menschen, die an Schmerzen leiden, zunehmend

an Bedeutung.

Bei ca. 50-95 % der im fortgeschrittenen Stadium tumorerkrankten Menschen, tritt

das Symptom des Schmerzes auf (Knipping, 2006, S.198)

Der Mensch, der eine intensive Schmerzerfahrung durchlebt, empfindet seinen

Körper meist nur noch als Feind.

Die permanente Belastung durch den Schmerz wird oftmals als unerträglich

beschrieben.

Die Wahrnehmung fokussiert sich auf das bestehende Schmerzsymptom. Der

betroffene Mensch verliert deutlich an Lebensqualität (Huber, Casagrande,

Komplementäre Sterbebegleitung, S. 62)

„Ich rede nicht davon, dass ich Leben retten kann.

Sterben müssen wir alle, aber das ich die Qual nehmen kann, das ist es,

was ich als große, immer neue Gnade empfinde.

Der Schmerz ist ein furchtbarerer Herr als der Tod.“

Albert Schweitzer

In dieser Projektarbeit ist es der Verfasserin wichtig, die besonderen Chancen der

Anwendung von Entspannungsverfahren in der Palliative Care aufzuzeigen.

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Das Thema Schmerz findet sich in zahlreicher Literatur. Woher kommt der Schmerz?

Welche Funktion hat der Schmerz? Was bedeutet Schmerz? Und wie lindere ich den

Schmerz? Diese Fragen, haben bei allen Betroffenen höchste Brisanz.

Die Internationale Gesellschaft zum Studium des Schmerzes definierte bereits im

Jahre 1979 den Begriff „Schmerz“ als „ein unangenehmes Sinnes- und

Gefühlserlebnis, das mit einer aktuellen oder potentiellen Gewebeschädigung

verbunden ist, aber auch ohne sie auftreten kann oder mit Begriffen einer solchen

Schädigung beschrieben . Schmerz ist immer subjektiv.“

Hierin wird bereits im Ansatz deutlich, dass der Schmerz nicht nur ein physisches

Ereignis ist, sondern den ganzen Menschen betrifft und dadurch auch seine

Umgebung beeinflusst.

„Schmerz verursacht Leiden auf physischer, emotionaler, kognitiver und sozialer

Ebene. Schmerz ist damit ein bio-psycho-soziales Phänomen“ (Likar, Bernatzky at

al., Schmerztherapie in der Pflege, S. 20).

Der Begriff „Palliative Care“ steht nicht nur für die ganzheitliche Betreuung von

unheilbar erkrankten Menschen, sondern auch die Unterstützung des Familien -und

Sozialsystems. (WHO Definition 2002)

Der Mensch, der an Schmerzen leidet, hat meistens wichtige soziale Bindungen wie

z.B. Familienmitglieder oder Freunde. Diese Mitmenschen quält die Sorge um das

Wohlbefinden des Kranken, die Hilflosigkeit und die eigenen Zukunftsängste.

Das Leid des Anderen kann dazu führen, dass diese Menschen auch einen Schmerz

empfinden, der sich auf der sozialen, psychischen und / oder spirituellen Ebene

wieder findet.

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Während des stationären Aufenthalts, findet oftmals eine intensive Begleitung durch

die Angehörigen statt. Sie werden in ihrer Funktion als unverzichtbare Quelle sozialer

Unterstützung wahrgenommen. Aber sie sind auch betroffen, da sie die Schmerzen,

Sorgen und Ängste der Betroffenen ebenso wie deren Hoffnung teilen (Praxis

Palliative Care, 2009). Dies ist häufig gekennzeichnet durch stundenlange

Anwesenheit über mehrere Tage oder Wochen. Die dadurch entstehenden

Belastungen für die Angehörigen zeigen sich bei einer großen Anzahl in

Spannungszuständen bis hin zu körperlichen Schmerzen.

„Im Gegensatz zum Schmerz ist Entspannung ein Zustand, der mit unangenehmen

Gefühlszuständen, wie Unbehagen, Unruhe und Angst unvereinbar ist“

(Wendlandt, Entspannung im Alltag, S.23).

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Das Ziel von Entspannungsangeboten allgemein ist:

o Einen als angenehm erlebten Zustand herbeizuführen, also das subjektive

Wohlbefinden zu steigern

o Psychophysiologische Spannungszustände zu reduzieren. Diese sind

nachweisbar durch empirisch belegte Studien.

o Die Abnahme von Muskelspannung.

o Ablenkung der als negativ empfundenen Situation.

(Huber, Casagrande, Komplementäre Sterbebegleitung, S. 56)

Entspannungstechniken

Die aktuelle Lebenssituation von schwerstkranken und schmerzbelasteten

Menschen, sowie der nahe stehenden Mitmenschen ist meistens geprägt von Angst,

Unruhe und eingeschränkter Lebensqualität.

Dies führt oftmals zum Unwohlsein. Entspannungsverfahren leben davon, dass sie in

den Alltag übertragbar sind, damit der Betroffene bzw. Anwender einen

größtmöglichen Nutzen erzielt. Jedoch sollte die Wirkung der Entspannungstechnik

differenziert betrachtet werden.

Das Entspannungsverfahren führt nicht zu einer Heilung der Grunderkrankung.

Trotzdem hat die Entspannung eine grundlegende Bedeutung, da sie physiologische

und psychische Erregungszustände abbauen kann.

Entspannungstechniken können in mentale Techniken, wie z.B. das autogene

Training oder Phantasiereisen, muskuläre Techniken, wie die in Folge beschriebene

progressive Muskelentspannung nach Jacobson und in die Kombination der

genannten Techniken eingeteilt werden (Likar, Bernatzky at al., Schmerztherapie in

der Pflege, S. 249).

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6.3 Progressive Muskelentspannung nach Jacobson

Einleitung

Gründer der Progressiven Muskelrelaxation (PMR) ist Edmund Jacobson (1885-

1976). Das Entspannungsverfahren ist auch als Jacobson Entspannungstraining

oder Tiefenmuskel Entspannungstraining bekannt. Jacobson stellte die Methode

1929 vor. Er war Arzt und Wissenschaftler und beschäftigte sich intensiv mit der

Funktionsweise der Muskulatur. Er stellte fest, das Anspannungen sowie

Verspannungen der Muskulatur häufig im Zusammenhang mit Unruhe, Stress und

Angst einhergeht. Die ursprüngliche Form der Progressiven Muskelentspannung

nach Jacobson ist sehr aufwendig. Mittlerweile gibt es eine große Methodenvielfalt.

Das erklärt auch die unterschiedlichen Studienergebnisse, wenn es darum geht, die

Effektivität der Progressiven Muskelentspannung nachzuweisen (Petermann, S.50).

Einsatzbereiche

„Die progressive Relaxation oder Muskelentspannung ist leicht zu erlernen und

wirkungsvoll“. Seers (1997) beschreibt die Auswirkungen eines

Entspannungsprogramms, bei dem Entspannungstechniken bei Personen eingesetzt

werden, die unter chronischen Schmerzen leiden. Die Befunde zeigen, dass

Patienten, denen Entspannungstechniken beigebracht worden waren, sowohl kurz-

als auch längerfristig eine Abnahme der Schmerzintensität und eine Verbesserung

des Schlafs erfuhren (Carr, Mann, 2010, S.196). Entspannung ruft somit einen

momentan angenehmen Zustand hervor.

Entspannungsreaktionen lassen sich objektiv auf mindestens zwei Ebenen

feststellen: 1. auf der psychologischen Ebene und 2. auf der physischen Ebene.

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6.4 Kennzeichen physischer Entspannungsreaktionen

Entspannung die gelingt, hat Auswirkung auf den gesamten Organismus.

Kennzeichen körperlicher Entspannungsreaktionen sind:

- neuromuskuläre Veränderungen

- kardiovaskuläre Veränderungen

- respiratorische Veränderungen

- elektrodermale Veränderungen

- zentralnervöse Veränderungen

Zu 1.: Neuromuskuläre Veränderungen betreffen den Spannungszustand der

Skelettmuskulatur. Der Spannungszustand wird dabei reduziert. Arm-, Bein- und

Rumpfmuskulatur erschlaffen. Reduzierte Reize auf das motorische System führen

zu einer zusätzlichen Spannungsreduktion im Stützapparat. Dies ist nachweisbar im

Elektromyogramm (EMG).

Zu 2.: Kardiovaskuläre Veränderungen bestehen aus drei Effekten: Die periphere

Gefäßerweiterung (Vasodilatation), die Abnahme der Herzrate sowie die

Blutdrucksenkung.

Die periphere Gefäßerweiterung äußert sich bei dem Entspannenden durch Kribbeln

und Kitzeln vor allem in den Händen und Armen und /oder den Beinen und Füßen.

Je nach Trainingsintensität kann ein mehr oder weniger konstantes Wärmegefühl

auftreten, mit unterschiedlichen Empfindungen in Händen oder Zehen. Das Gefühl

von Wärme ist ein sicheres Zeichen der Entspannung, begründet in dem vermehrten

Blutfluss in den Hauptgefäßen der Extremitäten.

Die Abnahme der Herzrate bedeutet eine Verringerung der Anzahl der Herzschläge

pro Minute. Dies führt zur geringen Verlangsamung des Pulsschlages. Da der gleiche

Effekt bereits entsteht, wenn körperliche, emotionale und kognitive Belastungen

verringert werden, ist die Abnahme der Herzrate kein eindeutiger Indikator für

Entspannung. Eine angemessene ruhige Körperposition unterstützt daher auf jeden

Fall das Entspannungsgeschehen.

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Eine gelungene Entspannung senkt den arteriellen Blutdruck, sowohl bei Personen

mit normalen als auch bei solchen mit erhöhtem Blutdruck. Begründet wird der Effekt

durch die Dämpfung des sympathischen Nervensystems. Der periphere

Gefäßwiderstand nimmt ab und das Herzminutenvolumen sinkt. Die Folge daraus ist

die Blutdrucksenkung bei konsequentem dauerhaftem Training.

Zu 3.: Respiratorische Veränderungen zeigen sich äußerlich durch eine insgesamt

flachere und gleichmäßige Atmung. Das Atemzugvolumen wird geringer und die

Atemfrequenz nimmt ab. Die abdominelle Atmung (Bauchatmung) nimmt zu und die

thorakale Atmung (Zwerchfellatmung) tritt weniger häufig auf. Diese Phänomene sind

bereits im Ruhezustand beobachtbar und verändern sich nicht gravierend durch die

Entspannungstechnik.

Zu 4.: Elektrodermale Veränderungen zeigen sich durch Hautveränderungen, d.h.

durch die Dämpfung der Sympathikus -Aktivität geht die Schweißdrüsensekretion

deutlich zurück. Ist die Schweißdrüsen Aktivität gesenkt, nimmt die Hautleitfähigkeit

ab. Für die Entspannungstechnik „Progressive Muskelrelaxation“ liegen allerdings

wenige Studienergebnisse hinsichtlich der gesenkten Hautleitfähigkeit vor.

Zu 5.: Zentralnervöse Veränderungen bedeuten hirnelektrische

Erregungsprozesse, die durch das Elektroenzephalogramm (EEG) bestimmt werden

können. Es wird aufgezeigt, inwieweit die Großhirnrinde aktiviert ist. Daraus lassen

sich Rückschlüsse auf den Wachheitszustand der Person ziehen. Es werden dabei

Zustände von hoher Konzentration und Aufmerksamkeit über Passivität bis hin zu

Schlafphasen unterschieden.

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6.5 Kennzeichen psychischer Entspannungsreaktionen

Gelingt die Entspannung, treten bestehende negativ empfundene Emotionen weniger

ausgeprägt auf. Gefühle wie Wut oder Angst lassen sich nicht mehr so stark

provozieren und sogar oftmals abbauen. Fazit daraus ergibt, das unangenehme

Gefühle nach lassen, und angenehme Empfindungen sich erhöhen.

Auf der kognitiven Ebene werden Frische und Ausgeruht sein genannt. Der

Erklärungsansatz beruht auf den Aktivitäten der Alphawellen, die für einen

entspannten Wachzustand stehen. Die Aufmerksamkeit ist erhöht, sodass

spezifische Informationen während der Entspannung aufgenommen werden können.

Fühlt sich die Person nach einer gelungenen Entspannung frisch und ausgeruht,

begünstigt dies die Informationsverarbeitung, die Konzentrationsfähigkeit und die

Gedächtnisleistung allgemein.

(Petermann, 2010, Entspannungstechniken für Kinder und Jugendliche)

6.6 Kontraindikationen

Allgemein können alle Entspannungsverfahren bei Menschen mit Angstzuständen

diese verstärken. Bei Personen, die an Depersonalisations- und

Derealisationsphänomen oder an dissoziativen Störungen oder Psychosen leiden,

sind Entspannungstechniken, die zu einer Tiefenentspannung führen eher

kontraindiziert.

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6.7 Durchführung

Die PMR ist allgemein leicht erlern- und durchführbar.

Aus meiner Erfahrung liegt der Schwerpunkt in der Palliative Care nicht allein auf das

Selbsterlernen und auf die alleinige prospektive, straffe Durchführung.

Trainieren von PMR heißt auch in Beziehung treten und mit Unterstützung, das

aufzubauen, was möglich erscheint. Die anwendende Person muss wissen, dass

Entspannung ein Zustand ist, der nur eine bestimmte Zeit lang wirkt. Entspannung

allein ersetzt auf keinen Fall die medikamentöse Schmertherapie.

Liegt das Einverständnis der interessierten Person vor, sollte die Maßnahme in

ruhiger und ungestörter Atmosphäre durchgeführt werden.

Das Grundprinzip der PMR ist die kurzfristige Anspannung gezielter Muskelbereiche

ca. 7 Sekunden. Anschließend folgt eine Entspannungs- bzw. Nachspürphase von

ca. 30 Sekunden oder mehr. Bewusst und zielgerichtet wird die Aufmerksamkeit auf

die Wahrnehmung des Körpers und den jeweiligen Empfindungen gelenkt.

Die Abfolge der Trainingsteile ist in Anlehnung der Originalfassung von

Edward Jacobson:

Entspannung der Hände und Arme

Entspannung von Gesicht, Nacken, Schultern und oberem Rücken

Entspannung von Brust, Bauch, Gesäß, Beinen und Füßen

Entspannung des ganzen Körpers

Die praktische Durchführung könnte in etwa so gestaltet werden:

„Legen Sie sich bequem auf Ihre Unterlage, schließen Sie, wenn möglich die Augen.

Spüren Sie in Ihren Körper hinein. Liegen Sie bequem? Ansonsten verändern Sie

ihre Liegeposition. Konzentrieren Sie sich auf Ihren Atem. Atmen Sie in Ihrem

Rhythmus ein und aus. …“

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„Beginnen Sie mit der ersten Übung: Ballen Sie die rechte Hand zu einer Faust, in

einer mittleren Anspannung und halten Sie diese…(ca. 7 sek.) und lassen Sie abrupt

locker. Spüren Sie dem Unterschied zwischen Anspannung und Entspannung nach.

Genießen Sie die Entspannung…..(ca. 30 sek.)!“

Nach der Nachspürphase wird die Übung ein zweites Mal wiederholt.

„Lenken Sie nun Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren rechten Arm. Winkeln Sie den

rechten Unterarm an und halten Sie die Spannung in einer mittleren

Anspannung…(ca. 7 sek.) und lassen Sie nun abrupt locker. Spüren Sie dem

Unterschied zwischen Anspannung und Entspannung nach. Genießen Sie die

Entspannung…..(ca. 30 sek.)!“

Nach der Nachspürphase wird die Übung ein zweites Mal wiederholt.

Die weitere Abfolge richtet sich nach der Originalfassung des Jacobsontrainings

bzw. nach dem Beschwerdebild, der Ausdauerkraft und dem Wunsch des Übenden.

Erfahrungsbericht

Seit 2009 arbeite ich mit den Patienten und deren Angehörigen auf der

Palliativstation als Entspannungspädagogin. Ich begegne vielen unterschiedlichen

Menschen, die verschiedene Ausprägungen Ihres Leids verspüren und die auch

unterschiedlich auf die Entspannung reagieren.

In der Regel treffe ich mich zweimal in der Woche im Wintergarten mit den

Angehörigen, die zu diesem Zeitpunkt Interesse und Zeit mitbringen. Die

Gruppengröße variiert zwischen einem Teilnehmer und vier Teilnehmern.

Patienten betreue ich in ihrem Zimmer oder allein im Wintergarten, da der

Gesundheitszustand meist erheblich von dem der Angehörigen abweicht.

Die Raumatmosphäre ist ruhig und einladend. Unterbrechungen durch Besucher

werden durch ein Aushängeschild an der Tür mit den Worten: „Bitte nicht stören!“

unterbunden. Die Patienten bzw. die Angehörigen sind allerdings aufgefordert, sich

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„frei“ zu fühlen. Sie dürfen jederzeit die Übungen unterbrechen, falls ihnen danach

ist. Es gibt Angehörige, die während der Entspannungseinheit unruhig werden und

den Wunsch verspüren, zurück ins Zimmer zu gehen. Manche Patienten

unterbrechen die Übung, aufgrund einsetzender Schwäche und Müdigkeit.

Zu Beginn der Entspannungsmaßnahme wird in gemeinsamer Runde ein Tee

getrunken. Das ist ein guter Anlass ins Gespräch zu kommen. Diese gemeinsame

Zeit hilft bereits den meisten Teilnehmern einiges von der angestauten Anspannung

zu lösen. Gemeinsam besprechen wir welche Entspannungstechnik gewünscht und

durchführbar ist.

Meine Erfahrung ist es, das die Muskelentspannung nach Jacobson meistens positiv

erlebt wird. Vielen Menschen ist die Technik bereits bekannt durch frühere

Kuraufenthalte oder Präventionsangebote der Krankenkassen. Die Interessierten

müssen sich nicht unnötig in ein schwieriges Thema einarbeiten. Durch meine

Unterstützung können sie sich passiv führen lassen.

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Der Übende kann viel Kraft und Mut schöpfen. Während einer Begleitung eines

schwerstkranken Menschen oder auch wenn ich selber von der Krankheit betroffen

bin, gibt es immer wieder Situationen, die tief berühren oder körperliche Wirkungen

zeigen.

Die vorhandenen Spannungsschmerzen können gelindert werden, sowie Angst und

Schlafstörungen, was das allgemeine Wohlbefinden fördert. Diese Ergebnisse

werden meistens durch eine Kombination von unterschiedlichen

Entspannungsförderer erreicht, d.h.: Das gemeinsame Gespräch über die Sorgen

und Ängste der Menschen, die die Entspannung möchten und die anschließende

individuelle Durchführung der Muskelentspannung nach Jacobson.

Fallbeispiel 1

Frau M. (47J.) kam einige Wochen zu den Entspannungsstunden. Bei ihrem

Ehemann (49J.) wurde 2011 die Krankheit ALS (amyotrophe Lateralskelrose)

diagnostiziert. Innerhalb eines Jahres verschlechterte sich der Zustand so extrem,

das er im Januar 2012 auf die Palliativstation kam, um Linderung zu erfahren und

würdevoll zu sterben. Die Ehefrau klagte über Muskelschmerzen, Schlaflosigkeit,

Kummer und Sorgen und die Angst nicht loslassen zu können.

Das Angebot zu entspannen, nahm sie dankbar aber auch zweifelnd an. Einerseits

neugierig, andererseits kritisch, kam sie auf mich zu.

Ich bot ihr an, das Entspannungsangebot auszuprobieren, nicht aus Pflichtgefühl,

sondern um für sich selbst zu entscheiden, ob es gut tut oder nicht. Sie ließ sich

darauf ein. Offensichtlich genoss sie die Zeit außerhalb des Krankenzimmers, indem

sie die meiste Zeit des Tages und der Nacht verbrachte.

Bereits in der ersten Stunde öffnete sie sich im Gespräch aber auch während der

Muskelentspannung nach Jacobson.

Zwischendurch war sie so gelöst, das sie ein paar Sekunden einschlief. Die

Rückmeldung dieser Stunde aber auch aller weiteren waren durchgehend positiv.

Frau M. schlief seitdem besser und die schmerzhaften Verspannungen im

Schulterbereich wurden weniger.

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Frau M. gewann durch die Entspannungsstunden Zeit sich ihrer Situation bewusst zu

werden. In der Zeit, die sie nicht am Bett ihres Ehemannes verbrachte, war er

dennoch sehr gut betreut und versorgt. Diese Erfahrung half ihr dabei, Vertrauen in

die anderen Begleiter zu setzen und sich nicht ständig unentbehrlich fühlen zu

müssen. Mit dem Verlassen des Zimmers und dem Entdecken eigener Bedürfnisse

nach so langer Zeit der intensiven Begleitung, konnte Frau M. den Abschied von

ihrem Ehemann etwas leichter gestalten.

Fallbeispiel 2

Frau R. (78J.), Tumorpatientin auf der Palliativstation war seit Tagen unzufrieden

über ihren Allgemeinzustand. Die Metastasen hatten sich weiter im Körper

ausgebreitet. Der Befund war ihr aktuell mitgeteilt worden. Extreme Schwäche und

Schmerzen kamen erschwerend dazu.

Frau R. wirkte recht ambivalent auf mich. Einerseits hatte sie mich angefordert,

andererseits zeigte sie sich eher negativ gegenüber dem Entspannungsangebot. Als

ich mich zu ihr ans Bett setzte und sie reden und schimpfen ließ, bemerkte ich wie

sie nach kurzer Zeit ruhiger wurde und sich mir gegenüber öffnete. Wir probierten

gemeinsam einige der Übungen aus der Reihe der progressiven

Muskelentspannung. Nach wenigen Übungen beendete Frau R. die Maßnahme. Die

Schwäche und die Schmerzen ließen ihr nicht mehr die Möglichkeit weiterzumachen.

Die Erfolgslosigkeit an diesem Abend frustrierte Frau R. noch mehr.

Auch diese Erfahrung war wichtig zu erkennen, das Entspannung nicht jederzeit und

bei jedem möglich ist. Insbesondere bei schwerstkranken Patienten ist eine gute

Vorbereitung für die Entspannung notwendig, damit die Entspannung auch zu einer

entspannenden Erfahrung wird.

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6.8 Fazit

Die Muskelentspannung nach Jacobson ist eine Entspannungstechnik, die genutzt

werden kann in der Durchführung nicht-medikamentöser Schmerzintervention.

Grundsätzlich soll Entspannung nur eingesetzt werden, wenn der Patient oder die

Angehörigen an der Maßnahme interessiert und einverstanden sind. Die Intervention

wird als Angebot unterbreitet. Die Information erfolgt verständlich und in

angemessener Weise. Wichtig sind die individuellen Vorlieben aber auch die

Schwächen zu berücksichtigen. Nicht jeder Tag ist geeignet

Bei sehr starken Schmerzen kann sich verständlicherweise kaum ein

Entspannungszustand einstellen, auch die Ablenkung gelingt eventuell weniger gut.

In solchen Fällen muss der Schmerz erst medikamentös auf ein erträgliches Maß

reduziert werden, um die Maßnahme überhaupt durchführen zu können. Vorab der

Intervention sollten mögliche Kontraindikationen geklärt werden.

Findet sich eine geeignete Entspannungstechnik, profitiert der Übende in der Regel

positiv davon. Ein Misserfolg bei der Durchführung der Maßnahme bedeutet nicht

zwangsläufig, dass Entspannungsangebote ungeeignet sind, sondern gibt Anlass zur

Reflektion.

Diese Hausarbeit sollte einen Einblick geben, welchen Einfluss die progressive

Muskelentspannung nach Jacobson auf die körperlichen und seelischen Prozesse

eines Menschen haben kann. Der Einsatz von Entspannungstechniken in der

Palliative Care ist noch eine junge „Wissenschaft“. Meine bisherigen Erfahrungen

zeigen mir jedoch, wie sinnvoll und effektiv Entspannungsangebote sein können,

gerade in Bezug auf die Intervention palliativer Symptome, insbesondere den

Schmerz.

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Ich zelebriere meine Pause,

meine Kostbarkeit, mein Kleinod.

Die Tasse Tee, die Kerze,

der Hocker für die Füße, der Sessel im richtigen Winkel,

damit mein Blick aus dem Fenster gen Himmel geht.

Und dann halte ich inne und schicke mich an Nichts zu tun.

Doris Bewernitz

6.9 Literatur

Eloise C. J. Carr, Eileen M. Mann. 2010. Schmerz und Schmerzmanagement. Hans Huber Verlag.

Bern.

Gudrun Huber, Christina Casagrande. 2011. Komplementäre Sterbebegleitung. Haug Verlag.

Stuttgart.

Likar, Bernatzky at al. 2009. Schmerztherapie in der Pflege. Springer Verlag. Wien, New York.

Petermann. 2010. Entspannungstechniken für Kinder und Jugendliche. Beltz Verlag. Weinheim und

Basel.

Wolfgang Wendlandt. 2005.Entspannung im Alltag. Beltz Verlag. Weinheim und Basel.

Cornelia Knipping. 2006. Lehrbuch Palliative Care. Hans Huber Verlag. Hogrefe AG, Bern.

Praxis Palliative Care. 03. 2009. Angehörige als Patient zweiter Ordnung.

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7 Schlusswort

„Wer einen Fluss überquert,

muss die eine Seite verlassen.“

Mahatma Gandhi

Im Rahmen unserer Projektarbeit konnten wir mit der Anwendung von Wickel und

Kompressen, der Aromapflege, der basalen Stimulation®, Entspannungsverfahren

und der Homöopathie einige komplementäre Methoden der Schmerzbehandlung in

der Palliative Care vorstellen.

In der Komplementärmedizin gibt es noch viele weitere nebenwirkungsarme

Methoden der Schmerzlinderung, die hier nicht ausgearbeitet werden konnten.

Wir hoffen jedoch einen Anstoß zur intensiveren Auseinandersetzung und zur

Anwendung alternativer Schmerztherapien in Kombination mit den laut WHO-

Stufenschema etablierten Medikamenten gegeben zu haben.