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Kongruenzabbildungen Wenn man Figuren in der Ebene oder im Raum miteinander vergleichen will, oder man ihre gegenseitige Lage beschreiben möchte, dann will man in vielen Fällen untersuchen, wie die eine Figur aus einer anderen hervorgeht. Wegen dieses und ähnlicher Probleme beschäftigen wir uns in diesem Kapitel mit bestimmten geometrischen Transformationen. Der Begriff der geometrischen Transformation kam schon in den früheren Studien vor, einige spezielle Transformationen (z.B. die Achsenspiegelung) haben wir schon kennengelernt. 201

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Kongruenzabbildungen

Wenn man Figuren in der Ebene oder im Raum miteinander vergleichen will, oder man ihre gegenseitige Lage beschreiben möchte, dann will man in vielen Fällen untersuchen, wie die eine Figur aus einer anderen hervorgeht. Wegen dieses und ähnlicher Probleme beschäftigen wir uns in diesem Kapitel mit bestimmten geometrischen Transformationen. Der Begriff der geometrischen Transformation kam schon in den früheren Studien vor, einige spezielle Transformationen (z.B. die Achsenspiegelung) haben wir schon kennengelernt.

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1. Der Begriff der geometrischen Transformation, Beispiele für geometrische Transformationen

Definition: Die geometrischen Transformationen sind Funktionen (eindeutige Zuordnungen), die den Punkten Punkte zuordnen, sowohl ihr Definitionsbereich als auch ihr Wertevorrat sind also Punktmengen.

Bei einer beliebigen Transformation, die dem Punkt P den Punkt P’ zuordnet, wird P’ das Bild von P genannt.Das Bild einer Figur ist die Menge der zugeordneten Bildpunkte.

Beispiel 1Man nehme in der Ebene zwei einander schneidende Geraden f und g. Man nehme noch in einer durch die Gerade g bestimmten Halbebene ein Dreieck ABC.Man projiziere das Dreieck parallel zu f auf die Gerade g (Abb. 1). Was ist das Bild dieses Dreiecks bei dieser parallelen Projektion?

LösungDas Bild des Dreiecks ist eine Strecke der Geraden g (auf der Abbildung 1 ist es die Strecke A’B’). Der Definitionsbereich dieser geometrischen Transformation ist die Menge der Punkte dieses Dreiecks, der Wertevorrat eine Strecke der Geraden g.Da der Wertevorrat Punkte hat, die Bildpunkte mehrerer Punkte des Dreiecks sind, ist diese Abbildung keine eineindeutige Transformation.Wenn f parallel zu g ist, dann spricht man über eine orthogonale Projektion.

Beispiel 2Man nehme eine Gerade g und außerhalb der Geraden einen Punkt O. Man nehme noch in einer durch die Gerade g bestimmten Halbebene ein Dreieck ABC so, dass keine vom Punkt O ausgehenden und durch die Punkte des Dreiecks gehenden Halbgeraden parallel zu g verlaufen. (Abb. 2)Man projiziere das Dreieck von O aus auf g. Was ist das Bild dieses Dreiecks bei dieser zentralen Projektion?

LösungDas Bild des Dreiecks ist eine Strecke von g (auf der Abbildung 2 die Strecke C’B’).Ähnlich wie im Beispiel 1 ist auch diese geometrische Transformation nicht eineindeutig.

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Beispiel 3Man nehme zwei konzentrische Kreise. Man ordne allen Punkten des kleinen Kreises je einen Punkt des größeren, wie es auf der Abbildung 3 zu sehen ist. Ist diese Transformation eineindeutig?

LösungDiese geometrische Transformation ist eineindeutig, ihr Definitionsbereich ist die Menge der Kreispunkte von k, ihr Wertevorrat ist die Menge der Kreispunkte von k’.

In den vorigen drei Beispielen war der Definitionsbereich der geometrischen Transformation die Menge der Punkte je einer Figur. Im W?eiteren werden wir uns mit geometrischen Transformationen beschäftigen, bei denen der Definitionsbereich die Menge der Punkte der Ebene oder des Raumes ist; deren Definitionsbereich und Wertevorrat gleich sind; die eineindeutig sind.

In diesem Schuljahr werden wir die schon erworbenen Kenntnisse wiederholen und ergänzen; wir werden sie später bei Lösungen verschiedener Aufgaben und bei Beweisen verwenden.

Definition: Kongruenzabbildungen (streckentreue Abbildungen) sind geometrische Transformationen, bei denen die Länge einer beliebigen Strecke gleich der Länge ihrer Bildstrecke ist.

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2. Achsenspiegelung in der Ebene

Man kann auf der Abbildung 4 sehen, wie das Bild des Farbflecks entstanden ist. Die bei dem Zusammenfalten übereinander (in Deckung) kommenden Punkte P und P’ liegen nach dem Ausfalten so, dass die Strecke PP’ senkrecht auf der Faltlinie steht und dadurch halbiert wird.Laut des obigen Beispieles kann man eine Kongruenzabbildung in der Ebene definieren, die Achsenspiegelung.

Definition: Gegeben ist eine Gerade t der Ebene. Man ordne allen Punkten P der Ebene die Punkte P’ folgendermaßen zu:

ist P t, dann ist P = P’; ist P t, dann ist P’ ein Punkt der Ebene, für den erfüllt ist, dass die Gerade t die

Mittelsenkrechte der Strecke PP’ ist.Die Gerade t ist die Achse der Spiegelung.

Laut der Definition kann man das Bild des Punktes P folgendermaßen konstruieren (Abb. 5):

1. Man fälle von P aus das Lot auf t, der Fußpunkt des Lotes sei T.2. Auf der Halbgeraden, deren Anfangspunkt P ist und die durch T verläuft messe man

von T aus die Strecke PT, der erhaltene Endpunkt ist P’, das Bild von P.Eine Achsenspiegelung wird eindeutig bestimmt:

durch eine Achse t, oder durch den Punkt P und dessen Bild P’, wenn P P’.

Beispiel 1Man nehme ein Dreieck ABC und eine Spiegelachse t, man konstruiere das Spiegelbild des Dreiecks.

Lösung:Zur Konstruktion ist es genug, wenn man die Spiegelbilder der Ecken A, B und C konstruiert, durch sie ist das Dreieck eindeutig bestimt. (Abb. 6)

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Die Eigenschaften der Achsenspiegelung

(1) Die Punkte der Achse sind Fixpunkte, es gibt aber keine anderen, ein beliebiger Punkt, der nicht auf der Achse liegt und sein Bildpunkt werden durch die Achse voneinander getrennt. (Abb. 7)

Definition: Die Figuren, deren Punkte bei einer geometrischen Abbildung Fixpunkte sind, werden Fixfiguren der Abbildung genannt. Die Achse ist die Fixfigur der Achsenspiegelung.

(2) Das Bild einer Geraden, die senkrecht auf der Achse steht, ist zu sich selbst, ihre Punkte sind aber nicht fix. Die auf der Achse senkrecht stehenden Geraden sind die invarianten Figuren der Achsenspiegelung. (Abb. 8)

Definition: Die Figuren, deren Bilder bei einer geometrischren Transformation mit der ursprünglichen übereinstimmen, werden invariante Figuren der Transformation genannt.

(3) Das Bild einer Geraden, die nicht senkrecht auf der Achse steht, schneidet die ursprüngliche Gerade auf der Achse, und sie schließen den gleichen Winkel mit der Achse ein. (Abb. 9)Die Figur aus den Geraden e und e’ ist eine invariante Figur der Achsenspiegelung.

(4) Das Bild einer Geraden, die zur Achse parallel verläuft, ist eine zur Achse parallele Bildgerade, der von der ursprünglichen und Bildgeraden gebildete Streifen wird von der Achse halbiert. (Abb. 10)

(5) Die Achsenspiegelung ist sowohl streckentreu als auch winkeltreu, d.h. Urbildstrecke und Bildstrecke bzw. Urbildwinkel und Bildwinkel sind bei der Achsenspiegelung gleichgroß. (Abb. 11)

(6) Wenn das Bild eines Punktes P bei einer Achsenspiegelung P’ ist, dann ist das Bild von P’ bei dieser Achsenspiegelung P. Wenn man also an einer Achse zweimal spiegelt, dann werden allen Punkten der Ebene nach der zweifachen Durchführung dieser Spiegelung die Punkte selbst zugeordnet.

Definition: Die geometrische Transformation, die allen Punkten der Ebene (des Raumes) die Punkte selbst zuordnet, heißt identische Transformation, kurz Identität.

(7) Die Achsenspiegelung kehrt den Umlaufsinn (die Orientierung) der Figuren um, so ist der Umlaufsinn einer Figur und ihrer Bildfigur verschieden. Deshalb wird sie auch orientierungsumkehrend genannt.

Zum Beispiel hat in der Abbildung 6 das Dreieck ABC einen positiven, das Dreieck A’B’C’ einen negativen Umlaufsinn.

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Aufgaben

1. Welche von den auf der Abbildung sichtbaren Pfeilen sind auf den eingezeichneten Geraden achsensymmetrisch?

2. Gegeben sind zwei verschiedene Punkte P und P’. Man konstruiere die Gerade, an der der Punkt P gespiegelt wird und P’ ergibt.

3. In dem kartesischen Koordinatensystem sind die Ecken eines Dreiecks: A(-1; 1), B(4; 3), C(-3;5). Man spiegele das Dreieck a) an der x-Achse; b) an der y-Achse.Man gebe in beiden Fällen die Koordinaten der Ecken des Bilddreiecks an!

4. In einem kartesischen Koordinatensystem wird ein Dreieck an der Geraden y = x gespiegelt. Die Ecken des Bilddreiecks sind A’(3; -3), B’(1; 3), C’(8; 4). Man bestimme die Koordinaten der Ecken des ursprünglichen Dreiecks.

5. Man konstruiere das Bild eines Kreises, der an einer Geraden gespiegelt wird, die nicht durch den Mittelpunkt des Kreises verläuft, wenn man dazu nur Zirkel verwenden darf.

6. Man nehme zwei Kreise mit gleichgroßen Radien. Man konstruiere die Gerade, an der der eine Kreis zu spiegeln ist, um den anderen zu bekommen.

7. Gegeben sind drei Geraden (s. Abbildung). Man konstruiere auf der Geraden a einen Punkt, dessen Spiegelpunkt an b auf der Geraden c liegt.

8. Man spiegele einen beliebigen Punkt der Seite AB des Dreiecks ABC an der inneren Winkelhalbierenden des Winkels β. Der erhaltene Punkt P’ wird dann an der inneren Winkelhalbierenden von γ, der neue Bildpunkt P’’ an der von α gespiegelt. Was bekommt man? Begründe!

9. Gegeben sind zwei Ecken und die durch die dritte Ecke des Dreiecks gehende Winkelhalbierende. Konstruiere das Dreieck. Untersuche die Bedingungen für die Konstruktion.

10. Die Punkte A und B liegen in derselben Halbebene, die von der Geraden e bestimmt sind. Konstruiere den Punkt P der Geraden e, wofür die Summe der Strecken AP + PB am kürzesten ist.

11. Ein Dreieck wird an allen Seitengeraden gespiegelt. Durch die Vereinigung des neuen und des ursprünglichen Dreiecks erhält man ein neues Dreieck. Was kann man über das ursprüngliche Dreieck sagen? (Begründe.)

RätselZwei Uhren zeigen Mitternacht. Die eine geht vorwärts, die andere rückwärts mit gleicher Geschwindigkeit. Wann zeigen sie zunächst dieselbe Zeit an?

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3. Achsensymmetrische Figuren

Definition: Eine Figur der Ebene wird achsensymmetrisch genannt, wenn es eine Gerade der Ebene gibt, an der die Figur auf sich selbst abgebildet wird.

Die Achse, an der die Figur invariant ist, wird Symmetrieachse der Figur genannt.Der Kreis ist an allen Geraden, die durch seinen Mittelpunkt verlaufen, achsensymmetrisch.

Achsensymmetrische Dreiecke

Wenn ein Dreieck achsensymmetrisch ist, dann liegt die eine Ecke auf der Symmetrieachse, die anderen zwei Ecken sind Spiegelbilder bei dieser Spiegelung.

Das erhaltene Dreieck ist das bekannte, gleichschenklige Dreieck, dessen Eigenschaften aus den Eigenschaften der Achsenspiegelung stammen: (Abb. 13)

Es gibt zwei gleichlange Seiten (Schenkel); Es gibt zwei gleichgroße Winkel; Die Mittelsenkrechte einer Seite (der Basis) halbiert den gegenüberliegenden Winkel.

Man kann beweisen, dass aus einer der obigen Eigenschaften folgt, dass das Dreieck achsensymmetrisch ist, und so sind auch die anderen zwei Eigenschaften erfüllt.

Wenn alle drei Seiten eines Dreiecks gleichlang sind, dann ist das Dreieck regelmäßig.Das regelmäßige Dreieck hat drei Symmetrieachsen. (Abb. 14)

Beispiel 1Man konstruiere ein gleichschenkliges Dreieck, wenn gegeben sind: die Symmetrieachse und die Ecke darauf, bzw. zwei, durch die anderen Ecken des Dreiecks verlaufende Geraden.

LösungMan suche den Punkt A der Geraden a, dessen an t gespiegeltes Bild B auf der Geraden b ist. (Abb. 15)Der gemeinsame Punkt von a’ und b ist die Ecke B, der Spiegelpunkt von B ist die Ecke A.Wenn a’ und b parallel verlaufen und nicht gleich sind, dann gibt es kein entsprechendes Dreieck. Wenn sie zusammenfallen, gibt es unendlich viele Lösungen, wenn sie sich in einem Punkt schneiden, dann bekommt man eine eindeutige Lösung.

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Achsensymmetrische Vierecke

Bei den Vierecken gibt es zwei Möglichkeiten:I. Auf der Symmetrieachse liegt keine Ecke.II. Auf der Symmetrieachse liegen Ecken.

Wenn keine Ecken auf der Symmetrieachse liegen, dann sind je zwei Ecken Spiegelbilder bei dieser Spiegelung. (Abb. 16)

Das auf so eine Art entstandene symmetrische Viereck ist das symmetrische Trapez, seine Symmetrieachse ist die Mittelsenkrechte der Basen.

Wegen der Achsenspiegelung werden folgende Eigenschaften des symmetrischen Trapezes erfüllt:

Die Winkel auf den Basen sind gleichgroß; Die Schenkel sind gleichlang; Die Diagonalen schneiden sich auf der Symmetrieachse und sie sind gleichlang.

Anmerkung: Aus der Tatsache, dass ein Trapez gleichlange Schenkel hat, folgt nicht, dass es gleichschenklig ist. Die Parallelogramme sind gleichschenklige Trapeze, unter ihnen sind aber nur die Rhomben und Rechtecke symmetrisch.

Beispiel 2Die Diagonale eines symmetrischen Trapezes steht senkrecht auf den Schenkeln und die kürzere Basis ist so lang wie der Schenkel.

LösungWenn < ABC = β, dann

< CAB = 90° - . (Abb. 17) (1)Da AD = DC, deshalb

<DAC = < ACD.Die Summe der zwei dem Schenkel anliegenden Winkel ist 180°, deshalb

< ACD + 90° + = 180°,so

< ACD = 90° - . (2)Die zwei der Basis anliegenden Winkel sind gleichgroß, so mit Hilfe von (1) und (2):

2(90° - ) = ,so ist

= 60°.Die der längeren Basis anliegenden Winkel sind so 60°, die der kürzeren 120° groß.

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Wenn ein symmetrisches Viereck Ecken auf der Symmetrieachse hat, dann hat es zwei darauf, die anderen zwei sind bei der Spiegelung an dieser Achse Spiegelbilder voneinander. (Abb. 18)Das symmetrische Viereck solcher Art ist ein Drachenviereck, seine Symmetrieachse ist die eine Diagonale. Aus der Achsensymmetrie folgen diese Eigenschaften:

je zwei benachbarte Seiten sind gleichlang (so haben wir es früher definiert); die eine Diagonale halbiert senkrecht die andere; durch die eine Diagonale werden zwei gegenüberliegende Winkel geteilt; zwei gegenüberliegende Winkel sind gleichgroß.

Man kann beweisen, dass aus den ersten drei der obigen Eigenschaften folgt, dass das Viereck achsensymmetrisch ist, und so sind diese Eigenschaften äquivalent. Die vierte Eigenschaft kann auch bei nicht achsensymmetrischen Vierecken erfüllt werden. Solche Vierecke sind z.B. alle Parallelogramme, die weder Rechtecke noch Rhomben sind.

Beispiel 3Wie viele Symmetrieachsen haben die folgenden Vierecke?a) konkaves Drachenviereck b) Rhombus c) Rechteck d) Quadrat

LösungDie Lösung kann man auf der Abbildung 19 sehen

1 Symmetrieachse 2 Symmetrieachsen 2 Symmetrieachsen 4 Symmetrieachsen

Beispiel 4Wie viele Symmetrieachsen hat ein regelmäßiges n-seitiges, regelmäßiges Vieleck?

LösungEin n-seitiges Vieleck hat n Symmetrieachsen. Wenn n ungerade ist, gehen diese Achsen durch je eine Ecken und den gegenüberliegenden Seitenmittelpunkten. (Auf der Abb. 20 sind die Symmetrieachsen eines regelmäßigen 9-Ecks zu sehen.)

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Wenn n gerade ist, ist die Hälfte der Achsen gleich den Mittelsenkrechten, die andere Hälfte ist gleich den Verbindungsgeraden der gegenüberliegenden Ecken. (Auf der Abb. 21 sind die Symmetrieachsen eines regelmäßigen 8-Ecks zu sehen.). Man kann entdecken, dass die Symmetrieachsen der Figuren in den Beispielen durch einen gemeinsamen Punkt gehen. Man kann beweisen, dass es nicht nur für regelmäßige Vielecke gilt, also wenn ein Vieleck mehrere Achsen hat, gehen diese Achsen durch einen gemeinsamen Punk.

Aufgaben

1. Entscheide, welche von den folgenden Behauptungen richtig, bzw. falsch sind:a) Alle Dreiecke sind achsensymmetrisch.b) Es gibt achsensymmetrische Dreiecke.c) Wenn ein Dreieck eine Spiegelachse hat, dann sind seine Seiten gleichlang.d) Wenn ein Dreieck Spiegelachsen hat, dann hat es zwei Seiten, die gleichlang sind.e) Wenn ein Viereck achsensymmetrisch ist, dann hat es eine Ecke, durch welche eine

Symmetrieachse geht.f) Wenn ein Viereck achsensymmetrisch ist, dann hat es zwei gleichgroße Winkel.g) Die achsensymmetrischen Figuren sind konvex.h) Es gibt achsensymmetrische Vierecke, die in zwei achsensymmetrische Dreiecke zu

zerlegen sind.i) Alle regelmäßigen Vielecke haben mindestens drei Symmetrieachsen.j) Nur die regelmäßigen Vielecke sind achsensymmetrisch.k) Alle regelmäßigen Vielecke haben Diagonalen, deren Geraden Symmetrieachsen sind.

2. Man konstruiere ein Deltoid, wenn drei Ecken so angegeben sind, dass zwei von ihnen auf der Symmetrieachse liegen.

3. Man konstruiere ein symmetrisches Trapez, wenn die Symmetrieachse und zwei auf einer Seite der Symmetrieachse liegende Ecken angegeben sind.

4. Man konstruiere ein Deltoid, wenn angegeben sind: die zwei auf der Symmetrieachse liegenden Ecken und zwei Geraden, auf denen je eine Ecke liegt. Man untersuche die Bedingungen der Konstruktion.

5. Man konstruiere ein Rombus, wenn angegeben sind: die zwei Symmetrieachsen und zwei Punkte einer Seite. Man untersuche die Bedingungen der Konstruktion.

6. Man bestimme die Koordinaten der Ecken des Quadrats mit der Seitenlänge 2, dessen Symmetrieachsen die x-Achse und die y-Achse sind. Wie viele Lösungen gibt es?

7. Beweise: wenn ein Dreieck zwei Symmetrieachsen hat, dann hat es sogar drei.

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4. Punktspiegelung in der Ebene

Beispiel 1Man nehme im ersten Quadranten des kartesischen Koordinatensystems ein Dreieck, die Ecken seien A(6; 4), B(2; 3), C(5; 1). Man spiegele das Dreieck zuerst an der y-, dann das erhaltene Dreieck A’B’C’ an der x-Achse.

LösungDie nach der zweiten Spiegelung erhaltenen Punkte A’’, B’’, C’’ werden paarweise mit den ursprünglichen Punkten A, B, C verbunden. Man bemerkt, dass der gemeinsame Mittelpunkt der Strecken AA’’, BB’’ und CC’’ der Ursprung ist. (Abb. 22)

So kann man eine neue Kongruenzabbildung, die Punktspiegelung definieren.

Definition:Gegeben ist ein Punkt O der Ebene. Jedem Punkt P der Ebene ordne man den Punkt P’ auf die folgende Weise zu:

O wird sich selbst zugeordnet, also O = O’; wenn P O, dann ist P’ ein Punkt der Eben, für den erfüllt ist, dass O der Mittelpunkt

der Strecke PP’ ist.O ist der Mittelpunkt (Zentrum) der Spiegelung.

Die Punktspiegelung kann man ähnlicherweise im Raum definieren.Laut der Definition kann man das Bild P’ von P einfach konstruieren, indem man die Strecke PO auf der von P ausgehenden, durch O gehenden Halbgeraden von O aus abträgt.

Eine Punktspiegelung wird eindeutig durch den Mittelpunkt O, oder durch einen von O verschiedenen Punkt P und dessen Bildpunkt P’ bestimmt.

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Beispiel 2Man nehme ein Dreieck ABC und ein Zentrum O. Man konstruiere das Bild von ABC an O.

LösungDie Bildpunkte der Ecken des Dreiecks bestimmen eindeutig das Bilddreieck. (Abb. 23)

Die Eigenschaften der Punktspiegelung(1) Der einzige Fixpunkt der Transformation ist das Zentrum O.(2) Die Geraden, die durch das Zentrum verlaufen, und nur diese, sind die invarianten Figuren

der Punktspiegelung. (Abb. 24)(3) Das Bild einer Geraden, die nicht durch das Zentrum geht, ist eine zu dieser Geraden

parallelen Gerade. (Abb. 25)(4) Die Punktspiegelung ist strecken- und winkeltreu. (Abb. 26)(5) Wenn bei einer Punktspiegelung das Bild eines Punktes P P’ ist, dann ist das Bild von P’

bei dieser Abbildung P. Wenn man also an einem Zentrum zwei Transformationen nacheinander ausführt, bekommt man eine identische Transformation.

(6) Die Punktspiegelung kann durch zwei nacheinander ausgeführte Achsenspiegelungen entstehen, wenn die Achsen senkrecht aufeinander stehen. Das Zentrum der Spiegelung ist der Schnittpunkt der Achsen. (Abb 27)(Man kann beweisen, dass diese Behauptung unabhängig von der Richtung der Achsen ist, man kann also die eine Achse frei wählen, die andere steht senkrecht auf dieser.)

(7) Wegen der vorigen Eigenschaft (dass die Achsenspiegelung orientierungsumkehrend ist) ergibt sich, dass die Punktspiegelung orientierungstreu ist.

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Aufgaben1. Welche Pfeile sind auf der Abbildung an den Punkten O1, O2, O3, O4 Spiegelpunkte

voneinander?2. In der Ebene sind zwei Punkte A und B gegeben. Man konstruiere den Mittelpunkt der

Punktspiegelung, die den Punkt A in B überführt. Was ist das Bild von B bei dieser Spiegelung?

3. Es sind zwei Kreise mit gleichen Radien in der Ebene gegeben. Man konstruiere den Punkt, an dem der eine Kreis gespiegelt wird und so in den anderen übergeht.

4. Die Ecken eines Dreieck in der Koordinatenebene sind die folgenden: A(-1; 1), B(4; 3), C(-3; 5). Man spiegele das Dreieck:a) am Ursprung b) am Punkt (1; 0) c) am Punkt (2; -2).Man gebe in allen drei Fällen die Koordinaten der Ecken der Bilddreiecke an.

5. In einem kartesischen Koordinatensystem wurde ein Dreieck am Punkt (-3; 2) gespiegelt. Die Koordinaten der Ecken des Bilddreiecks sind A’(-3; 3), B’(1; 3), C’(8; 4). Man bestimmen die Koordinaten der Ecken des ursprünglichen Dreiecks.

6. Man spiegele ein regelmäßiges Dreieck mit den Seiten 4cm am Mittelpunkt des Umkreises. Was für eine Figur bekommt mana) durch den gemeinsamen Teil,Durchschnitt oder Schnittmenge?b) durch die Vereinigung der zwei Dreiecke?

7. Man nehme zwei nichtparallele Geraden und einen Punkt O, der nicht auf diesen Geraden liegt. Man konstruiere je einen Punkt auf den Geraden, die Spiegelpunkte voneinander sind, wenn sie am Punkt O gespiegelt werden.

8. Man spiegele ein Dreieck an den Mittelpunkten aller drei Seiten. Was für eine Figur ergibt so die Vereinigung der ursprünglichen und der neuen Figuren? (Begründe!)

9. Man nehme zwei einander schneidende Kreise mit verschiedenen Radien. Man konstruiere durch den einen Schnittpunkt eine Sekante, aus der die beiden Kreise gleichlange Strecken ausschneiden.

10. Man nehme einen konvexen Winkel und im Winkelbereich einen Punkt P. Man konstruiere eine durch P gehende Gerade, deren im Winkelbereich liegende Strecke von P halbiert wird.

RätselAuf einen runden Tisch legen Kata und Dani nacheinander gleichgroße Münzen so, dass sie einander nicht decken dürfen. Das Kind gewinnt das Spiel, das zuletzt legen kann.Die erste Münze wird von Kata auf den Tisch gelegt. Wie müsste sie spielen, wenn sie gewinnen wollte?

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5. Punktsymmetrische Figuren

Definition:Eine Figur in der Ebene (im Raum) wird punktsymmetrisch genannt, wenn es einen Punkt (Zentrum) in der Ebene (im Raum) gibt, an dem die Figur auf sich selbst abgebildet ist.Dieser Punkt O ist der Symmetriemittelpunkt der Figur, wenn die Figur bei der Spiegelung an diesem Punkt invariant ist.

Der Kreis und die Kugel sind an ihren Mittelpunkten punktsymmetrisch. (Abb. 28)

Mit Hilfe der Definition und der Eigenschaften der Punktspiegelung kann man erkennen, dass nur die regelmäßigen Figuren der Ebene punktsymmetrisch sind, wenn die Anzahl ihrer Ecken eine gerade Zahl ist. Daraus folgt, dass es keine punktsymmetrischen Dreiecke gibt.

Punktsymmetrische ViereckeJe zwei Ecken eines punktsymmetrischen Vierecks sind Spiegelbilder voneinander. Punktsymmetrische Vierecke sind Parallelogramme.

Aus der Punktsymmetrie folgt, dass in einem Parallelogramm: Die gegenüberliegenden Seiten gleichlang sind; Die gegenüberliegenden Seiten parallel zueinander sind; Die gegenüberliegenden Winkel gleichgroß sind; Die Summe zweier beliebiger benachbarter Winkel 180° beträgt; Sich die Diagonalen halbieren und der Schnittpunkt der Symmetriemittelpunkt ist; Zwei gegenüberliegende Seiten parallel und gleichlang sind.

Man kann beweisen, dass aus allen der obigen Eigenschaften die anderen und die Punktsymmetrie folgen. Das bedeutet, dass jede von diesen Eigenschaften dazu geeignet ist, das Parallelogramm zu definieren.

Beispiel 1Konstruiere ein Parallelogramm, wenn die Längen der zwei Diagonalen und der von ihnen eingeschlossene Winkel gegeben ist.

LösungBei der Konstruktion verwendet man, dass die Diagonalen des Parallelogramms sich halbieren. Laut der Bezeichnungen der Abbildung 30 wird die Konstruktion folgendermaßen durchgeführt:

1. Man zeichne die Diagonale AC = e und konstruiere den Mittelpunkt M.2. Abtragen von φ auf e im Punkt M.

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3. Auf dem neuen Schenkel wird von M aus in beiden Richtungen die Strecke

abgetragen.4. Man verbinde die entsprechenden Ecken.

Beispiel 2Was kann man hinsichtlich der Punktspiegelung über die folgenden Figuren sagen:a) Trapez b) Quadrat c) Rhombus d) Deltoid e) Rechteck?

LösungDas Quadrat, der Rhombus und das Rechteck sind spezielle Parallelogramme, deshalb sind diese Vierecke punktsymmetrisch. (Abb. 31) Die Deltoide und Trapeze sind im allgemeinen nicht punktsymmetrisch.

Beispiel 3Beweise, wenn eine Figur der Ebene an zwei einander senkrecht schneidenden Achsen achsensymmetrisch ist, dann ist die Figur auch punktsymmetrisch.

LösungDie Symmetrieachsen seien t1 und t2. (Abb. 32)Man spiegele die Figur zuerst an t1 dann an t2. Bei beiden Spiegelungen ist die Figur invariant, so ist sie auch bei dem Nacheinanderausführen der Spiegelungen invariant. Früher haben wir gesehen, dass diese Transformation identisch mit der Punktspiegelung am Schnittpunkt der zwei Achsen ist. Ist auch der Kehrsatz wahr?

Beispiel 4Man beweise, wenn die Anzahl der Seiten eines regelmäßigen Vielecks gerade ist, dann ist es punktsymmetrisch.

LösungMan weiß, dass ein n-seitiges, regelmäßiges Vieleck n Symmetrieachsen hat. Wenn n gerade ist, dann verlaufen sie durch die gegenüberliegenden Ecken, bzw. durch die gegenüberliegenden Seitenmittelpunkte.Wenn man beweisen kann, dass es unter ihnen zwei aufeinander senkrechte gibt, dann hat man laut Beispiel 3 den Satz bewiesen.

Es sei n = 2k, wobei k eine ganze Zahl, nicht kleiner als 2 ist.

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Die Achsen schneiden sich in einem Punkt und sie teilen den 360° großen Mittelpunktswinkel in 2n gleichgroße Stücke.Der von zwei benachbarten Achsen eingeschlossene Winkel ist:

Das bedeutet, wenn man von einer Achse ausgeht, steht die k-te Achse senkrecht darauf. So hat man zwei aufeinander senkrecht stehende Achsen gefunden, und so ist der Satz bewiesen.

Aufgaben1. Entscheide, welche von den folgenden Behauptungen richtig bzw. falsch sind:

a) Es gibt punktsymmetrische Dreiecke.b) Es gibt punktsymmetrische Vierecke.c) Alle Vierecke sind punktsymmetrisch.d) Wenn ein Viereck punktsymmetrisch ist, dann halbieren sich seine Diagonalen.e) Wenn sich in einem Viereck die Diagonalen halbieren, dann ist es punktsymmetrisch.f) Wenn in einem Viereck zwei gegenüberliegende Seiten gleichlang und parallel

zueinander sind, dann ist es punktsymmetrisch.g) Alle regelmäßigen Vielecke sind punktsymmetrisch.h) Es gibt punktsymmetrische Vielecke, die regelmäßig sind.i) Wenn die Anzahl der Seiten eines regelmäßigen Vielecks gerade ist, dann hat es einen

Symmetriemittelpunkt.2. Man konstruiere ein Parallelogramm, wenn der Schnittpunkt der Diagonalen und zwei

benachbarte Ecken gegeben sind.3. In einem kartesischen Koordinatensystem sind die Koordinaten zweier benachbarter

Ecken: A(-2; 5), B(-4; -2). Bestimme die Koordinaten der anderen zwei Ecken, wenn der Symmetriemittelpunkt der Ursprung ist.

4. Man spiegele ein Dreieck am Mittelpunkt einer Seite. Was für eine Figur wird durch die Vereinigung der ursprünglichen und der neuen bestimmt? (Begründe.)

5. Man nehme ein konvexes Vieleck und im Winkelbereich einen Punkt O. Man konstruiere ein Parallelogramm, wenn die eine Ecke der Scheitelpunkt ist, zwei benachbarte Seiten auf den Schenkeln sind und O der Schnittpunkt der Diagonalen ist.

6. Bestimme die Winkel des Parallelogramms, wenn das Verhältnis zweier Innenwinkel folgendes ist:a) 2 : 3; b) 4 : 5; c) 3 : 7; d) p : q.

7. Beweise, dass die inneren Winkelhalbierenden der gegenüberliegenden Winkel eines Parallelogramms parallel zueinander verlaufen.

8. Ist die folgende Behauptung wahr? „Wenn ein Sechseck punktsymmetrisch ist, dann ist es regelmäßig.“ (Begründe)

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6. Die Verwendung der Punktsymmetrie

Der Beweis des Kehrsatzes vom Thales-SatzSatz: Der Mittelpunkt des Umkreises eines rechtwinkligen Dreiecks ist der Mittelpunkt der Hypotenuse.

Beweis:Man spiegele das Dreieck am Mittelpunkt F der Hypotenuse AB. (Abb. 34)Die Vereinigung des ursprünglichen und des neuen Dreiecks ergibt ein Parallelogramm, dessen Winkel 90° groß sind, es ist also ein Rechteck. Das Rechteck ist sowohl punkt- als auch achsensymmetrisch, woraus folgt, dass sich die Diagonalen halbieren und sie gleichlang sind. Deshalb ist FA = FB = FC = FC’, F ist der Umkreismittelpunkt des Rechtecks. Das ist auch der Mittelpunkt des Umkreises des Dreiecks, so haben wir die Umkehrung bewiesen.

Die Mittellinie des Parallelogramms, des Dreiecks und des Trapezes

Definition: Die Verbindungsstrecke der zwei gegenüberliegenden Seitenmittelpunkte eines Vierecks wird die Mittellinie des Vierecks genannt.

Alle Vierecke haben zwei Mittellinien. Auf der Abbildung 35 sind die Strecken F1F3 und F2F4

die Mittellinien des Vierecks.

Man nehme ein Parallelogramm und man zeichne die eine Mittellinie ein. (Abb. 36) Im Viereck FF’CD ist FD = F’C und FD ist parallel zu F’C, woraus sich ergibt, dass das Viereck FF’CD ein Parallelogramm ist. So ist FF’ = CD und FF’ ist parallel zu CD. Ähnliches kann man bei der anderen Mittellinie behaupten.So haben wir folgendes bewiesen:

Satz: Die Mittellinie des Parallelogramms verläuft parallel zu zwei Seiten und sie ist gleich so lang wie diese.

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Definition: In einem Dreieck werden die Verbindungsstrecken zweier Seitenmittelpunkte Mittellinien des Dreiecks genannt.

Alle Dreiecke haben Mittellinien.Man nehme das Dreieck ABC und spiegele es am Mittelpunkt der Seite BC (Abb. 38). Mit der Vereinigung dieses Bilddreiecks mit dem ursprünglichen Dreieck erhält man ein punktsymmetrisches Viereck, das Parallelogramm ABA’C.Das Bild des Mittelpunktes Fb der Seite AC ist auf der Seite BA’ der Mittelpunkt F’b. Im Parallelogramm ABA’C ist also die Strecke FbF’b eine Mittellinie, deshalb ist FbF’b parallel zu

AB und FbF’b = AB. Wegen der Spiegelung halbiert Fa die Strecke FbF’b, also und

FaFb ist parallel zu AB.Bei der Spiegelung an den anderen zwei Seitenmittelpunkten ergeben sich ähnliche Eigenschaften auch für die anderen zwei Mittellinien. So haben wir den folgenden Satz bewiesen:

Satz: Die Verbindungsstrecke zweier Seitenmittelpunkten (die Mittellinie) im Dreieck ist parallel zu der dritten Seite und sie ist halb so lang wie diese.

Man nehme das Trapez ABCD und spiegele es am Mittelpunkt Fb des Schenkels BC (ABB. 39). Die Vereinigung des ursprünglichen und des neuen Trapezes ergibt das Parallelogramm AD’A’D.Das Bild des Mittelpunktes Fd der Seite AD ist auf der Seite A’D’ der Mittelpunkt F’d. Im Parallelogramm AD’A’D ist also die Strecke FdF’d eine Mittellinie, deshalb

FdF’d = AD’ = AB + BD’ = AB + CD = a + c.Wegen der Spiegelung wird die Strecke FdF’d durch Fb halbiert, also

und FbFd ist parallel zu AB und CD. So haben wir folgendes bewiesen:

Satz:Im Trapez ist die Verbindungsstrecke der Mittelpunkte der Schenkel parallel zu den Basen des Trapezes, ihre Länge ist gleich der Hälfte der Summe der Basen (dem arithmetischen Mittel der Basenlängen).

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Die Höhenlinien des Dreiecks

Definition: Die Höhe eines Dreiecks ist die von einer Ecke aus auf die gegenüberliegende Seitegerade senkrecht fallende Strecke. (Abb. 40)

Definition: Die Gerade der Höhe des Dreiecks wird Höhengerade des Dreiecks genannt.

Satz:Die Höhenlinien des Dreiecks schneiden sich in einem Punkt.

Beweis:Man nehme das Dreieck ABC und man ziehe durch alle Ecken Parallelen zu den gegenüberliegenden Seiten (Abb. 41). Die Schnittpunkte zweier solcher Parallelen seien A’, B’, C’, wie auf der Abbildung 41.Das Viereck ABCB’ ist ein Parallelogramm, weil die gegenüberliegenden Seiten parallel zueinander sind. So ist AB = B’C. Aus diesem Grund ist auch das Viereck ABA’C ein Parallelogramm, deshalb ist AB = CA’. Aus den vorigen ergibt sich, dass BC’ = CA’ ist, was bedeutet, dass der Mittelpunkt der Seite A’B’ des Dreiecks A’B’C’ C ist.

Mit einer ähnlichen Begründung kann man bekommen, dass A Mittelpunkt von B’C’, B Mittelpunkt von C’A’ ist. Das bedeutet, dass das Dreieck ABC aus den Mittellinien des Dreiecks A’B’C’ gebildet ist. Die Mittellinien sind parallel zu den gegenüberliegenden Seiten, so stehen die Höhenlinien des Dreiecks ABC zu den Seiten des Dreiecks A’B’C’ senkrecht, sie gehen durch ihre Mittelpunkte. Die Höhenlinien des Dreiecks ABC sind also die Mittelsenkrechten des Dreiecks A’B’C’, von denen man schon weiß, dass sie sich in einem Punkt schneiden.So haben wir den Satz über die Höhenlinien des Dreiecks bewiesen.

Definition: Der gemeinsame Punkt der Höhenlinien wird Höhenschnittpunkt des Dreiecks genannt.

Anmerkung:Wenn man ein spitzwinkliges, ein rechtwinkliges und ein stumpfwinkliges Dreieck konstruiert, kann man sehen, dass der Höhenschnittpunkt im ersten Fall innerhalb des Dreiecks, im zweiten in der rechtwinkligen Ecke, im dritten außerhalb des Dreiecks liegt.

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Die Seitenhalbierenden eines Dreiecks

Definition: Die Seitenhalbierende eines Dreiecks ist die Verbindungsstrecke einer Ecke mit dem Mittelpunkt der gegenüberliegenden Seite (Abb. 43).

Satz:Zwei beliebige von den drei Seitenhalbierenden eines Dreiecks schneiden einander so, dass der Schnittpunkt beide Seitenhalbierenden im Verhältnis 1 : 2 teilt. Die längeren Strecken liegen zwischen dem Schnittpunkt und den Ecken.

Beweis:Bezeichne S den Schnittpunkt der Seitenhalbierenden sa und sb des Dreiecks ABC. Es seien der Mittelpunkt der Strecke AS P, der von BS Q (Abb. 44).Im Dreieck ist FaFb eine Mittellinie, deshalb

und FaFb ist parallel zu AB.Im Dreieck ABS ist PQ eine Mittellinie, deshalb

und PQ ist parallel zu AB.Aus den obigen Bemerkungen folgt, dass

FaFb = PQ und FaFb ist parallel zu PQ, was bedeutet, dass die zwei gegenüberliegenden Seiten des Vierecks PQFaFb parallel und gleichlang sind. Daraus folgt, dass das Viereck PQ FaFb ein Parallelogramm ist.Die Diagonalen des Parallelogramms halbieren sich, so

PS = SFa und QS = SFb.Da P und Q die Mittelpunkte der Strecken AS bzw. BS sind, deshalb

AS = 2SFa und BS = 2SFb.Damit haben wir den Satz bewiesen.

Weil sich zwei beliebige von den drei Seitenhalbierenden im Verhältnis 1 : 2 teilen, ist der gemeinsame Dreiteilungspunkt der Punkt, der von den Ecken weiter entfernt liegt. Durch den gehen alle drei Seitenhalbierenden. So ergibt sich als Folge des obigen Satzes:

Satz:Die drei Seitenhalbierenden des Dreiecks schneiden sich in einem Punkt dem Schwerpunkt des Dreiecks. Dieser Punkt teilt die Seitenhalbierenden im Verhältnis 1 : 2. Die längeren Strecken liegen zwischen dem Schnittpunkt und den Ecken.Definition:Der Schnittpunkt der Seitenhalbierenden wird Schwerpunkt der Dreiecks genannt.

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Aufgaben1. Die Längen der Seiten in einem Dreieck sind:

a) 3 cm, 4 cm, 5 cm; b) 6 dm, 7 dm, 10 dm;c) 7,2 m, 410 cm, 50 dm; d) 12 cm, 7,2 cm, 48 mm.Berechne in den einzelnen Fällen die Seitenlängen des durch die Mittellinien bestimmten Dreiecks.

2. Die parallelen Seiten eines Trapezes sind:a) 4 cm und 8 cm; b) 5 dm und 17 dm;b) 12,5 cm und 0,3 m; d) 32 mm und 0,62 dm.Berechne in den einzelnen Fällen die Länge der Strecke, die die Mittelpunkte der Schenkel verbindet.

3. Man konstruiere ein rechtwinkliges Dreieck, wenn die zur Hypotenuse parallele Mittellinie 3 cm und die Höhe zur Hypotenuse 2 cm lang sind.

4. Man berechne im rechtwinkligen Dreieck den Umkreisradius, wenn die Katheten:a) 3 cm und 4cm; b) 5dm und 12 dm; c) 12 mm und 3,5 cm; d) a und b sind.

5. Man berechne die Länge der Höhen im gleichseitigen Dreieck, wenn der Schwerpunkt von der Ecken:a) 4 cm; b) 6 dm c) 12,3 m e) d weit entfernt ist.

6. Man spiegele das Dreieck ABC am Mittelpunkt Fa der Seite BC. Was für eine Figur wird durch die Vereinigung der beiden Figuren bestimmt? Man berechne die Längen der Diagonalen des erhaltenen Vierecks, wenna) AFa = 5 cm, BC = 8 cm;b) AFa = 6,2 dm, BC = 410 mm;c) AFa = x, BC = y sind.

7. Man konstruiere ein Dreieck, wenn die Längen zweier Seiten und die Länge der durch ihren Schnittpunkt verlaufenden Seitenhalbierenden angegeben sind:a) a = 4,2 cm, b = 9,2 cm, sc = 6 cm;b) a = 50 mm, b = 0,7 dm, sc = 6 cm;c) a = 4 cm, b = 0,73 dm, sc = 0,06 m.

8. Beweise, dass die folgende Behauptung für alle Vierecke gilt: die Verbindungsstrecke zweier benachbarter Seitenmitten ist halb so lang wie die eine Diagonale.

9. Beweise, dass die Seitenmitten eines beliebigen Vierecks ein Parallelogramm bestimmen.10. Beweise, dass die Mittelinien eines beliebigen Vierecks einander halbieren.11. Was kann man über das Viereck behaupten, dessen Mittelinien gleichlang sind. Begünde.12. Beweise, dass die gemeinsamen Sekanten der Kreise, die über die Seiten –als

Durchmesser- eines Dreiecks konstruiert sind, einander in einem Punkt schneiden. Welcher bekannte Punkt des Dreiecks ist das?

13. Zeige, dass die Summe der Längen der Seitenhalbierenden eines Dreiecks kleiner als sein Umfang, aber größer als 75% des Umfangs ist.

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7. Drehung um einen Punkt in der Ebene

Man nehme zwei Geraden, die 60° einschließen (man bezeichne sie mit t1 und t2, ihr Schnittpunkt sei O), und ein Dreieck ABC. Man spiegele dieses Dreieck an der Geraden t1, dessen Bild (A’B’C’) an t2. (Abb. 45)

Wegen der Eigenschaften der Achsenspielung kann man folgendes behaupten:1. OA = OA’’, OB = OB’’, OC = OC’’;2. < AOA’’ = < BOB’’ = < COC’’ = 120° = .Laut des obigen Beispiels bestimmen zwei nacheinander ausgeführte Achsenspiegelungen eine neue Kongruenzabbildung, die Drehung um einen Punkt.

Definition:Es sind ein Punkt O der Ebene und ein gerichteter Winkel α angegeben, für den folgendes gilt: (Abb. 46). Jedem Punkt P der Ebene wird der Punkt P’ folgendermaßen zugeordnet: der Punkt O wird sich selbst zugeordnet, also O = O’; wenn P ≠ O, dann ist P’ der Punkt der Ebene, wofür OP = OP’, OP’ ist das Bild der um O

um den gerichteten Winkel α gedrehten Halbgeraden OP.Der Punkt O ist der Mittelpunkt (das Zentrum) der Drehung.

Die Drehung wird eindeutig durch den Punkt O und den gerichteten Winkel α bestimmt, oder durch einen von O verschiedenen Punkt P und dessen Bild P’.

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Beispiel 1Man nehme das Dreieck ABC und einen Punkt O. Man drehe das Dreieck um 90° um O.

LösungDie gedrehten Ecken bestimmen eindeutig das Bilddreieck. (Abb. 47)

Die Eigenschaften der Drehung(1) wenn , dann ist der einzige Fixpunkt der Transformation der Mittelpunkt

O der Drehung. Wenn , dann sind alle Punkte der Ebene Fixpunkte (identische Transformation). (Abb. 48)

(2) Wenn , dann entspricht die Drehung um O der Punktspiegelung an O. (Abb. 49)

(3) Die Drehung ist strecken- und winkeltreu. (Abb. 50)(4) Die Drehung um O mit dem Drehwinkel α entspricht dem Nacheinanderausführen zweier

Achsenspiegelungen, bei der sich die Achsen im Punkt O schneiden und sie einen Winkel

von einschließen. (Abb. 51)

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Page 24: Kongruenzabbildungen - University of Miskolcdephyma/mathe/material/Kongruenzabb... · Web view(Abb. 2) Man projiziere das Dreieck von O aus auf g. Was ist das Bild dieses Dreiecks

Die Richtung der Drehung wird durch die Reihenfolge der Achsenspiegelungen bestimmt. (Man kann beweisen, dass die Drehung bei einem gegebenen Drehwinkel unabhängig von den Richtungen der Achsen ist, d.h. man kann die eine Achse frei wählen, die zweite wird aber dann durch die erste –wie es oben beschrieben wurde- eindeutig bestimmt.)

(5) Wenn man den vorigen Punkt benutzt (dass die Achsenspiegelung orientierungsumkehrend ist), kann man feststellen, dass die Drehung orientierungstreu ist.

Aufgaben1. Man nehme ein Dreieck mit den Seiten 3, 4 und 5 cm. Man drehe das Dreieck um die der

kürzesten Seite gegenüberliegende Ecke uma) +45°; b) +90°; c) –60°;d) –180°; d) +270°; e) –90°.

2. Man nehme einen 60° großen Winkel und im Winkelbereich einen Punkt O. Man drehe den Winkel um O uma) 30°; b) –60°; c) –45°.

3. Man nehme die Punkte A und B. Man konstruiere die Menge der Punkte, um die der Punkt A in den Punkt B zu drehen ist.

4. Man nehme zwei nichtparallele, gleichlange Strecken. Man konstruiere den Punkt, um den gedreht die eine Strecke in die andere übergeht.

5. Man nehme die Punkte A und B. Man konstruiere das Zentrum der Drehung, welche den Punkt A in den Punkt B überführt, wenn der Drehwinkel ????ist.

6. In einem kartesischen Koordinatensystem sind die Koordinaten der Ecken eines Dreiecks: A(-1; 1), B (4; 3), C (-3; 5). Man drehe das Dreieck um den Ursprung uma) +90°; b) –90°; c) +180°; d) +270°.Man gebe die Koordinaten der neuen Ecken an.

7. In einem kartesischen Koordinatensystem liegt die rechtwinklige Ecke eines rechtwinkligen, gleichschenkligen Dreiecks im Ursprung, der eine Endpunkt der Hypotenuse ist der Punkt:a) (1; 1) b) (3;4) c) (4; -1) d) (-3; -8).Man bestimme die Koordinaten des anderen Endpunktes.

8. Gegeben sind zwei parallele Geraden und ein Punkt zwischen ihnen. Man konstruiere ein gleichseitiges Dreieck, wenn die eine Ecke der Punkt ist, die anderen zwei auf je einer der Parallelen liegen.

9. Man nehme zwei Punkte. Man konstruiere ein Quadrat, wenn der eine Punkt die eine Ecke ist, der andere der Schnittpunkt der Diagonalen.

10. Das rechtwinklige Trapez im Quadrat auf der Abbildung wird viermal nacheinander um den Mittelpunkt des Quadrats um +90° gedreht. Welche Teile des Quadrats werden mindestens zweimal in Deckung kommen?

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8. Die Verwendung der Drehung I.

Definition: Wenn der Scheitelpunkt eines Winkels im Mittelpunkt eines Kreises liegt, dann wird er Mittelpunktswinkel genannt. (Abb. 52)

Zum Mittelpunktswinkel gehört ein Kreisbogen, der Teil der Kreisperipherie, der im Winkelbereich liegt. Bezeichnungen: , . (Beide Bezeichnungen können sowohl den Bogen selbst, als auch seine Länge bezeichnen.)Im Weiteren werden wir die Beziehung zwischen dem Mittelpunktswinkel und dem dazu gehörenden Kreisbogen untersuchen.

Beispiel 1Wie verhalten sich die Längen der Kreisbögen und die dazu gehörenden Mittelpunktswinkel zueinander, wenn:a) α1 = α2; b) α1 : α2 = 3 : 5 gelten?

Lösunga) Betrachten wir zwei gleichgroße Mittelpunktswinkel eines Kreises. (Abb. 53)

Durch die Drehung um den Kreismittelpunkt O kann man den Mittelpunktswinkel α1 in den Mittelpunktswinkel α2 drehen, woraus folgt, dass ist.

b) Betrachten wir zwei Mittelpunktswinkel, die sich zueinander so verhalten, wie 3 : 5, also α1 : α2 = 3 : 5 gilt. (Abb. 54). α1 wird in 3, α2 in 5 gleichgroße Winkel aufgeteilt. Aus der Vermutung über das Verhältnis der Mittelpunktswinkel folgt, dass

.

Daraus bekommt man aber aus den vorigen Überlegungen, dass

, also .

Auch in diesem Fall ist erfüllt.Wir haben zum Verhältnis der Größen zweier Mittelpunktswinkel und der zu ihnen gehörenden Kreisbögen zwei Fälle untersucht, und wir haben festgestellt, dass die Größe eines Mittelpunktswinkel und der dazu gehörende Kreisbogen direkt proportional zueinander sind.Man kann beweisen, dass es auch im allgemeinen richtig ist, nicht nur in den zwei untersuchten Fällen.

Satz:Wenn in einem Kreis zwei Mittelpunktswinkel α und β sind, und die zu ihnen gehörenden

Kreisbögen und iβ sind, dann , also die Länge des Bogens und die Größe des

Winkels stehen direkt proportional zueinander.

Anmerkung: Der obige Satz ist dann auch wahr, wenn man nicht einen Kreis, sondern Kreise, mit gleichen Radien betrachtet, wiel diese Kreise durch eine Kongruenzabbildung ineinander überführbar sind.

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Beispiel 2Man berechne im dem Kreis mit dem Radus 2 cm den zum 2 cm langen Kreisbogen gehörenden Mittelpunktswinkel.

Man weiß, dass die Fläche eines Kreises mit dem Radius r U = 2rπ ist,

wobei eine irrationale Zahl ist, welche auf zwei Dezimale abgerundet π = 3,14 ist.Der zum ganzen Kreis gehörende Mittelpunktswinkel ist 360°, so gilt laut des Satzes

, woraus folgt.

Das Bogenmaß der WinkelDie direkte Proportionalität eines Mittelpuntwinkels und des dazu gehörenden Kreisbogens erlaubt, dass man ein neues Winkelmaß definiert.

Definition: Ein Radiant ist der Mittelpunktswinkel des Kreises mit dem Radius r, zu dem ein r Einheiten langer Kreisbogen gehört, d.h. er ist gleich der Länge des Radius. (Abb.56)

Wegen der direkten Proportionalität zwischen dem Mittelpunktswinkel und dem dazu gehörenden Kreisbogen ist diese Definition unabhängig vom Radius des Kreises. Die Größe des Vollwinkels in Radiant gemessen:

??? (Radiant), ????

so ist ein Radiant laut Beispiel 1 ≈ 57,3°.

Anmerkungen: Der Wert eines Winkels in Radiant gemessen ist gleich dem Quotienten der Bogenlänge

und des Radius. Das ist eine Zahl, deshalb wird ihre “Einheit” –Radiant (kurz: rad)- nur dann niedergeschrieben oder ausgesprochen, wenn der Kontext so ist, dass man sie von dem in Grad gemessenen Wert des Winkels unterscheiden muss.

Dass man den Winkel oft in Grad misst, beruht sich auch auf der direkten Proportionalität zwischen dem Kreisbogen und dem Mittelpunktswinkel, die Wahl der Einheit (1° ist der 360-ste Teil des Vollwinkels) scheint willkürlich zu sein. Die Definition des Radianten bezieht sich besser auf die grundlegende Eigenschaft des Kreises, dass der Quotient des Umfangs und Durchmessers eines Kreises konstant ist.

Beispiel 3Gebe die in Grad angegebenen Winkel in Radiant an:a) 180°; b) 90°; c) 60°; d) 30°; e) 45°; f) 34°.

Lösung

a) 180° = (rad); b) 90° = (rad);

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c) 60° = (rad); d) 30° = (rad);

e) 45° = (rad); f) 34° = (rad).

Wenn man der Methode der Beispiele 2 und 3 folgt, dann kann man die Methode der Umrechnung zwischen den zwei Winkelmaßen angeben.

, wobei

,

.

Die Länge des Kreisbogens, die Fläche des Kreissektors, die zu einem gegebenen Mittelpunktswinkel gehören

Man betrachte den Mittelpunktswinkel α eines Kreises, dessen Radius r ist, in Radiant gemessenen, iα sei die Länge des dazu gehörenden Kreisbogens. (Abb. 57)

Da ist, ist iα = ,

d.h. die Länge des Kreisbogens bei dem Mittelpunktswinkel α ist gleich dem Produkt des Radius und des Mittelpunktswinkels.

Wenn α in Grad angegeben ist, dann ist .

Im Weiteren wird man die Fläche des Kreisbogens bestimmen, die zum Mittelpunktswinkel α gehört (Abb. 58). Ähnlich wie den Satz über die Bogenlänge kann man den folgenden Satz beweisen:

Satz:Wenn in einem Kreis zwei Mittelpunktswinkel α und β sind, und die zu ihnen gehörenden

Kreissektorflächen tα und tβ sind, dann ist , also die Fläche des Sektors und die Größe

des Winkels stehen direkt proportional zueinander.

Anmerkung: Der obige Satz ist dann auch wahr, wenn man nicht einen Kreis, sondern Kreise, mit gleichen Radien betrachtet, weil diese Kreise durch eine Kongruenzabbildung ineinander überführbar sind.

Benutzt man diesen Satz und die Tatsache, dass die Fläche eines Kreises mit dem Radius r r2π ist, bekommt man, dass

ist, woraus folgt.

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Wenn man in diese Formel den Zusammenhang über die Bogenlänge einsetzt, bekommt man

also die Fläche des Kreissektors ist gleich der Hälfte des Produkts der Bogenlänge und des Radius.

Beispiel 4Man berechne im Kreis mit dem Radius 10 cm den Umfang und die Fläche des Kreissektors,

der zum Mittelpunktswinkel (rad) gehört.

Lösung

r = 10 cm, α = . Der Umfang des Sektors ist:

.

Die Fläche des Sektors ist:

.

Beispiel 5Man berechne im Kreis mit dem Radius r den Umfang und die Fläche des Kreissegments, der zum Mittelpunktswinkel 90° gehört.

LösungDie Länge des Kreisbogens, der das Segment begrenzt, ist ein Viertel des Kreisumfangs, d.h.

.

Die Länge der Sehne kann man mit dem Pythagorischen Lehrsatz berechnen:2r2 = h2, woraus folgt.

Die Fläche des Kreissegments ist:

.

Man bekommt die Fläche des Kreissegments, wenn man von der Fläche des entsprechenden Kreissektors die Fläche des Dreicks OAB subtrahiert:

.

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Aufgaben1. Ein wie großer Mittelpunktswinkel gehört zum Kreisbogen, dessen Länge

a) die Hälfte; b) ein Drittel; c) 75%; d) Teil der Länge des Kreisumfangs ist.

2. Ein wie großer Mittelpunktswinkel gehört zum Kreissektor, dessen Fläche

a) ein Viertel; b) ein Sechstel; c) 40%; d) Teil der Kreisfläche ist.

3. Gib die Größe in Radiant der folgenden in Grad angegebenen Winkel an.a) 270°; b) 15°; c) 75°; d) 210°;e) 22,5°; f) 82°30‘; g) 370°; h) –105°.

4. Gib die Größe in Grad der folgenden in Radiant angegebenen Winkel an.

a) ; b) ; c) ; d) ;

e) ; f) 2; g) ;h) 5π.

5. Der große Uhrzeiger einer Turmuhr ist 1m, der kleine 60 cm lang. Welche Strecke legen die Endpunkte des großen und kleinen Uhrzeigers in:a) 30 Minuten; b) 1 Stunde; c) 1 Tag; d) 2 Wochen;e) 3 Monaten; f) 5 Jahren zurück?

6. Mann berechne in einem Kreis mit 4 cm Durchmesser den Umfang und die Fläche des Kreissektors, wenn der Mittelpunktswinkel:

a) ; b) 120°; c) ; d) groß ist.

7. Man schneide aus einer runden Metallplatte mit dem Radius 1 m das möglichst größtea) regelmäßige Dreieck; b) Quadrat;d) regelmäßige Sechseck; e) regelmäßige Zwölfeckaus. Wie groß ist die Fläche des Abfalls in den einzellenen Fällen? Wie viel Prozent der Plattenfläche ist es?

8. Man berechne, wie viel Prozent der Quadratfläche die gefärbten Flächen in den einzelnen Fällen betragen?

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9. Die Verwendung der Drehung II.

Definition: Eine Figur der Ebene wird drehsymmetrisch genannt, wenn es einen Punkt O der Ebene und einen positiven Winkel α (0° < α < 360°) gibt, so dass bei der Drehung um den Punkt O um α Grad die Figur in sich selbst übergeht.

Beispiele für drehsymmetrische Figuren: Der Kreis ist invariant bei der Drehung um einen beliebigen Winkel um den Mittelpunkt

O. Alle punktsymmetrischen Figuren sind zugleich drehsymmetrisch, weil sie bei der

Drehung um den Mittelpunkt um +180°, bzw. um –180° invariant sind. Alle Figuren sind drehsymmetrisch, die achsensymmetrisch an zwei, voneinader

verschiedenen, einander schneidenden Achsen sind. Dann ist der Mittelpunkt der Drehung der Schnittpunkt der Achsen.

Beispiel 1Welche sind die Drehungen, die ein regelmäßigesa) Sechseck b) n-Eck (n ≥ 3) auf sich selbst transformieren?

Lösunga) Die Drehungen um den Symmetriemittelpunkt des Sechsecks um 0° (identische

Transformation), 60°, 120°, 180°, 240°, 300° sind entsprechend, und nur diese, weil bei der Drehung das Bild einer Ecke in eine Ecke übergehen muss. (Abb. 60)

b) Auch bei dem n-seitigen n-Eck sind die Drehungen geeignet, bei denen die eine Ecke in eine andere übergeht. Deshalb sind die entsprechenden Winkel die folgenden:

0°, , 2 , 3 , ... , (n – 1)

Aus der obigen Aufzählung kann man sehen, dass ein n-seitiges regelmäßiges Vieleck genau dann punktsymmetrisch ist, wenn n gerade ist.

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Beispiel 2Gib alle Kongruenzabbildungen an, die ein regelmäßiges Sechseck auf sich selbst abbilden.

Lösung: die identische Transformation; 8 Achsenspiegelungen (4 Achsen gehen durch die gegenüberliegenden Ecken, 4 durch die

gegenüberliegenden Seitenmitten); 7 Drehungen um den Symmetriemittelpunkt. Die Winkel der Drehung sind: 45°, 90°,

135°, 180° (Punktspiegelung), 225°, 270°, 315°.

Aufgaben1. Gib alle Drehungen an, die ein

a) regelmäßiges Dreieck; b) Quadrat;c) regelmäßiges Fünfeck; d) regelmäßiges Zwölfeckauf sich selbst abbilden.

2. Gib alle Kongruenzabbildungen an, die ein a) regelmäßiges Dreieck; b) Quadrat;

auf sich selbst abbilden.3. Entscheide, ob folgende Behauptungen richtig sind.

a) Es gibt drehsymmetrische Dreiecke.b) Wenn ein Dreieck gleichschenklig ist, dann ist es drehsymmetrisch.c) Wenn ein Viereck drehsymmetrisch ist, dann ist es ein Quadrat.d) Das Rechteck ist drehsymmetrisch.e) Es gibt Deltoide, die drehsymmetrisch sind.f) Bei beliebiger Zahl n ≥ 3 gibt es drehsymmetrische n-seitige Vielecke.g) Wenn eine Figur drehsymmetrisch ist, dann gibt es eine Achse, an der die Figur

achsensymmetrisch ist.h) Wenn eine Figur drehsymmetrisch ist, dann ist sie auch punktsymmetrisch.

4. Konstruiere ein regelmäßiges Dreieck, wenn der Schwerpunkt und eine Ecke angegeben sind.

5. Konstruiere ein regelmäßiges Sechseck, wenn zwei benachbarte Ecken angegeben sind.

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10. Die parallele Verschiebung, die Vektoren

Man nehme zwei zueinander parallele Geraden, t1 und t2 im Abstand d voneinander, und ein Dreieck ABC. Man spiegele das Dreieck an der Geraden t1, dann das Dreieck A’B’C’ an der Geraden t2. (Abb. 62) Wenn man das nach der zweiten Spiegelung erhaltene Dreieck A’’B’’C’’ mit dem ursprünglichen Dreieck vergleicht, und die Eigenschaften der Achsenspiegelung verwendet, kann man folgendes sehen: AA’’ = BB’’ = CC’’ = 2d; die Geraden AA’’, BB’’, CC’’ sind parallel zueinander und stehen senkrecht auf den

Achsen.Das Nacheinanderausführen der obigen Achsespiegelungen kann man durch eine Transformation ersetzen, die alle Punkte der Ebene senkrecht auf die Achsen und mit gleichem Abstand (mit dem zweifachen Abstand der Achsen) bewegt. Diese Transformation ist die parallele Verschiebung.

Die Eigenschaften der parallelen Verschiebung(1) Wenn die zwei Achsen nicht zusammenfallen, dann hat die parallele Verschiebung keinen

Fixpunkt. Wenn die Achsen zusammenfallen, dann bekommt man eine identische Transformation, bei der alle Punkte der Ebene fix sind.

(2) Die invarianten Geraden sind die zu der Richtung der Verschiebung parallelen (auf den Achsen senkrecht stehenden) Geraden. Wenn die Verschiebung keine identische Transformation ist, dann gibt es keine anderen invarianten Figuren.

(3) Eine Gerade ist parallel zu ihrem verschobenen Bild. (Abb. 63)(4) Die Verschiebung ist strecken- und winkeltreu.(5) Die Verschiebung entsteht durch das Nacheinanderausführen zweier Achsenspiegelungen

mit parallelen Achsen, wobei der Abstand der Verschiebung dem Zweifachen des Abstandes der Achsen entspricht, und ihre Richtung von der Reihenfolge der Spiegelungen abhängt. (Man kann beweisen, dass man bei gegebenem Abstand und gegebener Richtung der Verschiebung die eine Achse der Achsenspiegelungen frei wählen kann, diese Achse aber die andere Achse eindeutig bestimmt.)

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(6) Da das Nacheinanderausführen zweier Achsenspiegelungen den Umlaufsinn nicht verändert, ist die parallele Verschiebung orientierungstreu.

Beispiel 1Man nehme das Dreieck ABC und verschiebe es parallel zu der Seite AB um das Zweifache von AB.

LösungDie Aufgabe hat zwei mögliche Lösungen, es ist nämlich nicht festgelegt, in welche Richtung man das Dreieck verschieben muss. Auf der Geraden der Seite AB wird von A oder von B aus die Seitenlänge AB abgetragen, so bekommt man je eine Ecke der zwei möglichen Dreiecke, A1’ und B2’. Jetzt kann man schon die zwei Bilddreiecke konstruieren, wenn man die Eigenschaften der Verschiebung verwendet. (Abb. 64)

Der Begriff des VektorsDie Verschiebung entsteht durch das Nacheinanderausführen zweier Achsenspiegelungen, wenn die Achsen parallel sind, oder wenn man die Richtung und den Abstand der Verschiebung gleichzeitig angibt. Aus diesen zwei Merkmalen entsteht ein sehr wichtiger Begriff der Mathematik. Jetzt werden wir diesen Begriff genau untersuchen.

Im einführenden Beispiel kann man die parallele Verschiebung bekommen, wenn man die Strecke AA’’ angibt und die zwei Endpunkte voneinander unterschieden werden: Anfangspunkt A, Endpunkt A’’. Damit haben wir eine von A nach A’’ zeigende gerichtete Strecke angegeben. Die von B nach B’’ zeigende Strecke ist genauso lang und hat die gleiche Richtung, so gibt sie dieselbe parallele Verschiebung an wie die, die von A nach A’ zeigt.

Definition: Eine gerichtete Strecke bestimmt eindeutig einen Vektor.

Definition: Zwei Vektoren sind gleich, wenn sie dieselbe parallele Verschiebung bestimmen.

Wenn der Anfangspunkt der gerichteten Strecke A, der Endpunkt B ist, dann ist die Bezeichnung des von ihnen bestimmten Vektors: . (l.: der Vektor AB) (Abb. 65)

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Es ist üblich, die Vektoren mit einem Kleinbuchstaben zu bezeichnen, z.B.: (Abb. 66). In einem gedruckten Text wird für die Bezeichnung eines Vektors ein fettgedruckter Kleinbuchstabe verwendet, z.B.: a, b.

Definition: Die Länge der gerichteten Strecke, die den Vektor bestimmt, wird Absolutbetrag des Vektors genannt.Bezeichnung: , , |a|.

Definition: Zwei Vektoren sind parallel, wenn die Geraden der gerichteten Strecken, die die Vektoren bestimmen, parallel zueinander sind. (Abb. 67)

Es ist zu sehen, dass zwei Vektoren auch so parallel zueinander sein können, wenn sie in die

entgegengesetzten Richtungen zeigen. Bevor wir definieren, was man unter gleich gerichteten

Vektoren versteht, definieren wir, wann die sie bestimmenden Strecken gleich gerichtet sind.

Definition: 1. Zwei nicht auf einer Geraden liegende gerichtete Strecken sind gleich gerichtet, wenn

ihre Geraden parallel zueinander sind, und die Verbindungsstrecken der zwei End- bzw. Anfangspunkte keinen gemeinsamen Punkt haben. (Abb. 68)

2. Zwei auf einer Geraden liegende gerichtete Strecken sind gleich gerichtet, wenn es eine dritte auf einer anderen Geraden liegende gerichtete Strecke gibt, zu der beide ursprüngliche gleich gerichtet sind. (Abb. 69)

Definition: Zwei Vektoren sind gleich gerichtet, wenn die sie bestimmenden gerichteten Strecken gleich gerichtet sind.Definition: Zwei Vektoren sind entgegengesetzt gerichtet, wenn sie parallel zueinander sind, und nicht gleich gerichtet sind. (Abb. 70)Definition: Wenn zwei Vektoren den gleichen Absolutbetrag haben und entgegengesetzt gerichtet sind, dann ist der eine Vektor ein entgegengesetzter Vektor des anderen.Bezeichnung: ist ein entgegengesetzter Vektor von . (Abb. 71)Definition: Zwei Vektoren sind gleich, wenn sie gleich gerichtet sind und ihre Absolutbeträge gleich sind.

Gleichlange und gleich gerichtete Strecken bestimmen denselben Vektor.

Bemerkungen: Die Vektoren werden zeichnerisch mit gerichteten Strecken bezeichnet, man benutzt

im Allgemeinen statt des Wortes gerichtete Strecke den Begriff Vektor. Nach diesen Überlegungen kann man sehen, dass ein Vektor durch mehrere gleichlange und gleich gerichtete Strecken dargestellt (repräsentiert) werden kann, man hat also die Möglichkeit, dass man bei einer Aufgabe die Entsprechendste auswählt. (Abb. 72)

Während des Mathematikunterrichts haben wir schon mathematische Objekte kennengelernt, die zwar dasselbe bezeichneten, in ihrer Erscheinungsform aber verschieden waren. Man kann z.B. an die rationalen Zahlen bzw. Brüche denken.

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Ein Bruch kann beliebig erweitert werden, der Zähler und der Nenner des erweiterten Bruches sind verschieden von dem Zähler und Nenner des ursprünglichen, sie bezeichnen doch dieselbe Zahl. Zum Beispiel:

.

In dieser Hinsicht ist der Begriff des Vektors dem des Bruches ähnlich: ein gegebener Vektor kann durch unendlich viele Strecken repräsentiert werden, wie auch ein Bruch unendlich viele Formen hat.

Beispiel 2:Die Ecken des Würfels auf der Abbildung 73 bestimmen die folgenden Vektoren:

Welche Vektoren sind gleich, welche sind entgegengesetzte Vektoren?Lösung:

, , . und und bzw. und sind entgegengesetzte Vektoren.

Beispiel 3:

Man nehme ein Dreieck ABC und einen Punkt P. Man verschiebe das Dreieck mit dem Vektor !Lösung:Das Bild von A ist P = A’ und . Die Ecken des Bilddreiecks kann man also so konstruieren, dass man auf den Geraden, die parallel zu AP durch die Ecken B und C verlaufen, die Strecke AP in der entsprechenden Richtung abträgt.

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Aufgaben

1. Die Winkelhalbierende des rechten Winkels eines rechtwinkligen Dreiecks schneidet die Hypotenuse AB im Punkt D. Man verschiebe das Dreieck mit dem Vektor !

2. Man wähle aus den Figuren auf der Abbildung diejenigen aus, die ineinander durch eine Verschiebung überführt werden können.

3. Man nehme einen Kreis und darin eine Sehne AB. Man verschiebe den Kreis mit dem Vektor .

4. Man nehme ein Dreieck und zwei Geraden. Man verschiebe das Dreieck parallel zu der einen Geraden so, dassa) der Schwerpunkt, b) der Mittelpunkt des Inkreises des Dreiecks auf der anderen Geraden liegt. Gibt es Fälle, in denen die Aufgabe nicht lösbar ist?

5. Entscheide bei den nächsten Behauptungen, ob sie richtig oder falsch sind:a) Es gibt Punktmengen in der Ebene, die durch eine parallele Verschiebung auf sich

selbst abgebildet werden.b) Zwei Achsenspiegelungen nacheinander ergeben eine parallele Verschiebung.c) Eine parallele Verschiebung bildet eine Gerade auf eine parallele Gerade ab.d) Die parallele Verschiebung kann Fixpunkte besitzen.e) Die parallele Verschiebung ist orientierungstreu.

6. Man nehme einen Winkelbereich mit dem Winkel 45° und eine Strecke außerhalb dieses Bereiches. Man verschiebe die Strecke so, dass die beiden Endpunke der Strecke auf den Schenkeln liegen.

7. Welche Vektoren sind auf der Abbildung gleich, welche entgegengesetzt?

8. Die Städte A und B werden durch einen überall gleichbreiten Fluss voneinander getrennt. Man möchte zwischen den Städten eine Straße so bauen, dass die Brücke senkrecht auf dem Fluss stehen (senkrecht zu dem Fluss verlaufen???) und die Straße so kurz wie möglich sein soll. Mit Hilfe der Abbildung ist der kürzeste Weg zu konstruieren.

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11. Operationen mit Vektoren

Die Summe von Vektoren

Man nehme ein Dreieck ABC und die Vektoren und . Man verschiebe das Dreieck zuerst mit , dann das erhaltene Dreieck A’B’C’ mit . (Abb. 75)

Man kann bemerken, dass die zwei parallelen Verschiebungen durch eine einzige zu ersetzen sind, die vom Vektor

bestimmt wird. Diese Bemerkung ermöglicht uns, die Summe zweier Vektoren zu definieren.

Definition: Die Summe von und (Bezeichnung: + ) ist gleich dem Vektor der parallelen Verschiebung, die mit den nacheinander durchgeführten Verschiebungen von und zu ersetzen ist.

Aufgrund unseres Beispiels kann man sehen, dass die Summe zweier Vektoren unabhängig davon ist, mit welchen gerichteten Strecken sie repräsentiert werden.Zeichnerisch kann man zwei Vektoren laut der Definition mit Hilfe der Abbildung 76 addieren. So werden die zwei Vektoren nacheinander dargestellt, die Summe geht vom Anfangspunkt der ersten Vektors in den Endpunkt des zweiten. (Das ist die Dreiecksregel der Addition der Vektoren.)

Man kann aber zwei Vektoren auch so darstellen, dass sie von einem gemeinsamen Anfangspunkt ausgehen. Dann ist ihre Summe gleich der Diagonale des von den Vektoren bestimmten Parallelogramms, die vom gemeinsamen Anfangspunkt ausgeht. Das ist die Parallelogrammregel der Addition der Vektoren. (Abb. 77)

Zu der letzteren gibt es zwei Bemerkungen:Man kann sie nur dann verwenden, wenn die Vektoren nicht parallel sind. Bei parallelen Vektoren muss man die Dreiecksregel verwenden.Man kann sehen, dass die Summe der Vektoren unabhängig von der Reihenfolge der Summanden ist, d.h. die Addition der Vektoren kommutativ ist: + = + .

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Bei der Addition mehrerer Vektoren verwendet man so die Dreiecksregel, dass man alle Vektoren nacheinander abträgt (der Anfangspunkt des nächsten ist gleich dem Endpunkt des vorigen), die Summe geht vom Anfangspunkt des ersten Vektors in den Endpunkt des letzten.Auf der Abbildung 78 kann man noch sehen, dass die Addition der Vektoren auch assoziativ ist, d.h. die Summanden können beliebig gruppiert werden.

Beispiel 1Man bestimme bei dem regelmäßigen Sechseck ABCDEF die folgenden Vektoren:a) ; b) ; c) ; d) .

Lösung:a) ; b) ;c) ; d) .

Differenz zweier VektorenEs wäre empfehlenswert die Differenz zweier Vektoren so zu definieren, dass es sowohl mit der Definition der Addition zweier Vektoren als auch mit der des entgegengesetzten Vektors harmonisiert. Man braucht also eine Definition, nach der

und ,bzw.

ist.

Definition: Die Differenz der Vektoren und (Bezeichnung: ) ist der Vektor . (Abb. 80)

Der Differenzvektor zweier Vektoren wird so konstruiert, dass die Vektoren von einem gemeinsamen Anfangspunkt ausgehen und der Differenzvektor vom Endpunkt des Subtrahendvektors in den Endpunkt des Minuendvektors zeigt. (Abb 81.)

Beispiel 2In dem Parallelogramm in der Abbildung 82 sind die folgenden Vektoren zu bestimmen:a) ; b) ; c) ; d) .

Lösung:a) ; b) ;

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c) ; d) .

Was bekommt man, wenn man zwei zueinander entgegengesetzte Vektoren addiert, oder anders formuliert, wenn man einen Vektor von sich selbst subtrahiert?Laut der vorigen Definitionen muss der Absolutbetrag des Resultates 0 sein.

Definition: Der Vektor, dessen Absolutbetrag gleich 0 ist, wird Nullvektor genannt. (Bezeichnung: oder 0.)

Laut Vereinbarung ist die Richtung von beliebig, er ist also mit allen Vektoren gleichgerichtet. Bei den Eigenschaften der Achsenspiegelung haben wir erwähnt, wenn die Achsen der zwei Achsenspiegelungen, durch die die Verschiebung hergestellt wird, zusammenfallen, dann ist diese Verschiebung eine identische Transformation. Nach der Einführung des Begriffes des Nullvektors kann man sagen, dass die Verschiebung mit eine identische Transformation ist.

Multiplikation eines Vektors mit einer ZahlWenn der Vektor ein beliebiger Vektor ist, dann ist + laut der Dreieckregel ein Vektor, der mit gleich gerichtet ist und sein Absolutbetrag das Zweifache des Absolutbetrages von

ist. (Abb. 83)Deshalb ist es nützlich, den Vektor als zu betrachten. (mit 2a zu bezeichnen)???Die obige Bemerkung wird verallgemeinert, wenn man das Produkt eines Vektors mit einer beliebigen reellen Zahl (Skalar) definiert.Man betrachte einen Vektor und eine reelle Zahl . (Für die Bezeichnung der Zahlen werden jetzt griechische Buchstaben bezeichnet, damit man sie von den Vektoren unterscheiden kann.)

Definition: 1. Wenn ist, dann ist ein Vektor, dessen Absolutbetrag gleich ist, und

wenn 0 ist, dann ist er zu gleich gerichtet, wenn < 0 ist, dann entgegengesetzt gerichtet.

2. Wenn ist, dann für beliebige reelle Werte von .

Beispiel 3Man nehme den Vektor . Gib zeichnerisch die folgenden Vektoren an:a) 2 , 3 , (2 + 3) = 5 ; b) (-2) ; 3(-2 ), = 6 .

Lösung:Die Lösungen des Beispiels werden in den Abbildungen 84-85. dargestellt.

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Beispiel 4Man zeichne den Vektor und einen anderen Vektor , der nicht parallel zu ist. Man gebe zeichnerisch die folgenden Vektoren an:

+ ; 2 + 2 ; 2( + ).

Lösung:Die Lösungen sind in der Abbildung 86 zu sehen.

Man kann beweisen, dass die in den Aufgaben 3-4. vorgekommenen Eigenschaften auch im Allgemeinen wahr sind, d.h. wenn man die Vektoren mit einem Skalar multipliziert, werden die folgenden Zusammenhänge immer erfüllt:(1) ;(2) ;(3) .

Vektoren in der Koordinatenebene

Im kartesischen Koordinatensystem hat man die Möglichkeit, die Vektoren nicht nur durch ihre Repräsentanten darzustellen, sondern sie mit Zahlen, Koordinaten zu charakterisieren.

Beispiel 5In einem kartesischen Koordinatensystem hat der Anfangspunkt einer gerichteten Strecke die Koordinaten A(2; 3), der Endpunkt B(6; 5). Man gebe die Koordinaten des Endpunktes des Vektors an, der gleich ist, aber sein Anfangspunkt der Ursprung ist.

Lösung:

Auf der Abbildung 87 kann man gut sehen, dass die Koordinaten des Endpunktes des Repräsentanten, der vom Ursprung ausgeht, (4; 2) sind.

Laut Beispiel 5 kann man verallgemeinern:Wenn der Endpunkt einer gerichteten Strecke, die einen vom Ursprung ausgehenden Vektor repräsentiert, (x0; y0) ist, dann sind die Koordinaten des Endpunktes eines mit dem ursprünglichen Vektor gleichen Vektors (x0 + a; y0 + b), wenn die Koordinaten des Anfangspunktes dieses Vektors (a; b) waren.

In einem kartesischen Koordinatensystem lohnt es sich, alle Vektoren mit ihren vom Ursprung ausgehenden Repräsentanten darzustellen, weil so durch die Koordinaten des Endpunktes dieses Repräsentanten der Vektor eindeutig angegeben ist.

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Definition: In einem kartesischen Koordinatensystem sind die Koordinaten eines Vektors gleich den Koordinaten des Endpunktes desjenigen Repräsentanten des Vektors, der vom Ursprung ausgeht. Bezeichnung: . (Abb. 88)

Bemerkung: Die Bestimmung der Koordinaten eines Vektors in der Koordinatenebene ist ähnlich, wie man bei den rationalen Zahlen die Form auswählt, bei der der Zähler und der Nenner relativ prim sind.

In der obigen Definition hat man einen Vektor mit einem Punkt eindeutig dargestellt. Man kann aber das auch umgekehrt tun, man kann allen Punkten einen Vektor zuordnen, der vom Ursprung ausgeht und in den gegebenen Punkt zeigt.??

Definition: Im kartesischen Koordinatensystem versteht man unter dem Ortsvektor eines Punktes den Vektor, der vom Ursprung ausgeht und in den gegebenen Punkt zeigt.

Die Koordinaten eines Punktes der Ebene sind gleich den Koordinaten seines Ortsvektors.

Aufgaben1. Bei den durch die Ecken des Würfels bestimmten Vektoren sollen die folgenden

Operationen durchgeführt werden:a) ; b) ; c) ;d) ; e) .

2. Man zeichne ein Dreieck und einen vom Nullvektor verschiedenen Vektor . Man verschiebe das Dreieck um:

a) 2 ; b) - ; c) ; d) !

3. In einem kartesischen Koordinatensystem ist der Ortsvektor des Punktes P(4; 3). Gib die Koordinaten der Endpunkte der zu gleichen Vektoren an, deren Anfangspunktea) (1; 0); b) (1; -1); c) (3; 4); d) (7; -2);e) (-2; -3); f) (a; b) sind.

4. In einem kartesischen Koordinatensystem ist der Ortsvektor des Punktes A(-2; 5). Gib die Koordinaten der Anfangspunkte der zu gleichen Vektoren an, deren Endpunkte a) (0; 1); b) (-1; 2); c) (4; 1); d) (-3; 3);e) (-2; -7); f) (p; q) sind.

5. In einem kartesischen Koordinatensystem sind die Koordinaten der Ecken des Dreiecks ABC A(0; 2), B(-4; -3), C(9; 2). Man gebe die Koordinaten desjenigen Vektors an, mit dem das Dreieck ABC in das Dreieck A’B’C’ verschoben wurde, wenn:a) A’(5; 2) b) C’(0; 0) c) B’(-2; -1) sind.

6. In dem Parallelogramm auf der Abbildung drücke man die Vektoren und mit Hilfe von und aus.

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12. Kongruenz von Figuren

Definition: Zwei Figuren sind zueinander kongruent, wenn es eine Kongruenzabbildung gibt, durch welche die eine Figur in die andere überführt wird.Die Bezeichnung, wenn eine Figur A kongruent zu B ist : .

Die Kongruenz ist eine Relation, und die zwei Figuren stehen dann in Relation (sind kongruent), wenn zwischen ihnen eine entsprechende Kongruenzabbildung besteht. In der Ebene versteht man unter einer Kongruenzabbildung nicht nur die schon bekannten Abbildungen, sondern auch wenn man sie endlich mal nacheinander durchführt.

Aus der Definition folgen direkt für die Kongruenz als Relation die nächsten Eigenschaften (die Beweise werden jetzt nicht durchgeführt):

Alle Figuren sind kongruent zu sich selbst, d.h. . Für beliebige Figuren A und B gilt, wenn , dann . Für beliebige Figuren A, B und C gilt, wenn und , dann .

Wenn man die Kongruenz zweier Figuren durch die Definition beweisen will, dann muss man eine entsprechende Kongruenzabbildung finden, die die eine Figur in die andere überführt. Das ist in vielen Fällen ziemlich schwierig, deshalb versucht man durch die typischen Eigenschaften der Figuren (Längen bestimmter Strecken, Größen von Winkel) notwendige und hinreichende Bedingungen zu finden, die die Kongruenz der betreffenden Figuren sichern.Jetzt werden Bedingungen für Dreiecke und Vielecke angegeben, die zu der Kongruenz der Figuren notwendig und hinreichend sind.

Die Grundfälle der Kongruenz der DreieckeÜber die Dreiecke ABC und A’B’C’ weiß man, dass AB = A’B’, AC = A’C’ und <CAB = <C’A’B’. Sind diese Eigenschaften genug dafür, dass die zwei Dreiecke kongruent sind?Auf der Abbildung 89 kann man sehen, dass man zuerst das Dreieck ABC mit verschoben hat, dann um A’ mit einem entsprechenden Winkel gedreht hat,

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so wurde es in das Dreieck A’B’C’ überführt, so sind die zwei Dreiecke laut der Definition kongruent zueinander.

Bemerkung: Jetzt war der Umlaufsinn in beiden Dreiecken gleich. Wenn er nicht identisch gewesen wäre, dann hätte man ihn durch die Spiegelung an einer beliebigen Achse der Ebene gleich machen können.

Jetzt haben wir einen Grundfall der Kongruenz der Dreiecke bewiesen, die anderen kann man ähnlicherweise einsehen.

Satz: Zwei Dreiecke sind dann und nur dann kongruent, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt wird:

1. die Längen der entsprechenden Seiten paarweise übereinstimmen;2. die Längen von je zwei Seiten paarweise übereinstimmen, und die von ihnen

eingeschlossenen Winkel gleichgroß sind;3. die Längen je einer Seite und die zwei anliegenden Winkel paarweise übereinstimmen;4. die Längen von je zwei Seiten paarweise übereinstimmen, und die den längeren Seiten

gegenüberliegenden Winkel gleichgroß sind.

Beispiel 1Sind die Dreiecke ABC und A’B’C’ kongruent, wenn man weiß, dass AB = A’B’, AC = A’C’, <BCA = <B’C’A’ sind und AB < AC ist?

Lösung:Auf der Abbildung 90 kann man sehen, dass es auch vorkommen kann, dass die zwei Dreiecke nicht kongruent sind, für die Ecke B gibt es nämlich zwei Möglichkeiten.

Das Beispiel zeigt, warum im Punkt 4 die Bedingung „die den längeren Seiten gegenüberliegenden Winkel“ steht.

Beispiel 2Beweise, dass zwei Dreiecke kongruent sind, wenn je zwei Seiten paarweise gleichlang sind, und auch die zu der einen Seite gehörenden Seitenhalbierenden gleichlang sind!

Lösung:Wenn man die Bezeichnungen der Abbildung 91 benutzt, dann kann man durch den 1. Grundfall behaupten, dass ist.Daraus folgt, dass <CAB = <C’A’B’ ist, also die Dreiecke ABC und A’B’C’ erfüllen den 2. Grundfall. So sind die zwei Dreiecke wirklich kongruent.

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Kongruenz von Vierecken, Vielecken

Bei den Dreiecken war zur Kongruenz genügend, wenn die entsprechenden Seiten gleichlang waren. Bei den Vierecken kann man leicht einsehen, dass das nicht genügend ist, sonst wären alle Rhomben kongruent zueinander. (Abb. 92)

Für die Kongruenz von Vielecken sind im Allgemeinen die folgenden gültig:

Satz: Zwei Vielecke sind dann und nur dann kongruent, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt wird:

1. die Längen der entsprechenden Seiten und Diagonalen paarweise übereinstimmen;2. die Längen der entsprechenden Seiten paarweise übereinstimmen, und die

entsprechenden Winkel paarweise gleichgroß sind.

Aufgaben:1. Beweise, dass zwei Dreiecke kongruent sind, wenn sie:

a) in ihren Höhen; b) Seitenhalbierenden; c) Umkreisradien übereinstimmen.2. Beweise, dass zwei gleichschenklige, rechtwinklige Dreiecke kongruent sind, wenn sie

a) in ihren Hypotenusen b) Katheten c) Umkreisradien übereinstimmen.3. Beweise, dass zwei rechtwinklige Dreiecke kongruent sind, wenn

a) je zwei Katheten gleichlang sind;b) je eine Kathete und die dieser Kathete gegenüberliegenden Winkel gleichgroß sind;c) die Hypotenusen und die zu der Hypotenuse gehörenden Höhen gleichgroß sind.

4. Beweise, dass zwei gleichschenklige Dreiecke kongruent sind, wenn siea) in den Basen und den, von den Schenkeln eingeschlossenen Winkeln übereinstimmen;b) in den Basen und zu den Basen gehörenden Höhen übereinstimmen;c) in den, zu den Basen gehörenden Höhen und den, den Basen anliegenden Winkeln

übereinstimmen.5. Ist die folgende Behauptung wahr?

„Zwei gleichschenklige Dreiecke sind kongruent, wenn je eine Seite und je zwei Winkel gleichgroß sind.“ (Begründe die Antwort!)

6. Ist die folgende Behauptung wahr?„Wenn man ein Dreieck in zwei kongruente Teile zerlegen kann, dann ist es gleichschenklig.“ (Begründe die Antwort!)

7. Ist die folgende Behauptung wahr?„Wenn in einem Dreieck zwei Höhen gleichlang sind, dann ist das Dreieck gleichschenklig“ (Begründe die Antwort!)

8. Formuliere hinreichende Begründungen dafür, dassa) zwei Rhomben; b) zwei Drachenvierecke;c) zwei Parallelogramme; e) zwei Trapeze zueinander parallel sind.

9. Man nehme ein rechtwinkliges Dreieck und konstruiere über die eine Kathete und über die Hypotenuse Quadrate nach außen. Beweise, dass (wenn man die Bezeichnungen der Abbildung verwendet) .

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