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Transport + Logistik Kontraktlogistik J a, die Kontraktlogistik ist immer noch die Königsdisziplin der Logistik. Da sind sich die Experten einig. Kunden- individuelle Logistiklösungen gehören nach wie vor zu den anspruchsvollsten Auf- gaben, die Logistiker erbringen. Dement- sprechend üppig sind die erzielbaren Mar- gen. Doch auch das Risiko des Scheiterns ist hoch, wie das jüngste Beispiel des insol- venten Automobillogistikers Schüchen wieder gezeigt hat. Und scheitern können nicht nur mittelständische Spedi- teure. „Auch große Logistik- anbieter gehen bei Kontrakt- logistik-Ge- schäften ein deutlich hö- heres Investi- tionsrisiko ein als in an- deren Ge- schäfts- berei- chen“, sagt Wolfgang Reinel, Bereichsleiter Logistik Consulting bei Dachser. Erfolg- reich seien jene Dienstleister, die mit hoher Kompetenz und gutem Risikomanagement das oftmals durch extreme Mengenschwan- kungen geprägte Geschäft beherrschten und so die vom Kunden geforderte Flexibilität gewährleisteten. Das Kemptener Unterneh- men zählt mit seinen Aktivitäten für Kon- sumgüter- aber auch Industriekunden zu den führenden Kontraktlogistikanbietern in Deutschland. Pro Jahr 200 neue Ausschreibungen Trotz aller Risiken – die Königsdisziplin der Logistik ist auch rund zwanzig Jahre nach ihrer Entstehung immer noch ein Wachstumsmarkt. Und damit lohnend sowohl für Mittelständ- ler als auch Konzernanbieter. Immer mehr Industrie- und auch Handelsunter- nehmen vergeben lo- gistische Aufga- ben an qualifizierte Dienstleister. „Wir ste- hen hier eher am Anfang der Entwicklung“, meint Dachser-Manager Reinel. Die Integ- ration der Prozesse zwischen Industrie und Dienstleister werde noch deutlich zuneh- men. Und damit wachse der Markt stetig. „Jedes Jahr kommen auf den deutschen Markt mehr als 200 neue Ausschreibungen von Unternehmen, die bisher ihre Logistik noch selbst durchgeführt haben“, sagt Pro- fessor Christian Kille. Der Wissenschaftler von der Hochschule für angewandte Wis- senschaften Würzburg-Schweinfurt bezif- fert den Markt für Kontraktlogistik in Deutschland auf 82,5 Milliarden Euro, so das Ergebnis der letzten Erhebung für das Jahr 2010 aus der Studie „Top 100 der Logis- tik“, deren Mitautor Kille ist. Doch der Großteil dieses Marktvolumens wird immer noch von den Industrie- und Handelsunter- nehmen selbst erarbeitet. Im Bereich der industriellen Kontraktlogistik werden von den insgesamt 58,5 Milliarden Euro nur 25 Prozent von Logistikdienst- leistern erwirtschaftet. In der Handels- und Konsumgüter- logistik ist der Fotolia/Frank Peters, M: VR/Wallnöfer Die Kontraktlogistik ist ein Markt mit vielen Chancen – aber auch Risiken Lukrative Königsdisziplin Die Kontraktlogistik ist auch weiterhin ein Wachstumsmarkt und lohnt sich insbesondere für mittelständische Dienstleis- ter. Was Auftraggeber und Auftragnehmer in der Königs- disziplin der Logistik unbe- dingt beachten müssen. „Auch große Logistiker gehen bei Kontraktlogistik-Geschäften ein höheres Risiko ein“ WOLFGANG REINEL Bereichsleiter Logistik Consulting bei Dachser Dachser TG, 15.5.2012

Kontraktlogistik Lukrative Königsdisziplin [email protected] Hausmesse im Hauptwerk Hanzing Samstag, den 16. Juni 2012 09:00 bis 18:00 Uhr Nutzen Sie diesen exklusiven Kundentag

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Transport + Logistik Kontraktlogistik

J a, die Kontraktlogistik ist immer noch die Königsdisziplin der Logistik. Da sind sich die Experten einig. Kunden­

individuelle Logistiklösungen gehören nach wie vor zu den anspruchsvollsten Auf­gaben, die Logistiker erbringen. Dement­sprechend üppig sind die erzielbaren Mar­gen. Doch auch das Risiko des Scheiterns ist

hoch, wie das jüngste Beispiel des insol­venten Automobillogistikers

Schüchen wieder gezeigt hat. Und scheitern können nicht

nur mittelständische Spedi­teure. „Auch große Logistik­

anbieter gehen bei Kontrakt­logistik­Ge­schäften ein deutlich hö­heres Investi­t ionsrisiko ein als in an­

deren Ge­schäfts­b e r e i ­

chen“, sagt Wolfgang Reinel, Bereichsleiter Logistik Consulting bei Dachser. Erfolg­reich seien jene Dienstleister, die mit hoher Kompetenz und gutem Risikomanagement das oftmals durch extreme Mengenschwan­kungen geprägte Geschäft beherrschten und so die vom Kunden geforderte Flexibilität gewährleisteten. Das Kemptener Unterneh­men zählt mit seinen Aktivitäten für Kon­sumgüter­ aber auch Industriekunden zu den führenden Kontraktlogistikanbietern in Deutschland.

Pro Jahr 200 neue AusschreibungenTrotz aller Risiken – die Königsdisziplin der Logistik ist auch rund zwanzig Jahre nach ihrer Entstehung immer noch ein Wachstumsmarkt. Und damit lohnend sowohl für Mittelständ­

ler als auch Konzernanbieter. Immer mehr Industrie­

und auch Handelsunter­nehmen vergeben lo­

gistische Aufga­

ben an qualifizierte Dienstleister. „Wir ste­hen hier eher am Anfang der Entwicklung“, meint Dachser­Manager Reinel. Die Integ­ration der Prozesse zwischen Industrie und Dienstleister werde noch deutlich zuneh­men. Und damit wachse der Markt stetig. „Jedes Jahr kommen auf den deutschen Markt mehr als 200 neue Ausschreibungen von Unternehmen, die bisher ihre Logistik noch selbst durchgeführt haben“, sagt Pro­fessor Christian Kille. Der Wissenschaftler von der Hochschule für angewandte Wis­senschaften Würzburg­Schweinfurt bezif­fert den Markt für Kontraktlogistik in Deutschland auf 82,5 Milliarden Euro, so das Ergebnis der letzten Erhebung für das Jahr 2010 aus der Studie „Top 100 der Logis­tik“, deren Mitautor Kille ist. Doch der Großteil dieses Marktvolumens wird immer noch von den Industrie­ und Handelsunter­nehmen selbst erarbeitet. Im Bereich der industriellen Kontraktlogistik werden von den insgesamt 58,5 Milliarden Euro nur 25 Prozent von Logistikdienst­leistern erwirtschaftet. In der Handels­ und Konsumgüter­

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Die Kontraktlogistik ist ein Markt mit vielen Chancen – aber auch Risiken

Lukrative Königsdisziplin Die Kontraktlogistik ist auch

weiterhin ein Wachstumsmarkt und lohnt sich insbesondere für mittelständische Dienstleis-ter. Was Auftraggeber und Auftragnehmer in der Königs-disziplin der Logistik unbe-dingt beachten müssen.

„Auch große Logistiker gehen bei Kontraktlogistik-Geschäften ein

höheres Risiko ein“

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TG, 15.5.2012

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Anteil etwas höher. Etwa 35 Prozent des Marktvolumens von 24 Milliarden Euro er­arbeiten die Logistikdienstleister. Das theo­retische Marktpotenzial für die Dienstleister ist also noch hoch. Kille schätzt, dass sich der Anteil der Logistikdienstleister in bei­den Segmenten in den kommenden zwan­zig Jahren auf 50 bis 55 Prozent erhöhen kann.

Tarifpolitik treibt KontraktlogistikDem Sättigungspunkt sehr nahe sei die Kontraktlogistik schon in Großbritannien. Hier würden Industrien zurückgebaut und der Handel setze lieber auf eigene Logistik. Großes Potenzial für die Dienstleister be­stünde dagegen noch in Ländern wie Frank­reich, Spanien und Italien. Es gelte die pau­schale Regel: „Überall dort, wo die Gewerk­schaf­ ten viel Macht haben, ist der

Outsourcing­Anteil noch relativ gering“, for­

muliert Kille. Gewerkschaf­

ten spielen auch auch i n

D e ut s c h ­l a n d e i n e

große Rolle, wenn es um die Attrak­tivität der Kontraktlo­gistik geht. Denn die

Lohnunterschiede zwischen Industrie und Logistikwirtschaft können groß sein. Bis zu 30 Prozent mehr kann

beispielsweise ein Staplerfahrer im IG­Metall­Tarif gegenüber seinem Verdi­Kol­legen kosten. Ein Kostenvorteil, der im Han­del übrigens nicht zieht. Denn hier gilt auch

der Verdi­Vertrag. Deshalb führen viele Handelsunternehmen in Deutschland ihre Lagerlogistik größtenteils noch mit eigenen Mitarbeitern durch. „Bei uns zählt nur die Effizienz der Prozesse, da Kostenvorteile durch Tarifverträge fehlen“, sagt Michael Krings, oberster Logistiker bei Douglas. Als eines der wenigen größeren Handelsunter­nehmen hat die durch viele Innenstadtfilia­len bekannte Parfümerie Teile der Logistik unter anderem an Logistikdienstleister wie Logwin, Ceva oder Rhenus outgesourct.Ein Wachstumsmarkt für die Kontraktlogis­tik ist hingegen eine neue Art von Handel: der E­Commerce. Immer mehr junge Un­ternehmen wie der Schuhhändler Zalando machen mit Online­Shops dem stationären Handel Konkurrenz. Und selbst die klassi­schen Händler steigen immer stärker in das Internetgeschäft ein, wie die jüngsten On­line­Eröffnungen der Metro­Töchter Media Markt und Saturn zeigen.

E-Commerce beflügelt Geschäft„E­Commerce ist einer der größten Wachs­tumstreiber“, meint auch Thomas Krüger, Geschäftsführer der BLG Handelslogistik. Das Tochterunternehmen der Bremer BLG Logistics Group erzielt zusammen mit dem Automotive­Bereich rund 260 Millionen Euro Jahresumsatz und zählt damit zu den mittelgroßen Kontraktlogistikern in Deutschland. Durch die Kombination von stationärem und Internethandel entwickle sich eine Multichannel­Kontraktlogistik, die Dienstleister vor ganz neue Herausfor­derungen stellt, so der BLG­Geschäftsfüh­rer. Eine Entwicklung, die auch Claus­Peter Amberger von dem auf Kontraktlogistik spezialisierten Dienstleister Loxxess bestä­

Rein

sch

Kontraktlogistik ist auch ein lohnendes Geschäftsfeld für Mittelständler – Logistikleiter Sebastian Neumeyer von der Reinsch Speditions- und Kontraktlogistik aus Straubing

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TG, 15.5.2012

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Transport + Logistik

28 19/2012 VerkehrsRundschau

tigt. „Wir müssen unseren Kunden sowohl die Auftragsabwicklung und Belieferung zu Geschäftskunden als auch zu Endkonsu­menten bieten können“, so der CEO und Mitgesellschafter des 1400 Mitarbeiter zäh­lenden bayrischen Unternehmens. Dies

erfordere eine hohe IT­Kompetenz. Denn nur so ließen sich Anforderungen wie schnelle Lieferfähigkeit und die Bearbeitung von Retouren gewährleisten, sagt Amberger.

Chancen auch für NeueinsteigerDie Einstiegsbarrieren für Speditionen, die den Schritt in die Kontraktlogistik wagen wollen, werden also immer höher. Aber dennoch – auch Neueinsteiger haben eine Chance. „Viele Onlineshops suchen hände­ringend nach Dienstleistungen“, sagt Unter­nehmensberater und Logistikimmobilien­experte Marc Possekel. Man müsse Spaß haben, auch mit kleinen Onlinehändlern zu wachsen. Dann hätten Neueinsteiger eine Chance im komplexer werdenden Versand­handel. Außerdem rät der Düsseldorfer Berater Neueinsteigern, sich zu spezialisie­ren – beispielsweise auf Logistik für Garten­zubehör oder Retouren. Hier gäbe es viele Möglichkeiten für den Mittelstand.Dass sich auch ein kleinerer Mittelständler in der Kontraktlogistik behaupten kann, beweist die Reinsch Speditions­ und Kon­

traktlogistik aus Straubing. Das bayrische Unternehmen wurde 1996 gegründet und ist seit 1999 in der Kontraktlogistik tätig. Mittlerweile arbeiten 55 der insgesamt 95 Mitarbeiter in diesem Bereich, zum Teil im eigenen Lager in Straubing sowie auch im Logistikzentrum eines Kunden, das von Reinsch betrieben wird. „Die Kontraktlogis­tik ist ein lohnendes Geschäftsfeld“, sagt Sebastian Neumeyer, der den Bereich Logis­tik leitet. Von Vorteil sei die längere Bindung der Kunden und außerdem ließen sich „ganz andere Margen erzielen als in der Transportlogistik“, so Neumeyer.

Renditen von über 20 Prozent möglich Doch die Bandbreite der Renditen ist ganz unterschiedlich. Das zeigt eine Untersu­chung aus den Jahren 2006 bis 2008: In der industriellen Kontraktlogistik lagen die Margen der untersuchten Logistikdienst­leister bei durchschnittlich 1,5 Prozent. Doch die Spannweite ist groß. Sie reichte von minus 3 bis plus 7 Prozent. In der Kon­sumgüterlogistik war die Spanne noch grö­ßer: Während hier durchschnittlich 4 Pro­zent Rendite erzielt wurde und die schlech­testen Unternehmen knapp unter 0 Prozent lagen, erreichten die besten über 20 Prozent Marge. „3 bis 5 Prozent Gewinn vor Steuer sollten für die meisten Kontraktlogistiker schon drin sein“, meint Unternehmensbera­ter Possekel. Gute Margen lägen über 10 Prozent, und in einigen Hightech­Bereichen ließen sich auch um die 20 Prozent errei­chen. Entscheidend für den Erfolg sei nicht selten die Immobilie. Kann der Auftrag in den ei­genen, womöglich schon abgeschriebenen vier Lagerwänden abgewickelt werden, dann sei eine hohe Marge durchaus mög­lich, so Possekel. Schwieriger werde es, wenn das Lager extra für den Kunden ange­mietet werden muss. „Du findest nie die richtige Immobilie mit der richtigen Lauf­zeit am richtigen Ort, die gibt es in der Regel nicht“, weiß der Marktkenner. Hier müsse der Dienstleister oft Kompromisse einge­hen, die teuer werden können. Denn oft­mals muss er die Immobile länger anmieten als der Kontraktlogistikvertrag laufe.

Fixkosten vermeidenPossekels Tipp: Fixkosten vermeiden. So ist es möglich, solide mobile Hallen neben der Bestandshalle für den notwendigen Zeit­raum aufzubauen. Und auch der Einsatz von Subdienstleistern im eigenen Lager sei zu überlegen. „Logistikdienstleister sprechen immer von arbeitsteiliger Wirtschaft, selbst

„Die Auftraggeber sollten viel mehr mit den täglichen Tälern

und Spitzen planen“

CLaus-PeTeR aMBeRgeR Ceo und Mitgesellschafter bei Loxxess

Loxx

ess

Kontraktlogistik

Logistik mit Mehrwert

Bei Kontraktlogistik handelt es sich um ein Dienstleistungspaket, das ein Logistikunterneh-men für einen industrie- und Handelsbetrieb erbringt. im Mittelpunkt der übertragenen auf-gabe steht meistens ein Logistikzentrum, in dem der Dienstleister neben reinen Lageraufga-ben auch sogenannte Mehrwertdienstleistun-gen wie Kommissionieren und Verpacken über-nimmt. Zu den höherwertigen Mehrwertdiens-ten zählt beispielsweise das Konfektionieren von Produkten wie das Bespielen von elektroni-schen geräten mit kundenspezifischer software oder auch die Versorgung von Montagelinien mit Produktionsteilen. Je stärker der Dienstleis-ter in die arbeitsprozesse des auftraggebers eingebunden wird, desto enger ist auch die Partnerschaft zwischen den beiden Parteien. und je enger diese Partnerschaft, umso schwe-rer ist es für den auftraggeber, den Dienstleister kurzfristig wieder zu wechseln, auch wenn es rechtlich von der Vertragslaufzeit her möglich

wäre. als Mindestlaufzeit für einen „Kontrakt“ finden sich am Markt derzeit einjahresverträge. in der Regel werden aber Laufzeiten von zwei bis vier Jahren vereinbart. Tätigt der Dienstleis-ter sehr hohe investitionen, zum Beispiel in Lagertechnik, dann sind durchaus auch Ver-tragslaufzeiten von fünf bis sieben Jahren üblich. Kontraktlogistik beginnt für die meisten experten schon bei kleineren auftragsvolumen im sechsstelligen Bereich, während andere experten erst ab mindestens einer Million euro umsatz von Kontraktlogistik sprechen. ein wichtiges Kennzeichen sind kundenindividuelle Lösungen, der Transport von Waren kann Teil einer Kontraktlogistiklösung sein, wird aber oft-mals nicht selbst vom Kontraktlogistikdienst-leister erbracht. Die Kontraktlogistik lässt sich grundsätzlich in die zwei Bereiche industrielle Kontraktlogistik (Versorgung der Fertigung mit Produktionsteilen) und Handels- und Kon-sumgüterlogistik (Distribution von Waren an stationären Handel und endkunden) untertei-len. ak

Kontraktlogistiklager der BLG Logistics Group für den Versandhändler Tchibo

H i n t e r g r u n d : w a s i s t K o n t r a K t l o g i s t i K ?

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TG, 15.5.2012

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Transport + Logistik

VerkehrsRundschau 19/2012 29

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Kontraktlogistik

folgen sie diesem Weg aber oftmals nicht“, so Possekel. Man müsse auch als Dienstleis­ter nicht immer alles selber machen.Flexibilität – das ist einer der Schlüsselfak­toren für erfolgreiche Kontraktlogistik und gleichzeitig auch das große Spannungsfeld zwischen Auftraggebern und Auftragneh­mern. Während Industrie und Handel größtmögliche Flexibilität vor allem bei Mengenschwankungen von ihren Dienst­leistern erwarten, beklagen die Logistik­dienstleister die teilweise extremen Abwei­chungen von den vereinbarten Volumen. Nicht selten überraschen die Auftraggeber ihren Dienstleister mit Abweichungen von der zuvor gelieferten Prognose von zehn bis vierzig Prozent.

Streitpunkt Flexibilität„Wir sind auch nur Menschen und die LKW stehen nicht auf dem Hof und warten auf den Kunden“, wirbt Reinsch­Logistiker Neumeyer für Verständnis bei den Kunden. Flexibilität habe auch bei Logistikdienstleis­tern ihre Grenzen. „Die Auftraggeber müs­sen bei ihren Forecasts weniger mit Durch­schnittswerten, sondern viel mehr mit den täglichen Tälern und Spitzen planen“, rät Loxxess­Chef Amberger. Und Unternehmensberater Possekel emp­fiehlt den mittelständischen Kontraktlogis­tikern, in den Verträgen die Regeln der Zu­sammenarbeit klarer festzulegen. „Die gro­ßen Anbieter gehen immer mehr dazu über, bei Abweichungen von den vereinbarten Mengen höhere Preise festzuschreiben“, be­richtet Possekel. Dies sollten auch die Mit­telständler versuchen durchzusetzen. „Und wenn es als Malus nicht funktioniert, dann vielleicht in Form eines Bonus für den Kun­den“, so Possekel. „Ich brauche Dienstleister, mit denen ich auch überraschende Markt­

schwankungen gemeinsam lösen kann – zum Beispiel, wenn der Einkauf oder der Vertrieb eine innovative Idee hat, die schnell am Markt umgesetzt werden muss“, betont hingegen Douglas­Logistikchef Krings. Die Logistikkonzerne zeigten sich hier oft zu selbstverliebt in die eigenen Stärken, wes­halb das nordrhein­westfälische Unterneh­men gerne auch mit gestandenen, eher mit­telständisch strukturierten, Logistikpart­nern zusammenarbeite. „Wichtig für mich bei der Auswahl des Partners: Habe ich Zu­griff auf die entscheidenden Personen, um Probleme schnell lösen zu können“, formu­liert Krings eine wichtige Anforderung an den Logistikpartner.Verändert haben sich in den Kontraktlogis­tikverträgen in den vergangenen Jahren auch die Vereinbarungen zur Abrechnung. Wurden bisher oftmals noch aufwandsbe­zogene Stundensätze niedergeschrieben, stehen in neuen Verträgen immer häufiger transaktionsbezogene Vergütungsformen. Der Kontraktlogistik­Kunde zahlt zum Bei­spiel für jedes kommissionierte Paket oder je eingelagerter Palette. „Alle diese Vergü­tungsmodelle haben aber ihre Fehler“, sagt Professor Wolfgang Stölzle von der Univer­sität St. Gallen.

Neuartiges VergütungsmodellBei prozessbezogenen Abrechnungen trage der Dienstleister das Risiko von Schwan­kungen, und bei festen Stundensätzen fehl­ten die Innovationsanreize für den Dienst­leister. Der Schweizer Wissenschaftler forscht deshalb gerade an einer sogenannten verfügbarkeitsorientierten Vergütung. Hier zahlt der Auftraggeber für die tatsächliche, fristgerechte Auslieferung der Ware an sei­nen Kunden. Dazu müsse der Dienstleister aber über die Höhe der Bestände mit­

entscheiden dürfen, so Stölzle. Pilotprojekte gäbe es dazu derzeit im Bereich der Militär­ und Krankenhauslogistik. Aber auch das Outsourcing und die Kontraktlogistik haben ihre Grenzen. „Nicht fremdvergeben sollten Industrie­ und Handelsunterneh­men ihre Kernkompetenz“, rät Stölzle. Und dazu kann auch die Logistik gehören – und manchmal sind sich Unternehmen dessen gar nicht bewusst. So haben vor einigen Jah­ren einige mittelständische Brauereien ihren Fuhrpark fremdvergeben. „Dabei übersa­hen die Brauer aber, dass ihre Bierfahrer bis dato eine sehr wichtige Kontaktfunktion zur Gastronomie übernommen hatten“, so Stölzle. Hier führte Outsourcing zum Ver­lust des Kundenkontaktes und damit zu Verlusten an Marktanteilen. „Die eigene Kernkompetenz müssen Unternehmen immer im Blick haben“, rät Stölzle für eine erfolgreiche Kontraktlogistik. ❙❚■

Andre Kranke

„Alle diese Vergütungsmodelle haben

ihre Fehler“

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