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Bernd Klauer , Johannes Schiller, Christine Wolf Gewässer-Nachbarschaften in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland 24.-.25. Juni 2014, Wiesbaden-Naurod Ökosystemleistungen und -funktionen von Fließgewässern Wie können diese Konzepte helfen, die Renaturierung zu managen?

Ökosystemleistungen und -funktionen von Fließgewässern … · Es gibt funktionale Äquivalente Funktionieren: Zusammenwirken der Funktionen eines Ökosystems i.d.R. Bezugnahme

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Page 1: Ökosystemleistungen und -funktionen von Fließgewässern … · Es gibt funktionale Äquivalente Funktionieren: Zusammenwirken der Funktionen eines Ökosystems i.d.R. Bezugnahme

Bernd Klauer, Johannes Schiller, Christine WolfGewässer-Nachbarschaften in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland24.-.25. Juni 2014, Wiesbaden-Naurod

Ökosystemleistungen und -funktionen von FließgewässernWie können diese Konzepte helfen, die Renaturierung zu managen?

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Gliederung

WRRL: Die Suche nach dem „guten Zustand“

Alternative: Orientierung an Ökosystem(dienst)leistungen

Drei Antworten auf die Frage „Wie wünschen wir uns die Gewässer?“

Forschungsprogramm: Funktionaler Ansatz

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Gewässer im „sehr guten Zusand“

Peter Birmann (1758 -1844): Der Oberrhein nördlich von Basel um 1800. (Kunstmuseum Basel)Der Isteiner Klotz und eine durch Inseln und Wörthe gekennzeichnete Flusslandschaft.

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Gewässermanagement um 1930

W.L. Kozlowsky (1932): Landwirtschaftlicher (kulturtechnischer) Wasserbau(Österreichisches Lebensministerium ))))

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Ergebnis heute

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Der „gute ökologische Zustand“ der WRRL…… orientiert sich an der Artenzusammensetzung im Naturzustand, nicht an ÖSL

Sehr gut =

Referenz

Gut

Moderat

Schlecht

Sehr schlecht

{

Leichte {

Moderate {

Deutliche {

Schwerwiegende {

Qua

lität

skla

ssen

Darstellung nach Peter Pollard

„Keine oder geringfügige anthropogene Änderungen“

„Abwesenheit störender Einflüsse“

Umgestal-tung

bisher

erwünschte Rück-

Entwicklung

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Prognose: Erreichbarkeit WRRL-Umweltziele bis 2015

Oberflächengewässer Grundwasser

82 % Ausnahmen 36 % Ausnahmen

Die Schwierigkeiten bei der Zielerreichung sind kein „Zufall“, sondern systematisch!

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Gegenwärtige Situation

� Die WRRL hat einen guten Gewässerzustand zum Ziel

� Der Referenzzustand für dieses Ziel ist ein Zustand, bei dem „keine oder nur sehr geringfügige anthropogene Änderungen“ erfolgt sind.

� Die mitteleuropäischen Gewässer wurden aber in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten absichtsvoll verändert.

� Deshalb sieht die WRRL die Möglichkeit vor, in Ausnahmefällen die Fristen zu verlängern und die Ziele abzusenken.

� Es ist keine Überraschung, dass die Ausnahmen zur Regel wurden.

Entscheidende Frage:

� Wie wünschen wir uns unsere Flüsse?

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WRRL: Die Suche nach dem „guten Zustand“

Alternative: Orientierung an Ökosystem(dienst)leistungen

Drei Antworten auf die Frage „Wie wünschen wir uns die Gewässer?“

Forschungsprogramm: Funktionaler Ansatz

Gliederung

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� Funktion: Typische Aktivität eines Ökosystems (oder eines Teils), z.B.� Transport des Wassers

� Produktion und Abbau von Biomasse

Es gibt funktionale Äquivalente

� Funktionieren: Zusammenwirken der Funktionen eines Ökosystems � i.d.R. Bezugnahme auf eine

Referenzsituation

� Leistung: Funktion von etwas für einen bestimmten Zweck, � z.B. die Niere für einen Organismus.

� Ökosystem(dienst)leistung: Leistung von Ökosystem für den Menschen � Ökonomisches Gut

� Ökosystem kaum menschlich beeinflusst

� Leistung (noch) nicht weiterverarbeitet

Begriffsklärungen

Mensch

Ökosystem(dienst)leistungen

Öko-system

ElementProzess, Funktion Funktionieren

Jax, K. (2010): Ecosystem Functioning, p.62

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Quelle: Millennium Ecosystem Assessment (2005): Wetlands and Waters, Synthesis, S. 2

Versorgungsleistungen

Nahrung Produktion von Fischen, Wild, Früchten, …

Trinkwasser Speicherung und Retention von Wasser (Haushalte, Industrie, Landwirtschaft)

Fasern, Brennstoff Produktion von Brennholz, Torf, Futter, …

Biochemie Bereitstellung von medizinischen Wirkstoffen, …

Genetische Ressourcen Resistente Gene gegen Pflanzenschädlinge, …

Regulationsleistungen

Klima Produktion und Rückhalt von Treibhausgasen, Einfluss auf lokales und regionales Klima, Niederschlagsmenge, …

Hydrologischer Kreislauf Grundwasserauffüllung, -entleerung, , …

Wasserreinigung Retention, Abbau von Nährstoffen und Schadstoffen, …

Erosion Retention von Böden und Sedimenten, …

Bestäubung Habitat für Bestäuber, …

Soziokulturelle Leistungen

Spirituelle Inspiration Inspirationsquelle, v.a. religiös, …

Erholung Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten, …

Ästhetik Schönheitsempfinden, …

Bildung Möglichkeiten zur formellen und informellen Bildung, …

Unterstützende Leistungen

Bodenbildung Retention von Sedimenten, Akkumulation von organischer Substanz, …

Nährstoffkreislauf Speicherung, Recycling und Aufnahme von Nährstoffen, …

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Zweck des Ökosystemleistungsansatzes

� Hauptzweck: Bewusstsein stärkenDie Bedeutung für funktionierender Ökosysteme für unsere Wohlfahrt bewusst machen – insbesondere bei politischen Entscheidungen.

� Mittel: „In-Wert-Setzung“d.h. Bewertung der Ökosystemleistungen und Berücksichtigung dieser Werte bei politischen Entscheidungen

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Bewertung von Ökosystemleistungen (ÖSL)

Beispiel Aue

Verändert nach Scholz et al. (2012), Ten Brinck – IEEP in TEEB (2008)

Bewertungsgegenstand „Aue“

Erfassung der einzelnen ÖSL nach Nutzenkategorien

Quantifizierung der einzelnen ÖSL

Mone-tarisierung

z.B. verhinderte Hochwasserschäden, vermiedene Kosten der Wasseraufbereitung, Wert für TourismusACHTUNG: keine Totalwerte!

z.B. verminderte Hochwasserscheitelhöhe, verminderte Phosphateinträge, Anzahl Rote-Liste-Arten

z.B. Hochwasserretention, Nährstoffretention, Bereitstellung von Habitaten,

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Alternative: Orientierung an Ökosystem(dienst)leistungen

Drei Antworten auf die Frage „Wie wünschen wir uns die Gewässer?“

Forschungsprogramm: Funktionaler Ansatz

Gliederung

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Drei Antworten auf …

… die Frage: „Wie wünschen wir uns unsere Flüsse?“

Ökonomische Antwort: Optimierung von ÖSL

• Abwägung zw. ÖSL• Kosten-Nutzen-Analyse

+ Ausnahmebegründung mit unverhältnis-mäßigen Kosten

− „In-Wert“-Setzung, insb. Monetarisierung problematisch

− Unwissen: nur bekannte ÖSL werden berücksichtigt

Mittelweg:Funktionaler Ansatz:

• Ausrichtung am Funktionierennatürlicher Gewässer

? Hilfreich bei (Ersatz-) Zielbestimmung bei Art. 4.5 (geringere Umweltziele) und Art. 4.3 (HMWB)

? Hilfreich bei Maßnahmeplanung

WRRL: Orientierung am „guten Zustand“

• Ausrichtung an Arten-zusammensetzungnatürlicher Gewässer

+ erfasst „Integrität“ eines Gewässerökosystems

− Blendet menschliche Nutzung aus

− Fehlende Orientierung - in stark genutzten / veränderten Gewässern - bei Maßnahmeplanung

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WRRL: Die Suche nach dem „guten Zustand“

Alternative: Orientierung an Ökosystem(dienst)leistungen

Drei Antworten auf die Frage „Wie wünschen wir uns die Gewässer?“

Forschungsprogramm: Funktionaler Ansatz

Gliederung

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Vision für WRRL: Ergänzung der Taxa-bezogenen Bewertung durch „funktionalen Ansatz“

Hypothese

Funktionen geeigneter Indikatoren für: � ökologische Funktionsfähigkeit von Gewässern

(auch wenn taxonomische Zustandsbewertung Defizite aufweist) � ausreichende Ökosystemleistungen

� Wirksamkeit von Maßnahmen

Interdisziplinäres Forschungsprogramm

1. Relevante Ökosystemfunktionen identifizieren

2. Ökosystemfunktionen parametrisieren und mit Indikatoren quantifizieren

3. Obengenannte Hypothesen testen

4. Konzept für ein Management gemäß dem funktionalen Ansatz entwickeln

5. Rechtliche Konformität mit WRRL und praktische Anwendbarkeit prüfen

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Vielen Dank!

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PersönlichesAllgemeines

Dr. Bernd Klauer (*1965)Helmholtz Zentrum für Umweltforschung – UFZPermoserstr. 15, 04318 LeipzigTel: 0341/235-1702Email: [email protected]

Curriculum vitae � 1985-1992 Diplomstudium Mathematik, Universität Heidelberg,

University of Kentucky, Lexington, KY, USA� 1992-1997 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Alfred Weber-Institut, Universität Heidelberg � 1997 Promotion in Wirtschaftswissenschaften mit Dissertation „Nachhaltigkeit und

Naturbewertung“� seit 1997 Wissenschaftler am UFZ im Dept. Ökonomie

Leiter der Arbeitsgruppe „Sozialwissenschaftliche Wasserforschung“� seit 2006 Ständiger Gast im LAWA-Expertenkreis „Wirtschaftliche Analyse“ und

Mitglied in verschiedenen anderen Arbeitsgruppen� seit 2010 Dozent an der Universität Leipzig, Int. Joint Master Programme „Sustainable Development“� seit 2013 Partner des „Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag“

Interessengebiete� Disziplinen: Ökologische Ökonomik, Umweltökonomik, inter- und transdisziplinäre Forschung

(u.a. mit Hydrologen, Ökologen, Juristen, Philosophen, Praxispartnern)� Forschungsfelder: Theorien und Methoden der Bewertung und Entscheidungsunterstützung (wie z.B.

Kosten-Nutzen-Analysen, Grundsatzfragen der Nachhaltigkeit, Umgang mit Unsicherheit und Unwissen etc.

� Anwendungsfelder: Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, Integriertes Wasserressourcen-management, Nachhaltigkeitspolitik, Natur- und Biodiversitätsschutz, Technikfolgenabschätzung etc.