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Kryotechnik - Experimentieren bei tiefen Temperaturen

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Kryotechnik - Experimentieren bei tiefen Temperaturen

DR. G. KLIPPING

Fritz-Haber-Institut der Max-Plank-Gesellschaft, Berlin-Dahlem

Um einen Wberblick uber die Voraussetzungen fiir das Arbeiten bei tiefen Ternperaturen zu geben, werden zuntichst die charakteristischen Daten der einzelnen Kiiltemjttel be- handelt. Ferner werden die zur Verfugung stehenden Kalteanlagen im Hinblick auf ihre Arbeitsweise und ihre Wirtschaftlichkeit diskutiert. Schlieblich werden Experimentier- veriahren, vor allem fiir das Arbeiten mil fliissigem Helium, beschrieben.

Das Wort ,,Kryo” kommt aus dem Griechischen und bedeutet Kalte. Kryotechnik heifit demzufolge eigent- lich allgemein Kaltetechnik. Indessen hat es sich ein- gebiirgert, zwischen ,,Kaltetechnik” und ,,Kryotechnik” zu unterscheiden. Die Kaltetechnik urnfafit den Bereich unterhalb Raumtemperatur bis zur Temperatur des fliis- sigen Stickstoffs. Zur Kryotechnik werden dagegen all diejenigen Verfahren gezahlt, bei denen die ver- fliissigten permanenten Gase als Kaltemittel verwendet werden, d. h. fliissiger Stickstoff mit einer Siedetempe- ratur von 77 “K, fliissiger Wasserstoff mit 20,4 “K und fliissiges Helium mit 4,2’K. Die Kryotechnik ist also gewissermaBen die ,,kaltere Kaltetechnik”. Die Kryo- technik ist noch relativ jung. Sie hat sich in den letzten zehn Jahren unter der Bezeichnung Cryogenics vor allem in den USA zu einer selbstandigen Technik ent- wickelt.

Der Tieftemperaturphysiker rechnet Temperaturen zwi- schen 77 und 1,2’K zu den tiefen Temperaturen, jene zwischen 1,2 und 0,3 zu den sehr tiefen Ternpera- turen, und darunter spricht er von extrem tiefen Tem- peraturen. Wber diese Zuordnungen gibt es aber keine strengen Ubereinkiinfte.

Anwendungsgebiete der Kryotechnik

von Hochfeldmagneten und supraleitenden Schalt- elementen, den sog. Kryotrons. Hier werden diinne supraleitende Schichten verwendet, die unter dem Ein- fluB von Magnetfeldern normalleitend werden. Ein wei- teres wichtiges Anwendungsgebiet tiefer Temperaturen in der Elektrotechnik ist die Steigerung der Empfind- lichkeit von Infrarot-Detektoren.

In der Grundlagenforschung wird die Kryotechnik auf nahezu allen Gebieten der P h y s i k angewandt, vor allem in der Festkorperphysik sowie beim Studium der Elernentarteilchen in Blasenkammern. Dariiber hinaus gibt es aber auch viele Anwendungen fur tiefe Tem- peraturen im Rahmen anderer Disziplinen, z. B. der K r y o c h e rn i e (Darstellung freier Radikaie) und der Kryobiologie.

Die Kryotechnik steht zwangslaufig mit der Vakuum- technik in enger Verbindung. Die Vakuumisolation ist namlich der beste Schutz gegen eine Warmezufuhr aus der Umgebung. - Die Kryopumpe hat die Kaltetechnik und die Vakuumtechnik einander noch naher gebracht. Die Anwendung in der alten Erkenntnis, daR geniigend tief gekiihlte Flachen ein hohes Saugvermogen fur die permanenten Gase haben und ein entsprechend hohes Endvakuum gewahrleisten, hatte jedoch die Erzeugung tiefer Temperaturen im technischen MaRstab zur Vor- aussetzung. Die ersten Arbeiten iiber den Einsatz von Kryopumpen sind 19571) bzw. 195Ei9) erschienen.

Vergegenwartigt man sich die Anwendungsgebiete der Kryotechnik, so wird verstandiich, warum sich gerade jetzt auf diesem Gebiet eine so stiirmische Entwick- lung vollzieht.

Charakteristische Daten der Kaltemittel Der starkste Impuls kam wohl von seiten der Welt- raumtechnik. Einmal wird fliissiger Wasserstoff in gro- Ben Mengen als Brennstoff fur Raketen benotigt. Zum anderen erfordert die Simulation der Weltraumbedin- gungen tiefe Temperaturen sowohl zur Nachbildung der Strahlungsverhaltnisse im Weltraum, als auch zur Erzeugung entsprechend hoher Vakua in groBen Test- kammern und hoher Stromungsgeschwindigkeiten in Windtunneln. In den beiden letztgenannten Fallen hat sich die Kryopumpe gut bewahrt.

Von besonderer Bedeutung ist dariiber hinaus die prak- tische Anwendung der S u p r a 1 e i t u n g fur den Bau

Eine Zusammenstellung der charakteristischen Daten der Kaltemittel zeigt Tabelle 1. Die Angaben iiber fliis- sigen Sauerstoff wurden lediglich zu Vergleichszwecken aufgenommen, denn Sauerstoff sollte wegen der Explo- sionsgefahr nur in unumganglichen Fallen als Kalte- mittel Verwendung finden. Das gleiche gilt fur fliissige Luft, da mit zunehmender Verdampfung eine Sauer- stoff-Anreicherung stattfindet bis schlieRlich reiner Sauerstoff vorliegt. Die Verwendung von Sauerstoff ist besonders gefahrlich, wenn mit organischen Substanzen oder fliissigem Wasserstoff gearbeitet wird.

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Stickstoff

Stidcstoff, Siedetemperatur 77 "K, ist das meist verwen- dete Kaltemittel. Es steht den Laboratorien nicht zuletzt durch die rasche Verbreitung der Gaskaltemaschine im allgemeinen ausreichend zur Verfugung. Seine Aufbe- wahrung, der Transport und die Anwendung bereiten kaum besondere Schwierigkeiten.

Uber die Wirtschaftlichkeit der Anwendung von flus- sigem Stidcstoff werden meist nicht allzu viele Uber- legungen angestellt. Es lassen sich sicher an vielen Stellen durch Verwendung besserer; VorratsgefaRe und geeigneterer Vakuurnmantelheber fur den Uberlauf vom VorratsgefaR zum Verbraucher erhebliche Ein- sparungen an Kalternitteln erzielen. Mit automatischen Nachfiillvorrichtungen kann iiber lange Zeitraume mit einern Minimum an Wartung der Fliissigkeitsspiegel in VerbrauchergefaRen konstant gehalten werden3,').

Im Labor wird fliissiger Stidcstoff am haufigsten zur B e s c h i c k u n g v o n K u h l f a l l e n bei der Va- kuunierzeugung verwendet. Obwohl diese Technik seit langern geubt wird, ist die Entwicklung der Kiihlfallen bzw. Tiefkuhlbaffles noch stark im Flu& Mit verfeiner- ten Methoden wird noch immer an der Herausbildung der gunstigsten Form gearbeitet, die eine rninimale Drosselung der Vakuumpumpe und eine ausreichende Sperre gegen die Riickstromung des Treibmittels in den Rezipienten bei geringstem Kaltemittelverbrauch ge- wahrleisten soll.

In der Kryotechnik wird fliissiger Stickstoff zur K ii h - 1 u n g v o n S t r a h 1 u n g s s c h u t z s c h i 1 d e n und zur V o r k ii h 1 u n g bei der Verflussigung von Was- serstoff und Helium verwendet. Ein auf 77 OK gekuhlter Strahlungsschutz verrnindert die Warmeeinstrahlung auf eine tiefgekiihlte Flache auf etwa lolo der Strahlung, die von einer auf Raumtemperatur befindlichen Wand

abgegeben wird. Die Eignung von Stickstoff als Vor- kiihlmittel ist durch die relativ hohe Verdampfungs- warme bei verhaltnismaRig niedrigern Gestehungspreis der Fliissigkeit gegeben.

Soweit es iiberhaupt sinnvoll ist, eine Grenze zwischen Kaltetechnik und Kyrotechnik zu ziehen, sollte man sie auf den Siedepunkt des fliissigen Stidcstoffs festlegen. Die Temperaturerniedrigung unter 77 "K erfordert nam- l i d eine Druckerniedrigung iiber dem flussigen Stick- stoff, die bereits mit einern gewissen technischen Auf- wand verbunden ist. Mit dieser Methode konnen Tem- peraturen bis zum Tripelpunkt des Stickstoffs (63,2 "K; 94 Torr) erreicht werden.

Die Methode der Temperaturerniedrigung unter den Siedepunkt der Bader wird auch beim fliissigen Was- serstoff, 4Helium und 3Helium angewandt. In Tab. 2 sind die Temperaturbereiche verrnerkt, die auf diese Weise zuganglich sind, sowie die relativen Temperatur- erniedrigungen, die sich mit den einzelnen Kaltemitteln erzielen lassen.

Mit flussigem S a u e r s t o f f 1aRt sich eine Temperatur von 54,3 "K erreichen, mit fliissigem Stidcstoff kommt man dagegen nur bis 63,2"K. Wegen der Explosions- gefahr ist jedoch nicht anzuraten, Sauerstoff mit o1- uberlagerten rotierenden Pumpen abzupumpen.

Tabelle 2. Relative Temperaturerniedrigung durcb Drudc- erniedrigung iiber der siedenden Fliissiykeit

Kaltemittel Temperaturbereicb relat. Temperatur- I0K1 erniedrigung

[.I T'T,]

0 2 90,2 bis 54,3 0,40 N2 77,4 bis 63.2 0.18 Ne 27,2 bis 24,6 0,lO H2 20,4 bis 13,9 0.32 'He 4,2 bis 1,2 0,71 3He 3,2 bis 0,3 0,91

Tabelle 1 . Charakteristische Daten der Kdltemittel

Molekulargewicbt

Spez. Gewicht gasformig [kg/NmJ] ( O O C , 760 Torr)

Spez. Gewicbt

(Siedepunkt 760 Torr)

Ltr. Fliissigkeit aus 1 NmY Gas

Siedepunkt [OK1 (bei 760 Torr) ["CI

Verdampfungswarme [kcal/NmS] (hei 760 Torr) [kcal/lj

Tripelpunkt

fliissig lkY/ll

Temperatur [OK]

Kritiscber Temperatur [OK] Punkt Drudt Ikg/cm*] (1 kg/cm* = 735 Torr)

Preis des Gases [DM/Nm3]

Drudt [Torr]

3He

3.017

0,135

0,058

2,33

3 2 --269.9

0,296 0,115

- -

3,33 1,19

j00 000,-

- 4He

4,003

0,179

0,125

1,43

4 2 -268,9

0,875 0,61

T = 2,17OK p = 37,8 Torr

5 2 2.34

44,-

2,016

0,090

0.071

1,27

20,27

9 3 3 7 3 4

13,81 52,8

33,O 13,2

-252,9

-

-~

2,016

0,090

0,071

1,27

20,39 -252,8

9.62 7 5 8

13,96 54,O

33,2 13,4

1 ,-

20,183

0,900

1,204

0,75

27,17 -246,l

18,5 24,8

24,6 3233

4 4 3 2?,8

15000,---

28.016

1,250

0,812

1 5 4

7?,4 -195,8

59,6 38,7

63,2 94,O

126,l 34,6

-30

') Gleicbgewicht bei 20,3 O K , 99,79°/o para-% ") Gleicbgewicht bei Normaltemperatur 273,2 "K, 25O/o para-H,

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32,000

1,428

1,14

1,25

90,2 -183,O

7 2 3 5 8 2

54.3 1,2

154,3 51,3

-,50

43 1

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Es ist also der recht unangenehme Tatbestand gegeben, daR zwischen 63,2 K, dem Tripelpunkt des Stickstoffs, und 20,4 OK, dem Siedepunkt des Wasserstoffs, eine Temperaturliicke besteht, die mit fliissigen Gasen unter Anwendung der oben beschriebenen Methode nicht zu- ganglich ist.

Neon

Prinzipiell konnte mit der Methode der Druckernied- rigung zwischen 27,2 und 24,6'K mit fliissigem Neon gearbeitet werden. Durch Druckerhohung bis zum kriti- schen Druck, 27,8 at, lieRen sich auch Temperaturen bis 443 "K einstellen. Das Arbeiten bei Uberdruck bietet jedoch so viele Schwierigkeiten, daR davon nur selten Gebrauch gemacht wird. Obwohl Neon wegen seiner relativ hohen Verdampfungswarme und seiner chemi- schen Inaktivitat als Kaltemittel viele Vorziige besitzt, wird es wegen des hohen Preises (DM 15000,- je Nm3) kaum benutzt.

Die liickenlose Beherrschung der Temperaturskala ist jedoch fur viele Faille von besonderem Interesse. Wei- ter unten wird deshalb ein Kiihlverfahren behandelt, welches unter Verwendung von fliissigem H e 1 i u m als Kaltemittel die Einstellung beliebiger Temperatu- ren zwischen 2,5 und 293 "K gestattet5).

Wie aus Tab. 2 zu ersehen ist, ist die relative Tempe- raturerniedrigung fur die beiden Helium-Isotope 4He und 3He besonders groR. Beide Isotope gehen bei Druckerniedrigung nicht in die feste Phase iiber.

analytisch zu bestimmen. Ferner kann man die o/p-Um- wandlung bei laufendem Betrieb sogleich im Verfliissi- ger ausfiihren, indem man die anfallende Fliissigkeit uber eine paramagnetische Substanz, z. B. Eisenhydro- xyd, als Katalysator leitet"'). 1 1 Eisenhydroxyd-Pulver reicht aus, um 150 1 flussigen Wasserstoff pro Stunde umzuwandeln.

Hier ist vielleicht der Hinweis angebracht, daR mit zu- nehmender Betriebssicherheit der Helium-Verfliissiger und der Verwendung der weiter unten behandelten Verdampferkryostaten mehr und mehr auf das Arbei- ten mit fliissigem Wasserstoff im Laborbetrieb ver- zichtet werden kann.

Helium

Die Verdampfungswarme des Heliums betragt bei 760 Torr 610 cal/l, die Enthalpie des Gasaquivalents von 1 1 Fliissigkeit etwa 170 cal/Grad, vgl. Tab. 1. Das bedeutet, daR fur die Erwarmung des anfallenden Gases um nur 4 Grad eine Warmemenge zuzufiihren ist, die so groR ist wie die Verdampfungswarme. Bei 20 "K hat 1 1 fliis- siges Helium bzw. dessen Gasaquivalent bereits einen Kalte-Inhalt von 3200 cal, das sind etwa 40°/o derVer- dampfungswarme des Wasserstoffs. Von 20 bis 100 "K stehen weitere 12 500 cal zur Verfiigung, was etwa 40°/o der Verdampfungswarme von fliissigem Stickstoff ent- spricht. Abb. 1 veranschaulicht den Anteil von Ver- dampfungswarme und Enthalpie des Gases am Gesamt- Kalte-Inhalt der verschiedenen Kaltemittel in Abhan- gigkeit von der Temperatur. Es ist ersichtlich, daR es bei der Verwendung von Helium als Kaltemittel vor allem darauf ankommt, auch die Enthalpie moglichst weitgehend auszunutzen.

des Gases

Wasserstoff

Fliissiger Wasserstoff kann zwischen 20,4 und 13,g°K verwendet werden. Obwohl beim Umgang mit fliissi- gem Wasserstoff stets die Gefahr einer Knallgas-Explo- sion durch sich bildende Luft/Wasserstoff-Gemische ge- geben ist, wird er vie1 benutzt. Dies geschieht allerdings nur in Speziallaboratorien mit entsprechenden Sicher- heitseinrichtungen.

Von den Sonderheiten, die durch die Existenz der bei- den Modifikationen ortho-Hi, und para-H, gegeben sind, sol1 hier nur erwahnt werden, daR bei Raumtemperatur das Gleichgewicht bei 7 5 O / o o-H, und 25Oio p-H, liegt, wahrend beim Siedepunkt im Gleichgewicht 99,8'/0 p-H, vorhanden sind. Die Umwandlung vollzieht sich ohne die Mitwirkung starker Katalysatoren relativ lang- Sam. Aus einem VorratsgefaR rnit frisch verfliissigtem Wasserstoff verdampfen in den ersten 24 h etwa 15O/o der aufbewahrten Menge. Mit der Zeit nimmt die Ab- dampfrate entsprechend der bereits vollzogenen Um- wandlung zwar ab, das Gleichgewicht stellt sich jedoch erst nach Wochen ein. Die anfangliche hohe Abdampf- rate ist durch die GroRe der Umwandlungswarme (11 800 cal/l) bedingt, die 1,5mal so groR ist wie die Verdampfungswarme (7 560 cal/l).

Da also bei der Aufbewahrung von frisch verfliissigtem normal-Wasserstoff groRere Gasmengen anfallen, die ein erhebliches Gefahrenmoment bilden konnen, ist es ratsam, die Zusammensetzung des Wasserstoffs jeweils

200 "K 293 Elm Temperatur T

Abb. 1. Kalte-Inhalt van Stickstoff, Wasserstoff und Helium in Abhangigkeit van der Temperatur bezogen auf 1 1 normal- siedende Fliissigkeit o Verdampfungswarme

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Als wichtigste Sonderheit des 4Heliums ist der I-Punkt bei 2,17"K und 37,8 Torr anzufuhren. Hier geht Helium I in eine andere Modifikation, namlich in Helium I1 uber, ein Medium, in dem sich keine Viscositat mehr nach- weisen laRt (supraflussiger Zustand), Neben vielen an- deren besonderen Eigenschaften dieser Substanz ist fur den Experimentator die extrem hohe Warmeleit- fahigkeit des Helium I1 von Interesse (Abb. 2). Sie ist etwa 150mal groRer als die Warmeleitfahigkeit von Kupfer bei Raumtemperatur. Daraus ergeben sich be- stimmte Konsequenzen fur das Experimentieren rnit He 11. Die hohe Warmeleitfahigkeit bewirkt beispiels- weise, dab ein He 11-Bad nur von der Oberflache aus verdampft, d. h. auch.bei erhohter Warmezufuhr inner- halb der Flussigkeit entstehen keine Siedeblaschen.

Das leichte Isotop 3Helium wird, soweit bisher bekannt ist, nicht supraflussig. Der hohe Preis fur 3He erklart sich aus dem Isotopenverhaltnis 3He/4He, das 1 : lo6 be- tragt. Es konnte erst in groberen Mengen rein darge- stellt werden, nachdem eine Anreicherung in Kernreak- toren gelang. Vor einigen Jahren sank der Preis um den Faktor 10, doch betragt er heute noch DM 600 000,- pro Nm3. Trotzdem benutzt man 3He-KryostatenB,g) mehr und mehr fur Experimente zwischen 1,2 und 0,3 OK. Kleinere Gasmengen sind bereits ausreichend,

?imperator

Abb. 2. Warmeleitfahigkeit verschiedener Substanzen (Literaturwerte)

um grobere Proben uber eine lange Zeit kalt zu halten. Die Kosten fur eine solche Apparatur sind kleiner als fur eine Apparatur, die nach der Methode der adiaba- tischen Entmagnetisierung das Arbeiten in diesem Tem- peraturbereich ermoglicht.

Auf die Erzeugung extrem tiefer Temperaturen sol1 hier nicht eingegangen werden. Es sei lediglich erwahnt, dab die Annaherung an den absoluten Nullpunkt be- reits bis auf etwa low6 "K gelungen ist.

Kalteanlagen

Die rasche Entwidrlung der Kryotechnik hatte zur Vor- aussetzung, dal3 geeignete Kalteanlagen zur Verfugung stehen. Bis 1945 wurde die Helium-Verflussigung aus- schlieblich in reinen Tieftemperatur-Instituten nach dem von Kamerlingh-Onnes erstmals angewendeten Ver- fahren unter Vorkuhlung durch abgepumpten flussigen Wasserstoff betrieben. Mit dem Aufkommen der Ver- flussiger mit Expansionsmaschine nach Kapitza, Meiss- ner und Collins und ihrer Serienfertigung gehort die Helium-Verflussigung heute zur Grundausstattung eines groReren physikalischen Instituts.

Die schnelle Verbreitung dieser Anlagen laRt sich an einigen Zahlen zeigen. Vor sieben Jahren wurden in Deutschland an drei Instituten Helium-Verflussiger be- trieben. Heute werden es etwa 40 Stellen sein, und die Zahl nimmt no& immer zu.

Wahrend zunachst vor allem drei Firmen Helium-Ver- flussiger gebaut haben (A. D. Little in den USA den Collins-Verflussiger, Linde's Eismaschinen in Deutsch- land den Meissner-Verflussiger und 1'Air Liquide in Frankreich die Verflussigungsanlage nach Weil), arbei- ten jetzt viele Firmen an der Entwicklung von Tief- kalteanlagen. Entsprechend groD ist bereits das Ange- bot von Anlagen mit den verschiedensten Kalteleistun- genI0).

Im wesentlichen sind drei Typen von Anlagen zu unter- scheiden, namlich Verflussiger, Refrigeratoren und Gas- kaltemaschinen.

Verflussiger

Die Arbeitsweise eines Helium-Verflussigers mit Ex- pansionsmaschine") sei an Hand von Abb. 3 erklart. Das Heliumgas tritt mit 33 atu in den oberen Gegen- stromerAein, der mit verdampftem Stickstoff im Warme- austausch steht. Hier wird das zu verflussigende He- liumgas also bis auf Stickstoff-Temperatur abgekuhlt. Nach dem Durmstromen der beiden Gegenstromer B und C wird der Gasstrom geteilt. Ein Teil gelangt in die Expansionsmaschine und wird hier durch adiabatische Expansion unter Arbeitsleistung in einem Arbeitsgang um etwa 12Grad abgekuhlt. Dieses Gas wird uber das AuslaBventil der Expansionsmaschine wieder den Ge- genstromern B und C zugefuhrt und steht damit in Warmeaustausch mit dem eintretenden Gas. Der andere Teil des aus dem Gegenstromer C austretenden Gases

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fluss. He fl 30 at

Abb. 3. Schnitt durch den Meissner-Helium-Verflussiger mit Expansionsmaschine A Gegenstromer (RaumtemperaturiFlussigluft-Temperatur); B Gegenstromer (Fliissigluft-TemperaturlExpansionsmaschi- nen-Eintritt N 27 OK) ; C Gegenstromer (Expansionsmascfii- nen-Eintritt GZ 27 'KiExpansionsrnaschinen-Austritt N 14' K) ; D Gegenstromer (Expansionsmascfiinen-Austritt N 14 "KIFlus- sighelium-Temperatur) ; E Verdampfungskuhler (flussige Luft) ; F Expansionsmaschine; K AuBenwand des Vakuummantels; L Strahlungsschutzmantel: M Innenwand des Vakuummantels; 0 Adsorptionskohle; 1 Kaltfahrventil I ; 2 Kaltfahrventil 11; 3 Expansionsventil ; 4 Helium-Abheberventil

gelangt uber den Gegenstromer D zum Joule-Thomson- Ventil. Bei der Entspannung wird ein Teil des Gases verflussigt. Das nicht verflussigte, aber bis auf Flussig- keitstemperatur abgekuhlte Gas steht im Gegenstromer D mit dem zum Joule-Thomson-Ventil stromenden Gas in Warmeaustausch.

Ref rigerator

Seit einigen Jahren werden Experimente, die einen groRen Kaltebedarf haben, direkt mit einer Kalteanlage gekoppelt. Das hinter dem Joule-Thomson-Ventil an- fallende Flussigkeits/Gas-Gemisch wird vollstandig dem Verbraucher zugefuhrt und das beim Verbraucher anfallende Kaltgas wird wieder in die unteren Ge- genstromer eingespeist. Eine nach diesem Prinzip arbeitende Anlage wird als .Refrigerator" bezeichnet. Neuere Verflussiger konnen im allgemeinen wahlweise als Verfliissiger oder als Refrigerator betrieben werden.

Gaskaltemaschine

Die Gaskaltemaschine arbeitet nach dem Stirling-Pro- zeR'*). Hierunter versteht man den sich aus zwei Iso- thermen und zwei Isochoren ergebenden KreisprozeR.

Die Kalteerzeugung geschieht durch adiabatische Ex- pansion unter Arbeitsleistung und regenerativem War- meaustausch. Bis vor einigen Jahren wurde vermutet, daR die mit diesen Maschinen erreichbare tiefste Tem- peratur bei 70 "K lage. Nach neuesten Veroffentlichun- gen werden jedoch bereits Temperaturen des flussigen Wasserstoffs bei relativ hohen Kalteleistungen er- reicht'a).

Wirtschaftlichkeit der Anlagen

Bei der Projektierung von Tieftemperaturvorhaben sind wegen der hohen Investitionskosten fur die Kalteanla- gen vor allem die relativen Anschaffungskosten pro Watt erzielbarer Kalteleistung') in Betracht zu ziehen. In Abb. 4 sind diese Daten in Abhangigkeit von der Kalteleistung fur eine Reihe von handelsublichen Kalte- anlagen im doppelt-logarithmischen Ma5stab aufgetra- gen. Dabei wurden die Anlagen nach Typ und Betriebs- temperatur unterschieden. Die Lieferfirmen sind hier nicht von Interesse.

I 0 10 -2 ro 10-' JOO 10' J O ~ J O ~ w 704

mm Kalfeleistung

Hbb. 4. Relative Anschaffungskosten fur Kalteanlagen in Abhangigkeit von ihrer Kalteleistung R = Refrigerator, V = Verflussiger

Es ist ersichtlich, da5 die auf die Kalteleistung be- zogenen Investitionskosten fur Kleinanlagen heute noch unverhaltnismaRig vie1 hoher sind als fur GroR- anlagen. Vielfach besteht die Ansicht, es sei am gunstigsten, auch Experimente, die nur eine geringe Kalteleistung erfordern, direkt mit einer entsprechen- den Kleinanlage zu koppeln. Dagegen sprechen nicht nur die hoheren Investitionskosten fur Kleinanlagen, sondern auch der Umstand, daR ihre Betriebssicherheit keinesfalls hoher ist als die der GroOanlagen. Daruber hinaus wurde das Experimentieren durch die Uber- wachung der laufenden Kalteanlage nicht unerheblich erschwert.

Ferner ist zu bedenken, daR man mit einer derartigen Anordnung auf die begrenzte Kalteleistung der Anlage

*) Der Verbrauch von 1 l/h flussigem Helium entspridlt einer Kalteleistung yon 0,71 Watt.

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weitestgehend festgelegt ist. Damit ist fur das Experi- mentieren nur ein relativ geringer Spielraum gegeben. Fur den Experimentalbetrieb bei vorwiegend kleinen Kalteleistungen - die meisten Laboratoriumsversuche erfordern weniger als 0,5 lih flussiges Helium - wird demzufolge noch fur lange Zeit die Installation groBe- rer Anlagen und die Bevorratung der Kaltemittel in TransportgefaRen vorzuziehen sein. Der relativ hohe Preis fur Heliumgas (DM 44,- je Nm3 in Deutschland) macht es erforderlich, das bei einem Experiment anfal- lende Gas aufzufangen. Sofern kein in Verbindung mit einer Verflussigungsanlage fest verlegtes Riickgewin- nungssystem verfugbar ist, empfiehlt sich eine kom- pakte transportable Ruckgewinnungsanlage. Diese setzt sich im wesentlichen aus einem Kleinkompressor (z. B. 3 mY/h Forderleistung, 150 atu Enddruck) einem Gas- puffer, den Steuereinrichtungen und den Hochdruck- stahlflaschen fur die Gasspeicherung zusammen. Eine solche Anlage ist schon in den Abmessungen 0,75 X 1,9 X 1,2 m erhaltlich.

In diesem Zusammenhang sei auch erwahnt, daB die Lieferfirmen fur verilussigte Gase mehr und mehr dazu ubergehen, auch die tiefstsiedenden Kaltemittel, flus- sigen Wasserstoff und flussiges Helium, abzugeben. Wahrend in Europa der Preis fur 1 1 flussiges Helium noch bei DM 75,- liegt, kostet es in den USA nur noch $ 7,-. Damit ergibt sich die Tatsache, dab es sich nur noch unter ganz bestimmten Voraussetzungen lohnt, eine Verflussigungsanlage selbst zu betreiben (vgl. Abb. 6).

Urn die relativen Anschaffungskosten der Anlagen mit den Handelspreisen fur flussiges Helium in Beziehung bringen zu konnen, bedarf es noch der Erfassung der allgemeinen Betriebskosten fur die Anlagen. Hierzu gehoren die Abschreibungen, der Energieaufwand, d. h. die Beriicksichtigung der tatsachlichen Leistungsziffern (aufgewendete Leistungierzielte Kalteleistung), sowie die Personal- und sonstigen Nebenkosten.

In Abb. 5 sind die tatsachlichen Leistungsziffern der verschiedenen Anlagen bei gleicher Unterscheidung nach Typ und Betriebstemperatur aufgetragen. Die groberen Anlagen liegen auch hier wieder wesentlich gunstiger. AuRerdem ist ersichtlich, daB die Leistungs- ziffer mit sinkender Betriebstemperatur betrachtlich ab-

I I I

[81123.)1 Kalfeleis f uny

Abb. 5. Tatsachliche Leistungsziffern fur Kalteanlagen in Abhangigkeit von ihrer Kalteleistung R = Refrigerator, V = Verflussiger

nimmt. Das zeigt, welch kleine Wirkungsgrade bei tie- fen Temperaturen nur zu erzielen sind.

In Abb. 6 sind die Betriebskosten fur flussiges Helium in DM/l in Abhangigkeit von der im Mittel pro Tag produzierten Mengen flussigen Heliums mit und ohne Gasruckgewinnung entsprechend einer Gesamtkosten- berechnung fur den Betrieb eines Collins-Verflussigers mit einer Leistung von 8 lih eingeiragen (nach Unter- lagen von Herrn G. Manger, Zurich). Danach lohnt sich in Europa der Betrieb einer Verflussigungsanlage die- ser GroRe bereits bei einem Helium-Bedarf von mehr als 1,6 1/Tag, wahrend dies in den USA erst bei einem 'Tagesbedarf iiber 6,2 1 der Fall ist.

I I I I I 1

mm Produzierfe Menge fluss. He

Abb. 6. Kosten fur 1 1 fliissiges Helium bei Betrieb eines Col- lins- Verflussigers mit einer Leistung von 8 l/h fliissiges He- lium in Abhangigkeit von der im Mittel pro Tag produzierten Menge mit und ohne Gasrudcgewinnung

mit Rudcgewinnung; - - - ohne Rudcgewinnung

Experimentierverfahren

Zur Abkuhlung von Proben auf tiefe Temperaturen dienen Kryostaten.

Fliissigkeitskryostaten

Abb. 7 zeigt die Arbeitsweise rnit einem herkommlichen Flussigkeitskryostaten. Das Kaltemittel, flussiges He- lium bzw. flussiger Wasserstoff, befindet sich im Vor- ratsgefaB. Ein zweckmaBig mit einem Absperrventil versehener Vakuummantelheber bildet die Verbindung zum Kryostaten, in dem die Probe gehaltert ist. Das Helium- bzw. Wasserstoff-GefaR ist vakuumisoliert und von einem stickstoff-gekuhlten Strahlungsschutzmantel umgeben. Die dunnwandigen Zuleitungsrohre bestehen aus einem Werkstoff mit geringer Warmeleitfahigkeit. Das Kaltemittel wird durch Uberdruck aus dem Vor- ratsgefaB zum Kryostaten ubergeleitet. In einem sol- chen Kryostaten kann bei der Siedetemperatur des Kaltemittels und darunter gearbeitet werden (s. Tab. 2). Bei der Temperaturerniedrigung durch Drucksenkung uber der siedenden Fliissigkeit ist das Absperrventil im Vakuummantelheber zu schlieRen. Obwohl diese Arbeitstechnik sehr weit verbreitet ist, haften ihr do& viele Nachteile an, vor allem fur das Arbeiten mit flus- sigem Helium.

Chemie-1ng.-Tedm. 36. Jahrg. 1964 I N r . 5 435

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Der Kalte-Inhalt des Kaltemittels wird nur unvoll- standig ausgenutzt.

Beim Abkuhlen und Fiillen eines Kryostaten lassen sich infolge der Turbulenz in dem GefaR Gas und Flussig- keit nur unvollkommen trennen, so daD Flussigkeits- tropfchen in die Abgasleitung mitgerissen werden.

Im stationaren Zustand tritt das anfallende Gas n o d rnit ziemlich tiefer Temperatur aus dem Kryostaten aus.

Beim Nachfullen von Flussigkeit ist zunachst der Heber abzukuhlen. Dadurch gelangt relativ warmes Gas in den Kryostaten, was eine verstarkte Verdampfung von Flussigkeit aus dem Kryostaten zur Folge hat.

Beim Einfullen von Flussigkeit ist das gleiche Volumen von Kaltgas 4,2"K zu verdrangen, dessen Dichte 117 der Dichte der Flussigkeit betragt und dessen Kalte- Inhalt nicht ausgenutzt wird.

b

peraturwechsel dicht ble'iben mussen. Die Probe ist oft nur schwer zuganglich, und Manipulationen mit der Probe sind im eingekuhlten Zustand meist schwierig. Auch ist der Einbau von Kryostaten in groRere Appa- raturen durch die festliegende Einbaurichtung meist erschwert.

Die luckenlose Einstellung und Konstanthaltung von Zwischentemperaturen oberhalb des Siedepunktes ist fur langere Zeit kaum moglich.

Verdampferkryostaten

Alle diese Nachteile hat der Verdampferkry~stat '~) nicht aufzuweisen (Abb. 8). Er hat zur Zeit lediglich no& den einen Nachteil, daB man mit ihm nur bis 2,5"K arbeiten kann. Zwischen Raumtemperatur und 2,5 "K jedoch kann jede beliebige Temperatur im kontinuierlichen Betrieb uber lange Zeit unter rationeller Ausnutzung des Kaltemittels eingestellt werden.

Der Verdampfer befindet sich in einem evakuierten Gehause, das am gunstigsten unmittelbar auf das Vor- ratsgefaR aufgesetzt wird. Nach unten reicht ein Steig-

J t i r - 11

Abb. 7. Aufbau fur das Arbeiten mit Flussigkeitskryostaten a VorratsgefaB; b Absperrventil; c Vakuummantelheber; d Kryostat; e Abgasaustritt; f EvakuierungsanschluB; y Probe

Abb. 8. Aufbau fur das Arbeiten mit Verdampferkryostaten a AnschluB zuin VorratsgefaD (wie in Abb. 6 ) ; b Stativ; c Ver- dampfer; d MeBprobe; e Regelventil; f Drudtmesser; g zum He-Gas-Behalter; h Vakuumpumpe; i Abgasleitung

Bei Unterbrechung des Experiments geht die im Kryostaten vorhandene Flussigkeit verloren, da eine Ruckfullung in das VorratsgefaR nicht moglich ist. Flus- sigkeitskryostaten konnen nus diskontinuierlich betrie- ben werden, d. h. wenn der Flussigkeitsspiegel abge- sunken ist, muR Kaltemittel nachgehebert werden. Sowohl fur flussiges Helium als auch fur flussigen Wasserstoff ist eine automatische Nachfullung und Konstanthaltung des Flussigkeitsspiegels, wie etwa fur flussigen StidcstofP), praktisch ni&t moglich. Daher lassen sich Dauerversuche in Fliissigkeitskryostaten nur schwer durchfuhren.

Die vakuumdichte Ausfuhrung der Kryostaten bedingt einen hohen technischen Aufwand. Zwei vakuumiso- lierte GefaRe sind ineinander anzuordnen, die weitest- gehend aus Sonderwerkstoffen gefertigt werden miis- sen. Es ergeben sich lange, oft s&lecht zugangliche Verbindungsstellen, die auch bei wiederholtem Tem-

rohr bis an den Boden des VorratsgefaRes. Oben mun- det das Steigrohr im Kuhlkopf mit der MeRprobe. An den Kuhlkopf ist eine eng gewickelte Kupferrohrspirale angesetzt, die entweder selbst als Strahlungsschutz dient oder ein mit ihr in Warmekontakt stehendes Strahlungsschutzschild kuhlt. Der Strahlungsschutz kann leicht so ausgebildet werden, daR er auch die MeRprobe umhullt. Uber ein Regelventil hat das Spiralrohr An- schluB an eine Vakuumpumpe, die druckseitig mit dem Ruckgewinnungssystem fur das He-Gas in Verbindung steht.

Bei laufender Pumpe und geoffnetem Regelventil bildet sich im Verdampfer Unterdruck aus. Dadurch steigt das flussige Kaltemittel im Steigrohr auf und gelangt zu- nachst in den Kuhlkopf des Verdampfers. Die Flussig- keit verdampft hier und bewirkt so die Abkuhlung. Das anfallende kalte Gas kuhlt den Strahlungsschutz und wird uber das Regelventil in den Gasbehalter des

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Ruckgewinnungssystems gefordert. Hat sich am Kiihl-. kopf die gewiinschte Temperatur eingestellt, so sollte das Regelventil den Kaltemittelstrom durch das Ver- dampfersystem so weit drosseln, daB die Temperatur bei geringstem Kaltemittelverbrauch konstant bleibt. Fur die Temperaturregelung eignet sich sowohl ein mechanisches als auch ein elektrisch gesteuertes Regel- ventil. Abb. 9 zeigt einen Verdampferkryostaten mit den zur mechanischen Regelung gehorenden Bauteilen. Das in das Regelsystem eingefullte Gas bestimmt den Temperaturbereich, in dem gearbeitet werden kann (Tab. 3 ) .

4 2 20,4 27,l 77,4 90,2

ill,?

169,3 184.6 231,l 272,7

L--T- I

13,9 54 24,6 325 63,2 94

54.3 1,2 90,7 88

104 0 3 89.9 7. 10-3 85,5 4.1 . 10-6

134,6 4, l . 10-3

t I e

m

d-

T” I I I I 1

Abb. 9. Mechanische Regelung fur Verdampferkryostaten a Verdampfer; b Regelventil; c zum VorratsgefaD; d zur Purnpe; e Fullung Regelsystem; f Druckmesser Dampfdruck- thermometer

Tabelle 3. Fullgase und Regelbereiche fur das dampfdruck- gesteuerte mechanische Regelventil

Gas I siede- I Tripelpunkt 1 Regelbereiche

Temp: [OK1

2.5- 5,C 14,l- 23 24,6- 30 63,5- 84 7 0 , s 97 92 -120

134 -182 147 -198 185 -247 217 -292

Das mechanische Regelventil (Abb. 10) bestek

Drudr [Torr]

77-1503 60-1500

325-1 500 100-1500 50-1500

100-1500 50-1500 50-1500 50-1500 50-1500

aus zwei Faltenbalgen, die in eine Grundplatte und Deckplatte eingelotet sind. Der sich ergebende Ringraum steht mit einem MeRfuhler am Kuhlkopf bzw. der Probe in Ver- bindung. Ein zwischengeschalteter Druckmesser liefert sogleich die Temperaturanzeige (Dampfdruckthermo- meter). Das Regelspiel ergibt sich durch die von den Temperaturschwankungen am MeDfuhler abhangige Kondensation und Wiederverdampfung des Fullmedi- ums. Eine Veranderung der Spindelstellung bewirkt die Einstellung einer hoheren bzw. tieferen Tempera- tur innerhalb des durch das Fullgas bestimmten Regel- bereichs.

Man erreicht eine besonders gute Temperaturkonstanz (1/100 Grad unterhalb 30 OK), wenn, wie in Abb. 11 dar-

gestellt, die Regelventile mit einem einstellbaren By- pa8 ausgerustet sind. Der Gasstrom durch den BypaB ist jeweils so einzustellen, daD bei geschlossenem Re- gelventil an der MeDstelle eine Temperatur erreicht wird, die nur wenig uber der Solltemperatur liegt. Die Abkiihlung bis zum Sollwert wird durch den zusatz- lichen Gasstrom erreicht, der durch den eigentlichen Ventilsitz stromt und durch den Regelvorgang ge- steuert wirdi5).

Die mechanische Temperaturregelung hat zwei Nach- teile: einmal die aus Tab. 3 ersichtlichen Temperatur- ludcen, zum anderen den beim Wbergang von einem

-6 c_

I ’ m C

Abb. 10. Mechanisches Regelventil a AnschluD Temperaturfuhler; b AnschluB Verdampfer; c An- schlu0 Pumpe

Abb. 11. Bypass-Regelventile fur Experimentierverdampfer links: mechaniscbes Regelventil, rechts: magnetisches Regel- ventil a AnschluD Verdampfer; b Ventilspindel; c Federungskorper; d Bypass-Verstellung; e Bypass; f Ventilsitz; g zur Forder- pumpe; h AnschluB Dampfdruckthermometer; i Magnet

zum anderen Temperaturbereich jeweils erorderlichen Wechsel des Fullgases und die damit verbundene Be- riebsunterbrechung.

Die elektrische Temperaturregelung hat diese Nach- teile nicht5). Sie gestattet die Einstellung beliebiger Temperaturen zwischen 4,2, und 293 “K bei kontinuier-

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lichem Betrieb. Als TemperaturmeRfiihler sind Kohle- widerstande und Thermistoren geeignet. Sie haben eine geniigend steile Temperatur-Wideistands-Kenn- linie, um schon bei kleinen Temperaturanderungen an der MeRstelle eine sichere Steuerung des Magnetven- tils zu gewahrleisten. Im Regelgerat wird die Wider- standsanderung des elektrischen MeRfuhlers zunachst in eine Spannungsanderung (nach Betrag und Vor- zeichen; Schaltelement I) und diese wiederum in eine Impulsbreitenanderung umgesetzt (Schaltelement 11), Abb. 12. Die Arbeitsfrequenz liefert ein Sagezahngene-

r 1

0 d

Abb. 12. Elektrische Temperaturregelung fur Verdampfer- kryostaten u VorratsgefaO; b Verdampfer; c Temperaturfuhler; d und e Schaltelemente; f Magnetventil; g Bypass; h Pumpe

rator. Man erreicht so, daR innerhalb der durch die ein- stellbare Sagezahnfrequenz vorgegebenen Arbeits- intervalle das Verhaltnis von Offnungszeit zu Schlie- Dungszeit des Ventils angenahert linear proportional zur temperaturabhangigen Widerstandsanderung am MeRfuhler verandert wird. Mit einem derartigen Regel- gerat ist im gesamten Temperaturbereich eine relative Temperaturkonstanz ( i l T / T ) von 2 . erreicht worden.

Spezielle Anwendungen

Verdampfungskryostaten haben sich bei den verschie- densten Experimenten bewahrt Hier scien einige An- wendungen beschrieben und erprobte Bauplemente er- lautert

K r y o p u m p e m i t d e f i n i e r t e r K a l t f l a c h e

Zur Untersuchung der Kondensation von Permanent- Gasen bei tiefen Temperaturen und niedrigen Druk- keni5-") wurde die in Abb. 13 dargestellte Apparatur, eine Kryopumpe mit definierter Kaltflache, entwickelt. In den aus Edelstahl bestehenden, bis 400°C ausheiz- baren Rezipienten (Metalldichtungen) ist der auf einem Normflansch aufgebaute MeRkondensator eingesetzt. Der Rezipient wird mit einer Hilfspumpe (01-Diffu- sionspumpe) vorevakuiert. Ebenfalls in den Rezipien- ten eingeflanscht ist das DruckmeRsystem. Der vor Be- ginn der Messungen erreichte Enddruck im Rezipienten betrug bei gekuhltem MeRkondensator 10-lO T o n . Das

MeRgas wurde uber ein Ultrahochvakuum-Dosierventil (System Granville-Phillips) eingelassen.

Den MeRkondensator selbst zeigt nach einmal Abb. 14. Das Kaltemittel tritt von unten in eine mit verzweigten Hohlraumen versehene kreisformige Kupferplatte ein, deren Oberseite die Kondensationsflache bildet. Von dort wird der Abgasstrom durch ein Kupferrohr ge- leitet, welches eine als Strahlungsschutz fur die Unter- seite des Kondensators dienende Kupferschale kuhlt. Die Kondensationsflache ist, ihrem Verwendungszweck

4 / \ L- k

Ahb. 13. Kryopumpe nach dem Verdampferprinzip u Kaltemittelvorrat; b Mefikondensator; c Rezipient; d Druckmesser; e Gasvorrat; f Pumpe; g Anschlufi Ruck- gewinnung h Anschlufl Hilfspumpe

Abb. 14. MeBkondensator mit definierter Kaltflache n Kupferplatte; b Abgasrohr ; c Strahlungsschutz; d Warmschild; e Grundflansch; f AnschluO Kalte- mittelvorrat; g Temperaturfuhler

entsprechend, nicht strahlungsgeschutzt. Sie wird seit- lich von einem Warmschild begrenzt, der mit dem Grundflansch in Warmekontakt steht und dadurch etwa die Temperatur des Rezipienlen hat. Die Konden- sationsflache ist also scharf begrenzt, denn der Warm- sehild schirmt die hinsichtlich ihrer wirksamen Ober-

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flache und ihrer Temperatur nicht definierten Kalt- flachen (Strahlungsschutz, Abgasleitung, Zuleitungs- rohr fur das Kaltemittel) gegen den MeRraum ab.

Als Verbindung zwischen Kaltemittelvorrat und Pump- kondensator wird ein Vakuummantelheber mit Kupp- lung und Absperrventil verwendet'*) (Abb. 15). Bei der

K o n t i n u i e r l i c h e s K u h l v e r f a h r e n u n t e r 4,2'K

Abb. 15. Vakuurnmantelhrber mit Kupplung und Absperr- ventil (1 L akuummantel; b Ventil; c elastischer KannenanschluR; d 0-Ring-Durchfiihrung; e Evakuierung; I Ventilbetatigung; g eingekuppelter Heber; h Abgasleitung

4-L T

4 Ibrr

Kupplung zweier Vakuummantelheber fur den Uber- lauf von flussigen Kaltemitteln mussen vakuumiso- 0 lierte Teile ineinandergreifen, wenn nur ein Minimum an Warme von auRen zum Kaltemittel gelangen darf. -z Die Lange der Uberlappung betragt hier etwa 200 mm. -4 Die gekuppelten Heber-Enden werden mit der oben angeordneten 0-Ringverschraubung gedichtet, also an -6 einer Stelle, die stets Raumtemperatur hat. Das Ab- =L + -8 sperrventil ist koaxial angeordnet. Es besteht aus dem im Heber liegenden Ventilsitz und dem von einer in -70

-12 der Hohe verstellbaren Rohrhulse getragenen Ventil- kegel. Die Beweglichkeit des Fuhrungsstuckes fur die Rohrhulse wird durch zwei Metallbalge erreicht, die -14 gleichzeitig den Helium-Raum gegen die Atmosphare

-16 abdichten.

Diese Ausfuhrung eines Vakuummantelhebers eignet sich sowohl zum AnschluD von Verdampferkryostaten, mit denen direkt auf dem VorratsgefaD gearbeitet wird, als auch zum AnschluD von Verdampfern, die in groRere Apparaturen eingebaut sind. Im zweiten Fall ist das VorratsgefaD jeweils um 200 mm, namlich die Uberlap- pung der Vakuummantel, anzuheben.

-ie

-20

iemperotur 0. Y Hz lp. v LuN

Gase

xp, ,,He

Abb, 16, Dampfdruckkurven der (entnommen aus 22))

m g

Fur den mit einer Kryopumpe erzielbaren Enddruck ist unter anderem der Dampfdruck der Gase bei der Kondensationstemperatur von Bedeutung. Aus Abb. 16 ist ersichtlich, daR die Kondensation von Wasserstoff, die bei der Erzeugung von Ultrahochvakuum sowie fur bestimmte Experimente, z. B. in der Plasmaphysik, von Interesse ist, erst bei Temperaturen unterhalb des Siedepunktes von flussigem Helium, 4,2 O K , moglich ist. Es wurde deshalb auch ein kontinuierliches Kuhlver- fahren fur Tempeiaturen unterhalb 4,2 "K ent~ icke1t '~J . Dieses Verfahren, bei dem flussiges Helium im Kuhl- kopf entsprechend der Solltemperatur unter verminder- tem Druck verdampfen muR, unterscheidet 'sich im Prin- zip nicht von der Verdampfertechnik oberhalb 4,2 OK. Es ist lediglich die Helium-Zufuhr im Steigrohr zu dros- seln. Der erforderliche Druckabfall von 760 Torr auf den Druck im Kuhlkopf (dp maximal 680 Torr) sollte bereits am unteren Ende des Steigrohres im Kalte- mittelvorrat beginnen und der Leitwert der Drossel- strecke in Stromungsrichtung zunehmen. Diese Funk- tion kann z. B. ein in das Steigrohr eingesetztes Bundel dunner Kapillaren von abgestufter Lange ubernehmen, dessen Dimensionen so zu wahlen sind, daD der maxi- male Kal temittelbedarf fur den Verdampferkryostaten bei geoffnetem Absperrventil gewahrleistet ist. Mit dem Absperrventil kann noch eine Feineinstellung vor- genommen werden. Fur die Temperaturregelung ist das mechanische Regelventil zu verwenden, welches hier nicht nur die denTemperaturschwankungen amKuhlkopf entsprechende Nachlieferung von Kaltemittel steuert, sondern auch in Zusammenwirken mit der Drossel- strecke den verminderten Druck im Verdampfungsraum des Kuhlkopfes entsprechend der gewunschten Tempe- ratur einstellt.

Chemie-1ng.-Techn. 36. Jahrg. 1964 i N r . 5 439

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T e c h n i s c h e K r y o p u m p e

Ein nach diesem Prinzip zu kuhlender technischer Pumpkondensator, mit dem auch Temperaturen unter- halb 4,2 "K erreicht werden konnen, ist in Abb. 17 schematisch dargestellt. Zwei Kuhlflachen sind inein- ander angeordnet. Das Kaltemittel tritt in die innere Kaltflache ein und verdampft hier unter vermindertem Druck. Das anfallende Kaltgas wird in einer bifilar ge- wickelten Rohrschlange so um die innere Kaltflache ge- fuhrt, daB sich ein oben und unten offener Zylinder er- gibt. Dieser bietet einen teilweisen Strahlungsschutz fur die innere Kaltflache. Sowohl an der inneren Kalt-

Abb. 17. Technischer Pumpkondensator a Grundflansch; b Kupplung Vakuummantelheber; c innere Kaltflache; d Temperaturfuhler (Dampfdrudc-Thermometer) ;

e Zentrierungs-Stiidc; f Rohrschlange (auDere Kaltflache) ; g gekuhlte Grundplatte; h Haltestifte; i Kiihlrohr; k AnschluD Regelventil

flache als auch am Zylinder sind Dampfdruckthermo- meter-MeSfuhler angebracht, die zu Temperaturmes- sungen bzw. zur Temperaturregelung dienen.

Der Aufbau laSt sich so abstimmen, daB im stationaren Betrieb bei einer Temperatur von 2,5 "K fur die Innen- flache der AuBenzylinder eine Temperatur von etwa 20 "K hat. Es konnen also mit einer solchen Anordnung sowohl H, als auch andere Gase kondensiert werden9. Obwohl hier ein Teil der Kondensationsflache auf 2,5 "K abgekuhlt wird, ist der Helium-Verbrauch nicht hoher, als wenn die innere Kondensationsflache eben- falls 20 OK hatte. Die Eigenschaft des Kondensators, auch H, im Ultrahochvakuum-Bereich zu pumpen, wird also ohne Mehrverbrauch an Kaltemittel erreicht.

Entsprechend einem theoretischen Saugvermogen von 11,6 l/s cm* fur N, und 43,8 l/s cmp fur I& und Konden- sationskoeffizienten von a 1 lassen sich hohe effek- tive Sauggeschwindigkeit mit relativ kleinen Pump- kondensatoren erzielen.

Mit einem derartigen Pumpkondensator (Dmr. der in- neren Kaltflache 75 mm; Dmr. des Zylinders 98 mm;

Hohe des Zylinders 100 mm) werden bei einem Kalte. mittelverbrauch von 1,2 1 flussiges Helium pro h ein Saugvermogen von 5000 l/s fur N, und 2500 l/s fur I& erreicht (Erfahrungswerte).

Der Pumpkondensator ist bei gleichem Verfahren der Temperatureinstellung und -regelung naturlich auch zum Betrieb mit anderen Kaltemitteln, wie z. B. N2 oder H,, geeignet. Er ist auf einem Normflansch auf- gebaut und ermoglicht somit den Einbau in beliebige Rezipienten. Je nach GroBe des gewunschten Norm- flansches ist der Pumpkondensator durch entspre- chende Veranderung seiner GroOenverhaltnisse fur verschieden hohe Saugvermogen auslegbar: z. B. Normflansch N W 100 fur 5000 1/s (N2); Normflansch N W 150 fur 10000 l/s (N2); Normflansch NW 250 fur 30000 l/s (N,). Fur Kryopumpen mit einem Saugver- mogen groBer als 10000 l/s empfiehlt es sich jedoch, den Pumpkondensator mit einer Kalteanlage im Re- frigerator-Betrieb zu koppeln.

K u h l f i n g e r f u r e i n F e l d i o n e n m i k r o s k o p

Eine andere Anwendung des Verdampferprinzips zeigt Abb. 18. Fur die Kuhlung der Metallspitze im Feld- ionenmikroskop nach E. W. Muller wird vor allem flussiger Wasserstoff verwendetPO). Da die Apparatur mit Hochspannung zu betreiben ist, ist gerade hier der Umgang mit groBeren Mengen flussigen Wasserstoffs in einem VorratsgefaS und das wiederholte Nachfullen der Apparatur wenig angenehm. Mit dem dargestellten Kuhlfinger 1aBt sich dieses Problem einfach und nahezu risikolos losen. Hier werden nur wenige cms flussigen Wasserstoffs in den Kuhlteil des Feldionenmikroskopes einkondensiert und durch den standigen Helium-Strom durch die Kuhlschlange auf konstanter Temperatur ge- halten. Die Temperatur wird durch den Dampfdruck des fliissigen Wasserstoffs angezeigt. Gleichzeitig dient der Wasserstoff auch zur Temperaturregelung, d. h. das ExperimentiergefaB steht sowohl mit einem Druckmes- ser als auch mit dem Innenraum des Regelventils in Verbindung. Dieses Experimentierverfahren bietet auch die Moglichkeit, trotz des hohen Gaspreises auch mit Neon zu arbeiten, da jeweils nur einige Normalliter

@J m c

Abb. 18. Kuhlfinger fur ein Feldionenmikroskop a AnschluB Kaltemittelvorrat; b Verdampfer; c Feldionen- mikroskop; dRegelventi1; e Dampfdrudcthermometer; f Druck- messer; g Pumpe; h Fiillung; i Evakuierung; k zum Helium- Gasbehalter

440 Chernie-1ng.-Techn. 36. Johrg. 1964 1 N r . 5

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Gas benotigt werden. Nach dieser Methode lassen sich auch vorteilhaft Targets kuhlen.

Wenn nicht direkt auf dem Vorratsgefa5 gearbeitet wird, ist eine langere Heberleitung vom VorratsgefaR zum Kuhlteil erforderlich. Wird diese in der fur Va- kuumrnantelheber fur tiefsiedende Kaltemittel iiblichen Form ausgefuhrt, so stehen Flachen von Raumtempera- tur (Mantelrohr) und 4,2 "K (Innenrohr) einander ge- geniiber. Es ergibt sich eine Warmeeinstrahlung zum fliissigkeitsfiihrenden Innenrohr von etwa 30 cal/cm2 h, was bei langen Heberleitungen schon zu betrachtlichen Kaltemittelverlusten fuhrt, da beim Betrieb eines Ver- dampferkryostaten die Heberleitung standig kalt ist. Diese Verluste lassen sich weitgehend vermeiden, wenn das Innenrohr mit einem abgasgekuhlten Strah- lungsschutz umgeben wird (Abb. 19). Nach diesem Prinzip konstruierte Vakuummantelheber werden vor- teilhaft auch an anderer Stelle zu verwenden seinZ1). Es sei auch erwahnt, daR beim Heber rnit Kupplung und Absperrventil (Ventilsitz oben) durch eine Abgaskuh- lung der Warmestrom zur StoRstelle der Heber weitest- gehend unterdriickt werden kann.

Abb. 19. Querschnitt durch den Vakuumrnantelheber mit abgasgekuhltern Stiahlungsschutz a Mantelrohr; b Strahlungs schutz; c Abgasrohr; d Kalternittelzulauf

Abb. 20. Verdampferkryostat ,.Kiihlkarnrne~ "

a Probekammer; b Aktiv- kohle; c Strahlungsschutz; d Gehause; e 0-Ring; f Pro- beneinfuhrung; g VerschluD- ventil; h Hebereinfuhrung; i AnschluD fur Regelventil

C.

e

d

a

B

4 J

K i i h l k a m m e r

Abb. 20 zeigt eine auf dem Vorratsgefa5 angeordnete Kuhlkamrrer, die fur die verschiedensten Anwendun- gen geeignet ist. Bei der Konstruktion wurde darauf Wert gelegt, einen moglichst hohen Anteil der not- wendigen Verbindungen auf Raumtemperatur zu legen und diese als 0-Ringe gedichtete Schraubverbindungen auszufuhren. Damit ist die Apparatur leicht zerlegbar,

und es lassen sich in gewissen Grenzen apparative Anderungen ohne groRen Aufwand durchfuhren. Die Kiihlkammer ist fur die Eichung von Sekundarthermo- metern und fur Messungen geeignet, bei denen die Probe mit einer Kiihlplatte in Warrnekontakt zu brin- gen ist. Die Probe ist jeweils von oben einzufuhren und wird durch ein verflussigtes Gas rnit dem Kuhlkopf des Systems in Warmekontakt gebracht, oder der Proben- halter wird durch eine Tauchlotung mit dem Boden der Kuhlkammer verbunden. Zum AnschluR an das Vorrats- gefa5 ist hier ein Heber mit Absperrventil oben zu ver- wenden.

AbschlieDend sei noch angemerkt, da5 sic31 das Ver- dampferprinzip bei weiteren Anwendungen, z. B. fur Rontgenkameras und Objekttrager fur elektronenopti- sche Untersuchungen bereits gut bewahrt hat, und daR sich auch fur andere Kiihlprobleme (u. a. supraleitende Spulen) vorteilhafte Losungen anbieten.

Eingegangen am 31. Januar 1964 [B 17231

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