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Wann sitzt man schon mal eine Stunde auf einem Baum und spricht mit einer Katze? Viel zu selten, waren sich Nina Berendonk und ihre Tochter Greta, 5, einig

Küchenfenster ihres beherbergte früher · Mutter und Tochter am ... zwei Wochen vor dem geplanten Reisestart: Das Schiff könne die Werft nicht ... wünscht sie mir eine gute Nacht

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Wann sitzt man schon mal eine Stunde auf einem Baum und spricht mit einer Katze? Viel zu selten, waren sich Nina Berendonk und ihre Tochter Greta, 5, einig

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Ein kaputtes Segelschiff war schuld daran, dass sich EF-Autorin Nina Berendonk und ihre Tochter auf einem einsamen französischen Landgut wiederfanden – und dort entdeckten: Kinderurlaub ist überall möglich!

Zeit zu zweitURLAUB

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Mutter und Tochter am Küchenfenster ihres Ferienhauses. Dieser Teil des ehemaligen Templer-Landsitzes beherbergte früher den Schafstall. „Riecht man nicht mehr“, sagt Greta

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Geplant war es ja ganz anders. Greta und ich wollten auf einem Segelschiff vor der Côte d’Azur kreuzen. Ich

weiß, wie sehr meine lebhafte Fünfjährige solche Abenteu-er liebt: eine Woche auf dem Wasser leben, in schaukelnden Kajüten schlafen, abends frisch geangelten Fisch essen. Und das zusammen mit einem halben Dutzend Kinder! Denn das ist eine der wichtigsten Erfahrungen, die ich seit meiner Trennung gemacht habe: Am glücklichsten ist das einzige Kind einer alleinerziehenden Mutter – wenn es nicht mit seiner Mutter allein ist. Was für mich dabei heraus-springt: der Luxus, meine Tochter beim vergnügten Spielen zu beobachten, ihr ab und zu einen Schluck Saft und einen Kuss aufzunötigen – und mal nicht von morgens bis abends die einzige Ansprechpartnerin zu sein. Nach ein, zwei kräf-tezehrenden Versuchen habe ich deswegen früh beschlos-sen: Urlaub nur noch mit anderen Kindern. Und dann kam der Anruf, zwei Wochen vor dem geplanten Reisestart: Das Schiff könne die Werft nicht verlassen, es seien noch zu viele Reparaturen fällig. Klare Sache – auf diesen maroden Kahn setzen wir keinen Fuß! Aber was ma-chen wir mit den nicht mehr stornierbaren Flügen nach Nizza? „Wenn dir das Leben Zitronen schenkt, dann mach Limonade draus“ – der Spruch hat mir immer gut gefallen. Ich beschließe: Wenn dir das Leben ein Schiff mit einem Leck schickt – dann nimm dir einen Mietwagen und erkun-de mit deiner Tochter die Provence Verte! Hübsche Dörf-chen, Wohnhöhlen, jahrhundertealte Kathedralen, stille Berglandschaften, fernab vom Gummitier-Touristentrubel der Küste – das habe ich über das unbekanntere Hinterland der Côte d’Azur gehört. Auch ein Quartier ist schnell gefun-den: die „Domaine Le Peyrourier“, ein ehemaliger Templer-Landsitz inmitten der Eichenwälder von Saint-Maximin-la-Sainte-Baume, von einem deutsch-französischen Paar nach Öko-Standards zu einem familienfreundlichen Feriendo-mizil umgewandelt.

Sicherheitshalber kommt das iPad mit

Vielleicht, so hoffe ich, treffen wir dort noch andere Fami-lien – ich habe auf die Schnelle keinen Ersatz für die Kinder vom Schiff organisieren können. Dafür kommt Silke, eine befreundete Fotografin, mit. „Finden wir denn da jemanden für mich zum Spielen?“, fragt Greta mich am Abend vor der Abreise mit einer kritischen kleinen Falte zwischen den Au-genbrauen. „Ganz sicher, mein Schatz“, pfeife ich in den sprichwörtlichen Wald – und packe später doch sicherheits-halber noch das iPad in meine Handtasche. Der erste Morgen auf der Domaine Le Peyrourier beginnt früh und mit einem spitzen kleinen Knie, das sich in mei-nen Rücken bohrt. „Mamaaa? Wann stehen wir auf?“ Ich

blinzele unauffällig auf meine Armbanduhr. Halb sieben. Das fängt ja gut an. Soll ich mich noch ein bisschen schla-fend stellen? „Ich sehe genau, dass du wach bist“, sagt Gre-ta ungerührt und stemmt sich gegen die großen Holz-fensterläden. Goldenes Morgenlicht fließt auf den Terra-kotta-Boden, vom Bett aus kann ich den blühenden Man-delbaum vor unserem Häuschen sehen, die Bienen summen im duftenden Lavendel. Ferien. Süden. Überredet!Wir ziehen uns Pullover über die Schlafanzüge und setzen uns mit unseren Trinkschalen auf die Steinbank vor dem Haus: Kakao für Greta, Café au lait für mich. Dann spazie-ren wir los, um unsere Unterkunft zu erkunden. Der Land-sitz, den die Templer im 13. Jahrhundert als Versorgungs-stätte für die Kreuzzüge gebaut haben, besteht aus einem stattlichen Hauptgebäude und mehreren kleinen Häusern. Früher beherbergten diese den Taubenschlag und die Schä-ferei – heute Ferienwohnungen, die das Ehepaar Fussler mit örtlichen Handwerkern, Geschmack und Liebe zum De-tail eingerichtet hat. Sogar ein Schwimmbecken gibt es. Und drum herum nichts als Schafweiden, Weinstöcke und Eichenwald, der aber leider zu dieser frühen Jahreszeit noch das Laub des Vorjahres trägt. Die grüne Provence ist im Moment noch: braun! Greta stört das nicht im Geringsten. Sie hat auf dem san-digen Weg durch die Weingärten winzige weiße Schnecken-häuser entdeckt. „Schon eine ganze Handvoll!“ Als wir uns gerade mit dem im Schatten der Zypressen dösenden Hof-hund, einem riesenhaften ungarischen Hirtenhund na-mens Zorro, unterhalten, kommt Martina Fussler auf uns zu. Sie will Greta den Geflügelstall zeigen, in dem meine Tochter morgens frisch gelegte Eier für unser Frühstück holen darf. „Und da hinten, das ist unser Sohn Fabrice.“ Greta versteckt sich hinter mir, schaut von dem enormen braunen Hühnerei in ihrer Hand zu dem Elfjährigen, der in Gummistiefeln in einem moosbewachsenen Brunnen steht, und wispert: „Wo sind die anderen Kinder?“ Martina Fuss-ler lächelt meine Tochter an. „Im Moment sind noch keine da. Aber am Freitag kommt eine amerikanische Familie mit drei Kindern.“ Und am Samstag fahren wir wieder.Ich spüre einen kleinen Seufzer an der Rückseite meiner Pyjamahose. Keine Kinder. Also auch keine Gelegenheit, mich mal auf eine der hübschen Holzbänke dort an der Hauswand zu setzen und mein neues Buch anzufangen. Vielleicht heute Abend, wenn Greta schläft. Vorerst muss ich am Brunnen stehen und zuschauen, wie Fabrice Frösche fängt und sie in eine mit Wasser gefüllte alte Gießkanne wirft. „Später setze ich sie wieder in den Brunnen“, erklärt Fabrice, der ebenso gut Deutsch wie Französisch spricht. Meine Tochter zittert vor Ekel, wenn die braungrünen Tiere kurz am Rand der Kanne sichtbar werden, bevor sie wieder zurückplumpsen. Die Faszination für den großen Jungen u

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und sein rätselhaftes Tun ist jedoch noch größer. Aber auf keinen Fall ohne Mama! Ich versuche, mein Buch zu vergessen und nur hier in die-sem Moment zu sein. Die Morgensonne im Gesicht. Gretas kleine Hand in meiner. Ein Junge, der Frösche fängt, um sie wieder in die Freiheit zu entlassen. Als Silke und ich nach dem Abendessen und drei Runden Memory die Küche aufräumen, kann ich ein Gähnen nicht unterdrücken. „Wäre es sehr schlimm, wenn wir erst mor-gen Abend Wein trinken und quatschen?“ Silke schaut mich etwas verwundert an – so kennt sie mich nicht –, dann wünscht sie mir eine gute Nacht. Und so kommt es, dass ich um halb zehn mit Greta und einem Pixi im Bett liege. Ohne Wein. Und ohne mein neues Buch.Dafür bin ich am nächsten Morgen um sieben so ausge-schlafen wie schon lange nicht mehr. Wir trinken Kaffee und Kakao in der Morgenfrische, lassen Silke noch ein biss-chen schlafen – sicher hat sie bis in die Puppen gelesen! – und beschließen, dem Wochenmarkt unten in St. Maximin einen Besuch abzustatten. „Wir kaufen aber nur Ess-Sa-chen!“, sage ich mehr zu mir als zu Greta, die ernsthaft

Zum Lesen ist Nina Berendonk nicht viel gekommen. Greta findet, es gibt Besseres zu tun. Zum Beispiel: Eis essen!

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Infos und PreiseMehr Informationen zur Region Var und der Provence Verte gibt es unter www.la-provence-verte.net und www.visitvar.fr oder z. B. im Reiseführer „Provence – Côte d’Azur“, Michael Müller Verlag, 26,90 Euro.

Unterkunft Die Domaine Le Peyrourier (www.provence4u.com) bietet acht individuell eingerich-tete Zimmer (ab 93 Euro pro Nacht mit Frühstück) und Ap-partements für bis zu fünf Per-sonen (ab 680 Euro pro Wo-che); außerdem Schwimmbe-cken, Hamam und drei pro-venzalische Abendessen pro Woche (kosten extra).

Anschauen Einen Besuch lohnen die Basilika von Saint-Maximin-la-Sainte-Baume und das Bergdorf Cotignac mit sei-nen Wohnhöhlen. Spektakulär und kindertauglich sind auch die Verdonschlucht und eine Bootsfahrt durch die fjordähn-lichen „Calanques“ von Cassis.

nickt. Zwei Stunden später sitzen wir an einem Cafétisch unter Platanen und begutachten die Schätze in unserem neuen provenzalischen Flechtkorb: einen Silberring für mich, einen aus Kokosholz für Greta. Ein vorwiegend rosafarbenes Buch über eine kleine Ballerina, das ich von nun an jeden Abend im Bett aus dem Französischen übersetzen muss. Dazu Akazienhonig, Salami, eine Me-lone und wahnsinnig leckere Weintrauben. Französische Wochenmärkte sind eine echte Prüfung!

Nehmen, was das Leben serviert

Am nächsten Tag wage ich einen kleinen Ausbruchsver-such. Während Silke mit Greta vor dem Haus Karten spielt, fahre ich mit dem Auto in den großen Supermarkt in St. Maximin. Auf der Rückfahrt durch die Weinreben merke ich, wie gut mir der viele Schlaf – sozusagen in Kinderportion – tut. Ich denke kurz an das Gefühl, wenn Greta in einer besonders stressigen Zeit krank wird. Nach der anfänglichen Panik („Ausgerechnet jetzt!“) sieht man ein, dass man nichts daran ändern kann – erst recht nicht, indem man sich auch noch ver-rückt macht. Stattdessen kann man sich genauso gut entspannen und mit dem kranken Kind und einer Hör-spielkassette aufs Sofa kuscheln. Und sich darin üben, einfach mal das zu nehmen, was einem das Leben so ser-viert. Und das ist in den nächsten Tagen: eine Stunde mit Gre-ta auf einer knorrigen Weide bei der Hofeinfahrt sitzen und der Katze bei der Mäusepirsch zugucken. Auf den Aussichtsturm im Wald klettern und vergeblich nach Wildschweinen Ausschau halten. Durch die Reben rei-ten. Der Hafenstadt Cassis einen Besuch abstatten, um Crêpe zu essen und Kiesel ins Meer zu werfen. Nach Brignoles auf eine Landwirtschaftsmesse fahren und dort schwarze Schwäne und prämierte Ziegenböcke bestaunen. Und am Schluss des Rundgangs meiner Tochter möglichst einfühlsam erklären, dass wir das „Streichelschaf“ aus Halle zwei, mit dem sie innige Freundschaft geschlossen hat und das sich von ihr in Trance kraulen lässt, leider nicht als Sperrgepäck aufge-ben können – so gerne ich das freundliche Tier in unserem Münchner Innenhof halten würde. Mein Buch habe ich in dieser Zeit übrigens gerade mal zur Hälfte gelesen. Und zwar immer dann, wenn ich Gre-ta für höchstens 20 Minuten täglich das iPad überließ. Dann spielte sie mit ihrer Puzzle-App und hörte dazu am liebsten Astrid Lindgrens „Kinder aus der Krachmacher-straße“. Seit wir wieder zu Hause sind, erinnert mich die An-fangsmelodie immer an diese Provence-Reise. Eine Rei-se, die ganz anders war als geplant. Die uns statt auf ein Kinder-Schiff zu dritt auf einen stillen Templer-Landsitz inmitten von Weinbergen geführt hat. Und die trotz allem ein echter Kinderurlaub war. Für ein kleines und ein großes Kind. ¢

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