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Landwirtschaft und ländliche Entwicklung Kultur und Bildung Fischerei Regionale Entwicklung GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE FACHABTEILUNG STRUKTUR- UND KOHäSIONSPOLITIK B Verkehr und Fremdenverkehr

Kultur und Bildung Rolle - Europa · 2015. 1. 16. · Rolle Die Fachabteilungen sind Forschungsreferate, die die Ausschüsse, interparlamentarischen Delegationen und andere parlamentarische

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  • Landwirtschaft und ländliche Entwicklung

    Kultur und Bildung

    Fischerei

    Regionale Entwicklung

    Verkehr und Fremdenverkehr

    B Rolle

    Die Fachabteilungen sind Forschungsreferate, die die Ausschüsse, interparlamentarischen Delegationen und andere parlamentarische Einrichtungen beraten.

    PolitikbereicheLandwirtschaft und ländliche EntwicklungKultur und BildungFischereiRegionale EntwicklungVerkehr und Fremdenverkehr

    DokumenteSiehe Website des Europäischen Parlaments: http://www.europarl.europa.eu/studies

    FachabteilungStruktur- und kohäSionSpolitik

    Bildnachweise: istock international inc., Photodisk, Phovoir

    Generaldirektion interne Politikbereiche

    Generaldirektion interne Politikbereiche

    FachabteilungStruktur- und kohäSionSpolitik B

    Verkehr und Fremdenverkehr

    Regionale Entwicklung

    Fischerei

    Kultur und Bildung

    Landwirtschaft und ländliche Entwicklung

  • GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE

    FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK

    VERKEHR UND FREMDENVERKEHR

    DIE SICH WANDELNDE ROLLE DER EU-SEEHÄFEN IN DER GLOBALEN

    MARITIMEN LOGISTIK – KAPAZITÄTEN, HERAUSFORDERUNGEN UND

    STRATEGIEN

    STUDIE

  • Diese Studie wurde vom Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments in Auftrag gegeben. VERFASSER Buck Consultants International (Karel Vanroye und Bart van Mol) in Zusammenarbeit mit Catram Consultants und dem ISL (Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik). ZUSTÄNDIGER BEAMTER Nils Danklefsen Fachabteilung Struktur- und Kohäsionspolitik Europäisches Parlament B-1047 Brüssel E-Mail: [email protected] SPRACHFASSUNGEN Original: EN Übersetzungen: DE, ES, FR, IT, NL, PL Zusammenfassung: BG, CS, DA, EL, ET, FI, HU, LT, LV, MT, PT, RO, SK, SL, SV DER HERAUSGEBER Unter folgender E-Mail-Adresse können Sie Kontakt zur Fachabteilung aufnehmen oder deren monatlichen Newsletter abonnieren: Redaktionsschluss: Oktober 2009 Brüssel, © Europäisches Parlament, 2009 Die Studie ist im Internet abrufbar unter: http://www.europarl.europa.eu/studies RECHTLICHER HINWEIS Die in diesem Dokument enthaltenen Auffassungen entsprechen denen der Verfasser und widerspiegeln nicht unbedingt den offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments. Nachdruck und Übersetzung – außer zu kommerziellen Zwecken – mit Quellenangabe gestattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm ein Belegexemplar übermittelt wird.

  • GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE

    FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK

    VERKEHR UND FREMDENVERKEHR

    DIE SICH WANDELNDE ROLLE DER EU-SEEHÄFEN IN DER GLOBALEN

    MARITIMEN LOGISTIK – KAPAZITÄTEN, HERAUSFORDERUNGEN UND

    STRATEGIEN

    STUDIE

    Inhalt In den vergangenen 15 Jahren hat sich das Marktumfeld im Seehandel deutlich gewandelt. Die Globalisierung, die Verlagerung von Kapazitäten ins Ausland und das rasante Wachstum der Containerschifffahrt haben zu Veränderungen im Seeverkehr und in den Logistikketten geführt. Der weltweite Konjunkturrückgang in den Jahren 2008/2009 hatte auch Auswirkungen auf die Häfen und die Bereiche des Seeverkehrs. Die meisten Häfen und Schiffseigner mussten rückläufige Zahlen beim Frachtvolumen bzw. beim Gesamtumschlag verbuchen. In dieser Studie sollen die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Seehäfen dargestellt und Empfehlungen für das Europäische Parlament gegeben werden.

    IP/B/TRAN/FWC/2006-156/lot5/C1/SC4 Oktober 2009 PE 419.121 DE

  • Die sich wandelnde Rolle der EU-Seehäfen in der globalen maritimen Logistik ____________________________________________________________________________________________

    3

    INHALT

    ABKÜRZUNGEN 5

    TABELLEN 7

    ABBILDUNGEN 9

    ZUSAMMENFASSUNG 11

    1. EINLEITUNG 15 1.1. Hintergrund 15 1.2. Ziele der Studie 15 1.3. Inhalt 16

    2. ENTWICKLUNGEN IM SEEVERKEHR UND IN DER LOGISTIK 17 2.1. Einleitung 17 2.2. Trends in Handel und Logistik 17

    2.2.1. Entwicklung des Handels 17 2.2.2. Lieferketten und Logistik 24

    2.3. Trends auf dem Containermarkt 29 2.3.1. Globale Containerströme 29 2.3.2. Containerumschlag in den europäischen Seehäfen 32 2.3.3. Betriebsbezogene Entwicklungen 35 2.3.4. Organisatorische Entwicklungen 40 2.3.5. Entwicklung bei den Containerterminals 41 2.3.6. Container-Kurzstreckenseeverkehr 45

    2.4. Trends auf dem Stückgutmarkt 47 2.4.1. In EU-Häfen umgeschlagene Stückgutvolumen 47 2.4.2. Stückgutflotte 48

    2.5. Trends auf dem RoRo Markt 49 2.5.1. Fahrzeugtransport 49 2.5.2. Containerlinienverkehr mit RoRo-Einrichtungen 49 2.5.3. Fährverkehr für Passagiere und Fracht 49 2.5.4. RoRo-Frachtverkehr 50 2.5.5. In EU-Häfen umgeschlagene RoRo-Fracht 50 2.5.6. RoRo-Flotte 51

    2.6. Trends auf dem Markt für Trockenmassengut 52 2.6.1. In EU-Häfen umgeschlagene Mengen an Trockenmassengut 52 2.6.2. Massengutflotte 53

    2.7. Trends auf dem Markt für Flüssigmassengut 55

  • Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

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    2.7.1. In EU-Häfen umgeschlagene Mengen an Flüssigmassengut 55 2.7.2. Statistische Angaben zur Tankerflotte 56

    3. DIE SICH WANDELNDE ROLLE DER SEEHÄFEN IN DER EU 59 3.1. Einleitung 59 3.2. Bisherige Entwicklung: Von Hafengemeinschaften zur

    Hafenregionalisierung 60 3.2.1. Hafengemeinschaften 60 3.2.2. Hafenregionalisierung 63

    3.3. Aktuelle Situation: Verstärkte Errichtung von Terminals in den Häfen 67 3.3.1. Netze von Binnenterminals 67 3.3.2. Binnenhubsystem 79 3.3.3. Die Rolle der Hafenbehörden im Wandel 81

    3.4. Künftige Tendenzen und Entwicklungen 84 3.4.1. Hafennetze 84 3.4.2. Neuausrichtung von Häfen 85 3.4.3. „Grüne“ Häfen 88

    4. EMPFEHLUNGEN 91 4.1. Harmonisiertes Konzept für die Kapazitätserweiterung von Seehäfen 91 4.2. Erstellung verlässlicher Frachtprognosen 92 4.3. Verkehrsentlastung in Hafengebieten 92 4.4. Schaffung von Containerpools 93 4.5. Vereinfachung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften 94 4.6. Mindestdienstleistungsniveau der Binnenterminals 94 4.7. Auswirkungen verschiedener Transportarten und

    Verteilungsanforderungen auf die Nutzung der verschiedenen Verkehrsträger 94

    4.8. Künftige Rolle der Hafenbehörden 95 4.9. Zusammenarbeit zwischen Seehäfen, Binnenhäfen und Binnenterminals 95

    BIBLIOGRAFIE 97

    ANHANG 1 109

    ANHANG 2 111

  • Die sich wandelnde Rolle der EU-Seehäfen in der globalen maritimen Logistik ____________________________________________________________________________________________

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    ABKÜRZUNGEN

    3PL Third-party logistics service provider

    4PL Fourth-party logistics service provider

    BDC Massendistributionszentren

    BIP Bruttoinlandsprodukt

    CEU Car equivalent unit

    DWT Deadweight tonnes

    EDA Elektronischer Datenaustausch

    EDZ Europäisches Distributionszentrum

    F&Ü Fusionen und Übernahmen

    KKS Kaufkraftstandard

    LCL Less than containerload

    LTL Less than truckload

    ÖPP Öffentlich-Private Partnerschaft

    RDZ Regionales Distributionszentrum

    TEU Twenty-foot equivalent unit

    ULCC Ultra-large crude carrier

    VLCC Very large crude carrier

  • Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

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  • Die sich wandelnde Rolle der EU-Seehäfen in der globalen maritimen Logistik ____________________________________________________________________________________________

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    TABELLEN

    TABELLE 2.1 Volumenmäßiges Wachstum des weltweiten Warenhandels in ausgewählten Regionen und Volkswirtschaften (Jahresdurchschnitt in %, 2000-2008) 18

    TABELLE 2.2 Anteil des intra- und interregionalen Warenhandels, 2007 19

    TABELLE 2.3 Die 45 umschlagstärksten EU-Häfen, in der Rangfolge von 2007 (in Mio. t) 21

    TABELLE 2.4 Weltweiter Containerumschlag in den Häfen in ausgewählten Jahren (in Mio. TEU) 31

    TABELLE 2.5 Führende Containerhäfen in Europa (Rangfolge 2007) 32

    TABELLE 2.6 Die 25 führenden Containerlinienreedereien 35

    TABELLE 2.7 Prognosen für die Containerflotte: georderte Vollcontainerschiffe 36

    TABELLE 2.8 Durchschnittsgröße der Containerschiffe auf den Hauptcontainerrouten (in TEU) 39

    TABELLE 2.9 Zusammenarbeit von Liniendienstbetreibern 41

    TABELLE 2.10 Prognose zum Verhältnis Angebot/Nachfrage beim Containerumschlag bis 2015, in Mio. TEU/Jahr 43

    TABELLE 2.11 Autotransporterflotte weltweit 52

    TABELLE 2.12 Durchschnittliche Schiffsabmessungen in Metern 58

    TABELLE 3.1 Anteile der Transportarten bei Containern in ausgewählten nordeuropäischen Häfen 79

    TABELLE 3.2 Neue Rolle der Hafenbehörden 83

  • Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

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  • Die sich wandelnde Rolle der EU-Seehäfen in der globalen maritimen Logistik ____________________________________________________________________________________________

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    ABBILDUNGEN

    Abb. 2.1 Intraregionale Warenströme 2007 19

    Abb. 2.2 Halbjahreszahlen für den Umschlag in ausgewählten Häfen (in Mio. t) 22

    Abb. 2.3 Die bedeutendsten Seehandelsrouten 23

    Abb. 2.4 Alternativrouten im Ost-West-Handel 24

    Abb. 2.5 Direktvertrieb 25

    Abb. 2.6 Vertrieb über ein europäisches Distributionszentrum 26

    Abb. 2.7 Vertrieb über Massendistributionszentren 26

    Abb. 2.8 Vertrieb über regionale Distributionszentren 27

    Abb. 2.9 Integration von Dienstleistungen 28

    Abb. 2.10 Wachstum des internationalen Containerverkehrs, 1986-2008 (in Mio. t) 30

    Abb. 2.11 Ungleichgewicht der Containerströme auf der Ost–West-Route, Angaben für 2007 (in Mio. TEU) 31

    Abb. 2.12 Marktanteil der Hafenregionen in Europa auf der Grundlage des Containerumschlags in TEU (2007) 33

    Abb. 2.13 „Blaue Banane“ 34

    Abb. 2.14 Größenentwicklung der Containerschiffe 39

    Abb. 2.15 Terminalbestand der führenden Betreiber 42

    Abb. 2.16 Aufteilung des innergemeinschaftlichen Verkehrs auf die verschiedenen Verkehrsarten (Angaben für 2006) 46

    Abb. 2.17 Kurzstreckenseeverkehrsrouten in Europa 46

    Abb. 2.18 Stückgutumschlag und Marktanteile nach Ländern und Hafen-Range (2006) 48

    Abb. 2.19 RoRo-Verkehr und Marktanteile je Hafenregion (2006) 51

    Abb. 2.20 Trockenmassengutumschlag und Anteil der jeweiligen Hafenregion (2006) 53

    Abb. 2.21 Statistische Angaben zur Massengutflotte 54

    Abb. 2.22 Flüssigmassengutumschlag und Anteil der jeweiligen Hafenregion (2006) 56

  • Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

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    Abb. 2.23 Statistische Angaben zur Tankerflotte 57

    Abb. 3.1 Der Hafenkomplex als Bestandteil von Transport- und Lieferketten 59

    Abb. 3.2 Die Hafengemeinschaft 61

    Abb. 3.3 Informationsflüsse 62

    Abb. 3.4 Phase der Hafengemeinschaft 63

    Abb. 3.5 Phase der Hafenregionalisierung 64

    Abb. 3.6 Regionalhafennetz 66

    Abb. 3.7 Hinterland verschiedener Hafenregionen 67

    Abb. 3.8 Phase der Erweiterung der Terminalkapazitäten 69

    Abb. 3.9 Gesamttransportzeiten zwischen asiatischen Häfen und europäischen Inlandsdestinationen 70

    Abb. 3.10 Organisation einer Terminalgemeinschaft 71

    Abb. 3.11 A.P.Möller – Maersk: Netz der Häfen und Binnenterminals 72

    Abb. 3.12 Von Verschiffern und Empfängern geforderte Be- / Entladezeiten 73

    Abb. 3.13 Transport von Leercontainern zwischen Hafen und Hinterland 74

    Abb. 3.14 Leercontainerdepots im Hinterland 75

    Abb. 3.15 Vergleich zwischen Carrier und Merchant Haulage 77

    Abb. 3.16 Beförderung durch Reederei im Vergleich zur Beförderung durch Terminalbetreiber 78

    Abb. 3.17 Europäisches Binnenhubsystem 80

    Abb. 3.18 Stufe der Hafennetze 85

    Abb. 3.19 Netz der Binnenwasserwege in Europa 86

    Abb. 3.20 Wichtigste Schienenkorridore in Europa 87

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    ZUSAMMENFASSUNG

    Wirtschaftswachstum, Auslandsverlagerung und Outsourcing haben im Verbund mit der Erweiterung der Europäischen Union einen Wandel in der Logistikbranche herbeigeführt. • Aufgrund der zunehmenden Komplexität der Lieferketten haben sich große

    Logistikanbieter herausgebildet. • Bis Mitte 2008 nahm der Seehandel stark zu, so dass die EU-Seehäfen ein steigendes

    Umschlagsvolumen zu bewältigen hatten. Ein besonders kräftiges Wachstum verzeichneten die Containerverkehre mit jährlichen Steigerungsraten von 10 %, was erhebliche Konsequenzen für die Schifffahrtsmärkte und den Terminalbetrieb hat. • Unterschiedliche Wachstumsraten in den verschiedenen Regionen der Welt haben zu

    einem Ungleichgewicht der Containerströme geführt. Vor allem im Asien-Europa-Verkehr steigt die Zahl der Leercontainertransporte.

    • Das hohe Potenzial des Containermarktes und die immer neuen Anforderungen der Verschiffer hatten eine Konsolidierung zur Folge. Im Ergebnis einer Welle von Neugründungen, Fusionen und Übernahmen (F&Ü) entstanden große, weltweit tätige Reedereien, die einen Großteil der Weltflotte kontrollieren.

    • In einigen Häfen haben die zunehmenden Containerströme Kapazitätsprobleme und Staus hervorgerufen. Dieses Problem hat sich infolge der Konjunkturflaute (zeitweilig) abgeschwächt, wird jedoch wahrscheinlich nach Normalisierung der Lage wieder akut werden.

    • Im Terminalbetrieb haben sich marktbeherrschende globale Akteure herausgebildet, die um Positionierung an strategisch wichtigen Hafenstandorten bestrebt sind. Um sich Terminalkapazitäten in Form von „semi-dedicated“ oder „dedicated“ Terminals zu sichern, haben die Reedereien zunehmend in das Terminalgeschäft investiert, indem sie beispielsweise mit Terminalbetreibern Joint Ventures zur Nutzung neuer Terminals eingehen.

    • Um die wachsende Nachfrage im Containerverkehr zu bedienen, werden immer größere Schiffe gebaut. Das zunehmende Größenwachstum der Containerschiffe ist offenkundig. Im dominierenden Asien-Europa-Verkehr dürften künftig Schiffe mit mehr als 10 000 TEU eingesetzt werden. Auch im Kurzstreckenverkehr, der für den Intra-EU-Handel von großer Bedeutung ist, wird eine Zunahme der Schiffsgröße prognostiziert.

    In anderen Marktbereichen wie Stückgut, RoRo, Schütt- und Flüssiggut haben die Transporte von und zu den europäischen Häfen ebenfalls zugenommen. Zugleich werden die entsprechenden Flotten erweitert, allerdings in geringerem Tempo. Die vollständigen Auswirkungen des Wirtschaftsabschwungs lassen sich bislang noch nicht genau bestimmen. Zweifellos jedoch ist der Seeverkehr (wie der gesamte Verkehrssektor) sehr stark davon betroffen. Seit Mitte 2008 ist das Transportaufkommen weltweit gesunken. Während viele Häfen 2008 noch einen volumenmäßigen Anstieg verzeichneten, ging der Containerverkehr im Laufe des Jahres 2009 um schätzungsweise 10 % zurück. Auch in anderen Marktbereichen (Stückgut, RoRo, Schütt- und Flüssiggut) sind geringere Umschlagsmengen zu verzeichnen. Die Konjunkturflaute hat außerdem zu Überkapazitäten bei der Weltflotte geführt, was sich im vergangenen Jahr wie folgt auswirkte:

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    • Aufträge für den Neubau von Schiffen werden gestoppt, und die Reeder versuchen, die bereits ausgelösten Aufträge zu stornieren oder aufzuschieben.

    • Die Zahl der außer Dienst gestellten Schiffe ist gestiegen. Schätzungen zufolge machen die nicht genutzten Containerschiffe und Trockenmassengutfrachter derzeit etwa 10 % der gesamten Weltflotte aus.

    • Die Zahl der abgewrackten Schiffe steigt, während die Charterraten stark zurückgegangen sind.

    Obwohl es für kurz- bis mittelfristige Prognosen noch zu früh ist, gehen Analysten davon aus, dass die Misere im Seeverkehr einige Jahre andauern wird. Die Umschlagszahlen von 2008 werden Schätzungen zufolge erst 2011 oder 2012 wieder erreicht werden. Dennoch fällt die langfristige Prognose bis 2020 generell positiv aus. Die Entwicklungen in der maritimen Logistik zogen Veränderungen in der Hafenorganisation nach sich, die in mehreren Etappen verliefen. Während die Häfen früher jeweils nur eine Stadt und das unmittelbare Hinterland bedienten, sind ihre geografischen Märkte in den letzten Jahrzehnten gewachsen. Vor allem bedingt durch die zunehmende Containerisierung, bildeten die meisten Häfen ab den 1970er Jahren Hafengemeinschaften. Im Rahmen dieser Gemeinschaften entstand eine enge Zusammenarbeit zwischen den am Hafengeschäft beteiligten Unternehmen und den Hafenbehörden mit dem Ziel, die internen Abläufe zu optimieren und die Effizienz der Häfen zu steigern. Treibende Kraft bei dieser Umstrukturierung waren die Hafenbehörden. In den 1990er Jahren trat die Hafenentwicklung in eine neue Phase ein, in der die Kooperationsbeziehungen zwischen den Häfen rasch an Bedeutung gewannen. Den Hauptanstoß dafür gaben der aufkommende Kurzstreckenseeverkehr, die Zunahme der Schiffsgröße und der Gütermengen und der daraus resultierende Druck auf die Hafenkapazitäten. Diese Phase wird als „Hafenregionalisierung“ bezeichnet. Es bildeten sich verschiedene Arten von Häfen heraus: • Haupthäfen: akquirieren in allen Marktsegmenten große Gütermengen. • Umladehäfen: generieren umfangreiche Containerströme, haben jedoch keinen

    wesentlichen Anteil an der Verteilung in das Hinterland. • Zweitrangige Häfen: spielen eine wichtige Rolle bei der Bündelung und Verteilung von

    Gütern. Die Umschlagsfunktion kann ebenfalls ins Gewicht fallen, doch werden geringere Mengen generiert als in den Haupt- und Umladehäfen.

    • Drittrangige Häfen: bedienen größtenteils das unmittelbare Hinterland. Diese Häfen sind meist nicht in allen Marktsegmenten tätig.

    Gegenwärtig vollzieht sich eine „Terminalisierungs-Phase“: Im Hafengeschäft verlagert sich der Akzent auf die Terminals, über die das Hinterland bedient wird. Angetrieben wird dieser Prozess durch internationale Investitionen, ein anhaltendes Mengenwachstum und Kapazitätsengpässe in einigen Häfen. Die Häfen sind nicht länger reine Umschlagszentren, sondern wichtige logistische Knotenpunkte mit funktionaler Anbindung an die Distributionswege ins Hinterland. Binnenterminals werden sich zu wichtigen Konsolidierungszentren für die Seehäfen entwickeln. Sie übernehmen nicht nur die Bündelung der Fracht und entlasten damit die Seehäfen, sondern fungieren auch als Distributionsdrehscheiben. Zusammen bilden die Seehäfen und die Binnenterminals ein integriertes intermodales Verkehrssystem, das die europäischen Lieferketten bedient.

  • Die sich wandelnde Rolle der EU-Seehäfen in der globalen maritimen Logistik ____________________________________________________________________________________________

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    Ebenso wie die Rolle der Häfen innerhalb der Logistikketten wandelt sich auch die Rolle der Hafenbehörden. Waren sie früher in erster Linie für die Verwaltung, die Infrastruktur und die Kapazitätszuweisung zuständig, so liegt ihr Tätigkeitsschwerpunkt heute auf der Hinterland-Anbindung des Hafengebiets durch unterschiedliche intermodale Transportverbindungen. Die künftige Hauptaufgabe der Hafenbehörden ist der Abbau von Hindernissen in Logistikketten durch: • Optimierung von Hafenabläufen und -infrastrukturen; • Schaffung gemeinsamer Foren mit allen Beteiligten zur Erörterung von Problemen, die

    die Logistikleistung beeinträchtigen; • Förderung und Aufrechterhaltung eines effizienten intermodalen Verkehrssystems; • Aufbau strategischer Beziehungen zum Hinterland. Während die Erweiterung der Terminalkapazitäten noch in vollem Gange ist, zeichnet sich bereits die nächste Entwicklungsphase im rasch veränderlichen Logistikmarkt ab, nämlich die Bildung echter Hafennetzwerke. Liegeplätze in Seehäfen werden allmählich zu einem äußerst knappen Gut, und eine Hafenerweiterung ist nicht immer möglich. Wenngleich sich der Prozess durch den konjunkturellen Abschwung kurzfristig verlangsamt hat, wird auf mittlere bis lange Sicht der Kapazitätsmangel in den Seehäfen wahrscheinlich wieder ein ernstes Problem darstellen. Einige Hafen-Ranges werden in 10-15 Jahren an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Durch den Aufbau von Netzwerken mit anderen Häfen derselben Range und Spezialisierung auf bestimmte Verkehre könnten sie diese Hürde überwinden. Außerdem könnten Häfen, die momentan vor allem um Transitströme konkurrieren, einen Mehrwert in Form von direkter und indirekter Beschäftigung sowie von Agglomerationsvorteilen erzeugen, der stärker zu Buche schlägt als das Umschlagaufkommen. Dies lässt sich durch Spezialisierung innerhalb eines Netzwerks erreichen. Dabei kommt es mehr denn je auf gute Verbindungen zum Hinterland an.

    Bei der Hafenentwicklung wird inzwischen großer Wert auf den Umweltschutz gelegt, da die Hafenareale in Europa nach wie vor zu den Gebieten mit der größten Umweltverschmutzung zählen. Eine nachhaltige Verkehrsmittelwahl und die verstärkte Nutzung des intermodalen Verkehrs leisten einen wesentlichen Beitrag zur Emissionssenkung in Hafengebieten. Allerdings erfordert der Übergang zum intermodalen Verkehr ein leistungsfähiges Netz von Binnenterminals und eine ausreichende Interkonnektivität, die zugleich eine Voraussetzung für starke Hafennetzwerke ist. Daraus lässt sich ableiten, dass das Europäische Parlament besonderes Augenmerk auf Intermodalität und Interkonnektivität legen sollte. Mit dem „Grünbuch über Seehäfen und Seeverkehrsinfrastruktur“ wurde bereits ein erster Schritt getan. Viele dieser Initiativen werden bereits mit Erfolg verwirklicht. Dennoch müsste sich das Europäische Parlament noch stärker mit dieser Thematik befassen. Damit die Seehäfen in der Europäischen Union trotz des Umbruchs in der Logistikbranche ihren Platz auch weiterhin behaupten, könnte das Europäische Parlament in verschiedenen Richtungen aktiv werden:

    Erarbeitung eines harmonisierten Konzepts für die Kapazitätserweiterung von Seehäfen;

    Erstellung verlässlicher Frachtprognosen; Verkehrsentlastung in Hafengebieten; Schaffung von Containerpools; Vereinfachung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften;

  • Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

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    Mindestdienstleistungsniveau der Binnenterminals; Durchführung einer detaillierten Analyse der Auswirkungen verschiedener

    Transportarten und Verteilungsanforderungen auf die Nutzung der verschiedenen Verkehrsträger;

    Ermittlung der künftigen Rolle der Hafenbehörden; Kooperation zwischen Seehäfen, Binnenhäfen und Binnenterminals.

  • Die sich wandelnde Rolle der EU-Seehäfen in der globalen maritimen Logistik ____________________________________________________________________________________________

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    1. EINLEITUNG

    1.1. Hintergrund

    Schifffahrt und Häfen spielen im internationalen Handel eine wesentliche Rolle. 90 % des Außenhandels und über 40 % des Binnenhandels der EU erfolgen auf dem Seeweg. Mit 40 % der Weltflotte ist die Führungsposition Europas in dieser globalen Wirtschaft unumstritten. Jährlich bewältigen die europäischen Seehäfen 3,5 Mrd. t Fracht und 350 Mio. Fahrgäste. Etwa 350 000 Menschen arbeiten in der Hafenwirtschaft und maritimen Dienstleistungen, deren Wertschöpfung sich zusammen auf rund 20 Mrd. EUR beläuft1. In den vergangenen 15 Jahren hat sich das Marktumfeld im globalen Seehandel deutlich gewandelt. Die Globalisierung, der Abbau von Handelshemmnissen, das rasante Wachstum der Containerschifffahrt und die Zunahme des Seehandels hatten Auswirkungen auf den Seehandel und die Logistikketten. Seit Mitte 2008 wird auch das Frachtvolumen durch den weltweiten Konjunkturrückgang beeinflusst. Die internationalen Lieferketten sind zunehmend komplexer geworden. Bedingt durch die Anforderungen der Kunden, geht der Trend zur Entwicklung von Dienstleistungen rund um die integrierte Lieferkette. Durch die Fortschritte in der Informationstechnologie nehmen die technischen Möglichkeiten zu. Die Rolle und strategische Position der Hauptakteure in der maritimen Logistik sind in ständigem Wandel begriffen. Zugleich ist eine Tendenz zur Umstrukturierung und zur Marktkonzentration von Linienreedereien und Containerterminalbetreibern auf der Grundlage von Abkommen, Fusionen und Übernahmen zu beobachten. Diese Entwicklungen haben unter anderem hinsichtlich der Kapazitätsentwicklung für die EU-Seehäfen als maßgebliche Schnittstellen in der internationalen maritimen Logistikkette erhebliche Konsequenzen.

    1.2. Ziele der Studie

    Vor diesem Hintergrund werden mit der vorliegenden Studie folgende Ziele verfolgt:

    • Unterrichtung des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments über aktuelle Veränderungen und Entwicklungen in der globalen maritimen Logistik und im globalen Seehandel;

    • Vornahme einer detaillierten Analyse der Auswirkungen der erwähnten Entwicklungen auf die Häfen und ihre Kapazität, Rolle und strategische Position gegenüber anderen Schlüsselakteuren im Logistikbereich;

    • Vorlage von Empfehlungen an die politischen Entscheidungsträger der Europäischen Union.

    1 Europäische Kommission, „Grünbuch: Die künftige Meerespolitik der EU: Eine europäische Vision für Ozeane

    und Meere“, 7.6.2006.

  • Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

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    1.3. Inhalt

    Die Studie gliedert sich wie folgt: Kapitel 2 gibt einen Überblick über aktuelle Entwicklungen in der internationalen maritimen Logistik, beginnend mit einer Analyse der Trends im globalen Handel, in den Lieferketten und der Logistikbranche. Gegenstand von Kapitel 3 ist die Einschätzung und Erläuterung des Funktionswandels der EU-Häfen und der neuen Herausforderungen, denen sie sich angesichts der Umwälzungen im Logistikbereich und in den Marktkonstellationen gegenübersehen. Im ersten Teil dieses Kapitels wird die Entstehung von Hafenorganisationen unter Berücksichtigung der Entwicklungen im See- und Hinterlandverkehr geschildert. Im zweiten Teil geht es um die derzeitige Situation und künftige Perspektiven. Kapitel 4 enthält Empfehlungen an die politische Entscheidungsebene der EU. Die ausschlaggebende Frage dabei ist, durch welche Maßnahmen die EU eine erfolgreiche und nachhaltige Entwicklung der EU-Häfen fördern kann, wobei es ihr künftiges Wachstum einschließlich potenzieller Kapazitätsprobleme, ihre Rolle in der maritimen Logistikkette und ihre Funktion im europäischen Verkehrssystem im Allgemeinen zu berücksichtigen gilt.

  • Die sich wandelnde Rolle der EU-Seehäfen in der globalen maritimen Logistik ____________________________________________________________________________________________

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    2. ENTWICKLUNGEN IM SEEVERKEHR UND IN DER LOGISTIK

    2.1. Einleitung

    Dieses Kapitel vermittelt einen Überblick über die Entwicklungen, die Konsequenzen für die Seehäfen haben. Zunächst werden die Veränderungen im internationalen Handel und deren Auswirkungen auf Lieferketten und Logistik betrachtet. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei den Auswirkungen des weltweiten konjunkturellen Abschwungs geschenkt. Im zweiten Abschnitt steht der Containermarkt im Mittelpunkt, der derzeitig entscheidenden Einfluss auf die Hafenentwicklung nimmt In den darauf folgenden Abschnitten geht es um andere Marktsegmente wie Stückgut, RoRo (Roll on/Roll off) und Trocken- bzw. Flüssigmassengut. Obwohl diese Märkte in gewisser Weise im Schatten des boomenden Containermarktes stehen, tragen sie doch wesentlich zum Handel und zur Entwicklung in der Welt bei.

    2.2. Trends in Handel und Logistik

    2.2.1. Entwicklung des Handels

    Infolge des Wachstums der Weltwirtschaft und der ständigen Zunahme der Weltbevölkerung sowie des weltweiten Einkommens sind auch die Handelsströme stark angewachsen. Weitere begünstigende Faktoren waren die Liberalisierung des Handels, die Globalisierung, das Outsourcing und die Senkung der Beförderungstarife bei gleichzeitiger Steigerung der Transporteffizienz. Das intraregionale Aufkommen spielt zwar speziell in der EU noch immer eine wesentliche Rolle, doch die Umwälzungen im wirtschaftlichen und politischen Umfeld hatten einen Anstieg der interkontinentalen Güterströme zur Folge, der seinerseits tief greifende Veränderungen im Verkehrssektor, in der Logistikbranche und im Lieferkettenmanagement mit sich brachte. Wirtschaftswachstum Im Zeitraum 2000-2007 wuchs das weltweite BIP2 um durchschnittlich 3 % pro Jahr (WTO, 2007). Zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union besteht hinsichtlich des BIP-Wachstums ein großes Gefälle. Die stärkste Steigerung wurde in dieser Zeit im Allgemeinen in den mittel- und osteuropäischen Staaten verzeichnet, die der EU 2004 bzw. 2007 beitraten. Anhang 1 enthält eine Übersicht über die Wachstumsraten der einzelnen Mitgliedstaaten. Im Februar 2008 wurde für das BIP der EU—27 im Jahr 2008 ein Wachstum von 2,4 % prognostiziert, doch real wurden in jenem Jahr lediglich 0,9 % erreicht. Für 2009 wurde allgemein eine Vorhersage von 2,4 % Wachstum angenommen, doch der reale Zuwachs wird auf -4 % geschätzt (siehe Anhang 2). Warenhandel In Anbetracht der geschilderten Trends nimmt es nicht wunder, dass der Warenhandel im letzten Jahrzehnt kräftig zugelegt hat. Besonders stark stiegen die Exporte aus Asien und vor allem aus China (Tabelle 2.1). Auf der Importseite verzeichneten Süd- und

    2 BIP: Bruttoinlandsprodukt: Gesamtwert aller für den Endverbrauch bestimmten Waren und Dienstleistungen,

    die in einem Land oder einer Region innerhalb eines bestimmten Zeitraums produziert werden. Außerdem entspricht es der Summe der Wertschöpfung auf allen Stufen der Produktion von Waren und Dienstleistungen.

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    Mittelamerika sowie die Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) einen Wachstumsschub. Weitere bedeutende Einfuhrregionen sind Afrika und der Nahe Osten.

    Tabelle 2.1. Volumenmäßiges Wachstum des weltweiten Warenhandels in ausgewählten Regionen und Volkswirtschaften (Jahresdurchschnitt in %, 2000-

    2008)

    Exporte Länder/Regionen Importe 2000-2006 2007 2008 2000-2006 2007 2008

    5,0 6,0 2,0 Welt 5,0 6,0 2,0 3,0 5,0 1,5 Nordamerika 5,0 2,0 -2,5 6,0 3,0 1,5 Süd- und Mittelamerika 6,0 17,5 15,5 4,0 4,0 0,5 Europa 4,0 4,0 -1,0 4,0 3,5 0,0 EU (27) 3,0 3,5 -1,0

    8,0 8,4 5,5 Gemeinschaft Unabhängiger

    Staaten 17,0 20,0 15,0 10,0 11,5 4,5 Asien 9,0 8,0 4,0

    Quelle: WTO (2009) Der weltweite Warenhandel hat stärker zugenommen als das weltweite BIP, was sich ohne Frage auf die zunehmende Globalisierung und wirtschaftliche Integration zurückführen lässt. Bei den Industrienationen war die gestiegene globale Nachfrage nach Investitionsgütern für das Exportwachstum verantwortlich. Während die EU-Exporte 2007 um 3,5 % zunahmen, kam es 2008 zu einem Stillstand. Der wirtschaftliche Abschwung setzte Mitte 2008 ein. Der Warenhandel stieg „lediglich“ um 2 % gegenüber 6 % im Vorjahr. Laut WTO wird der weltweite Warenhandel 2009 vermutlich um etwa 9 % zurückgehen. Für die Industrienationen wird ein durchschnittlicher Rückgang der Ausfuhren um 10 % vorausgesagt, während er bei den Entwicklungsländern bei 2-3 % liegen wird. Wie aus Abbildung 2.1 ersichtlich, entfällt nach wie vor ein Großteil des weltweiten Warenhandels auf den intraregionalen Handel (Zahlen für 2007). Dies gilt insbesondere für Europa. Der wertmäßige Anteil des innereuropäischen Handels am weltweiten Warenhandel betrug mehr als 31 %, während der interregionale Handel zwischen Europa und anderen Teilen der Welt 23 % ausmachte (Tabelle 2.2). Daraus ergeben sich zwei Schlussfolgerungen: • Der innereuropäische Handel erbringt einen großen Teil der Handelsvolumen. • Europa erbringt einen großen Teil des Gesamtwerts des weltweiten Warenhandels.

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    Abbildung 2.1. Intraregionale Warenströme 2007

    Quelle: WTO (2008)

    Legende: Intraregionaler Handel 54,8 % des weltweiten Warenhandels Billion Milliarde

    Tabelle 2.2. Anteil des intra- und interregionalen Warenhandels, 2007 Ziel

    Ursprung Nord

    amer

    ika

    Süd-

    und

    Mitte

    lam

    erik

    a

    Euro

    pa

    GU

    S

    Afr

    ika

    Nah

    er O

    sten

    Asi

    en

    Wel

    t Welt 18,5 3,3 43,7 2,9 2,6 3,5 24,2 100,0 Nordamerika 7,0 1,0 2,4 0,1 0,2 0,4 2,6 13,6 Süd- und Mittelamerika 1,1 0,9 0,8 0,0 0,1 0,1 0,6 3,7 Europa 3,4 0,6 31,2 1,4 1,1 1,1 3,2 42,4 GUS 0,2 0,0 2,1 0,8 0,1 0,1 0,4 3,7 Afrika 0,7 0,1 1,2 0,0 0,3 0,1 0,6 3,1 Naher Osten 0,6 0,0 0,8 0,0 0,2 0,7 2,9 5,6 Asien 5,6 0,7 5,2 0,6 0,7 1,1 13,9 27,9

    Quelle: WTO (2009) Seehandel Die Zunahme des Welt-BIP und des Weltwarenhandels wirkt sich unmittelbar auf den Seehandel und die Nachfrage nach Schifffahrtsdiensten aus. Schätzungen zufolge wurden 2007 in den Häfen der Welt 8,02 Mrd. t Güter verladen, was einer jährlichen Wachstumsrate von 4,8 % entspricht (UNCTAD, 2008). Tankerladungen machten dabei ein Drittel der weltweit verladenen Güter aus, doch den größten Anteil (ca. zwei Drittel) hatten Trockenladungen, also Schüttgut, Massenstückgut und Containergut. Die geografische Aufschlüsselung nach Kontinenten zeigt, dass Asien mit einem Anteil von 40 % an erster

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    20

    Stelle liegt, gefolgt von Amerika mit 23 % und Europa mit 18 %. Auf diese drei Kontinente entfielen über 80 % aller verladenen Güter. Afrika erreichte 10 % und Ozeanien 9 %. Mit den Gütermengen nahm auch die Zahl der Tonnenmeilen zu, die im Jahresvergleich 2007 zu 2000 um 39 % auf 32,932 Mrd. stieg (UNCTAD, 2008). Im Vergleich zu 2006 erhöhte sich die Zahl der Tonnenmeilen um 4,7 %. In ihrer „Review of Maritime Transport“ 2008 schätzte UNCTAD, dass der weltweite Seehandel bis 2020 um 44 % zunehmen und sich bis 2030 verdoppeln, also möglicherweise 11,5 Mrd. t bzw. 16,04 Mrd. erreichen wird. Diese Schätzungen gehen von einer jährlichen Zuwachsrate von 3,1 % aus, was der jährlichen durchschnittlichen Wachstumsrate des weltweiten Seehandels der letzten drei Jahrzehnte entspricht. Allerdings ist nicht klar, wie sich der globale wirtschaftliche Abschwung kurz- bis mittelfristig auswirken wird. Die optimistischen Handelsprognosen von Anfang 2008 haben sich als unzutreffend erwiesen, und die Krise hat den Verkehrssektor stark erschüttert. Analysten sprechen davon, dass der Abwärtstrend bei der Nachfrage nach Schifffahrtsdiensten zwei bis drei Jahre anhalten und ab 2012 ein Aufschwung einsetzen wird. Dieses vorhergesagte Wachstum könnte allerdings vor oder nach 2012 eintreten. Umschlagvolumen in den EU-Häfen Da 22 EU-Mitgliedstaaten eine Küste haben, verfügt die Union über ein breites Spektrum an Seehäfen. Schätzungen zufolge haben diese Häfen 2006 insgesamt fast 3,8 Mrd. t umgeschlagen, davon 63 % ankommende und 37 % abgehende Güter. Mehr als 1,9 Mrd. t des Volumens der EU-27 entfielen auf den Kurzstrecken-Seeverkehr, was 62 % des Gesamtvolumens der auf dem Seeweg beförderten Waren entspricht. Von den über 1000 Seehäfen in der EU verzeichnen rund 300 ein jährliches Verkehrsaufkommen von mehr als 1 Mio. t Fracht bzw. 350 000 Passagieren. Das größte Marktsegment im Frachtsektor waren Flüssiggüter (37,9 %), gefolgt von Schüttgütern (24,1 %) und Containergütern (21 %). Auf RoRo und Stückgut entfielen 10,8 % bzw. 6,2 %. In den „Top Fünf“ - Rotterdam, Antwerpen, Hamburg, Marseille und Amsterdam – wurden 2007 ca. 915 Mio. t umgeschlagen, was 24 % des Gesamtumschlags entspricht. Die „Top 10“ hatten einen Anteil von gut 33 %. Auf Rotterdam, den mit Abstand größten europäischen Umschlagplatz für Container-, Flüssig- und Schüttgut, entfallen über 10 % des europäischen Gesamtumschlags (Tabelle 2.3). Aufgrund der Nähe zu wichtigen europäischen Produktions- und Verbrauchermärkten liegen die größten Häfen im Nordwesten Europas - in Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden. Im Süden Europas und im Mittelmeerraum verfügen Frankreich, Italien, Spanien und Rumänien über die größten Häfen. Wie sich zeigt, befanden sich viele EU-Häfen im Zeitraum 2000-2007 auf Wachstumskurs. Wachstumsraten von mehr als 50 % verzeichneten die deutschen Häfen Hamburg und Bremen. Gleiches gilt für diesen Zeitraum auch für die spanischen Häfen Algeciras, Valencia und Barcelona sowie für Gioia Tauro (Italien), Constanţa (Rumänien) und Riga (Lettland).

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    21

    Tabelle 2.3. Die 45 umschlagstärksten EU-Häfen, in der Rangfolge von 2007 (in Mio. t)

    HAFEN 2000 2004 2005 2006 2007 2008 Veränd. 00/07

    Veränd. 07/08

    Rotterdam NL 320,0 352,8 370,2 378,2 406,8 421,0 +27,1 % +3,5 % Antwerpen BE 130,5 152,3 160,1 167,4 182,9 189,4 +45,1 % +3,6 % Hamburg DE 85,9 114,5 125,9 135,3 140,9 140,4 +64,0 % -0,3 % Marseille FR 94,1 94,1 96,5 100,0 96,3 96,0 +2,3 % -0,3 % Amsterdam NL 64,1 73,2 78,9 84,3 87,8 94,8 +37,0 % +8,0 % Le Havre FR 67,5 76,2 75,0 73,9 78,9 80,5 +16,9 % +2,0 % Algeciras ES 44,0 61,3 63,5 66,3 74,5 74,8 +69,3 % +0,4 % Bremen DE 44,8 52,3 54,2 64,6 69,1 74,5 +54,2 % +7,8 % Immingham UK 50,0 57,6 60,7 64,0 66,3 65,3 +32,6 % -1,5 % Constanţa RO 33,1 50,4 60,6 57,1 57,8 61,8 +74,6 % +6,9 % Genua IT 50,8 55,8 55,2 55,0 57,2 55,7 +12,6 % -2,6 % Dünkirchen FR 45,3 51,0 53,4 56,6 57,1 57,7 +26,0 % +1,0 % Valencia ES 25,2 37,5 40,9 47,3 53,3 59,7 +111,5 % +12 % London UK 47,9 53,3 53,8 51,9 52,7 53,0 +10,0 % +0,6 % Barcelona ES 29,8 39,3 43,8 46,4 50,0 50,5 +67,8 % +1,0 % Tees & Hartlepool UK 51,5 53,8 55,8 53,3 49,8 45,4 -3,3 % -8,8 % Taranto IT 33,9 43,6 47,7 49,4 47,2 43,3 +39,2 % -8,3 % Triest IT 47,6 47,3 47,8 48,2 46,1 48,3 -3,2 % +4,8 % Southampton UK 34,8 38,4 40,0 40,6 43,8 41 +25,9 % -6,4 % Wilhelmshaven DE 43,4 45,1 46,0 43,1 42,7 40,3 -1,6 % -5,6 % Zeebrügge BE 35,5 31,8 35,6 39,5 42,1 42,0 +18,6 % -0,2 % Calais FR 31,9 37,9 38,3 40,5 41,5 40,4 +30,1 % -2,7 % Göteborg SE 33,1 36,9 37,1 40,7 41,1 43,3 +24,2 % +5,4 % Bilbao ES 27,5 31,6 33,2 37,2 38,4 38,0 +39,6 % -1,0 % Forth Ports UK 41,1 34,9 34,2 31,6 36,7 39,1 -1,07 % +6,5 % Tarragona ES 27,3 29,8 31,0 31,3 36,1 33,3 +32,2 % -7,8 % Tallinn EE 29,2 37,3 39,4 41,1 36,0 29,0 +23,3 % -19,4 % Milford Haven UK 33,8 38,5 37,5 34,3 35,5 35,9 +5,0 % +1,1 % Gioia Tauro IT 21,6 29,4 24,8 28,6 35,4 -- +63,9 % -- Nantes St Nazaire FR 36,6 35,1 38,2 38,6 34,0 32,9 -7,1 % -3,2 % Leghorn IT 24,6 27,1 28,2 28,6 32,9 -- +33,7 % -- Lübeck DE 25,7 24,7 27,6 30,2 32,3 -- +25,7 % -- Liverpool UK 30,6 32,2 33,8 33,5 32,3 32,2 +5,6 % -0,3 % Ventspils LV 34,8 27,8 29,9 29,1 31,0 28,6 -10,9 % -7,7 % Dublin IE 21,0 25,3 26,9 29,3 30,9 29,5 +47,1 % -4,5 % Venedig IT 28,2 29,8 29,1 30,9 30,2 30,2 +7,1 % 0,0 % Klaipeda LT 19,4 20,3 21,8 23,6 27,4 29,9 +41,2 % +9,1 % Rostock DE 22,1 21,8 22,9 25,2 26,5 27,2 +19,9 % +2,6 % Ravenna IT 22,7 25,4 23,9 26,8 26,3 -- +15,9 % -- Riga LV 13,4 24,0 24,4 25,4 25,9 29,6 +93,3 % +14,3 % Felixstowe UK 29,7 23,4 23,1 24,6 25,7 25,0 -13,5 % -2,7 % Gent BE 24,0 25,0 22,2 24,1 25,1 27,0 +4,6 % +7,7 % Cartagena ES 17,2 23,2 26,7 25,5 24,0 25,6 +39,5 % +6,7 % Rouen FR -- 20,2 22,0 23,3 22,2 22,6 -- +1,8 % Neapel IT 15,0 19,7 21,0 20,8 21,5 19,4 +43,3 % -9,8 % (--) Keine Angaben

    Quelle: ISL (2008) und Websites verschiedener Häfen (2009)

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    22

    Die Tabelle 2.3 bestätigt auch, dass das starke Wachstum 2008 zum Stillstand kam, denn in vielen Häfen hat der Umschlag nur noch begrenzt zugenommen und in einigen Fällen ist er sogar zurückgegangen. Zwar verzeichnete das erste Halbjahr 2008 noch positive Ergebnisse, doch ab Mitte 2008 machten sich die Auswirkungen der Wirtschaftskrise bemerkbar. Diese Entwicklung setzte sich 2009 fort. Es ist noch zu früh für einen vollständigen Überblick, doch die Zahlen von ausgewählten Häfen von Mitte des Jahres deuten darauf hin, dass die EU-Häfen am Jahresende 2009 weniger Güter umgeschlagen haben werden.

    Abbildung 2.2. Halbjahreszahlen für den Umschlag in ausgewählten Häfen (in Mio. t)

    Quelle: BCI, nach Angaben auf Websites verschiedener Häfen (2009) Handelsrouten Wie bereits erwähnt, hat sich das Wachstum des Handels – sowie des Seefrachtaufkommens – seit 2008 aufgrund der weltweiten wirtschaftlichen Rezession verlangsamt. Weniger klar ist, ob künftig die internationalen Handelsrouten nach und von Europa praktisch unverändert bleiben. Die wichtigsten derzeitigen Seehandelsströme sind aus Abbildung 2.3. ersichtlich.

    0

    50

    100

    150

    200

    250

    Rotterdam Antwerpen Hamburg Marseille Le Havre Barcelona Zeebrügge

    Mio. t

    Januar 2008 - Juni 2008

    Januar 2009 - Juni 2009

    -13,4%

    -19,9%

    -23,7%

    -13,0%-1,7%

    -23,5%-3,8%

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    23

    Abbildung 2.3. Die bedeutendsten Seehandelsrouten

    Quelle: Rodrigue, Universität Hofstra (2006)

    Einige neue Entwicklungen könnten Folgen haben:

    • Polare Schifffahrtsrouten: Infolge der globalen Erwärmung könnte eine neue Passage durch die Arktis entstehen. Die durch die arktischen Gewässer Kanadas verlaufende Nordwestpassage könnte ab 2020 durchgehend schiffbar sein, womit sich die Transitzeiten und damit die Zahl der Tonnenmeilen sowie die Transportkosten verringern. Diese neue Route wird keine nennenswerten Auswirkungen auf die Handelsströme haben.

    • Landrouten per Schiene: In Anbetracht des steigenden Warenaustausches zwischen China und Europa rückt die Schaffung einer Landbrücke als Alternative zur Hochseeschifffahrt zunehmend in den Blickpunkt. Obwohl sich diese landseitige Alternative bisher als zu kostspielig erwiesen hat – was vor allem an betriebs- und verwaltungstechnischen Schwierigkeiten lag –, wird sie zunehmend interessanter, da immer mehr Produktionsstätten ins chinesische Hinterland verlagert werden. Die Rentabilitätsschwelle ist erst erreicht, wenn sich der Unternehmensstandort mehr als 1000 km im Landesinnern befindet. Allerdings beträgt die Gesamtkapazität eines normalen Zuges nicht einmal 1 % der Kapazität eines durchschnittlichen Hochseeschiffes.3

    • Erweiterung des Panamakanals: Die neuen Schleusen werden die Durchfahrt von Schiffen mit maximal 366 Metern Länge und 15 Metern Tiefgang ermöglichen. Das entspricht einem Containerschiff von 12 500 TEU4 oder einem Massengutfrachter mit 120 000 dwt5. Da auf diesen Routen größere Schiffe bei kürzeren Transitzeiten eingesetzt werden können, ist die Umfahrung von Kap Horn nicht mehr erforderlich.

    • Ausbau des Suez-Kanals: Dieser Kanal soll schrittweise von momentan 16 Metern auf 21 Meter ausgebaggert werden. Nach Abschluss der Arbeiten wird der Suez-Kanal auch für die größten Containerschiffe passierbar sein.

    In Abbildung 2.4. werden mögliche künftige Routen aufgezeigt.

    3 Im Falle der Doppelstapelung der Container kann dieser Anteil doppelt so groß sein (vgl. Mini-Landbrücken in

    den USA). 4 Twenty-foot Equivalent Unit: 20-Fuß-Container = ISO-Standardmaß für Container, auch als Maß für die

    Stellplatzkapazität eines Schiffes verwendet. Ein Containerschiff von 10 000 TEU beispielsweise kann theoretisch maximal 10 000 20-Fuß-Container aufnehmen.

    5 Deadweight tonnes: maximale Tragfähigkeit eines Schiffes in metrischen Tonnen.

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    24

    Abbildung 2.4. Alternativrouten im Ost-West-Handel

    Quelle: Rodrigue, Universität Hofstra

    Erster Peking-Hamburg-Container-Express erreicht Hamburg „...Nach nur 15 Tagen hat der erste Ganzzug aus Peking Hamburg erreicht. Am 9. Januar ging er in Peking auf die Reise durch die Mongolei, Russland, Weißrussland, Polen und Deutschland. Verglichen mit dem Seetransit von 30 Tagen verkürzt der Zug die Reisezeit um 15 und später um 20 Tage. „Darüber hinaus sind wir bei vielen Gütern wesentlich günstiger als die Luftfracht. Jetzt gilt es, gemeinsam mit allen Partnern die Erfahrungen auszuwerten und die nächsten Schritte festzulegen“, sagte Norbert Bensel, Vorstand Transport und Logistik der DB AG.“

    Welt Online, 25.1.2008 2.2.2. Lieferketten und Logistik

    Bei den zunehmend weltumspannenden Produktionssystemen, die stark integriert und verflochten sind, fungieren Warenketten als Bindeglieder. Diese Warenketten lassen sich definieren als funktional integrierte Netzwerke von Produktions-, Handels- und Dienstleistungsoperationen, die alle Stufen der Lieferkette angefangen von der Rohstoffverarbeitung über die Zwischenproduktion bis hin zur Belieferung des Marktes mit dem Fertigerzeugnis umfassen. Die Integration der Warenketten erfolgt durch Transportketten, die die Waren, Einzelteile und Rohstoffe vom Ort der Gewinnung und Verarbeitung zu den Märkten befördern (Rodrigue, 2006). Eine Warenkette ist somit ein stufenweiser Prozess innerhalb eines Produktionssystems, der von der Beschaffung der Ausgangsstoffe über deren Verarbeitung zu Teilen und Waren bis zur abschließenden Distribution der fertigen Erzeugnisse an die Märkte reicht. Unterstützt wird sie durch Lieferketten und Logistiksysteme, die eine Grundvoraussetzung für globale Produktionsnetzwerke darstellen.

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    Lieferkettenstrukturen In der EU mit ihren 27 Mitgliedstaaten, über 4 Mio. km2 Fläche und insgesamt rund 500 Mio. Einwohnern weist der Erzeuger- und Verbrauchermarkt eine hohe Dichte und zugleich eine große geografische Ausdehnung auf. Die Anforderungen an die Produkte unterscheiden sich je nach Land und Marktsegment. Daher gibt es keine allgemeingültige Ideallösung für die Lieferkettenstruktur. Die Erzeugnisse können auf verschiedenen Wegen auf die europäischen Erzeuger- und Verbrauchermärkte gebracht werden. Zunächst muss ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen Kostenminimierung und Dienstleistungsoptimierung gefunden werden. Zu den Bestimmungsfaktoren für eine optimale Lieferkettenstruktur gehören unter anderem • die Produktions- / Beschaffungsstandorte • die Strategie für den ein- bzw. abgehenden Verkehr • der Geschäftsumfang • die Art des Erzeugnisses • die Kundenstandorte • die erforderliche Vorlaufzeit bis zur Vermarktung Es lassen sich vier typische Lieferkettenstrukturen ausmachen: 1. Direktvertrieb: Die Erzeugnisse werden direkt vom Hersteller zum Bestimmungsort

    befördert (Abbildung 2.5). Diese Struktur findet sich vor allem bei Unternehmen, die neu in den Export auf den europäischen Markt eingestiegen sind, sowie bei Märkten, in denen es auf kurze Lieferzeiten ankommt. In der Automobilindustrie beispielsweise werden Einzelteile in vielen Fällen direkt vom Fertigungsbetrieb zum Montagewerk transportiert.

    Abbildung 2.5. Direktvertrieb

    Quelle: Buck Consultants International

    Legende: Vendor Verkäufer Plant Betrieb Customer Kunde 2. Zentrale europäische Vertriebsstruktur: In diesem Falle lagern die Unternehmen

    ihre für den europäischen Markt bestimmten Waren in zentral gelegenen europäischen Distributionszentren (EDZ), von denen aus der Markt bedient wird (Abbildung 2.6). Diese Struktur wurde Anfang der 1990er Jahre eingeführt, als mit der Schaffung des Binnenmarktes auch der Transport von Waren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erleichtert wurde. Oft bieten diese EDZ logistische Mehrwertdienste an, damit die Produkte auf das Land oder den Kunden zugeschnitten werden können. Die EDZ werden vorrangig für Produkte mit geringer Umschlagshäufigkeit genutzt.

    Vendor Plant Customer

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    26

    Textilien sind ein Beispiel für Produkte, die im Allgemeinen über EDZ vertrieben werden.

    Abbildung 2.6. Vertrieb über ein europäisches Distributionszentrum

    Quelle: Buck Consultants International

    Legende: Vendor Verkäufer Plant – Betrieb EDC EDZ Customer Kunde

    3. Massendistributionszentren mit lokalen Satelliten-Lagern: Die Erzeugnisse

    werden vom Hersteller zu einem zentralen Massendistributionszentrum (Bulk Distribution Centre, BDC) befördert. Das BDC bedient den Markt entweder direkt oder über Satelliten-Lager (SDC), deren Bestände es auffüllt (Abbildung 2.7). Die logistischen Mehrwertdienste werden im Allgemeinen von den Satelliten-Lagern übernommen.

    Abbildung 2.7. Vertrieb über Massendistributionszentren

    Quelle: Buck Consultants International

    Legende: Vendor Verkäufer Plant – Betrieb Customer - Kunde 4. Regionale Distributionszentren: Verschiedene Regionen innerhalb des europäischen

    Markts werden über regionale Distributionszentren (RDZ) bedient. Für die logistischen Mehrwertdienste sind die RDZ zuständig, von denen aus die Produkte zu den Märkten befördert werden. RDZ werden vor allem für Produkte mit hoher Umschlagshäufigkeit genutzt. Beispielsweise erfordert der Vertrieb leicht verderblicher Lebensmittel ein kleineres, marktnäheres Vertriebssystem, das auf regionaler Ebene organisiert ist. Aufgrund des Charakters dieser Erzeugnisse sind lange Transporte über weite Strecken praktisch nicht möglich.

    Vendor PlantBDC

    SDC

    SDCCustomerVendor Plant

    BDC

    SDC

    SDCCustomer

    Vendor Plant CustomerCDC

    Vendor Plant CustomerCDCEDC

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    27

    Abbildung 2.8. Vertrieb über regionale Distributionszentren

    Quelle: Buck Consultants International Legende: Vendor Verkäufer Plant Betrieb Customer Kunde

    Wie bereits ausgeführt, sind dies keinesfalls starre Strukturen. Auf dem europäischen Logistikmarkt finden sich die unterschiedlichsten Lieferkettenstrukturen. Logistikketten In einer globalen und wettbewerbsorientierten Wirtschaft sind die Produktionskosten ein ausschlaggebender Faktor. Aus diesem Grunde werden inzwischen nicht nur Teile der Produktion, sondern auch Lagerhaltung und Vertrieb ausgelagert. Die Konzentration auf das Kerngeschäft ermöglicht es den Produzenten, Größenvorteile zu erzielen und die Kosten zu senken (Lagerbestände, Arbeitskräfte, Maschinen usw.). Die sekundären Funktionen werden an Lohnhersteller übertragen. Diese Unternehmen können größere Stückzahlen herstellen, weil sie mehrere Kunden beliefern. Größere Stückzahlen bedeuten höhere Effizienz, Skalenerträge und eine Verringerung der Produktionskosten. Seit dem Abbau historischer Handelsbarrieren und der Senkung von Einfuhrzöllen werden oft Zulieferer aus Regionen ausgewählt, in denen die Investitionskosten geringer sind, darunter vor allem in osteuropäischen und asiatischen Ländern6 (geografische Integration). Die wachsende Nachfrage nach Transportleistungen ist eine direkte Folge dieser Outsourcing-Prozesse. Ein weiterer Trend ist die Verlagerung von Unternehmensteilen in diese Regionen. Zwar sind die Transportkosten und das Risiko von Lagerengpässen bei diesem Lieferkettensystem höher, doch machen die Vorteile die Mehrkosten mehr als wett. Ähnlich verlief der Trend bei den Transport- und Schifffahrtsunternehmen. Sie bauten ihre Kapazitäten aus, um der Nachfrage gerecht zu werden. Auf diese Weise konnten sie Skalenerträge erzielen und die Transportkosten senken. Geringere Transportkosten wiederum ermöglichen weitere Outsourcing-Aktivitäten und Verlagerungen, bei denen größtenteils Verbundvorteile und/oder die Vernetzung durch Fusionen und Übernahmen sowie durch horizontale und vertikale Integration genutzt werden. Um die sich wandelnden Lieferketten zu unterstützen, müssen die Reedereien nicht nur ihre Flotten erweitern, sondern auch Zeitpläne und Dienste neu organisieren. Aufgrund von Outsourcing, Auslandsverlagerung, Bestandsreduzierung und Just-in-time-Lieferungen sind die Unternehmen stark auf ein zuverlässiges Transportsystem angewiesen. Die meisten großen Transport- und Speditionsunternehmen reagierten auf die veränderten Marktbedingungen, indem sie sich neu profilierten und von reinen Transporteuren bzw.

    6 Die Verlagerung nach Osteuropa wird als Near-Shoring bezeichnet. Die Verlagerung auf einen anderen

    Kontinent, z. B. nach Asien, wird Off-Shoring genannt.

    Vendor Plant

    RDC

    RDC

    Customer

    Customer

    Vendor Plant

    RDC

    RDC

    Customer

    Customer

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    28

    Spediteuren zu 3PL- oder 4PL-Anbietern7 entwickelten. Neben intermodalen Transporten und Lagereidiensten bieten sie jetzt auch Mehrwertleistungen in den Bereichen Verpackung, Kontraktlogistik und IT-Dienste an. In vielen Fällen wurde diese vertikale und horizontale Integration durch Fusionen und Übernahmen realisiert. Häufig siedeln sich die Logistikanbieter direkt in oder in der Nähe von Distributionszentren an. Dieselbe Entwicklung ist bei den führenden Containerreedereien zu beobachten, die zunehmend Speditions- und Haus-zu-Haus-Dienste anbieten. Abbildung 2.9 illustriert diese Integration von Geschäftsfeldern.

    Abbildung 2.9. Integration von Dienstleistungen

    Quelle: Notteboom & Rodrigue (2004), nach Angaben von Robinson (2002)

    Legende: Maritime Distribution Distribution auf dem Seeweg Land Distribution Distribution auf dem Landweg Economies of scale Skalenvorteile Shipping line Reederei Shipping Agent Schiffsagent Custom Agent Zollagent Rail/Trucking Transport per Schiene/Lkw Trucking Lkw-Transport Stevedore Hafenarbeiter Freight forwarder Spediteur Depot Lager Terminal Terminal Customer Kunde Megacarrier Mega-Carrier

    7 3PL: Third Party Logistics Service Provider: ein Dienstleistungsanbieter, der für seine Kunden Transport- und

    Logistikdienste unter Einsatz eigener Ressourcen erbringt. 4PL: Fourth Party Logistics Service Provider: ein Dienstleistungsanbieter, der die Lieferketten von Herstellern unter Nutzung von Diensten der 3PL-Anbieter organisiert.

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    29

    Level of functional integration Grad der funktionalen Integration

    Während früher die gesamte Transportkette durch Schnittstellen zwischen den Aktivitäten der verschiedenen Anbieter unterbrochen war, hat die funktionelle Integration dazu geführt, dass diese Dienstleistungen jetzt von weniger Anbietern mit einem größeren Dienstleistungsspektrum erbracht werden. Mit zunehmender Integration ergeben sich weitere Möglichkeiten für Kostensenkungen. Sowohl See- als auch Binnenhäfen stellen für alle Kontinente die wichtigsten Tore für ankommende und abgehende Transporte dar. Übergang von „Push-“ zur „Pull-“Logistik und zu Lieferketten Die oben dargestellte Entwicklung kann als Wechsel vom „Push-“ zum „Pull“-Prinzip, d. h. von der Schiebe-Logistik zur Zieh-Logistik, definiert werden. Die Schiebe-Logistik ist angebotsgesteuert, die Zieh-Logistik nachfragegesteuert. Bei einem angebotsgesteuerten Vertriebssystem werden die Erzeugnisse in der Annahme, dass das Produzierte auch konsumiert wird, auf den Markt „geschoben“. Aufgrund des geringen Integrationsgrades der Elemente der Lieferkette müssen die Teile oder Waren gelagert werden, um bei Nachfrage eine zeitnahe Lieferung zu ermöglichen. Daher erfordern diese Distributionssysteme eine umfangreiche Lagerhaltung. Bei einem nachfragegesteuerten Distributionssystem sind die Lagerbestände minimal und befinden sich zum größten Teil auf dem Transportweg, so dass diese Komponente beim Vertrieb an Bedeutung gewinnt. Da die Teile oder Waren zu einem bestimmten Zeitpunkt an den Ort der Nachfrage geliefert werden müssen, wird die Logistikkette komplexer und die Logistikanbieter spielen eine noch wichtigere Rolle als zuvor.

    2.3. Trends auf dem Containermarkt

    2.3.1. Globale Containerströme

    Der Containerverkehr hat in den letzten 20 Jahren einen enormen Aufschwung erlebt und ist der am schnellsten wachsende Sektor der maritimen Wirtschaft. Diese Entwicklung ist nicht nur auf die Zunahme der Frachtmengen zurückzuführen, sondern auch auf die neuen Produktionsprozesse und das Off-Shoring. Als dritter Faktor kommt der Substitutionseffekt durch die fortschreitende Containerisierung hinzu. Einige Fakten und Zahlen die Bedeutung des Containermarktes illustrieren:

    • Schätzungen zufolge wurden 2007 weltweit insgesamt 1,24 Mrd. t Güter in Containern befördert, was etwa 143 Mio. TEU entspricht.

    • In den letzten zwanzig Jahren hat der globale Containerverkehr (in Tonnen) im Jahresdurchschnitt um schätzungsweise 9,8 % zugenommen.

    Abbildung 2.10 vermittelt einen Überblick über diese Entwicklung.

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    30

    Abbildung 2.10. Wachstum des internationalen Containerverkehrs, 1986-2008 (in Mio. t)

    Quelle: Clarkson Research Services, 2008

    Obwohl der mengenmäßige Anteil von Containergütern am gesamten internationalen Seeverkehr 2007 nur gut 15,5 % betrug, lag der wertmäßige Anteil nach Berechnungen von Drewry Shipping bei ca. 70 %. Der Containerverkehr wird im nächsten Jahrzehnt weiter expandieren. Für 2020 werden 371 Mio. t TEU prognostiziert. Dies kommt einer Steigerung von gut 185 % bzw. einer jährlichen Zuwachsrate von 7–8 % gleich (UNCTAD, 2008). Allerdings werden hierbei die Auswirkungen der Wirtschaftskrise nicht berücksichtigt. Kurzfristig ist es recht unwahrscheinlich, dass diese Wachstumsrate beibehalten werden kann. Wie bereits gesagt, sind Analysten der Ansicht, dass die Wachstumsvorhersagen auf lange Sicht ihre Gültigkeit behalten. Demnach werden Schätzungen zufolge die Containerströme 2012-2013 den gleichen Umfang wie Ende 2008 erreicht haben und jährlich um 5-8 % weiter zunehmen. Bei einem solchen Szenario kann davon ausgegangen werden, dass bis 2020 ein Containerstrom von 211 bis 265 Mio. TEU erreicht wird. Doch das Wachstum fällt nicht in allen Regionen der Welt gleich stark aus. Zudem haben die Unterschiede zwischen Import- und Exportmengen eine Unpaarigkeit der Containerströme zur Folge. Die geografische Aufschlüsselung zeigt die Dominanz Asiens beim Export von Containergut, der den Import stark übersteigt. Aus Abbildung 2.11 wird die Unausgewogenheit bei den wichtigsten Ost-West-Verkehren ersichtlich.

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    Abbildung 2.11. Ungleichgewicht der Containerströme auf der Ost–West-Route, Angaben für 2007 (in Mio. TEU)

    17.7 Mio TEU10 Mio TEU

    4.4 Mio TEU

    2.7 Mio TEU

    4.9 Mio TEU

    15.4 Mio TEU

    Quelle: Drewry Shipping Consultants (2007) und UNCTAD (2008)

    Von Asien nach Europa (westwärts) wurden wesentlich größere Mengen befördert im Handel von Europa nach Asien (ostwärts). Ebenso unausgeglichen ist der Transatlantik-Verkehr zwischen Europa und Nordamerika. Das größte Ungleichgewicht besteht im Transpazifik-Handel. Hier werden dreimal mehr Container von Asien nach Nordamerika befördert als umgekehrt. Unklar ist, inwieweit sich die Krise auf dieses Ungleichgewicht auswirkt, doch dieses Ungleichgewicht im Containerverkehr wird ein Problem bleiben. Daraus ergeben sich natürlich erhebliche Erschwernisse bei der Containerlogistik. Der Zwang zur ständigen Rückführung von Leercontainern wirkt sich negativ auf die Betriebs- und Kosteneffizienz aus. Tabelle 2.4 zeigt die Entwicklung des Gesamtcontainerumschlages in den Häfen einschließlich der Rückführung und Umladung von Leercontainern. Es ist ein starker Anstieg der Leercontainerbewegungen von Hafen zu Hafen zu beobachten, so wie auch bei den Umlademengen ein starkes Wachstum ersichtlich ist. Tabelle 2.4. Weltweiter Containerumschlag in den Häfen in ausgewählten Jahren

    (in Mio. TEU)

    Umschlag Hafen zu

    Hafen Hafen zu

    Hafen Umladung Gesamt Voll Leer

    1990 87,9 57,4 14,6 16,0 1995 145,1 92,1 20,8 32,3 2000 235,6 136,7 36,8 62,1

    2005 (*) 381 222,5 76,2 82,3 2007 (*) 485 280,2 101,1 103,5

    Veränderung 00/07 +105,86 % +104,97 % +174,73 % +166,67 %

    (*) Schätzwert

    Quelle: UNCTAD (2008), nach Angaben von Drewry Shipping Consultants

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    32

    2.3.2. Containerumschlag in den europäischen Seehäfen

    In diesem Abschnitt soll ein kurzer Überblick über den Containerumschlag in den europäischen Seehäfen gegeben werden. Diese Seehäfen schlugen 2007 schätzungsweise 90 Mio. TEU um, wobei der See-See-Verkehr einberechnet ist (ESPO, 2008). Bei einem geschätzten Durchschnittsgewicht von 11 t per TEU entspricht dies rund 989,9 Mio. t Frachtgut. Ein Großteil davon entfiel auf intraeuropäische Transportströme. In Tabelle 2.5 sind die führenden europäischen Containerhäfen aufgeführt, die 2007 ein Aufkommen von mindestens 500 000 TEU erreichten.

    Tabelle 2.5. Führende Containerhäfen in Europa (Rangfolge 2007)

    Hafen

    2005 2006 2007 2008 Veränd.

    1. Halbj. 2009 Rotterdam NL 9 286 757 9 690 052 10 790 604 10 783 825 -15,1 % Hamburg DE 8 087 545 8 861 804 9 889 792 9 737 000 -24 %** Antwerpen BE 6 488 029 7 018 799 8 176 614 8 868 800 -18,5 % Bremerhaven DE 3 735 574 4 449 624 4 912 177 5 529 000 -20,5 % Gioia Tauro IT 3 160 981 2 938 176 3 445 337 -- -- Algeciras ES 3 179 300 3 256 776 3 414 345 3 324 310 -13,7 %** Felixstowe UK 2 730 000 3 080 000 3 342 000 -- -- Valencia ES 2 409 821 2 612 139 3 042 665 3 602 112 -- Le Havre FR 2 118 509 2 137 828 2 638 000 2 495 000 -8 % Barcelona ES 2 071 481 2 317 368 2 610 037 2 740 602 -34,6 % Zeebrügge BE 1 407 933 1 653 493 2 020 723 2 209 713 +4 % Marsaxlokk MA 1 309 000 1 485 000 1 887 405 2 300 000* -- Southampton UK 1 375 000 1 500 306 1 869 000 -- -- Genua IT 1 624 964 1 657 113 1 855 026 1 766 605 -- Las Palmas ES 1 301 059 1 311 958 1 453 286 1 310 000 -- Constanţa RO 768 099 1 037 068 1 411 370 1 400 000 -- Piräus EL 1 394 512 1 403 408 1 373 138 -- -- La Spezia IT 1 024 455 1 136 664 1 187 040 1 246 139 -22,1 % Marseilles FR 905 687 946 445 1 002 879 847 651 +3 % Tilbury UK 705 915 742 679 843 808 -- -- Göteborg SE 787 705 820 494 840 550 862 500 -- Thamesport UK 582 000 702 000 800 000* -- -- Taranto IT 716 856 892 303 755 934 786 655 +8,2 % Leghorn IT 658 506 657 592 745 557 -- -- Dublin IE 590 250 681 000 743 937 676 543 -- Aarhus DK 581 000 627 000 704 000 -- -- Liverpool UK 626 000 645 000 675 000 -- -- Gdynia PL 400 165 461 170 614 373 610 767 -- Kotka FI 366 667 452 401 570 881 655 802 -- Lissabon PT 513 061 512 501 554 774 -- -- Bilbao ES 503 811 523 124 554 568 560 000 -25,2 % Malaga ES 247 548 464 838 542 405 428 623 -47,1 % Gagliari IT 650 484 690 392 531 762 307 527 -- * Schätzwert ** 1. Quartal 2009

    Quelle: Buck Consultants International, nach Angaben von ESPO (2008), ISL (2008), Containerisation International (2009) sowie Websites verschiedener Häfen (2009)

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    Im Jahre 2007 wurden in der EU über 43 % aller Container in den fünf größten Containerhäfen umgeschlagen. Die „Top 10“ hatten insgesamt einen Anteil von 61 %. Die Wachstumsraten der einzelnen Häfen waren je nach strategischer Lage, Zugänglichkeit, Kapazität, Dienstleistungsniveau usw. unterschiedlich hoch. Rund 66,5 % des gesamten europäischen Containerverkehrs bzw. insgesamt 59,8 Mio. TEU wurden über die Häfen der Nord-Range abgewickelt. Die drei europäischen Spitzenreiter - Rotterdam, Antwerpen und Hamburg - schlugen 28,9 Mio. TEU um – das sind 32 % des europäischen Gesamtaufkommens und ungefähr die Hälfte des Containerumschlags in Nordeuropa8 (Abb. 2.12).

    Abbildung 2.12. Marktanteil der Hafenregionen in Europa auf der Grundlage des Containerumschlags in TEU (2007)

    29.5%

    10.1%45.6%

    8.0%

    3.9%

    2.8%

    Northern range ports

    Southern range ports

    Hamburg – Le Havre range

    Scandinavia / Baltic

    UK / Ireland

    Atlantic Range

    West & Central MedEast Med & Black Sea

    Quelle: Buck Consultants International (2009), nach Angaben von ESPO (2008)

    Legende: Northern range ports Häfen der Nord-Range Southern range ports Häfen der Süd-Range Atlantic Range Atlantik-Range West &Central Med Westliches und zentrales Mittelmeer East Med & Black Sea Östliches Mittelmeer und Schwarzes Meer Die Haupthäfen der Nord-Range sind Anlaufhäfen9 für die meisten Liniendienste im Asien-Europa-Verkehr und im Transatlantik-Verkehr. Außerdem handelt es sich bei diesen Häfen um wichtige Drehscheiben, die für hohe See-See-Umschläge sorgen. Durchschnittlich machte der See-See-Verkehr 37 % des gesamten Containerverkehrs der Häfen aus. Das trifft insbesondere auf Hamburg zu, das größte Drehkreuz für die Ostsee, das sich das starke Wirtschaftswachstum in dieser Region zunutze macht.

    8 Vergleicht man dies mit dem oben genannten 20 %-Anteil am Gesamtumschlag der europäischen Häfen, so

    zeigt sich die Bedeutung der Containerisierung für die Le Havre-Hamburg-Range. 9 Anlaufhafen = Hafen, in dem ein Schiff anlegt und Ladung aufnimmt bzw. löscht.

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    34

    Rotterdam und Antwerpen profitierten von dem hohen Ladungsaufkommen aus der ausgedehnten „Blauen Banane“ Europas (Abbildung 2.13) und von der hohen Dichte der europäischen Distributionszentren (EDZ) in den Benelux-Ländern und Nordfrankreich. Die „Blaue Banane“ ist das Gebiet, in dem die bedeutendsten Wirtschaftszentren Europas konzentriert sind. Ursprünglich reichte sie vom britischen Süden bis zum Norden Italiens. Inzwischen erfasst sie jedoch auch die Abnehmergebiete Südostfrankreichs und die spanischen Regionen Andalusien und Katalonien. Außerdem fand eine Verlagerung nach Osten in Richtung Ungarn und Tschechische Republik statt.

    Abbildung 2.13. „Blaue Banane“

    Quelle: Cushman & Wakefield, 2006

    Auf die Häfen der Süd-Range (d. h. westliches Mittelmeer, zentrales Mittelmeer, östliches Mittelmeer und schwarzes Meer) entfielen 2007 etwa 30 Mio. TEU bzw. 33,4 % des Gesamtaufkommens der Häfen. Allerdings haben die südlichen Häfen aus verschiedenen Gründen – beispielsweise wegen ihrer zunehmenden Bedeutung als Umladezentren (z. B. Algeciras, Gioia Tauro, Marsaxlokk, Taranto) und der Zunahme der Kaufkraft in Mittel- und Osteuropa – ein starkes Wachstum aufzuweisen. Für den Containerverkehr sind hohe Wachstumsraten kennzeichnend. Während 2005 73,7 Mio. TEU umgeschlagen wurden, waren es 2007 schätzungsweise bereits 90 Mio. TEU (ESPO, 2008), was einer jährlichen Steigerung von 10,5 % entspricht. Ab Mitte 2008 sieht es schon etwas anders aus. Schätzungen der in Containern beförderten Mengen belaufen sich für 2008 auf 90,7 Mio. TEU, was einem Wachstum von weniger als 1 % entspricht (Notteboom, 20009). Obwohl noch immer keine vollständigen Daten zur Verfügung stehen, kann gesagt werden, dass die Containervolumen in den meisten Häfen im zweiten Halbjahr 2008 und im ersten Halbjahr 2009 zurückgegangen sind. Als diese Studie verfasst wurde

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    35

    (August 2009), war noch nicht klar, ob dieser Rückgang im zweiten Halbjahr 2009 anhalten oder ein (begrenzter) Aufschwung erfolgen würde. Während einige Quellen erklären, die Entwicklung werde in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 gegenüber der ersten positiver ausfallen, rechnen Drewry Shipping Consultants 2009 mit einem allgemeinen Rückgang des Containerverkehrs um 10 %, während sie für 2010 die Beibehaltung des gegenwärtigen Stands vorhersagen. 2.3.3. Betriebsbezogene Entwicklungen

    Erweiterung der Containerflotte

    Im Jahre 2008 und im ersten Halbjahr 2009 nahm die (in TEU gemessene) Flottenkapazität der Vollcontainerflotte weiter zu. Tabelle 2.6 enthält die entsprechenden Zahlen für einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren, aufgeschlüsselt nach den 25 größten Linienreedereien, die über 80 % der weltweiten Flottenkapazität auf sich vereinen.

    Tabelle 2.6. Die 25 führenden Containerlinienreedereien

    Stand per 1.1.2006 Stand per 15.2.2008 Stand per 17.8.2009

    Georderte Kapazität

    TEU Zahl TEU Zahl TEU Zahl TEU Zahl

    der

    Schiffe der

    Schiffe der

    Schiffe der

    Schiffe

    APM-Maersk 1 665 272 586 1 919 352 531 2 022 956 539 369 638 70

    MSC 784 248 276 1 232 905 372 1 517 200 409 615 285 52

    CMA-CGM-Gruppe 507 954 242 893 860 375 1 023 208 365 505 688 60

    Evergreen Line 477 911 155 624 357 176 594 154 162 -- --

    APL 331 437 104 407 775 126 531 865 135 155 210 21

    Hapag-Lloyd 412 344 131 492 058 139 475 282 120 122 500 14

    Cosco 322 326 126 430 952 141 469 848 146 425 102 56

    CSCL 346 493 123 434 170 140 449 469 139 146 544 17

    NYK 302 213 118 382 835 117 412 711 109 112 600 20

    Hanjin Shipping 328 794 84 343 297 83 406 462 90 270 448 30

    MOL 241 282 80 346 870 111 350 647 93 151 012 29

    OOCL 234 141 65 347 686 82 326 035 71 120 476 18

    K Line 227 872 75 308 194 93 326 003 91 191 974 36 Hamburg-Sud-Gruppe 184 438 87 284 097 123 318 079 106 95 305 15

    Yang Ming Line 188 206 69 274 281 83 318 008 79 141 402 22

    Zim 201 432 85 280 860 111 284 148 93 244 604 29

    CSAV-Gruppe 234 002 86 265 064 89 278 616 86 135 437 20

    Hyundai M.M. k. A. 39 200 719 47 271 873 53 78 160 7

    PIL 134 362 101 175 988 112 186 143 105 61 762 15

    UASC 74 004 32 105 175 41 160 985 43 143 272 15

    Wan Hai Lines 114 346 68 140 750 82 126 193 67 32 050 11

    IRIS Lines 53 512 58 73 829 60 101 802 62 21 040 13

    MISC Berhad 40 543 18 93 157 30 101 054 34 38 380 5

    Grimaldi 44 363 36 53 478 57 51 312 46 8 924 11

    RCL 48 604 41 51 808 41 51 291 39 2 086 2

    Gesamtflotte 9 136 632 5 380 11 858 357 5 933 13 469 203 5 949

    Quelle: AXS Alphaliner, August 2009

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    36

    Aus dieser Tabelle lassen sich einige wichtige Trends und Schlussfolgerungen ableiten. Auf die „Top Drei“ unter den Reedereien entfiel 2009 ein Drittel der gesamten Flottenkapazität. Sie sind dabei, ihre Spitzenpositionen zu festigen, da sie Schiffe mit hoher Kapazität geordert haben, die in den nächsten Jahren auf den Markt kommen sollen. Bei diesen drei Reedereien handelt es sich um APM-Maersk (Dänemark), MSC (Schweiz) und CMA-CGM (Frankreich). Die Nummer sechs in der Welt ist das deutsche Unternehmen Hapag-Lloyd. Zusammen repräsentieren diese vier Reedereien 37,5 % der weltweiten Flottenkapazität. Alle übrigen Reedereien in der Riege der „Top 10“ sind in Asien ansässig. Daher lässt sich mit Sicherheit sagen, dass der Containerlinienmarkt von europäischen und asiatischen Unternehmen beherrscht wird Ein zweiter Trend lässt sich aus der Gesamtflottenkapazität ableiten, die innerhalb von dreieinhalb Jahren um ca. 47 % aufgestockt wurde. Die Zahl der Schiffe ist im selben Zeitraum lediglich um 10,6 % gestiegen, d. h. die Schiffskapazität nimmt rascher zu als die Zahl der Schiffe. Dieses Größenwachstum kommt jedoch nicht überraschend. Es stellt neue technische Anforderungen an den Hafenumschlag. Die Globalisierung und der damit verbundene starke Aufschwung des interkontinentalen Handels gaben Anreiz zum Bau größerer Containerschiffe, mit denen sich größere Mengen transportieren lassen. Außerdem ermöglichen die größeren Schiffe Skaleneffekte und damit eine Senkung der Kosten je beförderter TEU. Seit den 1990er Jahren war ein Sprung von 4 000 TEU auf 8 000 TEU zu beobachten, und die nächste Etappe – der Übergang zu 13 000 bis 14 000 TEU – ist bereits im Gange (siehe Tabelle 2.7).

    Tabelle 2.7. Prognosen für die Containerflotte: georderte Vollcontainerschiffe

    Schiffsgröße Prognose 2009 Prognose 2010 Prognose 2011 Prognose 2011

    TEU Zahl TEU Zahl TEU Zahl TEU Zahl

    der

    Schiffe der

    Schiffe der

    Schiffe der

    Schiffe

    > 10 000 TEU 286 162 24 493 699 39 772 429 39 595 778 47

    7 500 – 9 999 TEU 194 967 23 384 095 44 184 270 21 102 300 12

    4 000 – 7 499 644 605 128 583 129 110 451 361 86 283 076 55

    1 000 – 3 999 302 631 151 274 252 126 144 753 34 26 196 12

    100 - 999 33 128 41 31 221 39 5 162 6 0 0

    Gesamt 1 464 493 367 1 766 396 358 1 484 862 207 1 007 350 126

    Durchschn. Schiffsgröße 3 990 TEU 4 934 TEU 7 172 TEU 7 995 TEU

    Quelle: AXS Alphaliner (August 2009) Aufgrund der gegenwärtigen Auftragslage wird die Flotte der Vollcontainerschiffe voraussichtlich von 4657 Schiffen mit einer Gesamtkapazität von 12,3 Mio. TEU Anfang 2009 auf 5577 Schiffe bzw. 17,8 Mio. TEU zu Beginn des Jahres 2013 anwachsen. Das entspricht einer jährlichen Zuwachsrate von rund 10 %. Die insgesamt georderte Kapazität macht 46,3 % der bestehenden Kapazität aus. Die Krise hat zu einem anderen Vorgehen geführt. Obwohl die Nachfrage nach Transportleistungen zurückgeht, gelangen weiter zuvor bestellte Schiffe auf den Markt. Daraus ergibt sich eine paradoxe Situation: Bei sinkender Nachfrage steigt das Angebot und führt zu einer Flotten-Überkapazität. In den letzten Monaten brachte diese Überkapazität folgende Ergebnisse:

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    1. Die Frachtraten sinken: Im Februar 2009 wurden etwa 1773 Containerschiffe, das sind ungefähr 47% der gesamten TEU-Kapazität, gechartert. Im Laufe der letzten Jahre musste der Containerschiffsmarkt eine Vielzahl neuer Fahrzeuge mit immer größerer TEU-Kapazität aufnehmen. Im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise führte diese Überkapazität zu einem drastischen Absinken der Frachtraten. Von Mitte 2008 bis Anfang 2009 betrug der Rückgang über 70 % (ISL, 2009).

    2. Die beschäftigungslose Flotte nimmt zu: Ende 2008 lagen Schätzungen zufolge etwa 210 Containerschiffe beschäftigungslos auf, was ungefähr 550 000 TEU oder 4,5 % der Gesamtkapazität entsprach. Im Juli 2009 war ihre Zahl auf über 500 mit einer Kapazität von 1,2 Mio. TEU angestiegen und machte fast 10 % der Gesamtkapazität aus (AXS Alphaliner, 2009). Es wird davon ausgegangen, dass die aufliegende Tonnage bis Ende 2009 auf 2 Mio. TEU ansteigt.

    3. Die Verschrottungsraten steigen: 2007 wurden lediglich 23 Containerschiffe mit einer Gesamtkapazität von 23 862 TEU verschrottet. 2008 erhöhte sich diese Zahl auf 63 Schiffe bzw. 124 541 TEU. Nach Angaben von AXS Alphaliner wurden im ersten Halbjahr 2009 sage und schreibe 94 Schiffe mit einer Kapazität von 184 700 TEU verschrottet. Der Branchendienst schätzt, dass die Flotte bis Ende 2009 um über 300 000 TEU reduziert wird.

    4. Aufträge für neue Schiffe bleiben aus: Im Zeitraum Oktober 2008 bis März 2009 wurden keine neuen Aufträge für Containerschiffe gemeldet, was es bis dahin seit mindestens zwanzig Jahren nicht gegeben hatte. Darüber hinaus bemühen sich Schiffseigner verstärkt, bereits erteilte Bestellungen zu stornieren oder die Auslieferung neuer Schiffe bis 2013/14 zu verschieben.

    Durch die Flottenüberkapazität geraten die finanziellen Ergebnisse der Linienreedereien unter Druck.

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    Negatives Finanzergebnis für Maersk Group

    Auch die größte Containerschiffsreederei der Welt ist nicht gegen die Folgen der Rezession gefeit. Das Finanzergebnis des dänischen Unternehmens A.P. Möller-Maersk stürzte im ersten Halbjahr 2009 in den Keller. In den ersten sechs Monaten 2009 verringerten sich die Einnahmen … infolge der sinkenden Frachtsätze (-30 %) sowie des Rückgangs der Frachtvolumen (-7 %) um 14 %. Der Gruppe entstand ein Verlust von über 3 Mrd. DKK (ungefähr 405 Mio. EUR). Das steht in krassem Gegensatz zum Ergebnis des ersten Halbjahres 2008, als ein Gewinn in Höhe von 11,98 Mrd. DKK eingefahren wurde. Der Umsatz im Containergeschäft von Maersk ging im ersten Halbjahr 2009 um 30 % zurück …

    Quelle: De Lloyd, 24. August 2009

    Chinesische Mega-Carrier von Krise getroffen

    Wie ihre Mitwettbewerber aus dem Westen erlitten auch chinesische und taiwanesische Schifffahrtsunternehmen im ersten Halbjahr 2009 schwere Verluste. Cosco Container Line und China Shipping Container Line berichteten über Einbußen in Höhe von 631,7 Mio. USD bzw. 500,5 Mio. USD. Auch Evergreen und Yangming meldeten Ausfälle in Höhe von 143 Mio. USD bzw. 190 Mio. USD.

    Quelle: De Lloyd, 31. August 2009

    Finanzkrise bei Hapag-Lloyd hält an

    Die Aktionäre von Hapag-Lloyd müssen noch ihr Einverständnis für eine Finanzspritze für das deutsche Schifffahrtsunternehmen geben, das gegenwärtig dringend Geld braucht. TUI (4,3 %) ist noch nicht bereit, die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, und im Konsortium Albert Ballin (56,7 %) ist man nicht durchweg von der Notwendigkeit überzeugt. Hapag-Lloyd benötigt zusätzlich zu dem staatlich verbürgten Darlehen über 1,4 Mrd. USD von seinen Aktionären eine neue Kapitalzufuhr in Höhe von 1 Mrd. USD.

    Quelle: De Lloyd, 22. Juli 2009

    Hafenbetrieb Die Abmessungen der neuen Schiffsgeneration mit mehr als 10 000 TEU können Probleme verursachen, was die nautischen Zufahrtsbedingungen anbelangt. Containerschiffe von 12 500 TEU sind im Durchschnitt 400 m lang. Auf ihnen können 22 Zwanzig-Fuß-Container nebeneinander gestaut und in bis zu sieben Lagen über Deck gestapelt werden. Bei voller Kapazitätsauslastung beträgt der durchschnittliche Tiefgang 16 m (Abbildung 2.14).

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    Abbildung 2.14. Größenentwicklung der Containerschiffe

    Quelle: Ocean Shipping Consultants, 2007

    Legende: wide = breit high = hoch Tabelle 2.8 enthält Schätzwerte für die künftige Größe von Schiffen, die voraussichtlich in EU-Häfen abgefertigt werden. Die neuen Containerschiffe mit einer Kapazität von über 10 000 TEU werden hauptsächlich auf den Schifffahrtsstraßen zwischen Europa und dem Fernen Osten zum Einsatz kommen. Die Schiffe mit rund 6500 TEU, die diese Routen momentan bedienen, werden künftig bei den Liniendiensten zwischen Europa und Nordamerika das Bild bestimmen. Die 4000-TEU-Schiffe, die gegenwärtig auf den Transatlantikrouten verkehren, dürften künftig für bestimmte Kurzstreckenverkehre genutzt werden. Dieser Effekt kann als „Schiffssubstitution“ bezeichnet werden und ist momentan bei allen EU-Seeverkehren zu beobachten.

    Tabelle 2.8. Durchschnittsgröße der Containerschiffe auf den Hauptcontainerrouten (in TEU)

    2000 2005 2010 2015

    Hochsee Ost–West

    Fernost-Europa

    Typisches Schiff 4 500–5 500 5 500–7 000 8 000–9 000 10 500

    Größtes Schiff 7 500 9 200 14 500 14 500

    Transpazifisch

    Typisches Schiff 4 500–5 000 5 500–6 500 7 000 8 500

    Größtes Schiff 6 700 8 100 9 000 10 500

    Transatlantisch

    Typisches Schiff 3 500 4 000 5 000 6 500

    Größtes Schiff 4 500 4 800 6 500 8 500

    Hochsee Nord–Süd

    Typisches Schiff 2 500 3 000 3 000 3 500

    Größtes Schiff 3 500 3 500 3 500 4 000

    Kurzstreckenverkehr Typisches Schiff 550 650 700 850 Größtes Schiff 900 1 000 1 200 1 500

    Quelle: Ocean Shipping Consultants, 2007

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    2.3.4. Organisatorische Entwicklungen

    Konsolidierung Die Containerschifffahrt ist durch hohe Kosten gekennzeichnet, die sich aus der Nachfrage nach einem regelmäßigen Schiffsverkehr und niedrigen Frachtraten ergeben. Um einen Liniendienst mit Wochenfahrplänen und mehreren Anlaufhäfen zu betreiben, werden ungefähr sechs bis acht Schiffe benötigt. Der Wettbewerb wiederum basiert weitgehend auf der Senkung der Frachtraten bis auf die Höhe der Betriebskosten, das heißt, nach Abzug der festen Kosten bleiben keine Gewinne. Die Betriebskosten werden zudem durch steigende Bunkerkosten in die Höhe getrieben. Diese beiden Faktoren – geringere Raten und höhere Kosten – in Verbindung mit steigenden Anforderungen seitens der Reeder im Hinblick auf enge Zeitpläne und pünktliche Abfahrten und Ankünfte setzen den Markt unter Druck. Dies hat zur Folge, dass die Gewinne schrumpfen und die Reedereien energische Bemühungen unternehmen müssen, um ihre Marktanteile zu sichern und sogar auszubauen. Unter diesen Umständen hat sich die Aufstockung der Container-Stellplatzkapazität der Flotte als wichtig erwiesen. Zwei der weltweit führenden Reedereien, MSC und CMA-CGM, sind bei der Bestellung neuer Schiffe besonders aktiv, um ihre Position unter den ersten drei festigen und den Abstand zur Nummer Eins, Mærsk, verkürzen zu können. Wie bereits gesagt, ist diese Entwicklung jedoch aufgrund der Krise jetzt zum Stillstand gekommen. Auch Fusionen und Übernahmen spielen eine maßgebliche Rolle. Ein Beispiel für eine große Übernahme ist die des Konzerns Bolloré (mit Delmas, Otal, Setramar und Sudcargos) durch CGM, die es letzterer ermöglichte, ihr Nord-Süd-Geschäft auf den afrikanischen Kontinent auszudehnen. Die wichtigste Übernahme war die von P&O Nedlloyd durch AP Møller-Mærsk im Jahre 2005, wodurch Mærsk fast eine halbe Million TEU zu ihrer Flotte hinzubekam. Im selben Jahr übernahm die TUI AG, das Dachunternehmen von Hapag-Lloyd, CP Ships. Die Kapazität von Hapag-Lloyd wuchs auf mehr als das Doppelte, und dadurch rückte die deutsche Reederei vom 17. auf den 5. Platz in der Weltrangliste vor. Beide Unternehmen müssen jetzt allerdings finanzielle Verluste verkraften. In den letzten Jahren wurden weniger Fusionen und Übernahmen verzeichnet, aber diese Situation wird sich wieder ändern. Die Wirtschaftskrise wird zweifelsohne zu einer neuen Welle der Konsolidierung auf dem Containerlinienmarkt führen. Zusammenarbeit Ein anderer Weg, um Kosten zu senken und weltweite Dienste anbieten zu können, ist die Zusammenarbeit von Reedereien, die vom gemeinsamen Marketing und dem Abschluss von Vereinbarungen über die gemeinsame Nutzung von technischem Gerät bis hin zur Fahrplanabstimmung reicht. Tabelle 2.8 vermittelt einen Überblick über die gebräuchlichsten Formen der Kooperation.

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    Tabelle 2.9. Zusammenarbeit von Liniendienstbetreibern

    Form Grad der Zusammenarbeit

    Stellplatzkauf

    Der Stellplatzkauf ist die gebräuchlichste und flexibelste Form der Kooperation im Stellplatzbereich. Er kann einmalig erfolgen, um unerwartete Knappheiten oder eine Schiffshavarie zu überbrücken. Längerfristige Vereinbarungen dienen zum Auffüllen fehlender Kapazitäten in einem Geschäft, wenn das Volumen einer Reederei nicht ausreicht.

    Stellplatzaustausch Hierbei planen beide Reedereien den Austausch eines Teils Ihrer Kapazitäten, um die Anzahl der Fahrten oder die Leistungsbreite zu erhöhen.

    Vereinbarung über gemeinsame

    Schiffsnutzung

    Diese Vereinbarungen dienen der gemeinsamen Nutzung von Schiffen auf einer bestimmten Route. Alle Beteiligten haben Zugang zu einer vereinbarten Anzahl von Stellplätzen auf jeder Fahrt. Dies ist ein Vorteil für einen Reeder, wenn er eine neue Route mit einigen Partnern zu möglichst geringen Investitionskosten für alle Beteiligten in Betrieb nehmen will.

    Gemeinsame Dienste

    Diese Art der Zusammenarbeit bedingt ein umfassenderes Engagement als eine Vereinbarung über eine gemeinsame Schiffsnutzung, da bei einem gemeinsam erbrachten Dienst alle Beteiligten auch bestimmte Betriebskosten gemeinsam tragen. Während die anderen Formen in der Regel geschäftsgebunden sind, gibt es auch eine Form der Zusammenarbeit, die mehr als ein Geschäft abdeckt: Allianzen (ehemals Konferenzen). Teilnehmer an Allianzen betreiben verschied