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72 Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Deutschland in der Welt Kulturlandschaftliche Spuren der Auswanderung Günter Mertins Die verschiedenen Auswanderungswel- len aus deutschsprachigen Gebieten ha- ben seit Ende des 17. Jahrhunderts schon in vielen europäischen und über- seeischen Gebieten Volksgruppen ent- stehen lassen, die über Generationen ihre Kultur tradiert und gepflegt haben, was sich auch in der Kulturlandschaft niederschlug. Darunter werden in erster Linie Siedlungsstrukturen (Grundriss, Haustypen) und Flurformen verstanden, ferner Siedungs- und Ortsnamen, die auf die Gründer und/oder deren Her- kunft verweisen. Wichtig sind des Wei- teren die Aktivitäten deutscher Verei- ne, vor allem die Ausrichtung deutscher Kulturveranstaltungen und Feste (Okto- berfest!), die Auswirkungen auf die Fas- sadenphysiognomie sowie auf die touris- tische Infrastruktur (Läden, Restau- rants, Hotels etc.) hat. Auswanderungsvolumen, -gründe und -phasen Schon vor dem Einsetzen der Massen- auswanderung im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland eine transozeanische Deutsche und Deutschstämmige Wer zählt zu den deutschen und deutschstämmigen Auswanderern? Da die Hauptauswanderungswellen im 19. und frühen 20. Jahrhundert lagen, gehö- ren sicherlich alle deutschsprachigen Per- sonen aus dem Deutschen Reich in den Grenzen von 1871 bzw. später von 1919 dazu. Als Deutschsprechende (auch immer als Deutschstämmige?) muss man ferner die Emigranten aus Österreich- Ungarn einbeziehen, nach 1919 nur noch aus Österreich, und aus den deutschsprachigen Teilen der Schweiz. Schwieriger wird es schon, die Nachfah- ren der aus dem deutsch-niederländi- schen Grenzgebiet stammenden Menno- niten, die Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts aus der Region Danzig zur Kolonisierung in die Ukraine, später dann von dort nach Kanada, Mexiko und Paraguay zogen, als Deutsche zu be- zeichnen, sicherlich wohl im weiteren Sinne als deutschstämmig. Gleiches gilt für die überwiegend aus dem Moselfrän- kischen (Saarland, Lothringen, Luxem- burg) stammenden Siebenbürger Sach- sen, die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts nach Siebenbürgen „geru- fen“ wurden. Wanderung. Sie begann mit der Aus- wanderung von 13 Familien aus Krefeld nach Pennsylvania (USA), die dort 1683 die erste deutsche Siedlung Ger- mantown gründeten. Insgesamt nennt der erste Zensus der USA für 1790 die Zahl von 257.775 Deutschen, wobei zwischen Auswanderern und Nachkom- men früherer Auswanderer nicht unter- schieden wird. Erst ab 1820 liegen Aus- bzw. Einwanderungsstatistiken vor, wo- nach 1820-1988 insgesamt 7.026.258 Deutschsprachige in die USA auswan- derten . Für Lateinamerika setzen die Statisti- ken z.T. erst später ein. Die Zahlen sind wesentlich niedriger: In dem angegebe- nen Zeitraum wanderten ca. 200.000 Deutschsprachige nach Brasilien aus , ca. 120.000 nach Argentinien und 12.000 bis 15.000 nach Chile. Für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 dürf- te die Gesamtzahl der deutschsprachi- gen Emigranten nach Lateinamerika zwischen 75.000 und 90.000 liegen, wo- bei der Anteil der Juden 80 bis 90% ausmachte. Wiederum waren Argentini- en (31.000-35.000), Brasilien (ca. 16.000) und Chile (ca. 12.000) die Hauptaufnahmeländer. Wirtschaftliche Gründe waren der dominante Faktor der Auswanderung, die in den – durch generationenlange Teilung der Parzellen extrem klein ge- gliederten – Realerbteilungsgebieten Südwestdeutschlands (Pfalz) ihren Aus- gang nahm und im Laufe des 19. Jahr- hunderts von dort über den Westen auf den Nordwesten und Nordosten Deutschlands übergriff. Religiöse und politische Gründe spielten zu bestimm- ten Zeiten eine bedeutende Rolle bei der Auswanderung, z.B. nach der 1848er Revolution und vor allem wäh- rend des „Dritten Reiches“. Die deutli- chen Schwankungen der Auswande- rungszahlen in die USA lassen sich einerseits mit politischen (1848er Re- volution) und wirtschaftlichen Krisen in Deutschland erklären, z.B. dem Ende der gründerzeitlichen Blüte ab ca. 1875, bzw. mit wirtschaftlichen Aufschwung- phasen, z.B. nach 1871 oder nach 1890. USA: Zunehmende Rückbesin- nung auf die deutsche Her- kunft? Das größte Einwanderungsland der Welt, die USA, ist von einer erhebli- chen ethnischen Vielfalt gekennzeich- net, die ein signifikantes soziales Struk- turelement darstellt. Über die Volkszäh- lungskategorie „ancestry“ (Abstam- mung, Herkunft der Vorfahren) wird die aktuelle Identifikation mit einer Eth- nie, d.h. dem entsprechenden Kultur- raum deutlich. Es ist sicherlich überra- schend, dass 1990 in weiten Teilen der USA nicht die englische, sondern – und weit stärker als im 1980er Zensus – die deutsche als die wichtigste Her- kunftskultur empfunden wurde , wo- Die mittelalterliche Kirchenburg in Tartlau (Prejmer), Rumänien, gehört zum UNESCO Weltkultur- erbe

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72Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Deutschland in der Welt

Kulturlandschaftliche Spuren der AuswanderungGünter Mertins

Die verschiedenen Auswanderungswel-len aus deutschsprachigen Gebieten ha-ben seit Ende des 17. Jahrhundertsschon in vielen europäischen und über-seeischen Gebieten Volksgruppen ent-stehen lassen, die über Generationenihre Kultur tradiert und gepflegt haben,was sich auch in der Kulturlandschaftniederschlug. Darunter werden in ersterLinie Siedlungsstrukturen (Grundriss,Haustypen) und Flurformen verstanden,ferner Siedungs- und Ortsnamen, dieauf die Gründer und/oder deren Her-kunft verweisen. Wichtig sind des Wei-teren die Aktivitäten deutscher Verei-ne, vor allem die Ausrichtung deutscherKulturveranstaltungen und Feste (Okto-berfest!), die Auswirkungen auf die Fas-sadenphysiognomie sowie auf die touris-tische Infrastruktur (Läden, Restau-rants, Hotels etc.) hat.

Auswanderungsvolumen,-gründe und -phasenSchon vor dem Einsetzen der Massen-auswanderung im 19. Jahrhundert gabes in Deutschland eine transozeanische

Deutsche und Deutschstämmige

Wer zählt zu den deutschen unddeutschstämmigen Auswanderern? Dadie Hauptauswanderungswellen im 19.und frühen 20. Jahrhundert lagen, gehö-ren sicherlich alle deutschsprachigen Per-sonen aus dem Deutschen Reich in denGrenzen von 1871 bzw. später von 1919dazu. Als Deutschsprechende (auchimmer als Deutschstämmige?) muss manferner die Emigranten aus Österreich-Ungarn einbeziehen, nach 1919 nurnoch aus Österreich, und aus dendeutschsprachigen Teilen der Schweiz.Schwieriger wird es schon, die Nachfah-ren der aus dem deutsch-niederländi-schen Grenzgebiet stammenden Menno-niten, die Ende des 18. und Anfang des19. Jahrhunderts aus der Region Danzigzur Kolonisierung in die Ukraine, späterdann von dort nach Kanada, Mexiko undParaguay zogen, als Deutsche zu be-zeichnen, sicherlich wohl im weiterenSinne als deutschstämmig. Gleiches giltfür die überwiegend aus dem Moselfrän-kischen (Saarland, Lothringen, Luxem-burg) stammenden Siebenbürger Sach-sen, die in der zweiten Hälfte des 12.Jahrhunderts nach Siebenbürgen „geru-fen“ wurden.

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Wanderung. Sie begann mit der Aus-wanderung von 13 Familien aus Krefeldnach Pennsylvania (USA), die dort1683 die erste deutsche Siedlung Ger-mantown gründeten. Insgesamt nenntder erste Zensus der USA für 1790 dieZahl von 257.775 Deutschen, wobeizwischen Auswanderern und Nachkom-men früherer Auswanderer nicht unter-schieden wird. Erst ab 1820 liegen Aus-bzw. Einwanderungsstatistiken vor, wo-nach 1820-1988 insgesamt 7.026.258Deutschsprachige in die USA auswan-derten �.

Für Lateinamerika setzen die Statisti-ken z.T. erst später ein. Die Zahlen sindwesentlich niedriger: In dem angegebe-nen Zeitraum wanderten ca. 200.000Deutschsprachige nach Brasilien aus �,ca. 120.000 nach Argentinien und12.000 bis 15.000 nach Chile. Für denZeitraum zwischen 1933 und 1945 dürf-te die Gesamtzahl der deutschsprachi-gen Emigranten nach Lateinamerikazwischen 75.000 und 90.000 liegen, wo-bei der Anteil der Juden 80 bis 90%ausmachte. Wiederum waren Argentini-

en (31.000-35.000), Brasilien (ca.16.000) und Chile (ca. 12.000) dieHauptaufnahmeländer.

Wirtschaftliche Gründe waren derdominante Faktor der Auswanderung,die in den – durch generationenlangeTeilung der Parzellen extrem klein ge-gliederten – RealerbteilungsgebietenSüdwestdeutschlands (Pfalz) ihren Aus-gang nahm und im Laufe des 19. Jahr-hunderts von dort über den Westen aufden Nordwesten und NordostenDeutschlands übergriff. Religiöse undpolitische Gründe spielten zu bestimm-ten Zeiten eine bedeutende Rolle beider Auswanderung, z.B. nach der1848er Revolution und vor allem wäh-rend des „Dritten Reiches“. Die deutli-chen Schwankungen der Auswande-rungszahlen in die USA � lassen sicheinerseits mit politischen (1848er Re-volution) und wirtschaftlichen Krisenin Deutschland erklären, z.B. dem Endeder gründerzeitlichen Blüte ab ca. 1875,bzw. mit wirtschaftlichen Aufschwung-phasen, z.B. nach 1871 oder nach 1890.

USA: Zunehmende Rückbesin-nung auf die deutsche Her-kunft?Das größte Einwanderungsland derWelt, die USA, ist von einer erhebli-chen ethnischen Vielfalt gekennzeich-net, die ein signifikantes soziales Struk-turelement darstellt. Über die Volkszäh-lungskategorie „ancestry“ (Abstam-mung, Herkunft der Vorfahren) wird die

aktuelle Identifikation mit einer Eth-nie, d.h. dem entsprechenden Kultur-raum deutlich. Es ist sicherlich überra-schend, dass 1990 in weiten Teilen derUSA nicht die englische, sondern –und weit stärker als im 1980er Zensus –die deutsche als die wichtigste Her-kunftskultur empfunden wurde �, wo-

Die mittelalterlicheKirchenburg in Tartlau(Prejmer), Rumänien, gehörtzum UNESCO Weltkultur-erbe

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73Kulturlandschaftliche Spuren der Auswanderung

bei der Bundesstaat Wisconsin mit45,2% (!) den Spitzenwert aufweist. Dassteigende Interesse an der deutschenAbstammung wird vor allem mit derseit den 1970er Jahren zunehmendenRückbesinnung auf traditionelle, kon-servative Werte erklärt.

Von Ausnahmen abgesehen (z.B. inMilwaukee, Cincinnati) gibt es in denStädten nur noch sehr selten ausgepräg-te deutsche Viertel. Jedoch versuchteine große Zahl von Lebensmittelher-stellern, -geschäften und Gastronomie-betrieben ihre deutsche Herkunft zuvermarkten. Im ländlichen Raum sinddie deutschen Ortsnamen die bedeu-tendsten kulturlandschaftlichen Spurender deutschen Einwanderung �. Von

Deutschen gegründete Kirchen undFriedhöfe stellen in den Dörfern undländlichen Kleinstädten die sichtbars-ten Zeichen dar. Außerhalb Neueng-lands dominiert die quadratische Land-aufteilung (Township-Prinzip). Dort las-sen die physiognomisch-baulich weitge-hend uniformen Einzelhofsiedlungenkeine Rückschlüsse auf ethnisch unter-schiedliche Bewohner zu.

Südamerika: zwischen Behar-rung und ÜberprägungIm südchilenischen Seengebiet um Val-divia, Osorno und Puerto Montt bestehtnoch eine bedeutende deutsche Sied-lungs- und Kulturinsel, und auch in an-deren südamerikanischen Ländern ha-

ben sich – z.T. touristisch überprägt –bis heute signifikante Einzelbeispieledeutschen Siedlungsstils gehalten (z.B.Colonia Tovar, 45 km südsüdwestlichvon Caracas, Venezuela).

Eine geplante, staatlich kontrollierteund geförderte bäuerliche Kolonisationhinterließ deutliche kulturlandschaftli-che Spuren deutscher Siedlungstätigkeitin Argentinien, Südbrasilien und Para-guay �. Dazu wurden im 19. Jahrhun-dert zukünftige Siedler vor allem inDeutschland durch private Siedlungsge-sellschaften oder auch durch entsandtebzw. freie Personen angeworben. Es gabstaatliche und private Kolonisationspro-jekte; bei letzteren hatte eine Gesell-schaft oder eine Privatperson die ent-sprechende Fläche vorher erworben.Fast immer erfolgten Auswanderungund Kolonisation in landsmannschaft-lich kohärenten Gruppen.

Deutlich lassen sich zwei Kolonisati-onsformen unterscheiden. Einerseitswar es in allen drei Ländern die Ur-waldkolonisation, die zunächst eindeu-

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Andererseits war es die Kolonisation inden Savannenbereichen Argentiniensund Paraguays, die fast drei Jahrzehntespäter mit der Gründung der deutschenSiedlung Esperanza im argentinischenZwischenstromland begann �. Aufgrundder quadratischen Flächenaufteilung do-minierte zunächst die Einzelhofsiedlungmit einem Koloniezentrum, das sich – jenach Standort – im Laufe der Zeit zu ei-nem Dorf oder einer ländlichen Klein-stadt entwickelte. Zweizeilige Reihensied-lungen sind bei den Mennoniten-Koloni-en in Paraguay um Filadelfia, Río Verdeund Sommerfeld vorherrschend. �����

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Strukturelemente wie Siedlungsgrund-riss, Flurformen und Gehöft- oder Haus-stil sind in unterschiedlichem Maße er-halten und z.T. noch durchaus deutlichausgeprägt. Gleiches gilt für den Ge-brauch der deutschen Sprache, die oftnicht mehr beherrscht wird. DeutscheVereine und von diesen organisierteFeste, Märkte und Kulturveranstaltun-gen haben aber Bestand und – wenn sieentsprechend vermarktet werden – anBedeutung wieder zugenommen. Städtewie Blumenau, Joinville und Santa Cruzdo Sul, aber auch kleinere Orte wie Vil-la General Belgrano � sowie das men-nonitische Filadelfia haben einen ho-hen touristischen Stellenwert und wer-ben mit ihrem deutschen Siedlungsbildund deutschen Festen. Das hat Auswir-kungen auf die Renovierung und auchauf die Neubauten in den Siedlungsker-nen, wobei ein Schwarzwälder oderoberbayerischer Baustil eindeutig bevor-

zugt wird. Dieser und das in fast allenStädten deutscher Gründung bzw. inStadtvierteln mit einem entsprechen-den deutschen Bevölkerungsanteil übli-che Oktoberfest (z.B. in Blumenau inBrasilien mit ca. 800.000 Besuchern,� Foto) gelten allgemein als die „deut-schen“ Markenzeichen. Dazu gehörennatürlich deutsche Lebensmittel- (d.h.Delikatessen-)läden, Restaurants, Cafes,Hotels etc. �. Auch Industriebetriebez.B. in Blumenau, Joinville und Sta.Cruz do Sul (Nahrungsmittel, Textili-en) setzen in ihrer Werbung die deut-sche Herkunft der Firmengründer, derenNachfahren oder von Teilen ihrer Ar-beiterschaft als Qualitätsmerkmal ein.

Generell gilt, dass sich die kultur-landschaftlichen Spuren deutscher Aus-wanderung in den Dörfern und Klein-städten besser erhalten haben als inMittel- oder Großstädten. Wenn z.B. inPetropolis, nahe Rio de Janeiro, nochheute ein Drittel der ca. 350.000 Ein-wohner deutscher Abstammung sind, soäußerst sich das vor allem in Stadtvier-telsnamen wie Bingen, Ingelheim oderWorms und in der Existenz von deut-schen Kultur- sowie Kirchenvereinen,wobei durch die Überalterung der Mit-glieder die Gefahr der Auflösung unddamit des Erlöschens des deutschen Ge-meindelebens droht.

Rumänien: Rückkehr vonDeutschstämmigen – bleibendeSiedlungs- und KulturspurenAuf dem Territorium des heutigen Ru-mänien leben seit ca. 850 Jahren Deut-sche: in Siebenbürgen, dem Banat, inder Bukowina, der Dobrudscha und umSathmar. Die meisten dieser Gebietewaren erst durch die so genannten Pari-ser Vorortverträge 1919/20 Rumänienzugefallen und gehörten vorher über-wiegend zu Österreich-Ungarn.

Bei der Volkszählung 1930 bekanntensich noch 745.421 Rumänen zur deut-schen Abstammung (4,1% der Staatsbe-völkerung). Infolge des Zweiten Welt-krieges (Gefallene, Verfolgungen, De-portationen, Umsiedlungen) und derspäteren Furcht, sich zum Deutschtumzu bekennen, sank diese Zahl bis 1977auf 227.398 (1,1% der Staatsbevölke-rung). Die große Rückwanderung setztejedoch erst ab 1978 ein, als Rumänienaufgrund einer bilateralen Vereinbarungder Ausreise von 12.000-16.000Deutschstämmigen pro Jahr in die Bun-desrepublik Deutschland gegen die Zah-lung eines Pauschalbetrages je Aussied-ler zustimmte, der von 5000 DM imJahr 1978 auf 7800 DM im Jahr 1989anstieg. Der eigentliche Exodus begannaber nach dem Fall des Ceaușescu-Re-gimes Ende Dezember 1989, als inner-halb eines halben Jahres 111.115

Page 4: Kulturlandschaftliche Spuren der Auswanderungarchiv.nationalatlas.de/wp-content/art_pdf/Band11_72-75_archiv.pdf · Colonia Tovar, 45 km südsüdwestlich von Caracas, Venezuela). Eine

75Kulturlandschaftliche Spuren der Auswanderung

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Deutschstämmige Rumänien verließen.Insgesamt betrug im Zeitraum 1990 bis1999 die Aussiedlerzahl 186.340. Dieungenauen Schätzungen für die heuti-gen Rumänien-Deutschen schwankenzwischen 50.000 und 100.000, wobei dieÄlteren eindeutig überwiegen. Das führ-te insgesamt zu einer erheblichen Redu-zierung, ja zur fast vollständigen Aufga-be deutscher Siedlungsgebiete .

Bleibende Siedlungs- und Kulturdo-kumente im ländlichen Raum sindzunächst die Siedlungsgrundrisse: so-wohl die im Verlauf der späten deut-schen Ostkolonisation entstandenenStraßen- und Angerdörfer als auch dieschachbrettartigen Grundrisse vielerSiedlungen im Banat �, die im 18.Jahrhundert im Rahmen einer großenKolonisationsaktion entstanden. In Sie-benbürgen stellen die Kirchenburgenein besonders eindrucksvolles Zeugnisdar (� Foto). Sie entstanden als Wehr-anlagen und Zufluchtstätten währendder Türkeneinfälle im späten 14., vorallem dann aber im 15. Jahrhundert.Heute bilden sie eine kulturhistorisch-touristische Attraktivität der Region.

In den Altstädten von Sibiu (Her-mannstadt), Brașov (Kronstadt), Sighi-șoara (Schäßburg), Cluj (Klausenburg)und Temesvar (Temeschvar) finden sichnoch zahlreiche Zeugnisse deutschenBaustils. Es bestehen noch deutscheKirchengemeinden, Schulen und Verei-ne, wobei die Zahlen der Mitglieder unddie der deutschen Schüler jedoch geringsind. Durch Renovierungen wird ver-sucht, den in Anlage und Baustil typi-schen Charakter der ehemaligen deut-schen Kolonisationszentren zu erhal-ten.�

Werbefoto für das brasilianische Oktoberfestin Blumenau aus einer argentinischen Zeitung