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Kurzanleitung zur Tumorschmerztherapie
Inhalt
1. Einleitung
2. Grundlegende Prinzipien
3. WHO-Stufenschema
4. Nicht-Opioide
5. Opioide
6. Koanalgetika / Adjunvantien
7. Versorgung mit Betäubungsmitteln / Aspekte der BtMVV
8. Symptomkontrolle
9. Invasive und weiterführende Verfahren
10. Antineoplastische und interventionell-supportive Therapie zur Schmerzlinderung
11. Palliativmedizin und Hospiz
12. Psychoonkologie
13. Weiterführende Informationsangebote
14. „Auf einen Blick“: Schemata und Tabellen
Redaktion und Mitwirkende: S. Wirz, M. Schenk, W. Diemer, M. Dreyhaupt, G. Itting, G.
Hanekop, G. Hege-Scheuing, J. Jage, B. Schlisio, H.C. Wartenberg, M. Zimmermann
http://dgss.org/neu/aktumorschmerz.asp
1. Einleitung
Erarbeitet im Arbeitskreis Tumorschmerztherapie der Deutschen Gesellschaft zum
Studium des Schmerzes.
Adressaten: Ärzte, die Patienten mit einer Tumorerkrankung behandeln und eine kurze
Orientierung zur Behandlung von Schmerzen suchen.
Hinweis:
Diese kurze Anleitung ersetzt nicht die Lektüre und den Gebrauch von Leitlinien zur
Behandlung von Schmerzen bei Tumorerkrankungen.
Die Orientierung an nationalen und internationalen Leitlinien zur Schmerztherapie bei
Tumorerkrankungen wird ausdrücklich empfohlen.
Stand der Kurzanleitung: Januar 2006
2. Grundlegende Behandlungsprinzipien
Evaluation / Assessment
• Angemessen ausführliche Schmerzanamnese
• symptombezogene körperliche Untersuchung
• regelmäßige Verwendung von Analogskalen zur Schmerzstärkemessung
• in regelmäßigen Zeitintervallen Überprüfung der Schmerzen / auslösender
Ursachen, des Behandlungsergebnisses und behandlungsbedingter
Nebenwirkungen (Re-Evaluation)
Abklärung der Schmerzursachen
• Tumorbedingte Schmerzen, z. B. ossäre Metastasen, pathologische Fraktur,
Nerven-, Viszeral- oder Weichteilinfiltration
• Therapiebedingte Schmerzen, z. B. Mukositis, Neuralgie, Polyneuropathie
• Tumorassoziierte Schmerzen, z. B. Lymphödem
• Tumor- und therapieunabhängige Schmerzen
Neurophysiologisches Korrelat
• Nozizeptiver Schmerz (somatisch – viszeral)
• Neuropathischer Schmerzen (zentral – peripher)
• Somatoforme Mitbeteiligung (reaktive Depression – psychosoziale Konflikte)
Therapiemöglichkeiten
• Antineoplastische Therapie, z.B. durch Bestrahlung, Chemo- und Hormontherapie,
Operation (s.a.: Abschnitt 10)
• Multimodales Vorgehen
• Medikamentöse Therapie nach dem WHO-Stufenschema
• Therapie weiterer Symptome (z.B. Erbrechen, Inappetenz, Schlaflosigkeit oder
Angst)
• Minimalinvasive Techniken - Eingriffe in die Schmerzleitung (s.a.: Abschnitt 8)
(Nervenblockaden, chemische Neurolysen, Kathetertechniken)
• Psychoonkologische Betreuung von Patient und Angehörigen (s.a.: Abschnitt 12)
Einsatz von Entspannungsverfahren
• Physiotherapie - Hilfsmittel (Krankengymnastik, Lymphdrainage, Massage etc.)
(z.B. Stützkorsett, Rollstuhl, Prothese)
Regeln der medikamentösen Therapie
• Orale Applikation bevorzugen
• Bei Dauerschmerzen grundsätzlich langwirkende Retardpräparate benutzen
• Parenterale oder transdermale Gabe bei Unmöglichkeit der oralen Aufnahme (z. B.
bei Dysphagie, Stomatitis, Bewußtseinstrübung, Erbrechen, stärkste
Schmerzattacken)
• Regelmäßige Analgetikagabe nach 24-h Zeitschema: Retardtbl./-kps. alle 12 Stdn.
geben, Pflastersysteme alle 72 Stdn. wechseln, evtl. können die Zeitabstände um
33% verkürzt werden, häufigere Gaben der retadierten Opioide sind nicht sinnvoll
• Schnell freisetzende analgetische Zusatzmedikation (oral, buccal, s. l. oder rect.) beim
Auftreten von Schmerzspitzen mit verordnen. Als "Rescue" ist ein nichtretardiertes
Opioid gleicher Wirkstufe und Rezeptoraffinität wie das Retardpräparat geeignet. In
der Regel werden 1/10 bis 1/6 der Tagesdosis des retardierten Opioids als Rescue-
Dosis empfohlen; oral-mukosaler Fentanyl-Lutscher: immer mit der kleinste Dosierung
beginnen (s. Fachinformation)
• Individuelle Dosierung der Opioidanalgetika. Gegen den Schmerz titrieren, bis
ausreichende Schmerzreduktion erreicht ist. Bei unzureichendem analgetischen Effekt
Steigerung der Tagesdosis um jeweils 25-50% (keine Angst vor hohen Dosen!),
Transdermale Systeme frühestens nach 48 Stunden erhöhen! Bei starkwirksamen
Opioiden (außer Buprenorphin) existiert keine Maximaldosierung, alleine die
Schmerzursache/das pathophysioligische Korrelat sowie der Therapieeffekt und die
Nebenwirkung ergeben die angemessene Dosierung sowie die Kombination mit Ko-
Analgetika und Adjuvanzien
• Bei Dosiseskalation oder nicht beherrschbaren Nebenwirkungen einen Wechsel des
Opioids erwägen!
• Art und Wirkung einer Vormedikation beachten (Umrechnungstabelle). Bei
Therapieumstellung Orientierung an Äquipotenztabelle (cave: individuelle
Dosistitration erforderlich!). Besondere Vorsicht bei Umstellung auf L-Methadon oder
bei Änderung des Applikationsweges (z. B. Buprenorphin-Pflaster auf orales Opioid).
Im Zweifel erfahrenen Schmerztherapeuten konsultieren.
• Prophylaxe von Nebenwirkungen (s.a.: Abschnitt 6)
• immer Schriftliche Einnahmeanleitung für Patient und Angehörige mitgeben
• An den Einsatz von anderen Therapieverfahren denken!
3. WHO-Stufenschema der Analgetikatherapie
Durch ein international zusammengesetztes Expertengremium wurden unter der Regie
der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Behandlungsleitlinien für die Schmerztherapie
bei Tumorerkrankten erarbeitet. Nach Validierung durch begleitende Studien wurden
diese 1986 von der WHO veröffentlicht. Sie gelten heute weltweit als Standard in der
Tumorschmerztherapie. Kernpunkte sind eine differenzierte Schmerzdiagnostik, eine
möglichst orale Applikation („by the mouth“), die regelmäßige, nach einem festen
zeitlichen Schema festgelegte Einnahme („by the clock“) und schließlich die Auswahl der
Schmerzmittel nach einem Stufenplan („by the ladder“). Dieser letzte Punkt ist das WHO-
Stufenschema der Tumorschmerztherapie.
Stufe 1 Nicht-Opioide
+ Ko-Analgetika und Adjuvanzien
(z.B. Benzodiazepine, Cortikosteroide, Antidepressiva,
Antiepileptika, Calcitonin, Bisphosphonate, Laxantien,
Antiemetika)
Stufe 2 Schwach wirksame Opioide
+ Nicht-Opioide
+ Ko-Analgetika und Adjuvanzien
Stufe 3 Stark wirksame Opioide
+ Nicht-Opioide
+ Ko-Analgetika und Adjuvanzien
4. Nichtopioidanalgetika
Trotz WHO-Stufenschema und guter Wirksamkeit besteht laut Beipackzettel oftmals keine
offizielle Indikation von Nichtopioidanalgetika zur Therapie von Tumorschmerzen.
Saure nichtsteroidale Antiphlogistika – Coxibe
Indikation: Nozizeptiver somatischer Schmerz, Weichteil- und Knocheninfiltration,
entzündliche Komponente.
Nichtselektive Cyclooxygenasehemmer (Auswahl)
Ibuprofen (z.B. Ibuhexal®)
Einmaldosis: 200 - 800 mg (TMD 2400 mg)
Dosierungsintervall: 6 Stunden
Schwächere analgetische Potenz als Diclofenac, aber auch geringeres gastrointestinales
Risiko
Naproxen (z.B. Proxen®)
Einmaldosis: 250 - 500 mg (TMD 750 mg)
Dosierungsintervall: 8 - 12 Stunden
Diclofenac (z.B. Voltaren®)
Einmaldosis: 50 - 100 mg (TMD 200 mg)
Dosierungsintervall: 6 - 8 Stunden
Dosierungsbeispiel: 1Tbl./Drg.=25/50 mg,1 Retardtbl.=100 mg, 1 Supp.= 12,5/25/50/100
mg.
Selektive Cyclooxygenase-II-Hemmer (Auswahl)
Celecoxib (z.B. Celebrex®)
Einmaldosis: 100 mg (TMD 200 mg)
Dosierungsintervall: 8 – 12 Stunden
Etoricoxib (Arcoxia®)
Einmaldosis: 60 - 120 mg (TMD 120 mg)
Dosierungsintervall: 24 Stunden
Kombinationen sind möglich zwischen nichtsauren Analgetika und sauren Antiphlogistika
bzw. Coxiben. Kombinationen von Coxiben mit sauren Antiphlogistika sind obsolet.
Die Zulassungen von Rofecoxib und Valdecoxib ruhen in mehreren Ländern.
Kardiovaskuläres Risiko:
Laut Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft bestehen Einschränkungen bei
der Anwendung aller Cyclooxygenasehemmer wegen der Gefahr kardiovaskulärer
Ereignisse (Blutdruckerhöhung, Myokardinfarkte, Apoplex).
• Kontraindikation bei allen kardiovaskulären Risikopatienten
• strenge Indikationsstellung bei Patienten über 65 Jahren
• Anwendung nur so lange wie nötig: intermittierend drei bis maximal sechs Monate
Quelle: Arzneimittelkommission: Dtsch Arzttebl 2004; 1001: A3365 (Heft 49); Mukherjee
D, Nissen SE, Topol EJ: Risk of Cardiovascular Events Associated With Selective COX-2
Inhibitors. JAMA. 2001;286:954-959
Gastrointestinales Risiko:
Grundsätzlich gilt: für folgende Patientengruppen ein erhöhtes Risiko gastrointestinaler
Nebenwirkungen (Erosionen, Ulcus im gesamten Magen-Darm-Trakt). Coxibe reduzieren
zwar die Inzidenz dieser Nebenwirkung, stellen aber besonders bei gefährdeten
Patientengruppen einen Risikofaktor dar, so dass auch die Indikation genau geprüft
werden muss. Ein Schutz mit Protonenpumpenhemmern ist beim Einsatz von
nichtselektiven Cyclooxygenaseinhibitoren unbedingt notwendig, bei gefährdeten
Patienten gilt dies auch für selektive Cyclooxygenase-II-Hemmer.
• „Ältere Patienten“
• Ulkus oder GI-Blutung in der Anamnese
• Co-Medikation mit Steroiden, ASS, Antikoagulantien
Quelle: Scheiman: Gastroenterol Clin North Am; 1996; 25: 279-298
Renales Risiko
Sowohl bei selektiven und nichtselektiven Cyclooxygenasehemmern besteht
insbesondere bei einer Langzeitanwendung die Gefahr einer Niereninsuffizienz. Daher
sollte bei Dauergabe regelmäßig die Kreatinin-Clearance kontrolliert werden
(aussagekräftiger als der Kreatininwert).
Nichtsaure Antiphlogistika
Metamizol, Novaminsulfon (z.B. Novalgin®)
Indikation: Nozizeptiver Schmerz, spasmolytisch, daher gut geeignet bei nozizeptiv-
viszeralen Schmerzen
Einmaldosis: 500-1000 mg (TMD 6 g)
Dosierungsintervall: 4 Stunden
1ml Trpf. Lsg. = 500 mg, 1 Kps. = 500 mg, 1 Supp. = 1000 mg.
Nebenwirkungen bei oraler Applikation: häufig Schwitzen (cave: transdermale Systeme,
gelegentlich allergische Hautreaktionen, sehr selten Agranulozytose (1 : 106
Anwendungen).
Paracetamol (z.B.Ben-U-Ron®)
Indikation: Nozizeptiver Schmerz, schwaches Analgetikum
Einmaldosis: 500-1000 mg (TMD 4 g bei Erwachsenen)
hepatotoxisch in höherer Dosierung bzw. in Kombination mit Flupirtin, bei malnutritierten
und geriatrischen Patienten Dosisreduktion (z.B. 2 g/d), eher als Reservesubstanz bei
Allergie gegen andere Analgetika einzusetzen.
Dosierungsintervall: 6 Stunden
Nichtklassifizierte Analgetika
Flupirtin (z.B. Katadolon®)
Einmaldosis: 100 mg (TMD 600 mg)
Dosierungsintervall: 4 – 6 Stunden
Zentraler Wirkmechanismus, muskelrelaxierend, daher gut bei Wirbelsäulenschmerz
(Metastase, schmerzhafte sekundäre Muskelverspannungen).
Häufig Sedationseffekte, Kontraindikation: Leberfunktionsstörungen, keine gleichzeitige
Gabe von Paracetamol.
5. Opioidanalgetika
5.1 Grundlegendes
Opioide mit retardierter Freisetzung
Synonyme: SR = „sustained release“; „modifiziert“ freisetzende Präparate
Indikation: Basistherapie bei andauerndem Schmerz
Besonderheiten: Schlechte „Steuerbarkeit“ wegen langsamer „Anschlagszeit“ (langsamer
Wirkbeginn), dadurch nicht geeignet zur Therapie des Durchbruchsschmerzes.
Merke: Jede Dauertherapie mit einem retardiert freisetzenden Opioid sollte von
einer Bedarfsmedikation begleitet sein. Die Therapie eines andauernden
Tumorschmerzes erfolgt durch kontinuierliche Therapie mit retardierten oder
transdermalen Opioiden nach festem Zeitschema!
Opioide mit schneller Freisetzung
Synonyme: nicht retardierte Opioide, „normal“ freisetzende Präparate
Indikationen: Behandlung des Durchbruchsschmerzes, Dosis-Titration
Diese Präparate haben einen deutlich schnelleren klinischen Wirkbeginn und eine kürzere
Wirkdauer als retardierte Präparate. Sie lassen sich in der Regel besonders gut titrieren
(v.a. die Tropfenform).
Cave: Durch schnelle Anflutung ist das Suchtpotential gegenüber retardierten oder
transdermalen Applikationsformen erhöht.
Durchbruchsschmerz
1. Duchbruchsschmerz („breakthrough pain“, „end of dose failure“):
- Unter effizienter Analgesie mit Basismedikation spontan, ohne äußerlich erkennbaren
Anlass, auftretende Schmerzattacken. Meist durch Progression der Grundkrankheit
erklärbar.
- Schmerz mit Beginn vor der nächsten geplanten Dosis. Verursacht durch zu kurzes
Dosierungsintervall oder zu geringe Dosis.
2. Bewegungsabhängiger Schmerz („incident pain“). Dieser Schmerz wird entweder
vom Patienten durch spezifische Aktivitäten wie Schlucken, Husten, Bewegung
verursacht, oder aber auch vom Pflegepersonal (z.B. durch Lagerungsmanöver). Die
Therapie des „incident pain“ kann auch „präemptiv“, z.B. vor Lagerungsmanövern oder
bestimmten Belastungssituationen, erfolgen.
Merke: Die Therapie des Durchbruchsschmerzes erfolgt als Bedarfsmedikation
durch Opioide mit schneller Freisetzung/ schnellem Wirkbeginn und sicherem
Applikation - Ort.
Die Einzeldosis der schnell freisetzenden Opioide orientiert sich an der Dosis der
Dauermedikation und beträgt in der Regel 1/6 bis 1/10 der Tagesdosis. Das
Dosisintervall der Bedarfsmedikation kann zwischen 1 Stunde und mehreren
Stunden betragen.
Kombinationen von Opioiden untereinander
Die Kombination von schwachen oder mittelstarken (WHO Stufe ll) Opioiden mit starken
(WHO Stufe lll) Opioiden wird nicht empfohlen.
Die Kombination von µ-Agonisten mit µ-Partial-Agonisten sollte vermieden werden.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)
Häufig auftretend: Obstipation, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit
Selten auftretend: Pruritus, Schwitzen, Myoklonien, Halluzinationen, Albträume
Atemdepression.
Merke: Viele der UAW lassen sich durch prophylaktische Therapie reduzieren, bzw.
vermeiden (siehe: „6. adjuvante Therapie“).
TTS: Transdermale Therapie-Systeme
TTS sind nicht sinnvoll zur Einstellung des (starken) Tumorschmerzes, bei rascher
Schmerz-Progredienz oder bei hohen erforderlichen Dosen.
Sinnvoll bei stabilem Dauerschmerz und/ oder enteralen Aufnahmestörungen.
5.2 Zubereitungen
WHO Stufe ll: Schwach wirksame Opioide (Auswahl)
Indikation: leichte bis mittelstarke Schmerzen
Tramadol
Dauermedikation: Retardierte Präparate (z. B. Tramal long®, Tramundin
®, o.a.)
� Einzeldosis: 50mg, 100mg, 150mg, 200mg Tabletten
� Dosisintervall: alle (8-) 12 Stunden
� Tageshöchstdosis: 600mg
� Mögliche Initialdosis (Beispiel): Tramadol 100mg 1 – 1 – 1
o ~ Äquivalenzdosis von Morphin SR 30mg
Bedarfsmedikation: Unretardierte Präparate (z.B. Tramundin Tropfen®, o.a. )
� Tramadol Tropfen
� 20 Tropfen = 50mg Tramadol
� Dosierung: Nach Bedarf
Tilidin/ Naloxon
Dauermedikation: Retardierte Präparate (z. B. Valoron N retard®, o.a.)
� Einzeldosis: 50/4mg, 100/8mg, 150/12mg, 200/16mg Retard-Tabletten
� Dosisintervall: alle (8-) 12 Stunden
� Tageshöchstdosis: 600mg
� Mögliche Initialdosis (Beispiel): Tilidin/ Naloxon 50/4mg 1 – 1 – 1
o ~ Äqivalenzdosis von Morphin SR 30 - 60mg
Bedarfsmedikation: Unretardierte Präparate (z.B. Valoron N Tropfen®, o.a.)
� Tilidin/ Naloxon Tropfen
� 20 Tropfen = 50/4mg Tilidin/ Naloxon.
� Dosierung: Nach Bedarf
�
Cave: Tilidin-Naloxon-Tropfen haben ein sehr hohes suchterzeugendes Potential.
Besonderheit: Kombination aus µ-Agonisten mit µ-Antagonisten, keine
Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz erforderlich.
WHO Stufe lll: Stark wirksame Opioide
Indikation: starke bis stärkste Schmerzen
Morphin
Dauermedikation: Retardierte Präparate (z. B. MST®, M long
®, o.a.)
� Einzeldosis:10/30/60/100/200mg Retard-Tabletten
� Einzeldosis: 20/30/60/100/200mg Retard-Granulat (Beutel)
� Dosisintervall: alle (8-) 12 Stunden
� Mögliche Initialdosis: Morphin SR 30 - 60mg/ Tag
Bedarfsmedikation: Unretardierte Präparate (z.B. Sevredol®
)
� Einzeldosis: 10/ 20mg Tabletten
� Morphin-Tropfen: Morphin-Lösung 0,1% - 4% 1ml= 1 - 40mg
Dosisintervall: Nach Bedarf
Besonderheit: „Goldstandard“, aber: Kumulation bei Niereninsuffizienz (relative bis
absolute Kontraindikation)
Buprenorphin
Dauermedikation: Transdermales Therapeutisches System (TTS) (z.B. Transtec PRO®
)
� Dosierungseinheiten: 35µg/ Std. (Beladung: 20mg), 52,5 (Beladung: 30mg), 70 µg/
Std. (Beladung: 40mg)
� Dosierungsintervall (Pflasterwechsel): alle 3,5 Tage
� Mögliche Initialdosis: Buprenorphin-TTS 35 µg/h
o ~ Äquivalenzdosis von Morphin SR 60mg/ Tag
Bedarfsmedikation: Sublingualtabletten (z.B. Temgesic®
, o.a.)
• Einzeldosis: Buprenorphin Sublingualtabletten: 0,2mg/ 0,4mg
• Dosierungsintervall: alle 6 - 8 Std.
• 1 Sublingualtbl. = 0,2/0,4 mg
Besonderheit: Sicher bei Niereninsuffizienz, keine Dosisreduktion erforderlich.
Fentanyl
Dauermedikation: Transdermales Therapeutisches System (TTS) (z.B. Durogesic SMAT®
)
� Dosierungseinheiten: 12,5µg/ Std. (Beladung: 2,1mg), 25µg/ Std. (Beladung:
4,2mg), 50µg/Std. (Beladung: 8,4mg), 75µg/ Std. (Beladung: 12,6mg),100µg/ Std.
(Beladung: 16,8mg)
� Dosierungsintervall (Pflasterwechsel): alle (2-) 3 Tage
� Mögliche Initialdosis: FentanyI-TTS 25 µg/h
o ~ Äquivalenzdosis von Morphin SR 60mg/ Tag
Bedarfsmedikation: Transdermales Orales Therapeutisches System (O-TTS) (z.B. Actiq®
)
� Einzeldosis: 200, 400, 600, 800, 1000µg
� Dosisintervall: Nach Bedarf
Besonderheit: Gleich schneller Wirkbeginn wie Morphin i.v.
Hydromorphon
Dauermedikation: Retardierte Hydromorphon-Kapseln (z.B. Palladon Retard-Kapseln®)
� Einzeldosis: 4 /8 /16 /24 mg Retard-Kapseln
� Dosierungsintervall: alle 12 Stunden
� Tageshöchstdosis: Nach Bedarf
� Mögliche Initialdosis: Hydromorphon Retardkapseln 4mg 1 – 0 – 1
o ~ Äquivalenzdosis von Morphin 40 - 60mg/ Tag
Bedarfsmedikation: Unretardierte Hydromorphon-Kapseln (z.B. Palladon-Kapseln®)
� Einzeldosis: Hydromorphon-Kapseln á 1,3 oder 2,6mg
� Dosierungsintervall: Nach Bedarf, alle 1 - 2 - 4 Stunden (Bedarfszeitraum
angeben!)
Besonderheit: Keine aktiven Metaboliten, keine Kumulation bei Niereninsuffizienz,
wegen besonders geringer Plasma-Eiweißbindung geringe Interaktion mit anderen
Pharmaka.
Die Retard-Kapseln können geöffnet werden, die Granula sind retardiert und PEG-
gängig.
Levomethadon
Dauermedikation: Levomethadon-Lösung (z.B. L-Polamidon®)
� Dosisintervall: alle 6 - 8 Stunden
� Mögliche Initialdosis: 2,5 mg/ (6)-8 Stunden
� 20 Trpf. = 1 mI Tropflösung = 5 mg.
Cave: Während der Titration sorgfältige Überwachung der Vigilanz des Patienten
wegen Kumulation erforderlich. Bei Somnolenz sofortige Dosisreduktion.
Oxycodon (z.B. Oxygesic®)
Dauermedikation: Retardierte Oxycodon Tabletten (Oxygesic Retard-Tabletten®)
� Einzeldosis: 5mg, 10mg, 20mg, 40mg Retardtabletten
� Dosisintervall: alle (8)- 12 Std.
• Mögliche Initialdosis: Oxycodon Retardtabletten 5mg 1 – 1 – 1
o ~ Äquivalenzdosis von Morphin 30mg/ Tag
6. Koanalgetika / Adjuvantien
6.1 Therapie des neuropathischen Schmerzes
Vor allem bei brennenden, kontinuierlichen Schmerzen
1.Wahl: trizyklische Antidepressiva (z.B. Amitriptylin (Saroten®) 10 - 25 - 75 mg/d,
einschleichende Dosierung, Gabe zur Nacht,
Cave: anticholinerge Nebenwirkungen (NW), Müdigkeit, Mundtrockenheit,
Evidence-based Level (EBL): 1 (s.u.)
2.Wahl: Noradrenalin/Serotonin Wiederaufnahmehemmer (z.B. Venlaflaxin (Trevilor®
2 x 37,5 mg), oder noradrenerge -/ spezifisch serotonerge Antidepressiva
(z.B. Mirtazepin (Remergil®) 15 mg zur Nacht , EBL :4 - 5 (s.u.)
dtl. weniger anticholinerge NW, aber Wirkung nicht gut belegt, nicht
evidence-based
Vor allem bei einschießenden Paroxysmen
Gabapentin
Gabapentin (Neurontin®) bis maximal 3600 mg/d, vorsichtig aufdosieren
UAW: Schwindel, Müdigkeit, Ataxie, Ödeme (dosisabhängig),
Cave: Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz (Kumulation möglich – aber: keine
Nephrotoxizität)
Pregabalin
Pregabalin (Lyrica®) bis maximal 600 mg/d, vorsichtig aufdosieren
UAW: Schwindel, Müdigkeit, Ataxie, Ödeme (dosisabhängig),
Cave: Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz (Kumulation möglich – aber: keine
Nephrotoxizität)
Carbamazepin
Carbamazepin ret. (z.B. Tegretal ret.®) 200 - 1200 mg/die, vorsichtig aufdosieren
UAW: Schwindel, Müdigkeit, Ataxie, Ödeme (dosisabhängig), Exantheme,
Blutbildveränderungen, Anstieg von Leberenzymen
EBL: 1 (s.u.)
Allgemein : Patient über zu erwartene UAW, Art der Medikation (Antidepressivum bzw.
Antikonvulsivum) und verzögerten Wirkeintritt (Tage bis Woche(n)) aufklären.
6.2 Gastroprotektiva
Als Prophylaxe medikamenteninduzierter (speziell NSAID) gastrointestinaler Läsionen ist
ausschließlich die Wirksamkeit von Prostaglandinanaloga oder Protonenpumpenhemmer
belegt. H2-Blocker (z.B. Ranitidin) sind in der Prophylaxe unterlegen.
Auswahl
Misoprostol 400 – 800 µg/24h (Cytotec® 200) 1 Tbl. = 200 µg.
UAW: Bauchschmerz, Diarrhoe, Nausea, Vertigo, deshalb häufig niedrige
Patientenakzeptanz.
Pantoprazol 40 mg/24 h (Pantozol® oder andereGenerika) 1Tbl. = 20/40 mg.
Nebenwirkungen: Diarrhoe, Nausea, Bauchschmerzen, Hautveränderungen.
7. Versorgung mit Betäubungsmitteln / Aspekte der BtMVV (Stand: 1. Febr. 1998) Verschreibungs-Höchstmengen von Betäubungsmitteln (BtM) (Beispiele für häufig in der Tumorschmerztherapie eingesetzte BtM)
Buprenorphin 150 mg,
Fentanyl 1 000 mg,
Hydromorphon 5 000 mg,
Morphin 20 000 mg,
Oxycodon 15 000 mg,
Tilidin 18 000 mg
Außerdem: Dronabinol 500 mg
Verordnung von bis zu zwei BtM innerhalb von 30 Tagen unter Einhaltung der jeweiligen
Höchstmenge. Verschiedene Darreichungsformen eines Wirkstoffs gelten als ein BtM.
Ausnahmeregelungen
Bei medizinischer Indikation für Patienten in Dauerbehandlung:
Überschreitung
• der Anzahl der verordneten BtM
• der festgesetzten Höchstmengen
Erforderlich
• Kennzeichnung des BtM-Rezeptes mit "A“.
• (Meldung an Aufsichtsbehörde entfällt!)
Notfall-Verschreibung
In Notfällen können BtM auf Normalrezept verordnet werden. Die Verordnung ist mit dem
Wort „Notfall-Verschreibung“ zu kennzeichnen. Der Arzt muss unverzüglich ein BtM-
Rezept nachreichen, das mit dem Buchstaben „N“ gekennzeichnet ist.
Ausstellen von BtM-Rezepten
BtM-Rezepte einschließlich des Verordnungsteils können komplett maschinell ausgestellt
werden. Die Unterschrift und ggf. der Zusatz „i.V“ sind handschriftlich zu leisten.
Änderungen der Verschreibung muss der Arzt handschriftlich vornehmen und durch
Unterschrift bestätigen.
Erforderliche Angaben:
• Name, Vorname und Anschrift des Patienten
• Ausstellungsdatum (Gültigkeit der Verordnung: 7 Tage)
• Bezeichnung des Medikamentes; falls dadurch nicht eindeutig bestimmt, zusätzlich
Darreichungsform sowie Bezeichnung und Gewichtsmenge des enthaltenen BtM
• Menge des verordneten Arzneimittels in Ziffern (Stückzahl oder Menge in Gramm
bzw. Milliliter)
• Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesgabe oder Vermerk „Gemäß
schriftlicher Anweisung“, wenn der Patient eine schriftliche Einnahmeanweisung
erhalten hat
• Ggf. Zusatz „A“ (Verordnung nach Ausnahmeregel) oder „N“ (Notfall-Verschreibung)
• Name, Berufsbezeichnung und Anschrift einschließlich Telefonnummer des
verschreibenden Arztes (Unterschrift, ggf. Vermerk „i.V.“)
Abgabe von BtM durch den Apotheker
Der Apotheker darf nach Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt fehlende Angaben
auf dem BtM-Rezept ergänzen und nicht korrekt ausgefüllte Rezepte ändern. Falls eine
Rücksprache nicht möglich ist, dürfen fehlerhafte BtM-Rezepte vom Apotheker beliefert
werden, wenn ein dringender medizinischer Bedarf vorliegt.
8. Symptomkontrolle
Das Auftreten von Symptomen stellt für Patienten mit einer inkurablen Tumorererkrankung
regelmäßig eine gravierende Einschränkung ihrer Lebensqualität dar. Symptome treten
erkrankungsbedingt oder therapiebedingt auf. Nach Literaturangaben treten bei bis zu 60
% der Tumorschmerzpatienten Anorexie und Schwäche, gastrointestinale, pulmonale,
zentrale bzw. neuropsychiatrische und dermatologische Symptome auf, deren Kontrolle
problematischer sein kann als die der Schmerzen. Ein häufiges Problem der
Tumorschmerztherapie und Symptomkontrolle ist die Abwägung des Ausmaßes
therapeutischer Maßnahmen, des zu erwartenden Erfolges, der Lebensqualität und der
Wünsche des Patienten und der Angehörigen.
Anorexie, Appetitlosigkeit
Häufige Ursachen sind unzureichend behandelte Schmerzen, gastrointestinale Ursachen
(Obstipation, Dysphagie, Nausea therapieunabhängig oder bei Radiatio, Chemotherapie,
Opioidtherapie), Mundtrockenheit oder Störungen der Geschmacksempfindung. Eine
ursachenorientierte Therapie kann in einer Opioidrotation oder dem Einsatz von
Antiemetika bestehen. Geeignete Nahrung anzubieten ist oft schwierig, weshalb ein
medikamentöses Vorgehen notwendig werden kann (Kortikosteroide, Megesterol 600 –
1000 mg/d, Cannabinoide, z.B. Dronabinol 1 – 2,5 g/d).
Schwäche, Fatigue
Anorexie, Anämie, Depression, therapeutische Interventionen (Chemotherapie, Radiatio,
postoperativ) und unerwünschte Medikamentenwirkung (Opioide) führen regelmäßig zum
Fatigue-Syndrom. Die Therapie umfasst die Anhebung des Hämoglobinwertes
(Einmalkonserven, Erythropoetin), Mobilisationsversuche, stützende Psychotherapie,
Dosisneueinstellung oder Rotation von Opioiden, Antidepressiva, weiteren Sedativa. Ein
Versuch mit Modafinil 50 – 100 mg/d (off-label) oder Methylphenidat 5 – 20 mg/d (off-
label) kann unternommen werden.
Obstipation
Eine Obstipation tritt regelhaft auf z.B. bei Immobilität, Schwäche, Dehydratation,
Hypokaliämie, Hyperkalziämie, Parkinsonoid, Obstruktion, Aszites, Hämorrhoiden,
Fissuren, medikamentöser Therapie mit Chemetherapeutika (Vincristin, Vinblastin,
Bleomycin), Opioiden, Antidepressiva, Neuroleptika, 5-HT3-Antagonisten,
Butylscopolamin und Calciumantagonisten. Ein Problem ist die objektive Erfassung nach
den Rom-Kriterien (stuhlfreies Intervall länger als drei Tage, harter Stuhl, langes Pressen,
Gefühl der unvollständigen Entleerung), das voreilige Absetzen von Opioiden und die
fehlende konsequente Anwendung einer Prophylaxe mit Laxanzien. Eine
Laxanzienprophylaxe ist bei Opioiden, Antidepressiva, Neuroleptika obligat und sollte
osmotisch wirksamen Laxanzien beinhalten (Macrogol Elektrolyte 3350, Lactulose).
Soweit möglich sollte eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Mobilisation gewährleistet
werden. Die Therapie einer aufgetretenen Obstipation erfolgt gemäß einem
Stufenschema, mit 1.) dem Einsatz bzw. einer Dosissteigerung eines osmotischen Laxanz
(z.B. Macrogol Elektrolyte 3350: 1 – 7 ! Beutel/d), 2.) einer Kombination mit einem
antiabsorptiv/sekretagogen Laxanz (Na-Picosulfat, Bisacodyl), 3.) einer Revision der
Diagnose bzw. erneute Diagnostik (Ileusausschluss), dem Einsatz von Bisacodyl oder
Glycerin als Suppositorium, 4.) Senna-Alkaloiden, 5.) Amidotrizoeessigsäure und
Prokinetika (Metoclopramid, Prostigmin, Ceruletid). Quellstoffe sind bei Dehydratation
problematisch!
Diarrhoe
Zu einer Diarrhoe führen verschiedene Ursachen wie Infektion, Radiatio, Antibiotika,
Zytostatika, Cyclooxygenasehemmer, Kurzdarmsyndrom, chronisch-entzündliche
Darmerkrankungen, Pankreasinsuffizienz mit Malabsorption, „Überlaufdiarrhö“ bei
Obstipation, Stuhlimpaktion oder paraneoplastisch. Symptomatische Maßnahmen
bestehen in Rehydrierung, Elektrolytsubstitution, dem Einsatz von Pektinen,
Aluminiumhydroxid, Ballaststoffen, Kohlekompretten, Loperamid, anderen Opioiden,
Butylscopolamin (bis 100 mg/d, cave: Tachycardie), Octreotid (bis 300 µg/d). Kausal bzw.
ursachenorientiert erfolgt bei Pancreasinsuffizienz eine Therapie mit einer
Enzymsubstitution, bei entzündlich bedingten Diarrhoen mit Sulfasalazin, Mesalazin, evtl.
mit Indomethazin, beim Kurzdarmsyndrom mit Cholestyramin und beim Karzinoid mit
Octreotid (100 – 200 µg / d, s.c.).
Nausea, Emesis
Ursachen sind u. a. Schmerzen, Medikamente (Chemotherapie, Opioide), Radiatio,
Tumore, Obstipation, Ileus, Ikterus, Urämie, Hyperkalzämie, Hirndruck und
neuropsychiatrische Ursachen. Eine parenterale Rehydrierung kann notwendig werden.
Bei einer kausalen Therapie stehen die Behandlung einer gastrointestinalen Obstruktion,
von Hirndruck, metabolischen Entgleisungen oder nicht-tumorbedingten Ursachen
(Migräne) im Vordergrund, während symptomatisch folgender Stufenplan ausgeführt wird.
Medikamentös können 1.) Metoclopramid (bis zu 120 mg/d) oder Domperidon (bis zu 30
mg/d), 2.) zusätzlich Dimenhydrinat (bis zu 300 mg/d), Scopolamin (bis zu 1,5 mg/d), 3.)
zusätzlich Neuroleptika (Haloperidol bis zu 6 mg/d, Promethazin bis zu 75 mg/d) 4.) 5HT3-
Antagonisten (Ondansetron, Granisetron) 5.) Cannabinoide (Dronabinol bis zu 5 g/d),
Kortikosteroide (Dexamethason, bis zu 20 mg/d) eingesetzt werden. Bei chemo- oder
radioatiobedingter Nausea oder Emesis empfiehlt sich ein frühzeitiger Beginn mit 5HT3-
Antagonisten. Der Sonderfall einer nicht kurativ behandelbaren gastrointestinalen
Obstruktion kann die Gabe von Octreotid, Scopolamin oder Butylscopolamin,
Kortikosteroiden, ggf. eine palliativ-chirurgische Entlastungsoperation oder die Anlage
einer PEG erforderlich machen.
Dyspnoe
Das subjektive Gefühl der Atemnot, oftmals verbunden mit erhöhter Atemarbeit, ist einer
der häufigsten Symptome in der Terminalphase. Verschiedenartige Ursachen wie z.B.
Infektion, Obstruktion, Tumor, Metastasen, Pleuraerguss, Sekretverhalt,
kardiozirkulatorische Gründe, Perfusionsstörung (Embolie), Bronchospasmus, COPD,
Azidose, neuromuskuläre Ursachen (Muskelatrophie) oder Angst führen zu einer
Dyspnoe. Die Abwägung kurativer versus palliativer Maßnahmen (Sauerstoffgabe,
Intubation und Beatmung) kann für die Behandler problematisch sein. Zu
symptomatischen TherapieMaßnahmen zählen Beruhigung, der Einsatz eines
Handventilators (subjektiv als lindernd angesehen), Physiotherapie, Opioide (Morphin, 5 –
20 mg p.o., s.c.), Sedierung (Lorazepam, bis zu 5 mg/d), ggf. parenterale Applikation.
Ursachenorientiert kann beim Pleuraerguss eine Pleurapunktion oder eine Pleurodese,
bei einer Bronchospastik der Einsatz von Theophyllin, ß2-Mimetika, Anticholinergika,
Kortikosteroiden, - oral, parenteral, per inhalationem - , indiziert sein.
Rasselatmung in der Finalphase
Sekretverhalt und Ödemneigung können in der Finalphase zu dem für Außenstehende
subjektiv belastenden Symptom der Rasselatmung führen, das häufig einen
schädigenden Aktionismus bewirkt (Absaugen, Flüssigkeitstherapie). Medikamentös
können Anticholinergika (Scopolamin, Butylscopolamin, Atropin, Glycopyrrolat), Opioide
(Dosissteigerung bei Opioiddauertherapie) und Benzoediazepine (s.o.) eingesetzt werden.
Eine terminale Sedierung kann notwendig sein.
Neuropsychiatrische Symptome, zentrale Symptome
Unterschiedliche neuropsychiatrische oder zentrale Symptome wie Sedierung Agitation,
Halluzinationen, Angst, Depression haben oft multifaktorielle Ursachen (z.B. erkrankungs-,
therapiebedingt, medikamentös, Organinsuffizienz, Kachexie, Infektion, Hypoxie, reaktiv,
Entzug, metabolisch, Hirndruck bei Metastasen, Hydrocephalus). Myoklonien treten häufig
bei Kumulation von Opioidmetaboliten, insbesondere bei Niereninsuffizienz auf. Nach
Ausschluss anderer therapierbarer Ursachen (z.B. erhöhter Hirndruck, Hyperkalziämie)
sollten medikamentöse Ursachen (Opioide, Benzoediazepine, Antidepressiva,
Neuroleptika, Anticholinergika) ausgeschlossen werden. Dies kann eine
Medikamentenrotation (Opioiderotation ) oder eine Dosisanpassung bei Organinsuffizienz
notwendig machen. Gemäß dem neuropsychiatrischen Bild ist der Einsatz von
stimulierenden Substanzen (s. Abschnitt: Schwäche, Fatigue), Sedativa und Neuroleptika
indiziert. Bei Singultus kann ein Versuch mit vorsichtiger Pharynxstimulation (weiche
Sonde, kaltes Wasser), Antiepileptika (gaba-Pentin), Neuroleptika, Baclofen oder
Nifedipin unternommen werden.
Juckreiz
Neben primär dermatologischen oder allergologischen Ursachen kann Juckreiz auch bei
einer Cholestase oder dem Einsatz von Opioiden oder Chemotherapeutika auftreten.
Symptomatisch kommen Antihistaminika (z.B. Clemastin, bis 12 mg / d, Cetirizin bis 10
mg / d) und niederpotente Neuroleptika (Promethazin, bis 100 mg / d) zur Anwendung.
Probatorisch kann Naloxon (Opioidanatgonist) oder Paroxetin (selektiver Serotonin-
Wiederaufnahmehemmer, Antidepressivum, bis 20 mg / d) versucht werden.
9. Invasive und weiterführende Verfahren
Indikationen für invasive Schmerztherapie
Invasive Schmerztherapie ist nicht ultima ratio, sondern von Anfang an gleichwertige
Therapieoption,
- weil invasive Methoden zusätzlich zu konservativen Methoden eine frühe
Chronifizierung verhindern (z.B. Ganglion Stellatum-Blockaden bei
sympathisch unterhaltenen Schmerzen)
- weil invasive Methoden in Einzelfällen konservativen Methoden überlegen
sind (z.B. Katheteranalgesie bei Tumorinfiltration in den Plexus Brachialis)
- weil eine medikamentöse Schmerztherapie wegen unerwünschter
Wirkungen bei manchen Patienten nicht durchgeführt werden kann (z.B. bei
multimorbiden oder sehr reduzierten Patienten).
Deshalb: Denken Sie bereits frühzeitig an invasive Methoden der Tumorschmerztherapie.
Stellen Sie Ihre Tumorpatienten ggf. in einer Spezialeinrichtung vor (auch telefonisch).
Grundsätzlich sind invasiven Verfahren aber auch in der Tumorschmerztherapie nur eine
therapeutische Möglichkeit innerhalb eines multimodalen Behandlungskonzeptes.
Voraussetzungen zur invasiven Schmerztherapie
Invasive Eingriffe dürfen nur dann vorgenommen werden,
- wenn eine eingehende Aufklärung über Vorgehen, Nutzen und Risiken
stattgefunden hat, und eine schriftliche Einverständniserklärung des
Patienten vorliegt,
- wenn ein ausreichendes Monitoring zur Verfügung steht (EKG, Blutdruck,
Pulsoxymetrie),
- wenn im Notfall Maßnahmen ergriffen werden können (intravenöser Zugang
liegt, Notfallausrüstung und Notfallmedikamente stehen bereit, Personal hat
eine Notfallausbildung).
Die folgende Aufstellung stellt nur eine Auswahl der möglichen spezifischen
schmerztherapeutischen Maßnahmen dar.
Invasive Diagnostik
Die Erfahrung, dass morphologische Befunde nicht immer mit der Symptomatik
korrelieren und Schmerzen auch ohne morphologisches Korrelat vorzufinden sind
(Beispiel Rückenschmerz), gilt auch für Tumorschmerzsyndrome. Trotzdem ist der
Versuch, die schmerzauslösenden Faktoren weitestgehend einzugrenzen, erstrebenswert,
um die Schmerzen gezielt zu therapieren und konservative Therapieformen mit nicht
unerheblichen systemischen Nebenwirkungen schonend einzusetzen oder zu vermeiden.
Parenterale Pharmakotherapie
Indikation ist eine Behinderung der oralen Applikation. Zur kontinuierlichen intravenösen
oder subkutanen Medikamentengabe stehen transportable Pumpen zur Verfügung. Bei
vielen Pumpen kann man neben der kontinuierlichen Gabe auch einen Bedarfsbolus
einstellen. Zeitlimits und Mengenbegrenzungen verhindern Überdosierungen. Bei jedem
Patienten muss der analgetische Bedarf individuell ermittelt werden. Durch die Einführung
transdermaler Applikationssysteme ist die parenterale Pharmakotherapie heute seltener
geworden.
Rückenmarknahe/intraventrikuläre Opioidanalgesie
Hierbei werden Opioide (oder anderer Medikamente) über epidurale, intrathekale oder
intraventrikuläre Katheter appliziert. Dieses erfolgt entweder über einen Port (im
allgemeinen kurzfristige, zeitliche Überbrückung) oder durch ein vollständig
implantierbares Pumpensystem. Da hierbei Opioide in deutlich niedrigeren Dosierungen
appliziert werden und zudem nur zu einem kleinen Teil systemisch wirksam werden, ergibt
sich folgende Indikation: nicht tolerierbare unerwünschte Wirkungen, die bei guter
analgetischer Wirkung einen Einsatz von Opioiden auf anderen Wegen unmöglich
machen. In der Regel werden hierdurch nur gleichbleibende Dauerschmerzen therapiert.
Bei modernen, ferngesteuerten und programmierbaren Systemen kann man Tagesprofile
und Boli eingeben, die somit besser an einen wechselnden Analgetikabedarf angepasst
sind. Häufigste Komplikationen sind Katheterverlagerungen.
Neurolyse des Ggl. Coeliacum
Gezielte Unterbrechung aller viszeralen Afferenzen und sympathischen Efferenzen aus
dem Oberbauch, entweder durch Einbringen eines Neurolytikums (z.B. 50 - 100%iger
Alkohol, 5 - 10%iges Phenol ist wegen der hohen Gewebetoxizität nicht mehr indiziert),
oder durch Kryo- und Thermokoagulation. Indikationen sind Schmerzen bei malignen
Tumoren im Oberbauch (insbesondere Pankreas, Leber, Galle). Besonders hier ist die
Indikation frühzeitig zu stellen.
Neurolyse des lumbalen Grenzstrangs (perkutane Sympathektomie)
Kryo- oder Thermokoagulation oder Injektion eines Neurolytikums (siehe chemische
Neurolyse des Ggl.coeliacum) am lumbalen Sympathikus. Dieses Verfahren ist nur unter
zu Hilfenahme bildgebender Verfahren durchzuführen. Indikation ist z.B. eine
Schmerzreduktion bei malignen Tumoren im Becken-Beinbereich.
Neurolyse peripherer Nerven
Nur in wenigen Fällen erfolgversprechend (Nn. Occipitales, Nn. Intercostales). Eine
Indikation besteht daher nur in ausgesuchten Fällen, z.B. bei segmentalen Schmerzen im
Bereich eines Intercostalnerven (Rippenmetastasen).
Intrathekale Neurolyse
Wird heute nur noch selten in Form der Chordotomie durchgeführt. Dabei wird die
Nervenleitung im Tractus spinothalamicus des Rückenmarks unterbrochen. (Nur einseitige
Ausführung; Lebenserwartung <6 Monate.)
Fazit
Wegen des extremen Leidensdrucks dieser Patienten, aber auch wegen der großen
Gefahr einer Chronifizierung des Schmerzsyndroms ist bei Tumorschmerzpatienten
frühzeitig mit einer invasiven Therapie zu beginnen. In den letzten Jahren sind durch
wirkungsvolle neue Therapiemöglichkeiten (retadierte Opioide, Pflasterapplikationen)
neurodestruierende Eingriffe mehr und mehr in den Hintergrund gerückt. Deswegen und
wegen unnötiger bürokratischer Hindernisse durch die Kostenträger sind invasive
schmerztherapeutische Eingriffe in Deutschland deutlich seltener als im benachbarten
europäischen Ausland. Aber: Invasive Methoden müssen bei differenzialtherapeutischen
Überlegungen berücksichtigt werden um Tumorpatienten schnell eine wirkungsvolle
Analgesie zu ermöglichen.
10. Antineoplastische und interventionell-supportive Therapie
zur Schmerzlinderung
Stets sorgfältige Abwägung von Nutzen, Nebenwirkungen und Lebensqualität.
Die Auswahl der Tumorbehandlung hängt von folgenden Kriterien ab:
• Klinischer Status des Patienten
• Zytostatische oder strahlentherapeutische Vorbehandlung
• Spezifische Eigenschafen des Tumors
• Wirksamkeit der verfügbaren Medikamente
• Nebenwirkung der Therapie
Chemo- oder Hormontherapie
Chemo- oder hormonsensible Tumoren sind insbesondere: maligne Lymphome,
Plasmozytome, Mamma-, Ovarial- Prostata- und kleinzelliges Bronchialkarziom.
Therapie mit Bisphosphonaten
Osteoklastenbildung wird vermindert
Verminderung der osteoklastenbedingten Knochenresorption
Osteolysen werden vermindert
Strahlentherapie
• Perkutan, intrakavität, interstitiell
• Intraoperativ (insbesondere Knochen-, ZNS-, Augen-, Weichteil-, Hautmetastasen,
Rezidivtumoren)
• Radionuklide (Schilddrüsenkarzinom, Knochenmetastasen)
• Notfallindikationen, therapeutische Intervention in weniger als 8 - 12 Stunden
erforderlich:
• drohende Querschnittslähmung (Chemo- und /oder Strahlentherapie bzw. operative
Dekompression)
• obere Einflussstauung (Chemo- und/oder Strahlentherapie)
Interventionelle radiologische Maßnahmen
• Regionale Zytostatikaperfusion, Embolisation (z.B. Leber Metastasen)
• Tubus- und Stent-Implantation (z.B. Bronchial Ca)
Interventionelle orthopädische Maßnahmen
• Vertebroplastie bei Knochenschmerzen durch ossäre Metastasen der Wirbelsäule
• Kyphoplastie bei schmerzhafter Wirbelkörper Infiltration
Operative Maßnahmen
• Tumorresektion, Dekompression
• Laser-, Elektro-, Kryoresektion
• Stabilisierung (frakturgefährdeter) ossärer Prozesse
• Umgehungsanastomosen
• Drainage gestauter Hohlorgane (z.B. Überlaufsonde MDT, Aszites Drainage)
• Plastische Deckung
11. Palliativmedizin und Hospiz
Palliativmedizin ist die aktive, ganzheitliche Behandlung von Pat. mit nicht heilbarer,
progredienter und weit fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung. Die
WHO definiert „Palliative Care als Behandlung zur Verbesserung der Lebensqualität von
Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, die mit einer
lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen, durch Vorbeugen und Lindern von Leiden,
durch frühzeitiges Erkennen, sorgfältige Einschätzung und Behandlung von Schmerzen
sowie anderen belastenden Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art“
(WHO 2002). Sie kann in verschiedenen Organisationsstrukturen umgesetzt werden.
Ambulanter Palliativdienst (APD): Dienste, die sich ausschließlich auf die palliative
ärztliche und pflegerische Betreuung spezialisiert haben. Die hauptamtlichen Pflegekräfte
des APD verfügen über Palliative Care-Weiterbildung und sind beratend (Pflegeanleitung)
und in der Versorgung tätig. Die Betreuung wird rund um die Uhr gewährleistet. Eine
solche Einrichtung kann auch als Ambulantes Hospiz- und Palliativzentrum (AHPZ)
(DGP & BAG Hospiz 2006) direkt an einen ambulanten Hospizdienst (s. u.)
angeschlossen sein.
Palliativstation: Palliativpatienten werden bei akuten palliativmedizinischem Problemen
auf einer Palliativstation aufgenommen (Bedarf 50 Betten/Mio. EW, lt. BMG). Viele
Palliativstationen leisten einen Palliativmedizinischen Konsiliardienst im eigenen
Krankenhaus.
Ambulante Hospizinitiative: Gruppe Interessierter, meist als e. V. organisiert, setzt sich
für die Belange Sterbender und deren Angehöriger ein. Dazu werden ehrenamtliche
Hospizhelfer ausgebildet, die psychosoziale Begleitung von Betroffenen anbieten, sowie
Angebote für die Trauerbegleitung. (Wesentliches Element: ehrenamtliche Mitarbeit).
Ambulanter Hospizdienst (AHD): Weiterentwicklung einer Hospizinitiative, verfügt über
qualifizierte Hospizhelfer (ab 15 geschulte Ehrenamtliche wird 1/2 Stelle für eine
hauptamtliche, qualifizierte KoordinatorIn nach § 39a SGB V kassenfinanziert).
Hospizhelfer erhalten Ausbildung, Begleitung (z. B. Supervision) und regelm.
Fortbildungen. AHD bietet feste Erreichbarkeit an. Weitere Ausbaustufen: Ambulante
Hospizdienste mit palliativpflegerischer Beratung (durch weitergebildete Pflegekraft -
bei Förderung nach § 39a verpflichtend), Ambulante Hospizdienste mit (eigenem)
Palliativ-Pflegedienst.
stationäres Hospiz: vom Krankenhaus oder Pflegeheim unabhängige Pflegeeinrichtung,
die Schwerkranke mit absehbarem Lebensende betreut, wenn sie zu Hause nicht gepflegt
werden können und Behandlung im Krankenhaus (z. B. auf einer Palliativstation) nicht
benötigen. Stationäres Hospiz bietet Geborgenheit und kompetente Betreuung (gem.
Rahmenvereinbarung über Art und Umfang sowie zur Sicherung der Qualität der
stationären Hospizversorgung vom 13.3.1998).
12. Psychonkologie
Psychoonkologische Angebote:
Patientenzentrierte Gesprächstherapie entsprechend dem Krankheitsstadium
- Bei der Erstdiagnose Krebs
- Bei einem Rezidiv
- In Remission
- Beim sterbenden Patienten
Einzeltherapiegespräche –
- Information, Beratung, Edukation – Medizinische Aufklärung, ergänzende
medizinische Behandlungmöglichkeiten
- Krisenintervention – Gesprächstherapie, Trauerarbeit
- Schulung, Verhaltenstraining – Progressive Muskelrelaxation, Autogenes
Training, Yoga, Raucherentwöhnung, Kommunikationstraining
Stützende Gespräche mit Patient oder Angehörigen
- Annahme der Erkrankung im lebensgeschichtlichen Kontext
- Aktivierung des Individuums
- Neuorientierung
- Stabilisierung des Individuums
Familien- bzw. Partnergespräche
Verhaltenstherapeutische Schmerzbewältigungstechniken
- Verfahren der Aufmerksamkeitslenkung
- Entspannung, Imagination, Suggestion
- Selbstmanagement Methoden
Krisenintervention
Hilfe bei Complianceproblemen
Angehörigenbetreuung
13. Weiterführende Informationsangebote
Deutschland
http://www.dgss.org
http://www.dgpalliativmedizin.de
http://www.uni-greifswald.de/~krebsin
http://www.hospiz.net
Österreich
http://www.palliativ.at
http://www.hospiz.at
Schweiz
http://www.palliative.ch
Großbritannien
http://www.palliative-medicine.org
http://www.hospice-spc-council.org.uk
http://www.rcn.org.uk
http://www.hospiceinformation.co.uk
USA
http://www.aahpm.org
http://www.nhpco.org
http://www.hospicecare.com
Kanada
http://www.cpca.net/
Literatur
Aulbert, E., Zech D. (2000): Lehrbuch der Palliativmedizin, Schattauer
Doyle, D., Hanks, G (2003): Oxford Textbook of Palliative Medicine, 3. A. Oxford
University Press
Husebo, S., Klaschik E. (2003): Palliativmedizin - Praktische Einführung in
Schmerztherapie, Ethik und Kommunikation. Springer
MacDonald, N. (1998): Palliative Medicine - A case-based manual, Oxford University
Press
Zenz M., Donner B. (2002): Schmerz bei Tumorerkrankungen. Interdisziplinäre Diagnostik
und Therapie. wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
14. „Auf einen Blick“ [ 0 ] [ 1 ] [ 2 ] [ 3 ] [ 4 ] [ 5 ] [ 6 ] [ 7 ] [ 8 ] [ 9 ] [ 10 ] Schmerzintensität, kein stärkster Lokalisation, Dauer, Schmerz vorstellbarer Schmerz Schmerzcharakter
Nozizeptiv-visceral dumpf, drückend, ziehend Metamizol 6 g/d, Butylscopolamin bewegungsunabhängig
Ibuprofen bis 2400 mg/d + Pantozol 20 mg/d Knochenschmerz scharf, stechend, drückend Diclofenac bis 150 mg/d + Pantozol 20 mg/d
und belastungsabhängig Bisphosphonat z.B. Pamidronat 60 mg alle 3 Wo Dexamethason 2-4-8 mg/d
konstant brennend spontan Trizyklika (Amitryptilin 25 mg z.N.)
Neuropathisch einschießend, stechend Gabapentin bis 3600 mg, Pregabalin bis 600 mg
Einstieg mit Tramadol ret. oder Valoron ret. 200 - 300 mg/d, zu-
OOOOOOO sätzlich gleiches Opioid als Tropfen gegen Durchbruchschmerz oder Einstieg mit stark wirksamen Opioid in niedrigerer Dosis
vorhandenes Basisopioid steigern max. um 30-50% (oder um die Menge der Zusatzgaben des kurzwirksamen Opioids) - alle 24 Stdn. möglich bei oralen Opioiden - frühestens alle 48 Stdn. bei transdermalen Systemen [ 0 ] [ 1 ] [ 2 ] [ 3 ] [ 4 ] [ 5 ] [ 6 ] [ 7 ] [ 8 ] [ 9 ] [ 10 ]
Schmerzintensität, Lokalisation, Dauer, Schmerzcharakter
Opioidrotation, Radiatio, Intrathekale (Epidurale) Therapie, Chirurgie (Debulking), Neurochir.
Evaluation
Schmerzqualität
Schmerzart
Ret. Opioide bei allen
Schmerzarten
Reevaluation
Prophylaxe der Opioidnebenwirkungen: 1. Antiemese Haloperidol 4 x 0,5 mg p.o. Dimenhydrinat 4 x 50 mg rect. Domperidon 3 x 20 mg p.o. 2. Laxantien Macrogol 1 - 6 Beutel p.o. Na-Picosulfat 5 - 7,5 mg p.o. Mikroklist 1 Klistier rect. Klysma salinisch 125 ml rect.
Optionen
Äquivalenzdosen-Opioide Medikament Tagesdosis (i. d. R. nichtinvasiv und retardiert) Faktor Faktor
parent. Codein* mg oral (unretardiert!) 300 Codein ist bei Dauerschmerzen zur Tumorschmerztherapie ungeeignet 0,075 Tramadol ret. (oral) in mg 200 300 600 0,1 Tramadol parenteral (s.c., i.v.) 100 200 400 0,1 Tilidin/Naloxon ret. (oral) mg 200 300 600 0,1 Dihydrocodein* ret. (oral) mg 120 240 480 720 0,15 Pethidin parenteral in mg 25 75 150 225 300 Pethidin ist zur Tumorschmerztherapie ungeeignet 0,66 Morphin (oral) mg 20 30 60 90 120 150 180 210 240 300 480 600 900 1 0,33-0,5 Morphin parenteral (s.c., i.v.) 5 10 20 30 40 50 60 70 80 100 160 200 300 2-3 1 Morphin peridural (epidural) 2 3 6 12 24 48 12,5 4 Morphin spinal (intrathekal) 0,1 0,25 0,5 0,75 1 1,25 1,5 1,75 2 2,5 5 7,5 180 33 Oxycodon (oral) mg 10 15 30 60 60 100 90 140 120 200 240 2 Oxycodon parenteral (s.c., i.v.) 5 2 L - Methadon (oral) in mg 7,5 individuelle Titration 4 Hydromorphon (oral) in mg 4 8 12 16 20 24 28 32 40 64 80 120 7,5 Buprenorphin (Temgesic) subling. In mg
0,4 0,6 0,8 1,2 1,6 2 2,4 2,8 3,2 3,2 3,6 4 75
Buprenorphin parenteral (s.c., i.v.) mg
0,3 0,6 0,9 1,2 1,5 1,8 2,1 2,4 3 33
Buprenorphin transdermal (µg/h)
- - 35 52,5 70 87,5 105 122,5 140 höhere Dosierungen werden nicht empfohlen
Piritramid parenteral (s.c., i.v.) in mg
7,5 15 30 45 60 120 240 0,66
Fentanyl parenteral (s.c., i.v.) in mg
0,2 0,3 0,6 1,2 2,4 4,8 100
Fentanyl transdermal (in µg/h) - - 25 � 50 � 75 � 100 125 200 250 375 100 * Non-Responder kommen bei „poor metabolization“ vor
Stufentherapie der Obstipation bei Patienten der Schmerztherapie
Stufe 1 (oral)
Osmotisches Laxanz oder propulsives Laxanz
Beispiele:
Macrogol 3350/Elektrolyte, Lactulose oder Na-Picosulfat, Bisacodyl
Stufe 2 (oral)
Osmotisches Laxanz und propulsives Laxanz
Beispiele:
Macrogol 3350/Elektrolyte, Lactulose in Kombination mit Na-Picosulfat, Bisacodyl
Stufe 3
Osmotisches Laxanz und propulsives Laxanz und Suppositorium
Beispiele:
Wie oben + Suppositorium (Bisacodyl oder Glycerin)
Stufe 4 Medikamentöse und nichtmedikamentöse Maßnahmen Diagnostische Abklärung in Kombination mit medikamentösen Maßnahmen
Stufe 3 + Sennoside, Rizinus, Amidotrizoeessigsäure, experimentelle Ansätze (Naloxon)
in Kombination mit
Nichtmedikamentöse Maßnahmen Physiotherapie (Colonrahmenmassage), Einläufe, manuelle Ausräumung
Fuessgen I, Gruss HJ, Hardt R, Wanitschke R, Wirz S: Consense-conference: Constipation – a problem related to pain therapy ? Eur J Geriat 2004, 6; 2:102-107 EbL 3
Antiemetika Entstehungsorte von Übelkeit/Erbrechen
mögliche Ursachen “sinnvolle“ Therapeutika:
cerebraler Cortex z.B. bei Hirnoedem Glucocorticoide Chemorezeptoren
Triggerzone z.B. als Opiat - NW Dopamin 2 Antagonisten
(Haloperidol, Metoclopramid) oder 5HT3 Antagonisten
(Ondansetron etc.) Brechzentrum z.B. metabolisch, Med -
NW H1-Antagonisten
(Dimenhydrinat, Cyclizin) oder Acetycholinantagonisten (Scopolamin, Cyclizin)
Gastro-intestinaltrakt z.B. Obstruktion oder Opiate
Metoclopramid, Domperidon
Beispiele: - Opiat induzierte Übelkeit/Erbrechen Basismedikation: prophylaktisch in der Einstellungsphase für ca. 2 Wochen: Haloperidol (Haldol®) 0,3-0,5 mg ( entsprechen 3-5 Tropfen) alle 8 Stunden und/oder: Metoclopramid (Gastrosil®) 10 mg alle 8 Stunden Weitere Optionen bei unzureichender Wirkung: Dexamethason (Fortecortin®) 4-8 mg / die, Ondansetron (Zofran®), Dimenhydrinat (Vomex®) 3x 50-100 mg, Tetrahydrocannabinol (Marinol®) 3-4 x 5 mg EBL: 8 (s.u.) - Übelkeit/Erbrechen durch Chemotherapeutika Dexamethason (Fortecortin 4-8 mg/die) + 5-HT 3 Antagonist (Ondansetron, Topisetron etc.) EBL: 1 (s.u.) EBL = Evidence base Level