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In 5 Ausgaben wirft die »lebenszeit« den Blick auf The- men, die im Alltag meist ausgeblendet werden. Dazu gehört beispielsweise der Abschied von anderen Men- schen. Die Autoren, die wir für die erste Ausgabe der »lebenszeit« gewinnen konnten, nähern sich dem The- ma Abschied aus drei ganz unterschiedlichen Richtun- gen — Kunst, Meditation und Humor. Céline und Heiner Bastian ist es gelungen, einige der späten Werke Picassos in ihrem Austellungsraum Am Kupfergraben zusammenzutragen. Betrachtet man die Bilder, die Picasso gegen Ende seines Lebens mal- te, fällt die herbe Physis menschlicher Sexualorgane auf, Körper, die sich ineinanderschlingen in fetten und eilig hingepinselten Farbflächen. Die Kritik reagierte entsprechend und formte das Bild von Picasso, der als Greis gegen den Tod angemalt habe. In seinem Essay »Die Freiheit der späten Jahre« nimmt Heiner Bastian einen differenzierteren Standpunkt ein. Picassos Spät- werk sei geprägt von einem radikalen aber bewussten Bruch mit dem eigenem Stil- und Formenbewusstsein früherer Jahre. Bis zum letzten Tag seines Lebens habe Picasso gemalt, um sich von eigenen Konventionen zu verabschieden und zu finden, was er in der Kunst ge- sucht hatte: absolute Freiheit. Der Begriff der Freiheit spielt auch bei der Debütautorin Lisa Freund eine große Rolle. In ihrem auf der Leipziger Buchmesse erschienenen Buch »Das Unverwundbare« plädiert sie für eine Kultur des bewussten Umgangs mit Abschieden. Ausgehend von indischen Weisheits- lehren über die Bedeutung der Mysterienspiele in der griechischen Antike bis hin zur heutigen »Ex-und- Hopp-Gesellschaft« beschreibt sie Kulturtechniken, die den unterschiedlichen Umgang bei der Bewältigung schwerer Lebenskrisen beleuchten. Statt seelischen Schmerz zu verdrängen, gilt es, Abschied zu gestalten. Das Leitmotiv bleibt auch hier die Befreiung eines zwar unverwundbaren, aber von individuellen und kulturel- len Konventionen gefangenen Selbst. Auch dem Autor Harald-Alexander Korp geht es darum, zu enge Konventionen zu überschreiten. Die Frage, die er stellt: »Darf ich lachen, wenn du gestorben bist?«, ruft bei Trauernden möglicherweise Abwehr hervor. Kulturelle Prägungen in Deutschland halten das Lachen und die Trauer sauber voneinander getrennt. Konventio- nen sind vielleicht die wichtigste Quelle des Lachens, sie behindern es aber genauso oft. Ein fröhliches Geläch- ter auf einer Beerdigung? Das befremdet die meisten Deutschen. Dabei kann, wie Korp anschaulich erklärt, das Lachen wie das Weinen befreiende Energie frei- setzen, die uns hilft, den Verlust anzunehmen und den Schmerz zu lindern. Alle drei Texte zeigen, dass die Kunst des Abschiedneh- mens immer zu mehr Freiheit führt. Die Freiheit scheint da am größten, wo es möglich wird, sich ohne Schmerz von den Begrenzungen des eigenen Ichs zu lösen. Ich wünsche Ihnen einen glücklichen Abschied vom Winter und viel Freude bei der Lektüre dieser ersten Ausgabe der neuen »lebenszeit«. Dorothea Becker Herausgeberin Zeitung für Diskurs & Ethik am Lebensende lebenszeit Mit Nachrichten aus dem Ricam Hospiz Ausgabe #1 Frühling 2011 Lisa Freund EX UND HOPP? Ein Plädoyer für eine bewusste Abschiedskultur Seite 5 Was werde ich tun, wenn du für immer gehst? Im Kino genießen wir meist den Schmerz, wenn die Liebenden sich in der finalen melo- dramatischen Szene »Lebewohl« sagen. Anders im eigenen Leben. Dort scheint uns der Schmerz die Seele aus dem Leib zu reißen, wenn ein geliebter Mensch uns für immer ver- lässt. Was hilft dabei, Abschied zu nehmen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, Altes einzureißen und von vorn zu beginnen? Heiner Bastian PICASSO AUSSTELLUNG: Die Freiheit der späten Jahre Seite 3 © Elke Steiner www.steinercomix.de

lebenszeit - Zeitung für Diskurs & Ethik am Lebensende - Ausgabe #1 - Was werde ich tun, wenn du für immer gehst?

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In der ersten Ausgabe der lebenszeit widmen wir uns der Abschiedskultur in unserer Gesellschaft. Die "lebenszeit" ist eine Zeitung, die in Berlin erscheint und den Blick auf Themen wirft, die im Alltag oft ausgeblendet werden: Sterben, Tod und Trauer... Herausgegeben wird sie vom Ricam Hospiz, dem ersten stationären Hospiz Berlins, gegründet 1998 von Bürgern für Bürger.

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In 5 Ausgaben wirft die »lebenszeit« den Blick auf The-men, die im Alltag meist ausgeblendet werden. Dazu gehört beispielsweise der Abschied von anderen Men-schen. Die Autoren, die wir für die erste Ausgabe der »lebenszeit« gewinnen konnten, nähern sich dem The-ma Abschied aus drei ganz unterschiedlichen Richtun-gen — Kunst, Meditation und Humor.Céline und Heiner Bastian ist es gelungen, einige der späten Werke Picassos in ihrem Austellungsraum Am Kupfergraben zusammenzutragen. Betrachtet man die Bilder, die Picasso gegen Ende seines Lebens mal-te, fällt die herbe Physis menschlicher Sexualorgane auf, Körper, die sich ineinanderschlingen in fetten und eilig hingepinselten Farbflächen. Die Kritik reagierte entsprechend und formte das Bild von Picasso, der als Greis gegen den Tod angemalt habe. In seinem Essay »Die Freiheit der späten Jahre« nimmt Heiner Bastian einen differenzierteren Standpunkt ein. Picassos Spät-werk sei geprägt von einem radikalen aber bewussten Bruch mit dem eigenem Stil- und Formenbewusstsein früherer Jahre. Bis zum letzten Tag seines Lebens habe Picasso gemalt, um sich von eigenen Konventionen zu verabschieden und zu finden, was er in der Kunst ge-sucht hatte: absolute Freiheit.Der Begriff der Freiheit spielt auch bei der Debütautorin Lisa Freund eine große Rolle. In ihrem auf der Leipziger Buchmesse erschienenen Buch »Das Unverwundbare« plädiert sie für eine Kultur des bewussten Umgangs mit Abschieden. Ausgehend von indischen Weisheits-lehren über die Bedeutung der Mysterienspiele in der griechischen Antike bis hin zur heutigen »Ex-und-

Hopp-Gesellschaft« beschreibt sie Kulturtechniken, die den unterschiedlichen Umgang bei der Bewältigung schwerer Lebenskrisen beleuchten. Statt seelischen Schmerz zu verdrängen, gilt es, Abschied zu gestalten. Das Leitmotiv bleibt auch hier die Befreiung eines zwar unverwundbaren, aber von individuellen und kulturel-len Konventionen gefangenen Selbst. Auch dem Autor Harald-Alexander Korp geht es darum, zu enge Konventionen zu überschreiten. Die Frage, die er stellt: »Darf ich lachen, wenn du gestorben bist?«, ruft bei Trauernden möglicherweise Abwehr hervor. Kulturelle Prägungen in Deutschland halten das Lachen und die Trauer sauber voneinander getrennt. Konventio-nen sind vielleicht die wichtigste Quelle des Lachens, sie behindern es aber genauso oft. Ein fröhliches Geläch-ter auf einer Beerdigung? Das befremdet die meisten Deutschen. Dabei kann, wie Korp anschaulich erklärt, das Lachen wie das Weinen befreiende Energie frei-setzen, die uns hilft, den Verlust anzunehmen und den Schmerz zu lindern. Alle drei Texte zeigen, dass die Kunst des Abschiedneh-mens immer zu mehr Freiheit führt. Die Freiheit scheint da am größten, wo es möglich wird, sich ohne Schmerz von den Begrenzungen des eigenen Ichs zu lösen.

Ich wünsche Ihnen einen glücklichen Abschied vom Winter und viel Freude bei der Lektüre dieser ersten Ausgabe der neuen »lebenszeit«.

Dorothea Becker Herausgeberin

Zeitung für Diskurs & Ethik am Lebensende lebenszeit Mit

Nachrichtenaus dem

Ricam HospizAusgabe #1 Frühling 2011

Lisa Freundex und hopp? Ein Plädoyer für eine bewusste Abschiedskultur — Seite 5

Was werde ich tun,wenn du für immer gehst? Im Kino genießen wir meist den Schmerz, wenn die Liebenden sich in der fi nalen melo-dramatischen Szene »Lebewohl« sagen. Anders im eigenen Leben. Dort scheint uns der Schmerz die Seele aus dem Leib zu reißen, wenn ein geliebter Mensch uns für immer ver-lässt. Was hilft dabei, Abschied zu nehmen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, Altes einzureißen und von vorn zu beginnen?

Heiner BastianpicAsso Ausstellung: Die Freiheit der späten Jahre — Seite 3

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02 lebenszeit Ausgabe #1 Frühling 2011

sDer Haupteingang am Brunsbütteler Damm

Das Druckhaus Spandau der Axel Springer AG druckt 9 Tageszeitungen und 5 Sonntagszeitungen sowie etliche Beilagen. Die meisten der dort gedruckten Zeitungen ge-hören zu den auflagenstärksten Zeitungen Deutschlands wie z.B. die BILD, eine Teilauflage der Süddeutschen Zeitung, die Berliner Morgenpost, der Tagesspiegel, die Welt und die Welt am Sonntag, um nur einige zu nennen.

aktuell

sIm Falztrichter wird aus dem Papier von der Rolle

eine in der Mitte gefaltet Doppelseite

Für 5 Ausgaben wird aus dem kleinen Rundbrief des Ricam Hospizes eine echte Zeitung. Gedruckt, gefalzt und verschnürt wird die »lebenszeit« im Druckhaus Spandau, einer der großen Druckereien der Axel Springer AG

Auszubildende drucken die »lebenszeit«

ehre wem ehre gebührt

Ein wenig fühlte sie sich im Blitzlichtgewitter der Pres-sefotografen wie eine Film-diva, erzählte Renate Füch-sel nach der Verleihung der ersten Berliner Ehrenamts-karte. Sie war die erste der 45 besonders engagierten Bürger, die vom Regierenden Bür-germeister Klaus Wowereit die Ehrenamtskarte überreicht bekamen. Renate Füchsel ist eine von 850.000 ehrenamtlich tätigen Menschen in der Hauptstadt. Seit über 13 Jahren en-gagiert sie sich in außergewöhnlicher Weise für Sterbende und deren Angehörige im Ricam Hospiz. Schon in der Grün-dungsphase setzte sie sich mit ganzer Kraft dafür ein, dass

in Berlin ein Ort geschaffen werden konnte, der Sterbenden ein Leben bis zuletzt ermöglicht. Sie ist eine der wenigen ehrenamtlichen Mitarbeite-rinnen, die selbst Sonntag ins Ricam Hospiz kom-men, um für Patienten und deren Angehörige da zu sein. Aus diesem Grund hat das Ricam Hospiz sie für diese Auszeichnung vorgeschlagen.

Die Einführung der Berliner Ehrenamtskarte wur-de im letzten Sommer vom Senat beschlossen. Neben dem Freiwilligenpass als Qualifikations-nachweis für Freiwillige sowie der Ehrennadel für besonderes soziales Engagement führt der Berliner Senat damit eine weitere Möglichkeit ein, um ehrenamtliche Arbeit zu würdigen. Die Karte soll vor allen Dingen überdurchschnittli-ches freiwilliges Engagement auszeichnen. So müssen mindestens 720 Stunden ehrenamtliche Arbeit in den letzten drei Jahren in Berlin nachge-wiesen werden. Das entspricht etwa 20 Stunden pro Monat. Zudem hängt die Vergabe der Karte auch davon ab, ob der Einzelne weiterhin ehren-amtlich tätig sein will. Die Karte sei mehr als eine

Geste, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, fügte allerdings hinzu: »Bürgerschaftliches Engagement ist und bleibt dennoch Ehrensache.« Jedes Jahr sollen 4500 Kar-ten als Dankeschön an engagierte Berlinerinnen und Berliner vergeben werden. Einen Monat nach der Verleihung konnten 30 weitere Ehrenamtskarten an ehrenamtliche Mitarbeite-rinnen des Ricam Hospizes verliehen werden.

Am 14. Februar erhielt Renate Füchsel als erste Berlinerin die sogenannte Ehrenamtskarte. Ein Dankeschön für ihre jahrelange ehrenamtliche Mitarbeit im Ricam Hospiz

sRenate Füchsel mit Klaus Wowereit im Roten Rathaus. Inhaber der Ehrenamtskarte erhalten vergünstigte Eintrittskarten, u.a. für den Zoologischen Garten, den Friedrichstadt-palast und viele andere Partner der Aktion

lebenszeit - Zeitung für Diskurs & Ethik am LebensendeHerausgeberRicam gemeinnützige Gesellschaft für Lebenshilfe und Sterbebegleitung mbHGeschäftsführung: Dorothea BeckerDelbrückstraße 22 12051 BerlinTel: 030-6288800 www.ricam-hospiz.deGrafik und Redaktion Maik Turni (verantw.)Lektorat Dieter ZahnDruck Axel Springer AG, Druckhaus Spandau www.axelspringer.de/druckhaus-spandauAuflage 2.500Spendenkonto GLS Gemeinschaftsbank eGBLZ 430 609 67 Kto 44004901Bildnachweis soweit nicht anders angegeben © Ricam HospizTitelseiteElke Steiner: »Käte Frankethal - eine streitbare Ärztin« ,Folge 8, Deutsches Ärzteblatt, Heft 37/ 2004Der Sonderdruck »Herbert Lewin und Käte Frankenthal - zwei jüdische Ärzte aus Deutschland« enthält alle Fol-gen der Comic-Biografie Käte Frankenthals und Herbert Lewins. Er entstand anlässlich einer Ausstellung im Ak-tiven Museum Spiegelgasse für Deutsch-Jüdische Ge-schichte in Wiesbaden e.V.Elke R. Steiner ist Comic-Zeichnerin und Illustratorin.1971 in Bremen geboren, studierte sie Kunst undGrafik-Design in Münster/ Westfalen und hat an einerReihe internationaler Comic-Seminare teilgenommen.Seit 2000 lebt und arbeitet Elke R. Steiner in Berlin.Sie hat mehrere Comic-Alben veröffentlicht, ihre Comicsin Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt und gibt ihre Erfahrungen in Comic-Workshops weiter.Mehr Informationen unter www.steinercomix.de

© Axel Springer AG

© Axel Springer AG

Voilá, die erste von fünf Ausgaben der »lebenszeit« ist ge-druckt. Förderer und Freunde des Ricam Hospizes kannten die »lebenszeit« als kleinen Rundbrief, der zwei-, dreimal im Jahr über das Ricam Hospiz berichtete. Dass nun eine Zei-tung mit Schwerpunktthemen produziert werden konnte, ist vor allem Ulrich Eretier, Leiter der Arbeitsrechtsabteilung bei Axel Springer, und den kreativen Köpfen vom Druckhaus Spandau zu verdanken. Die Vorgeschichte: Ulrich Eretier verließ Ende des letzten Jah-res eine Woche lang seinen Chefsessel, um als Praktikant im Ricam Hospiz zu arbeiten. »Seitenwechsel« nennt sich dieses Projekt für Führungskräfte ßSeite 6. Nach dieser Woche am Krankenbett von Sterbenden wollte er sich weiter für das Ri-cam Hospiz engagieren. Aus diesem Bedürfnis entwickelte sich die Idee, das Ricam Hospiz durch den Druck der »lebens-zeit« zu unterstützen. Um die Produktion der kleinen Publikation »lebenszeit« ne-ben dem eigentlichen Druckbetrieb abwickeln zu können, mussten die Mitarbeiter des Druckhaus Spandau etwas kreativ werden und fanden die ideale Lösung: Im Rahmen der Ausbildung zum Drucker können die Azubis des zwei-ten Lehrjahres zeigen, was sie gelernt haben - eine Zeitung drucken. Im doppelten Sinne erfüllt die »lebenszeit« somit einen guten Zweck. Sie unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit des Ricam Hospizes und hilft Auszubildenden, ein Produkt zu erstellen, das die Druckerei tatsächlich verlässt und sei-nen Weg zum Leser findet. Die Kosten, die bei der Produktion der Zeitung anfallen, sind nicht unerheblich. Das Druckhaus Spandau spendet sie ans Ricam Hospiz.

Herausgegeben wird die Zeitung vom Ricam Hospiz. DIe Ini-tiative dazu ging vom Förderverein des Ricam Hospizes aus. Der Verein hatte den Vorläufer der Zeitung, den Rundbrief für Spender und Förderer, 2006 ins Leben gerufen.

impressum

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Ausgabe #1 Frühling 2011 03lebenszeit

Die Freiheit in Picassos Spätwerk war für viele Jahre eine dem Künstler vor-behaltene Entdeckung, die er mit nur wenigen teilen konnte. Als die Bilder der letzten Jahre ihre ersten Auftritte 1970 und 1973 im Palais des Papes in Avignon hatten, reagierte die öffentliche Meinung überwiegend zurück-haltend, ablehnend, ja ignorant. Den ungezähmten Aufruhr der Werke, das eigentliche Wagnis dieser Malerei, hielt man für einen Spiegel, in dem nicht das Leben selbst, sondern psychologische Mechanismen des Lebens in Bildern in Erscheinung traten. Angesichts des hohen Alters des Malers wurden diese für redundante Endspiele gehalten im Bewußtsein der ex-ponentiell fortschreitenden Zeit: undisziplinierte Artefakte in fast einhel-liger Rezeption. Man hielt Picasso bereits 1970 in der ersten Ausstellung dieser späten Werke vor, die Kohärenz der einstigen syntaktischen und analytischen Strukturen verloren und die Reflexion des Widerstands auf-gegeben zu haben. Man fiel über die Werke her. Auch der Freund Douglas Cooper nannte sie »gribouillages incohérents exécutés par un vieillard fré-nétique« (inkohärentes Gesudel eines frenetischen Greises im Vorzimmer des Todes). Selbst Picassos Händler Henry Kahnweiler fehlte das Verständ-nis für die späten Werke. Bilder am Rande der aufziehenden Nacht, letz-te unverständliche Irrwege eines Künstlers, der seine Zeitgenossenschaft noch einmal mit dunklem Willen im Atelier erprobte: Verrat der eigenen Ordnung, Aufgabe der einst sublim reflektierten Bildschrift. Die Kritiker waren sich fast ausnahmslos einig: Picasso malte gegen die allgegenwär-tige Furcht vor dem Tod an. Und dennoch hatte man vergessen, daß der Künstler stets auch der Zerstörer seiner eigenen Formenwelt, daß es ihm nie um Stil gegangen war, sondern um neue Bildsprachen, um den Akzent des Zukünftigen.

[...] Als Picasso 1961, er ist 80 Jahre alt, Jacqueline Roque heiratet und eini-ge Monate danach sein letztes Haus, die Villa Notre-Dame-de-Vie, in den Hügeln von Mougins bezieht, ist die Disposition des Spätwerks bereits vor-stellbar. Das Atelier wird für eine letzte Dekade die Welt Picassos – eine Allgegenwart, so wird sich zeigen, von Tag und Nacht und der Geheimnis-haftigkeit des Operierens mit Bildsprachen, die ›weit draußen‹, die noch unerprobt waren.

[...] Während sich Notre-Dame-de-Vie durch Jacqueline Roque Picasso in ihrem Verständnis für die Arbeit Picassos immer mehr zu einem Ort des Rückzugs verwandelt, aber dadurch auch zum Haus der Abgeschiedenheit, entwickelt Picasso eine erstaunliche Offenbarungskraft für das Abenteu-er Malerei, die als letzte Epoche eine seiner bahnbrechenden Botschaften wird. Die Türen, die Picasso öffnen wird, versprechen: Mach es neu! Picas-so wird dem unausweichlich Unbekannten ins Auge sehen, einer Sprache gnadenloser Wirklichkeit, die ins Fremde führt, in die burleske Gewalt der Malerei.

Noch einmal reißt Picasso alle Brücken hinter sich ab und setzt auf eine radikale Befragung der Möglichkeiten des Bildes, die bis in die Dissonanz führen wird. Während sich die Sprache der Kunst verändert und die Aporien Duchamps skeptizistische Denkmodelle auslösen, während man Wittgen-steins Wahrnehmungs- und Sprachphilosophien diskutiert und konzep-tuell reglementierte Diskurse des Minimalismus entstehen, verläßt sich Picasso demonstrativ ganz auf ein elementares Arsenal archetypischer Er-scheinungen. Die Bilder zeigen, daß Notre-Dame-de-Vie immer deutlicher eine Galerie für Protagonisten wird, die Picasso seit seiner Jugend vertraut sind: Matadore und Musketiere, Harlekine, Liebhaber, Voyeure, Huren, Paa-re, Akte und barocke Figuren – unverschlüsselte Selbstportraits. In seinem Atelier versammeln sich die leidenschaftlich um sensualistischen Sinn rin-genden Figuren in neuen Rollen und Projektionen. Sie sind der Vision eines affektiven Innenraums unterworfen, der seine eigene Realität revoltieren-der Ausbrüche erfindet. Mit der Rücksichtslosigkeit ihres Ausdrucks und der herausfordernd ungeduldigen schroffen Formensprache ringt Picasso um eine neuartige Freiheit. Picasso ist auf dem Weg, die Entität, die jedes Bild darstellt, vor allem auch als Laboratorium aufzufassen und als eine

von vielen Lösungen erneut in Frage zu stellen. Die Leinwand wird zum Mittel der Interaktion, in deren Zentrum die Vereinfachung des plastischen Aus-drucks kreist, die Flexion der Form. Es ist das Ende aller künstlerischen Clichés.

Das Kapitel, das Picasso in der Form eines ›Tage-buchs‹ in den kommenden Jahren schreiben wird, ist untrennbar mit der Fremdheit des ungewissen, un-vorhersehbaren Ausgangs verbunden. »Man braucht viele Jahre, um jung zu werden«, hatte der Maler für sein Spätwerk proklamiert. Das ›Ankommen im Un-bekannten‹ – eine Form der Transzendenz, von der Picasso wußte, daß sie nicht mehr als ein Weg ist, bestimmt die Malerei der letzten Jahre. Wie nie zuvor läßt sich der Künstler jenseits aller Konventionen, Stile und Richtungen auf die Formulierung kaum faßbarer Formen ein und auf die Multiplizität aller Befragungen. Ein Exerzitium, in dem die alles beherrschende Metapher die dämonische Besitzergreifung eines bildnerischen Subjekts ist.

[...] In manchen dieser Darstellungen proklamiert er ein Bild des Menschen, der Gefangener seiner monomanischen Triebe ist. Picasso benennt die Ner-venzentren unserer Veranlagungen und deren unerschütterliche Wahrheiten: Es gibt keine Ausnahmen und Auswege, heißt diese Wahrheit, denn auch das Rohe und Gewagte sind doch nur Normen unseres Lebens. Und Picasso zeigt uns das Dilemma, aus dem der Stoff der Angst und der Paranoia ist – die Er-fahrung des bodenlosen Verfalls des Körpers als vorweggenommene Todes-art: in einigen der Werke die anfaßbaren genauen Details von Körperlichkeit, der Häßlichkeit oder das Delirium der Impotenz und der Schwäche. »Zeug-nisse des Lebens in den Zähnen des Todes« nannte John Richardson Picassos beharrliche Obsession.

»Die Bilder«, wird Picasso eines Tages festhalten, »waren mächtiger als ich und haben mir aufgezwungen, was ich für sie im Atelier ans Licht zu zerren hatte.« Er ist damit in ein abenteuerliches Fest der Höhen und Tiefen des Le-bens gestürzt, so als wollte er von einer urtümlich mythischen Verfassung dieses Lebens berichten. Das Spätwerk ist ein wahres Pandämonium, das die Ferne einstiger Lebensbehauptungen jagt und beschwört, um sie noch einmal zurückzugewinnen. Alle Versuche der Hypostasierung sind darum die des Voyeurs, die der Künstler in der Maske des Voyeurs annimmt. Picas-so mußte erkannt haben, daß die obskuren Objekte seiner Begierde sich tief in den Sinn der Agonie verkehrten. Die verlorengegangene Beziehung von Sexualität und Kunst evozierte umso heftiger Sinnbilder verlorener Vitalität. Picasso, der selbst der Initiant eines polaren Götterspiels zwischen Dionysos und Apollon war, sah sich nun in jenen Masken auf Leinwänden, die nur die künstlerischen Surrogate jener einstigen realen Bestimmung sein konnten.

Die Endlichkeit hatte keinen Anspruch in diesen Bildern. Nur die Er fahrung der unveränderbaren Zeitkategorie schrieb sich in Picassos ›Tagebücher‹. Er habe gegen die Zeit gemalt, er habe im Angesicht des Todes gearbeitet, sein Werk galt der Abwehr des Todes, das waren die häufigsten und dennoch un-zulänglichen Erklärungen für die Geschwindigkeit, mit der Picasso arbeitete. Denn die Werke waren noch immer ›Das Leben‹, das in all seinen Facetten ins Studio gebannt zurückkehrte. Ihr ›non finito‹ galt der Erlebnisbeschleuni-gung des Malens und dem Kruden der ›materia nuda‹, einer Sprache, deren unerreichbare Vollkommenheit Picasso kannte. Die Aufgabe des Stils mußte zwangs läufig folgen. Es war die Kühnheit, mit der Picasso reale Entsprechun-gen des Lebens unter ein Vergrößerungsglas überbelichteter Bilder zwang und seine Modelle in einer grellen, schonungslos frontalen Nähe sah. [...]

die Freiheit der späten JAhre

sPablo Picasso:

Tête d’homme19. Januar 1972 (I)Öl auf Leinwand

100 x 81 cmPrivatsammlung

Photographie Jochen Littkemann

Am 7. April 1972 vollendet Picasso sein letztes Werk. Einen Tag später stirbt er an einer nicht kurierten Grippe. Die Kritik der Neunziger Jahre bewertete

das Spätwerk Picassos als ein Anmalen gegen den Tod. Sein Spätwerk ist aber auch als ein ihm eigener Abschied zu lesen – ein Abschied von Stil und

Form zugunsten künstlerischer Freiheit. Bis zum 9. April zeigen Céline und Heiner Bastian einen Teil des Spätwerks in ihrem »Ausstellungsraum«

von Heiner Bastian

blick und klang

Ausstellung»Pablo Picasso -

Die Freiheit der späten Jahre«10. Februar - 9.April 2011

Donnerstag & Freitag 11:00-17:00 Sonnabend 11:00-16:00

Ausstellungsraum Céline und Heiner Bastian

Am Kupfergraben 1010117 Berlin

Eintritt 3 Euro zugunsten des Ricam Hospizes

Der Text ist ein Auszug aus dem Ausstellungskatalog mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Heiner Bastian:»Pablo Picasso. Die Freiheit der späten Jahre«, Schirmer/Mosel 2011. 45 Euro

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04 lebenszeit Ausgabe #1 Frühling 2011

[...] Ein guter Freund arbeitete als freier Mitarbeiter bei einer renommierten Zeitung. Er war ge-rade mit einem Artikel beschäftigt, als sein Chef, zwischen Tür und Angel stehend, fast flüchtig und auf dem Sprung, allen Mitarbeitern zurief, die Produktion der Zeitung sei ab sofort einge-stellt, alle könnten nach Hause gehen. Von einer Sekunde auf die andere hatten alle ihren Ar-beitsplatz verloren. Die Ursache-Wirkungs-Faktoren, die das ganze Gebilde zusammenhielten, flogen auseinander. Die Zeitung war von diesem Moment an von der Bildfläche der deutschen Printmedien verschwunden. Eine Naturkatastrophe, ein Unfall, der plötzliche Tod eines lieben Menschen können unser Le-ben von einer Sekunde auf die andere verändern, vermeintliche Sicherheiten lösen sich auf; das Unberechenbare bricht in unser Leben ein, und wir erleben großes Leid. Die Menschen in Haiti, die nach dem schweren Erdbeben im Januar 2010 viele ihrer Angehörigen verloren und alles Hab und Gut, standen vor dem Nichts, ohne Essen und Trinken. Sie waren mit dem Leben davongekommen, wurden später aber noch von Unwettern und Seuchen wie der Cho-lera heimgesucht. Ihre Not und ihr Leiden sind unermesslich. Wenn wir Bilder aus Katastro-phengebieten sehen, wird uns deutlich, wie zerbrechlich diese Existenz und wie wertvoll und kostbar das Leben ist. Das Elend der Menschen dort vermag auch den Blick auf unser eigenes Leiden, z.B. bei der Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung, zu relativieren. In unserer Gesellschaft leben die allermeisten von uns in einer geschützten und sozial gesicherten Um-gebung. Doch auch bei uns geht es jeden Tag um das Loslassen von vermeintlichen Sicherhei-ten. Dieses Loslassen wird für uns leichter, wenn wir flexibel reagieren, den Blick nicht nur auf unser persönliches Leiden ausrichten, sondern unsere Perspektive erweitern und eine Haltung

des Annehmens entwickeln. Dann werden wir biegsam wie ein Bambus und können vielleicht ab und zu ein Tänzchen mit dem Wandel wagen. Das Abschiednehmen gehört unabwendbar mit zu diesem Prozess. Wem es gelingt, die Dinge und Entwicklungen so anzunehmen, wie sie sind, ohne Widerstand und mit ganzem Herzen, der entwickelt eine Sicht, die immer mehr von Gelassen-heit, Humor und innerer Freiheit geprägt wird. Dann nehmen wir ganz natürlich Abschied, wenn sich Dinge, Beziehungen, Strukturen auflösen. Eine solche Geisteshaltung,die kommen und gehen lässt, was geschieht, bei der die ungeteilte Aufmerk-samkeit im gegenwärtigen Moment ruht, ermöglicht Befreiung. Erleuchtete Wesen wie der Buddha haben sie verwirklicht und

gelehrt, wie auch wir uns vom Leiden befreien können. Genau wie der Buddha können auch wir in unserem Geist den Samen für die Befreiung legen. Damit verändert sich unsere Haltung zum Leiden, auch zu Krisen, und Abschiede fallen uns nicht mehr so schwer.

Beim Abschiednehmen können wir sowohl unsere Anhaftung an Vergangenes als auch un-sere Abneigung auflösen. Darum ist es befreiend, sich bewusst zu verabschieden. Wir spüren unsere Traurigkeit, vielleicht auch Wut oder Verzweiflung, Neid, Stolz, Wehmut, den Aufruhr der Gefühle, erleben unsere Bedürftigkeit, unsere Verletzlichkeit, das Aufbegehren sowie Wi-derstände und überwinden sie. So entlassen wir die zurückgebliebenen Spuren des Alten, die unsere weitere Entwicklung behindern. Am Ende des Prozesses steht eine Katharsis, die innere Reinigung, das Abwerfen von Ballast. Wir können danach wieder aus dem Augenblick heraus mit dem gehen, was kommt, unbelastet und frei. Abschiede können kreativ sein und belebend. Wir können sie gestalten und dabei unsere inneren Tiefen erleben, Freude am Wachstum ha-ben und der inneren Weisheit begegnen. Ich möchte Sie dazu inspirieren, einmal einen Blick auf Ihre Gewohnheiten beim Abschiednehmen zu werfen.

Wie gehen Sie mit Abschieden um? Stellen Sie sich vor, eine gute Freundin hat sich entschieden, nach Grönland auszuwandern. Dort hat sie eine Arbeit gefunden und auch schon ein kleines Häuschen, in das sie ziehen wird. Sie kennen sich seit zwanzig Jahren. Viele aufregende und schöne Stunden, Streit und Versöhnung haben Sie miteinander erlebt, sind zusammen verreist oder haben anderes zu-sammen unternommen; Sie beide sind ein Herz und eine Seele. Und nun steht der Abschied bevor. Ein unüberhörbares Gefühl sagt Ihnen, dass es zwar das Internet gibt, aber so richtig werden Sie für Jahre nun nicht mehr zusammen sein können. Ihre Freundin muss die nächste S-Bahn bekommen. Sie will nach Hause, ihr Gepäck holen und dann zum Flughafen. Sie sehen sich also das letzte Mal für lange Zeit persönlich. Wie werden Sie sich verabschieden? Haben Sie ein Geschenk für Ihre Freundin oder eine besondere Idee? Bringen Sie Ihre Freundin zur Wohnungstür, oder bleiben Sie lieber im Wohnzimmer, wenn sie geht? Gehen Sie mit ihr bis vor die Haustür? Begleiten Sie Ihre Freundin bis zur Bahn? Warten Sie, bis der Zug losfährt, und winken Sie ihr noch zu? Haben Sie das Bedürfnis, mit ihr nach Hause zu fahren, das Gepäck zu holen, um dann mit ihr zusammen den Weg zum Flughafen anzutreten? Warten Sie, bis Ihre Freundin am Flughafen eingecheckt hat, oder verabschieden Sie sich irgendwann vor-her? Lassen Sie Ihre Tränen fl ießen, oder geben Sie Ihren Gefühlen auf andere Weise Raum?

Die nähere Erforschung dieser Fragen kann Ihnen verdeutlichen, wie Sie mit den körperlichen Empfindungen, Gefühlen und Gedanken umgehen, die beim Abschiednehmen in Ihnen be-rührt werden. Haben Sie den Eindruck, dass Sie Ihre Empfindungen zulassen, oder neigen Sie dazu, diese eher zu übergehen oder wegzudrängen? Welchen Gefühlen weichen Sie eher aus, welche meiden Sie oder glauben Sie, nicht ertragen zu können, und wie bestimmt das Ihr Verhalten? [...]

Einige Menschen können es gar nicht aushalten, bis zur Haustür mitzugehen oder gar zum Bahnhof bzw. Flughafen. Andere wollen unbedingt bis zum letzten Moment dabei sein und jede Sekunde miteinander auskosten, auch wenn die Tränen fließen und das Herz schwer wird. Manche verabschieden sich lieber schon Tage vorher an einem neutralen Ort, rufen vor der Abreise noch einmal an und nehmen sich dann zum Zeitpunkt der Abreise etwas vor, nach dem Motto: Ablenkung tut gut, und das Leben geht weiter, nur ein bisschen anders. Wieder andere wirken kühl und beherrscht beim Abschied, ziehen sich zurück und machen Kummer und Schmerz lieber mit sich alleine aus. Es gibt vielfältige Reaktionen und Verhaltensweisen. Beim Abschiednehmen empfinden wir manchmal Hilflosigkeit, sind unsicher und befürchten, uns in der Öffentlichkeit zu blamieren, wenn wir schluchzend am Bahnhof stehen. Wir mögen unsere Gefühle nicht zeigen und wollen uns lieber zusammennehmen, stark sein. Solche Er-wartungen und Ängste bestimmen unser Verhalten unter Umständen so sehr, dass wir uns entscheiden, öffentliche Abschiede zu vermeiden. Daraus entwickeln wir dann gewohnheitsmäßige Reaktionen, und kaum steht ein Abschied bevor, reproduzieren unsere Befürchtungen dieses Muster, was meist un-bewusst geschieht. Solche Gewohnheiten können wir ändern, indem wir andere Wege des Abschiednehmens ausprobieren und unser Repertoire an Möglichkeiten beim Abschiednehmen erweitern.

Abschiede werden in unserer Gesellschaft im Allgemei-nen eher als lästig empfunden, da sie mit Traurigkeit, mit Ängsten, belastenden Gefühlen, schwermütigen Gedanken und Sorgen, also Unangenehmem, verbun-den sind. In unserer Konsumgesellschaft werfen wir viele Dinge einfach weg, wenn wir sie nicht mehr brau-chen. Diese Ex-und-hopp-Mentalität übertragen wir auch auf Beziehungen oder Trennungen bzw. bewegen-de Abschiedserfahrungen. Wir bevorzugen die Ablen-kung, fliehen bei belastenden Gefühlen ins Kino, in den Club, flüchten uns in immer neue Aktivitäten, lassen uns von unserem Terminkalender beherrschen, suchen nach einer Trennung von einem Lebenspartner schnell nach einem neuen, ohne die alte Beziehung aufzuarbei-ten, usw. Wir nehmen uns kaum noch Zeit, innezuhal-ten, unseren Erlebnissen und Lernprozessen Raum zu geben. Den Trennungsschmerz betäuben wir durch die Droge des Vergnügens und des immer Neuen. Das Neue ist spannender. So taumeln wir von einer Beziehung zur nächsten auf der Suche nach Erfüllung in der Liebe oder von einem Job zum anderen in der Hoffnung auf eine sinnvolle Tätigkeit oder ein höheres Gehalt. Wir vermei-den unangenehme Gefühle, langweilen uns schnell, werden ebenso schnell ungeduldig und sind immer auf der Suche nach einem neuen Kick. Den Blick richten wir in die Zukunft, verdrängen die Vergangenheit und sind nie im Jetzt. In unserer Gesellschaft zählt Zukunftsorientierung. Rückwärtsgewandt will nie-mand sein. Beim Abschiednehmen wenden wir uns jedoch Vergangenem zu. [...]

Mit Abschieden umzugehen ist eine Lebenskunst, und je mehr Interesse und schöpferische Gestaltungskraft wir dabei entwickeln, je mehr wir dem Abschied Raum geben, umso ein-facher und reicher wird das Leben. Den Zauber eines Neuanfangs erleben wir mit ganzem Herzen, wenn wir Unerledigtes abgeschlossen, das heißt, wirklich Abschied genommen, also losgelassen haben. [...]

Abdruck mit freundlicher Genehmigung: 2011 O.W.Barth Verlag,

ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th.Knaur Nachf. GmbH &Co. KG, München

die ex-und-hopp-gesellschAFt

Abschiede sind Teil unseres Lebens. Besonders schmerzhaft empfinden wir endgültige Abschiede von Menschen, die wir lieben. In ihrem gerade erschiene-

nen Buch »Das Unverwundbare« macht sich die Autorin Lisa Freund für eine Haltung stark, die uns hilft, Abschied zu nehmen und Krisen zu bewältigen

von Lisa Freund

s

lisA FreundLisa Freund ist eine sozial enga-gierte Buddhistin, die seit mehr als zwanzig Jahren in der Hos-pizbewegung tätig ist. Sie hat viele Menschen ehrenamtlich auf dem letzten Weg begleitet. Die Autorin ist Schülerin von Sogyal Rinponche und hat ein eigenes Seminarprogramm entwickelt, das sie in ganz Deutschland lehrt. Foto: © Heide Breitel

quergelesen

buchtippLisa Freund:Das Unverwundbare. Wege der Heilung in Lebenskrisen. O.W.Barth Verlag320 Seiten19,99 €

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Ausgabe #1 Frühling 2011 05lebenszeit

Auf dem Friedhof ist die Familie versammelt, um die verstor-bene Grossmutter nach längerer Leidenszeit zu beerdigen. Der schmale Sarg wird in die Erde gelassen. Da ruft plötzlich die 10-jährige Enkelin: „Und wie passen denn Omas O-Beine überhaupt da rein?“ Einige der Trauergäste brechen in prus-tendes Gelächter aus, andere gucken noch ernster.

Das Annehmen des Verlustes von Menschen, die wir lieben, gehört zu einer der schwersten Aufgaben, denen wir uns in unserem Leben gegenübersehen. Wir müssen akzeptieren, dass wir nichts festhalten können, auch wenn wir es noch so verzweifelt versuchen. Es bleibt uns nichts anderes, als zu lernen, mit dem Schmerz umzugehen. Da-bei ist der Trauerprozess von großer Bedeutung. Trauer braucht vor al-lem ausreichend Zeit, um tiefe Ver-letzungen heilen lassen zu können. Dabei durchlaufen wir verschiedene Phasen, zunächst Schock und Ver-neinung, dann aufbrechende Ge-fühle und den Versuch, den Kontakt zu dem Verstorbenen wieder herzu-stellen, bis hin zu einer tatsächlichen Akzeptanz. Akzeptieren heißt dabei vor allem, loslassen zu lernen. Doch loslassen zu können, das sagt sich so einfach. Was kann uns dabei helfen? Zunächst einmal, sich aus-reichend Zeit zu geben. Es ist in Ord-nung, Schmerz, Gefühle und Tränen zu zeigen. Aber genau so in Ordnung ist es, in dieser schmerz-vollen Zeit auch mal zu lachen. Dazu findet sich in der Bibel beim Prediger Salomo ein sehr lebensnaher Hinweis: „Ein Jeg-liches hat seine Zeit, Weinen hat seine Zeit, Lachen hat seine Zeit.“ Wer in seiner Trauer erstarrt ist, vor Schmerz und Erin-nerungen nicht mehr aus der Erstarrung findet, für den kann es sehr hilfreich sein, sich auch einmal an andere Seite des Lebens zu erinnern: Die Freude, das Lachen, den Humor.

Tanzen auf dem FriedhofBei Beerdigungen wird gar nicht so selten gelacht, eine Reak-tion des Körpers auf die oft übermäßig inszenierte Ernsthaf-tigkeit. Da reicht dann schon ein kleines Ereignis wie der oben geschilderte Kommentar über die Großmutter, um eine Ge-genreaktion zu erzeugen. Dies ist zunächst ein Ablachen von Anspannung, kann aber auch ein Ausdruck von Freude sein, dass die Leidenszeit des Verstorbenen und der Angehörigen mit dem Tod nun ein Ende findet.

Wie etwa auf dem Friedhof in Aachen, als die katholische Af-rikanerin Augustine va Kintimba nach heimatlichem Brauch beerdigt wurde. Die Hinterbliebenen trugen bunte Kleidung,

tanzten, trommelten und sangen freudige Lieder. Denn die Tote war für sie nun von Schmerzen erlöst und in einer besseren Welt. Aus Freude wur-de der Sarg in die Höhe geworfen und wieder aufgefangen. Was war die Fol-ge? Die Stadtverwaltung verhängte ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen die kommunale Bestattungsverord-nung. Begründung: „Die Beisetzung unter Trommelbegleitung erfolgte nicht in der Form eines ruhigen Trau-erzuges, sondern tanzenderweise, wo-bei der Sarg mehrmals hochgeworfen wurde.“ Nein, mit dem Tod darf man in Deutschland nicht lachen. Jeden-falls nicht absichtlich auf dem Fried-hof. Glücklicherweise gibt es dafür

den Leichenschmaus, auch „das Fell versaufen“ genannt, bei dem es oft hoch her geht und mit einem Lachen ausgedrückt wird: Das Leben geht weiter!

Dann lach ich mich doch lieber tot!Wer dort lachen kann, wo er hätte heulen können, bekommt wieder Lust am Leben. Diese Erkenntnis ist sogar wissen-schaftlich untersucht. Auslöser war der Fall des schwer er-krankten Journalisten Normen Cousins, der Ende der siebzi-ger Jahre in einem amerikanischen Krankenhaus mit einer chronischen Wirbelentzündung mit stärksten Schmerzen im Sterben lag. Eines Tages kam er auf die Idee: Wenn ich schon sterben muss, dann will ich mich wenigstens tot lachen! Und so ließ er sich Cartoons und Videos ans Krankenbett bringen und lachte. Die überraschende Reaktion war, dass er nach kurzem heftigen Lachen viel besser schlafen konnte und sei-ne Schmerzen abnahmen. Dies konnte auch in seinem Blut festgestellt werden, schmerzstillende und immunstärkende Hormone hatten sich vermehrt. Norman Cousins wurde ge-heilt und starb 26 Jahre später an einem Herzinfarkt. Dass Lachen die beste Medizin sei, ist ja nichts Neues, aber dass dies nun wissenschaftlich belegt wird, ist ein Fortschritt der Gelotologie (von „gelos = griech: „Lachen“), der Wissenschaft von der Wirkung des Lachens. Mit diesen Ergebnissen wird Humor nicht nur erforscht, sondern auch als therapeutischer Humor eingesetzt, um Krisensituationen besser bewältigen zu können.

Kann man den Tod abbestellen?Trotzdem zu lachen heißt also, trotz Trauer und Schmerz, zu versuchen auch die komischen Seiten zuzulassen. Lachen angesichts von Sterben und Tod sind gar nicht so selten, wie man glaubt. Nur trauen es sich manche nicht, weil sie denken, sie würden damit zu wenig Mitgefühl zeigen. So erlebte ich es beim Sterben meiner Mutter: Sie atmete sehr schnell und flach, der Arzt blickte ernst, die Pflegerinnen auch. Es war mit ihrem unmittelbaren Ableben zu rechnen. Plötzlich stockte ihr Atem. Ich erschrak. Darauf erfolgte ein tiefer Luftzug, mei-ne Mutter öffnete die Augen und fragte in die Runde: „Kann man den Tod wieder abbestellen?“ (Da sie in einem betreuten Wohnstift lebte, musste man hier fast alles bestellen oder wieder abbestellen.) Nach einem Moment der Verblüffung nickte ich und sagte: Natürlich! Da lachte meine Mutter und sagte, ausgezeichnet, dann bringt mir doch mal einen Kaffee! Arzt, Pflegerin und ich blickten uns an und brachen in erlösen-des Lachen aus.

Humores: Alles fliesst!Wichtig ist es, beim Prozess des Trauerns nicht völlig die Di-stanz zu verlieren. Dabei hilft uns der Humor. Humor heißt zunächst nicht unbedingt, dass man lacht. Es ist auch eine Einstellung zum Leben, die durch einen Perspektivwechsel auch andere Sichtweisen ermöglicht. Angesichts eines Schick-salsschlages ist Humor oft die einzige Methode, um düstere

Situationen zu erhellen, indem neue Perspektiven aufgezeigt werden und das Gleichgewicht zwischen Trauer und Freude wieder hergestellt wird. Wie beispielsweise der Schriftsteller Karl Julius Weber, der schon zu Lebzeiten die Inschrift sei-nes Grabes festlegen ließ: „Hier liegen meine Gebeine, ich wünscht´, es wären deine!“

Einer der wichtigsten Effekte von Humor ist es, neue Lebens-freude zu schenken. Es tut einfach gut, sich über etwas Ko-misches zu amüsieren oder herzhaft zu lachen, am besten in guter Gesellschaft, denn Lachen steckt bekanntlich an. Hu-mor vermag neuen Lebenswillen zu mobilisieren und lässt uns neue Hoffnung schöpfen. Das Wort Humor stammt von dem lateinischen Begriff „Humores“ = „Feuchtigkeit“, „Saft“. Mit Humores waren in der Antike die Körperflüssigkeiten ge-meint, die im Menschen fließen: Galle, Schleim, Blut. Wenn diese Flüssigkeiten ungestört fließen konnten und sich in Harmonie befanden, so verfügte der Mensch über Humor. Humor ist also ein Zeichen von Gelöstheit. Diese Gelöstheit kann dadurch geschehen, dass wir uns für einen Moment von einem leidvollen Ereignis lösen, eine Distanz dazu einneh-men, uns dadurch entlasten und neue Energie schöpfen. Wie bei den Cartoons des Zeichners Karl-Horst Möhl, der an Kehl-kopfkrebs erkrankte und im Frühjahr 2009 starb. Er hielt seine Erfahrungen in Karikaturen fest und wollte Patienten, denen es ähnlich geht wie ihm, Mut machen und Spaß bereiten. Hu-mor ist bekanntlich, wenn man trotzem lacht!

Eine laute KurzmeditationWas ist Lachen? Zunächst nichts anderes, als schnelles kraft-volles Atmen, und zwar mit dem größten Muskel in unserem Körper: dem Zwerchfell. Beim Lachen verrichten wir Schwerst-arbeit, von den 356 Muskeln unseres Körper werden etwa 80 beim Lachen aktiviert. Deshalb ist Lachen auch anstrengend und eine Minute Lachen entspricht zehn Minuten Joggen oder 45 Minuten Entspannungstraining. Durch das inten-sive Atmen wird das Blut belüftet, die Muskeln angespannt und wieder entspannt, und Substanzen wie Endophine, die Glückshormone, vermehrt ausgestoßen. Lachen ist eine laute Kurzmeditation, mit der wir zum einen den Körper aktivieren, zum anderen uns aus momentanen Gedanken und Beurtei-lungen herauskatapultieren können. Und wenn es nur für Se-kunden ist, so kann dies doch eine immense Wirkung haben. Es kann wie eine Reinigung sein, wie ein Blick aus dem Fenster, um zu verstehen, es gibt noch etwas anderes auf der Welt. So wie ich dies als Hospizhelfer bei Frau S. erlebte. Wenn wir uns begegneten, wusste sie immer einen Witz zu erzählen, wie zum Beispiel diesen: „Der Tod klopft bei Johannes Heesters und seiner Ehefrau Simone an. Heesters öffnet, blickt den Tod an und ruft: Schatz, für dich!“ Frau S. konnte darüber so laut lachen, dass im Nebenzimmer mitgelacht wurde...

dArF ich lAchen, wenn du gestorben bist?von Harald-Alexander Korp

Harald-Alexander Korp:Lachende Propheten - Witz und Humor in den ReligionenVerlag HumorCare9,80 €

hArAld-AlexAnder korp

Foto:

© pr

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Der Autor studierte Religionswissenschaft, Philosophie und Physik, ist Lehrbeauftragter für Religionswissenschaft, außer-dem Lach-Yoga-Trainer und Hospizhelfer im Ricam Hospiz.Er hält Vorträge zum Thema »Humor am Lebensende«Infos unter: www.hakorp.de

quergedacht

© Karl-Heinz Möhl

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06 lebenszeit Ausgabe #1 Frühling 2011

Ulrich Eretier ist 48 Jahre alt, arbeitete als freier Rechtsan-walt in eigner Kanzlei und war Direktor Personal der ProSie-benSat.1 Media AG, bevor er 2007 zu Axel Springer wechsel-te.

lebenszeit: Sie leiten die Arbeitsrechts-Abteilung derAxel Springer AG. Wie sieht Ihr durchschnittlicher Arbeitstag aus? Einen durchschnittlichen Arbeitstag gibt es in meiner Funkti-on nicht. Auch wenn ich bemüht bin, mir für den jeweiligen Arbeitstag eine to-do-Liste anzulegen, ist diese spätestens nach ca. 15 Minuten obsolet, da sehr oft ad-hoc Anforderun-gen an mich und meine Mitarbeiter gestellt werden. In Zei-ten von Firmenkäufen-/Verkäufen, Verhandlungen ist der Arbeitstag von vornherein nicht planbar.

lebenszeit: Das ist dann also eine 60+ Stunden-Woche?Alle Führungskräfte bei Axel Springer und seinen Tochtergesellschaften und Beteiligungen bringen sich zeitlich in dem Maße ein, wie die Projekte oder jeweiligen Unternehmenssituatio-nen dies erfordern. Dafür werden wir gut bezahlt.

lebenszeit: Welche Fähigkeiten sollte jemand in Ihrer Position mitbringen?Neben soliden Rechtskenntnissen, die im Hinblick auf einen immer stärker werdenden Einfluss der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) permanent á jour gehal-ten werden müssen, ist ein Verhandlungsgeschick im Um-gang mit Betriebsräten und Gewerkschaftsvertretern ebenso wenig hinderlich wie ein guter Überblick und eine gewisse Stresstoleranz.

lebenszeit: Was fordert Sie in Ihrem Job am meisten heraus?Meine aus 20 Jahrzehnten gewonnene Erfahrung ist, dass der beste Rechtsstreit der nicht geführte ist. Die Qualität der Gerichtsentscheidungen gerade in der 1. Instanz ist – um es vorsichtig zu sagen – sehr unterschiedlich. Deswegen lege ich viel Wert auf Prävention und Konfliktvermeidung, was nicht missverstanden werden darf als reine Appeasement-Politik. In den wirklich wichtigen Sach- und Rechtsfragen braucht man einfach eine Klarheit. Meistens bin ich mehr daran inte-ressiert, eine Konfliktlösung anzusteuern, die für Arbeitgeber wie für Arbeitnehmer gleichermaßen akzeptabel und prakti-kabel ist. Letztlich geht es in vielen Lebensbereichen um „ge-sichtswahrende“ Konfliktlösung.

lebenszeit: Nehmen Sie Arbeit mit nach Hause?Im Rahmen von Restrukturierungsprozessen, die den Ab-schluss etwa von Sozialplänen u.ä. voraussetzen, sowie bei fristgebundenen Angelegenheiten, arbeite ich auch zu Hau-se. In diesen Fällen finde ich es auch angenehmer, von zu Hause aus zu arbeiten als die Bürozeiten exzessiv auszudeh-nen. Ich habe das Glück, für einen modernen Arbeitgeber zu arbeiten, der z.B. auch home-office--Tage u.ä. fördert und mir so die Möglichkeit einräumt, situativ zu entscheiden, ob ich Arbeiten von zu Hause erledige oder ob ich ins Büro komme.

lebenszeit: Wie kamen Sie zum „Seitenwechsel“?Die Leiterin der Personalentwicklung, Frau Westermann, be-richtete in einer unserer Konferenzen über diese Möglichkeit. Ich habe sofort mein Interesse bekundet und erhielt dann auch tatsächlich die Chance, bei Ihnen zu hospitieren.

lebenszeit: Worum geht es Ihrer Meinung nach beim „Seiten-wechsel“? Sollen Führungskräfte möglichst viel Leid sehen,

um eigene Probleme im Unternehmen entspannter sehen zu können und dadurch noch belastbarer zu werden? Nein, ganz sicher nicht. Ich glaube, dass ein Seitenwechsel aber schon gut dafür ist, dass man Probleme, die es verein-zelt auch in unserem Unternehmen gibt, nicht entspannter, sondern distanzierter betrachten kann. Ob das die Teilneh-mer belastbarer macht, kann ich nicht beurteilen, ist aber be-stimmt von Seiten der Axel Springer AG auch nicht der erklär-te Zweck dafür, dass sie die Teilnahme fördert.

lebenszeit: Warum haben Sie sich für das Arbeitsfeld Hospiz entschieden? Leider habe ich eine Schwester und meine Eltern bereits sehr früh verloren und war mit dem Thema Tod früher kon-frontiert, als es mir lieb war. Insbesondere die äußeren Um-

stände des Sterbens meiner Familienangehörigen waren sehr schmerzhaft. Ich wollte erfahren, wie es ist, wenn das Sterben von Pflegekräften begleitet wird, die hierfür besonders aus-gebildet werden.

lebenszeit: Warum haben Sie sich für das Ricam Hospiz ent-schieden?Ich kannte das Ricam-Hospiz vorher nicht. Da ich mich für eine Hospiz-Arbeit entschieden hatte, ein Kollege bereits auf das Kinderhospiz optiert hatte, wurde ich auf das Ricam-Hos-piz aufmerksam gemacht. Offen gestanden: Als Zehlendorfer gehört Neukölln nicht zu den Stadtteilen, die ich regelmäßig besuche. Ich war aber sehr angenehm von der Lage des Hos-pizes und dem Stadtteil insgesamt überrascht.

lebenszeit: Wie verlief ein Arbeitstag im Ricam Hospiz für Sie? Wie war der Tag strukturiert? Welche Aufgaben hatten Sie? In Absprache mit der Pflegeleitung hatte ich mich dafür ent-schieden, während der Woche Frühdienste zu machen. Diese begannen um 7 Uhr mit einer Übergabe des Nachtdienstes an den Frühdienst. Danach wurden Medikamente ausgeteilt und die Patienten, die nicht oder nicht mehr am Frühstück teilnehmen wollten oder konnten, nach ihren Wünschen gefragt. Neben kleineren pflegerischen Tätigkeiten (Haare kämmen, Gesicht waschen und dergl.) ergab sich meistens ein Zeitraum, der Gelegenheit zu Gesprächen mit Patienten zuließ. Diese Gespräche waren z.T. sehr eindrucksvoll und – auch wenn es sich komisch anhört – vereinzelt sehr beglü-ckend. Dies hing u.a. mit der Reflexion des Patienten über sei-nen bevorstehenden Tod zusammen.

lebenszeit: Gab es Dinge oder Situationen, die Ihnen Angst machten oder vor denen Sie sich ekelten?Nein, weder noch.

lebenszeit: Haben Sie die Arbeit im übertragenen Sinn nach Hause genommen, indem Sie mehr darüber nachgedacht oder gesprochen haben?Ich habe schon gespürt, warum es wichtig ist, nach der Ar-beitszeit Zeit für sich einzuplanen. Natürlich gehen einem die Schicksale der Menschen auch nach Dienstschluss durch den Kopf und natürlich hatte ich ein deutlich erhöhtes Mittei-lungsbedürfnis innerhalb meiner Familie, die sich im Übrigen auch sehr interessiert hat.

lebenszeit: Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwi-schen der Arbeitswelt im Ricam Hospiz und Ihrer Arbeit im Axel-Springer-Verlag konnten Sie feststellen? Die Springer-Welt ist sehr effizient, d.h. ziel- und ergebniso-rientiert und deswegen auch wirtschaftlich so erfolgreich. Auch wenn der Spaß an der Arbeit bei vielen Mitarbeitern spürbar ist, dürfte der Unterschied vor allem darin liegen, dass die Arbeit am und mit dem Mensch im Ricam Hospiz im Vordergrund steht und dies z.T. andere Erfordernisse im Um-gang mit Patienten und Mitarbeitern nach sich zieht. Eine Gemeinsamkeit sehe ich darin, dass letztlich auch das Ri-cam-Hospiz ein Unternehmen ist, das sich organisieren muss und dessen Service- und Leistungserbringung ausschlagge-bend für den Erfolg ist.

lebenszeit: Was nehmen Sie mit aus dieser Woche im Ricam Hospiz?Für mein eigenes Führungsverhalten habe ich eine zentrale Erfahrung ge-macht: Eine Patientin, die aggressiv und gestikulierend in ihrem Zimmer stand, wurde von einer Pflegerin ge-fragt: „Darf ich sie mal in den Arm nehmen“. Dies führte offenbar zu noch mehr Ablehnung und Aggres-

sion. Die Pflegerin überlegte kurz und sagte zur Patientin: „Wollen Sie mich mal in den Arm nehmen?“ Sofort kam die Patientin an, die offenbar die körperliche Nähe brauchte, aber selber dosieren musste.

lebenszeit: Führungskräfte sollten also......Raum lassen und den Mitarbeitern selber die Chance geben, aktiv zu werden.

lebenszeit: Sind „Seitenwechsler“ bessere Führungskräfte?Nein, mit Sicherheit nicht .

lebenszeit: Angenommen, Sie wären permanent in dieser un-mittelbaren Nähe zu Menschen, denen nur wenig Lebenszeit bleibt. Welche Fähigkeiten müssten Sie mitbringen?Gleichermaßen Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit zur Abgrenzung, Achtsamkeit für die Belange der Patienten wie für eigene Belange.

lebenszeit: Wenn Sie wählen müssten, würden Sie selbst in ei-nem Hospiz sterben wollen?Peter Ustinov hat mal gesagt, er hätte keine Angst vor seinem Tod, aber er wolle nicht dabei sein. Ich habe im Ricam Hospiz gelernt, dass im Fall einer tödlichen Krankheit das bis dahin bestehende Familiensystem „krank“ wird. Dies entspricht auch meiner eigenen Erfahrung. Vor diesem Hintergrund würde ich mich für ein Hospiz entscheiden, um auch meiner Familie die Möglichkeit der professionellen Betreuung zu ge-ben.Ich danke allen, die mir die Erfahrung des Seitenwechsels er-möglicht haben, insbesondere den beiden Pflegekräften, die mich während meiner Woche zusätzlich betreut haben.

lebenszeit: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch, Herr Eretier.

Ulrich Eretier hat sich nach seiner Praktikumswoche imRicam Hospiz dafür eingesetzt, dass die Öffentlichkeitsarbeit des Ricam Hospizes gestärkt wird. Der Druck dieser Zeitung wird im Rahmen eines Ausbildungsprojektes vom Druckhaus Spandau übernommen. ß Seite 2

Vom cheFsessel Ans krAnkenbett

Eine Woche arbeitete er als »Seitenwechsler« im Ricam Hospiz : Ulrich Eretier, Leiter der Arbeitsrechtsabteilung der Axel Springer AG. »Seitenwechsel«,

so nennt sich ein Projekt für Führungskräfte. Manager werden auf Zeit von ihren Aufgaben freigestellt und hospitieren in sozialen Einrichtungen.

Davon profitieren die »Seitenwechsler« persönlich, aber auch die beteiligten Unternehmen

»Für mein eigenes Führungsverhalten habe ich eine zentrale Erfahrung gemacht: ... den Mitarbeitern

selber die Chance zu geben, aktiv zu werden«

Nachrichten aus dem Ricam Hospiz

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Ausgabe #1 Frühling 2011 07lebenszeit

Auf dieser Seite wird der Einsatz von Menschen gewürdigt, die das Ricam Hospiz unterstützen. Selbstverständlich stehen die ausgewählten Berichte stellvertretend für all jene, die sich für das Ricam Hospiz mit Zeit- und Geldspenden engagieren.

Spenden statt GeschenkeAnlässlich seines Abschieds in den Ruhestand wünschte sich Arnold Butzer Spenden für das Ricam Hos-piz. Arnold Butzer war viele Jahre Leiter des Bereichs gewerbliche Im-mobilien bei der Landesbank Berlin. Zu seiner Abschiedsfeier kamen über 100 Gäste und wünschten ihm für den neuen Lebensabschnitt alles Gute. Gemeinsam spendeten sie 7000 Euro! Allen Spendern sei herzlich gedankt!

Keine Furcht vor kalten Füßen Der Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt gehört zu den schönsten Märkten seiner Art in der Hauptstadt. Durch das große Engagement von Gerlin-de Scholdei und Marion Fehrmann und vielen anderen Mitarbeitern wurde der Stand des Ricam Hos-pizes in den letzten Jahren gut besucht. Fast 1700 Euro kamen aus dem Verkauf von gestrickten Socken, Marmelade, Schmuck und Kerzen dem Ricam Hospiz zugute.

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Christine Balten und ihre Mitarbei-ter zaubern nicht nur Traumfrisuren. Manchmal werden im exklusiven Salon am Kollwitzplatz Kundin-nen, Freunde und andere Gäste zu wahren Weihnachtsengeln. Am 20. November 2010 lud Christine Balten ihre Kundinnen und den Kollwitzkiez zu einem vorweih-nachtlichen Abend in ihren Salon. Die Gäste erlebten eine gelungene

Mischung aus Musik und Bildender Kunst. Höhepunkt war der Auftritt der »Punk-of-A-Cappella«-Forma-tion »Yeomen«. Christine Balten stellte an diesem Abend auch die Hospizidee vor. Sie berichtete von ihrem Besuch im Ricam Hospiz und rief alle Gäste auf, das Ricam Hos-piz unter anderem mit Spenden zu unterstützen. Es konnten 350 Euro gesammelt werden.

Kinder malen den Tod»Hospiz macht Schule« - so heißt das außergewöhnliche Projekt für Grundschulkinder. Eine Woche lang beschäftigen sich Kinder mit einem Thema, das sonst nicht oder selten auf dem Lehrplan steht - Tod und Ster-ben. In der zweiten Februarwoche näherten sich Mädchen und Jungen der Peter-Petersen-Grundschule in Neukölln diesem oft angstbesetzten Thema. Nicht wenige der 9-12jährigen Teilnehmer erzählten von eigenen Erfahrungen mit Krankheit und Tod von Angehörigen. Initiiert wurde die-ses Projekt vom Ricam Hospiz. Ver-antwortlich für die inhaltliche Ge-staltung war Renée Puhlmann. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Sibylle Grosan, Susanne Amon, Ur-sula Gretha-Endres, Elvira Ernst und Cindy Stocklossa haben das Projekt mit vorbereitet und sogar teilweise Urlaub genommen, um die Schüler eine Woche lang behutsam zu begleiten. Das Projekt wurde in Neukölln bereits zum 3. Mal durchgeführt, jedes Mal an einer anderen Grundschu-le. Es fand bisher große Resonanz bei den Kindern, Eltern und Pädagogen. Auch im kommenden Jahr findet das Projekt an einer Grundschule in Neukölln statt. Interessierte Grundschulen können sich melden bei Renée Puhlmann, Tel: 030-6288800.

weihnAchtsengel beim Friseur kurze meldung, grosse wirkung

Religionsunterricht dient nicht nur der Faktenvermittlung. Er soll ethisches Urteilsvermögen schär-fen und die Auseinandersetzung mit den letzten Fragen begleiten. Doch in Klassenzimmern ist dieser Anspruch oft nur schwer einzulö-sen. Astrid Asmis, Lehrerin am Ga-briele-von-Bülow-Gymnasium in Reinickendorf, unterrichtet Religion ganz praktisch. Und zwar nicht in der Schule, sondern an einem Ort, der mitten im Leben liegt: im Ricam Hospiz. Regelmäßig besuchen die Schülerinnen und ein Schüler das Ricam Hospiz, um scheinbar einfa-che Dinge zu tun: Kuchen backen und servieren oder Schach und Rommé spielen. Dabei kommen sie mit Sterbenden ins Gespräch. Unvermeidbar ist auf diese Weise die Auseinandersetzung mit der ei-genen Sterblichkeit. Die Frage, wie das eigene Leben gestaltet werden soll, wenn es endlich ist, tritt in den Vordergrund. Beinah nebenbei tun die Gymnasiasten ein gutes

Werk. Am »Tag der Offenen Tür« verkauften sie ihre selbst gebacke-nen Kuchen und Torten. Der Erlös aus dem Kuchenverkauf kam dem Ricam Hospiz zugute. Insgesamt kamen 383 Euro zusammen. Das entspricht ungefähr dem Mindest-betrag, den das Ricam Hospiz an

jedem Tag, rund ums Jahr, durch Spenden aufbringen muss. Mit ih-rer Spende sicherte die AG Hospiz den 15 Patientinnen und Patienten des Ricam Hospizes einen Tag im Hospiz, an dem sie schmerz- und symptomarm, gut umsorgt, ihr Le-bensende verbringen können.

religionsunterricht im hospiz

sOben: Eines der vielen, oft überraschenden Bilder, die sich Kinder

vom Tod, von Trauer und Leid machen

Unten: Für die Teilnahme an der Projektwoche

“Hospiz macht Schule” erhielt jedes Kind eine Urkunde

sDie AG Hospiz des

Gabriele-von-Bülow-Gymnasiumsv.l.n.r. (vorn) Jaqueline Gierich, Mario Wieprecht,

Cantal Molter, Astrid Asmis , Larissa Fischer, Laura Ackermann, (hinten): Mailin Lohmann,

Juliane Kuntz

PersonaliePeter Bartonek hat seine Ausbildung im Ricam Hospiz zum Kaufmann im Gesundheitswesen erfolgreich beendet. Durch gute Noten konnte er die Ausbildungszeit verkürzen. Er ist der dritte Azubi im Ricam Hospiz gewesen.

s »Yeomen« und Christine Balten

Nachrichten aus dem Ricam Hospiz

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08 lebenszeit Ausgabe #1 Frühling 2011Termine

bAll unter sternen

RÜCKANTWORT

m Hiermit bestelle ich ................. Ballkarten zum Einzel preis von 99,00 Euro zur 6. Ricam-Hospiz-Charity-Gala am 22.10.2011 im Ballsaal ESTREL Hotel Berlin.

m Hiermit bestelle ich einen Tisch (10 Karten) zum Preis von 900,00 Euro.

m Ich überweise für die Ballkarten den Betrag von .................... Euro auf das Konto 44 000 600; BLZ 430 609 67 bei der GLS-Bank Hamburg. oder:

m Ziehen Sie per Lastschrift von meinem Konto den Betrag von .................... Euro ein.

Datum / Unterschrift.......................................................................................................

m Ich will Fördermitglied der Gesellschaft der Freunde des Ricam Hospizes e.V. werden. Bitte ziehen Sie bis auf Widerruf jährlich von meinem u. a. Konto den Beitrag von .......................... Euro ein.

Kto-Nr.: .............................................................................................................

BLZ: ...................................................................................................................

Bankinstitut ...................................................................................................

Kontoinhaber: ...............................................................................................

Adresse ............................................................................................................

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Email / Telefon ...............................................................................................(des Kontoinhabers / Kontoangaben rechts)

Datum / Unterschrift .............................................................................................

Empfänger: Gesellschaft der Freunde des Ricam Hospizes e.V. Delbrückstraße 22 · 12051 Berlin Tel: 030/6288800 Fax: 030/62 88 80-60 ·Konto: 44 000 600 u BLZ: 430 609 67 u GLS-Bank Hamburg

Feiern Sie mit Freunden, Kollegen und Geschäftspartnern im Estrel Hotel Berlin

22. Oktober 20116. Ricam-Hospiz-Charity-Gala

SektempfangProminente Gäste3 Gänge MenüShowprogramm, u.a. Vocal RecallGroßer Galaball

unter der Schirmherrschaft des Bezirksbürgermeisters von Berlin-NeuköllnHeinz Buschkowsky

Das Ricam Hospiz begleitet sterbenskranke Menschen und deren Angehörige zu Hause, im Pflegeheim, im Krankenhaus und im eigenen stationären Hospiz. 1998 von zwei Krankenschwestern mit der Hilfe vieler Berlinerinnen und Berliner gegründet, war es das erste vollstationäre Hospiz in Berlin.

Über den Dächern des Berliner Bezirks Neukölln können bis zu 15 Menschen in Einzelzimmern ihre letzten Le-benstage, Lebenswochen, manchmal auch noch Monate verbringen. Im Zentrum der Arbeit steht die Linderung körperlich und seelischer Belastungen. Dafür sind ausge-bildete und erfahrene Pflegekräfte, eine Sozialarbeiterin, Hauswirtschaftler und zahlreiche ehrenamtliche Helfer im Einsatz.

Das Ricam Hospiz arbeitet eng mit Haus- und Fachärz-ten, Psychologen und Physiotherapeuten zusammen. Ein besonderes Angebot ist die Musiktherapie, die hilft, auch nonverbal körperliche Beschwerden und emotionale Not zu lindern. Die laufenden Kosten des stationären Hospizes tragen zu 90 Prozent die Krankenkassen. Ein Zehntel muss aus Spenden finanziert werden.Die Gründerin und Geschäftsführerin, Dorothea Becker, erhielt im Jahr 2008 das Bundesverdienstkreuz für ihr Engagement in der Hospizbewegung. Das Ricam Hospiz ist engagiertes Mitglied im Deutschen Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) und im Hospiz- und Palliativverband Berlin (HPV) .

zum ricAm hospiz

5. Mai 19:00 - 21:00 Uhr Lesung und Meditation

»dAs unVerwundbAre«Lisa Freund liest im Ricam HospizDelbrückstr.22, 12051 BerlinEintritt frei, Anmeldung erbeten Tel: 030 - 6288800

28. und 29.Mai17:00 - 19:00 Uhr - Sakrale Chormusik

beneFizkonzerte zugunsten des ricAm hospizes

am 28.Mai 17:00 - 19:00 UhrNeuapostolische Kirche -am Schmollerplatz 3, 12435 Berlin-Treptow

am 29.Mai 17:00 - 19:00 UhrPhilipp-Melanchthon-KircheKranoldstraße 16, 12051 Berlin-NeuköllnEintritt frei. Um Spenden wird gebeten

15. Juni 201114:00 - 19:00 Uhr - Jahrestag

13 JAhre ricAm hospiz»Tag der Offenen Tür« mit Führungen durchs stationäre HospizDelbrückstraße 22, 12051 Berlin

Karten: 030-6288800www.ricam-hospiz.de

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mit dem DAMENORCHESTER SALOME

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Karten: 030-6288800