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JulilAugust 1932.J J. Tillmans, Beurteilung yon Mineralw~ssern. durch die Verwendung einer elektrischen Zelle die Wirkung erhSht wird. Wenn ich zwischen 2 Elektroden Mineralwasser durchlaufen lasse, so bekomme ich an sich eine desinfizierende Wirkung dadurch, dab das Chlor die Bazillen abtStet. Ist die Wirkung hier nicht auch eine elektrolytische ? Dr. Fresenius: Man bleibt beim elektrolytischen Verfahren unterhalb des fiir die Chlorabscheidung in Betracht kommenden Potentials. Prof. Behre: Daft ieh daran erinnern, dal~ das Verfahren der KeimabtStung durch Silber oder Kupfer schon lange im Laboratorium verwendet wurde zur Vertilgung der Algen in Laboratoriumsapparaten, z. B. in den S o x h 1e t- Apparaten. Wir haben Versuche gemacht, indem wir in das RfickfluSrohr eine Kupferspirale setzten, die yon Zeit zu Zeit erneuert wird. Man kann so die Ansiedlung yon Algen verhindern. Das ist im letzten Grunde nichts anderes, als was nach dem Katadynverfahren erzielt werden soll. Ich wiirde den Herren Kollegen empfehlen~ diese Versuche zu machen, ffir 2--3 Monate ist die Wirkung gut. Dr. W ti s t e n fe 1d : Im Institut fiir Gi~rungsgewerbe sind Versuche mit Essigbakterien im Gange. Es gentigen 15 Sekunden, um die Bakterien abzutSten. Wenn man nachtr~glich in die sterilisierte L6sung Bakterien einimpft, so k6nnen sie sich nicht entwickeln. Wieviel Silber aufgenommen wird, haben wir noch nicht festgestellt. Herr Bischofswerder: Wesentlich ist ffir uns die ];rage: Gilt ein so behandeltes Wasser oder ein so behandelter Fruchtsaft nach den gesetzlichen Bestimmungen als konserviert oder nicht ? Dr. Fresenius: Diese Frage mul~ noch gekl~rt werden. Vorsitzender: Ich glaube' nicht, dal~ wir bier yon konserviert sprechen kSnnen, hSchstens yon sterilisiert. J. W. Gans: Vor Jahren hat Krause eine Entkeimungsanlage ffir schlechtes Trink- wasser errichten wollen. Man hat sich fiir diese Versuche Stralsund ausgesucht, aber die Wirkung war nicht gut. Nach der Reinigung tier Ringe war die Wirkung noch gut, aber nach einigen Tagen nicht mehr. u Da das Wort nicht mehr gewiinscht wird, schliel~e ich damit die Diskussion und danke Herrn Dr. Fresenius nochmals. Der Yortrag hat zweifel- los viele Anregungen gegeben. Wir kommen dann zum nhchsten Punkt der Tagesordnung. die 2. Lesung der Leitsi~tze far dieBeurteilung derMineralwi~sser. Ich bitte denReferenten, Herrn Kollegen Tillmans~ nur das vortragen zu wollen~ was bet der ersten Lesung noch often gelassen wurde. Zuni~chst bitte ich die Herren sich zu melden, die yon den Interessenten anwesend sind. Es sind dies die Herren Direktor Fuchs-Ltibeck~ Dr. Zinkeisen-Hambnrg~ Direktor Warschauer-Berlin~ Dr. Meuser-K61n, Direktor Meyer-Rhens~ ferner die Herren v. d. Schulenburg und Heinrichsdorff. Ich bitte nun I-Ierrn Professor Tillmans um das Referat. Leitsiitze fiber die Beurteilung von Mineralwiissern und kfinstlichen Mineralw~issern. Von Berichterstatter: Prof. Dr, J, Tillmans-Frankfurt a.M. In der Versammlung in Baden-Baden ist im vorigen Jahre in den meisten Punkten mit den Herren des Mineralwasserfaches Einigung erzielt worden. Es sind nur noch einige strittigePunkte tibrig geblieben, welche heute der Kli~rung zugefiihrt werden sollen. Mittlerweile hat auch die Heilquellenkommission getagt und wichtige Beschltisse geraint. Besondere Bedeutung haben die Beschltisse der Heilquellenkommission tiber die Radioaktiviti~t. In erster Linie handelt es sich bet der Frage der Radioaktiviti~t um medizinische Dinge. Die Frage hat aber auch far uns Bedeutung, weil Whsser mit einer bestimmten Mindestaktiviti~t als natarliche Mineralwhsser angesehen werden. 4*

Leitsätze über die Beurteilung von Mineralwässern und künstlichen Mineralwässern

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Page 1: Leitsätze über die Beurteilung von Mineralwässern und künstlichen Mineralwässern

JulilAugust 1932.J J. T i l l m a n s , Beurteilung yon Mineralw~ssern.

durch die Verwendung einer elektrischen Zelle die Wirkung erhSht wird. Wenn ich zwischen 2 Elektroden Mineralwasser durchlaufen lasse, so bekomme ich an sich eine desinfizierende Wirkung dadurch, dab das Chlor die Bazillen abtStet. Ist die Wirkung hier nicht auch eine elektrolytische ?

Dr. F r e s e n i u s : Man bleibt beim elektrolytischen Verfahren unterhalb des fiir die Chlorabscheidung in Betracht kommenden Potentials.

Prof. B e h r e : Daft ieh daran erinnern, dal~ das Verfahren der KeimabtStung durch Silber oder Kupfer schon lange im Laboratorium verwendet wurde zur Vertilgung der Algen in Laboratoriumsapparaten, z. B. in den S o x h 1 e t- Apparaten. Wir haben Versuche gemacht, indem wir in das RfickfluSrohr eine Kupferspirale setzten, die yon Zeit zu Zeit erneuert wird. Man kann so die Ansiedlung yon Algen verhindern. Das ist im letzten Grunde nichts anderes, als was nach dem Katadynverfahren erzielt werden soll. Ich wiirde den Herren Kollegen empfehlen~ diese Versuche zu machen, ffir 2--3 Monate ist die Wirkung gut.

Dr. W ti s t e n fe 1 d : Im Institut fiir Gi~rungsgewerbe sind Versuche mit Essigbakterien im Gange. Es gentigen 15 Sekunden, um die Bakterien abzutSten. Wenn man nachtr~glich in die sterilisierte L6sung Bakterien einimpft, so k6nnen sie sich nicht entwickeln. Wieviel Silber aufgenommen wird, haben wir noch nicht festgestellt.

Herr B i s c h o f s w e r d e r : Wesentlich ist ffir uns die ];rage: Gilt ein so behandeltes Wasser oder ein so behandelter Fruchtsaft nach den gesetzlichen Bestimmungen als konserviert oder nicht ?

Dr. F r e s e n i u s : Diese Frage mul~ noch gekl~rt werden. V o r s i t z e n d e r : Ich glaube ' nicht, dal~ wir bier yon konserviert sprechen kSnnen,

hSchstens yon sterilisiert. J. W. Gans : Vor Jahren hat K r a u s e eine Entkeimungsanlage ffir schlechtes Trink-

wasser errichten wollen. Man hat sich fiir diese Versuche Stralsund ausgesucht, aber die Wirkung war nicht gut. Nach der Reinigung tier Ringe war die Wirkung noch gut, aber nach einigen Tagen nicht mehr.

u Da das Wort nicht mehr gewiinscht wird, schliel~e ich damit die Diskussion und danke Herrn Dr. F r e s e n i u s nochmals. Der Yortrag hat zweifel- los viele Anregungen gegeben.

Wir kommen dann zum nhchsten Punkt der Tagesordnung. die 2. L e s u n g d e r L e i t s i ~ t z e f a r d i e B e u r t e i l u n g d e r M i n e r a l w i ~ s s e r . Ich bitte denReferenten, Herrn Kollegen T i l l m a n s ~ nur das vortragen zu wollen~ was bet der ersten Lesung noch often gelassen wurde. Zuni~chst bitte ich die Herren sich zu melden, die yon den Interessenten anwesend sind.

Es sind dies die Herren Direktor Fuchs-Lt ibeck~ Dr. Z i n k e i s e n - H a m b n r g ~ Direktor W a r s c h a u e r - B e r l i n ~ Dr. Meuse r -K61n , Direktor Meyer -Rhens~ ferner die Herren v. d. S c h u l e n b u r g und H e i n r i c h s d o r f f .

Ich bitte nun I-Ierrn Professor T i l l m a n s um das Referat.

Leitsiitze fiber die Beurteilung von Mineralwiissern und kfinstlichen Mineralw~issern.

Von

Berichterstatter: Prof. Dr, J, Tillmans-Frankfurt a.M.

In der Versammlung in Baden-Baden ist im vorigen Jahre in den meisten Punkten mit den Herren des Mineralwasserfaches Einigung erzielt worden. Es sind nur noch einige s tr i t t igePunkte tibrig geblieben, welche heute der Kli~rung zugefiihrt werden sollen.

Mittlerweile hat auch die Heilquellenkommission getagt und wichtige Beschltisse geraint. Besondere Bedeutung haben die Beschltisse der Heilquellenkommission tiber die R a d i o a k t i v i t i ~ t . In erster Linie handelt es sich bet der Frage der Radioaktiviti~t um medizinische Dinge. Die Frage hat aber auch far uns Bedeutung, weil Whsser mit einer bestimmten Mindestaktiviti~t als natarliche Mineralwhsser angesehen werden.

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52 29. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelehemiker. [Zeitschr. f. Untersuchung [ der Lebensmit te l .

im einzelnen ist folgendes zu sagen:

I. M i n e r a l w a s s e r . Die Heilquellenkommission hat die Nauheimer Beschlasse mit unseren Zusi~tzen

unveri~ndert tibernommen. Durch die Beschlasse der Heilquellenkommission aber radio- aktives u mal~te e i n Mineralwasser, welches nur der Radi0aktiviti~t wegen zu den Mineralwi~ssern geh(~ren soll, mindestens eine Aktiviti~t yon 800 M a c h e-Einheiten im Liter enthalten. Ich schlage deshalb vor, unsere Zahl yon 50 Mache -E inhe i t en in 800 zu verwandeln.

Ein Wasser, welches n u r nach tier hOheren Temperatur Bin Mineralwasser ist, kann nicht zum u kommen, ohne den Charakter als Mineralwasser zu verlieren. Ich empfehle, daft wir uns diesem Beschlufi der Heilquellenkommission ebenfalls anschliel~en.

Die auf Grund der Beschlasse der ersten Lesung in Baden-Baden abgei~nderten Leitsi~tzel) liegen Ihnen gedruckt vor.

Leits~tze fiir die Beur te i lung yon M i n e r a l w i ~ s s e r n und k i i n s t l i c h e n M i n e r a l w K s s e r n .

Aufgestellt auf Grund der ersten Lesung am 12. Mai 1931 in B a d e n - B a d e n . I. Miner~tlwKsser.

1. a) Unter M i n e r a l w i ~ s s e r n im Sinne yon Handel und Verkehr versteht mall solche natarliche Wi~sser, die nach Art und Menge der darin enthaltenen SaIze oder Gase oder nach ihrer Temperatur sich yon gewOhnlichem Trinkwasser unterscheiden.

b) Als M i n d e s t w e r t e an diesen Salzen oder Gasen gelten far 1 kg: Gelbste feste Stoffe (Summe der Anionen und Kationen) 1 g o d e r freies Kohlendioxyd 0,25 g oder Lithium-Ion (Li) 1 mg oder Strontium-Ion (Sr) 10 mg oder Barium-Ion (Ba) 5 mg oder Ferro- oder Ferri-Ion (Fe) 10 mg oder Mangan-Ion (Mn) 10 mg oder Brom-Ion (Br) 5 mg oder Jod-Ion (J) 1 mg oder Fluor-Ion (F) 2 mg oder Meta- arsenige Si~ure (HAs0~) 1 mg oder Hydroarsenat-Ion (HAsOa) 1,3 mg oder titrierbarer Gesamt-Schwefel, entsprechend Thiosulfat-Ion ($203) -~ Hydrosulfid-ion -~- Schwefel- wasserstoff 1 mg oder Metaborsi~ure (HB02) 5 mg oder engere (d. h. nach dem Ein- kochen verbleibende) Alkalitht 4 mg-Aquivalente oder Radium-Emanation 50 M a e h e- Einheiten.

Ein Wasser, das nur auf Grund seiner h6heren T e m p e r a t u r ein Mineral- wasser sein soll, mul~ bei der F6rderung oder ~ beim Zutagetreten mindestens und dauernd eine Temperatur yon 200 C besitzen.

2. a) Die Bezeichnung Mineralwasser schlechthin oder ,, n a t a r l i c h e s M i n e r a l - w a s s e r " oder ,,Mineralwasser unveri~nderte Quellfallung" oder gleichsinnige Be- zeichnungen darfen angewandt werden ftir Whsser, die ohne jede willkarliche oder absichtliche tiber oder unter Tage erfolgte u des Quellcharakters dem Ver- braucher zugefahrt werden.

b) Die Benutzung yon reiner Kohlensi~ure beim Abfallen soll dann nicht be- anstandet werden, wenn dies lediglich zur u der Luft aus den Ftillgefhi~en dient.

3. T h e r m a l w i ~ s s e r , d . h . solche Wi~sser, die ihre ZugehOrigkeit zu den Mineralwi~ssern lediglich ihrer hohen Temperatur verdanken, sind natarliche Mineral- wi~sser, soweit an ihnen keine willktirliche Yerhnderung vorgenommen wird.

4. Ein natarliches Mineralwasser, das mindestens 1 g Kohlendioxyd (C0u) in 1 kg enthi~lt, darf S i~uer l ing , S a u e r b r u n n e n , S p r u d e l oder gleichsinnig be- zeichnet werden.

1) Diese Zeitschrift 1931, 62, 156.

Page 3: Leitsätze über die Beurteilung von Mineralwässern und künstlichen Mineralwässern

64. Band. ] ~ 5 3 Juli/August 1932:J J. T i l 1 m a n s, Beurteilung yon Mineralw~ssern.

5. a) Die Bezeichnung , , S p r u d e l " oder Abbildungen yon Sprudeln diirfen nur far eine natfirliehe, aus dem Boden hervorsprudelnde und im wesentlichen unter Kohlen- si~uredruck zutage tretende Mineralquelle gebraucht werden.

Ffir kfinstliche Mineralwi~sser ist die Bezeichnung ,,Sprudel" unzuli~ssig. b) Die H e r k u n f t s b e z e i c h n u n g einer Quelle hat stets nach dem Ursprungs-

ort zu erfolgen. Eine Beziehung auf benachbarte Quell- oder Badeorte ist unstatthaft. 6. Wird durch absichtliche technische Mal~nahmen ein zu konzentriertes natfirliches

Mineralwasser durch Vermischen mit gew0hnlichem Wasser im Boden oder in einem Brunnen auf normale Mineralwasserkonzentration verdfinnt, so ist es kein nattirliches Mineralwasser mehr, sondern ein kfinstliches und unterliegt den Bestimmungen tiber kfinstliche Mineralw~sser (II).

7. K o h l e n s i ~ u r e z u s a t z zu einem Minera lwasser ,muf gekennzeichnet werden. Die Hervorhebung des nattirlichen Ursprungs der Kohlensi~ure ist nut dann zulgssig, wenn die Kohlenshure aus derselben Quelle stammt wie das Mineralwasser.

Wird einem sonst natarlichen Mineralwasser oder S~uerling Kohlens~ure zugesetzt, so ist es zu bezeichnen als , M i n e r a l w a s s e r a u s d e r n a t f i r l i c h e n Q u e ! l e yon X~ m i t K o h l e n s h u r e v e r s e t z t "

8. Erfhhrt ein Mineralwasser Enteisenung und Koblenshurezusatz, so ist es zu bezeichnen als , M i n e r a l w a s s e r a u s d e r n a t f i r l i c h e n Q u e l l e yon X, e n t - e i s e n t u n d m i t K o h l e n s ~ u r e v e r s e t z t "

9. a) Der Hinweis auf R a d i o a k t i v i t a t ist nur solchen radioaktiven Whssern zuzubilligen~ deren Aktivitat auf einem Gehalt an fixem Radiumsalz beruht, der im Gleichgewicht stebt mit einer Emanation yon mindestens 50 M a c h e - Einheitenl) .

b) Whsser, deren Charakter als Mineralwasser lediglich durch eine ursprfingliche geringe Aktivitht yon 50 M a c h e - E i n h e i t e n bedingt wird, dfirfen nach Enteisenung oder nach Zusatz yon Kohlensaure nicht mehr als Mineralwasser bezeichnet werden. Sie sind vielmehr kanstliche Mineralwasser und unterliegen den Bestimmungen fiber kfinstliche Mineralwi~sser (II).

10. Die D e k l a r a t i o n der Mineral w~sser hat unmittelbar in Verbindung mit dem Quellnamen in gleichmi~fiiger und gleichfarbiger, mindestens 5 mm hoher Sehrift zu erfolgen. Unter allen Umsti~nden muf die Bezeichnung ,Mineralwasser aus der natfirlichen Quelle yon X, mit Kohlensi~ure versetzt" oder ,enteisent und mit Kohlen- si~ure versetzt" in gleicher Sehriftgr0fe gebracht werden.

11. a) Die in Betracht kommenden Mineralquellen dfirfen in gesundheitlicher Beziehung nach Beschaffenheit und Ursprung keine Veranlassung zu einer Beanstandung bieten. Wenigstens einmal im Jahre ist eine K o n t r o l l u n t e r s u c h u n g vorzunehmen.

b) Bei dem A b f t i l l e n y o n M i n e r a l w a s s e r sind die gereinigten Flaschen und Versehlfisse mit Wasser auszusptilen~ das den Anforderungen genfig L die man in hygienischer Beziehung an ein Trinkwasser stellt, Das Abfallen hat so zu geschehen, dal~ eine Verunreinigung der Quelle sowie des abgef(fllten Wassers ausgesehlossen ist.

c) Das Abffillen yon Mineralwasser hat am Quellorte in die h a n d e l s f i b l i c h e n Gefi~fe (Flaschen yon hOchstens 1 Li ter Inhalt) zu erfolgen.

In T a n k w a g e n u n d F h s s e r n aufierhalb des Quellortes zum Abffillort bef0rdertes Mineralwasser daft nieht als Mineralwasser, auch nieht mit dem 0rts- oder Quellnamen bezeichnet und in den Handel gebracht werden.

d) Das Abftillen yon Mineralwasser in u n d u r c h s i c h t i g e G e f i ~ f e (Krfige usw.) ist verboten.

e) Die zur Verwendnng kommende Kohlensi~ure muff rein und frei yon riechenden und schmeckenden Stoffen sein.

1) Im tibrigen soll die Entscbeidung fiber die Frage der Bezeichnung der radioaktiven MinerMw~sser der zweiten Lesung der Leits~tze fiberlassen werden.

Page 4: Leitsätze über die Beurteilung von Mineralwässern und künstlichen Mineralwässern

54 29. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker [Zeitschr_f.UntersuChung �9 [ a e r ~ e D e o . s l n l ~ l ~ e l .

f) Etwa verOffentlichte A n a l y s e n mtissen klar zum Ausdruck bringen, ob das Wasser der Quelle oder solches mit ZusAtzen oder Ausscheidungen zur Untersuchung gelangte. Etwa fttr Werbezwecke ver0ffentlichte Analysen ultissen der tatshchlichen Zusamnlensetzung des Wassers entsprechen, wie es in den Yerkehr gebracht wird. Das Datum der Untersuchnng ist anzugeben. Die in der Analyse ver0ffentlichten Zahlen sind in rag, bezogen auf 1 kg Wasser, auszudriicken.

12. Soweit ein Mineralwasser als H e i l w a s s e r in den Yerkehr gebracht wird, sind ftir die Beurteilung dieses Wassers die far den u mit Heilmitteln geltenden Bestimmungen' mal~gebend.

II . K i i n s t l i c h e M i n e r a l w K s s e r . 1. K t i n s t l i c h e M i n e r a l w h s s e r sind aus destilliertem Wasser, aus Trink-

wasser, aus Gemischen yon destilliertem Wasser oder Trinkwasser und Mineralwasser oder unter Zusatz yon natiirlichen oder ktinstlichen Salzen oder Solen oder Gasen oder radioaktiven Stoffen oder durch Auslaugen eines Stoffes hergestellte Erzeugnisse.

2. a) Wird einem natth'lichen Mineralwasser neben Kohlenshurezusatz oder neben Enteisenung und Kohlens~urezusatz eine weitere Behandlung zuteil, wie etwa ein Zusatz "con Kochsalz, Natriumcarbonat, Lithium- oder Bromsalzen oder radioaktiven Stoffen usw., so wird es dadurch ein kiinstliches Mineralwasser.

b) Eine Hervorhehung des natiirlichen Ursprungs der verwendeten Kohlenshure ist bei ktinstlichem Mineralwasser nicht statthaft.

3. a) Jedes Getri~nk der vorliegenden Art mul~, sofern es nicht als Selter-, Selters-, Selterser- oder Sodawasser in den Handel gebracht wird, ausdriicklich und fiir den Konsumenten deutlich erkennbar auf den Etiketten und allen sonstigen An- ktindigungen als , , k t i n s t l i c h e s M i n e r a l w a s s e r " bezeichnet werden. Auf den Etiketten muB aul~erdem in allen Fallen der Name oder die Firma des Herstellers angebracht sein.

Bei Selters- und Sodawasser kann yon einer Etikettierung abgesehen werden, wenn die Flaschen den ~amen oder die Finna des Herstellers tragen. Nachbildungen natiirlicher Mineralwhsser mtissen ebenfalls als kiinstlich gekennzeichnet werden, und zwar so, dal] das Wort ,,kiinstlich" unmittelbar vor dem Namen des nachgebildeten natiirlichen Mineralwassers steht, z. B. ,,Kiinstliches Fachinger".

b) Das Wort ,,kiinstlich" mull in mindestens 5 mm hoher und gleicher Schrift- ar L -gr61~e und -farbe gedruckt werden wie das dazugehOrige Substantiv.

c) Wird N a t u r s o l e zur Herstellung verwendet, so kann die Verwenduug der Sole in gleich grol~er Schrift wie die Worte ,,Kt~nstliches Mineralwasser': angegeben werden, sofern der Gehalt des Wassers an Chlor-Ion, berechnet als Kochsalz, mindestens 1 g im Liter betrhgt. Beispielsweise: , , K i i n s t l i c h e s M i n e r a l w a s s e r u n t e r Z u s a t z yon N a t u r s o l e y o n X ( g e g e b e n e n f a l l s B a d X) in d e r M i n e r a l - w a s s e r f a b r i k y o n NiN in Y h e r g e s t e l l t :'. Der Herkunftsort der Sole mul~ in gleicher Schriftart, -grbl~e und -farbe wie der iibrige Text angegeben werden.

Der Herkunftsort yon Konzentraten, Salzgemischen usw. daft auf dem Etikett nicht angegeben werden.

d) Die Deklarationen mtissen in Wort und Schrift deutlich und in waagerechten Zeilen gedruckt sein.

I r r e f i i h r e n d e B e z e i c h n u n g e n u n d A u f m a e h u n g e n .

4. a) Bezeichnungen wie ,,Mineralwasser aus der Mineralwasserfabrik von X" oder ,,Fachinger kiinstliches Mineralwasser" oder ,,Fachinger, aus der Mineralwasser- fabrik yon X" sind ftir ein kt~nstliches Mineralwasser irreftihrend.

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b) Bildzeichen und Bezeichnungen yon ktinstlichen Mineralwi~ssern, welche die Verwendung eines nattirlichen Mineralwassers andeuten, wie ,,Sprudel", , ,Mineral- brunnen", , Sauerbrunnen", ,,Si~uerling", ,,Quelle", ,,Bronn", ,,Brunnen" und ahnliche, sind als irreftihrend nicht gestattet, desgleichen Phantasienamen, die an Bade- oder Brunnenorte anklingen wie ,, . . . hall" oder ,, . . . . aris" und i~hnliche Bezeichnnngen.

Dutch diese Bestimmungen sollen nicht bertihrt werden Namen yon Quellen oder Brunnen, welche vor ihrer gewerblichen Ausbeutung als volksttimliche Bezeichnung gegolten haben. Selbstversti~ndlich hat Deklaration als ,Ktiastl iches Mineralwasser" zu erfolgen.

c) Abbildungen yon Sti~dtewappen, Ansichten yon Badeorten und i~hnliche Ab- bildungen, die zu Ti~uschungen Anlal~ geben k6nnen, sind verboten:

d) Hinweis auf Radioaktivitht, sowie Phantasienamen, die an Radium oder gleich- sinnige Worte anklingen, sind verboten, sofern nicht die Radioaktiviti~t auf einem Gehalt an fixem Radiumsalz beruht, der im Gleichgewicht steht mit einer Emanation yon 50 M a c h e - E i n h e i t e n l ) .

5. Die Worte ,,Selters", , ,Selter", , ,Selterser" gelten als Gattungs- und nicht als Herkunftsbezeichnung.

6: Angaben yon A n a l y s e n sind nicht gestattet.

V o r s c h r i f t e n f a r d a s A b f t i l l e n u n d f a r d i e R e i n h e i t d e r zu

v e r w e n d e n d e n S a l z e usw.

7. a) Das zur Herstellung yon ktinstlichem Mineralwasser verwendete W a s s e r mul~ ebenfalls den Anforderungen entsprechen, die" man in hygienischer Hinsicht an ein Trinkwasser stellt. Die Beschaffenheit des Wassers ist wenigstens einmal im Jahre durch sachversthndige Untersuchung nachzuprafen.

b) Bei dem A b f f i l l e n y o n k ~ i n s t l i c h e m M i n e r a l w a s s e r sind die gereinigten Flaschen und Verschl~isse mit Wasser auszusptilen, das den Anforderungen genfigt, die man in hygienischer Beziehung an ein Trinkwasser stellt. Das Abffillen hat so zu geschehen, da~ eine Verunreinigung des abgefallten Wassers ausgeschlossen ist.

c) Die Verwendung yon in H o l z f h s s e r n versandtem Wasser zur Herstellung yon ktinstlichem Mineralwasser ist verboten.

d) Das Abftillen yon kanstlichem Mineralwasser in u n d u r c h s i c h t i g e Gefi~i~e (Krtige usw.) ist verboten.

8. a) Die zur Verwendung kommende K o h l e n s i ~ u r e mui~ rein und frei yon riechenden und schmeckenden Stoffen sein.

b) Kochsalz mul~ in Form der reineren Handelssorten yon Speisesalz angewandt werden.

c) N a t r i u m c a r b o n a t (Soda) mui~ der Anforderung des Arzneibuches entsprechen mit der Abi~nderung, daft zu der Untersuchung statt der wi~sserigen L(isung 1-~-19 eine whsserige L(~sung 1-~-49 angewandt wird.

d) iN a t r i n m b i c a r b o n a t mui~ den Anforderungen des Arzneibuches entsprechen.

e) A l l e i i b r i g e n etwa noch zur Verwendung kommenden S a l z e mtissen den Vorschriften des Arzneibuches entsprechen.

f) Bei M i n e r a l w a s s e r s a l z e n o d e r P a s t i l l e n , die aus einem Gemische verschiedener Salze bestehen, mtissen die einzelnen Salze den far sie geltenden An- forderungen entsprechen.

1) Vergl. Ful~note 1 auf S. 53.

Page 6: Leitsätze über die Beurteilung von Mineralwässern und künstlichen Mineralwässern

56 29. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. [Zeitschr. f. untersuchung [ der Lebensmittel.

g) I N a t u r s o l e (Sole) ist ein nattirliches salzhaltiges Wasser, das so verwendet wird, wie es aus dem Boden kommt. Der Kochsalzgehalt nlul] mindestens 15 g in I kg ~Natursole betragen. Konzentration und Salzzusatz sind unzulhssig.

III . G e m e i n s a m e ] 3 e s t i m m u n g e n f i i r M i n e r a l w K s s e r u n d k i l n s t l i c h e M i n e r a l w ~ s s e r .

1. T a f e l w a s s e r : Nattirliche und ktinstliche Mineralwi~sse L die sich dazu eignen, k(innen als Tafelwasser bezeichnet werden.

2. A n g a b e y o n H e i l w i r k u n g e n u n d d i h t i s c h e n W i r k u n g e n . Bei nattirlichen und ktinstlichen Mineralwhssern ist es verboten, Heilwirkungen und dihtische Wirkungen des Wassers zu behaupten, wenn diese dem Wasser in Wirk- l ichkeit nicht zukommen.

Im Einzelnen ist zu diesen Leits~tzen folgendes zu bemerken:

I. M i n e r a l w ~ s s e r .

Zu I, iNr. 9a und b.

Die Frage der Radioaktivitht ist im vorigen Jahre zurt~ckgestell~ worden. In sinngem~l~er Anwendung der Beschlasse der Heilquellenkommission schlage ich

vor, den L e i t s a t z 9a folgendermal~en zu fassen: ,,Der Hinweis auf Radioaktivitht ist nur solchen Whssern gestatteL welche

beim Vorhandensein yon fixem Radiumsalz wenigstens 10 -7 mg festes Radiumsalz je Li ter anfweisen oder helm Vorhandensein yon nur Emanation beim Yerbraucher noch wenigstens 800 M a c h e - E i n h e i t e n aufweisen. Wird bei einem Mineralwasser auf Radioaktivitht hingewiesen, so mu~ der Tag der Abfallung auf der Flasche angegeben sein".

L e i t s a t z 9 b mafite folgende Fassung erhalten : ,,Whsser, deren Charakter als Mineralwhsser lediglich dutch eine Radioaktivit;tt

ohne fixes Radiumsalz bedingt wird, d~lrfen nach Enteisenung oder nach Zusatz yon Kohlenshure nicht mehr als Mineralwasser bezeichnet w e r d e n . Sie sind viel- mehr kanstliche Mineralw~sser und unterliegen den Bestimmungen aber kanstliche Mineralw~sser (II)".

Die Unterscheidung der W~sser mit festem Radiumsalz und der mit Emanation obne festes Radiumsalz ist deswegen gerechtfertigt, well die Emanation sich verflachtigt und zersetzt, das fixe Radiumsalz aber dauernd Emanation aussendet. Nach den vor- jhhrigen Leitshtzen sollte der Hinweis auf Radioaktivit~t nut bei solchen Whssern gestattet sein, deren Aktivit~t auf fixem Radiumsalz beruht, das im Gleicbgewieht stehe mit einer Emanation yon mindestens 50 Mache-E inhe i t en . Hiergegen hat Herr Direktor W o l l m a n n vom Radiumbad 0berschlema folgendes eingewendet: Das Bad besitzt ein Wasser, welches eine Radiumemanation yon 100 000 bis 180 000 M a ch e-Einheiten besitzt. Das Wasser werde alle zwei bis drei Tage direkt an die u ge- liefert und habe bei den Verbrauchern noch eine Emanation zwischen 2000 und 3000 Mache-E inhe i t en . Es sei ungereeht, derart igen Emanationsw~ssern den Hin- weis auf Radioaktivit~t zu verbieten. Dieser Einwand ist nieht yon der Hand zu weisen.

II. K t i n s t l i c h e M i n e r a l w i ~ s s e r .

Der wichtigste noch strittige Punkt blieb im vorigen Jahre der L e i t s a t z 3a. Wir INahrungsmittelchemiker m(ichten gerne, daft ganz klare Verhi~ltnisse geschaffen

Page 7: Leitsätze über die Beurteilung von Mineralwässern und künstlichen Mineralwässern

64. Band. ] Juli/August 1932.J J. T i 11 m dn s, Beurteilung yon Mineralw~ssern. 57

werden und deswegen jede Flasche, falls nicht ausnahmsweise die INichtetikettierung gestattet ist, die Aufschrift ,,Kiinstliches Mineralwasser" tragen masse. Der u der MinerMwasserfabrikanten m0chte hinzugefiigt haben, dab die Bezeichnung ,TafeI- wasser, hergestellt in der Mineralwasserfabrik von X in Y" der Bezeichnung ,Ktinst- liches Mineralwasser" gleichwertig sei.

Unter L e i t s a t z 3c sollte der Herkunftsort yon Konzentraten, Salzgemischen usw. verboten werden. Der Grund hierfiir liegt darin, dal~ beim Eindampfen yon Mineralw~ssern sicb oft voltkommene Umsetzungen ergeben. Wenn man z .B . ein Mineralwasser, welches neben Natriumbicarbonat erhebliche Mengen yon Calcium- sulfat enthi~lt, eindampft, so resultiert ein vollkommen anderes Salzgemisch, als es das betreffende Mineralwasser enthMt. Im Konzentrat wird sich in grol~en Mengen Calcium- carbonat neben Natriumsulfat gebildet haben. Deshalb mul~ der Hinweis auf die Herkunft eines solchen Konzentrates in sehr vielen Fallen eine /rrefiihrnng des Publikums in sich schliel]en, auch wenn nicht direkt absichtliche irrefiihrende Angaben~ wie sie hhufig beobachtet werden, gemacht oder beabsichtigt sind. Gegen diese Be- stimmung hat Bad Kreuznach Einspruch erhoben. Ich bitte, es aus den schon genannten Grtinden bei dieser Bestimmung zu be~assen.

Der L e i t s a t z 4b Abs. 2 ist bei der vorji~hrigen Verhandlung in der Schwebe geblieben. Es mtisste also heute Klarheit daraber geschaffen werden, ob Wasser, welche seit langen Jahren unter Bezeichnungen, die nach den jetzigen Beschliissen als irreftihrend anzusehen sind oder die nach den jetzigen Beschltissen kein Kenn- zeichen eines natarlichen Mineralwassers aufweisen, die Bezeichnung ,Ktinstliches Mineralwasser" anbringen mtissen, wenn ihnen die Bezeichnungen weiter gestattet werden sollen. Ich bin der Meinung, dab es au~erordentlich gefiihrIich ist, wenn hier einzelnen Betrieben eine Ausnahme gestattet wird. Es gibt an vielen Orten des Reiches Brunnen, welche keine der Eigenschaften, die in der Definition als Kennzeichen eines Mineralwassers genannt sind, besitzen, die aber doch nach Zusatz yon Kohlensi~ure unter bestimmten, oft irrefiihrenden Namen in den Verkehr gebracht werden. Alle diese Erzengnisse sind eben in Wirklicbkeit nach unseren Definitionen kiinstliche Mineral- wi~sser nnd sollten auch als solche bezeichnet werden. Die Tatsache, da5 unter diesen Wi~ssern sich auch solche befinden, die im Besitze yon Beh(~rden sind, kann kein aus- schlaggebender Grund sein, die klaren YerhMtnisse zu verwischen.

Unter L e i t s a t z 4d sollte der Hinweis auf Radioaktivitht bei ktinstlichen Mineralwi~ssern verboten werden. Der Verband Deutscher Mineralwasserfabrikanten beantragt, den Zusatz zu machen ,sofern nicht die Radioaktiviti~t auf einem Gehalt an fixem Radiumsalz beruht". Es soll nhmlich kanstliche Mineralwasser geben, denen fixes Radiumsalz in irgend einer Form zugesetzt wird und die infolgedessen dauernd radioaktiv sind. Ich kann mir zwar nicht denken, dal~ bei ktinstlichen Mineralwi~ssern , die doch billige Volksnahrungsmittel sein sollen, ein Zusatz des sehr teuren fixen Radiumsalzes noch lohnend sein kann. Wenn wir das zulassen wollen, so massen wir j edenfalls eine gewisse Mindestgrenze setzen. Denn eine Emanation v0n einigen M a c h e- Einheiten haben sehr viele Brunnenwhsser. Es k6nnte dann der Fall eintreten, da~ bei einem ktinstlichen Mineralwasser, welches mit der Bezeichnung ,radioaktiv" in den Verkehr gebracht wird, gar kein Radiumsalz zugesetzt ist sondern nur die natfir- liche Aktiviti~t irgend eines Trinkwassers vorliegt. Man wird dann aber kaum die Behauptung des betreffenden Herstellers widerlegen k0nnen, daft er Radiumsalz zu- gesetzt habe. Ich vermag nicht einzusehen, weshalb an kanstliche Mineralwhsser,

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58 29. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. [Zeitschr. f.Un~ersuchung [ der Lebensmittel.

welche auf der Et ike t te als radioakt iv bezeichnet werden, andere Anforderungen ge- stellt werden sollen a l s bei natt ir l ichen Mineralwhssern, und schlage deshalb folgende Fassung des L e i t s a t z e s 4 d vor:

,,Hinweis auf Radioakt iv i th t sowie Phantas ienamen, welche an Radium oder gleichsinnige Wor te anklingen~ sind verboten, sofern nicht die far die Radioakt ivi tht yon Mineralwasser unter 9 a gestel l ten Forderungen erffillt sind."

Bei den iibrigen Punkten waren bei der vorjhhrigen Verhandlung Differenzen nicht mehr vorhanden.

u Ich danke Herrn Kollegen T i l l m a n s ftir seine Ausffihrungen. Beztiglich der Bera tung mSchte ich vorschlagen, da~ wir zunhehst nur auf die Punkte eingehen, die Her r T i l l m a n s je tz t hervorgehoben hat. Ich bit te also in diesem Sinne sich zu i~ufiern und zunhchst die Thermalwiisser zu behandeln.

D i s k u s s i o n : Dr. B r eb e c k: Ich bin sehr erstaunt, dab die Heilquellenkommission zu dem Beschlul~

gekommen ist, Thermalwi~sser nicht mehr als Mi~ra lw~sser zu bezeichnen, wenn sie ver- sandt werden. Das w~re ein barter Sehlag ffir die ~aden-Badener Mineralwasser-Industrie.

Prof. Dr. T i l l m a n s : Es handelt sich hier nur um die W~sser, die l e d i g l i c h der Temperatur nach Mineralw~sser sind. Die anderen bleiben Mineralw~sser. In Baden-Baden enthi~lt das Wasser doeh noch Salze.

Dr. B r e b e c k : Ja, etwa 3 g im Liter. V o r s i t z e n d e r : Es wird also wohl dem Vorschlag zugestimmt? (Zurufe: Ja.) Dann w~re noch in Punkt l b fiber die 5 0 M a c h e - E i n h e i t e n zu sprechen. Diese

w~ren in 800 M ache -E inhe i t en zu verwandeln, wenn wir dem BeschluI~ der Heilquellen- kommission entsprechen wollen.

Dr. F r e s e n i u s : Als Radiumwasser usw. versandtes Wasser soll, wenn es in die Hand des Yerbrauchers gelangt, noch 800 M a c h e- Einheiten enthalten. Ffir die Versandw~sser wird also ein Gehalt an Radiumemanation yon 800 M a c h e - E i n h e i t e n gefordert. An 0r t und Stelle zu Kurzwecken benutztes Wasser kann als Radiumwasser bezeichnet werden, wenn es 50 M a c h e - E i n h e i t e n enth~lt, das ist der Unterschied.

Geheimrat Dr. K e r p : Ieh habe gestern im Ausschufi schon gesagt, dai~ die Frage sehr erSrterungsbedfirftig erscheint, ob die Thermalwgsser und radioaktiven Wi~sser in dieser Verordnung fiberhaupt Platz haben kSnnen. Werden Thermalw~sser, die nur wegen ihrer W~rme angewendet werden, als Lebensmittel verwendet? Wenn sie nur als Heilw~sser ver- wendet werden, dann haben sie in dieser Yerordnung keinen Platz. Ebenso ist es mit den radioaktiven W~ssern. Werden sie als Lebensmittel verwendet, dann mfissen wir sie hier aufftihren, sonst, wenn sie nur als Heilmittel Verwendung finden, geh5ren sie nicht in die Verordnung hinein, lch bin daffir, da6 man sie nicht aufnimmt.

V o r s i t z e n d e r : Es gibt viele W~sser, z. B. im Sauerlande, die eine geringe Radio- aktivit~t haben und in den Luftkurorten als di~tetische Trinkw~sser angeboten werden. Diese geh5ren doch wohl hier herein.

Dr. F r e s e n i u s : Der Zweck der gefafiten Beschliisse war, zu verhindern, dab ein reines Trinkwasser, das mit 280 aus der Quelle kommt, beim Versand als Mineralwasser vertrieben wird, obwohl es nur gewShnliches Trinkwasser ist und nur an Ort und Stelle wegen seiner Temperatur als Mineralwasser im Sinne der Nauheimer Beschlfisse gilt. Das gleiche bezieht sich sinngem~t~ auch auf die radioaktiven W~sser.

V o r s i t z e n d e r : Man kann natfirlich im Zweifel sein, wo die Heilw~sser anfangen und die di~tetischen Tafelwi~sser aufhSren. Es wfirde sich vielleicht empfehlen, am Kopf der Leits~tze zu sagen : ,,Es werden hier nur W~sser behandelt, die als Mineralw~sser und di~tetische W~sser gelten oder in den Verkehr gebracht werden". Die di~tetisehen Lebensmittel gehSren doch auch zu den Lebensmitteln.

President J u c k e n a c k : Wir haben das dann aber wieder gestrichen, denn z.B. Diabetiker-Brot und Diabetiker-Marmelade kSnnen wir auch nicht in den Verordnungen fiber Brot und Marmelade behandeln.

Dr. S t a m m : Ich schlage vor, die Bestimmungen fiber W~sser die nur auf Grund ihrer Temperatur Mineralwi~sser sein sollen, negativ zu fassen und etwa zu sagen . . . . kommen aber als Yersandw~sser nicht in Frage.

Yo r s i t z e n d e r : Wir mfissen zun~chst die grunds~ttzliche Frag e erSrtern, die Herr

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64. Band . | Juli/hugust 1932.] 29. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. 59

Geheimrat K e r p angeschnit ten hat, ob diese W~sser i iberhaupt in den Leits~tzen Aufnahme finden sollen.

Pres ident J u c k e n a c k : Das Thermalwasser wird doch nicht als Mineralwasser genossen. Wenn jemand Durs t hat, geht er doch in Baden-Baden nicht an die Thermalquelle. Wenn das Wasser aber durch die dortige indus t r ie zu einem Mineralwasser gemacht wird, indem ibm Kohlens~ure zugesetzt wird, dann ist es, nachdem es zugleich die notwendigen Mineral- stoffe auch noch erhalten hat, nicht mehr ein natfirliches Mineralwasser.

Dr. Z i n k e i s e n : Der Grund, weshalb diese Bestimmungen aufgenommen worden sind, ist doch der, dag Migbr~uche verh inder t werden sollen. Der Gehalt an Mineralstoffen oder der Hinweis auf Radioaktivit~t wird doch nur angegeben und auf die Et iket ten gedruckt, um das Produkt als etwas Besseres hinzustellen. Es erscheint deshalb geboten, zu erwggen, ob man diese W~sser nicht drin lassen soll. Wenn man sie herausnimmt, so w~re die Konsequenz, dag man jeden Hinweis auf die Radioaktivit~tt verbieten mfifte, soweit diese W~sser als Trinkw~sser in Frage kommen.

V o r s i t z e n d e r : Was ich heute frfih in meinen einleitenden Worten fiber den Zweck unserer Verhandlungen gesagt babe, gilt hier bei den radioaktiven W~ssern in ganz besonderer Weise. Lassen w i r e s auch dahingestell t , ob die radioakt iven nnd di~tetischen W~sser in eine Verordnung auf Grund des Lebensmittelgesetzes und bier in unsere Leits~tze hinein- gehSren, so kSnnen wir uns doch damn einigen und feststellen, wann ein radioaktives Wasser, das uns als Mineralwasser angeboten wird, es nach unserer Ansicht nicht ist ; das kSnnen wir aussprechen, auch wenn es auf Grund einer Minera lwasserverordnung nicht geht. Wi r erlassen hier ja keine Nineralwasserverordnung, sondern haben nur Leits~tze ffir die Beur- te i |ung yon Mineralw~ssern aufgestellt. Wi r wiirden unsere Leits~tze in ihrem Wer t sehr verr ingern, wenn wir diese Wiisser au fe r acht liel3en.

Pres ident J u c k e n a c k : Wenn darauf steht, so und so viele M a c h e - E i n h e i t e n , so fragt es sich, ob der Konsument glaubt, da f dadurch der Genugwert erhSht wird? E r kSnnte z. B. auf den Gedanken kommen, daft durch den Genuf die Tg~tigkeit gewisser Drfisenorgane angeregt werden, oder jedenfal ls glauben, da6 bestimmte Krankhei ten gfinstig beeinfluft werden. Folglich wird er das Wasser jedenfalls in der Regel als Heilmittel ansehen.

Geheimrat K e r p : Ich gehe noch einen Schrit t weiter: Wenn wir in dieser Verordnung (Zwischenruf: Es ist doch keine Verordnung!) ; wenn wir also in dieser Vor |age zu einer Abgrenzung kommen, so kann das nur eine Abgrenzung sein, die den Wer t des Lebens- mittels als Genufmit tel bestimmt, w~hrend bier der Wer t als Heilmittel festgesetzt wird. Wi r kSnnen doch nicht behaupten, ein Wasser wird zu einem Genugmittel, wenn es 800 M a c h e - E i n h e i t e n enhfi.lt, und wenn der Gehalt darunter ist, ist es kein Genugmittel.

Prof. T i l l m a n s : Darauf mSchte ich erwidern : Es steht in den Nauheimer Beschlfissen yon 1911, da f ein Wasse r ein Mineralwasser ist, wenn es 4 M a c h e - E i n h e i t e n enth~lt. Das wollen wir je tzt verschi~rfen. Wenn wir Herrn Geheimrat K e r p folgen, dann is t ein Wasse r mit Radiumemanat ion kein Mineralwasser mehr, sondern ein Heilmittel.

Dr. S p r i n k m e y e r : Im Sauerland werden, wie unser Her r Vorsi tzender schon sagte, Wi~sser in den Verkehr gebracht, die nur wenig Radiumemanation aufweisen, 2--12 M a c h e- Einheiten. Diese werden mit Kohlens~ure versetzt und mit dem Hinweis auf die M a c h e = Einhei ten in den Verkehr gebracht. Diese W~tsser haben, wenn sie an den Verbraucher gelangen, i iberhaupt keine Radiumemanat ion mehr. Meiner Ansicht nach fallen diese W~sser unter die Genui~w~sser. Wer sie kauft, denkt nicht an ein Heilmittel, sondern er will ein Mineralwasser oder kfinstliches Mineralwasser haben, wobei er vielleicht nebenbei erwartet, d a f das Wasser zugleich auch gesundheit l iche Wirkungen kaben kann. Es w~re gut, wenn man diese W~sser erfassen kSnnte.

Dr. M e u s e r : Aus der Praxis heraus habe ich gegen die Begriffsbestimmungen fiir die radioaktiven Wi~sser, wie sie yon der Heilquellen-Analysenkommission festgetzt s i n d , nichts einzuwenden, insbesondere dagegen nicht, daft erst dann Yon Radioaktivit~t gesprochen werden darf, wenn das betr. Wasser noch 800 M a c h e - E i n h e i t e n aufweist, wenn es in die Hand des Verbrauchers kommt. Es ents teht aber die Schwierigkeit, auf die Her r Geheimrat K e r p schon hingewiesen hat. Wo liegt die Grenze zwischen Hell- und Tafelwasser? Ich will ein Beispiel aus der Praxis anffihren: In Biskirchen an der Lahn entspringt der Karls- sprudel, der in rein natfir l icher Abfiillung in den Handel kommt. Zwei Kilometer davon liegt der Gert rudisbrunnen, der mit Kohlens~ture versetzt als Tafelwasser ver t r ieben wird. Die Analysen der beiden Quellen haben in ihren Hauptbestandtei len eine auffallende J(hnlich- keit. Die gro6e Heilwirkung des Karlssprudels ist kl inisch erwiesen. SoB nun der Gertrudis- brunnen keine Heilwirkungen haben, weil er als Tafelwasser in den Handel kommt? Hier entstehen Schwierigkeiten, deren Folgen nicht abzusehen sind.

Geheimrat K e r p : Es gibt Lebensmit te l und Arzneimittel, fiber deren Wesen und Charakter gar keine Zweifel bestehen, und andere, fiber deren Wesen man im Zweifel ist. In diesen FMlen entscheidet yon Fall zu Fall die Zweckbestimmung. Das Lebensmittelgesetz

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60 29. Hauptversammlung Deutseher Nahrungsinit telehemiker. [Zeitschr. f. Untersuehung [ der Lebensmittel.

ist abgestell t auf die Zweckbestiinmung und ebenso auch das Arzneiinittelgesetz. Das gleiche Wasse r kann eininal als Heilwasser, das andere Mal als Mineralwasser gelten, je nach den Aufschriften und der Zweekbestiinmung.

V o r s i t z e n d e r : Wenn jeinand ein Radioakt iv i t~ t enthal tendes Wasser als Tafelwasser in den Verkehr bringt, fi~llt es unter die Mineralw~isser.

Gebeiinrat K e r p : Es darf aber nicht als Mineralwasser bezeichnet werden. V o r s i t z e n d e r : Warum denn nicht? Pri~sident J u c k e n n a c k : Spiri tus ist z. B. je naeh seinein Bestimmungszweck ein

Genuginittel, Heilmittel oder Desinfektionsinitte]. Wenn jemand Schweinesehmalz an Apotheken zur Herstel lung yon Salben liefert und das Schweineschinalz iin Sinne des Lebensmittelgesetzes verf~lscht ist, so kann der Betreffende deinnaeh nieht wegen Lebensinittelverfi~lschung bestraf t werden. Allerdings kann Betrug vorliegen.

Prof. B e h r e : Ich inSchte Inir die Frage erlauben, ob damit zu rechnen ist, daft die kfirzlieh bera tene Arzneimit te lverordnung bald in Kraft t r i t t ? Wenn das der Fa l l ist, dann k0nnte man davon absehen, hier diese l?rage weiter zu behandeln.

Prof. T i l l i n a n s : W i t kSnnen uin die Schwierigkeit heruin kominen, wenn wir sagen, die radioaktiven W~sser behandeln wir hier nieht ; sie sind dutch die LeitsStze der Heilquellen- kominission geregelt.

Dr. F r e s e n i u s : Die prakt isehen Verhliltnisse wfirde man bessern, wenn man annehinen wfirde, was Prof. T i l l i n a n s vorgesehlagen hat. Die radioakt iven W~sser wfirden dann hier herausfal len und man wfirde keinen Gegensatz sehaffen zwisehen Heilwasser und Tafelwasser. Die Definition der ,Heilquellen" ist ja sehr sehwierig. Wenn man die Nauheiiner Besehlfisse anniinmt, so k6nnte ein Arzt kominen und sagen, es ist doeh ein Heilwasser. Die Medizin ist heute gar nieht in der Lage, in allen Fgdlen zu bestiinmen, was ein Heilwasser ist. Naeh unserer Definition wtirden hier alle Wi~sser ausseheiden aufter den Quellen yon Obersehleina und Brambaeh. Ffihrt man aber hier einen besonderen Begriff ,Hei lwasser" ein, so ergeben sieh Sehwierigkeiten, die sieh gar niebt fibersehen lassen. Naeh der vorgeschlagenen Definition bleiben nu t die beiden Quellen tibrig, die tatsSehlieh Init 800 M a c h e - E i n h e i t e n in die Hand der Verbraucher gelangen kSnnen.

Dr. H a r t w i g : Wenn wir die radioakt iven WSsser hier, weft sie Heilwitsser sin(I, auf Grund des Lebensinit telgesetzes aussehliegen, dann Infiftten wi t aus deinsetben Grund aueh die WSsser mit einein geringen Arsen-, Jod- oder Broingehalt aussehlieiien.

Prof. T i 11 In a n s : Das wSre die Konsequenz. Diese geringen Mengen an Joel, gro in usw. haben keine Bedeutung ftir den Genuftwert. W i t Infiftten dann die Nauheimer Besehltisse aueh ffir diese Wi~sser iindern.

Prof. L f i n i n g : Es mtiftte yon Fall zu Fal l entsehieden werden, was vorliegt. V o r s i t z e n d e r : Ieh glaube, diese Wiisser gehSren in diese Leits~tze hinein. Wo ein

Wasser auf Grund der RadioaktivitSt als Tafelwasser angepr iesen wird, kSnnen wir sagen: Es entsprieht naeh der allgemeinen Verkehrsauffassung nieht einein Mineralwasser.

Geheiinrat K e r p : Sie geben dein l~egriff Mineralwasser eine andere Bedeutung. Es triff~ nieht zu, was fiber Jod und Broin gesagt ist, weil Brom und Jod in Form yon Ionen, naeh der alten Ansehauung in Form yon Salzen in dein Wasse r vorhanden sind. Wenn abe t ein Therinalwasser ein Mineralwasser ist, dann ist WSrine ein Mineral. Wenn Sie aueh die jod- und broinhalt igen W/~sser hier weglassen, dann dtirfen diese WSsser nieht Inehr als Mineralwi~sser bezeiehnet werden. Wenn die Herren yon der Heilquellenkoininission Mift- stSnden bei den radioaktiven WSssern steuern wollen, dann kSnnen sie eine Bestiininung treffen, wonaeh nur yon einein bestiminten Gehalt yon M a e h e - E i n h e i t e n an ein Wasser als radio- aktives W a s s e r , nieht aber als radioakt ives M i n e r a t w a s s e r bezeiehnet werden daft . Abe t wir kSnnen nieht eine Definition sehaffen, dureh die diese Wi~sser als Mineralw~sser erkl~rt werden. Man kSnnte es umgekehrt maehen und sagen, es ist irrefiihrend, wenn diese W~tsser als Mineralwi~sser bezeiehnet werden.

Dr. F r e s e n iu s : Historiseh ist es so, dag diese Bezeiehnungen bestehen. Zuin Teil sind die W~sser iin B~derbueh so definiert. Die Nauheiiner Besehliisse sind auf Grund yon Koinproinissen entstanden, nieht aus logisehen Erwligungen. Da sie eininal bestehen, knfipfen wir daran an und setzen an Stelle der 4 M a e h e -Einhe i t en etwas Besseres.

Prof. T i l l l n a n s : Wi r sehaffen keine neuen Definitionen; wir verbessern nu t die bestehenden. W i t kSnnen aueh die Definition aufgeben und streiehen, indem wir sagen, die radioaktiven W~sser gehSren nieht in unsere Leits~tze. Wi r haben bisher die Nauhei iner Besehlfisse zugrunde gelegt. Naeh diesen ist seit 191i ein Wasse r Init 4 Ma eh e -E inhe i t en ein Mineralwasser. Das wollten wir verbessern. Wi r kSnnen die radioaktiven W~sser aueh ganz wegstreiehen. Wenn wit sie beibehalten, dann miissen wir die Festsetzungen so ~tndern wie vorgesehlagen.

Prof. R u p p i n : Ieh sehe keine Sehwierigkeiten, denn Radium und Emanat ion sind ebenso Mineral wie z. B. Lithium. Wenn wit sagen M a e h e - E i n h e i t e n , so geschieht dies doeh nut , weft wie sonst in g o d e r ), ausgedrfiekt so ~iele Nullen anftibren IniiBBten.

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Geheimrat K e r p : Emanation ist kein Mineral. Prof. R u p p i n : Es ist ein Gas wie Helium und Argon. Geheimrat K e rp : Meine Herren, ich habe meine Bedenken hier zur Spraehe gebraeht,

damit, wenn sp~ter der Entwurf fiber die Mineralwasserverordnung im Reichsgesundheitsamt behandelt wird, mir niebt der Vorwurf gemacht werden kann, dal~ ieb meine Einw~nde nicht schon hier gemacbt babe. Wenn Sie nicht auf den vermittelnden Vorschlag eingehen wo!len, da6 die radioaktiven W~sser in der Definition gestrichen werden und da~ unter ,irreffihrende Bezeichnungen" gesagt wird, es ist irrefiihrend, wenn ein solches Wasser als Mineralwasser bezei~chnet wird, dann vertagen Sie die Angelegenheit und lassen Sie es bei dem non liquet und beraten darfiber, wenn die Verordnung fiber Mineralw~sser kommt.

V o r s i t z e n d e r : Da wit zu einem abschliel~enden Urteil kommen wollen, mSchte ich fragen, wie die Ansicht der Mitglieder ist. Wer der Ansieht ist, da6 die radioaktiven W~sser gestrichen werden sollen, den bitte ich die Hand zu erheben.

Es sind also 12 Stimmen ffir die Streichung yon aliem, was fiber Radioaktivit~t und M a c h e - E i n h e i t e n steht. Wer ist dagegen?

President J u ck e n a c k : Erst mfissen wir fragen, ob es unter ,,irreffihrende Bezeichnungen" aufgenommen werden soil.

V o r s i t z e n d e r : Ich sehe kein Bedenken, zu sagen radioaktive W~sser sind keine Mineralw~sser. Dann ist der Ansicht beider Parteien gen~igt. Wer ist also ffir den u dais in der Definition diese W~sser gestrichen werden und zum Ausdruck gebraeht werden soll, dal~ alle Thermal- und radioaktiven W~sser nicht als natfirliche oder k(instliche Mineral- w~sser auzusehen sind? Es handelt sich jetzt also durum, ob wir dem Vorschlage zustimmeu und hier die Angabe in der Definition weglassen und bei den irreffihrenden Bezeichnungen sagen: Jede Bezeichnung eines Thermalwassers oder radioaktiven Wassers als Mineralwasser oder kfinstliches Mineralwasser ist irreffihrend?

Prof. T i l l m a n s : Ich mSchte nochmals betonen, da~ wir danach in der Definition die radioaktiven W~sser ausschliel~en und die mit geringem Jod- oder Bromgebalt bestehen lassen.

Dr. S t a tu re : Wir mfissen sagen, W~sser, die 1'iur durch die Temperatur oder den Gehalt an Radieaktivit~t zu den Mineralw~ssern gehSren.

Dr. B r e b e c k : Ich glaube, meine Herren, Sie gehen hier einen Weg, der uns Sehaden bringen kann. Wenn Sie die radioaktiven W~sser aussehlie~en, so werden Sie die Bestimmung der Radieaktivit~t in die H~nde der Arzte legen. In Baden-Baden z.B. war ein Arzt, der jahrelang diese Bestimmungen gemacht hat.

V o r s i t z e n d e r : Dieser Grund kann uns nieht ma~gebend sein. Dr. F r e s e n i u s : Wenn wir die W~sser mit kteinen Mengen Jod und Brom zulassen,

dann kSnnen wir nicht die radioaktiven weglassen. Ich glaube, der beste Vorschlag ist, zu warten, bis die Verordnung fiber Mineralw~sser verliegt und wir mehr Material haben.

V o r s i t z e n d e r : Es besteht die Schwierigkeit, auf die ich schon hinwies, im sfidlichen Westfalen wird sehr oft Wasser angeboten, das nur wegen der geringen M a c h e - Einheiten als Mineralwasser bezeiehnet wird. Wir haben den Wunsch, da] dies verhindert wird. Jetzt kann jeder das als radioaktives Wasser benennen. Wollen wir das so welter gehen lassen?

Geheimrat K e r p: Radioaktives Wasser daf t es nicht genannt werden, wenn die Radium- emanation unter einer bestimmten Grenze liegt. Sie h~tten nur dann recht, wenn es sich um radioaktives Wasser schlechthin handelt.

(Mittagspause.) V o r s i t z e n d e r : Meine Herren, wir fahren in der Besprechung der Leits~tze fiir die

Beurteilung yon Minerahv~ssern fort. Bezfiglich der Radioaktivit~t der Mineralw~sser ist die Situation folgende: Wir handeln inkonsequent, wenn wir aus dem Gesiehtspunkt heraus, dal~ die radioaktiven W~sser etwa nur als Heihnittel in Frage kommen, sie hier aus den Leits~tzen herausfallen lassen, andererseits aber die Jod und Brom enthaltenden W~sser darin lassen, ffir die die gleichen Gesichtspunkte maltgebend sind. Andererseits besteht ein Anlal~, da~ wir die zu Unrecht als radioaktiv bezeichneten Tafelw~sser bek~mpfen. Ich m6chte deshalb vorschlagen, diese W~sser alle stehen zu lassen, unbekfimmert darnm, ob es m5glich sein wird, unsere Be- schIfisse in die Verordnung iiber Mineralw~sser aufzunehmen. Ich stelle jetzt also die Frage: Wer ist einverstanden damit, da6 wir alles stehen lassen wie in der Vorlage, nur dal~ wir die Grenz en ffir Radioaktivit~it yon 50 auf 800 M a c h e - Einheiten erhOhen, wie das Prof. T i 11 m a n s vorgeschlagen hat. Wer also daffir ist, den bitte ich die Hand zu erheben. Das ist weitaus die grSl~te Mehrzahl. Also lassen wir die Leits~ttze hierfiber in der Weise stehen mit der Begrfindung, die in der Diskussion angefiihrt werden ist.

Ich bitte dann Herrn Kollegen T i l l m a n s, fortzufahren. Prof. T i l l m a n s : Ich bitte, jetzt die Radioaktivit~t der kfinstlichen Mineralw~sser zu

besprechen. Ich hatte vergeschlagen, an die kiinstlichen Mineralw~sser hinsichtlich der Radio- aktivit~t die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die natiirliehen.

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62 29. Hauptversammlung Deutscher Nahrungsmittelchemiker. [Zeitschr. f. Untersuchung I der Lebensmits

u o r s i t z e n d e r : Dagegen wird sich wohl kein Widerspruch erheben. Das ist der Fal l ; ich bitte Her rn Kollegen T i l 1 m a n s, fortzufahren.

Prof. T i l l m a n s : Ich komme bei den k f i n s t l i c h e n M i n e r a l w ~ s s e r n zu Punkt 3a. Es handel t sich darum, ob wir ver langen sollen, da6 auf jeder Flasche ausdrficklich steht: ,Kiinstl iches Mineralwasser" oder ob wir dem u nachgeben sollen, dag es gleichwertig heigen darf : ,Hergeste l l t in der Mineralwasserfabr ik yon X. in Y.".

V o r s i t z e n d e r : Ich glaube, dag dagegen keine Bedenken bestehen, wenn die Angabe in entsprechender SchriftgrSge gemacht wird. Wtinseht jemand das Wor t dazu? Ieh glaube, dal~ es geniigt, wenn die Angabe in halber GrSge wie die Bezeichnung des Mineralwassers gemacht wird.

Direktor M e y e r - R h e n s : Ich mSchte zu bedenken geben, da6 der Ausdruck Fabr ik hier nicht immer angebracht ist. Ich stehe auf dem Standpunkt der GewerbebehSrden, da$ nicht jedem Kleinbetrieb die Bezeichnung Fabr ik zukommt. Kann man nicht eine andere bessere Bezeichnung finden ?

Dr. Z i n k e i s e n : Ich weig nieht, ob es in unserem Falle r ichtig ist, sich der Ansicht der Gewerbepolizei anzuschliegen. Es kommt vor allem darauf an,.dal~ das Publ ikum weig, was gemeint ist, wenn far Betriebe, die nach Ansicht der Gewerbepolizei nicht die Bezeichnung F a b r i k verdienen, der Ausdruck Fabr ik verwendet wird.

Direktor M e y e r : Von der Handelskammer aus bek/~mpfen wir alle Ausdrticke wie Fabrik, wenn sie nieht den Anforderungen der Gewerbepolizei entsprechen.

Direktor W a r s c h a u e r : In dcr Handelskammer Berlin haben wir dart iber viele Be- sprechungen gehabt. Es wurde, so viel ich mich er innere , gesagt, Fabr ik kann man wohl sagen, nicht aber Werk. Bei der Bezeichnung eines Betriebes als Werk mtigten mindestens 40--50 Leute besch/~ftigt sein. Mineralwasser-Fabr ik kann man wohl sagen bei etwa 10 be- seh~ftigten Leute und motorischer Kraft. Es mfissen einwandfreie R~ume vom Standpunkt der Hygiene vorhanden sein, ferner Einweichvorr ichtungen ftir die Flaschen und die dazu- gehSrigen Spiilmaschinen und Abfii l lvorrichtungen. Die Expedit ion muff durch Pferde bezw. Autos erledigt werden.

Dr. Z i n k e i s e n : Die Bedenken yon Her rn Direktor M e y e r teile ich bis zu einem gewissen Grade, und ich w~re ihm sehr dankbar , wenn er uns einen Ausdruck sagen kSnnte, der das gleiche besagt wie Fab r ik und das Publ ikum aufkl~ren kSnnte, urn was es sich handelt .

Prof. T i l l m a n s: Wi r dtirfen eines nicht aus den Augen verl ieren: Wi r haben gesagt, es mug bezeichnet werden als ktinstliches Mineralwasser, damit das Publ ikum weig, was es bekommt. Jetzt soll die Bezeichnung ,Kfinstliches Mineralwasser" ersetzt werden durch ,,Hergestellt in der Mineralwasserfabr ik yon X in Y". Wenn es aber heigen soil , Ira Betr iebe", dann ist das keine Deklarat ion mehr. Dann miigten wir zuriickgehen auf ,Kfinstliches Mineral- wasser", oder wir mtigten, wie Her r Dr. Z i n k e i s e n sagte, einen Ausdruck finden, der das gleiche bedeutet ; denn eine Anlage for die Gewinnung yon natt ir l ichem Mineralwasser ist auch ein Betrieb.

Dr. S i e b e r : Ich bin der Ansicht, dag es unbedingt heigen mug ,Kiinstl iches Mineral- wasser". Warum otwas anderes sagen, das zur T~uschung geeignet is t? Das Publikum liest die anderen Angaben nieht und denkt nicht darfiber nach.

u o r s i t z en d e r : Das w~re eine Versch~rfung der Bestimmungen, wo wir schon gesagt haben, gleichbedeutend ist die Angabe , H e r g e s t e l l t in der Mineralwasserfabr ik yon X in Y".

Profi T i l l m a n s : Unter I I 3 a heigt es: , Jedes Getriink der vorl iegenden Ar t mul~, sofern es nicht als Selter-, Selters-, Selterser- oder Sodawasser in den Verkehr gebracht wird, ausdriicklieh und ffir den Konsumenten deutlich e rkennbar auf den Etiket ten und allen sonstigen Ankiindigungen als ,K~instliches Mineralwasser ' bezeichnet werden." Statt Kiinstliches Mineral- wasser soll es je tzt heigen dfirfen: ,Hergeste l l t in der Mineralwasserfabr ik yon X in u

Dr. M e r r e s : I m Vor jahre ist die Frage noch zurfickgestellt worden, wie diejenigen W~sser zu behandeln sind, die aus dem Harz stammen und denen lediglich Kohlens~ure zugesetzt ist.

Prof. T i l l m a n s : Das kommt noch unter 4b. Geheimrat K e r p : Da steht nur, da$ diese W~sser weiter so behandel t werden dfirfen,

wenn sie den Zusatz erhal ten: ,Ktinstl iches Mineralwasser". V o r s i t z e n d e r : Generell wollen wir daran festhalten, da$ diese W~sser als kfinstliche

Mineralw/isser bezeichnet werden mtissen. Es fragt sich nur darum, ob wir noch die Kon- zession machen wollen, dag gesagt werden kann: ,Tafelwasser hergestel l t in der Mineral- wasserfabr ik yon X. in Y".

Pres ident J u c k e n a c k : Soll neben ,Tafelwasser" auch noch gesagt werden ,kt inst l ich '~ ? Dr. M e r r e s : Wenn man die Bezeichnung ,Tafelwasser" Init dem Zusatz ,Hergeste l l t

in der Mineralwasserfabr ik X." w/~hlt, dann brauch t das Getr~nk wohl nicht noch ausdriicklich als ,kt inst l ich" bezeichnet zu werden. Wir sind uns im iibrigen im Vor jahr nicht k lar dar-

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fiber geworden, ob es neben nat i i r l ichen und kiinstlichen 5Iineralw/~sser nicht noch eine dri t te Gruppe ,Tafelw/~sser" gibt.

Geheimrat Ker!o: Unter 3a sind mit den Wor ten ,Getr~nke der vorl iegenden Art" die unter 1) und 2) angefiihrten Getr~tnke zu verstehen. Unter 1) und 2) werden Getrgnke der verschiedensten Arten zusammengefafit. Die wirklichea kfinstlichen Mineralwi~sser sind aus desti l l iertem Wasse r oder Mineralwasser unter Zusatz yon Salzen usw. hergestellt . Je tz t werden darunter auch Getr~nke aus Tr inkwasser einbezogen. Es sollen also alle Tafelw~sser als kfinstliches Mineralwasser bezeichnet werden, auch wean ein solches Tafelwasser yon sich aus gar nicht den Anspruch erhebt, als Mineralwasser bezeichnet zu werden. Man kann nur als kfinstliches Mineralwasser bezeichnen, was yon vornherein den Aaspruch erhebt, Mineral- wasser zu sein. Die Ziffer 4b, Abs. 2, ist ja nur eine Ausnahme und soll den Harzer W/issern die Bezeichnung als Sauerbrunnen belassen, wenn sie aoch die Bezeichnung ,kfinst- l iches Mineralwasser" zusetzen. Wenn diese W/~sser den Anspruch erhebea, sich als Brunnen zu bezeichaen, so soll ihnen das Recht hierzu gegeben werden, wean sie den Zusatz ,kfinst- liches Miaeralwasser" anwenden. Wenn W ~ s s e r aber gar nicht den Anspruch erheben, sich als Mineralw~sser oder Brunnen zu bezeichnen, dann gibt das Lebensmittelgesetz keine Hand- habe, dal] sie als ktinstliche Mineralw~sser bezeichnet werden miissen.

Prof. T i 11 m a n s : Die Sachlage ist so : Wir haben eine Definition geschaffen ffir Mineral- w~sser uad gesagt, diese mfissen so und so viel Kohlensgure, Salze usw. enthalten. Wenn sie diese nicht natfirlicherweise enthaltea, dann sind es kiiastliche Mineralwiisser; wenn das nicht der Fall ist, dann gibt es noch eine drit te Sorte yon Mineralwasser. Nun sagt Her r Geheimrat K e r p , die Quellen verlangen gar nicht, dait ihr Wasser Mineralwasser genannt wird. Ich habe aber gestern mir hier eine Flasche Mineralwasser bestell t und bekam ein Wasser , das der dri t ten Sorte entspricht. So wird es ja immer sein; das Publikum verlangt Mineralwasser und bekommt dann derarfiges Wasse r vorgesetzt. Die gauze Sachlage gleicbt dem Fall der Schokolade. Damals bei den Beratuagen im Gesundhei tsamt hat Her r Geheimrat K e r p erkl/irt, dal] bei Erzeugnissen, die aussehen wie Schokolade, auch bei Phantas ienamen Bezeichnuagen, die an Schokolade anklingen, nicht verwendet werden diirfen.

In F rankfu r t haben wir nur reinstes Quell- und Grnndwasser. Es ist ein rein natiir- liches Wasse r , das in den Leitungen fliei~t. Wenn nun jemand Kohlens~ture in solches Lei tungswasser hineinpumpt, die rein natfirlich in der N~he yon Frankfur t gewonnen wird, dann bieibt das Wasser doch ein ktinstliches Mineralwasser, wean auch die verwendeten Be- standteile rein natfirl ichen Ursprungs sind.

Pres ident J u e k e n a c k: Das Lebensmittelgesetz verbiete t in w 4, Abs. 2, nachgemachte Lebensmittel ohne ausreichende Kenntl iehmachung in den Verkehr zu bringen. Wenn jemand nichts nachmacht, dann kann ich nicht verlangen, dal3 seine Ware als nachgemacht bezeichnet wird. Wenn ich reiaes Lei tungswasser mit Kohlenss versetze, dann kaan ich doch nicht gezwungen werden, ,Ktinstl iches Mineralwasser" darauf zu schreiben, well ich kein Mineral- wasser nachmache.

Dr. S i e b e r : Wi r haben aber anch dann ein Mineralwasser vorliegen, wenn es yon Natur aus die entsprechenden Mengen Kohlens~ure besitzt.

Pres ident J u c k e n a ck : Das ist nicht das Charakterist ische. Dr. S i e b e r : Wird einem Leitungswasser noch Kohlens~ure zugesetzt, dann is t es sin

einfacher S~uerling also nachgemachtes Mineralwasser. V o r s i t z e n d e r : W e n n ein Wasser , das kein Mineralwasser ist, als solches bezeichnet

wird, dann ist das doch eine irreffihrende Bezeichnung. Wi r kSnnen meines Erachtens yon der Konsequenz, die wir bei der ersten Beratung gezogen und ftir die Eintei lung benutzt haben, je tzt nicht ablassen. Ich verstehe nicht, warum man die dri t te Kategorie yon Wi~ssern in die Definitionen hineinbringen will.

Dr. H~ihn-Osnabr t i ck : Es gibt nur zwei MSglichkeiten: Entweder werden dem Wasser Salze zugesetzt; damit wird ein Mineralwasser nachgemacht. 0de r es wird Kohlensi~ure zu- gesetzt; damit wird ebenfalls Mineralwasser nachgemacht. Es mtil~te also in Ziffer 3a) heil~en: , Jedes Getr~nk der vorliegenden Ar t . . . . muB als ,kt iast l iches Mineralwasser" oder als ,kfinstl iches kohlensaures Wasser" bezeichnet werden".

Geheimrat K e r p : Wollen Sie ein Wasse r beans tandea , das als ,Trinkwasser , mit Kohlensi~ure ~ersetzt" bezeichnet wird, also eine wahrheitsgemi~$e Angabe triigt?

V o r s i t z e n d e r : Es wird verlangt, dal~ es als ktinstliches Mineralwasser bezeichnet wird. Pres ident J u e k e n a c k: Wi r kSnaen zu einer wahrheitsgem~$en Bezeichnung doeh keine

zus~tzliche Bezeichnung verlangen. Prof. T i l 1 m a n s : Ich mSchte noehmals sagen : Die kiinstlichen Mineralwfi, sser sind j a

auch nichts anderes als Trinkw~tsser, die mit Kohlens~ure versetzt sind, unter Umst~nden noch mit Salzen.

Geheimrat K e r p : Sobald diese Anspruch erheben, zu den Mineralw~ssern gerechnet zu werden, dana ist es berechtigt, dis Bezeichnung ,ktinstl iehes Mineralwasser" zu verlangen sonst nicht.

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Dr. H i i h n : Das Publikum hat den Wunsch, ein kohlens~urehaltiges Wasser zu bekommen. Es gibt nun kohlens/~urehaltige Wasser, die natiirlich sind, und solche, die kiinstlich sind. Wenn jemand nicht den Anspruch erheben will, sein Wasser als ,,Mineralwasser" zu be- zeichnen, dann mug er das ktinstlich mit Kohlsns~ure versetzte Wasser als ,kiinstliches kohlcnsaures Wasser" kennzeichnen.

Dr. F r e s e n i u s : Aus der Praxis m6chte ich ein Beispiel anftihren: Ich denke an ein bestimmtes Wasser, das etwa 0,3 g gel~)ster fester Stoff in t kg enthMt. Man hat d ieses Wasser dann mit Kohlensiture versetzt und wollte es als X-heimer S p r u d e l in den Verkehr bringen. Es wiirde jetzt zu bezeichnen sein , . . . . . X-heimer Quelle mit Kohlens~ure ver- setzt", ktinsfliches Mineralwasser.

Geheimrat K e r p : Es ist ein Unterschied, ob man das Wasser als Sprudel oder Quelle oder als X-Wasssr bezeichnen will.

Dr. F r e s e n i u s : Es ist aber eine Quelle. Geheimrat K e r p : Wenn man es Trinkwasser aus der Quelle X nennt, dann ist nichts

dagegen einzuwenden. Ich wiirde alle Bezeichnungen ablehnen, die den Verdacht erwecken, daft es sich um ein Mineralwasser handelt. Sobald jemand den Anspruch erhebt, ein Wasser zu den Mineralw~ssern zu rechnen, entweder durch die ausdriickliche Bezeichnung Mineral- wasser oder durch eine Bezeichnung, die auf Mineralwasser hindeutet, ist die Deklaration zu verlangen als ,,kfinstliches Mineralwasser". Wenn aber ein Wasser klipp und klar be- zeichnet wird als Trinkwasser mit KoMens~ure, dann wei$ ich nicht, ant Grund welcher gesetzlichen Bestimmung die Bezeichnung ,kiinstliches Mineralwasssr" erzwungen werden kann.

Dr. F r e s e n i u s : Man kann dann bezeichnen als ,X-helmet Wasser mit Kohlansaure versetzt".

Dr. H i i h n : Man diirfte demnach das ~Vasser bezeichnen als kohlensaures Trinkwasser oder kohlensaures Quellwasser. Es gibt nun aber natiirliches kohlensaures Trink- oder Quell- wasser. Das hier aber ist ktinstliches kohlensaures Trink- oder Quellwasser. 'Wer das nicht als ,kiinstlichss Mineralwasser" bezeichnen will, der mfil~te es als ,,ktinstliches kohlensaures Wasser" bszeichnen.

Prof. T i l l m a n s : Ich werde mir darflber ganz klar, daft nach den Ansichten, die Geheimrat K e r p und President J u c k e n a c k vertreten haben, wir drei Sorten yon Mineral- w~ssern bekommen. Ich brauche die 3. Sorte nur zu deklarierea als ,Quellwasser mit Kohlen- s~ure versetzt". Die Sachs liegt aber so, da$, wenn man ein Mineralwasser ~erlangt, vom Kellner ohne Bedsnkcn ein solches kiinstliches Wasser verabreicht wird.

President J u c k e n a ck: Wir kSnnen bier keine Gesetze machen. Wenn wir hier Fest- setzungen treffsn, dann mfissen wir sis auch vor Gericht vertreten, und wir mtissen sagen kSnnen, auf Grund welcher bestehenden Gssetze eine strat]~are Handlung vorliegt.

Dr. H t i h n : Ich verstehe nicht, wie man nur dem, der dem Wasser Salze und Kohlen- s~ure zusetzt, vorschreiben will, da$ er das Wasser als ,,ktinstliches Mineralwasser" bezeichnen soll; wer aber nur Kohlens~ure zusetzt, also ein geringerss Erzeugnis herstellt, dsr soll nicht verpflichtet sein, sein Erzeugnis als ktinstlich zu bezeichnen? Wenn er es nieht ,,kiinst- liches Mineralwasser" nennen will, dann muff er es ,,kiinstliches kohlensaures Wasser" nennen. Das ist es doch ohne Frage. Man hat zwischen diesen beiden Bezeichnungen die Wahl. Da wird man sich wohl sagen: ,kfinstliches kohlensaures Wasser" klingt nicht so gut wie ,,kfinst- lichss Mine ra lwasse r " . .Der Ausdruck ,,k0hlensaures Wasser" ist abet aueh gel~ufig, z .B. dutch die Verordnung, betreffend die tterstellung kohlensaurer Getr~nke.

Prof. T i l l m an s : Ich vermag nicht einzusehen, warum wir den kiinstlichen Mineral- w~ssern nicht die Auflage machen sollen, dal~ sie eine bestimmte Bezeichnung tragen, die jede Verwechslung mit natfirlichen W~ssern ausschlief~t. Wir haben in dsr Beratung im Reichsgesundheitsrat in zahlreichen F~tllen so verfahren. Bei natiirlichen und kiinstlichen Mineralw~ssern liegt doch die Sache so, da~ das natiirliche Wasser, welches kohtens~ure- haltig aus der Erde strSmt, das eigentliche nnd urspri~ngliche Nahrungsmittel ist. Wenn jemand in Trinkwasser oder ein anderes Wasser, welches nicht Mineralwasser ist, Kohlen- s~ure hineinpumpt, dann macht er objektiv ein Nahrungsmittel naeh. Ein nachgemachtes Nahrungsmittel daft aber nur dana in den Verkehr gebracht werden, wenn es ausreichend gekennzeichnet ist. Diese ausreichende Kennzeichnung ist mit der Bezeich~mng ,,Tafelwasser" oder ,Quellwasser mit Kohlens~ure" nicht gegeben. Denn erfahrungsgem~$ werden diese W~sser zum mindesten zu einem sshr groBen Prozentsatz dem Publikum einfach als natfirliche Mineralw~sser verkauft. Wir haben also, um diese Unlauterkeit zu verhindern, das Recht, eine besondere Aufschrift, wie ktinstliches Mineralwasser oder hergestellt in der Mineralwasser- fabrik Yon X in Y zu verlangen, well sie das Publikum eindeutig aufkl~ren soll und mit den anderen Aufschriften diese Erkl~rung nicht eindeutig gegeben ist.

Prof. B e y t h i e n: KSnnten wir nicht vielleicht die fsindlichen Briider einigen, indem wir sagen ,,Trinkwasser mit Kohlens~ure versetzt", alles in gleich gro$er Schrift, grog, klotzig, nichts welter als ,Trinkwasser mit Kohlsns~ure versetzt". Ich will dann sehen, wer das kauft.

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Dr, B e c k e l : Sachlich sind wir uns ja alle einig, glaube ich. Blof die Form soll noch gefunden werden. Es wird vorgeschlagen, zu sagen ,,Trinkwasser mit Kohlensiture versetzt", und da6 diese Bezeichnung, alles in gleicher Schriftgr51~e, zul~ssig sein soll.

Prgsident J u c k e n a c k : Es wird jetzt yon Tafelwasser gesprochen. Meine Herren, sind Sie je auf den Gedanken gekommen, ein SpeiseS1, das nicht reines OlivenS1 war, als nachgemachtes OlivenS1 zu bezeichnen? So ist es doch auch, wenn sie sagen, mit Kohlen- s/~ure versetztes Wasser ist kein Tafelwasser sondern nachgemachtes Mineralwasser. Sie mfil~ten also verlangen, dal~ jedes SpeiseS1, das nicht OlivenS1 ist, als nachgemachtes SpeiseS1 bezeichnet wird.

Prof. T i l l m a n s : SpeiseS1 ist ja yon j eher etwas anderes gewesen als OlivenS]. Oberregierungsrat Dr. F6 r s t e r: Unter HI) ,Gemeinsame Bestimmnngen ffir Mineral-

w/isscr und kiinstliche Mineralw/~sser" steht, da6 diese W/isser auch als Tafelw/~sser bezeichnet werden diirfen.

Geheimrat K e r p : Aber nur neben der anderen Bezeichnung als natfirliche oder kiinst- liche Mineralw/~sser.

Oberregierungsrat Dr. F S r s t e r : Das geht aus der Fassung nicht hervor; es hei6t da nur ,,Nattirliche und kfinstliche Mineralw/~sser, die sich dazu eignen, kSnnen als Tafelw~isser bezeichnet werden".

Dr. H t i h n : Herr Prgsident J u c k e n a c k h/~tte mit seinem Vergleich recht, wenn Erd- nu651 ein ,kiinstliches SpeiseSl" w/~re. Analog wie ein kiinstlich mit Salzen versetztes Wasser zum ,,kiinstlichen Mineralwasser" wird, wfirde ErdnufS1 nur dann zum ,,ktinstlichen SpeiseSl", wenn es kfinstlich mit Speise versetzt wird. Der Vergleich mit dem 01 trifft mithin nicht das, was hier zur Debatte steht.

J. W. G a n s : Nach der Definition auf der ersten Seite ist unter Mineralwasser auch zu verstehen ein Wasser, das nur Kohlensi~ure und nicht auch Salze enth/~It. Wenn ich also einem Wasser Kohlensgure zusetze, wird es ein ktinstliches Mineralwasser, vielleicht nur durch diese falsche Definition.

V o r s i t z e n d e r : 1Yach der Definition ist Mineralwasser ein Wasser, das 250 mg freie Kohlens/~ure enth~lt; also ist ein Wasser, das k ( i n s t l i c h mit Kohlens~ure versetzt wird, ein ktinstliches Mineralwasser.

Geheimrat K e r p : Das ist richtig, aber ich zwinge niemand, ein Wasser, das 250 mg Kohlens/~ure im Liter enth~lt, MineraTwasser zu nennen. Es k a n n Mineralwasser genannt werden, braucht es aber nicht.

V o r s i t z e n d e r : Es i s t abet doch ein ktinstliches 5Iineralwasser. - - Meine Herren! Die Ansichten gehen, wie wir sehen, so welt auseinander, daft ich mir den Vorschlag erlauben mSchte, die ganze Frage yon der Tagesordnung abzusetzen, da ja jetzt die Leits~ttze yon An- fang an bestritten werden.

Prof. T i l l m a n s : Ich glaube, wir miissen die Komission nochmals einberufen und die ganze Sache nochm~ls beraten, nachdem wir jetzt eine dritte Sorte Mineralwi~sser bekommen sollen.

0berregierungsrat M e r r e s : Wir haben diese Frage im Vorjahr angeschnitten und konnten Sie auch nicht entrgtseln.

V o r s i t z e n d e r : Die jetzigen Antr~ge gehen noch viel welter. Oberregierungsrat M e r r e s : Darf ich zu meiner Aufklgrung eine Frage stellen ? Wenn

ich schreibe ,,KSnigsbrunnen oder Klosterbrunnen, kiinstliches Mineralwasser", ist das erlaubt oder im Sinne der Leits~tze verboten?

Prof. T i l l m a n s : Wenn das Wasser frfiher unter dieser Bezeichnung bekannt war, ist der l~ame KSnigsbrunnen oder Klosterbrunnen welter gestattet.

Oberregierungsrat M e r r e s : Eine Regelung in dieser Form diirfte nach dem Leb ensmittel- gesetz schwer mSglich sein.

V o r s i t z e n d e r : Ich beantrage nochmals, die ganze Angelegenheit der 1V[ineralw/~sser abzusetzen.

Dieser Antrag wird einstinlmig angenommen.

V o r s i t z e n d e r : Wir kommen dann zu Punkt 5 der Tagesordnung ,,Leitsi~tze fiir die Beur te i lung der Brausel imonaden und Brause l imonadens i rupe" . Bevor ieh dem Ber ichters ta t ter Herrn Kollegen B e y t h i e n das Wor t gebe, mOchte ich zunhchst bitten um Angabe der Namen der Her ren , die yon der Industr ie anwesend sind. Es sind dies die Her ren : Dr. B a c h - W t i r z b u r g , E. S t e e b - W t i r z b u r g , Di rek to r F u c h s - L t i b e c k ~ Dr. Z i n k e i s e n - H a m b u r g , Di rek tor W a r s c h a n e r - B e r l i n , D i rek to r S t e i g e r w a l d - H e i l b r o n n , B i s c h o f s w e r d e r - t t a m b u r g und y o n d e r T r ~ p p e n = Windsheim.

L. 32. 5