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LESEKOMPENDIUM Grundlagen

LESEKOMPENDIUM - Landesinstitut für Pädagogik … · kompetenz als das Verstehen einer historischen Quelle oder eines literarischen Textes. Als Ergänzungen zu dem nun vorliegenden

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LESEKOMPENDIUM

Grundlagen

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LeseKompendium Gr und l a gen

Leseförderung in der Sekundarstufe I

mit besonderer Akzentuierung des Faches Deutsch

und der Klassenstufen 5 und 6

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FEEDBACKWUNSCH

Das LeseKompendium in seiner nun vorliegenden Fassung hat vor allem den Deutschunter-richt im Blick. Da Texte und das Verstehen von Texten in allen Fächern eine Rolle spielen, sind weitere Publikationen in Planung, die auf der Basis des nun vorliegenden Kompendiums in prägnanter Form fachspezifische Textsorten und Lesestrategien berücksichtigen. Ein Text zu einem physikalischen Phänomen beispielsweise stellt ganz andere Anforderungen an die Lese-kompetenz als das Verstehen einer historischen Quelle oder eines literarischen Textes.

Als Ergänzungen zu dem nun vorliegenden Kompendium sind in Vorbereitung: Lesekompe-tenz in den Fremdsprachen, den mathematisch-naturwissenschaftlichen und den gesellschafts-wissenschaftlichen Fächern sowie zum Thema „Lesekompetenz in der Grundschule“.

Wir würden uns sehr freuen, wenn wir zur Lesbarkeit und Praxistauglichkeit des LeseKompendi-ums Rückmeldungen erhielten. Ferner sind wir für Erfahrungsberichte und Tipps aus der Praxis dankbar.

Kontakt:[email protected]@[email protected]

IMPRESSUM Herausgeber: Landesinstitut für Pädagogik und Medien, 2014Beethovenstraße 2666125 SaarbrückenTel.: 06897/7908-0www.lpm.uni-sb.de

Konzeption und Redaktion: Armin Schmitt, Barbara Kiefer, Barbara Gerdes, Severine TernesMitarbeit: Kerstin BayBeratung: Horst Paul Kuhley und Elisabeth Gessner, Forum Lesen Kassel

Layout: Reiner KusslerTitelfoto: Mechthild Schneider in Zusammenarbeit mit Petra Jung

CC Landesinstitut für Pädagogik und Medien, 2014

Kostenloser Download des Kompendiums unter: www.lpm.uni-sb.de

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INHALTSVERZEICHNIS

1. Ziele des LeseKompendiums - Grundlagen ............................................................................ 8

1.1 Vermittlung grundlegender Informationen und praxisnaher Empfehlungen zur Leseförderung in allen Fächern ............................................................................................... 8

1.2 Leseförderung: Verbesserung der Lesekompetenz und Maßnahmen im Bereich der Leseanimation ........................................................................................................................... 9

1.3 Hinweise für die Förderung von Schüler/inne/n mit besonderen Leseschwächen ................ 10

1.4 Das LeseKompedium als Grundlage für schulinterne Leseförderung und modularisierte Fortbildungskonzepte in allen Fächern ...............................................................................................10

1.5 Zusammenfassung ............................................................................................................................ 10

2. Einführung in den Kompetenzbereich „Lesen – mit Texten und Medien umgehen“ ..............................................................................................................................13

2.1 Betonung der Lesekompetenz in den Bildungsstandards .......................................................... 13

2.2 Lesekompetenz als wichtiger Bestandteil kompetenzorientierter Lehrpläne ......................... 14

2.3 Impulse der Lesedidaktik: Das Mehrebenenmodell des Lesens von Cornelia Rosebrock und Daniel Nix als Orientierungshilfe bei der Unterrichtsplanung und Leseförderung ..... 15

2.4 Lesekompetenz und Lesesozialisation .......................................................................................... 16

3. Der Beitrag eines schulinternen Lesekonzepts zur Schulentwicklung ...................... 17

4. Aspekte der Lesesozialisation und Fördermöglichkeiten ................................................. 19

4.1 Sozialisationsinstanzen: Elternhaus und Schule .......................................................................... 19

4.2 Phasen der Lesesozialisation .......................................................................................................... 19

4.3 Geschlechtsunterschiede: Aspekte einer gender-differenzierten Leseförderung ....... 20

4.4 Lesehäufigkeit .................................................................................................................................. 21

5. Förderung des Textverstehens auf der Prozessebene .............................................. 22

5.1 Förderung der Leseflüssigkeit ......................................................................................................... 22

5.2 Lesestrategien .................................................................................................................................... 29

5.3 Textsorten – Vermittlung von Textsortenwissen als Hilfe zum Textverstehen ..................... 39

6. Leseförderung durch Leseanimation auf der Subjektebene und der sozialen Ebene .......................................................................................................................................43

6.1 Leseanimation im Unterricht aller Fächer .................................................................................... 43

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6.2 Leseanimation auf Schulebene ....................................................................................................... 47

6.3 Literaturtipps zur Leseanimation und Lesemotivation .................................................... 52

7. Überprüfung der Lesekompetenz ...............................................................................................53

7.1 Beobachtungsverfahren ....................................................................................................... 53

7.2 Nicht-standardisierte Tests und Klassenarbeiten .............................................................. 54

7.3 Standardisierte Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

8. Weitere Lesehilfen für Schüler/innen ......................................................................................... 58

8.1 Lesetagebuch ...................................................................................................................................... 58

8.2 Leseportfolio ...................................................................................................................................... 58

8.3 Leselotse – Lesepilot – Lesenavigator (Starter- und Profiset) ................................................... 59

8.4 Herstellung einer Werkzeugkiste mit Lesewerkzeugen .............................................................. 60

8.5 Reziprokes Lesen............................................................................................................................... 60

8.6 Fragebogen Lesegewohnheiten/Leseverhalten ................................................................. 62

9. Kompetenzorientierte Aufgabentypen im Fach Deutsch .................................................. 63

9.1 Lernaufgaben ..................................................................................................................................... 63

9.2 Übungsaufgaben................................................................................................................................ 64

9.3 Testaufgaben ...................................................................................................................................... 64

9.4 Klassenarbeiten ................................................................................................................................. 68

9.5 Prüfungsaufgaben ............................................................................................................................. 68

10. Beispiele für Testaufgaben des IQB im Fach Deutsch (VERA-8) ................................ 70

10.1 Einen kontinuierlichen Sachtext verstehen ................................................................................. 71

10.2 Einen diskontinuierlichen Sachtext verstehen ............................................................................. 77

10.3 Einen literarischen Text verstehen ................................................................................................ 80

11. Prüfungsaufgaben Deutsch im Saarland für den Hauptschulabschluss und den Mittleren Bildungsabschluss ............................................................................ 85

11.1 Hauptschulabschluss: Interpretierendes Schreiben .......................................................86

11.2 Mittlerer Bildungsabschluss: Gestaltendes Schreiben ...................................................88

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12. Unterrichtsarrangements im Fach Deutsch – unter besonderer Berücksichtigung wichtiger Aspekte der Lesekompetenz ............................................... 89

12.1 Unterrichtsreihe zur Überprüfung und Förderung der Lesef lüssigkeit in den Klassenstufen 5/6 ................................................................................................... 89

12.2 Doppelstunde zur Anwendung von Lesestrategien in den Klassenstufen 5/6 ...........92

12.3 Verknüpfung von Lesekompetenz und „intermedialer Kompetenz“ im symmedialen Deutschunterricht am Beispiel von Wolfgang Herrndorfs Roman „Tschick“ in der Klassenstufe 9 .................................................................................... 97

12.4 Wochenplan: Organisation eines Balladenabends in der Schule ..................................103

13. Glossar........................................................................................................................................................104

14. Literatur ..................................................................................................................................................... 117

15. Anhang ...................................................................................................................................................... 122

15.1 Bildungsstandards Deutsch für den Hauptschulabschluss und den Mittleren Schulabschluss – Übersicht ........................................................................................................... 122

15.2 Anforderungsbereiche Deutsch: Wiedergeben, Anwenden, Reflektieren und Beurteilen ....................................................................................................................... 126

15.3 Kompetenzstufenmodel zum Leseverstehen ..................................................................... 129

15.4 Ausgewählter Beobachtungsbogen zur Leseflüssigkeit .................................................... 133

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ZIELE DES LESEKOMPENDIUMS

1. ZIELE DES LeseKompendiums - Grundlagen

1.1 VERMITTLUNG GRUNDLEGENDER INFORMATIONEN UND PRAXISNAHER EMPFEHLUNGEN ZUR LESEFÖRDERUNG IN ALLEN FÄCHERN

Leseförderung als Aufgabe der Unterrichts- und SchulentwicklungDas LeseKompendium - Grundlagen vermittelt in erster Linie erfolgreiche, wissenschaftlich abge-sicherte Fördermöglichkeiten in den Bereichen der Lesekompetenz und der Leseanimation, unter der alle motivierenden Maßnahmen verstanden werden, die eine langfristige positive Einstellung zum Lesen erzeugen sollen. Da die Arbeit mit Texten fester Bestandteil eines jeden Fachunter-richts ist, hat die Leseförderung Relevanz für alle Fächer. Sinnvoll sind längerfristig fächerverbin-dende Förderkonzepte, d. h., Konzepte zur Leseförderung müssen zu einem wichtigen Bestandteil der Schulentwicklung und Schulkultur werden. Das bedeutet auch, dass alle Lehrer/innen über den Leseprozess, die Lesesozialisation und den Aufbau, die Überprüfung und die Förderung von Lesekompetenz informiert sein müssen. Fächerverbindende Absprachen sind erforderlich, damit eine einheitliche Sprachregelung möglich ist und ein entsprechendes Methodenrepertoire entwi-ckelt und im Unterricht vermittelt werden kann.

LeseKompendium - Grundlagen und fachspezifische ErgänzungenDas LeseKompendium - Grundlagen dient als Fundament für fächerverbindende Konzepte der Leseförderung. Es geht davon aus, dass dem Deutschunterricht bei der Vermittlung von Lesekom-petenz eine Schlüsselrolle zukommt, dass aber auch die Lehrer/innen aller anderen Fächer, die mit Texten umgehen, ebenfalls gefordert sind und gemeinsam und mit abgesprochenen Konzepten an der Verbesserung der Schlüsselkompetenz des Textverstehens arbeiten. Dabei müssen sowohl die Gemeinsamkeiten als auch fachspezifische Besonderheiten der verwendeten Textsorten in den Blick genommen werden. Es ist wichtig – das gilt für alle Fächer – eine Sensibilität für die Schwierigkeiten und Besonderheiten der jeweiligen Texte und die entsprechenden Lesestrategien zur selbstständigen Lösung von Verständnisproblemen zu entwickeln. Die Vermittlung eines umfassenden Textsor-tenwissens an die Schüler/innen und die selbstständige Verwendung von Lesestrategien durch die Schüler/innen werden deshalb als wesentliche Bestandteile eines erfolgreichen Unterrichts zur Ver-besserung der Lesekompetenz akzentuiert.

Das LeseKompendium- Grundlagen legt den Schwerpunkt auf die Sekundarstufe I, hier insbe-sondere auf die Klassenstufen 5 und 6, weil gerade für diese Altersgruppen Fördermaßnahmen erforderlich werden, wenn die grundlegende Lesefertigkeit und die Leseflüssigkeit noch nicht aus-reichend entwickelt ist. Es wird sukzessive durch weitere fachspezifische bzw. fachbereichsspezi-fische Publikationen ergänzt, die jeweils fachspezifische Textsorten und passende Lesestrategien in den Blick nehmen. Fachspezifische Erweiterungen für die Grundschule, Mathematik, Fremdspra-chen sowie die naturwissenschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern erscheinen 2014.

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9 INHALTSVERZEICHNIS

ZIELE DES LESEKOMPENDIUMS

1.2 LESEFÖRDERUNG: VERBESSERUNG DER LESEKOMPETENZ UND MASS- NAHMEN IM BEREICH DER LESEANIMATION

Der traditionelle Begriff der Leseförderung, der in erster Linie motivierende Maßnahmen zum Lesen akzentuierte, ist überholt. Wenn in dieser Handreichung der Begriff Leseförderung benutzt wird, ist immer Lesekompetenz (Textverstehen) und Leseanimation gemeint.

Lesekompetenz als Fähigkeit des TextverstehensUnter Lesekompetenz versteht man die Fähigkeit, Texte aller Art – Sachtexte wie literarische Texte – selbstständig zu verstehen. Die Lesekompetenz umfasst die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die in der PISA-Studie oder in den bundesweiten Vergleichsarbeiten (VERA-3 und VERA-8) überprüft werden. In den Bildungsstandards, den saarländischen Kernlehrplänen Deutsch für die Gemein-schaftsschulen und die auslaufenden Gesamtschulen und Erweiterte Realschulen sowie in den kompetenzorientierten Lehrplänen für das Fach Deutsch an Gymnasien sind die erwarteten Kom-petenzen beschrieben. Auch die Lehrpläne anderer Fächer weisen ausdrücklich auf die Bedeutung der Lesekompetenz hin (2.1).

Der dem Kompendium zugrundeliegende Kompetenzbegriff wurde im Kontext der PISA-Studi-en in die internationale Diskussion eingeführt: „Lesekompetenz ist mehr als einfach nur lesen zu können. Unter Lesekompetenz versteht PISA die Fähigkeit, geschriebene Texte unterschiedlicher Art in ihren Aussagen, ihren Absichten und ihrer formalen Struktur zu verstehen und in einen größeren Zusammenhang einordnen zu können, sowie in der Lage zu sein, Texte für verschiedene Zwecke sachgerecht zu nutzen.

Übersicht über das Gesamtkonzept

LeseKompendium Mathemat ik

Textsorten und Lesestrategien

Fachspezifische Ergänzungen

LeseKompendium Fremdsprachen

Textsorten und Lesestrategien

LeseKompendium Natur wissenschaf ten

Textsorten und Lesestrategien

LeseKompendium Gesellschaftswissenschaften

Textsorten und Lesestrategien

LeseKompendium Grundlagen

Schwerpunkte:• allgemeine Grundlagen• Textsorten und Lesestrategien• Klassenstufen 5/6

LeseKompendium

Grundschule

Textsorten und Lesestrategien

LeseKompendium

Sekundarstufe II

Textsorten und Lesestrategien

GRUNDSCHULE SEKUNDARSTUFE I SEKUNDARSTUFE II

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10 INHALTSVERZEICHNIS

ZIELE DES LESEKOMPENDIUMS

Nach diesem Verständnis ist Lesekompetenz nicht nur ein wichtiges Hilfsmittel für das Erreichen persönlicher Ziele, sondern eine Bedingung für die Weiterentwicklung des eigenen Wissens und der eigenen Fähigkeiten – also jeder Art selbstständigen Lernens – und eine Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (Artelt, Baumert, Klieme u. a.: PISA 2000, Zusammenfas-sung zentraler Befunde, 2001, 11).“

Leseanimation: Zum Lesen verführenUnter Leseanimation versteht man heute die klassische Leseförderung, also alle Maßnahmen, die eine motivierende Hinführung zum Lesen, sowohl zu literarischen Texten als auch zu Sachtexten als Ziel haben.

Leseanimation ist insofern nicht nur eine Aufgabe der Deutschlehrer/innen, sondern aller Fach-lehrer/innen. Auch in den gesellschaftswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Fächern können mit motivierenden, altersgerechten Sachbüchern oder thematisch orientierten Leseprojek-ten auf Klassen- und Schulebene Beiträge zur Leseförderung geleistet werden.

1.3 HINWEISE FÜR DIE FÖRDERUNG VON SCHÜLER/INNE/N MIT BESONDEREN LESESCHWÄCHEN

Die vorliegende Handreichung enthält auch Hinweise zur Förderung von Schüler/inne/n mit schwachen Leistungen im sprachlichen Bereich, z. B. Schüler/innen mit Migrationshinter-grund oder Schüler/innen mit Schwächen im sprachlichen Bereich, bei denen keine Lese- oder Rechtschreibstörung (früher: Legasthenie) vorliegt. In diesem Zusammenhang sei hier auf den Praxisleitfaden zu den „Richtlinien zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit beson-deren Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und/oder Rechtschreibens“ (LPM 2012, 2. überarbeitete Auflage 2013) hingewiesen. Der Praxisleitfaden ist auch online verfügbar: http://www.lpm.uni-sb.de.

1.4 DAS LeseKompedium ALS GRUNDLAGE FÜR SCHULINTERNE LESEFÖRDE-RUNG UND MODULARISIERTE FORTBILDUNGSKONZEPTE IN ALLEN FÄCHERN

Auf der Grundlage des LeseKompendiums können Kollegien schulinterne Konzepte zur Leseför-derung entwickeln und Maßnahmen zur Verbesserung der Lesekompetenz beschließen, aber auch curriculare Konzepte der Leseanimation über Jahrgänge hinweg fördern.

Darüber hinaus werden modularisierte Fortbildungskonzepte entwickelt, die einerseits der Quali-fizierung von Expert/inn/en der Leseförderung in allen Schulformen, andererseits der längerfris-tigen Begleitung von Fachkonferenzen bzw. Steuergruppen oder auch ganzen Kollegien dienen.

1.5 ZUSAMMENFASSUNG

Das LeseKompendium - Grundlagen• gibt einen umfassenden Überblick über aktuelle, wissenschaftlich fundierte Ansätze zur Lese- förderung• stellt die Ansätze knapp und übersichtlich dar, so dass sie zur individuellen Unterrichtsvorbe- reitung und zur Schulentwicklung genutzt werden können

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11 INHALTSVERZEICHNIS

ZIELE DES LESEKOMPENDIUMS

• nimmt Bezug auf curriculare Vorgaben • liefert die Basis für fachspezifische Ergänzungen• ist die Grundlage eines passgenauen, modularisierten Fortbildungskonzeptes.

Das LeseKompendium - Grundlagen ist im Kontext eines sprachsensiblen Unterrichts zu sehen, der verstärkt auch von den Fachdidaktiken gefordert wird. Der sprachsensible Unterricht geht von der Gleichzeitigkeit des sprachlichen und fachlichen Lernens aus. Was für die Lesekompetenz gilt, gilt auch gleichzeitig für die Mündlichkeit und das Schreiben.

Die Übersicht auf Seite 12 stellt die zentralen Begriffe und Konzepte des LeseKompendium s in einen strukturellen Zusammenhang. In der Online-Fassung gelangt man durch Aktivierung der entsprechenden Begriffe unmittelbar zu den entsprechenden Kapiteln.

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12 INHALTSVERZEICHNIS

Bi ldungss tandards + Lehrp läne + Lesefor schung

LESEFÖRDERUNGLESEKOMPETENZ LESEANIMATION

LESESOZIALISATION

Überprüfung der LESEKOMPETENZ

(Kapitel 7)

•Unterrichtsarrangements im Fach Deutsch unter be- sonderer Berücksichtigung wichtiger Aspekte der Lese- kompetenz (Kapitel 12)

•Kompetenzorientierte Auf- gabentypen im Fach Deutsch (Kapitel 9) •Testaufgaben (Kapitel 10) •Prüfungsaufgaben Deutsch (Kapitel 11)

Soziale EbeneAnschlusskommunikationFamilie - Schule - Peers - kulturelles Leben

SubjektebeneSelbstkonzept als (Nicht-) Leser/inWissen - Beteiligung - Motivation - Reflexion

Prozessebene• Wort- und Satzidentifikation• lokale Kohärenz• globale Kohärenz• Superstrukturen erkennen• Darstellungsstrategien identifizieren

*

* nach dem Mehrebenenmodell des Lesens von Rosebrock/Nix

LESEANIMATION(Kapitel 6)

TEXTVERSTEHEN (Kapitel 5)5.1 Leseflüssigkeit 5.2 Lesestrategien 5.3 Textsorten

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13 INHALTSVERZEICHNIS

EINFÜHRUNG

2. EINFÜHRUNG IN DEN KOMPETENZBEREICH „LESEN – MIT TEXTEN UND MEDIEN UMGEHEN“

Auch wenn bei der Erstellung des LeseKompendiums - Grundlagen vor allem der Deutschunter-richt in den Blick genommen wurde, so haben die Aussagen dennoch auch grundlegende Bedeu-tung für alle Fachlehrer/innen. Beispielsweise können die hier vorgeschlagene Textsortenübersicht oder die unterschiedlichen Arten von Lesestrategien problemlos übertragen werden. Da in allen Fächern mit Sprache und Texten umgegangen wird, gehört damit die Verantwortlichkeit für die Leseförderung in die Hände aller, auch in die der Schulleitung, indem sie die Entwicklung schul-interner Konzepte der Leseförderung unterstützt.

Orientierung bei der Erstellung des LeseKompendiums waren vor allem die Bildungsstandards, die kompetenzorientierten Lehrpläne Deutsch für die Gemeinschaftsschulen und die Gymnasi-en. Außerdem fanden neue Erkenntnisse der Leseforschung Berücksichtigung. Zentrale Aspekte der einzelnen Bezüge werden im Folgenden kurz erläutert.

2.1 BETONUNG DER LESEKOMPETENZ IN DEN BILDUNGSSTANDARDS

Lesekompetenz als eigenständiger Kompetenzbereich im Fach DeutschAm deutlichsten akzentuieren die Bildungsstandards für das Fach Deutsch die Lesekompetenz als eigenständigen Kompetenzbereich: Sowohl in den Standards für den Mittleren Schulabschluss als auch für den Hauptschulabschluss wird Lesen als Umgang mit schriftlichen Texten und Medien ausdrücklich ausgewiesen (2003/2004 www.kmk.org). Diese Standards sind auch die Grundla-ge der kompetenzorientierten Lehrpläne für die saarländischen Schulen. Ergänzend kamen 2012 die Bildungsstandards im Fach Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife (Beschluss der KMK vom 18. 10. 2012 www.kmk.org) hinzu.

Besondere Berücksichtigung finden in den Standards für den Hauptschulabschluss und den Mitt-leren Bildungsabschluss u. a. folgende Aspekte:• grundlegende Lesefertigkeiten• Lesestrategien• literarische Texte und Sachtexte• kontinuierliche und nicht-kontinuierliche Texte• medial vermittelte Texte • Methoden und Arbeitstechniken.

Eine kurzgefasste übersichtliche Synopse der für alle Bundesländer und Schulformen verbind-lichen Bildungsstandards für den Hauptschulabschluss und den Mittleren Schulabschluss im Kompetenzbereich „Lesen – mit Texten und Medien umgehen“ findet sich im Anhang ( 15.1). Grundlage der Synopse sind die KMK-Bildungsstandards im Fach Deutsch von 2003 bzw. 2004 ( www.kmk.org).

Lesekompetenz als Bestandteil der Bildungsstandards der anderen FächerNicht nur in den Bildungsstandards für das Fach Deutsch wird die Bedeutung der Lesekompetenz hervorgehoben, sondern auch in den Standards für die Fremdsprachen und naturwissenschaft-lichen Fächern. Beispielsweise heißt es in der Einführung zu den Bildungsstandards des Faches

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14 INHALTSVERZEICHNIS

EINFÜHRUNG

Mathematik, dass die Schüler/innen mathematische Kompetenzen „in aktiver Auseinanderset-zung mit vielfältigen mathematischen Inhalten im Mathematikunterricht erwerben sollen. Dazu bearbeiten sie Probleme, Aufgaben und Projekte mit mathematischen Mitteln, lesen und schreiben mathematische Texte, kommunizieren über mathematische Inhalte u. a. m.“ (Bildungsstandards Mathematik, Mittlerer Bildungsabschluss, S. 6). Zu den „allgemeinen mathematischen Kompe-tenzen“ wird unter der Kompetenz (K 6) „Kommunizieren“ u. a. ausgeführt, dass Schüler/innen „Äußerungen von anderen und Texte zu mathematischen Inhalten verstehen und überprüfen“ (S. 11) können. Auch in den „Bildungsstandards Mathematik für die Allgemeine Hochschulrei-fe“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.10.2012) wird entsprechend auf die Teilkom-petenz „Entnehmen von Informationen aus schriftlichen Texten“ hingewiesen. „Das Spektrum reicht von der direkten Informationsentnahme aus Texten des Alltagsgebrauchs … bis hin zum sinnentnehmenden Erfassen fachsprachlicher Texte…“ (S. 20).

Auch in den Bildungsstandards für Chemie, Biologie und Physik werden für den Kompetenzbe-reich Kommunikation jeweils Kompetenzen genannt, die sich auf das verstehende Lesen beziehen: Für Biologie wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass das Fach „einen unterrichtlichen Beitrag zum Ausbau der Sprachkompetenz, vor allem der fachlich basierten Lese- und Mitteilungskom-petenz der Lernenden“ zu leisten hat. Durch die Behandlung „vielfältiger Texte“ und anderer Informationsträger, darunter auch Bilder, Graphiken, Tabellen, Symbole, Formeln, Gleichungen und Graphen, soll die Lese- und Verstehenskompetenz der Schüler/innen erweitert werden. Auch für Chemie, Physik und die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer gilt, dass dem Verstehen von Fachtexten und der sach- und fachbezogenen Erschließung von Informationen aus Texten große Bedeutung beigemessen wird. Vor allem in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern müssen neben den unterschiedlichen Lehrtexten verstärkt auch historische Quellentexte, Bilder, Karten, Informationsgrafiken und hybride Textsorten wie komplexe Bild-Text-Konstrukte berücksichtigt werden.

2.2 LESEKOMPETENZ ALS WICHTIGER BESTANDTEIL KOMPETENZORIEN- TIERTER LEHRPLÄNE

Die Bildungsstandards sind für alle Bundesländer verbindlich. Deshalb wurden sie in den saarlän-dischen Lehrplänen übernommen und konkretisiert ( vgl. Bildungsserver Saarland: http://www.saarland.de/lehrplaene.htm). Das heißt, dass nicht nur in dem Lehrplan für das Fach Deutsch, sondern auch in den kompetenzorientierten Lehrplänen der anderen Fächer die allgemeine Lese-kompetenz und fachspezifische Besonderheiten des Textverstehens betont werden. In den Ergän-zungen zum LeseKompendium - Grundlagen aus der Perspektive der einzelnen Fächer werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Fächern ausführlich dargestellt.

Der Lehrplan für Deutsch, Klassenstufen 5/6, Gymnasien, werden beispielsweise entsprechend den Vorgaben der Bildungsstandards im Kompetenzbereich „Lesen – mit Texten und Medien umgehen“ u. a. folgende Aspekte besonders betont:• Lesestrategien als Instrumente zum Textverstehen• motivierende Lektüren• Aufbau eines positiven Selbstbildes als Leser/in und• Textsortenvielfalt.

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15 INHALTSVERZEICHNIS

EINFÜHRUNG

Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass Schüler/innen, die noch Schwierigkeiten mit den Lesefertigkeiten haben bzw. deren Leseflüssigkeit noch nicht altersgemäß ausgeprägt ist, einer ge-zielten Förderung bedürfen, um überhaupt in der Lage zu sein, Textverstehen zu entwickeln. In diesem Zusammenhang wird auf Lautlese- und Vielleseverfahren hingewiesen.

Auch in dem kurzgefassten synoptischen Kernlehrplan für die saarländische Gemeinschaftsschule (Klassenstufen 5-10) von 2012 werden eingangs Lesetechniken und Lesestrategien betont.

Es handelt sich insgesamt um Aspekte, die auch in diesem LeseKompendium - Grundlagen eine wichtige Rolle spielen. Vor allem den Textsorten und Lesestrategien wird – insbesondere in den Eingangsjahrgängen der Sekundarstufe I – große Bedeutung zugewiesen, was sich auch in deren Akzentuierung in dieser Publikation widerspiegelt.

2.3 IMPULSE DER LESEDIDAKTIK: DAS MEHREBENENMODELL DES LESENS VON CORNELIA ROSEBROCK UND DANIEL NIX ALS ORIENTIERUNGSHILFE BEI DER UNTERRICHTSPLANUNG UND LESEFÖRDERUNG

C. Rosebrock und D. Nix haben in den Grundlagen der Lesedidaktik (Cornelia Rosebrock/Daniel Nix, 2012) ein Lesemodell entwickelt, das eine gute Orientierung sowohl für die pädagogische Di-agnostik als auch die verschiedenen Bereiche der Förderung bietet. Aus diesen Gründen dient das Modell im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs zur Lesekompetenz immer wieder als Referenz.

Es unterscheidet drei Ebenen: die Prozessebene, die Subjektebene und die soziale Ebene (Rose-brock/Nix 2012, 16). Fördermaßnahmen sind auf allen drei Ebenen möglich.

a) Auf der Prozessebene sind folgende (kognitive) Kompetenzen für das Leseverstehen erforderlich:

• Wörter und Sätze identifizieren• lokale und globale Kohärenzen herstellen• Superstrukturen erkennen• Darstellungsstrategien identifizieren.

b) Die Subjektebene betrifft vor allem die Selbsteinschätzung, das Selbstkonzept des Lesers/der Leserin bzw. des Nicht-Lesers/der Nicht-Leserin im Hinblick auf das Lesen. Das Selbstkonzept konstituiert sich aus

• dem Vorwissen • der Beteiligung/Konzentration• der Motivation und• der Reflexionsbereitschaft.

c) Auf der sozialen Ebene sind für die Ausbildung von Leseinteresse von Bedeutung:• die Anschlusskommunikation, also das Sprechen über Texte nach dem Leseprozess• die Lesesozialisation in Familie und Schule• das Leseverhalten innerhalb der Peergroup• der Einfluss des kulturellen Umfeldes.

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16 INHALTSVERZEICHNIS

EINFÜHRUNG

Rosebrock und Nix gehen in ihrer grundlegenden Publikation zur Lesedidaktik nicht nur auf die theoretischen Grundlagen ein, sondern stellen ausführlich auch Methoden der systematischen För-derung vor, die selbst mit noch sehr leseschwachen Schüler/inne/n in der (frühen) Sekundarstufe I durchgeführt werden können. Zur genaueren Information über die verschiedenen Fördermög-lichkeiten und ihre wissenschaftlich überprüfte Wirksamkeit sei die Lektüre der entsprechenden Publikation empfohlen. Die Förderkonzepte sind ausführlich dargestellt. Viele der Fördermöglich-keiten, ergänzt durch weitere Konzepte, sind in das LeseKompendium integriert worden.

2.4 LESEKOMPETENZ UND LESESOZIALISATION

Im folgenden Schaubild sind die beiden Aspekte der Lesekompetenz miteinander in Zusammen-hang gebracht. In Form der Pyramide ist ein Modell der verschiedenen Kompetenzebenen darge-stellt (Rosebrock/Nix, 2012, 11). Sie sind ihrerseits mit der Lesesozialisation verknüpft, in deren Verlauf die Lesekompetenz aufgebaut wird. Dieser verschränkte Prozess von Lesekompetenz und Lesesozialisation ist von wesentlicher Bedeutung. Aspekte der Lesesozialisation werden ausführ-lich im Kapitel 4 dargestellt.

Mehrebenenmodell des Lesens: Rosebrock/Nix 2012, 11

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17 INHALTSVERZEICHNIS

SCHULINTERNES LESEKONZEPT

3. DER BEITRAG EINES SCHULINTERNEN LESEKONZEPTS ZUR SCHULENTWICKLUNG

Ein schulinternes Lesekonzept kann einen wichtigen Beitrag zu einem systematischen unter-richtszentrierten Schulentwicklungsprozess leisten. Dabei werden Lern- und Fachkultur verzahnt, so dass der Aufbau von Lesekompetenz zur Aufgabe eines jeden Faches wird. Anliegen des Kon-zepts ist es, den Unterricht und das eigenverantwortliche Lernen der Schüler/innen zum ultimati-ven Bezugspunkt zu machen. Die verschiedenen Bausteine des Konzepts helfen, die Schüler/innen dazu zu befähigen, Lesestrategien im Umgang mit fachlichen und arbeitstechnischen Anforderun-gen routiniert anzuwenden, ihren eigenen Lernprozess zu überwachen und sich selbst für das Lesen zu motivieren.

Für ein tragfähiges Fundament ist ein Konsens im Kollegium erforderlich, die Verständigung darauf, dass die Steigerung der Lesekompetenz das Entwicklungsziel des gesamten Kollegiums ist. Zudem muss sichergestellt sein, dass es ein unterrichtsnahes Fortbildungsprogramm für die Lehr-kräfte gibt, das die notwendige Methodensicherheit zur Begleitung des Lesekonzepts vermittelt. Darin müssen die in den nachfolgenden Kapiteln ausgeführten Aspekte der Lesefertigkeit, Lese-strategien, Leseanimation, Lesemotivation und deren regelmäßige Überprüfung enthalten sein. Idealerweise ist eine Arbeitsgruppe vorhanden, die sich mit der Gestaltung des Konzepts, der Ko-ordination der Maßnahmen, dem Schaffen von Zeiträumen sowie der Fortbildungsplanung für die Lehrkräfte befasst, Transparenz und die kontinuierliche Pflege erworbener Fähigkeiten gewähr-leistet und das Gesamtkonstrukt mit den schulischen Rahmenbedingungen in Einklang bringt.

Die Auswahl der einzelnen Bestandteile des Lesekonzepts differiert von Schule zu Schule. Das Lesekonzept ist standortspezifisch und sichert so individuellen Spielraum zur Ausgestaltung der Entwicklungsprozesse vor Ort. Dabei ist eine Verzahnung mit den Zielen der Schule und den bereits bestehenden Aktivitäten zu beachten, wie sie z. B. im Leitbild oder im Schulprogramm festgehalten sind.

Ein schulinternes Lesekonzept ist ein Vorhaben, das im Laufe einiger Jahre erst sukzessive wach-sen muss. Als elementare Gelingensbedingungen sind eine gründliche Konzeption und Projekt-planung, klare Verantwortlichkeiten und verbindliche Absprachen zu nennen. Es gilt, sowohl fä-cherverbindend wie auch fachspezifisch in den Jahrgängen zu arbeiten und so ein schulinternes Curriculum in Teams systematisch aufzubauen. Die Fachkonferenz wird dabei als inhaltlich-päd-agogische Konferenz zur Weiterentwicklung der Lesekultur im Fach angesehen. Hat man sich für ein Vorgehen entschieden, ist ein Probelauf in Erwägung zu ziehen, der die Stärken und Hand-lungsfelder des Vorgehens deutlich werden lässt und zeitnah Korrekturen ermöglicht. Bereits in der Planungsphase empfiehlt es sich, bestehende Kooperationen der Schule zu pflegen bzw. auszu-bauen, auf regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit und auf die dauerhafte Einbindung der Elternschaft zu achten.

Auch eine interne Evaluation des Konzepts zu markanten Zeitpunkten ist mitzudenken. Diese kann sowohl Schüler/innen als auch Lehrer/innen als Akteure beleuchten und verschiedene Ein-zelmaßnahmen in den Blick nehmen. Verschiedene Formate sind möglich, z. B. Fragebögen, Do-kumentenanalyse, Kartenabfrage, Evaluationsscheibe, Interviews. Die Ergebnisse der Rückmel-dung werden ausgewertet und eventuelle Optimierungen in das Konzept eingearbeitet. So entsteht

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18 INHALTSVERZEICHNIS

SCHULINTERNES LESEKONZEPT

BEISPIEL EINES SCHULINTERNEN LESEKONZEPTS

9/10Komplexe Lesestrategien

Lesemotivation/Leseanimation7/8

Komplexe LesestrategienLesemotivation/Leseanimation

5/6Diagnose

LeseflüssigkeitEinfache Lesestrategien

Lesemotivation/Leseanimation Verzahnung von Lern- und Fachkultur

Kooperation der Lehrkräftesorgfältige Konzeption und Implementierung

LESEFÖRDERUNG

nach und nach ein tragfähiges Konstrukt, das den Schüler/inne/n die routinierte Anwendung von Lern- und Arbeitstechniken ermöglicht. Die Kolleg/inn/en erfahren sich durch diese Vorgehens-weise als Mitglied einer professionellen Lerngemeinschaft, die als Entlastung empfunden werden kann.

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19 INHALTSVERZEICHNIS

LESESOZIALISATION

4. ASPEKTE DER LESESOZIALISATION UND FÖRDER- MÖGLICHKEITEN

Unter Lesesozialisation versteht man die Lesegeschichte unter Berücksichtigung der individuellen und sozialen Faktoren Geschlecht, soziale Herkunft (Geburtsland, Bildung der Eltern) und Anre-gungen durch Bezugspersonen (Eltern, Pädagogen, Peers).

Die Lesesozialisationsforschung untersucht, durch welche Faktoren sich ein Mensch zum habitu-ellen Leser entwickelt und welche Rückwirkungen das Lesen wiederum auf seine Persönlichkeits-entwicklung hat. Im Folgenden werden einige wichtige Erkenntnisse der Sozialisationsforschung dargestellt, die Relevanz für die Unterrichtspraxis haben (Philipp 2011, 19).

4.1 SOZIALISATIONSINSTANZEN: ELTERNHAUS UND SCHULE

Neben der Schule gilt das Elternhaus als die wichtigste Instanz der Lesesozialisation (Philipp 2011, 101). Bekannt ist, dass sich sowohl das Vorlesen durch die Eltern als auch lesende Geschwister po-sitiv auf das spätere Leseverhalten auswirken (Philipp 2011, 95). Längsschnittstudien zeigen, dass Unterschiede im Leseverstehen, die in der frühen Kindheit in bildungsnahen bzw. bildungsfernen Elternhäusern angelegt werden, später nicht mehr vollständig auszugleichen sind (Philipp 2011, 97). Erschwerend kommt häufig hinzu, dass in sozial schwachen Milieus der Zugang zu Lesestoff wesentlich schwieriger ist.

FOLGERUNGEN FÜR DIE PRAXIS

• Lehrer/innen aller Schulformen dürfen nicht die eigene Lesesozialisation als beispiel- haft für ihre Schüler/innen voraussetzen. • Besonders Schüler/innen aus bildungsfernen Elternhäusern sollten personale Unter- stützung durch Lesepat/inn/en, Lehrer/innen oder Mitschüler/innen erhalten.• Kooperationen zwischen Kinderkrippen, Kindergärten, Schulen und Bibliotheken haben unterstützende Funktion und können von Schulen angeregt werden (6. Leseförde - rung durch Leseanimation).

4.2 PHASEN DER LESESOZIALISATION

Unterschiedliche Altersstufen haben verschiedene Lesemotive, verknüpfen mit dem Lesen jeweils andere Bedürfnisse und haben auch gegenüber Texten unterschiedliche Erwartungen (vgl. Philipp 2011; Rosebrock/Nix 2012).

ALTER MERKMALE

Vorschulalter:Eintritt in die Literalität durch (vor)lesende Vor-bilder

• erster Zugang zu neuen Welten bzw. Erleben der Textwelt (Förderung von Phantasie und Vorstel- lungskraft, Wissenserwerb) über das Vorlesen bzw. Hören von Texten, Betrachten von Bildern • hoher Stellenwert des Beziehungsaspektes, der auch in allen folgenden Altersstufen eine wichtige Rolle spielt; Beziehung als elementarer Kern von Lernen überhaupt

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20 INHALTSVERZEICHNIS

LESESOZIALISATION

• große Bedeutung des Textsettings: Schaffung ei- ner angenehmen Atmosphäre, z. B. Stille, Kon- zentration, Aufmerksamkeit für das Kind, Zu- wendung, altersgemäße Texte

Grundschulalter:zunehmende Lektüreautonomie (eigene Lektüre-wahl, Lesen ohne personale Begleitung) und Ent-deckung des genussvollen Lesens

• bevorzugte Textsorten: zunächst Märchen, phan- tastische Geschichten; später Hinwendung zu re- alitätsnahen Texten • Unterstützung der Kinder in der typischen Viel- lesephase nach dem Erwerb der Lesefähigkeit• hoher Stellenwert der Anschlusskommunikation• Schaffung motivierender Lesesituationen zu Hause und in der Schule• Klärung der Ursachen von Lesedistanz und ge- zielte Förderung „nicht-habitueller Leser/innen“

Pubertät:Motivationskrise und zunehmende Privatisierung des Lesens - stärkere Distanz zum Textgeschehen

• geschlechtsspezifisch unterschiedliche Textvor- lieben, Abkehr von den einfachen wunscherfül- lenden Texten der Kindheit• großer Stellenwert von Texten mit aktuellen, le- bensrelevanten Bezügen • große Bedeutung der Anschlusskommunikation; Schaffung von Räumen (auch außerhalb des Un- terrichts, z. B. in Lesezirkeln, Bücherclubs) zum Sprechen über Texte

FOLGERUNGEN FÜR DIE PRAXIS

• Förderung der Leseflüssigkeit zur Anbahnung der kindlichen Viellesephase• Berücksichtigung der Leseinteressen der Schüler/innen, Mitspracherecht bei der Lektürewahl (z. B. Einsatz eines Fragebogens zu Lesegewohnheiten)• Einführung stiller Lesezeiten mit freier Lektürewahl/Klassenbibliothek• kritischer Umgang mit dem Schulkanon • rezeptions- und produktionsorientierte Methoden neben analytisch-interpretierender För- derung der Rollenübernahme (Empathie), Imagination und Reflexion

4.3 GESCHLECHTSUNTERSCHIEDE: ASPEKTE EINER GENDER-DIFFEREN- ZIERTEN LESEFÖRDERUNG

Viele empirische Untersuchungen aus den letzten Jahrzehnten zeigen langfristig stabile Geschlech-terunterschiede beim Lesen (vgl. Garbe in: Bertschi-Kaufmann 2009, 66 ff):• Mädchen lesen mehr und lieber als Jungen. • Mädchen lesen besonders im anspruchsvollen Bereich des Textverstehens besser als Jungen.• Mädchen bevorzugen fiktionale Genres, Biographien, Ratgeber und psychologische Ge- schichten, während Jungen lieber Fantasy-, Sach- oder Fachbücher, Zeitschriften und Action- Romane lesen.• Mädchen lesen eher empathisch und emotional involviert, Jungen eher distanziert und sachbe- zogen.

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21 INHALTSVERZEICHNIS

LESESOZIALISATION

FOLGERUNGEN FÜR DIE PRAXIS

Die empirischen Befunde legen eine geschlechterdifferenzierte Leseförderung nahe:• Aufbrechen der Feminisierung der primären Sozialisation, damit Lesen nicht von Jungen als speziell weibliche Medienpraxis empfunden wird• Genreerfahrungen der Jugendlichen, v. a. der Jungen nutzen, z. B. narrative PC-Spiele, Sport- und Jugendmagazine (6. Leseförderung durch Leseanimation)• Leseförderung im Medienverbund (Frederking 2010, 515-545)

4.4 LESEHÄUFIGKEIT

Die These „Wer viel liest, liest häufig auch besser“ wurde nicht durchgängig bestätigt, allerdings führen gute Lesefähig- und Lesefertigkeit offenbar zu mehr Leseaktivität und damit zu besserem Textverstehen. Es geht hier nicht so sehr darum, was in der Freizeit gelesen wird, sondern dass überhaupt gelesen wird . Das gilt insbesondere für die Grundschule und die Klassenstufen 5 und 6 (Philipp 2011, 19).

FOLGERUNGEN FÜR DIE PRAXIS

• Förderung vor allem der hierarchieniedrigen Prozesse (z. B. Bedeutung eines Wortes erkennen, Sätze verstehen, Zusammenhänge im Text herstellen), um den sog. „langen Leseatem" (Philipp 2011, 82) zu entwickeln und den Wortschatz zu erweitern (5. Förderung des Textver- stehens)• Steigerung des Lesepensums in der Schule• stärkere Gewichtung der Quantität der Lektüre gegenüber der Qualität

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22 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

5. FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS AUF DER PROZESSEBENE

Nach dem Lesemodell von Rosebrock und Nix sind auf der Prozessebene zahlreiche Kompeten-zen erforderlich, um einen Text selbstständig zu verstehen.

Die Schüler/innen müssen • nicht nur einzelne Wörter erlesen und in ihrer Bedeutung verstehen, sondern auch mehrere Wörter miteinander verknüpfen, d. h. die Bedeutung von Sätzen verstehen• lokale Kohärenzen herstellen, d. h. die semantische Verknüpfung von Wortgruppen vornehmen und in ihrer Bedeutung erfassen• globale Kohärenz herstellen können, d. h. das Thema oder thematische Teilaspekte verstehen• Superstrukturen erkennen, d. h. spezifische Merkmale eines Textes oder einer bestimmten Textsorte erkennen• Darstellungsstrategien erkennen, d. h. Intentionen des Autors bzw. des Textes erfassen, z. B. Ironie, sachliches Berichten.

Häufig haben Schüler/innen in der Klassenstufe 5 und auch noch zu Beginn der Klassenstufe 6 Schwierigkeiten, einzelne Wörter zu dekodieren. Sehr viel Aufmerksamkeit und Energie verwen-den sie noch für das Erlesen der Wörter. Sie haben also nur ansatzweise die Möglichkeit, den Text wirklich zu verstehen, weil sie noch zu sehr mit dem Verstehen einzelner Wörter, Wortgruppen und Sätze beschäftigt sind und noch keinen Blick für das Ganze des Textes haben (globale Kohä-renz).

Auf der Prozessebene gibt es verschiedene erprobte Fördermöglichkeiten zur Leseflüssigkeit ( 5.1) und der Etablierung von Lesestrategien (5.2), worauf in den folgenden Abschnitten eingegangen wird. Im Bereich der Lesestrategien geht es um die Vermittlung eines Repertoires von bewusst ein-gesetzten Werkzeugen, die den Schüler/inne/n im Laufe der Zeit immer mehr dabei helfen, auch komplexere Texte selbstständig zu verstehen. Lesestrategiewissen ist für das Textverständnis von zentraler Bedeutung. Auch in diesem Förderbereich gibt es gute, in ihrer Wirksamkeit überprüfte Methoden und Programme.

5.1 FÖRDERUNG DER LESEFLÜSSIGKEIT

In einem ersten Schritt muss es um die Verbesserung der Leseflüssigkeit (Dekodieren von Wör-tern, Wortgruppen, Sätzen oder Texten) gehen, für die es eine Reihe erprobter Methoden gibt: • Lautlese-Verfahren • Viellese-Verfahren • Hörlese-Verfahren.

5.1.1 LAUTLESE-VERFAHREN

„Lautlese-Verfahren“ umfassen Trainingsformen und -routinen, bei denen durch das laute Lesen und Vorlesen von kurzen Texten oder Textabschnitten vor allem die Lesefähigkeit auf den Ebenen der Worterkennung, der Verbindung von Wortfolgen im Satzzusammenhang und der Herstellung von Relationen zwischen den einzelnen Sätzen verbessert wird.

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23 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

ZIELGRUPPE

Die Lautlese-Verfahren eignen sich für so genannte „disfluente Leser/innen“. Diese können Texte nicht flüssig und sinnkonstituierend (vor)lesen. Sie erlesen viele Wörter noch mühsam, verlesen sich oft und lesen weitgehend ohne sinnvolle Betonung in einer monotonen und stockenden Wort-für-Wort-Lektüre. Oft sind sie damit auch nicht in der Lage, eine sinnvolle Bedeutung des Gelesenen zu konstruieren (Rosebrock/Nix 2012, 28).

Einsatzmöglichkeiten im UnterrichtDamit sich Schüler/innen, die noch nicht flüssig lesen können, neue Buchstaben- und Wortkom-binationen besser einprägen und damit ihren Sichtwortschatz vergrößern, werden im Rahmen der Lautlese-Verfahren Texte immer laut gelesen und die Übungsphasen von einem Lesemodell begleitet, das die Betreuung seines Tutanden übernimmt (Rosebrock, Nix, Rieckmann, Gold 2011, 33).

In der praktischen Umsetzung können die unterschiedlichen Verfahren einerseits dahinge-hend unterschieden werden, wer als Lesevorbild fungiert ( 5.1.3 Hör-Lese-Verfahren) und welche Betreuungsaufgaben (u. a. Dokumentation von Fehlern oder Verbesserung, Gespräche über Gelesenes führen) übernommen werden. Andererseits ist zu unterscheiden, ob die Texte wiederholt oder fortlaufend im Zusammenhang gelesen werden (Rosebrock, Nix, Rieckmann, Gold 2011, 33).

Wirksamkeit der Lautlese-VerfahrenDie Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von Lautleseverfahren sind besonders im angloameri-kanischen Raum seit den 70er Jahren empirisch sehr gut erforscht und bestätigt (Rosebrock, Nix, Rieckmann, Gold 2011, 29). Fortschritte zeigten sich nicht nur im Hinblick auf die Leseflüssigkeit, sondern auch im Bereich des Textverstehens. Dies wiederum wirkt sich auch positiv auf das Leseselbstkonzept der Leser/innen aus (Rosebrock/Nix 2011, 27; 36f; 43f ).

Übersicht über die Lautlese-Verfahren nach Rosebrock, Nix, Rieckmann, Gold 2011, 26-49

METHODE

Paired Reading Prinzipien: • Übernahme der Rolle des Lese-Sportlers (= Tutand) durch schwächere Le- ser/innen bzw. der Rolle des Lese-Trainers (= Tutor/in) durch stärkere Le- ser/innen; Verantwortlichkeit des Trainers/der Trainerin für den Sportler/die Sportlerin und Bereitschaft zur Annahme von Tipps seitens des Tutanden• begleitendes Lautlesen eines fortlaufenden Textes• Selbstkorrektur und Korrektur durch Tutor/in• Hilfe und Lob durch Tutor/in

Textmaterial:• Reader zu verschiedenen Trainingsetappen mit einfacheren Sach- und lite- rarischen Texten mit ansprechenden Themen (eigene Textauswahl)

Durchführung: • Arbeit an gemeinsamem Lesetext durch Tutor/in und Tutand, auf ein Zeichen hin synchrone, halblaute Lektüre durch beide Partner

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24 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

• kurze Selbstkorrekturfrist des Tutanden bei Lesefehlern• Hilfe durch den Tutor/die Tutorin (bei fehlender Selbstkorrektur)• korrekte Wiederholung durch Tutand • Wiederbeginn am Satzanfang

Tipp: • ggf. Aussetzen des Tutors/der Tutorin auf ein Signal hin und Fortsetzung der Lektüre allein durch Tutand

Lautlesetandems(Variante des Paired Reading)

Prinzipien: • wiederholtes Lautlesen• Betonung des Trainingsaspektes / Sportmetaphorik • Übernahme der Rolle des Lese-Sportlers (= Tutand) durch schwächere Le- ser/innen bzw. der Rolle des Lese-Trainers (= Tutor/in) durch stärkere Le- ser/innen; Verantwortlichkeit des Trainers/der Trainerin für den Sportler/die Sportlerin und Bereitschaft zur Annahme von Tipps seitens des Tutanden• Visualisierung der Schritte der Leseroutine durch Poster im Klassenraum• Teilnahme der Tandems an „Lesemeisterschaft“

Textmaterial:• Reader zu verschiedenen Trainingsetappen mit einfacheren Sachtexten und literarischen Texten mit ansprechenden Themen (z. B. Materialien zu Strategietrainings und eigene Textauswahl)

Durchführung: • wiederholtes Lesen einzelner Textabschnitte (ca. 4-mal)• Abhaken durch Tutor/in in einem Kontrollfeld (für jeden Durchgang ein Haken)• Vorlesen vor Lehrperson, dann Übergang zum nächsten Abschnitt

Tipp: • z. B. Stempel für erfolgreiche Bewältigung des Abschnitts• Texte wechseln

Echolesen Prinzip:• wiederholtes Lautlesen eines fortlaufenden Textes• Lesetutor/in fungiert als Lesemodell u. a. bezüglich Aussprache, Lesetem- po, Betonung, Pausen

Textmaterial:• Reader zu verschiedenen Trainingsetappen mit einfacheren Sachtexten und literarischen Texten mit ansprechenden Themen (z. B. Materialien zu Strategietrainings und eigene Textauswahl)

Durchführung:• Tutor/in liest mehrere Sätze vor• Tutand wiederholt diese zeitlich verzögert

Tipp:• als Einzelbaustein mit anderen vorgestellten Methoden kombinieren

Lückenlesen Prinzip:• Lautlesen eines fortlaufenden Textes• Tutor/in fungiert als Lesemodell u. a. bezüglich Aussprache, Lesetempo, Betonung, Pausen• Begleiten der jeweiligen Zeile mit dem Finger durch Tutor/in

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25 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

Textmaterial:• Reader zu verschiedenen Trainingsetappen mit einfacheren Sachtexten und literarischen Texten mit ansprechenden Themen (z. B. Materialien zu Strategietrainings und eigene Textauswahl)

Durchführung:• Leselehrer/in beginnt einen Text vorzulesen, Tutand liest still mit dem Finger mit• Leselehrer/in setzt an bestimmten Textstellen aus und Tutand liest spontan weiter• Leselehrer/in übernimmt nach einiger Zeit wieder das Vorlesen

Tipp:• als Einzelbaustein mit anderen vorgestellten Methoden kombinieren

Chorlesen Prinzip:• wiederholtes Lautlesen• Lehrperson fungiert als Lesemodell

Textmaterial:• selbst gewählte Texte, die einen Refrain und/oder Strophen aufweisen

Durchführung:• Lehrperson liest den Text erst allein in angemessener Geschwindigkeit und mit angemessenem Ausdruck vor• Schüler/innen lesen im Anschluss ansteigend von einzelnen Sätzen über Abschnitte bis hin zum ganzen Text im Chor (Einzelschüler/in, Klein- gruppen oder Plenum)

Tipp:• Variation u. a. in Lautstärke, Ausdruck• Variationen in der Gruppenbildung• als Einzelbaustein mit anderen vorgestellten Methoden kombinieren

Lesetheater Prinzip:• Lautlesen in kreativem Kontext (szenisches Spiel)

Textmaterial: • selbst gewählte Texte der Jugendliteratur

Durchführung: • Umwandlung längerer Texte oder Passagen in einfache, schülergerechte dia - logische Texte (Lese-Scripts)• Wiedergabe der Figurenrede in direkter Rede mit Hilfe der Lese-Scripts • lebendige Darstellung der Figuren beim Vorlesen

Tipp: • Lese-Aufführung u. a. vor der (Parallel-)Klasse, den Eltern, in der Nachbarschule

Erstellen von Hörbuchanthologien

Prinzip:• Einbettung von Trainingseinheiten in handlungs- und produktionsorien- tierten Literaturunterricht• Kombination mehrerer Einzelmethoden

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26 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

Textmaterial:• selbst gewählte kürzere Texte zu einem übergeordneten Thema• von der Klasse gewählte Ganzschrift

Durchführung:• Trainieren der Texte durch die Kombination verschiedener Lautlese-Ver- fahren

Tipp:• Herstellen einer Klassen-CD mit Covergestaltung• Vorführung am Klassen-, Schulfest mit Verkauf für die Klassenkasse

5.1.2 VIELLESE-VERFAHREN

Der Begriff „Viellese-Verfahren“ bezeichnet solche Verfahren, bei denen so genannte „freie Lese-zeiten“ in den Unterricht integriert sind. Das Gelesene ist nicht Gegenstand des Unterrichts und die Lektüre wird von den Schüler/inne/n selbst gewählt (Rosebrock/Nix 2012, 45 ff).

Im Vergleich zu den Lautlese-Verfahren sind die Viellese-Verfahren auf einer höheren Stufe des Mehr- ebenenmodels des Lesens (2.3) anzusiedeln, da sie schon weitgehend eigenständige Leseakte ver-langen (Rosebrock/Nix 2012, 52).

ZIELGRUPPE

In erster Linie sollen diejenigen Schüler/innen von den Viellese-Verfahren profitieren, die in ihrer Freizeit kaum lesen. Dadurch, dass diese Kinder und Jugendlichen im Verlauf des Vielle-sens allmählich eine „habituelle Leserrolle“ annehmen, entwickeln sie ein positives Selbstkon-zept bezüglich des Lesens. Auch die besseren Leser/innen profitieren von diesen Verfahren, indem sie ihre Lesekompetenz weiter ausbauen, neue Bücher und Buchreihen kennen lernen (Rosebrock/Nix 2012, 48) und zudem in den Genuss stiller Lesezeiten innerhalb der Unter-richtszeit kommen.

Einsatzmöglichkeiten im UnterrichtDa Viellese-Verfahren nicht Gegenstand des Unterrichts sind, werden die Texte auch nicht Ge-genstand von Klassenarbeiten. Das Lesen ist damit „Selbstzweck“ (Rosebrock/Nix 2012, 45), gilt allerdings als Pflichtaufgabe innerhalb der dafür vorgesehenen Zeit. Die Schüler/innen wählen ihre Lektüre selbst aus einem Repertoire motivierender Kinder- und Jugendliteratur aus. Hierbei ist die (literarische) Qualität der Bücher zweitrangig. Voraussetzung ist eine adäquate Ausstattung der Schülerbibliothek (6. Leseförderung durch Leseanimation).

Wirksamkeit Die Leseforschung hat durch empirische Studien die Effizienz der Viellese-Verfahren bestätigt (Rosebrock/Nix 2012, 49). Durch Viellesen bauen die Schüler/innen ihr Weltwissen aus und entwickeln Leseausdauer. Zudem revidieren leseschwache Kinder und Jugendliche ihr Selbst-konzept als Lesende, da sie so lernen, Bücher selbst auszuwählen und vor allem Bücher zu Ende zu lesen.

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27 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

METHODENÜBERSICHT

Sustained Silent Reading (SSR)

Prinzipien: • regelmäßige freie Lesezeiten im Unterricht• keine Vorgaben zur Qualität der Texte• keine Aufgabenstellungen, keine Analysen• ungezwungenes Leseklima

Textmaterial: • selbst gewählte Bücher (z. B. von zu Hause)• Texte aus Schulbibliothek / Klassen- und/oder Lesekiste • möglichst große Bandbreite an Textsorten, z. B. Comics, Zeitschriften, Kurzkrimis, Witze• Durchführung:• regelmäßige freie Lektüre innerhalb der Unterrichtszeit• vorgegebenes Zeitkontingent (ca. 20 Min. / 3-4 mal pro Woche) • keine Gespräche während der Lesezeit • Überwachung der Einhaltung der Regeln durch die Lehrperson, Beratung

Tipps:• bei Nichtgefallen Möglichkeit des Lektüreabbruchs• Zehn-Seiten-Chance: Beendigung erst nach 10 „Schnupperseiten“ • Beteiligung der Lehrperson an der Lesezeit mit eigener Lektüre

Lese-Olympiade Prinzipien: • Wettbewerbscharakter• Lektüre möglichst vieler Bücher als Ziel

Textmaterial:• Kinder- und Jugendliteratur eigener Wahl

Durchführung:• häusliche Lektüre von mindestens einem Buch pro Woche• Eintrag der gelesenen Bücher z. B. in Tabelle im Klassenraum• Überprüfung des Textverstehens durch Fragen zum Text oder Buchvorstellung

Tipps: • Überprüfen der Lesegeschwindigkeit in monatlichem Abstand (7. Überprü- fung der Lesekompetenz) • Führen eines individuellen Lesepasses (6. Leseförderung durch Leseani- mation) • Belohnung für das Lesen möglichst vieler Bücher

Kilometer-Lesen Prinzipien: • Synthese aus Leseolympiade und Sustained Silent Reading (SSR)• Wettbewerbscharakter • Lektüre möglichst vieler Buchseiten als Ziel

Durchführung: • 3-mal pro Woche 20 Minuten stille Lesezeit• „Erlesen“ von möglichst vielen Buchmetern durch eine Klasse• Notieren der ungefähren Strecke in Metern (auf dem jeweiligen Buch), die sich durch Aneinanderreihung der Zeilen des Buches ergibt

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28 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

• Abgleich mit den durch andere Klassen der Stufe erlesenen Kilometern

Tipps: • Führen eines Lese-Reise-Passes (6. Leseförderung durch Leseanimation) • Belohnung für die Siegerklasse (Ausflug, u. a. neue Bücher)

Literaturtipp zum Thema „ Förderung auf der Prozessebene“• Rosebrock, C., Nix D., Rieckmann, C., Gold, A.: Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe. Klett Kallmeyer 2011 (mit CD-ROM)

5.1.3 HÖR-LESE-VERFAHREN nach Gailberger 2011: Das Lüneburger Modell

Bei den hier vorgestellten Hör-Lese-Verfahren geht es um eine lesetheoretisch, motivationspsy-chologisch und empirisch fundierte Leseförderung (Gailberger 2011, 11) auf dem Wege des si-multanen Lesens und Hörens von Büchern und Hörbüchern, die Gailberger als einen „Mix aus Laut- und Viellese-Verfahren“ (2011, 74) bezeichnet.

ZIELGRUPPE

Diese Verfahren sind vor allem für schwache Leser/innen der Sekundarstufe I geeignet, die über keine ausreichende Lesekompetenz verfügen, um kürzere oder längere Texte verstehen zu können und sich deshalb nicht ausreichend am Unterrichtsgespräch beteiligen; sie sind außer-dem für Lernende geeignet, die ihre Lesegeschwindigkeit erhöhen müssen, um ihren Lesepro-zess zu automatisieren und auch für diejenigen, die die sinngemäße Betonung beim Vor- und Leiselesen verbessern wollen (Gailberger 2011, 76f).

Einsatzmöglichkeiten im UnterrichtFür eine systematische Leseförderung „von unten nach oben“ (Gailberger 2011, 121) setzt das hier vorgestellte Programm bei den basalen Leseproblemen an, also dem flüssigen Lesen und der Lesemotivation. Leseflüssigkeit, -motivation und Freude am Lesen werden über das simultane Lesen und Hören von Buch oder Hörbuch gefördert. Das Programm versteht sich als Vorprogramm für weitere Modelle, z. B. für die „Textdetektive“ (5. Förderung des Text- verstehens).

„Die volle Leseflüssigkeit gilt in der Sekundarstufe I wie beschrieben erst dann als erreicht, wenn Schüler/innen beim lauten wie beim leisen Lesen alters- bzw. kompetenzadäquater Texte geläufig, automatisiert, ohne größere Verlesungen und mit der Fähigkeit zum ausdrucksstarken (Vor-)Lesen lesen können“ (Gailberger 2011, 1ff, 74).

Wirksamkeit von Hör-Lese-VerfahrenEine empirische Erprobung des sog. „Lüneburger Modells“ hat gezeigt, dass die Leseflüssigkeit von schwach lesenden Schüler/inne/n durch das Lesen mit Hörbüchern in einem Zeitraum von nur drei bis acht Wochen um durchschnittlich zwei Schuljahre gesteigert werden konnte (Gailber-ger 2011, 11). Im Rahmen der Leuphana Sommerakademie „Fit für die Lehrstelle“ konnte nach drei Wochen eine durchschnittliche Steigerung der Lesekompetenz um ein Schuljahr bewirkt wer-den (Gailberger 2011, 12).

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29 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

METHODISCHES VORGEHEN

Prinzipien• Schaffung eines kreativen und motivierenden Kontextes für das Lesetraining durch simul- tanes Lesen und Hören von Text und Hörbuch• kein literatur-, sondern lesedidaktischer Einsatz der Hörbücher• Vorleser/in als kompetentes Lesevorbild (im Hinblick auf Betonung und Geschwin- digkeit)

Textmaterial• Berücksichtigung der inhaltlichen, genre- und geschlechtsspezifischen Vorlieben der Schü- ler/innen • Texte mit spannungs- und handlungsreichem Plot• Bücher mit Identifikationsangebot • sprachlich und stilistisch auch von leseungewohnten Schüler/inne/n zu bewältigende Texte (Gailberger 2011, 47; 78)• Ganzschriften aus der Lebenswirklichkeit der Jugendlichen• Hörbücher ohne szenische Elemente oder dominante musikalische Untermalung • gut verständliche Texte • Berücksichtigung der Qualität der Vortragenden• Beteiligung der Schüler/innen an der Auswahl der Bücher

Durchführung• Dauer: mindestens 6 Wochen mit 4 wöchentlichen Sitzungen à 15 – 20 Minuten• Beginn mit Phasen von 12 – 15 Minuten• Start zunächst evtl. mit zweimaligem Hören und Mitlesen von Textabschnitten• zu Beginn ggf. Vorlesen durch die Lehrperson, falls Hörbuchvorleser/in zu schnell• nach 1-2 Wochen Ausweitung auf Lesephasen von 20 Minuten

Tipps • Einsatz der CD auch für häusliche Arbeitsphasen • keine isolierte Nutzung des Verfahrens, sondern Begleitung durch sozialkommunikative Maßnahmen wie die Unterstützung und Beratung durch die Lehrperson oder kompetente Klassenkamerad/inn/en (Gailberger 2011, 77)

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30 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

5.2 LESESTRATEGIEN

Die Lesestrategien zielen darauf ab, den Schüler/inne/n ein Repertoire an Instrumenten an die Hand zu geben, mit deren Hilfe sie eigenständig Texte erschließen können. Als kompetente Leser/innen entscheiden sie selbstständig über die jeweilige Lesestrategie, die für das Erschließen eines bestimm-ten Textes (z. B. literarischer Text, Sachtext) hilfreich ist. Von einer Strategie spricht man dann, wenn ein Schüler/eine Schülerin ein bestimmtes Instrument bewusst und zielgerichtet anwendet und sein/ihr Vorgehen reflektiert, sich fragt, ob es sinnvoll und zielführend ist oder nicht (Metakogni-tion). Die Lesestrategien sind eine Hilfe zum Gesamtverständnis des Textes (globale Kohärenz). Ihr Aufbau beginnt in der Grundschule und bleibt ein dauerhaftes Thema während der gesamten Schulzeit.

DefinitionEine Lesestrategie ist ein individuelles planvolles Vorgehen, bei dem der Schüler/die Schülerin aus seinem/ihrem Repertoire gezielt mentale Werkzeuge einsetzt, um ein bestimmtes Leseziel zu erreichen (z. B. Informationen aus Texten entnehmen). Lesestrategien können von Schüler/inne/n erst dann nachhaltig und gewinnbringend eingesetzt werden, wenn sie ein Mindestmaß an basalen Lesefertigkeiten (Dekodier- und Rekodierfähigkeit, Leseflüssigkeit, Lesegenauigkeit, Betonung) erworben haben.

Überprüfung der Entwicklung von LesestrategienZu Beginn der Klassenstufe 5 ist es sinnvoll zu überprüfen, welche Lesestrategien die Schüler/innen in der Grundschule erworben haben, daran anzuknüpfen und diese weiter auszubauen. Im Lehrplan der Grundschule spielt die Nutzung von Lesestrategien eine zentrale Rolle. Sie sind in der nachfol-genfolgenden Darstellung des Kompetenzbereiches „Lesen“ besonders hervorgehoben.

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31 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

aus: Kernlehrplan Grundschule 2009, Deutsch, Klassenstufe 4, unter http://www.saar-land.de/dokumente/thema_bildung/KLP_De_GS_Druckversion.pdf

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32 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

Wirksamkeit Einzelne Programme sind mit dem Resultat evaluiert worden, dass sich strategieorientiertes Unter-richten positiv auf die Lesekompetenz der Schüler/innen auswirkt. Zu den erfolgreich überprüften Programmen gehören beispielsweise „Wir werden Textdetektive“ und seine differenzierenden Va-rianten, „Lesen - das Training“, das Reziproke Lesen, die SQ3R-Technik.

VorgehenNach Rosebrock/Nix 2012 vollzieht sich der Aufbau von Lesestrategien in einem Dreischritt:

a. Bewusstmachungsebene – Lesestrategien als Werkzeuge des Textverstehens Zunächst muss die Lehrperson den Schüler/inne/n deutlich machen, dass sie bei jedem Lese- akt planvoll vorgehen müssen. Dazu kann einerseits die Lehrperson selbst auf dem Wege des „lauten Denkens“ ihre eigenen mentalen Tätigkeiten während der Lektüre durch Mit- sprechen für die Lernenden sozusagen erfahrbar - hörbar - machen, andererseits kann sie auch die Schüler/innen selbst nach ihren Herangehensweisen an den Text befragen.

Danach lernen die Schüler/innen eine Auswahl von Lesestrategien kennen, mit denen der individuelle Werkzeugkasten gefüllt werden kann. Dabei orientiert sich die Lehrperson zu- nächst an den schon vorhandenen Kenntnissen der Schüler/innen.

b. Trainingsebene – systematisches Einüben von Lesestrategien Zu Beginn des Trainings sollte man darauf achten, einige wenige Lesestrategien auszu- wählen. Um diese für die Schüler/innen zu visualisieren und präsent zu halten, ist es sinnvoll, sie auf Lernplakaten, Symbolkarten und Ähnlichem festzuhalten. Ziel ist es, die Nutzung von Strategien zu automatisieren.

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33 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

  c. Reflexionsebene – selbstregulierter Umgang mit den selbstgewählten Lesestrategien Auf dieser Ebene müssen die Schüler/innen selbstständig entscheiden, für welche Lesesi- tuationen sich welche Lesestrategien eignen. Dazu ist auch die Nutzung metakognitiver Strategien notwendig, mit denen sie ihren Leseprozess überwachen (Monitoring).

Sowohl für die Trainings- als auch die Reflexionsebene kann man sich zunächst an bereits vorhandenen, teilweise evaluierten Programmen orientieren und in einem weiteren Schritt selbst geeignete Strategien auswählen.

5.2.1 ARTEN VON LESESTRATEGIEN

Neben individuellen Lernprozessen sind im Unterricht natürlich auch gemeinsame Leseprozesse (z. B. Sprechen über Texte und schülerorientierte kooperative Lernformen) zu berücksichtigen. Im Anschluss an Gold 2007, 49ff lassen sich folgende Kategorien von Lesestrategien unterscheiden:

a. ordnen/organisieren/Bedeutungen klärenDarunter versteht man Vorgehensweisen, die darauf abzielen, einen Text zu strukturieren, zu re-duzieren und damit zu verdichten.

Beispiele: • Wortbedeutungen klären: aus dem Kontext, durch Nachschlagen (z. B. Lexika, Fachwörterbü- cher, selbst erstellte Glossare), Recherchieren (z. B. Wikipedia), Nachfragen • Überschriften finden• Schlüsselbegriffe markieren (in Abhängigkeit von der Funktion des Textes und der Fragestellung) • Kernaussagen formulieren • Zusammenfassung schreiben• Fragen zum Text formulieren

b. verknüpfen/elaborierenHierbei geht man über die unmittelbare Textebene hinaus und verknüpft den Text gezielt mit eige-nem Vorwissen, Gefühlen und Meinungen (Rosebrock/Nix 2012, 66).

Beispiele:• Text und Bild verknüpfen• Überschrift und Text verknüpfen • Vorwissen aktivieren• Fragen an den Text stellen, Hypothesen formulieren• den Text weiterschreiben• einen Perspektivwechsel vornehmen

c. wiederholen/paraphrasieren/kommunizierenHier wird durch aktives Wiederholen eine erneute Auseinandersetzung mit dem Text verlangt. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die gewonnenen Informationen vom Kurz- in das Lang-zeitgedächtnis übertragen werden.

Die Strategie der Paraphrasierung lässt sich bei Textverständnisproblemen häufig anwenden. Da-bei ist Paraphrasierung nicht nur in der Form der mündlichen Wiedergabe gemeint, sondern auch in Form einer schriftlichen.

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FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

Beispiele:• mit eigenen Worten mündlich und schriftlich zusammenfassen• Fragen zum Text beantworten• Verständnisprobleme im Gespräch klären• im Tandem Fragen stellen und beantworten (Reziprokes Lesen, S. 37)

d. visualisieren/veranschaulichen/konkretisierenInsbesondere für das Verstehen komplexer und abstrakter Texte ist es hilfreich, Konkretisierungen durch Visualisierungen/Veranschaulichungen vorzunehmen. Graphische Darstellungen, Cluster, Mind-Maps, Diagramme aller Art, kognitive Landkarten oder Illustrationen sind dazu besonders geeignet. Es erscheint daher sinnvoll, Strategien, die der Visualisierung dienen, als gesonderte Kategorie aufzufassen.

In den naturwissenschaftlichen und mathematischen Fächern sind Visualisierungen besonders hilfreich. Der Wechsel von einer Darstellungsform in eine andere (z. B. von der Formel zum Gra-phen oder der Formel zur Tabelle) ist für das Verstehen von mathematischen oder naturwissen-schaftlichen Texten eine Hilfe zum Textverstehen.

Beispiele:• Erstellung von Cluster, Mind-Maps oder „kognitiven Landschaften“• Diagramme aller Art• Zeichnungen und Skizzen zum Text

e. planen/kontrollieren/steuern (Metakognition)Diese Vorgehensweisen regulieren und kontrollieren den Einsatz der ordnenden und elaborieren-den Strategien. Sie sind für das Monitoring, die Überprüfung der Wirksamkeit der jeweils einge-setzten Lesestrategie(n), verantwortlich. Der Einsatz bestimmter Strategien ist abhängig von den jeweiligen Textsorten und individuellen Vorlieben.

Folgende Fragen sind dabei hilfreich: • Welches Leseziel habe ich?• An welchen Stellen im Text habe ich Probleme? • Welche Strategien helfen mir in meiner Situation weiter?• Sind meine Strategien wirklich sinnvoll?

5.2.2 VERMITTLUNG DER LESESTRATEGIEN

1. Formulierung eines fächerverbindenden Konzepts der Leseförderung in allen Fächern,    beispielsweise im Rahmen eines Pädagogischen Tages

Die Implementierung der Lesestrategien kann mit einem Pädagogischen Tag gestartet werden, der das zentrale Ziel hat, die Eckpfeiler eines schulinternen Konzeptes zur Leseförderung in allen Fächern, ins-besondere auch zur Vermittlung der Lesestrategien, zu formulieren. Hinsichtlich der Lesestrategien, die einen wesentlichen Teilaspekt des Gesamtkonzeptes „Leseförderung“ darstellen, ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Fachlehrer/innen ein Bewusstsein für Lesestrategien entwickeln und sich über deren Vermittlung und fachspezifische Verwendung verbindlich verständigt haben (Kapitel 3: Der Beitrag eines schulinternen Lesekonzepts zur Schulentwicklung).

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35 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

Bei der Vermittlung von Lesestrategien in der Sekundarstufe I kann auf deren grundlegende Vermittlung in der Grundschule, insbesondere im Fach Deutsch, aufgebaut werden. Darauf wird insbesondere das Le-seKompendium-Grundschulen eingehen. Wie die Vermittlung bzw. Vertiefung der Lesestrategien zu Be-ginn der Sekundarstufe erfolgt, muss von den Kollegien der einzelnen Schulen festgelegt werden. Die Auf-gabe der Implementierung können eine Steuergruppe, die Klassenlehrer/innen oder auch eine bestimmte Fachgruppe übernehmen. Das müssen nicht unbedingt die Lehrer/innen des Faches Deutsch sein. 2. Vermittlung der Lesestrategien im Rahmen eines Trainingsprogramms oder in einer sukzessiven VorgehensweiseEine Entscheidung muss auch hinsichtlich der Methode der Vermittlung getroffen werden. Grundsätzlich sind zwei Vorgehensweisen möglich. Die systematische Vermittlung im Rahmen eines der Trainingspro-gramme oder die sukzessive Vermittlung entweder in einem bestimmten Fach mit anschließendem Trans-fer in alle Fächer oder zeitgleich in allen Fächern auf der Grundlage eines abgesprochenen Konzeptes.

a. Trainingsprogramme:Es gibt erprobte Trainingsprogramme, die sich zu Beginn der Klassenstufe 5 sehr gut zur systematischen Vermittlung eines Repertoires von Strategien eignen (Kap. 5.2.3: Übersicht über evaluierte Programme zur Vermittlung von Lesestrategien).• Gold, A. u. a.: Wir werden Textdetektive (Klassenstufe 5/6 - Basisprogramm), Vandenhoeck & Ruprecht- Verlag 2006• Rühl, K./Souvignier, E.: Wir werden Lesedetektive (Klassenstufe 5 – gesonderter Lehrgang für schwache Lerner), Vandenhoeck & Ruprecht-Verlag 2006• Trenk-Hinterberger, I./Souvignier, E.: Wir sind Textdetektive (Klassenstufe 7 - Aufbaulehrgang), Van- denhoeck & Ruprecht-Verlag 2006• Bertschi-Kaufmann, A. u. a.: Lesen. Das Training, Stufe I und Stufe II, Klett-Verlag 2010• Kühn, P./Honnef-Becker, I.: Lesen & Verstehen. Lesekompetenztraining für 5/6, 7/8 und 9/10, Donau- wörth, 2008, Auer-Verlag• Menzel, W.: Texte lesen - Texte verstehen, Lesekompetenztraining für 5/6, 7/8 und 9/10, 2003-2006, Westermann-Verlag, Braunschweig

Nach dem Training ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Strategien in allen Fächern beim Um-gang mit Texten Anwendung finden.

b. sukzessive Vermittlung und Erweiterung ausgehend von einem Fach oder in mehreren   Fächern parallelNicht alle Lehrer/innen stehen Trainingsprogrammen positiv gegenüber. Es ist durchaus möglich, Lese-strategien nach und nach ausgehend von entsprechenden Texten allmählich einzuführen und zu ergänzen. Auch hier bedarf es beispielsweise im Rahmen des Pädagogischen Tages präziser Absprachen hinsichtlich der Vorgehensweise.

3. Visualisierung als zentrales Instrument der Implementierung der Lesestrategien in   allen FächernAls relativ einfache Methode, die Lesestrategien in den Unterricht aller Fächer zu integrieren, eignet sich eine auffällige, ansprechend gestaltete Visualisierung der Strategien, beispielsweise durch• ein großes Plakat mit den wichtigsten Strategien• eine Wandzeitung, in der die unterschiedlichen Strategien durch Werkzeuge symbolisiert werden• einen Fächer (vgl. Leselotse), mit dessen Hilfe die Schüler/innen die Lesestrategien, die sie für ihr Text- verstehen benötigen, auswählen und einüben können• eine „Werkzeugkiste“, in der verschiedene Strategien in Form von Karteikarten dargestellt sind, viel- leicht mit einem Kurzporträt, in dem auch die jeweilige Funktion kurz erläutert wird.

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36 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

1. „Wir werden Textdetektive“ (Klassenstufen 5/6) - Basislehrgang (nach Gold 2004, 2007) Ziel Das Lesestrategieprogramm „Wir werden Textdetektive“ (Gold u. a. 2004)

trainiert den eigenverantwortlichen Umgang mit Lesestrategien und die Ver-arbeitung von Textinformationen.

Inhalt des Basislehr-gangs: „Wir werden Textdetektive“

Vermittelt werden sieben Lesestrategien:• organisierende Strategien: Wichtiges unterstreichen, Wichtiges zusam- menfassen• elaborierende Strategien: Überschriften beachten, sich etwas bildlich vorstellen• metakognitive Strategien: Umgang mit Textschwierigkeiten, Verstehen überprüfen, Behalten überprüfen.

Zusätzlich gibt es einen Baustein zur motivationalen Selbstregulation und spielerische Übungen zum Umgang mit eigenen Leistungen.

Umfang 14 Lerneinheiten (ca. 26 Unterrichtsstunden)Materialien Schülerheft mit allen Arbeitsmaterialien, Texten und Merkblättern; Lehrer-

manual mit Kopiervorlagen und FolienDifferenzierung • gesonderter Lehrgang für schwache Lerngruppen: „Wir werden Lese-

detektive“ (Klassenstufe 5) • Aufbaulehrgang „Wir sind Textdetektive“ (Klassenstufe 7)

In der Regel sind der Basis- und Aufbaulehrgang für Schüler/innen der Klas-senstufe 5 gut geeignet. Für sehr schwache Schüler/innen empfiehlt sich der Einsatz der „Lesedetektive“.

5.2.3 ÜBERSICHT ÜBER EVALUIERTE PROGRAMME ZU LESESTRATEGIEN

Solche Visualisierungen haben nicht nur für die Schüler/innen eine erinnernde Funktion, sondern ver-anlassen im Idealfall auch den Fachlehrer/die Fachlehrerin, beim Umgang mit Texten auf Lesestrategien zurückzugreifen, die Schüler/innen zur Anwendung aufzufordern, ohne dass zuvor eine intensive Ausein-andersetzung mit den Lesestrategien stattfinden muss.

Es ist nicht sinnvoll, jüngere Schüler/innen mit dem Begriff der „Lesestrategie“ zu konfrontieren. Eine konkretere Begrifflichkeit ist hilfreich, z. B. Lesehilfe, Textknacker, Leseschlüssel. Vielleicht finden die Schüler/innen eine eigene Bezeichnung oder greifen Begriffe aus der Grundschule auf.

4. Vermittlung der Lesestrategien als Teil eines komplexen Gesamtkonzeptes zur Lese- förderungDie Vermittlung der Lesestrategien ist ein zentraler Aspekt eines schulinternen Förderkonzeptes, muss aber im Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen gesehen werden. Lernstandsüberprüfungen vermitteln Informationen darüber, inwieweit die Schüler/innen schon die Voraussetzungen für komplexe Lesepro-zesse erfüllen. Übungen zur Leseflüssigkeit können auch in den Klassenstufen 5 und 6 noch erforderlich sein. Neben den Lesestrategien kommt auch der Vermittlung von Textsortenwissen und der Arbeit am allgemeinen Wortschatz bzw. am Fachwortschatz große Bedeutung zu. Auch hier sind Visualisierungen zum Beispiel der Textsorten oder die kontinuierliche Arbeit an fachspezifischen Glossaren in allen Fächern hilfreich.

Schließlich sollten auch effiziente Maßnahmen zur Leseanimation Bestandteil des Förderkonzeptes wer-den. Das LeseKompendium macht entsprechende Vorschläge (Kapitel 6: Leseförderung durch Leseani-mation auf der Subjektebene und der sozialen Ebene)

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37 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

2. „Lesen. Das Training - Lesefertigkeiten-Lesegeläufigkeit-Lesestrategien“, Stufe I (Bertschi-Kaufmann u. a. 2007)Ziel Im Programm „Lesen. Das Training“ werden u. a. Lesestrategien vermittelt,

die Lesetätigkeiten vor, während und nach dem Lesen in den Blick nehmen.Inhalt Vermittelt werden sechs Lesestrategien:

• Was erkennst du auf den ersten Blick?• Was weißt du nach dem Überfliegen des Textes?• Was machst du, um alles zu verstehen?• Was ist besonders wichtig?• Wie kannst du den Inhalt zusammenfassen?• Wie war der Text?

Alle Strategien werden in drei Stufen erarbeitet (Einführung, Vertiefung, Transfer). Hierbei wird auf allen Ebenen die Metakognition mitgedacht.

Umfang ca. 35 Unterrichtsstunden, verteilt auf 1 JahrMaterialien 3 Schülerhefte mit Texten, Checklisten und Tipps zu den relevanten Teilbe-

reichen:• Lesefertigkeit • Lesegeläufigkeit • Lesestrategien

Lehrerkommentar mit didaktischen Hinweisen Differenzierung • Basislehrgang (Stufe I): Klassen 5-7

• Aufbaulehrgang (Stufe II): Klassen 7-9

Auch der Aufbaulehrgang trainiert die o. g. Teilbereiche und enthält einen Lehrerkommentar mit didaktischen Hinweisen.

3. Reziprokes Lesen Ein Programm zum allgemeinen Strategieaufbau ist das „Reziproke Lehren“ (Palincsar & Brown, 1984). Einen Teilbereich stellt dabei das „Reziproke Lesen“ dar (Brüning/Saum 2009, 104).Ziel Vier Lesestrategien werden in jeweils drei Schritten (Bewusstmachung, Trai-

ning, Reflexion) erworben. Inhalt Vermittelt werden vier Lesestrategien:

• Zusammenfassen eines Textabschnittes • Fragen zum jeweiligen Textabschnitt stellen • Klären von Wortbedeutungen und unklaren Textstellen• Vorhersagen zum nächsten Textabschnitt treffen.

Besonderheit Diese Strategien werden nicht in Einzelarbeit bearbeitet, sondern in einer ko-operativen Lernform angewendet:Je eine Person nutzt nur eine Strategie. Nach der Bearbeitung eines Textab-schnitts über alle vier Strategien wird die Zuteilung gewechselt ( 8.5).

Differenzierung Eine Differenzierung kann von der Lehrperson dahingehend gestaltet wer-den, dass je eine Schülergruppe zunächst nur eine Strategie gemeinsam an-wendet. Erst in einem weiteren Schritt werden die Strategien innerhalb der Schülergruppen sukzessive angewendet.

Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass in besonders schwachen Lern-gruppen eine Reduktion der Strategien und ein sehr kleinschrittiges Vorgehen mit zahlreichen Wiederholungsphasen zielführend sind.

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38 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

4. SQ3R-Technik Aus dieser Vorgehensweise (Robinson 1948) haben sich Abläufe von – in der Regel – fünf primären Lesestrategien entwickelt: u. a. 5-Schritt-Lesemethode, 5-Gang-Lesetechnik, Textknacker. In der Abfolge automatisiert angewendet ergeben sie eine komplexe Lesestrategie.

Ziel Nach einem vorgegebenen Ablauf werden Einzeltechniken zur Texterschlie-ßung angewendet.

Inhalt Vermittelt werden fünf Lesestrategien:• einen Text überfliegen• Fragen an den Text stellen• einen Text aktiv lesen • den Textinhalt in eigenen Worten wiedergeben • gedankliche Wiederholung der ersten vier Schritte mit dem Ziel des Ge- samtüberblicks.

Materialien Lehrwerke u. a. • „Doppelklick 5“- Sprach- und Lesebuch“, Cornelsen

Didaktik/Methodik u. a.• Praxisbuch „Lernkompetenz – Bausteine Deutsch 5.-10. Schuljahr, Cor- nelsen Scriptor 2003• Müller, F.: Lesetraining. Sinnentnehmendes Lesen in den Klassen 3-6, Beltz 2009

Links u. a.• 5-Schritt-Lesemethode unter

http://www.cornelsen.de/sixcms/media.php/386/603393_sample_s218.pdf• „Der Leselotse“ unter

http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/leselotse.html• „Der Lesenavigator“ unter

http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/lesenavigator.html

( 8. Weitere Lesehilfen für Schüler/innen)

Differenzierung „Der Lesenavigator“ kann als Starter- und Profiset kostenlos im Internet he-runtergeladen werden. Zudem wird die beispielhafte Einführung in einer 7. Klasse gezeigt unter:http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/unterricht/un-terrichtsentwicklung/Lesecurriculum/Lesestratgien/lesenavigator_doku_einfuehrung_120911.pdf, Zugriff am 22.10.2013

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39 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

5.3 TEXTSORTEN – VERMITTLUNG VON TEXTSORTENWISSEN ALS HILFE ZUM TEXTVERSTEHEN (GLOBALE KOHÄRENZ)

5.3.1 TEXTSORTENVIELFALT

Die Vermittlung von Textsortenwissen ist deshalb relevant, weil es den Schüler/inne/n hilft, den Leseprozess mit Hilfe des textsortenspezifischen Vorwissens zu steuern. Text ist allerdings nicht gleich Text. Es ist ein großer Unterschied, ob ein Sachtext, beispielsweise über die Fallgesetze, oder eine historische Quelle, die sehr viel Kontextwissen voraussetzt, oder ein literarischer Text verstanden werden soll. Literarische Texte und Sachtexte unterscheiden sich sowohl im Hinblick auf ihre Funktion als auch ihrer Struktur. Während sich Sachtexte mit der Wirklichkeit auseinandersetzen, indem sie diese er-klären, kommentieren oder beurteilen, entwerfen literarische Texte in der Regel fiktionale Welten. Gleichwohl können natürlich auch in literarischen Texten nicht-fiktionale Elemente vorkommen oder umgekehrt.

Die entscheidenden Größen für die erfolgreiche Auseinandersetzung mit Sachtexten sind die Ak-tivierung von domänenspezifischem Vorwissen und fundierte Kenntnisse über die Struktur der jeweiligen Textsorte. In den naturwissenschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern werden damit u. a. auch komplexe Bild-Text-Kombinationen, hybride Textsorten, die sich aus ver-schiedenen Textarten zusammensetzen, graphische Instruktionstexte, geschichtliche und geogra-phische Karten sowie fachspezifische Formelsprachen in den Blick genommen.

Literarische Texte erfordern eher persönlichkeitsabhängige Kompetenzen wie Offenheit und Neu-gier sowie ein hohes Maß an Toleranz gegenüber Mehrdeutigkeit, Symbolik und den dadurch ent-stehenden Leerstellen im Leseprozess („Zwischen den Zeilen lesen“). Die Textlinguistik hat auf folgende Besonderheiten literarischer Texte hingewiesen:• extreme Verknüpfungsdichte• systematische Unbestimmtheit• Indirektheit• Mehrdeutigkeit • Deutungsoffenheit (Polyvalenz)• Fiktionalität• sprachliche Besonderheiten, z. B. poetische Funktion der Sprache, gattungsspezifische Charakte- ristika (Notwendigkeit von fachspezifischem Vorwissen)• Emotionen als konstitutive Elemente.

Es ist leicht nachzuvollziehen, dass das Verstehen literarischer Texte hohe Anforderungen an die Schüler/innen stellt und spezifische Fähigkeiten voraussetzt. In einem DFG-Projekt um Prof. Dr. Volker Frederking wurde ein Modell der literarischen Verstehenskompetenz entwickelt, als Teil der allgemeinen Lesekompetenz. Aus der empirischen Studie lassen sich erste Ansatzpunkte zu einer gezielten Förderung ableiten (Frederking, V. u. a.‚ Literarästhetische Urteilskompetenz' – Forschungsansatz und Zwischenergebnisse. In: Horst Bayrhuber u. a.: Empirische Fundie-rung in den Fachdidaktiken. Fachdidaktische Forschungen. Band 1. Münster / New York / Mün-chen / Berlin, 2011, 75-94): Die Schüler/innen haben insbesondere Schwierigkeiten mit idiolekta-len Verstehensaufgaben, also Aufgaben, die auf sprachliche Besonderheiten bzw. Abweichungen

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40 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

5.3.2 SACHTEXTE UND LITERARISCHE TEXTE

SACHTEXTE LITERARISCHE TEXTE

Textintention

u. a. • Überzeugung erzielen (Persuasion)• Handlungen bewirken (Instruktion)• Wissen vermitteln (Lehren)

u. a.• Imaginationsfähigkeit fördern• mit kulturellen Gefühlsmustern vertraut machen• moralische Urteilsfähigkeit entwickeln• ästhetische Erfahrungen ermöglichen• Weltwissen vermitteln

Herausforderungen auf der Textebene

u. a. • fehlende Anschaulichkeit• mangelnde Redundanz• Aneinanderreihung von Einzelinformationen • hohe Informationsdichte

u. a.• Mehrdeutigkeit• metaphorische Dichte• ggf. fehlender zeitlicher, kultureller und sprachlicher Bezug• zeitloses Präsens

Herausforderungen für den Leser/die Leserin

u. a.• großes Strategiewissen• domänenspezifisches Vorwissen

u. a. • hohe Unsicherheitstoleranz • Bereitschaft zur Selbstreflexion• Sensibilität für nicht konventionalisierte Sprache

Forderungen an die Lesedidaktik

u. a.• Vermittlung eines erweiterten Strategie- repertoires, da herkömmliche Strategien wie „Wichtiges unterstreichen“ oder „Zu- sammenfassen“ nicht anwendbar sind ( 5. Förderung des Textverstehens)• Vermittlung von domänenspezifischem Vor- wissen• Vermittlung von Wissen über fachrelevante Textsorten

u. a. • Herstellung lokaler und globaler Textkohä- renz über Strategievermittlung• Nutzung von biographischem, literarhistori- schem und historischem Wissen• Vermittlung von Wissen über literarische Textsorten• Sensibilisierung für Zusammenhänge von Inhalt und Form• Entwicklung von Mehrdeutigkeit

• Herstellung der Passung zwischen Interessen der Schüler/innen, den Interessen des Fachs und der Textschwierigkeit

von der Norm eingehen, und mit kontextuellen Verstehensaufgaben. Dabei handelt es sich um Aufgaben, bei denen Schüler/innen externe Informationen - z. B. biographische, gattungsspezifi-sche, historische - auf einen literarischen Text anwenden sollen.

Im Folgenden werden die wesentlichen Unterschiede zwischen Sachtexten und literarischen Tex-ten vorgestellt. Anschließend erfolgt eine Übersicht über häufige Textsorten.

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41 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

5.3.3 TEXTSORTENÜBERSICHT

In der folgenden Übersicht wird versucht, die Textsortenvielfalt in der Schule in eine Ordnung zu bringen. Orientiert ist diese Klassifizierung an Vorschlägen von Rosebrock/Nix 2012, Frederking (Mediendidaktik Deutsch, 2012), der PISA-Studie sowie Vorgaben der Bildungsstandards. Auf-grund der spezifischen Kompetenzanforderungen muss grundsätzlich zwischen Sachtexten und literarischen Texten unterschieden werden. Während literarische Texte vor allem Gegenstand des Deutschunterrichts und der Fremdsprachen sind, spielen Sachtexte in allen Fächern eine wichtige Rolle. In der PISA-Studie wurden neben den kontinuierlichen Sachtexten auch diskontinuierliche Texte in den Blick genommen. Rosebrock/Nix unterscheiden bei den schultypischen Sachtexten zwischen Lehr-, Instruktions- und Persuasionstexten. Ergänzt werden sie durch alltagsrelevante mediale Textsorten, die Jugendliche häufig nutzen, und die typischen journalistischen Textsorten. Beide - mediale und journalistische Textsorten - sind vorwiegend Gegenstand des Deutsch- und Fremdsprachenunterrichts.

Im Hinblick auf die literarischen Textsorten wird hier im Anschluss an Frederking eine Orientie-rung an der jeweiligen medialen Vermittlung vorgeschlagen: primär printmedial vermittelte Texte, audiovisuelle „Texte“ oder auditive „Texte“. Diese Einteilung orientiert sich an einem „symmedia-len Deutschunterricht“ (Frederking 2010), d. h., einen Deutschunterricht, der davon ausgeht, dass Literatur nicht nur durch gedruckte Texte, sondern auch durch Filme, Hörspiele und Hörbücher vermittelt wird.

SACHTEXTE LITERARISCHE TEXTE

1. kontinuierliche Textea) Lehrtexte aus Schulbüchern/Informationstexte (schulbuchspezifische Texte): u. a.

• rein fachliche Informationstexte• Berichte, Beschreibungen• Definitionen, Glossare• Karten, Protokolle, Sachbücher

b) Instruktionstexte (Schulbücher): u. a.• Versuchsanordnungen, Experimente, Aufga- benstellungen, Gebrauchsanleitungen, Koch- rezepte, Bauanleitungen, Ratgeber, Bildkom- mentare

c) Persuasionstexte: u. a.• Werbeanzeigen• politische Kommentare• Reden, Appelle, Plakate

d) typische mediale Textsorten: u. a.• E-Mail, SMS• Chat• Blog • Hypertext

1. primär printmediale Textea) Prosatexte: u. a.

• Erzählungen• Sagen, Legenden• Schwänke• Schilderungen, Beschreibungen• Kurzgeschichten• Fabeln• Comics• Romane, Jugendbücher

b) dramatische Texte: u. a.• Dramen• (Balladen)• Dialoge • „Virtuelles Theater“• Cabaret-Texte

c) lyrische Texte: u. a.• Gedichte aller Art• Raps• Poetry Slams (Verbindung Text und Rezitation)

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42 INHALTSVERZEICHNIS

FÖRDERUNG DES TEXTVERSTEHENS

e) journalistische Textsorten: u. a.• Berichte, Reportagen• Kommentare, Leserbriefe• Interviews, Porträts• Rezensionen, Besprechungen von Musik, Computerspielen, Büchern, Filmen, Mode …

f) Anzeigen aller Art: u. a.• Werbe-, Todes-, Kleinanzeigen

2. diskontinuierliche Textsorten: u. a.• Graphik, Schaubild, Diagramm, Tabelle • Mindmap, Cluster• Formulare aller Art• Notizzettel, z. B. Einkaufszettel, ToDo-Liste• Experiment• Steckbriefe zu chemischen Elementen

3. audiovisuelle Texte• Lehrfilme/Lehrvideos • Simulationen von Prozessen/Verfahren (Trickfilme)• multimodale Textsorten, z. B. Videos mit Texteinblendungen

2. audiovisuelle Texte: u. a.• Literaturverfilmungen• Fernsehfilme, Serien• Comedy• Theaterstücke• Videos , z. B. Verfilmung eines Gedichtes

3. auditive Texte: u. a.• Hörspiel• Hörbuch

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43 INHALTSVERZEICHNIS

LESEANIMATION

6. LESEFÖRDERUNG DURCH LESEANIMATION AUF DER SUBJEKTEBENE UND DER SOZIALEN EBENE

Bezieht sich die Prozessebene auf die Interaktion zwischen Leser/in und Text (nämlich die Erzeugung eines mentalen Modells), so nimmt die Subjektebene den Leser/die Leserin selbst und seine/ihre Haltung in den Blick. Demzufolge geht es auf der Subjektebene darum, bei den Schüler/inne/n eine dauerhaft positive Einstellung zum Lesen zu erzeugen.

Ein solches positives Selbstkonzept als Leser/in umfasst folgende Aspekte:• Motivation zur Auseinandersetzung mit Texten• Interesse an Reflexion und Sprechen über Texte (Haltung)• Bereitschaft, sich auf einen Text längere Zeit zu konzentrieren• innere Beteiligung am Text (sich auf einen Text einlassen, Empathie)• Verfügbarkeit von Vorwissen.

Für die Ausbildung von Leseinteresse spielt die soziale Interaktion eine wichtige Rolle. Leseinter-esse kann beispielsweise erzeugt werden durch• Anschlusskommunikation• Lesesozialisation in Familie, Kindergarten, Schule und Kita• Lesegewohnheiten innerhalb der Peer-Group• sozio-kulturelles Umfeld.

Um auf der Subjektebene und der sozialen Ebene positive Effekte auf die Entwicklung der Lesekompetenz zu haben, gibt es eine ganze Reihe erprobter Verfahren, die teilweise der tradi-tionellen Leseförderung entnommen sind. Diese wird heute gleichgesetzt mit dem Begriff der Leseanimation, die auf die Entwicklung einer positiven Einstellung gegenüber dem Lesen ab-zielt. Der aktuelle Begriff der Leseförderung, wie er auch diesem Kompendium zugrunde liegt, umfasst Leseanimation und die Entwicklung von Lesekompetenz gleichermaßen.

6.1 LESEANIMATION IM UNTERRICHT ALLER FÄCHER

Diese Verfahren umfassen sowohl solche, die auf der sozialen Ebene den erfahrungs- und lebens-weltbezogenen Austausch über Gelesenes und zu Lesendes (Rosebrock/Nix 2012, 93) ermög-lichen, als auch diejenigen, die auf der Subjektebene eine eher individuelle Auseinandersetzung mit Texten verlangen. Dass Lesen auch immer mit Genuss und Freude zu tun hat, sollte bei allen Projekten eine Rolle spielen. Auch das Atmosphärische, der Kontext, in dem die Rezeption von Literatur und Sachbüchern stattfindet, sollte Berücksichtigung finden. Lesemotivierend sind nur Situationen, die angst- und stressfrei sind.

BÜCHERKISTEN IM KLASSENRAUM/KLASSENBIBLIOTHEKEN MIT LESEECKE

Bücherkisten Kommunale Bibliotheken stellen oft Bücherkisten zusammen, weshalb eine Kooperation der Schulen mit den lokalen Bibliotheken von der jeweiligen Schulleitung angestrebt werden sollte. Bücherkisten können thematisch bestückt werden und sollten Bücher mit unterschiedlichem

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LESEANIMATION

Schwierigkeitsgrad enthalten. Auch geschlechtsspezifische Vorlieben von Jungen und Mäd-chen können Berücksichtigung finden. Die Kooperation mit einer kommunalen Bibliothek hat auch den Vorteil, das Bücherangebot zu variieren und aktuelle Themen und Interessen zu berücksichtigen.

Die Funktion der Bücherkisten besteht darin, den Schüler/inne/n• den Weg zum Buch so einfach wie möglich zu gestalten• motivierende ergänzende Literatur zu aktuellen Themen anzubieten• Informationsmaterial für Arbeitsaufträge zur Verfügung zu stellen• Bücher für Freie Lesezeiten im Unterricht zu liefern ( 5.1.2 Viellese-Verfahren)• Bücher zum Ausleihen für die Lektüre außerhalb der Schule vorzustellen.

Klassenbibliotheken/LeseeckeEine Alternative zur Lesekiste bildet die Klassenbibliothek. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass sie mit schülernahen und aktuellen Büchern bestückt ist. Kontraproduktiv sind Klassenbibliotheken mit Ladenhütern oder von den Schüler/inne/n mitgebrachten Büchern, die nicht mehr dem Lesealter entsprechen. Eine Bibliothek braucht ständige Pflege. Bücher müssen aussortiert, neue Bücher einsortiert und erfasst werden.

Eine Klassenbibliothek sollte von den Schüler/inne/n selbst verwaltet werden, d. h. sie planen selbst zusammen mit der Lehrerin/dem Lehrer in einem vorgegebenen finanziellen Rahmen den Einkauf von Büchern, erfassen die Neuanschaffungen, organisieren und kontrollieren den Verleih. Auch Hörspiele, Literaturfilme, Hörbücher und CDs gehören in eine Klassenbiblio-thek. Wenn der Klassenraum ausreichend Platz bietet, kann eine Leseecke eingerichtet werden.

BUCHVORSTELLUNGEN

Regelmäßig können in allen Klassenstufen - nicht nur im Deutschunterricht - Bücher vorge-stellt werden. Beispielsweise „rezensieren“ die Schüler/innen eigene Lieblingsbücher. Auch erzählen die Lehrkräfte von ihren aktuellen Leseerfahrungen und wirken dadurch als Lesevor-bilder, vor allem in jüngeren Klassen.

Die Klassen sollten durch diese Buchvorstellungen Anregungen für die eigene Lektüre erhal-ten und auf Neuerscheinungen im Bereich der Kinder- und Jugendbuchliteratur hingewiesen werden. Die vorgeschlagenen Bücher sollten auch visualisiert werden, beispielsweise als Poster: Buch des Monats! Unsere Bücherliste!

Auf der Webseite der Schule könnten regelmäßig jahrgangsbezogene Buchvorstellungen, die die Schüler/innen selbst schreiben, veröffentlicht werden.

Empfehlungslisten zur Kinder- und Jugendliteratur im Internet, z. B.• www.leseforum.bayern.de• www.bildungsserver.de/kinder-und-jugendbuchempfehlungen• Kinder- und Jugendbuchliste des Saarländischen Rundfunks (SR)

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LESEANIMATION

ZUHÖREN STATT LESEN: EINSATZ VON HÖRBÜCHERN

Vor allem für leseschwache Schüler/innen sind im Unterricht vorgelesene Texte oder Hörbü-cher motivationsfördernd, weil sie das Erleben von Literatur unmittelbar zulassen, ohne dass die Schüler/innen an technischen Leseproblemen scheitern.

Zu vielen Jugendbüchern gibt es entsprechende Hörbücher. Anregungen geben die entspre-chenden didaktischen Zeitschriften für den Deutschunterricht, die Hörbuchverlage oder das Internet.

Hörbuchverlage Praxis Deutsch, Heft 199, Vorlesen und Vortragen

FÜHRUNG EINES LESETAGEBUCHS / HERSTELLUNG EINER LESEKISTE ODER EINER LESEROLLE

Die Verfahren dienen dazu, Leseprozesse auf kreative und spielerische Weise zu initiieren und im Unterricht für die Anschlusskommunikation, das Sprechen über die vorgestellten Texte, zu nutzen:

Lesekiste: In einer Kiste, beispielsweise einem Schuhkarton, wird eine Leselandschaft insze-niert, indem für den Text aussagekräftige Gegenstände, aber auch Bilder, Figuren oder Zitate genutzt werden. Die Kisten erfordern eine Auseinandersetzung mit zentralen Aspekten des Textes, sind eine kreative Herausforderung und bieten bei der Präsentation Anlass, über den gelesenen Text zu sprechen ( Knobloch 2001, Tillmanns 2003).

Leserolle: Figuren, Zitate, Bilder, Notizen, Eindrücke zu dem Gelesenen werden auf aneinan-der geklebten Blättern dargestellt und auf einen Holzstab gewickelt.

Lesetagebuch: Im Lesetagebuch werden nach einem vorgegebenen Muster u. a. individuelle Leseerfahrungen, Assoziationen, eigene Ideen oder auch Probleme beim Leseprozess notiert ( Ingrid Hintz: Das Lesetagebuch, Baltmannsweiler 2005).

HITLISTEN / BESTSELLERLISTEN ERSTELLEN

Die Bestsellerlisten haben als Basis die von den Schüler/inne/n vorgestellten Lieblingsbücher, integrieren allerdings nach der Buchvorstellung die Bewertung der Schüler/innen und führen so zu einer "Hitliste" („Bücher des Monats“, „Autor/in des Monats“, „Unsere Lieblingsbü-cher“), die in Form eines Plakates in der Klasse aufgehängt und regelmäßig erneuert wird.

• Arbeitskreis für Jugendliteratur e.V. : www.jugendliteratur.org• Institut für Jugendliteratur: www.jugendliteratur.net

Eine Übersicht über die verschiedenen Empfehlungslisten findet man auch auf der Web-seite der LPM-Bibliothek: www.lpm.uni-sb.de/typo3/index.php?id=lesezeichen, Zugriff am 22.10.2013.

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LESEANIMATION

LESEANIMIERENDE VERFAHREN DES HANDLUNGS- UND PRODUKTIONSORIENTIER-TEN LITERATURUNTERRICHTS EINSETZEN

Beispiele leseanimierender Verfahren:• Briefe an Figuren schreiben• Rollenbiographien schreiben• Weiterschreiben von Texten• Transformation in andere Textsorten: z. B. eine Schlüsselszene in ein Drehbuch umsetzen oder in eine dramatische Handlung überführen• Transformation in ein anderes Medium, z. B. ein Gedicht in ein Video umsetzen

REZITATIONEN

Schüler/innen der Klassenstufen 5 und 6 haben viel Sinn für Sprachspiele. Dieses Interesse kann in kleinen literarischen Aufführungen genutzt werden, in denen es nicht nur um Rezita-tionen im klassischen Sinn geht, sondern auch um szenische Umsetzungen beispielsweise von einfachen Texten von Ernst Jandl oder von Gedichten zu Themen, die von den Schüler/inne/n selbst bestimmt werden ( Szenisches Spiel, Darstellendes Spiel).

Die Rezitation kann im Rahmen des Unterrichts oder einer Schulveranstaltung stattfinden. Die Texte können an Projekttagen selbst zusammengestellt werden. Auch die Organisation der Ver-anstaltung kann von den Schüler/inne/n selbst übernommen werden. Sie setzen sich nicht nur mit Texten auseinander, sondern entwickeln auch durch die gemeinsame Vorbereitung soziale Kompetenzen. Sie machen die Veranstaltung zur eigenen Sache, übernehmen Verantwortung für das Gelingen und entwickeln in einer Anwendungssituation auch andere Kompetenzen.

Literaturhinweis: Wittmann/Koch-Wittmann: Rezitations-AG und literarische Abendver- anstaltungen bereichern das literarische Leben in der Schule, in: Deutschunterricht 4-2011, S. 45 (www.d-unterricht.de) Hillegeist, K.: Gestaltendes Sprechen. Hohengehren 2010

LITERATURVERFILMUNGEN

Filme können eine leseanimierende Wirkung haben, vor allem, wenn sie sich auf literarische Vor-lagen beziehen. Beispielsweise gibt es zu den antiken Sagen, die in Klassenstufe 6 gelesen werden, auch interessante Verfilmungen (z. B. Odyssee). Zwei grundsätzliche Vorgehensweisen sind möglich:1. Zu einem Film wird die literarische Vorlage präsentiert.2. Die Lektüre wird durch eine Verfilmung ergänzt, wobei die unterschiedlichen Vorgehens- weisen verglichen werden können.

Anregungen: Abraham 2002 und 2009; Heinke & Jahn 2007

Internetseiten: u. a. • www.kinderfilmfindmaschine.de• www.stiftunglesen.de• www.filmothek-nrw.de

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LESEANIMATION

BÜCHER IM UNTERRICHT VORLESEN

In der Lesesozialisation spielt das Vorlesen eine zentrale Rolle, auch vor dem Schuleintritt: Die Kinder werden mit Erzählstoffen und -strukturen und situationsabstrakter Sprache vertraut. Noch in den ersten Jahrgängen der Sekundarstufe I ist lautes Vorlesen motivationsfördernd. Wohlgemerkt, es geht nicht um Reihum-Lesen, sondern um eine gemeinsame Lektüreerfah-rung, um ein Leseerlebnis.

• Vorlesen eines Textes in Fortsetzungen in bestimmten Stunden/an festgelegten Wochenta- gen• Schüler/innen tragen Textpassagen vor, nachdem sie den Vortrag systematisch geübt haben.

6.2 LESEANIMATION AUF SCHULEBENE

EINRICHTUNG VON SCHÜLERBIBLIOTHEKEN / ZUSAMMENARBEIT MIT ÖFFENTLICHEN BIBLIOTHEKEN

Die Einrichtung einer modernen Schülerbibliothek, die neben aktueller Kinder- und Jugend-buchliteratur und Fachbüchern zu Unterrichtsthemen auch auditive und audiovisuelle Medien berücksichtigt, gehört zu den Aufgaben einer jeden Schule. Da viele Schüler/innen aus lese-fernen Familien kommen, müssen die Schulen gezielt Defizite kompensieren. Wichtig ist auch, in den Bibliotheken durch eine entsprechende Möblierung eine angenehme Leseatmosphäre zu schaffen. Auch Tische für Arbeitsgruppen und Computerarbeitsplätze, beispielsweise zur Beschaffung von Informationen und Durchführung von Recherchen, sollten vorhanden sein.

Die moderne Schülerbibliothek verfolgt mehrere Ziele:1. Den Schüler/inne/n sollen aktuelle Medien zur Ausleihe und individuellen Lektüre angeboten werden.2. Sie bietet Rückzugsmöglichkeiten für Schüler/innen, die in Pausen oder am Nachmittag lesen wollen.3. Sie stellt Materialien bereit, so dass eine Verbindung mit dem Fachunterricht bzw. fächerver- bindenden Projekten möglich wird.

FÜHREN EINES LESEPASSES

Um zum Viellesen anzuregen ( 5.1.2 Viellese-Verfahren) ist das Führen eines Lesepasses hilfreich. Die Schüler/innen tragen in dem attraktiv gestalteten Lesepass ihre gelesenen Bü-cher ein. Ergänzt werden kann, je nach Klassenstufe, der Eintrag durch eine kurze schriftliche Bewertung (Was mir besonders gut gefallen, was mir nicht gefallen hat: …) oder nur durch eine einfache Benotung des Buchs, des Hörbuchs, des Films oder Hörspiels. Es muss natürlich überprüfbar sein, dass das Buch tatsächlich gelesen wurde, beispielsweise durch die Beantwor-tung entsprechender Fragen.

Beim Lesepass kommt hinzu, dass die Schüler/innen in einen Wettbewerb eintreten und sig-nifikant mehr lesen ( Bamberger: Leseolympiade. 2000).

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LESEANIMATION

4. Sie berücksichtigt nicht nur die Printmedien, sondern auch die auditiven und audiovisuellen Medien.5. Sie ermöglicht Partizipation: Die Schüler/innen werden beteiligt, beispielsweise bei der Auswahl der Bücher oder in der Ausleihe.

Damit die Bibliothek zu einem schulischen Informations- und Lesezentrum werden kann, muss sie entsprechend personalisiert sein. Hinsichtlich der Organisation, der systematischen Erfassung des Buchbestandes und der Gewährleistung der permanenten Zuständigkeit bieten folgende Einrich-tungen Hilfe:

Systematische Bestandserfassung Hier helfen die lokalen Stadtbibliotheken oder auch das Ministerium für Bildung und Kultur. Das Referat Leseförderung bietet den Schulen kostenlos ein Bibliotheksprogramm an und berät bei der Umsetzung: http://www.saarland.de/bibliotheken.htm.

Personalisierung/Aufsicht Das Problem der Öffnungszeiten kann durch externe Kräfte, die in Zusammenarbeit mit den Arbeitsagenturen gewonnen werden, gelöst werden. Viele Schulen integrieren Schülergruppen sowohl bei der Auswahl der anzuschaffenden Medien als auch bei der Administration und der Ausleihe. Dadurch wird die Schülerbibliothek zur eigenen Sache der Schüler/innen und stärkt ihre Verantwortung.

Kontakt und Beratung• Ministerium für Bildung und Kultur - Leseförderung, Jörg Sämann: 0681 501-7458• Netzwerk MEHR LESEN: www.saarland.de/14554.htm • www.bildungsserver.de/lesefoerderung-im-saarland-3957.html• Bibliothekenverband: www.saarland.de/bibliotheken• Listen mit aktueller und preisgekrönter Kinder- und Jugendliteratur: www.lpm.uni-sb.de/ typo3/index.php?id=lesezeichen

Best PracticeDas Ministerium für Bildung und Kultur hat in den letzten Jahren mehrfach Schülerbibliothe-ken im Rahmen eines Wettbewerbes ausgezeichnet. Preisträger waren bisher • die Gemeinschaftsschule/Gesamtschule Orscholz: Schreib- und Lesezentrum• das Hochwaldgymnasium Wadern: Mediothek• die Gemeinschaftsschule/Gesamtschule Neunkirchen: Schülerbibliothek, Kooperation mit der Stadtbibliothek Neunkirchen, Integration von Schüler/inne/n im Rahmen von Arbeitsgruppen

LESUNGEN INNERHALB VON SCHULVERANSTALTUNGEN: LESENÄCHTE, LESEABENDE

Bei Veranstaltungen wie Lesenächten oder Leseabenden steht das positive Gemeinschaftserleb-nis zum Lesen und Hören im Vordergrund. Sie haben vor allem bei jüngeren Schüler/inne/n motivierende Wirkung, sind aber im Hinblick auf ihre Vorbereitung sehr arbeits- und zeitin-tensiv.

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LESEANIMATION

VORLESEWETTBEWERB DES DEUTSCHEN BUCHHANDELS UND DAS PROJEKT LESENDE SCHULE

„Wer liest am besten vor?" ist ein Projekt in der Klassenstufe 6. Ausrichter ist der Börsenver-ein des deutschen Buchhandels. Um einen besonderen Anreiz zu bieten, werden im Saarland Schulen, die mit allen Schüler/inne/n der Klassenstufe 6 an diesem Wettbewerb teilnehmen, vom Ministerium für Bildung und Kultur mit dem Titel „Lesende Schule" ausgezeichnet. Sie erhalten attraktive Plaketten, die die Schulgebäude schmücken und Besucher/inne/n signali-sieren: „In dieser Schule wird Lesefreude gestärkt."

Wettbewerbe sollten allerdings nicht überschätzt werden. Sie zeichnen nur die besten Le-ser/innen aus und demotivieren unter Umständen auch Schüler/innen, die noch kein ha-bituelles Selbstkonzept als Leser/in entwickelt haben.

AUTORENBEGEGNUNGEN

Der Friedrich-Bödecker-Kreis organisiert für alle Schulformen und Klassenstufen Autorenle-sungen. Mit dem Programm "Erlebnis: Lyrik" wird auch eine lehrplanbezogene Rezitation mit Schauspielern zur jeweiligen Pflichtlektüre im Fach Deutsch angeboten.

Zur Vor- und Nachbereitung der Autorenbegegnungen stehen entsprechende Unterrichtsma-terialien zur Verfügung. Information: Friedrich-Bödecker-Kreis Saarland e.V.Telefon: 0681-37 56 10, E-Mail: [email protected]; www.fbksaar.boedecker-kreis.de

Literaturhinweis: Bundesverband der Friedrich-Bödecker-Kreise / Peter Conrady (Hrsg.):Lebendige Literatur – Handreichungen für Autorenbegegnungen mit Kindern und Jugendli-chen, Westermann, Braunschweig 2008, ISBN 978-3-14-162113-6, 15,00 €

LITFASS-SÄULE / AUSSTELLUNGSWÄNDE / SCHWARZES BRETT DER LITERATUR

Ein „Schwarzes Brett der Literatur“, eine ständige Ausstellungswand zu aktuellen Leseakti-vitäten an der Schule oder eine Litfass-Säule im Eingangsbereich der Schule können die hohe Wertschätzung des Lesens in der Schulkultur nicht nur den Schüler/inne/n, sondern auch den Besucher/inne/n signalisieren. Beispielsweise nach Jahrgängen geordnet wird hier über die Ak-tivitäten in Sachen „Lesen“ informiert. So entsteht eine "Öffentlichkeit" für die Leseprojekte, die in den einzelnen Jahrgängen durchgeführt werden.

Gleichzeitig erhalten Schüler/innen Schreibimpulse, denn sie können ihre Lieblingsbücher, Hör-CD oder Filme vorstellen, kleine Rezensionen schreiben, Werbung für Bücher, Hörspiele oder Filme machen.

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LESEANIMATION

EINRICHTUNG EINES LESE- UND BUCHCLUBS / HÖRCLUBS

Die Einrichtung eines Lese- oder Buchclubs bietet sich in Zusammenarbeit mit dem Saarlän-dischen Rundfunk an, der in Kooperation mit Radio Bremen auch eine Empfehlungsliste zur aktuellen Kinder- und Jugendbuchliteratur erstellt.

Viermal im Jahr stellen SR 2 KulturRadio und Radio Bremen ihre gemeinsame „Kinder- und Jugendbuchliste" vor - mit normalerweise neun Büchern und drei Hörbuchtipps. Die Winter-liste wird regelmäßig im Saarland präsentiert. Die Frankfurter Buchmesse bietet den Rahmen für die „KiJuBuLi" im Herbst. Lesetipps für den Sommer gibt es immer auf der Europäischen Kinder- und Jugendbuchmesse in Saarbrücken und die Frühjahrsliste wird traditionell auf der Leipziger Buchmesse veröffentlicht.

Buchclubs lassen sich im Rahmen von Arbeitsgruppen auch gut am Nachmittag organisieren. Neuerscheinungen können gemeinsam gelesen und besprochen werden. Neben Büchern soll-ten auch Hörbücher und Hörspiele (Hörclubs) Berücksichtigung finden.

Best Practice: • Schüler/innen der Klassenstufe 6 der Graf-Ludwig-Gesamtschule/Gemeinschaftsschule gehören regelmäßig zur Jury der SR-Kinder- und Jugendbuchliste. Im Kontext des Projek- tes Kick & Lies! der Graf-Ludwig-Gesamtschule/Gemeinschaftsschule in Ludweiler wird verstärkt versucht, auch die Jungen für das Lesen zu gewinnen.

• Sommerzeit ist Lesezeit – nicht nur für Erwachsene! Leseclubs können auch temporär ein- gerichtet werden, beispielsweise als Sommer-Leseclubs unter dem Motto „Schock deinen Lehrer! Lies ein Buch!“

• Der SommerLeseClub (SLC) ist ein Leseförder-Projekt des Kultursekretariats NRW Gütersloh für Kinder und Jugendliche. Ideengeber ist die Stadtbibliothek Brilon. Am SLC waren im Jahr 2011 bundesweit 154 Städte beteiligt, mit insgesamt 33.926 Teilnehmer/inne/n. Der SLC richtet sich an Schüler/innen weiterführender Schulen ab der 5. Klasse. Sie sollen zum Lesen angeregt werden. Durch die Teilnahme am SLC sollen Lese- und Schreib- kompetenzen der Schüler/innen außerschulisch gefördert werden. Mit Beginn der Sommerferien können sich Schüler/innen in den teilnehmenden Stadtbibliotheken über die Internetseite zum SLC anmelden. Sie erhalten eine Clubkarte und ein Leselogbuch, in dem die gelesenen Bücher eingetragen werden. In den Bibliotheken gibt es für den SLC ausgewiesene Bereiche. Dies stärkt den Clubcharakter des Projekts. Dort können sich die Schüler/innen aus der speziellen SLC-Auswahl Bücher ausleihen. Ab drei gelesenen Büchern bekommen die Schü- ler/innen die Teilnahme durch ein Zertifikat bestätigt, welches meist auf einem Abschluss- event, zu dem alle Teilnehmer/innen eingeladen werden, verliehen wird. Auf dem nächsten Schulzeugnis kann die Teilnahme am SLC als außerschulische Leistung vermerkt werden.

• Im Saarland bieten neben dem Saarländischen Rundfunk auch viele Bibliotheken Unterstüt- zung bei der Einrichtung von Leseclubs oder richten sogar eigene Clubs ein.

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51 INHALTSVERZEICHNIS

LESEANIMATION

LITERATURSEITEN AUF DER SCHUL-WEBSEITE ODER IN EINER SCHÜLERZEITUNG

Eine gute Alternative zur Literatur-Litfass-Säule bieten Literaturseiten auf der Schulwebseite, auf der Schüler/innen fortgeschrittener Klassenstufen ihre Buchtipps veröffentlichen können. Die Schulwebseite bietet damit auch gleichzeitig einen Anreiz für Schreibprojekte, die je nach Engagement und Motivation der Schüler/innen halbjährlich aktualisiert werden.

SCHÜLERBIBLIOTHEKEN MIT INTERKULTURELLEM AKZENT

Der Saarbrücker Verein Ramesch, Forum für Interkulturelle Begegnung e. V. berät bei der Auswahl interkulturell wertvoller Bücher für die Schülerbibliothek. Dadurch soll das Interesse für andere Kulturen geweckt und Schüler/inne/n mit Migrationshintergrund Literatur aus ihrem eigenen Kulturkreis vermittelt werden. Haus der Kulturen, Johannisstraße 13, 66111 SaarbrückenTelefon 0681/ 390 49 21, E-Mail: [email protected]

BESUCH DER KINDER- UND JUGENDBUCHMESSE IN SAARBRÜCKEN

Alljährlich im Mai bietet die in Saarbrücken stattfindende Europäische Kinder- und Jugend-buchmesse eine Begegnung mit Autor/inn/en, Ilustrator/inn/en sowie aktuellen Büchern der Kinder- und Jugendbuchverlage. Sie ermöglicht den Schüler/inne/n ungewöhnliche „Buch-Erlebnisse“ und nach Lesungen einen ungezwungenen Kontakt mit Autor/inn/en.

Die Kinder- und Jugendbuchmesse steht unter dem Motto „Bücher bauen Brücken“, Brücken zwischen den Kindern und Jugendlichen zum Buch, aber auch Brücken zu anderen Kulturen und Ländern. Jedes Jahr steht ein anderes europäisches Gastland im Mittelpunkt. Außerdem gibt es wechselnde thematische Schwerpunkte.

Damit ein Besuch der Messe tatsächlich zum Erlebnis wird, ist eine vorherige Planung und gezielte Auswahl einer passenden Lesung durch Kontaktaufnahme mit der Messeorganisation erforderlich:

Europäische Kinder- und JugendbuchmesseGroßherzog-Friedrich-Straße 1, 66111 SaarbrückenTelefon: 0681- 93 88 333www.buchmesse-saarbruecken.eu

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52 INHALTSVERZEICHNIS

LESEANIMATION

6.3 LITERATURTIPPS ZUR LESEANIMATION UND LESEMOTIVATION

Abraham, U., Filme im Deutschunterricht. Stuttgart 2009 (Abraham 2009)

Bamberger, R., Erfolgreiche Leseerziehung in Theorie und Praxis. Mit besonderer Berücksichti-gung des Projektes „Leistungs- und Motivationssteigerung im Lesen und Lernen“ und dem Motto Lese- und Lernolympiade. Baltmannsweiler 2000 (Bamberger 2000))

Berger, N., Spaß am Lesen, Schüler/innen rezensieren Neuerscheinungen. Praxis Deutsch, Son-derheft „Leserförderung“. 107-109, Seelze 1998

Deutsch. Unterrichtspraxis für die Klassen 5-10. Bücher hören, lesen, erleben. Heft Nr. 19, Seelze 2009, Friedrich Verlag

Ernst, K., 10 x 10 Leseanregungen. Zofingen 3. Auflage 2003

Frische, E./Sulzenbacher, G., Lese-Rezepte. Neues Lernen in der Bibliothek. 6. Auflage 2006 (Pädagogisches Institut für die deutsche Sprachgruppe, Bozen und Amt für Bibliothekswesen der Autonomen Provinz Bozen/Südtirol)

Hintz, I., Das Lesetagebuch: intensiv lesen, produktiv schreiben, frei arbeiten. 3. erweiterte Aufla-ge, Baltmannsweiler 2005 (Hintz, 2005)

Knobloch, J., Didaktik der Kinder- und Jugendliteratur. In: Frederking, V. u. a.:Taschenbuch des Deutschunterrichts, Band 2, Literatur- und Mediendidaktik, Baltmannsweiler 2010, 374-392

Knobloch, J. (Hg.): Praxis Lesen: Das Geheimnis der Lesekiste 1 und 2. Leseförderung per Schuh-karton in Schule und Bibliothek. Lichtenau 2008

Korte, J., „Ran an die Bücher!“ Praxisbuch zur Leseförderung in der Sekundarstufe I. Donau-wörth 2004

Praxis Deutsch, Heft 231 Lesekultur. Januar 2012

Praxis Deutsch, Heft 224 Kinder- und Jugendliteratur nach 2000. November 2010

Praxisleitfaden „Richtlinien zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwie-rigkeiten beim Erlernen des Lesens und/oder Schreibens“. Hrsg. vom Landesinstitut für Pädagogik und Medien, Saarbrücken 2011 (erweiterte Neuauflage 2014)

Lange, R., Die Lese- und Lernolympiade. Aktive Leseerziehung mit dem Lesepass nach Richard Bamberger. Leitfaden für eine erfolgreiche Umsetzung. Baltmannsweiler, Schneider 2007.

Rosebrock, C./Nix, D., Grundlagen der Lesedidaktik. 5. Auflage, Hohengehren 2012, 92ff (Rose-brock/Nix 2012); 7. Auflage 2014

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53 INHALTSVERZEICHNIS

LESEKOMPETENZ

7. ÜBERPRÜFUNG DER LESEKOMPETENZ

Um gezielt fördern zu können, ist die Überprüfung der Lesekompetenz unabdingbar. Dabei sollte vor allem darauf geachtet werden, dass alle relevanten Teilbereiche, nämlich Leseflüssigkeit, Text-verstehen/Lesestrategien und Lesesozialisation miteinbezogen werden. Nur so kann es besser ge-lingen, Schüler/innen dabei zu unterstützen, sich zu möglichst engagierten und kompetenten Le-ser/inne/n zu entwickeln.

Dementsprechend beziehen sich die nachfolgend vorgestellten Verfahren auf oben genannte Teilbereiche. Unterschieden werden drei Kategorien: informelle Verfahren wie z. B. Unter-richtsbeobachtungen, nicht-standardisierte Tests und standardisierte Testverfahren. Ein stan-dardisierter Test gibt eine Durchschnittsnorm im Hinblick auf die Lösungswahrscheinlichkeit und genügt den Testgütekriterien Reliabilität, Validität und Objektivität. Nicht-standardisierte Tests sind nicht normiert und beruhen auf Erfahrungswerten und nicht auf empirisch abgesi-cherten Daten.

7.1 BEOBACHTUNGSVERFAHREN

Viele Schulbuchverlage bieten gegenwärtig - teils auch abgestimmt auf ihre Lehrwerke - Beob-achtungsbögen zu dem Bereich der Leseflüssigkeit (Prozessebene) unter Berücksichtigung der Lesegenauigkeit, Rekodierfähigkeit, Dekodierfähigkeit, und sinngemäßer Betonung mit sehr ähnlichen Kriterien an. Daneben findet man in fachdidaktischen Publikationen geeignete Bö-gen für den Einsatz im Unterricht. Ein exemplarischer Beobachtungsbogen befindet sich im Anhang ( 15.4).

Ein lehrwerk-unabhängiges und informelles Verfahren zur Erhebung der Leseflüssigkeit ist der nachfolgend dargestellte „Stolperwörterlesetest“ von Wilfried Metze. Er bietet den Vorteil, dass er kostenlos im Internet unter: www.wilfriedmetze.de/html/tests.html heruntergeladen werden kann.

STOLPERWÖRTER–LESETEST (W. METZE), 1. – 4. KLASSE, 1. HALBJAHR KLASSE 5

Bewertung Der Gruppentest ist kostenlos und ohne großen Zeitaufwand durchzufüh-ren. Allerdings erhält man keine Förderhinweise.

Diagnostische Zielset-zung

Er ist ein Verfahren zur Erfassung der Lesefertigkeit vom 1. – 5. Schuljahr. Der Test erfasst Lesetempo, -genauigkeit und -verstehen. Der Stolperwörter-lesetest gibt anhand der Normtabellen Informationen über den Leistungs-stand der Klasse sowie über die Leistungen des einzelnen Kindes. Deutliche Ausfälle werden sichtbar und können Ausgangspunkt für eine weitere päda-gogische Diagnose sein. Der Test kann andere Maßnahmen der Beobachtung ergänzen und punktuell objektivieren.

Anwendungszeitraum ab Ende Klassenstufe 1, jeweils in den letzten 4 Wochen eines Schuljahres auch zur Überprüfung der Leseflüssigkeit im 1. Halbjahr der Klassenstufe 5 geeignet

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54 INHALTSVERZEICHNIS

LESEKOMPETENZ

Design/Durchführung Im Gruppentest muss aus vorgegebenen Sätzen ein nicht passendes Wort he-rausgefunden werden; für die Bearbeitung haben die Schüler/innen nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung.

Dauer 10 – 15 Minuten inkl. Einweisung

Auswertung Die Auswertung erfolgt mittels Schablone oder der Lösungsvorgabe.

Förderhinweise keine

Informationen und Be-zugsquelle

www.wilfriedmetze.de/html/tests.html Der Test ist kostenlos. Der Autor bittet um Übermittlung der anonymisierten Ergebnisse.

7.2 NICHT-STANDARDISIERTE TESTS UND KLASSENARBEITEN

Zur Überprüfung des Textverstehens bieten die Verlage mittlerweile eine Reihe von Publikatio-nen mit exemplarischen Aufgaben an. Sie können zur Überprüfung der Lesekompetenz und als Vorbilder für die Erstellung eigener Klassenarbeiten herangezogen werden. Ziel ist es, durch die Beantwortung mehrerer kompetenzgestufter Fragen zu vorgegebenen Texten aller Art Aufschluss über das individuelle Textverständnis der Schüler/innen zu erhalten.

In der Praxis ist hier zu beachten, dass durch die fehlende Standardisierung nicht automatisch gewährleistet ist, dass die hier zum Einsatz kommenden Fragen das beabsichtigte Merkmal, den Untersuchungsschwerpunkt, auch tatsächlich messen und diese Messung des Merkmals mit hoher Zuverlässigkeit erfolgt.

Die Lesekompetenz kann natürlich auch im Rahmen von Klassenarbeiten separat oder als Teilauf-gabe integrativ überprüft werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Aufgaben unab-hängig voneinander gelöst werden können, d. h. dass die Unabhängigkeit der Items gewährleistet ist. Wenn ein Schüler die Aufgaben zur Lesekompetenz nicht vollständig löst, besteht so dennoch die Möglichkeit, dass die Schreibaufgabe richtig gelöst werden kann.

Zur Überprüfung der Lesekompetenz eignen sich am besten halb-offene oder geschlossene For-mate, denn sie verlangen keine umfangreichen Schreibaufgaben. Die Schreibkompetenz spielt in diesem Zusammenhang eine untergeordnete Rolle.

Empfehlung:Besonders gut geeignet sind die Lesekompetenztests von Peter Kühn, Pierre Reding und Irmgard Honnef-Becker für die Klassen 5 und 6. Sie sind problemlos im regulären Unterricht einsetz-bar. Entwickelt und erfolgreich erprobt wurden sie im Auftrag des luxemburgischen Erziehungs-ministeriums. Die einzelnen Tests, die im Rahmen einer Unterrichtsreihe durchgeführt werden können, berücksichtigen verschiedene Kompetenzbereiche: das Textverstehen (Globalverstehen, Detailverstehen), eine rezeptive und produktive Wortschatzarbeit, die Grammatik, die sich sowohl auf die das Verstehen als auch auf das Formulieren von Sätzen sowie das Schreiben von Texten bezieht, die Rechtschreibung und das Schreiben, das an verschiedenen Stellen in Bezug zu anderen Fertigkeiten – Leseverstehen, Hörverstehen, Wortschatz, Grammatik – oder als freies Schreiben thematisiert wird. Zu den einzelnen Tests erhält die Lehrerin/der Lehrer ausführliche

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55 INHALTSVERZEICHNIS

LESEKOMPETENZ

Informationen zum Thema, der Abfolge der Tests, der berücksichtigten Kompetenzbereiche und zum Lösungsschlüssel.

Die Qualität der Tests liegt auch darin, dass die Tests nicht nur Lesekompetenzen evaluieren, son-dern gleichzeitig auch vermitteln und aufbauen.

Literaturhinweise:Peter Kühn/Pierre Reding: Lesekompetenz-Tests 5/6. Bd. 1, Donauwörth, 1. Auflage 2004, Auer-VerlagPeter Kühn/Irmgard Honnef-Becker: Kompetenz-Tests 5/6. Bd.2, Auer-VerlagPeter Kühn/Irmgard Honnef-Becker: Deutschtests für die Klassenstufe 9 und 10. Donauwörth 2008, Auer-Verlag

7.3 STANDARDISIERTE TESTS

Standardisierte Tests haben den Vorteil, dass sie die Schüler/innen der jeweiligen Klasse zu einer repräsentativen Schülergruppe in Bezug setzen. Durch die Festlegung einer Norm bieten solche Testverfahren eine Orientierung über die eigene Klasse oder die Schule hinaus und gewährleisten durch die ihnen zugrunde liegenden Testgütekriterien ein hohes Maß an Sicherheit.

Testaufgaben des "Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen", IQBStandardisierte Aufgabenformate zur Überprüfung der Kompetenzen in regelmäßigen bundeswei-ten Lernstandserhebungen (z. B. VERA-8, VERA-3) werden von fachspezifischen Aufgabenkom-missionen des IQB, eine Einrichtung der Kultusministerkonferenz, an der Humboldt-Universität zu Berlin entwickelt. In Aufgabenkommissionen, die sich aus Lehrkräften aller Bundesländer zusammensetzen, werden Aufgabenformate zur Überprüfung fachlicher Kompetenzen, u. a. auch zur Lesekompetenz, entwickelt. Diese Aufgaben werden anschließend mithilfe einer reprä-sentativen Schülergruppe auf ihre Verwendbarkeit hin überprüft (Präpilotierung). Die zentralen Fragen, die beantwortet werden müssen, lauten: • Messen die Aufgaben die Merkmale, die gemessen werden sollen (Validität) ?• Messen sie zuverlässig (Reliabilität) ?• Ist eine objektive Durchführung gewährleistet (Objektivität) ?

Sie müssen also den Gütekriterien standardisierter Tests genügen ( Glossar). Erst nach erfolg-reicher Präpilotierung können die Aufgaben für empirische Studien genutzt werden. Sie sind für den Einsatz in der Praxis besonders interessant, da sie im Gegensatz zu nicht-standardisierten Aufgaben präzise Auskunft über den Leistungsstand von Schüler/inne/n und ihrer Einordnung auf einer Skala geben, die einen Durchschnittswert bestimmt.

Exemplarische Aufgaben sind online unter: http://www.iqb.huberlin.de/vera/aufgaben kostenlos verfügbar.

Standardisierte Testverfahren Haben die IQB-Aufgaben bestimmte Bildungsstandards im Blick, so überprüfen standardisierte Testverfahren einzelne Teilbereiche der Lesekompetenz wie Leseflüssigkeit, Leseverstehen und Lesestrategien. Einen Überblick über die verfügbaren standardisierten Testverfahren gibt die Test-zentrale ( Glossar): www.testzentrale.de.

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56 INHALTSVERZEICHNIS

LESEKOMPETENZ

LGTV 6-12: LESEGESCHWINDIGKEITS- UND LESEVERSTÄNDNISTEST

Bewertung Es handelt sich um einen Einzel- oder Gruppentest, der den Leistungsstand im Bereich der Lesekompetenz erfasst. Förderhinweise werden nicht geliefert.

Zielsetzung Der LGTV 6-12 dient der Ermittlung des Leseverständnisses auf Wort- und Sat-zebene sowie der Lesegeschwindigkeit in den Klassenstufen 6 bis 12. Er ist als Gruppen- und Einzeltest, z. B. zur Erstellung von Förderdiagnosen, durchführbar.

Design/Durchführung Die Schüler/innen lesen nach dem Bearbeiten des Übungsbeispiels einen Fließtext mit 1.727 Wörtern. An 23 im Text verteilten Stellen wählen (unter-streichen) sie dann, aus jeweils drei Alternativen, das in den Textzusammen-hang passende Wort aus.

Dauer ca. 10 Minuten (mit Instruktionszeit)

Auswertung Die Auswertung ist leicht mit Hilfe eines Auswertungsbogens vorzunehmen.

Förderhinweise keine

Informationen und Be-zugsquelle

www.testzentrale.de, Preis: Test komplett bestehend aus: Manual, 5 Testheften, 5 Auswertungsbögen und Mappe: 54,00 €

Informationen und Be-zugsquelle

Informationen zu den Testbereichen: www.psychometrica.de/elfe1-6_aufgaben.htmlBezugsquelle: www.testzentrale.de gestaffelte Preise: www.testzentrale.de/programm/ein-leseverstandnistest- fur-erst-bis-sechstklassler.html#single_prices

7.3.1 ÜBERPRÜFUNG DER LESEFLÜSSIGKEIT UND DES LESEVERSTEHENS AUF WORT-, SATZ- UND TEXTEBENE

ELFE 1-6: EIN LESEVERSTÄNDNISTEST FÜR ERST- BIS SECHSTKLÄSSLER

Bewertung ELFE bietet die Möglichkeit, die relevanten Ebenen der Lesekompetenz zu testen, allerdings mit der Einschränkung, dass sowohl Auswertungs- wie auch Fördersoftware zusätzlich erworben werden müssen.

Zielsetzung ELFE dient der Ermittlung des Leseverständnisses auf Wort-, Satz- und Textebene. Innerhalb der computergestützten Version wird zusätzlich die Lesegeschwindigkeit erhoben.

Anwendungszeitraum Klassenstufen 1 - 6, in 5 - 6 als Screening einsetzbar

Design/Durchführung Der Test ist als Einzel- und Gruppentest in Papierform oder auch am Com-puter durchführbar. Die Schüler/innen ordnen im Rahmen der Ganzworterkennung innerhalb einer vorgegebenen Zeit Wörter Bildern zu, füllen auf Satzebene vorgegebe-ne Lückensätze aus und bearbeiten auf Textebene Multiple-Choice-Fragen.

Dauer Gruppentestung ohne Auswertung 20-30 min, reine Bearbeitungszeit 10-15 min

Auswertung Die Auswertung erfolgt zeitökonomisch über eine Software, die allerdings zusätzlich erworben werden muss.

Förderhinweise Eine Förderplanung erfolgt über eine Trainingssoftware, die ebenfalls zu-sätzlich erworben werden muss.

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57 INHALTSVERZEICHNIS

LESEKOMPETENZ

SLS 5-8: SALZBURGER LESESCREENING

Bewertung Es handelt sich um ein ökonomisches Verfahren zur Testung der basalen Lesefertigkeit.

Zielsetzung Das SLS 5-8 dient zur Beurteilung der basalen Lesefertigkeit, also des fehler-freien, relativ schnellen und mühelosen Lesens der Wörter eines Textes. Eine im Alltag einfach zu messende Größe, die verlässliche Auskunft über die technische Lesefertigkeit gibt, ist die Lesegeschwindigkeit. Weiterhin erfasst das SLS 5-8 das Leseverständnis auf Wort- und Satzebene.

Anwendungszeitraum Bei Schüler/inne/n der 5. bis 8. Klassenstufe am Schuljahresende

Design/Durchführung Es handelt sich um einen Klassentest. Eine Liste inhaltlich einfacher Sätze, die auf das Wissen der Schüler/innen abgestimmt wurde, muss möglichst schnell gelesen und der Wahrheitsgehalt jedes Satzes beurteilt werden. Für das Testverfahren liegen zwei Versionen vor, die es erlauben, den Test in relativ kurzem Zeitabstand zu wiederholen.

Dauer ca. 10 Minuten (reine Bearbeitungszeit: 3 Minuten).

Auswertung ca. 1 Minute pro Schüler/in mit Hilfe einer Auswertungsfolie

Förderhinweise keine

Informationen und Be-zugsquelle

www.testzentrale.de Preis: Manual und je 10 Testhefte: 72,00 €

WLST 7-12: LESESTRATEGIE- UND WISSENSTEST

Bewertung Der WLST ist das derzeit einzige standardisierte Verfahren zur Erhebung von Lesestrategien.

Zielsetzung Der WLST dient der Erfassung des Lesestrategiewissens von Schüler/inne/n der Klassenstufen 7 bis 12.

Anwendungszeitraum Klassenstufen 7-12

Design/Durchführung Den Schüler/inne/n werden sechs verschiedene Lernszenarien dargeboten. Zu jeder Situation sollen sie die Qualität und Nützlichkeit von fünf verschiedenen Vorgehensweisen zur Erreichung eines Lernziels bewerten. Dazu werden ver-schiedene Antwortvorschläge vorgegeben, die die Schüler/innen hinsichtlich ih-rer Qualität benoten. Hohe Testwerte zeigen, dass der Schüler/die Schülerin über effektive Strategien zum Behalten und Verstehen von gelesenen Texten verfügt.

Dauer zwischen 20 und 35 Minuten (inklusive Instruktionszeit)

Auswertung mittels Auswertungsbogen

Förderhinweise keine

Informationen und Be-zugsquelle

www.testzentrale.de Preis: Test komplett bestehend aus Manual, 5 Testheften, 5 Auswertungsbögen und Mappe: 52,00 €

7.3.2 ÜBERPRÜFUNG VON LESESTRATEGIEN UND DES LESEVERSTEHENS AUF DER TEXTEBENE

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58 INHALTSVERZEICHNIS

LESE-INSTRUMENTE FÜR SCHÜLERHÄNDE

8. WEITERE LESEHILFEN FÜR SCHÜLER/INNEN

8.1 LESETAGEBUCH

Das Lesetagebuch wird parallel zur Lektüre eines umfangreichen Textes, meist eines literarischen Textes, geführt. Es können Einträge ganz unterschiedlicher Art vorgenommen werden, u. a. • Leseeindrücke• Kommentare zu Figuren oder zum Geschehen• Zusammenfassungen von Kapiteln• Hinweise auf Lese- und Verständnisprobleme• Assoziationen zum Gelesenen• Ideen zur Weiterführung der Handlung• Kontextbezüge• visuelle Umsetzungen von Schlüsselszenen.

Ziel: Durch ein Lesetagebuch sollen individuelle, persönliche Zugänge vermittelt werden. Schüler/in-nen haben die Möglichkeit, ihren eigenen Leserhythmus zu entwickeln und die Aspekte zu do-kumentieren, die ihnen wichtig erscheinen. Ein Lesetagebuch kann je nach Leseerfahrung der Schüler/innen relativ frei und offen, beispielsweise in Form eines Heftes, gestaltet sein oder durch die Vorgabe eines Aufgabenkataloges stärker gesteuert werden.

Literaturhinweis:Nix, D.: Das Lesetagebuch als Methode des Lese- und Literaturunterrichts. Ein Forschungsbe-richt. In: Didaktik Deutsch, H. 23, Jg. 13, 2007, S. 67-94.

Anregungen zum Lesetagebuch und mögliche Gestaltungen:www.lesezeit.lernnetz.de/docs/lesetagebuch.pdf

Lesetagebuch für die Schülerhand:http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/sutcliff/ltb.htm

Vom Lesetagebuch zum Leseportfolio :http://daten.schule.at/dl/portfolio.pdf

8.2 LESEPORTFOLIO

Das Leseportfolio ist eine anspruchsvollere Weiterführung des Lesetagebuchs. In Form eines Arbeitsjournals werden über einen längeren Zeitraum Ergebnisse selbstständigen Arbeitens dokumentiert. Es wird in Form einer DIN A 4 Mappe geführt und enthält neben dem indi-viduell gestalteten Titelblatt ein Inhaltsverzeichnis und die von den Schüler/inne/n erledigten Aufgaben und Arbeitsergebnisse. Für die Bearbeitung der Wahl- und Pflichtaufgaben, die vom Lehrer/von der Lehrerin vorgegeben werden, steht ein definierter Zeitrahmen zur Verfügung.

Die Aufgaben• beziehen sich auf das Textverständnis• erteilen Rechercheaufträge

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59 INHALTSVERZEICHNIS

LESE-INSTRUMENTE FÜR SCHÜLERHÄNDE

• regen die Erstellung eines Glossars an• ermöglichen persönliche Zugänge zum Text.

Anschauliche Beispiele für Leseportfolios findet man im Internet, beispielsweise unter:http://daten.schule.at/dl/portfolio.pdf

8.3 LESELOTSE – LESEPILOT – LESENAVIGATOR (STARTER- UND PROFISET)

Der Leselotse, Lesepilot und die Varianten des Lesenavigators sind methodische Instrumente, die auf eine systematische Nutzung von Lesestrategien als Hilfe zum eigenständigen Textverstehen abzielen.

8.3.1 LESELOTSE

Der Leselotse ermöglicht die Einübung von Lesestrategien am Ende der Grundschule und in der Sekundarstufe I (Klassenstufen 3-9). Eine festgelegte Schrittfolge unterstützt die Schüler/innen beim Textverstehen, lenkt ihren Blick auf Verstehensprozesse.

Der Leselotse visualisiert einzelne Lesestrategien in Form eines aufklappbaren Fächers. Ausführ-liche Hinweise, auch zu anderen hilfreichen Methoden zur Verbesserung der Lesekompetenz, fin-den sich auf der Webseite des Bildungsservers Berlin-Brandenburg. Sie wurden vom LISUM – Landesinstitut für Schule und Medien in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam entwickelt:www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de/leselotse.html

Der dort vorgeschlagene Leselotse umfasst folgende Lesestrategien:Vor dem Lesen:• Formulierung von Vermutungen über den Textinhalt• Aktivierung von VorwissenWährend des Lesens:• Kennzeichnung unbekannter Wörter und schwieriger Textstellen• Integration von Kontextwissen (historische und biographische Aspekte) als Hilfe zum Textver- stehen• Gliederung des Textes in Sinnabschnitte und Formulierung von Überschriften• Markierung von wichtigen Schlüsselbegriffen (in Abhängigkeit von Leseinteresse bzw. Leseziel)Nach dem Lesen: • Erstellung einer Wörterliste für die Zusammenfassung• mündliche/schriftliche Zusammenfassung des Textinhaltes• Reflexion der Arbeitsschritte (Metakognition).

Der Leselotse kann mit einfachen Mitteln selbst hergestellt, der Kompetenzentwicklung der Lern-gruppe angepasst oder auch modifiziert werden, z. B. nach den Lesestrategien, die in den „Textde-tektiven“ als besonders effizient akzentuiert werden.

Im Schroedel-Verlag erschien 2005 eine „Praxisbox Lesen“, die auch einen Leselotse enthält:www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de/praxisbox

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60 INHALTSVERZEICHNIS

LESE-INSTRUMENTE FÜR SCHÜLERHÄNDE

8.3.2 LESEPILOT: Primarstufe, Klassenstufen 2-4

Der Lesepilot führt die Schüler/innen in der Primarstufe schrittweise an die Lesestrategien heran. Der Vertiefung dient anschließend der Leselotse: www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de/lesepilot

8.3.3 LESENAVIGATOR: Sekundarstufe I, Klassenstufen 6-10

Der Lesenavigator unterstützt die Schüler/innen beim Erschließen von Sachtexten aller Art und in allen Fächern. Er ist differenzierend auf verschiedenen Niveaustufen als Starter- und Profiset einsetzbar. Kopiervorlagen sind vom LISUM in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam entwickelt worden: www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de/lesenavigator

Sie folgen etwas differenzierter dem Aufbau des Leselotsen. Die einzelnen Strategien werden durch eine Reihe von weiteren Fragen konkretisiert:Vor dem Lesen des Sachtextes:• Erwartungen an den Text formulieren: Thema, Vorwissen, LeseinteresseWährend des Lesens:• erste Orientierung• genaue Lektüre: schwierige Stellen kennzeichnen• Textstellen klären• zentrale Textaussagen erkennen: zentrale Aussagen, Sinnabschnitte, Teilüberschriften erklärenNach dem Lesen:• Funktion des Textes bestimmen und den Text bewerten• über die eingesetzten Lesestrategien und ihre Funktion nachdenken.

Der Lesenavigator als Profi-Set ist anspruchsvoller. Er schlägt beispielsweise nach dem Lesen eine Darstellung der Textzusammenhänge in Form eines Schaubildes, einer Mind Map oder eines Diagramms vor. Auch berücksichtigt er stärker die sprachlichen Aspekte des Textes sowie ihre Funktion.

8.4 HERSTELLUNG EINER WERKZEUGKISTE MIT LESEWERKZEUGEN

Die Werkzeugkiste dient der Veranschaulichung der Lesestrategien und enthält die im Unterricht thematisierten Lesestrategien. Sie kann beispielsweise folgendermaßen strukturiert werden: Vier Schubladen oder Unterkisten, die für die verschiedenen Arten von Lesestrategien (Ordnen, Verknüpfen, Wiederholen, Planen 5.2) stehen. Das jeweilige Werkzeug wird auf einer Karte beschrieben und einer der Schubladen/Unterkisten zugeordnet. Dort finden sich auch weitere Übungstexte, auf die die jeweiligen Werkzeuge angewandt werden können.

8.5 REZIPROKES LESEN

Das Reziproke Lesen geht zurück auf das Konzept des wechselseitigen Lehrens und Lernens nach Palincsar/Brown (1984). Demnach ist Lernen dann erfolgreich bzw. kompetenzorientiert, wenn die Lerner aktiv ihren Lernprozess mitgestalten und wenn Schüler/innen und Lehrer/innen sowie Schüler/innen miteinander kooperieren (kooperative Lernformen). Sie ist für alle Klassenstufen geeignet.

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61 INHALTSVERZEICHNIS

LESE-INSTRUMENTE FÜR SCHÜLERHÄNDE

Beim Konzept des Reziproken Lesens werden vier Lesestrategien besonders betont:• Fragen stellen an den Text, um die gelesenen Aussagen vertiefend zu verstehen und Fort- schritte im Sinnverständnis zu kontrollieren• Zusammenfassen von Textabschnitten, um die Kernaussagen zu erfassen• Unklarheiten beseitigen, um Schwierigkeiten und Verständnisprobleme abzubauen• Vorhersagen treffen (Hypothesenbildung) über den weiteren Textverlauf und im Folgenden auf ihre Richtigkeit hin überprüfen.

Beim Reziproken Lesen werden diese Strategien im Rahmen einer kooperativen Lernmethode zum Erschließen komplexerer Texte angewandt. In einem Erkenntnisdialog versuchen die Schü-ler/innen gemeinsam ein Textverständnis zu entwickeln.

Das Lernarrangement kann folgendermaßen gestaltet sein: Vier Schüler/innen erarbeiten schritt-weise einen Text, wobei sie während der Gruppenarbeit jeweils verschiedene Rollen übernehmen, die durch Rollenkarten definiert werden:A Der Schüler/die Schülerin liest einen Abschnitt des Textes vor und stellt anschließend den Mitschüler/inne/n Fragen zum Inhalt.B Der Schüler/die Schülerin hat die Aufgabe, den Inhalt des Abschnittes kurz zusammenzufassen.C Der Schüler/die Schülerin stellt Fragen zu Textstellen, die schwierig sind.D Der Schüler/die Schülerin stellt Vermutungen an, wie der Text weitergehen könnte.

Ablauf1. Schritt Der Text wird vom Lehrer/der Lehrerin oder den Schüler/inne/n selbst in Abschnitte eingeteilt. Dann lesen alle Schüler/innen der Gruppe den jeweiligen Abschnitt für sich.

2. SchrittNach der stillen Lektüre wird der jeweilige Abschnitt arbeitsteilig beantwortet: A liest den Text vor und stellt Fragen, B fasst den Inhalt zusammen, C stellt Fragen z. B. zu Verständnisproblemen oder schwierigen Begriffen. Bei Fragen, die in der Gruppe nicht beantwortet werden können, wer-den Nachschlagewerke genutzt oder der Lehrer/die Lehrerin um Hilfe gebeten. D stellt schließlich Vermutungen über den weiteren Fortgang des Textes an. 3. SchrittBevor der nächste Abschnitt bearbeitet wird, werden die Rollenkarten neu verteilt.

Nächste SchritteDieses Prozedere wird so oft variiert bis der gesamte Text erschlossen ist.

Letzter SchrittDie Schüler/innen fassen zunächst in der Gruppe den Text zusammen, benennen das Thema und stellen schließlich die wichtigsten Ergebnisse im Plenum den Mitschüler/inne/n vor.

Die Vorteile des Reziproken Lesens:• Alle Schüler/innen beteiligen sich aktiv am Prozess der Texterschließung und müssen Verant- wortung übernehmen.

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62 INHALTSVERZEICHNIS

LESE-INSTRUMENTE FÜR SCHÜLERHÄNDE

• Die Anschlusskommunikation ist durch die Diskussion in der Gruppe und die Vorstellung im Plenum gewährleistet. • Wichtige Lesestrategien werden geübt: Vermutungen zum Textinhalt anstellen, Unverstandenes benennen und klären sowie Inhalte zusammenfassen.• Kooperative Lernformen (Denken-Austauschen-Vorstellen) fördern die Aktivierung und die Eigenständigkeit aller Schüler/innen und dienen dem Kompetenzaufbau.

Literaturtipps: Rest, H.: Intelligentes Üben mit kooperativen Lesemethoden. Soziales und fachliches Lernen beim Üben integrieren. In: Pädagogik, Heft 11/2005, S. 16-19 Schmitt-Rößer, A.: Lesen in den Gesellschaftswissenschaften - am Beispiel Geschichte. In: Bay-risches Staatsministerium für Unterricht und Kultus. (Hrsg.): ProLesen. Auf dem Weg zur Le-seschule - Leseförderung in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern. Donauwörth 2012, S. 200-222

Brünning, L./Saum, T.: Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Lernen. 1. Strategien zur Schüleraktivierung. Essen, 5. überarbeitete Auflage, 2009, S. 102: Reziprokes Lesen – Lesekompe-tenzförderung durch Kooperatives Lernen

Link:www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de/rezipokes_lesen.html

8.6 FRAGEBOGEN LESEGEWOHNHEITEN/LESEVERHALTEN

Um motivierende Lektüreentscheidungen treffen zu können, ist es notwendig, über die Leseinter-essen der Schülergruppen Informationen zu bekommen. Dazu dienen Fragebögen, die man selbst zusammenstellen kann. Auch in der Fachliteratur oder im Internet findet man eine Fülle von Vor-schlägen. Ein exemplarischer Fragebogen kann unter folgendem Link heruntergeladen werden:http://vs-material.wegerer.at/deutsch/pdf_d/lesen/pass/Fragebogen_Leseverhalten.pdf

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63 INHALTSVERZEICHNIS

KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

9. KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN IM FACH DEUTSCH

Aufgaben sind dann kompetenzorientiert, wenn bei der Aufgabenstellung Kompetenzen der Bil-dungsstandards (15.1) oder Kompetenzformulierungen aus den Lehrplänen eine leitende Funk-tion übernehmen. Je nach Zielsetzung werden verschiedene Aufgabentypen unterschieden:• Lernaufgaben zum Kompetenzaufbau• Übungsaufgaben zur Kompetenzfestigung• Testaufgaben zur Kompetenzüberprüfung • Klassenarbeiten zur Kompetenzüberprüfung• Prüfungsaufgaben zur Kompetenzüberprüfung.

9.1 LERNAUFGABEN

Lernaufgaben dienen vor allem dazu, neues Können und Wissen aufzubauen sowie Lernprozesse zu unterstützen. Sie können je nach Lernstand der Schüler/innen und dem Schwierigkeitsgrad des zu Lernenden eng oder weit formuliert sein. Lernaufgaben erfordern für den einen Schüler mehr, für den anderen weniger Unterstützung und Bearbeitungszeit. Sie gehen oft einher mit Fehlern, die dem Lernfortschritt dienen, indem sie thematisiert werden.

Bei der Konstruktion von Lernaufgaben im Deutschunterricht müssen verschiedene Aspekte berück-sichtigt werden, die in folgender Übersicht zusammengefasst sind. Wichtig ist die Berücksichtigung der verschiedenen Anforderungsbereiche ( 15.2). Eine Aufgabe ist nicht nur dann anspruchsvoll, wenn sie Leistungen möglichst in den drei Anforderungsbereichen erfordert. Darüber hinaus haben die Autor/inn/en der PISA-Studie und auch das Institut für Qualitätssicherung im Bildungswesen (IQB) für die Klassenstufen 3 und 8 fünf Kompetenzstufen zum Leseverstehen formuliert. In ver-schiedenen Niveaustufen sind jeweils die Kompetenzen beschrieben, über die ein/e Schüler/in verfü-gen muss, um dieser Kompetenzstufe zugeordnet werden zu können. Neben der Berücksichtigung der Anforderungsbereiche können diese Kompetenzstufenmodelle bei der Konstruktion der Aufgaben und der Bewertung ihres Schwierigkeitsgrades eine Orientierung geben ( 15.3).

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64 INHALTSVERZEICHNIS

KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

9.2 ÜBUNGSAUFGABEN

Übungsaufgaben dienen der Festigung der jeweiligen Kompetenzen und verlangen mehr Selbst-ständigkeit der Schüler/innen bei der Lösung der Aufgaben. Sie sichern das Gelernte und be-stehen häufig auch aus Teilelementen von Lernaufgaben. Übungsaufgaben sollten differenziert gestellt werden: offener für stärkere, kleinschrittiger gelenkt für schwächere Lerngruppen.

9.3 TESTAUFGABEN

Die Testaufgaben dienen der Überprüfung der Kompetenzen, wie sie in den Bildungsstandards formuliert sind. Zu allen Aufgaben sind die Kompetenzen, die überprüft werden, klar definiert ( 15.1). Sie werden u. a. vom IQB entwickelt, präpilotiert und genügen den Testgütekriterien ( 7. Überprüfung der Lesekompetenz). Sie werden genutzt für empirische Studien zur Kom-petenzorientierung u. a. für die in allen Bundesländern regelmäßig durchgeführte VERA-3 und VERA-8 Überprüfung. Die Ergebnisse der VERA-Überprüfungen dienen auf Klassen- und Schulebene der Unterrichtsentwicklung, auf Bundesebene der bildungspolitischen Regulierung (Bildungsmonitoring). Während sich die Schüler/innen nicht auf die Inhalte vorbereiten kön-nen, ist die Vermittlung der bevorzugten Aufgabenformate (u. a. Multiple-Choice-Aufgaben, Mehrfachantworten, Zuordnungsaufgaben, Kurzantworten) angebracht.

Im Folgenden sind die verschiedenen Aufgabenformate des IQB, wie sie in VERA-3 und VERA-8 Verwendung finden, im Überblick vorgestellt:

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65 INHALTSVERZEICHNIS

KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

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66 INHALTSVERZEICHNIS

KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

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67 INHALTSVERZEICHNIS

KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

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68 INHALTSVERZEICHNIS

KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

9.4 KLASSENARBEITEN

Bei der Konzeption von Klassenarbeiten zur Überprüfung der Lesekompetenz (Textverstehen) kann man grundsätzlich drei Wege beschreiten:Möglich ist es,• in Anlehnung an die saarländischen Prüfungsaufgaben (HSA/MBA) Fragen zum Text zu inte- grieren• in vorwiegend geschlossenen oder halboffenen Aufgabenformaten zu konzeptionieren, wie sie in VERA-8 verwendet werden• allgemeine Fragen zum Textverstehen zu stellen, was den Nachteil mit sich bringt, dass auch Schreibkompetenz abgeprüft wird.

9.5 PRÜFUNGSAUFGABEN

Prüfungsaufgaben haben vor allem die Funktion, die Zugangsberechtigung zu anderen Bildungs-gängen zu ermöglichen. Sie werden im Auftrag von der Schulaufsicht, in der Regel von einer Kom-mission, erstellt. Die Prüfungsaufgaben sind definiert; wie alle anderen Aufgaben sind sie an den Bildungsstandards bzw. den Kompetenzformulierungen der Kernlehrpläne orientiert.

9.5.1 DIE NEUEN PRÜFUNGSFORMATE FÜR DEN MITTLEREN BILDUNGSAB-SCHLUSS UND DEN HAUPTSCHULABSCHLUSS IM SAARLAND

Die bundesweiten Bildungsstandards und die sie auf Landesebene umsetzenden Kernlehrpläne Deutsch (2008) an den auslaufenden Gesamtschulen und Erweiterten Realschulen bzw. die modi-fizierten Lehrpläne der Gemeinschaftsschulen führten ab dem Schuljahr 2011/2012 zur verbindli-chen Etablierung neuer Prüfungsformate für den Mittleren Bildungsabschluss und für den Haupt-schulabschluss: „Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewältigung der einzelnen Aufgaben ist der Erwerb der im Kernlehrplan ausgewiesenen Kompetenzen zu den Kompetenzbereichen Schrei-ben, Lesen und Sprache und Sprachgebrauch untersuchen (Sprachreflexion). Die neuen Prüfungs-formate legen den Schwerpunkt auf die Überprüfung der Schreibkompetenz bzw. Textproduktion, berücksichtigen aber auch die beiden anderen Kompetenzbereiche. In diesem Zusammenhang ist maßgeblich, dass sich die Aufgaben zu den Bereichen Lesen und Sprachreflexion auf Inhalte der vorgegebenen Texte beziehen. Grundlage der Aufgabenformate sind geschlossene, halboffene und offene Aufgaben.“ (Vorwort der Broschüre Neue Prüfungsformate ab Schuljahr 2011/2012, S. 3)

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69 INHALTSVERZEICHNIS

KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Wichtig sind im Zusammenhang mit der Überprüfung der Lesekompetenz also folgende Aspekte:• die separate Überprüfung der Lesekompetenz bzw. des Textverstehens durch geschlossene, halboffene und offene Aufgabenformate• die Überprüfung der Lesekompetenz an Inhalten vorgegebener Texte.

Folgende Aufgabentypen sind im Saarland vorgesehen:

AUFGABENTYP/TEXTSORTE IM HSA KOMPETENZ AUFGABENTYP/

TEXTSORTE IM MBA

Stellungnahme zu einem Sach-thema

argumentierendes Schreiben Erörterung eines Sachthemas

Textarbeit zu einem Sachthema gestaltendes Schreiben Textarbeit zu pragmatischen/literarischen Texten und zur Pflichtlektüre

Textarbeit zur Pflichtlektüre interpretierendes Schreiben Textinterpretation zur Pflicht-lektüre

verkürzte Textwiedergabe zusammenfassendes Schreiben

analysierendes Schreiben Textanalyse

Bei all diesen Prüfungsformaten sind den eigentlichen Schreibaufgaben Aufgaben zur Lesekom-petenz bzw. zum Gesamtverständnis und Aufgaben zur Sprachreflexion vorgeschaltet. Den ein-zelnen Teilaufgaben sind Punkte zugewiesen, so dass sich am Ende eine Gesamtpunktzahl ergibt.

Download der Broschüre zu den Prüfungsformaten:www.saarland.de/dokumente/thema_bildung/MBA_Broschuere.pdfwww.saarland.de/dokumente/thema_bildung/HSA_Broschuere.pdf

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70 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

10. BEISPIELE FÜR TESTAUFGABEN DES IQB IM FACH DEUTSCH (VERA-8)

Im Folgenden werden drei Aufgaben des IQB ( Glossar) zur Lesekompetenz vorgestellt. Weitere Aufgaben mit ausführlichen didaktischen Kommentaren findet man auf der Webseite des IQB: www.iqb.hu-berlin.de

Die Aufgaben dokumentieren vor allem wesentliche Aspekte von Testaufgaben, die bei nationalen Vergleichsarbeiten Berücksichtigung finden:• Textsortenvielfalt: Es können Textsorten unterschiedlicher Art zur Anwendung kommen. Neben literarischen Texten aller Art werden auch kontinuierliche und diskontinuierliche Texte einbe- zogen (  Aufgabe 2).• Zur Überprüfung beispielsweise der Lesekompetenz, des verstehenden Zuhörens oder der Rechtschreibung finden vor allem geschlossene und halboffene Aufgabenformate Verwen- dung. Mit umfangreichen Schreibaufgaben sind Kompetenzen in diesen Kompetenzbereichen nicht präzise zu erfassen. Ein Leser/eine Leserin kann den Text durchaus verstanden haben, ist allerdings nicht in der Lage, sein/ihr Textverständnis entsprechend schriftlich zu formulieren. Außerdem lassen sich die geschlossenen und halboffenen Aufgabenformate in Testsituationen objektiv auswerten, was bei Schreibaufgaben wegen der vielen möglichen Varianten wesentlich schwerer fällt.

Geschlossene und halboffene Aufgabenformate dürfen hinsichtlich ihres Schwierigkeitsgrades nicht unterschätzt werden. Fragen auf allen Kompetenzstufen sind möglich: Es lassen sich einfa-che Informationsfragen stellen, aber auch komplexe Fragen zur Deutung, zum Gesamtverständnis oder zur Textintention. Unterrichtlich interessant sind diese Testaufgaben in mehrfacher Hinsicht:• Sie können als Übungsaufgaben oder als Aufgaben zur Überprüfung der Lesekompetenz ver- wandt werden.• Vergleichsarbeiten im Rahmen von VERA-8 können inhaltlich nicht vorbereitet werden. Aller- dings ist es sinnvoll, die Schüler/innen mit den verschiedenen Aufgabenformaten vertraut zu machen.• Lehrer/innen können selbst Aufgaben mit geschlossenen Aufgabenformaten konstruieren und im Unterricht einsetzen.• Schüler/innen konstruieren für ihre Mitschüler/innen entsprechende Aufgaben zu Texten. Um Aufgaben zu erstellen, ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem Text erforderlich.

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71 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

10.1 EINEN KONTINUIERLICHEN SACHTEXT VERSTEHEN

Aufgabe 2: Süßholz

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Lass uns Süßholz raspeln - und dann gibt's Lakritz

Von Maren Schürmann

Lakritz - das Süße für Kinder wird zum Genuss für Erwachsene. Im ersten Fachgeschäft Deutschlands gibt's Spezialitäten von Italien bis Island. Und in der Spitzenküche verleiht Lakritz Hirsch und Taube eine feine Note.

Sie verkauft Spinnen, Daumen und Totenköpfe, doch manchmal wünschen Kunden nur den deutschen Klassiker: Schnecken. Rund 400 Sorten Lakritz, in Farbe, Geschmack und Konsistenz unterschiedlich, verkauft Ilse Böge im ersten Fachgeschäft Deutschlands für das kleine Schwarze.

In den Bonbonieren¹ ihres Berliner Lädchens liegen süße Lakritz-Schuhe aus den Niederlanden neben herbsüßem Zitronenlakritz aus Italien und Salz-Salmiaktalern aus Dänemark. „Der Norden isst eher salzig. Im Süden mag das keiner“, erklärt die Expertin. Die Franzosen bevorzugen dagegen eine würzige Note. Und in Mitteleuropa greift man zu milden Sorten.

Wenn überhaupt. Denn traditionell gibt es Lakritz eher in Küstenregionen, die einst gut mit der Grundzutat Süßholz versorgt wurden. Als Ilse Böge zum Studium von Emden nach Berlin zog, kam sie in ein Lakritz-Niemandsland. Die Volkswirtin gab später ihren Job als Unternehmensberaterin auf und investierte in Lakritz. Zunächst auf Wochenmärkten, dann im eigenen Geschäft „Kadó“ -seit dem vergangenen Jahr mit neuer Adresse in Kreuzberg.

Von dort aus reist die 45-Jährige quer durch Europa, bestellt in Belgien und Island, besichtigt kleine Manufakturen. „Die Italiener und die Franzosen machen uns was vor“, beobachtet Böge mit etwas Neid. Da werde noch nach altem Handwerk und Rezept Lakritz hergestellt. Allerdings sind die Menschen dort auch direkt an der Quelle: Die Süßholzpflanze fühlt sich in Ländern wohl, die es im Winter warm haben wie Syrien oder die Mittelmeerländer. Ein Versuch, das Gewächs in einem Berliner Garten zu züchten, ist kläglich gescheitert.

Wie beim Wein

„Aber selbst, wenn das Süßholz gut gedeiht, ist die Ernte mühsam. Sie müssen die Wurzeln so abschneiden, dass die Pflanze weiter wächst“, sagt Ilse Böge.

Und dann gibt es wie beim Wein Faktoren, die die Lese beeinflussen: Wie war das Wetter? Gab es viel Sonnenschein? Wie ist der Boden beschaffen? „Experten schmecken den Unterschied.“

Scharfer Ingwer

Das Süßholz-Raspeln beginnt. Die zermahlene Wurzel - sie sieht aus wie eine Zimtstange - wird dann ausgekocht. Böge zeigt einen Block hart gewordenen, tiefschwarzen Lakritzextrakts, so groß wie ein Brotlaib, und so schwer wie

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72 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Teilaufgabe 1: Süßholz

einen Kommentar.

ein Interview.

eine Nachricht.

eine Reportage.

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um ...Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um ...

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Text: Westfälische Rundschau, Rubrik Panorama, 19.04.2009, © WAZ Mediengruppe

fünf. Doch nur wenige Krümel davon benötigt man, um Lakritz-Stangen und-Schnüre herzustellen.

Für den Geschmack kommen dazu Zucker und Gewürze: Minze, Eukalyptus oder auch Lorbeer. Böges Hausmarke enthält scharfen Ingwer. „Das würde ich Anfängern nicht auf die Zunge legen“, sagt Böge lachend. Um Fortgeschrittenen etwas empfehlen zu können, erkundigt sie sich auch nach den Konsistenz-Wünschen. „Je fester ein Lakritz ist, desto dichter ist es am Naturlakritz, das ist süß, herb, fast ein bisschen bitterlich.“ Das Naturaroma ist ihr wichtig und trotzdem gesteht Böge: „Bei mir muss ein Lakritz knautschen.“ Typisch deutsch.

Stärke, Gelatine oder Gummi Arabicum machen das Lakritz weich. Zum Schluss wird das süße Stück auf Hochglanz poliert - mit Anis oder Bienenwachs. Fertig.

Pferdeblut ist ein Mythos

„Dass Lakritz Pferdeblut enthält, ist ein Mythos“, betont Böge. Die schwarze Farbe entstehe durch den pflanzlichen Kohlenstoff. Für Lebensmittel ist die Farbe Schwarz ja eher ungewöhnlich. (Es sei denn, das Essen ist angebrannt.) „Wegen der Farbe finden Japaner wohl auch Lakritz so dubios“, hat Ilse Böge in ihrem Geschäft beobachtet. In Asien gebe es Lakritz gar nicht.

Bei Ilse Böge gibt es Lakritz eigentlich immer. Warum nicht auf Eis? Mit Lakritzstreusel aus Schweden. „Schmeckt aber auch auf heißem Apfelmus.“ Und dann geht's so weiter: „Eine Prise Lakritzpulver an Salat oder Spaghetti, lecker.“ Bei dem Gedanken an ein Lakritzrisotto lächelt sie verzückt.

Nur bei „Terva“ sieht Ilse Böge schwarz. Die Lakritz-Pastillen aus Skandinavien haben ein strenges Birkenaroma: Die Finnen räuchern nicht nur Lachs, sondern auch Lakritz.

___________________________________________________________

¹Bonboniere: Ein Behälter zur Aufbewahrung von Süßigkeiten.

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73 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Teilaufgabe 2: Süßholz

Teilaufgabe 3: Süßholz

Erkläre, warum an den Küsten Lakritz besonders typisch ist.

?

Woher kommt welche Lakritzsorte? Ordne zu, ein Buchstabe bleibt übrig.

A: Schweden

B: Italien

C: Finnland

D: Niederlande

E: Deutschland

F: Japan

G: Dänemark

Hier Buchstaben

eintragen

Lakritzstreusel

Terva

Salmiaktaler

Schnecken

Lakritz-Schuhe

Zitronenlakritz

Woher kommt welche Lakritzsorte? Ordne zu, ein Buchstabe bleibt übrig.

Erkläre, warum an den Küsten Lakritz besonders typisch ist.

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74 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Bringe das Lakritz-Rezept in die richtige Reihenfolge.

Hier Zahl eintragen

Wurzel auskochen

Wurzeln abschneiden

Süßholz raspeln

Lakritz polieren

Masse würzen

Süßholz anbauen1

Was macht Lakritz schwarz?

Pferdeblut

verbrannter Zimt

Kohlenstoff

Gummi Arabicum

Teilaufgabe 5: Süßholz

Teilaufgabe 4: Süßholz

Bringe das Lakritz-Rezept in die richtige Reihenfolge.

Was macht Lakritz schwarz?

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75 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Ilse Böge …

verkauft verschiedene Süßholzarten.

vertreibt Bonbons in seltsamen Formen.

bietet in ihrem Geschäft Wein an.

handelt ausschließlich mit Lakritz.

Teilaufgabe 6: Süßholz

Teilaufgabe 7: Süßholz

Ilse Böge ...

Bei der Lakritzherstellung werden unterschiedliche Gruppen von Zutaten verwendet. Schreibe jeweils auf, wozu die Zutaten nötig sind.

1. Zutatengruppe: Zucker und Gewürze

2. Zutatengruppe: Stärke / Gelatine / Gummi Arabicum

3. Zutatengruppe: Bienenwachs / Anis

?

?

?

Bei der Lakritzherstellung werden unterschiedliche Gruppen von Zutaten verwendet.Schreibe jeweils auf, wozu die Zutaten nötig sind.

1. Zutatengruppe: Zucker und Gewürze

2. Zutatengruppe: Stärke/Gelatine/Gummi Arabicum

3. Zutatengruppe: Bienenwachs/Anis

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76 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Treffen die folgenden Aussagen auf Ilse Böge zu oder nicht?

Ilse Böge ... trifft zu trifft nicht zu

a) hat für Lakritz ihren gelernten Beruf aufgegeben.

c) verwendet Lakritz als Gewürz in der Küche.

d) liebt jede Art von Lakritz.

b) züchtet Süßholz für die eigene Herstellung.

g) besucht Lakritz-Hersteller in anderen Ländern.

h) importiert Lakritzwaren aus anderen Ländern.

f) betreibt das erste deutsche Lakritz-Fachgeschäft.

e) arbeitet an einem Kochbuch mit Lakritzrezepten.

Teilaufgabe 8: Süßholz

Warum hat das Lakritzhandwerk in südlichen Ländern eine lange Tradition?

?

In einem Absatz des Textes ist von Wein die Rede. Warum?

Die Herstellung von Wein funktioniert ähnlich wie die Herstellung von Lakritz.

Wein wird – ebenso wie Lakritz – in der Spitzenküche verwendet.

Für die Qualität von Süßholz gelten ähnliche Bedingungen wie für die Qualität des Weins.

Dem Wein werden ähnliche Geschmacksstoffe zugesetzt wie Lakritz.

Teilaufgabe 9: Süßholz

Teilaufgabe 10: Süßholz

Treffen die folgenden Aussagen auf Ilse Böge zu oder nicht?Ilse Böge ...

Warum hat das Lakritzhandwerk in südlichen Ländern eine lange Tradition?

In einem Absatz des Textes ist von Wein die Rede. Warum?

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77 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

10.2 EINEN DISKONTINUIERLICHEN SACHTEXT VERSTEHEN

Grafik: „Die Menschheit wächst“ (10.07.2009), Grafiknummer 15041366, © dpa: picture alliance

Was ist in der Abbildung dargestellt?

?

Teilaufgabe 1: Weltbevölkerung

Was ist in der Abbildung dargestellt?

Teilaufgabe 2: Weltbevölkerung

Warum steht Asien in der Abbildung ganz oben?

?Warum steht Asien in der Abbildung ganz oben?

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78 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Vergleiche die Bevölkerungszahlen von Europa und Lateinamerika miteinander. Erkläre mit Blick auf die Abbildung, was sich verändert.

?

Teilaufgabe 3: Weltbevölkerung

Teilaufgabe 4: Weltbevölkerung

Teilaufgabe 5: Weltbevölkerung

Woher kennt man jetzt schon die Bevölkerungszahlen im Jahr 2050?

?

Sind die folgenden Aussagen richtig oder falsch?

b) Die Zahlen für 2050 stammen von der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

a) Die Bevölkerung von Afrika wird sich von 2010 bis 2050 beinahe verdoppeln.

c) 2050 wird es einen Kontinent mit über 5 Milliarden Einwohnern geben.

d) In Nordamerika lebt heute ein Drittel aller Menschen.

richtig falsch

Vergleiche die Bevölkerungszahlen von Europa und Lateinamerika miteinander. Erkläre mit Blick auf die Abbildung, was sich verändert.

Woher kennt man jetzt schon die Bevölkerungszahlen im Jahr 2050?

Sind die folgenden Aussagen richtig oder falsch?

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79 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Teilaufgabe 6: Weltbevölkerung

Welche Informationen sind in der Tabelle in den Zeilen und Spalten dargestellt?

Vergleiche mit der Abbildung und ergänze die Beschriftung der Zeilen und Spalten.

9,15

2,00

1,18

5,23

0,05

0,69

6,91

1,03

0,94

4,17

0,04

0,73

Welche Informationen sind in der Tabelle in den Zeilen und Spalten dargestellt?Vergleiche mit der Abbildung und ergänze die Beschriftung der Zeilen und Spalten.

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80 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

10.3 EINEN LITERARISCHEN TEXT VERSTEHEN

City (1999)

„Hallo“„Hallo“, sagte Shatzy.„Was bekommt ihr?“„Zwei Cheeseburger und zweimal Orangensaft.“„Pommes frites?“„Nein danke.“„Wenn ihr auch Pommes frites nehmt, kostet es dasselbe.“„Macht nichts, danke.“„Cheeseburger, Getränk und Pommes frites, das ist Kombination Nr. 3“, sagte er und zeigte auf ein Foto hinter sich.„Ein schönes Foto, aber wir mögen keine Pommes frites.“„Ihr könnt auch einen doppelten Cheeseburger nehmen, Kombination Nr. 5, das ist ohne Pommes frites, und es kostet genauso viel.“ „Genauso viel wie was?“„Wie ein Cheeseburger mit Orangensaft.“„Ein doppelter Cheeseburger kostet genauso viel wie ein einfacher Cheeseburger?“„Ja, wenn ihr Kombination Nr. 5 nehmt.“„Unglaublich.“„Kombination Nr. 5?“„Nein. Wir wollen nur einen Cheeseburger. Einen für jeden. Keine doppelten Cheeseburger.“„Wie ihr wollt. Aber das ist rausgeschmissenes Geld.“„Macht nichts, danke.“„Also zwei Cheeseburger und zwei Orangensaft.“„Genau.“„Einen Nachtisch?“„Willst du Kuchen, Gould?“„Ja.“„Dann kommt noch einmal Kuchen dazu, danke.“„Diese Woche gibt es für jeden Nachtisch einen gratis dazu.“„Fantastisch.“„Welchen nimmst du?“„Keinen, danke.“„Du musst aber einen nehmen, der ist gratis.“„Ich mag nichts Süßes, ich will keinen.“„Ich muss dir aber einen geben.“„Wie meinst du das?“„Das ist das Angebot der Woche.“„Das hab ich verstanden.“„Also muss ich dir einen geben.“„Was soll das heißen, du musst mir einen geben, ich will keinen, ich mag keinen, ich will nicht so fett werden wie Tina Turner, ich will keine Unterhosen in XXL anziehen, was soll ich machen, muss ich bis nächste

Das folgende Gespräch ist ein Auszug aus einem Roman von Alessandro Baricco (geb. 1958).

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81 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Woche warten, wenn ich nur einen Cheeseburger ohne alles essen will?“„Du kannst ihn ja stehen lassen. Den Gratisnachtisch nehmen und stehen lassen.“„Wozu soll ich ihn dann nehmen?“„Du kannst ihn doch wegwerfen.“„WEGWERFEN? Ich werfe gar nichts weg, wirf ihn doch selber weg, so, ganz einfach, du nimmst ihn und wirfst ihn weg, okay?“„Kann ich nicht, dann schmeißen sie mich raus.“„Oh Gott ...“„Die sind streng hier.“„Na gut, okay, lassen wir das, gib mir den Kuchen.“„Mit Sirup?“„Ohne Sirup.“„Der ist umsonst.“„ICH WEIß, DASS ER UMSONST IST, ABER ICH WILL KEINEN, OKAY?“„Wie du willst.“„Ohne Sirup.“„Sahne?“„Sahne?“„Wir haben Sahne, wenn du möchtest.“„Ich will nicht mal den Kuchen, wie kommst du auf die Idee, dass ich SAHNE will?“„Ich weiß nicht.“„Ich aber: keine Sahne.“„Auch nicht für den Kleinen?“„Auch nicht für den Kleinen.“„Gut. Zwei Cheeseburger, zwei Orangensaft, ein Kuchen ohne alles. Das ist für euch“, fügte er hinzu und streckte Shatzy zwei in Folie gewickelte Päckchen entgegen. „Was ist das denn?“„Kaugummi, ein Gratisgeschenk, darin ist eine Zuckerkugel, und wenn die rot ist, gewinnt man noch zehn Kaugummis, wenn sie aber blau ist, gewinnt man einmal die Kombination Nr. 6 gratis. Ist die Kugel weiß, isst man sie einfach nur auf. Die Regeln stehen auf jeden Fall auf der Verpackung.“„Entschuldige, einen Moment.“„Ja?“„Entschuldigung, aber ...“„Ja?“„Nehmen wir einmal an, ich nehme diesen bescheuerten Kaugummi, ja?“„Ja.“„Und nehmen wir weiter an, dass ich eine Viertelstunde lang drauf rumkaue und dann eine blaue Kugel darin finde.“„Ja.“„Dann müsste ich sie dir, vollgesabbert, wie sie ist, zurückbringen und hier hinlegen, und du würdest mir dafür eine fettige, frittierte und heiße Kombination Nr. 6 geben?“„Gratis.“„Und wann bitte soll ich die essen?“„Ich denke, sofort.“

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82 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

im Hotelrestaurant

in der Schulkantine

im Schnellrestaurant

in der Bahnhofsgaststätte

An welchem Ort spielt das Geschehen?

Teilaufgabe 1: City

Teilaufgabe 2: City

Teilaufgabe 3: City

Im Text sind mehrfach Wörter und Sätze in GROßBUCHSTABEN gedruckt.

Warum hebt der Autor diese Wörter/Sätze hervor? Begründe.

?

Welche Aussage über Shatzys Stimmung passt am besten?

Shatzy ...

ist gut gelaunt und veralbert den Verkäufer während des gesamten Gesprächs.

wird im Verlauf des Gesprächs immer ärgerlicher und ist am Ende sehr genervt.

ist erst schlecht gelaunt, ihre Laune bessert sich im weiteren Verlauf des Gesprächs.

ist von Anfang an völlig desinteressiert und bleibt es während des Gesprächs.

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83 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Teilaufgabe 4: City

Im Folgenden findest du einen kurzen Ausschnitt aus dem Text (Zeile 60-63). Schreibe vor die Zeilen, wer jeweils gerade spricht.

: […] „Wie du willst.“

: „Ohne Sirup.“

: „Sahne?“

: „Sahne?“ […]

Teilaufgabe 5: City

Teilaufgabe 6: City

ironisch.

anerkennend.

bildhaft.

übertreibend.

Wenn Shatzy „fantastisch“ sagt (Zeile 32), dann meint sie das ...

Der Verkäufer sagt im Text manchmal, etwas sei „gratis“ oder „umsonst“. Ulrike sagt: „Eigentlich stimmt das doch gar nicht!“

Stimmst du Ulrike zu? Begründe deine Meinung.

?

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84 INHALTSVERZEICHNIS

BEISPIELE FÜR KOMPETENZORIENTIERTE AUFGABENTYPEN

Teilaufgabe 7: City

Warum macht der Verkäufer die verschiedenen Angebote, obwohl die Kunden sie nicht annehmen wollen?

Er merkt nicht, dass Shatzy kein Interesse hat.

Er hat Angst vor seinen Vorgesetzten.

Er will Shatzy bewusst ärgern.

Er ist so begeistert von den Angeboten.

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85 INHALTSVERZEICHNIS

PRÜFUNGSAUGABEN DEUTSCH IM SAARLAND

11. PRÜFUNGSAUFGABEN DEUTSCH IM SAARLAND FÜR DEN HAUPTSCHULABSCHLUSS UND DEN MITT- LEREN BILDUNGSABSCHLUSS

Auch in den saarländischen Prüfungsformaten für den Mittleren Bildungsabschluss und den Hauptschulabschluss wird die Lesekompetenz mit Hilfe geschlossener und halboffener Aufga-benformate überprüft. Die Überprüfung erfolgt anhand vorgegebener Texte. Im Anschluss sind zwei Aufgaben wiedergegeben, die in der Hauptschulabschlussprüfung Deutsch 2012 und in der Prüfung zum Mittleren Bildungsabschluss 2012 Verwendung fanden (Bildungsserver Saarland: www.saarland.de/bildungsserver.htm).

Hinweise zur 1. Aufgabe (Hauptschulabschluss)Die Items beziehen sich auf einen Textauszug der Pflichtlektüre 2011/2012 Graham Gardner „Im Schatten der Wächter“. Das „Gesamtverständnis“ wird durch zwei geschlossene Aufgabenformate (Multiple-Choice-Aufgabe und Lückentext) überprüft, die „Lesekompetenz“ durch Mehrfachant-worten und durch zwei schriftliche Kurzantworten. Bei der Aufgabenstellung ist immer sehr wich-tig, dass die Schüler/innen die Handlungsanweisung der Operatoren eindeutig verstehen, so dass keine Fehlleistung durch ein mangelndes Aufgabenverständnis verursacht wird.

Hinweise zur 2. Aufgabe (Mittlerer Bildungsabschluss)Die zweite Aufgabe – ein Beispiel aus den Prüfungen für den Mittleren Bildungsabschluss - be-zieht sich auf eine Erzählung von Gabriele Wohmann „Ein netter Kerl“ (1978). Alle vier Aufgaben verlangen nach schriftlichen Antworten. Die 1. Aufgabe überprüft fachspezifisches Wissen, indem die Schüler/innen Merkmale der Kurzgeschichte nachweisen müssen. In der 2. Aufgabe geht es um die Anwendung von fachspezifischem Wissen, in dem die Schüler/innen Beispiele für eine all-wissende Erzählsituation markieren. Der Akzent liegt hier auf der Überprüfung von Fachwissen und nicht von Lesekompetenz.

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86 INHALTSVERZEICHNIS

PRÜFUNGSAUGABEN DEUTSCH IM SAARLAND

11.1 HAUPTSCHULABSCHLUSS: INTERPRETIERENDES SCHREIBEN

Hauptschulabschluss

Fach: Deutsch – Neue Prüfungsformate

Seite 13 von 19

INTERPRETIERENDES SCHREIBEN:

Textarbeit zur Pflichtlektüre

Textgrundlage: Graham Gardner „Im Schatten der Wächter“, cbt 2006.

Aus: Kapitel 4, S. 43 – 44

Aus urheberrechtlichen Gründen kann der Text nicht abgedruckt werden.

I Aufgaben zum Gesamtverständnis

Aufgabe 1 1 Punkt

Welche Situation im Gesamtzusammenhang der Handlung des Romans „Im Schatten der

Wächter“ von Graham Gardner beschreibt dieser Textauszug?

Kreuze die richtige Antwort an.

Der Textauszug beschreibt,

wie die Freundschaft zwischen Elliot und Oliver beginnt.

wie Elliot an seinem ersten Tag im Holminster-Gymnasium Oliver kennen lernt.

wie Elliot seinen Mut zusammennimmt und Oliver anspricht.

wie Elliot sich seinen Mitschülern gegenüber verhält.

Aufgabe 2 3 Punkte

Vervollständige den folgenden Lückentext.

Der Roman „Im Schatten der Wächter“ handelt von dem Schüler Elliot Sutton, der kein

____________ mehr sein will und sich deshalb genau überlegt, wie er sich in der neuen

Schule verhalten muss, um ____________ aufzufallen. Sein Plan gelingt und Elliot wird

sogar von den ____________, die die Gewalt in der Schule organisieren, als ihr möglicher

____________ ausgebildet. Obwohl er große ____________ hat, entscheidet sich Elliot

am Schluss gegen die Wächter und folgt seinem ____________.

Quelle: http://www.saarland.de/dokumente/thema_bildung/HSA_Broschuere.pdf

Page 87: LESEKOMPENDIUM - Landesinstitut für Pädagogik … · kompetenz als das Verstehen einer historischen Quelle oder eines literarischen Textes. Als Ergänzungen zu dem nun vorliegenden

87 INHALTSVERZEICHNIS

PRÜFUNGSAUGABEN DEUTSCH IM SAARLAND

Hauptschulabschluss

Fach: Deutsch – Neue Prüfungsformate

Seite 14 von 19

II. Aufgaben zur Lesekompetenz

Aufgabe 3 3 Punkte

Entscheide, ab folgende Aussagen richtig oder falsch sind.

richtig falsch

Elliot fühlt sich im Holminster-Gymnasium wohl.

Elliot kennt den Gesichtsausdruck, den Oliver hat.

Elliot hat mit Olivers Reaktion auf seinen Namen gerechnet.

Elliot zieht sich aus Angst zurück.

Erleichtert ergreift Elliot die angebotene Hand.

Oliver wird auch beim Training sein.

Aufgabe 4 1 Punkt

Schreibe die Textstelle für die folgende sinngemäße Angabe auf die Linien.

Elliot hält Oliver nicht für vertrauenswürdig.

________________________________________________________________________________

Aufgabe 5 2 Punkte

Erkläre folgende Textstellen.

a) „Die ersten Anzeichen von Ärger zeigten sich während der Frühstückspause.“

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___________________________________________________________________________

b) „Wie im Trance schüttelte Elliot ihm die Hand.“

___________________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

Page 88: LESEKOMPENDIUM - Landesinstitut für Pädagogik … · kompetenz als das Verstehen einer historischen Quelle oder eines literarischen Textes. Als Ergänzungen zu dem nun vorliegenden

88 INHALTSVERZEICHNIS

PRÜFUNGSAUGABEN DEUTSCH IM SAARLAND

11.2 MITTLERER BILDUNGSABSCHLUSS: GESTALTENDES SCHREIBEN

Mittlerer Bildungsabschluss

Fach: Deutsch – Neue Prüfungsformate

Seite 12 von 23

GESTALTENDES SCHREIBEN:

Textarbeit zu einem literarischen Text

Gabriele Wohmann: „Ein netter Kerl“ (1978)

(aus: Habgier. Erzählungen. Rowohlt Verlag. Reinbek 1978, S. 68 – 70)

Aus urheberrechtlichen Gründen darf der Text hier nicht abgedruckt werden.

I. Aufgaben zur Lesekompetenz

Formuliere die Antworten zu den folgenden Aufgaben in ganzen Sätzen.

Aufgabe 1 3 Punkte

Zeige an dem Text drei Merkmale der Kurzgeschichte auf.

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Aufgabe 2 1 Punkt

Der Vater nimmt nicht von Anfang an am Gespräch teil.

Erkläre, weshalb er eine Weile abwesend gewesen ist.

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Aufgabe 3 2 Punkte

Der Erzähler der Geschichte ist ein allwissender Erzähler.

Schreibe zwei Beispiele heraus.

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Aufgabe 4 1 Punkt

Zitiere diejenige Textstelle, an dem das Gespräch die entscheidende Wendung nimmt.

________________________________________________________________________________

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Quelle: http://www.saarland.de/dokumente/thema_bildung/MBA_Broschuere.pdf

Page 89: LESEKOMPENDIUM - Landesinstitut für Pädagogik … · kompetenz als das Verstehen einer historischen Quelle oder eines literarischen Textes. Als Ergänzungen zu dem nun vorliegenden

89 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

12. UNTERRICHTSARRANGEMENTS IM FACH DEUTSCH – UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG WICHTI- GER ASPEKTE DER LESEKOMPETENZ

12.1 UNTERRICHTSREIHE ZUR ÜBERPRÜFUNG UND FÖRDERUNG DER LESEFLÜSSIGKEIT IN DEN KLASSENSTUFEN 5/6

12.1.1 DIDAKTISCHER KOMMENTAR

Vier Dimensionen bestimmen den Begriff der Leseflüssigkeit (Rosebrock/Nix 2012, 31f):• Lesegenauigkeit: die Fähigkeit, die Wörter im Text genau dekodieren zu können• Automatisierung der Dekodierfähigkeit durch anhaltendes Üben• angemessene, schnelle Lesegeschwindigkeit• ausdrucksstarkes Vorlesen: die Fähigkeit zur sinngemäßen Betonung des Gelesenen.Diese vier Dimensionen finden sowohl in der Überprüfung als auch in der Aufgabenkonstruktion Berücksichtigung.

Kontext der AufgabeDer folgenden Aufgabe geht zu Beginn der Klassenstufe 5 eine pädagogische Diagnostik der Le-seflüssigkeit voraus. Diese kann auf zwei Arten erfolgen: a) durch beobachtende Verfahren, die auf Erfahrungswerten beruhen und die vier Dimensio- nen berücksichtigen b) durch den Einsatz erprobter Testverfahren wie z. B.

• der Stolperwörterlesetest: www.wilfriedmetze.de/html/tests.html ( 7.1)• das Salzburger Lesescreening, SLS 5-8 ( 7.3.1)

http://www.testzentrale.de/programm/salzburger-lese-screening-fur-die-klassenstufen-5-8.html• der Lesegeschwindigkeitstest nach Bamberger (2000).

Die Testverfahren überprüfen die ersten drei Dimensionen. Das ausdrucksstarke Vorlesen kann nur von der Lehrperson in konkreten Vorlesesituationen selbst überprüft werden.

Bezüge zu den saarländischen Lehrplänen

KERNLEHRPLAN GEMEINSCHAFTSSCHULE 5/6

LEHRPLAN GYMNASIUM 5/6

Kompetenzbereich Lesen

• über Lesefertigkeit verfügen

Kompetenzbereich Sprechen und Zuhören

• einfache Texte sinngebend vorlesen• grundlegende Gesprächsregeln beachten

Kompetenzbereich Sprache/Sprachgebrauch untersuchen

Kompetenzbereich Schreiben

Kompetenzbereich Lesen/mit Texten umgehen

• über grundlegende Lesefertigkeit verfügen

Kompetenzbereich Sprechen und Zuhören

• einfache Texte sinngebend vorlesen• grundlegende Gesprächsregeln beachten

Kompetenzbereich Sprache/Sprachgebrauch untersuchen

Kompetenzbereich Schreiben

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90 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

12.1.2 UNTERRICHTSARRANGEMENT

UNTERRICHTSSCHRITTE DIDAKTISCHER KOMMENTAR BEZUG ZUM LESEMODELL VON ROSEBROCK/NIX

1. Schritt: Bildung von Lesetandems, die über einen Zeitraum von 2-3 Wochen zusammenarbeiten

Ausgehend von den diagnostischen Ergebnissen setzen sich die Tandems aus einer/einem fortgeschrittenen und einer/einem schwächeren Schüler/in zusammen. Alternativ: Zusammenstellung über das Zufallsprinzip

Subjektebene

soziale Ebene

2. Schritt: Festlegung des Reglements:

• z. B. Lesetrainer/in ist für den Lesesportler/die Lese- sportlerin verantwortlich• Festlegung der Leseschritte• Festlegung der Rechte des Lesetrainers/der Lesetrainerin

Die Regeln werden auf einem Poster festgehalten.

Subjektebene

soziale Ebene

3. Schritt:Die Tandems erhalten ihrem Kompetenzniveau adäquate Texte.

Es empfiehlt sich hier, auf entsprechen-de differenzierte Lesetexte zur Lese-geläufigkeit von „Lesen. Das Training. Stufe II“ von Bertschi-Kaufmann zurückzugreifen. Die Texte enthalten jeweils die Anzahl der Wörter und die Richtzeit für die Lesezeit.Für den Tandempartner/die Tandem-partnerin existiert ein Kontrollheft, in dem er/sie Auffälligkeiten, Tipps und Dauer der Lesezeit als Grundlage für ein Feedback dokumentiert. Differen-zierungsmöglichkeit für schwächere Schüler/innen bietet die Stufe I und ebenso die Möglichkeit, mit Texten aus dem Trainingsheft der Klassen-stufe 4 zu arbeiten.

Prozessebene

Subjektebene

soziale Ebene

4. Schritt:Alle Schüler/innen lesen gleichzeitig im Tandem.

klare Rollenverteilung:• Lesesportler/in liest den Text• Lesetrainer/in protokolliert je nach Auftrag, hilft gegebenen- falls bei Stockungen.

Um die Lautstärke zu begrenzen, hal-ten die Schüler/innen einen Abstand von 30 cm.Damit die Schüler/innen ein Gespür für Lautstärke im Verhältnis zur Entfernung von Kommunikations-partner/inne/n und Raum entwickeln, sind theatralische Distanzsprechübun-gen empfehlenswert.

Prozessebene

Subjektebene

soziale Ebene

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91 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

Ziel ist, längerfristig akustische Empathie auszubilden.Die Lehrperson agiert als mode-rierende und ordnende Instanz.

5. Schritt:unmittelbares Feedback durch Lesetrainer/in

Das Feedback erfolgt nach vorab festgelegten Kriterien, z. B.:Wörter richtig gelesen, deutliche Aussprache, Lesezeit, Lautstärke, Lesefluss, Leseausdruck

Prozessebene

Subjektebene

soziale Ebene6. Schritt und Folgeschritte:ähnliches Vorgehen bei weite-ren Texten über den gesamten Projektzeitraum

Jedes Tandem führt ein Leseport-folio, in dem die Texte und Pro-tokollbögen der Trainer/innen gesammelt werden. Das Portfolio wird der Lehrperson nach festge-legten Zeiträumen vorgelegt und kommentiert.

Prozessebene

Subjektebene

soziale Ebene

Letzter Schritt: Wettbewerb aller Tandems Der Wettbewerbscharakter hat

sich gerade in diesen Zusammen-hängen als sehr effizient heraus-gestellt.

Prozessebene

Subjektebene

soziale Ebene

Möglichkeiten der Weiterarbeit1. Wenn sich im Wettbewerb herausstellt, dass die Leseflüssigkeit noch immer defizitär ist, emp- fiehlt sich die Wiederholung des Zyklus mit neuen Texten und evtl. neuen Tandems.2. Das Training der Leseflüssigkeit kann auf die gleiche Weise auch in anderen Fächern durchgeführt werden.

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92 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

12.2 DOPPELSTUNDE ZUR ANWENDUNG VON LESESTRATEGIEN IN DEN KLASSENSTUFEN 5/6

Mit den Flügeln von Kontinent zu Kontinent, aus: A. Bertschi/Kaufmann, Lesen. Das Training, 2008, 11

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93 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

12.2.1 DIDAKTISCHER KOMMENTAR

TextgrundlageTextgrundlage ist ein Sachtext über eine Tierart. In der Regel sind diese Sachtexte einfach struktu-riert, so dass sie sich zur Thematisierung von Lesestrategien besonders eignen. In den Klassenstufen 5/6 sollte allerdings nicht mit dem abstrakten Begriff ‚Lesestrategie’ im Unterricht gearbeitet werden, sondern mit dem Begriff ‚Lesewerkzeug’ oder ‚Leseschlüssel’.

Kontext der AufgabeDie Aufgabe ist eingebettet in eine Unterrichtsreihe zur Vermittlung von Lesestrategien. Am Ende der Unterrichtsreihe steht ein Lernposter oder eine Werkzeugkiste, die wichtige Lesewerkzeuge visuali-siert. Die Schüler/innen sollen über ein nicht zu umfangreiches Repertoire an Werkzeugen verfügen, die sie in Abhängigkeit von ihrer Kompetenzentwicklung mit Hilfe oder - das ist das Ziel - selbststän-dig anwenden können. Die Lesestrategien müssen in den Klassenstufen 5 und 6 ständig vertieft und eventuell auch ergänzt werden. In der Doppelstunde liegt der Schwerpunkt auf der Aktivierung des Vorwissens durch die Untersuchung des Zusammenhangs von Text und Bild sowie die Erstellung eines Assoziogramms und der reduktiven Strategien „Zusammenfassen und Oberbegriffe bilden“. In einem letzten Schritt werden die angewandten Lesestrategien und ihre Funktion zusammenfassend reflektiert ( Glossar: Metakognition).

Bezüge zu den saarländischen Lehrplänen

KERNLEHRPLAN GEMEINSCHAFTSSCHULE 5/6

LEHRPLAN GYMNASIUM 5/6

Kompetenzbereich Lesen

• über Lesefertigkeit verfügen• sinnerfassend lesen• Lesestrategien kennen• mithilfe des Vorwissens die zentrale Textaus- sage (…) ermitteln

Kompetenzbereich Sprechen und Zuhören

• die Standardsprache nutzen• einfache Redebeiträge leisten• kleinere, ergebnisorientierte Diskussionen führen

Kompetenzbereich Sprache/Sprachgebrauch untersuchen

• leicht erkennbare Möglichkeiten der Textstruk- turierung kennen

Kompetenzbereich Lesen/mit Texten und Medien umgehen

• einfache nicht lineare Texte auswerten• zentrale Textaussagen ermitteln und Vermu- tungen mit Hilfe des Vorwissens äußern• Inhalte in Form visueller Darstellungsformen veranschaulichen• sinnerfassend lesen

Kompetenzbereich Sprechen und Zuhören

• die Standardsprache nutzen• verständliche, strukturierte und zusammen- hängende Sprechbeiträge formulieren

Kompetenzbereich Sprache/Sprachgebrauch untersuchen

• Möglichkeiten der Textstrukturierung kennen

Kompetenzbereich Schreiben

• Texte mithilfe neuer Medien verfassen• Möglichkeiten zur Überprüfung der sprachli- chen Richtigkeit kennen und nutzen

Kompetenzbereich Schreiben

• Inhalte textsortenspezifisch zusammenfassen

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94 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

12.2.2 UNTERRICHTSARRANGEMENT

UNTERRICHTSSCHRITTE DIDAKTISCHER KOMMENTAR BEZUG ZUM LESEMODELL VON ROSEBROCK/NIX

1. Schritt:über äußere Merkmale von Text und Bild sprechen

• Sammeln von Schülerbeiträ- gen zu auffälligen Merkma- len des Textes, z. B. zum Ti- tel, Bild, Zwischenüber- schrift, Funktion des Bildes für den Leser/die Leserin• Notieren erster Ergebnisse an der Tafel

Hinweis auf die Bedeutung der Aktivierung des Vorwissens für den Leseprozess; Vorwis-sen entlastet den Leseprozess insbesondere bei schwächeren Leser/inne/n.

Dabei sind zwei Ebenen zu unterscheiden:1. textstrukturierende äußere Merkmale (1. Schritt)2. thematische Aspekte (2. Schritt).

Auf der Subjektebene erhalten die Schüler/innen die Möglich-keit, sich mit ihrem Wissen und ihren Ideen einzubringen und können so über die aktive Betei-ligung Motivation zur Lektüre des Textes aufbauen.

2. Schritt: über das Thema sprechen

• Erstellen eines Assozio- gramms zum Thema „Storch“ auf einem Plakat

Auf der Prozessebene findet thematisch eine Vorentlastung des Schülers statt. Auf der Subjektebene wird auch hier Motivation und Beteiligung der Schüler/innen geschaffen.

3. Schritt: individuelle Lektüre des Textes

Auf der Prozessebene findet die erste Bildung lokaler und globa-ler Kohärenz statt.Auf der Subjektebene kann durch die thematische Vorent-lastung das Selbstkonzept als Leser/in positiv beeinflusst werden.

4. Schritt: Auseinandersetzung mit dem Text im Tandem oder in einer Vierergruppe

Differenzierungsmöglichkeiten:

In der Klasse sind folgende Differenzierungsmöglichkeiten denkbar:

schwächere Leser/innen: Sie erhalten eine strukturieren-de Zuordnungsaufgabe ( S. 94)

stärkere Leser/innen: individuelle Lektüre des Textes

Auf der Prozessebene geht es nun um den Erwerb von Text-strukturen.

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95 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

Zwischenschritt: Vorbereitung der Schreibauf-gabe:Besprechung der Ergebnisse im Plenum und Sicherung der Oberbegriffe an der Tafel als Voraussetzung der Schreibauf-gabe ( 5. Schritt)

und Benennung wichtiger Oberbegriffe, z. B.1. Abschnitt: Zugvögel2. Abschnitt: Nahrungssuche3. …

Auf der sozialen Ebene tritt nun die Anschlusskommunikation in den Vordergrund.Auf der Prozessebene wirkt die Darstellung von Textstruktur positiv auf die Herstellung loka-ler und globaler Kohärenz.

5. Schritt: schriftliches Zusammenfas-sen des Textes als Überprü-fung des Textverständnisses (Einzelarbeit)

Die Zusammenfassung kann auch als Hausaufgabe in Form einer E-Mail gestaltet werden. Diese E-Mail wird einem vor-her festgelegten Partner/einer vorher festgelegten Partnerin zugeschickt. Der Partner/die Partnerin markiert Verständ-nisprobleme, die am nächsten Tag im Unterricht im Rahmen einer kleinen Schreibkonferenz besprochen werden.

6. Schritt: Sprechen über die hier ange-wandten Lesewerkzeuge

• Erstellung einer Liste mit den angewandten Lesewerk- zeugen ( S. 96)

• evtl. Erstellung eines Lern- plakats ( S. 97) oder Werk- zeugkoffers

Ein Werkzeugkoffer kann aus einer Kiste bestehen, in die Werkzeugkarten gelegt werden, auf denen jeweils ein wichtiges Lesewerkzeug und seine Funk-tion beschrieben sind.

Auf der Subjektebene wird durch die Reflexion über die angewandten Werkzeuge das Selbstkonzept als Leser/in insofern positiv beeinflusst, als er/sie diese als Instrumente erkennt, die ihm/ihr beim Ver-stehen eines Textes helfen.

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96 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

Möglichkeiten der Weiterarbeit• Beispiel für ein Set von Übungsaufgaben als Gruppenarbeit:

Die Schüler/innen erhalten ähnliche Texte, in denen Tiere vorgestellt werden. Als zentrale Auf-gabe erhalten sie den Auftrag, in kleinen Gruppen festzulegen, mit welchen Lesewerkzeugen die Texte am besten bearbeitet werden können. Weiterführend kann die Aufgabe jeweils durch eine Schreibaufforderung ergänzt werden, die Grundlage für die spätere Vorstellung der Gruppenar-beit im Plenum ist. Wichtig ist, dass hier nicht alle Schüler/innen den gleichen Text bearbeiten. Es besteht Wahlmöglichkeit. Die Textvorlagen sollten unterschiedliche Schwierigkeitsgrade ha-ben und die Interessensschwerpunkte der Schüler/innen berücksichtigen.

• Beispiel einer Zuordnungsaufgabe:Die angegebenen Begriffe können von den Schüler/inne/n ausgeschnitten und parallel zu den Ab- schnitten auf dem Textblatt aufgeklebt werden. Eine Differenzierung wäre möglich, indem man 1 bis 2 Kreise leer lässt und diese von den Schüler/inne/n ausgefüllt werden müssen.

Nahrung in Europa

Nahrung in Afrika

Lebensraum

FlugrichtungFlugstrecke

Flugdauer

• Übersicht über die hier angewandten Lesewerkzeuge:Mögliche Tafelanschrift bzw. Vorschlag für ein Lernplakat, das sukzessive durch weitere wichtige Lesewerkzeuge ergänzt wird.

LESEWERKZEUG WOBEI HILFT DAS LESEWERKZEUG?

1. auffällige äußere Textmerkmale (bzw. Bil- der) untersuchen

• Klärung von Zusammenhängen Bild und Text• Erkennen von Textsorten• Untersuchung besonderer Auffälligkeiten, z. B. Fettdruck, Zwischenüberschriften• Erwartungen der Schüler/innen an den Text • Benennung von Lesezielen der Schüler/innen

2. Veranschaulichung (Visualisierung) des Themas, z. B. durch ein Cluster, Assozio- gramm, Mind-Map, je nach Leistungsstand der Lerngruppe

• Erleichterung des Textverständnisses• Verstehen der Struktur, des Aufbaus

3. Oberbegriffe zu Textabschnitten finden • Untersuchung des Textaufbaus als Hilfe zum Leseverstehen und Verstehen zentraler inhalt- licher Aspekte

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97 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

4. Zusammenfassen • Selbstkontrolle im Hinblick auf das Textverste- hen aus der Sicht des Schülers/der Schülerin• Rückschlüsse bezüglich des Textverständnis- ses aus der Sicht der Lehrperson

• Formulierungsvorschlag für ein Lernplakat

LESEWERKZEUGE AUFGABEN

1. Welche Text- und Bildsignale erhalte ich? Erste Hilfe zum Verstehen von Inhalt und Aufbau

2. Was weiß ich über das Thema? Hilfe zum Verstehen des Inhalts

3. Welche Oberbegriffe gliedern den Text? Hilfe zum Verstehen des Aufbaus

4. Kann ich den Text schon mündlich oder schriftlich mit eigenen Worten anhand einer Gliederung durch Oberbegriffe wiedergeben?

Überprüfung des Textverstehens

12.3 VERKNÜPFUNG VON LESEKOMPETENZ UND „INTERMEDIALER KOM- PETENZ“ IM SYMMEDIALEN DEUTSCHUNTERRICHT AM BEISPIEL VON WOLFGANG HERRNDORFS ROMAN „TSCHICK“ IN DER KLASSENSTUFE 9

12.3.1 DIDAKTISCHER KOMMENTAR

Ziele des symmedial orientierten Literaturunterrichts Volker Frederking versteht unter dem Begriff "symmedial" im Zusammenhang mit dem Litera-turunterricht eine Verbindung verschiedener medialer Formen (Frederking 2010, Bd. 2, 526f). Damit sind Bücher sowie Hörbücher, Hörspiele, Theateraufführungen, Verfilmungen, Illustrati-onen, Umsetzungen im Internet u. ä. gemeint. Frederking geht es vor allem um die Betonung des Miteinanders der verschiedenen Künste und Medien. Ziel eines symmedial orientierten Literatu-runterrichts ist die Kompetenz zu intermedialer Analyse und die Schärfung der Wahrnehmungs- und Beobachtungsfähigkeit im Hinblick auf mediale und ästhetische Differenzen und Parallelen. Es sollte jederzeit im Bewusstsein der Lehrpersonen und Schüler/innen sein, dass jegliche Art der (medialen) Umsetzung eine Interpretation des literarischen Ausgangstextes bedeutet.

Im nachfolgenden Beispiel wird der Versuch unternommen, die Lesekompetenz mit dem As-pekt der intermedialen Kompetenz zu verknüpfen. Intermedial heißt, dass die Schüler/innen durch analysierende Vergleiche die unterschiedlichen Darstellungsstrategien verschiedener Me-dien untersuchen und erkennen. Literatur vermittelt sich nicht nur über Printmedien, sondern auch über audiovisuelle (Literaturverfilmungen) oder auditive Medien (Hörbücher, Hörspiele). In der Klassenstufe 6 könnte man beispielsweise antike Sagen in der Nacherzählung von Gus-tav Schwab (z. B. „Die Geschichte des Polyphem“) vergleichen mit Episoden unterschiedlicher Verfilmungen des Stoffes.

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98 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

Bezüge zu den saarländischen LehrplänenDie folgende Übersicht ist dem Kernlehrplan Deutsch Gemeinschaftsschule (Klassenstufen 9/10) entnommen (www.saarland.de/dokumente/thema_bildung/KLP_De_GemS_Juli_2012.pdf).

Für die saarländischen Gymnasien liegen bisher kompetenzorientierte Lehrpläne nur für die Klas-senstufen 5 bis 8 bzw. 10 vor (Schuljahr 2014/15). Der Schwerpunkt des Unterrichtsvorschlags liegt auf dem Kompetenzbereich „Lesen - mit Texten und Medien umgehen“. Für die Unterrichts-reihe besonders wichtige Kompetenzen sind hervorgehoben.

KERNLEHRPLAN GEMEINSCHAFTSSCHULE 9/10

LEHRPLAN GYMNASIUM KLASSENSTUFE 9

Kompetenzbereich Sprechen und Zuhören

• Informationen auch während des Zuhörens durch Notizen sichern (S. 12) • Texte vorlesen und vortragen und die Dar- stellung kriterienorientiert bewerten (S. 10)• literarische Texte szenisch interpretieren (S. 12)•GestaltungsmittelderVortragendenbewer- tenundbeurteilen/szenischeDarstellungen vergleichenundbewerten(S.12)

Kompetenzbereich Schreiben

• Ergebnisse einer Textuntersuchung darstellen, u. a. Interpretation (S. 17)• eigene und fremde Texte hinsichtlich Aufbau, Inhalt und Formulierung bewerten und über- arbeiten (S. 17)

Kompetenzbereich Lesen – mit Texten und Medien umgehen

• sich Werke bedeutender Autor/inn/en (…) erschließen: z. B. Jugendliteratur (S. 22)•unterschiedlicheTextsortennachMerkma- lenundWirkungsweisenunterscheiden unddeuten(S.22)• Strukturelemente zur Interpretation nutzen (S. 22)•analytischeMethodenselbstständig an- wenden,umeigeneDeutungsansätzezu entwickeln(S.23)• produktive Methoden zur Deutung nutzen, z. B. szenische Umsetzung (S. 23) •Gestaltungsmittel(z.B.Merkmaleeines Hörspiels,einesFilms(…)undderenWir- kungerkennen,Intentionenerschließen (S.26)

Derzeit werden die gymnasialen Lehrpläne unter Berücksichtigung der Kompetenzen bearbeitet.

Sobald die Überarbeitung (Lehrplan Klassen-stufe 10 Sommer 2014, Klassenstufe 9 Sommer 2014) publiziert wird, erfolgt eine Ergänzung durch Hinweise auf die entsprechenden Kompe-tenzen im Lehrplan.

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99 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

Kompetenzbereich Sprache und Sprachge-brauch untersuchen

•Sprechweisenbeurteilenundbewerten (S. 30)

Begründung der TextauswahlDer Jugendroman „Tschick“ bietet nicht nur auf der inhaltlichen Ebene zahlreiche Anknüp-fungspunkte an die Lebenswelt von Jugendlichen, sondern er ermöglicht auch auf der Ebene der Medialität eine Anbindung an die Welt der Schüler/innen. Er eröffnet auf diesem Wege die Chance der Schulung der inter- bzw. transmedialen Kompetenz, da neben dem Roman auch eine Hörspielfassung und ein Hörbuch sowie eine Bühnenfassung des saarländischen Staatstheaters vorliegen, die über das Theaterpädagogische Zentrum des Staatstheaters (TPZ) zu beziehen ist: www.theater-saarbruecken.de/junges-sst/tpz.html

12.3.2 UNTERRICHTSARRANGEMENT

Die Schüler/innen untersuchen die Anfangssequenz in den unterschiedlichen Medien.

UNTERRICHTSSCHRITTE DIDAKTISCHER KOMMENTAR

BEZUG ZUM LESEMODELL VON ROSEBROCK/NIX

1. Schritt:

Vorwissen aktivieren

• Bestimmung (in Dreier- oder Vierergruppen) von zwei oder mehreren Merk- malen, die auf die jeweilige Textsorte ( Jugendroman, Hörbuch, Hörspiel) bezogen sind

• Sammlung und Auswertung der Ergebnisse im Plenum

Es empfiehlt sich, den Unter-richt nach den Prinzipien des Kooperativen Lernens mit den jeweiligen Teilschritten („think - pair - share“ Brüning/Saum 2009) zu organisieren.

Ziele/Funktionen:

• Aktivierung von Vorwissen• Schaffung einer Erwar- tungshaltung auch im Hin- blick auf die Form• Annäherung an den Schwerpunkt der Reihe: Art der Umsetzung in ver- schiedenen Medien und deren Unterschiede und Zusammenspiel

In dieser Arbeitsphase geht es auf der Prozessebene vorrangig um die Bewusstmachung von Superstrukturen und Darstel-lungsstrategien.

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100 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

2. Schritt:

Untersuchung der Anfangs-sequenz in den unterschied-lichen Medien im Hinblick auf vorgegebene Kriterien

Organisation in der Dreier-gruppe:

• Je ein/e Schüler/in liest den Text, hört das Hörspiel bzw. hört das Hörbuch.

• Es folgen ein spontaner Austausch in der Gruppe und schriftliche Fixierung der Unterschiede zwischen den Medien.

Es findet eine erste Hinfüh-rung zu den unterschiedlichen Mitteln der Darstellung und ihrer Wirkung in den jeweili-gen Medien statt.

Möglichkeiten der Differen-zierung:

In dieser Phase müssen die Schüler/innen die in den vor-angegangenen Klassenstufen erworbenen Lesestrategien selbstständig anwenden. Schwächere Lerngruppen können durch entsprechende Hör- und Leseaufträge Hilfen für die Gruppenarbeit erhalten (u. a. Gestaltung des Raumes, Verhalten der Personen, At-mosphäre).

Die Schüler/innen beschäf-tigen sich mit der Funktion folgender Elemente:

• Ich-Erzähler im Vergleich zur dialogischen Version • Geräusche und andere sze- nische Elemente im Hörspiel• Vorleser im Hörbuch.

Auch der Umgang mit Span-nung, Humor und Identifikati-onsangeboten wird thematisiert.

Neben der Prozessebene kommt nun die Subjektebene stärker zum Tragen, da die Schüler/innen einerseits ihre Gewohnheiten und Präferen-zen im Umgang mit Texten mit ins Spiel bringen (z. B. Präferenz auditiver Medi-en), andererseits durch das Angebot einer Auswahl an Umsetzungen des Textes ggf. mit mehr Motivation an die Analyse gehen als bei einer eindimensionalen Lektüreva-riante.

3. Schritt:Vorstellung der Gruppen-ergebnisse im Plenum und gemeinsame schriftliche Fixierung von Merkmalen der verschiedenen Medien an der Tafel

Berücksichtigung finden z. B.:• Person des Erzählers (Stim- me/Gedanken)• Atmosphäre (Geräusche/ Spannung)

Hier geht es allerdings nicht nur um eine reine Analyse der verschiedenen Darbietungsfor-men und ihrer Mittel, sondern: nun sollte auch zur persön-lichen Stellungnahme im Hinblick auf die Medienum-setzung aufgefordert werden. Auf dem Wege der Äußerung zu unterschiedlichen Medi-enpräferenzen gelangt der lebensweltliche Bezug in die Arbeit am Roman.

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101 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

• Darstellung der anderen Personen • stilistische Elemente (Hu- mor, Sprache der Figuren)

Je nach Grad der Kompetenzentwicklung der Schüler/innen und unter Berücksichtigung ihrer Inte-ressensschwerpunkte können verschiedene Wege beschritten werden, die unterschiedlich stark den Aspekt der Symmedialität berücksichtigen.

Variante 1Schüler/innen vergleichen selbstständig die unterschiedlichen medialen Formen

UNTERRICHTSSCHRITTE DIDAKTISCHER KOMMENTAR BEZUG ZUM LESEMODELL VON ROSEBROCK/NIX

1. Schritt:individuelle Lektüre des ge-samten Textes und Definition der Schlüsselstellen in den Dreiergruppen

2. Schritt:

Durchführung systematischer Vergleiche zwischen Hörspiel, Hörbuch und Roman anhand eines vorher definierten Krite-rienkatalogs

3. Schritt:

Herausarbeitung der zentralen Unterschiede zwischen den Medien in den Dreiergruppen und Besprechung im Plenum

Möglichkeit der Differenzierung:

In leistungsschwächeren Gruppen kann der Lektüre-prozess durch Leseaufträge gelenkt werden.

Der Schwerpunkt liegt hier auf dem Austausch der Schü-ler/innen über die verschiede-nen medialen Umsetzungen.

Auf der Prozessebene bilden die Leser/innen nun Makrostruktu-ren, d. h. sie entwickeln eine strukturierte Vorstellung vom Textinhalt als Ganzem. Damit wird globale Kohärenz hergestellt.Beim Vergleich der unterschiedli-chen medialen Umsetzung wer- den mit Hilfe der vorher erwor-benen Superstrukturen, die die textsortenspezifischen Charak-teristika erfassen, während des Lesens Hypothesen gebildet.

Auf der sozialen Ebene sichert der Austausch über das Gelese-ne mit anderen ein intensiveres Textverständnis. Zudem ist der Anreiz zum Lesen stärker.

Variante 2 Schüler/innen erarbeiten selbstständig Analysekriterien zur Unterscheidung der medialen Formen und setzen nach einem Vergleich eine Textvariante szenisch um

UNTERRICHTSSCHRITTE DIDAKTISCHER KOMMENTAR BEZUG ZUM LESEMODELL VON ROSEBROCK/NIX

1. Schritt:

Analyse mindestens eines wei-teren Textauszugs (Vergleich aller drei Textvarianten)

Bei dieser Aufgabe werden zuvor erarbeitete Kriterien, die typisch für das jeweilige Medium sind, auf eine weitere - geschickt ausgewählte - Text-stelle übertragen.

Auf der Prozessebene geht es nun über den Erwerb der Kennt- nis der Strukturen und Darstel-lungsstrategien hinaus hin zum selbstständigen strategischen Umgang mit den Textformen.

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102 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

2. Schritt:

Entwickeln weiterer Kriterien zur Textsortenunterscheidung durch die Schüler/innen (z. B. Darstellungsformen der übri-gen Figuren)

3. Schritt:

Vergleich der Textgrundlage mit dem Skript der Bühnen-fassung

4. Schritt:

Umsetzung eines Textauszugs in Form eines Poetry Slam, einer eigenen Inszenierung oder Verfilmung

Ist der Umgang mit den be-kannten Aspekten gesichert, können die Schüler/innen dazu aufgefordert werden, eigene er-gänzende Analysekriterien zu entwickeln.

Auf dieser Ebene sollten auch Aufgaben zur Konvergenz der Medien, nicht nur zur Diver-genz gestellt werden, d. h. Auf-gaben, die stärker auf das Zu-sammenspiel der Medien, und nicht nur auf ihre Unterschied-lichkeit abzielen.

Der Anspruch an die Analy-sefähigkeit ist bei der Aufgabe des Vergleichs mit der Bühnen-fassung besonders hoch. Um die affektive Kompo-nente zu betonen, sollten die Schüler/innen Gelegenheit zu spontanen Äußerungen erhal-ten, um ihre Eindrücke und Wahrnehmungen mitzuteilen. Frederking betont, dass ästhe-tische Bildung aus kognitiven und ebenso emotionalen Fa-cetten (Frederking 2010, 536) besteht, die ernst genommen werden müssen.

Frederking betont zudem (2010, 529), dass jegliche symmediale Analyse durch eigenaktive, produktiv-kreative Verarbeitung der Schüler/in-nen ergänzt werden sollte, um die Gestaltungsmittel selbst zu erproben, die eigene Person stärker einzubringen und somit auch aktiv die erworbe-ne Kompetenz unter Beweis stellen zu können.

Auf der Subjektebene wird durch die erworbene Sicherheit bei der Analyse das Selbstkon-zept der Leser/innen gestärkt und allmählich die Anschluss-kommunikation angebahnt.

Durch die Aufforderung zur spontanen Äußerung und die Erfahrung einer gewissen Si-cherheit im Umgang mit Me-dienanalyse und Medienver-gleich wirkt sich die Aufgabe positiv auf das Selbstkonzept der Leser/innen aus.

Zudem kommt hier die soziale Ebene ins Spiel: Das kulturelle Leben wird in den Unterricht geholt, An-schlusskommunikation über die Diskussion (idealerweise auch mit dem Regisseur des Theaterstückes) findet statt.

Auf der Subjektebene können die Schüler/innen ihre eigene Lebenswelt, ihre Handlungs-zusammenhänge und Belange einbringen.Auf der sozialen Ebene kommt hier die Anschluss-kommunikation ins Spiel, die in der Auseinandersetzung der Schüler/innen untereinander sowie im Kontakt mit dem Publikum stattfindet.

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103 INHALTSVERZEICHNIS

UNTERRICHTSARRANGEMENTS

12.4 WOCHENPLAN: ORGANISATION EINES BALLADENABENDS IN DER SCHULE

12.4.1 DIDAKTISCHER KOMMENTAR

Der nachfolgende Wochenplan wurde von einer Arbeitsgruppe im Rahmen eines LPM - Work-shops zum Thema „Differenzieren und Individualisieren im Deutschunterricht“ realisiert. Er zeigt, wie Aufgaben zur Lesekompetenz in Methoden eines differenzierten Deutschunterrichts integriert werden können. Die Aufgaben – Basis-, Trainings- und Expertenaufgaben – repräsentieren jeweils unterschiedliche Aufgabenniveaus und stellen Bezüge zu den Kompetenzen her.

12.4.2 ÜBERSICHT ÜBER DIE AUFGABENSTELLUNG

Die Zusammenstellung des Wochenplans orientiert sich an dem Lehrbuch „P.A.U.L.D. - Persönliches Arbeits- und Lesebuch Deutsch. Für Gymnasien und Gesamtschulen“ für die Klassenstufe 7, 2012.Die Ziffern vor den Kompetenzformuliereungen beziehen sich auf die "Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Mittleren Schulabschluss "- Beschlüsse der Kultusministerkonferenz 2003 (www. kmk.org  Bildungsstandards).

KOMPETENZEN BASISAUFGABEN TRAININGSAUFGABEN EXPERTENAUFGABEN3.2. Literarische Texte verstehen und nutzen3.2.1. sich aktuelle und klassische Texte erschlie-ßen, z. B. Balladen

- Verständnis- und einfache Interpretationsfragen zu einfachen Balladen beant- worten, z. B. Zauberlehr- ling (70; 70,1; 72,3; 73,4), Ritter Kauz (84; 85,2), Maulwurf (75; 76,3)- W-Fragen- Bilder zuordnen (82,1)- Lücken ergänzen (82,2)

- komplexe Verständnis- und Interpretationsfragen zu schwierigen Balladen beant- worten, z. B. Verwunschen (78; 78,2), Handschuh (81)- Sprichwort erklären (74,5)- Konsequenzen ziehen (74,6)- Motive und Eigenschaften herleiten (82,3)

- Wirkung sprachlicher Gestaltungsmittel be- schreiben, z. B. Komik (76,1)- Gattungsmerkmale ablei- ten (76,4)

3.2.6. Verhalten und Handlungen literarischer Figuren charakterisieren, ihre Verhaltensweise und Motive erklären und bewerten

1.5. Szenisches Spiel1.5.2. kurze literarische Texte oder Schlüsselsze-nen durch szenisches Spiel erschließen

- Dialoge mit verschiede- nen Farben markieren (78,1)- Gefühle/Stimmungen beschreiben (72,3)- in verteilten Rollen vor- tragen (76,2; 85,4)

- Vortrag mit passender Mimik, Gestik und Sprechweise gestalten (31; 74,8a)- Fortsetzung szenisch gestalten (79,6a)

- Perspektivenwechsel szenisch gestalten (74,7; 76,7; 83,4)- Alternative in Balladen- form gestalten (74,8d)- Tipps zur szenischen Gestaltung (83,5; L)

1.5.3. unterschiedliche verbale und nonverbale Mittel ausprobieren und reflektieren

- Standbilder stellen (74,8b)- Gefühle pantomimisch darstellen (74,31)- Stimmungen musikalisch untermalen (74)

- Comic zu Ballade zeich- nen (74,8a; 77,8)

3.4. Medien verstehen und nutzen3.4.5. Medien für eigene Produktionsversuche nut-zen, z. B. Hörtexte

- Vortragsweisen für Bal- laden recherchieren, z. B. Rap (74,8f)

- Hörspiel zu einer Ballade gestalten, z. B. Knabe im Moor

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104 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

13. GLOSSARA

AnschlusskommunikationIm Mehrebenenmodell des Lesens von Rosebrock/Nix wird auf der sozialen Ebene des Lesens der Anschlusskommunikation über Texte in Familie, Schule oder mit Freunden eine zentrale Rolle zugewiesen. Lesen ist eben keine einsame Angelegenheit, sondern stark an das Bedürfnis nach Austausch gebunden. Die Anschlusskommunikation kann nicht nur Anlass sein, sondern dient auch der intensiven Beschäftigung mit dem Text, dem Akzeptieren anderer Deutungen oder der Konsensfindung. Vor allem die Schule kann Anschlusskommunikation gezielt initiieren und so auch zur Steigerung der literarischen Kompetenz beitragen. Aufgaben zur Anschlusskommunika-tion fördern die literarische Sozialisation und steigern im Idealfall auch die literarische Faszination und Lesemotivation.

Aufgabenformate/Aufgabenformen Unter Aufgabenformat/Aufgabenform werden hier definierte Aufgaben verstanden, wie sie in Klassenarbeiten oder Prüfungsaufgaben Verwendung finden. Sie sind Konkretisierungen der ver-schiedenen Aufgabentypen. Aufgabenformate für den Mittleren Bildungsabschluss im Saarland sind beispielsweise die Erörterung eines Sachthemas, die Textarbeit zu pragmatischen/literari-schen Texten und zur Pflichtlektüre sowie die Textanalyse. Aufgabentypen

AufgabentypenAufgaben lassen sich am besten nach ihrer Funktion unterscheiden: Lernaufgaben dienen in erster Li-nie der Vermittlung von fachspezifischem Wissen und Können (Kompetenzen), Übungsaufgaben der Vertiefung von Wissen und Können. Sie sind offener formuliert und verlangen mehr Selbstständigkeit. Im Rahmen des kompetenzorientierten Unterrichts gewinnen „intelligente Übungsphasen“ wieder an Bedeutung. Klassenarbeiten orientieren sich ebenfalls an den Kompetenzen, nehmen aber stärker die jeweiligen unterrichtlichen Inhalte und Schwerpunktsetzungen in den Blick. Prüfungsaufgaben finden schließlich Verwendung bei zentralen Abschlussprüfungen, im Saarland beispielsweise beim Mittleren Bildungsabschluss, Hauptschulabschluss oder im Abitur.

B

basale Lesefertigkeit, -fähigkeit Basale Lesefertigkeit meint die Fähigkeit, Buchstaben zu erkennen und zu benennen sowie diese in Silben, Wörtern und Sätzen zu verorten, um sinnverstehend lesen zu können. Es handelt sich hierbei um den hierarchieniedrigsten Teilprozess beim Verstehen eines Textes. Die basale Lese-fertigkeit setzt sich aus den Teilbereichen der Rekodierfähigkeit und der Dekodierfähigkeit zusammen. BildungsstandardsBildungsstandards geben Ziele der pädagogischen Arbeit in Form von anzustrebenden Lerner-gebnissen vor. Sie wurden von nationalen Arbeitsgruppen aus Lehrer/inne/n und Wissenschaft-ler/inne/n im Auftrag der Kultusministerkonferenz in den Jahren 2004 (Klassenstufe 4), 2003 (Hauptschulabschluss), 2004 (Mittlerer Bildungsabschluss) und 2012 auch für das Abitur formu-liert. IQB

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105 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

D

DarstellungsstrategienDarstellungsstrategien sind beispielsweise Textmuster oder auch Gestaltungsmittel eines Autors/einer Autorin wie beispielsweise Ironie, Witz, Sarkasmus. Das Erkennen von Darstellungsstrategi-en ist eine sehr komplexe Verstehensleistung auf der Prozessebene des Lesevorgangs. Um diese zu erkennen, braucht der Leser/die Leserin Übung, benötigt Textsortenwissen und ein umfassen-des sprachliches Wissen, damit Abweichungen von konventionellen Sprach- oder Erzählmustern überhaupt identifiziert werden.

DekodierfähigkeitDie Dekodierfähigkeit ist eine Teilfertigkeit der basalen Lesefertigkeit auf der Basis der Laut- und Buchstabenzuordnung. Sie ermöglicht erst das sinnentnehmende und somit sinnkonstruie-rende Lesen.

DepiktionAls Depiktion bezeichnet man die „Entschlüsselung“ von Schaubildern und Fotos. Das Herausle-sen und Interpretieren von Informationen aus Fotos und Schaubildern bezeichnet man als Depik-tionieren. Es wird dabei versucht, aus den Bildern auf Eigenschaften der Objekte zu schließen und diese zur Beschreibung von anderen Eigenschaften zu verwenden.

DiagrammEin Diagramm ist der Oberbegriff für die graphische Darstellung von Daten. Diagramme werden häufig als Säulen-, Balken-, Kreis- oder Liniendiagramm dargestellt. Häufig werden auch Pikto-gramme (z. B. Darstellung von Produktionszahlen in der Automobilindustrie durch viele kleine Autos oder Bevölkerungszahlen durch kleine Menschen) zur Veranschaulichung verwendet.

disfluente Leser/innen Darunter versteht man Schüler/innen, die stockend, kaum betont und ungenau (vor-)lesen.

Diskontinuierlicher Text Textsorten

domänenspezifisches VorwissenDomänenspezifisches Vorwissen umfasst spezielle Kenntnisse, die in einem bestimmten Wissens-gebiet vorhanden sind.

E

EvaluationDer Begriff Evaluation meint die Auswertung von Prozessen, Projekten oder Organisationseinhei-ten (WIKIPEDIA – die freie Enzyklopädie).

Evaluierte ProgrammeDarunter versteht man innerhalb des vorliegenden Kompendiums festgelegte Übungen und Hand-lungsabläufe zum Aufbau von Lesestrategien, die in der Praxis durchgeführt und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit ausgewertet worden sind.

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106 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

F

FluencyDer Begriff „fluency“ wird im angloamerikanischen Raum dem deutschsprachigen Begriff der Leseflüssigkeit gleichgesetzt.

G

globale KohärenzIm Kontext des Lesemodells ist die Herstellung der globalen Kohärenz eine hierarchiehohe Leistung auf der Prozessebene. Im Laufe des Leseprozesses bildet der Leser/die Leserin durch ständige Hypothesenbildungen über den Text bzw. die Falsifizierung oder Verifizierung der Deu-tungen allmählich ein widerspruchfreies Gesamtverständnis des Textes, eben die globale Ko-härenz.

GraphAls Graph bezeichnet man die graphische Darstellung eines mathematischen Zusammenhangs. Graphen werden häufig als Kurven bzw. Geraden dargestellt.

Gütekriterien Testgütekriterien

H

habituelle/r Leser/inBei einem habituellen Leser/einer habituellen Leserin handelt es sich um eine Person, die gewohn-heitsmäßig liest. Faktoren, die einen habituellen Leser/eine habituelle Leserin ausmachen, sind die Häufigkeit und Ausdauer, mit der gelesen wird sowie das Ausmaß der investierten Anstrengung und der Einsatz von Lesestrategien (Philipp, Lesesozialisation 2011, 28). Für habituelle Leser/innen ist das Lesen ein positiver Wert an sich.

Hörlese-Verfahren ( Lüneburger Modell) Bei diesen Verfahren wird auf dem Wege des simultanen Lesens und Hörens von Büchern oder Hörbüchern die Lesekompetenz vor allem von schwachen Leser/inne/n gefördert. Es handelt sich um eine Mischung aus Laut- und Viellese-Verfahren (Gailberger 2011, 11).

I

IGLUIGLU ist die deutsche Abkürzung für Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung. In dieser Studie wird das Leseverständnis von Viertklässler/inne/n getestet. Die internationale Bezeichn-nug ist PIRLS (Progress in International Reading Literacy Study).

IQBDas Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) ist eine Einrichtung der Bundes-länder, das an der Humboldt-Universität in Berlin angesiedelt ist. Es unterstützt die Arbeiten der Länder in der Bundesrepublik Deutschland bei der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Siche-rung von Bildungserträgen im Schulsystem (Bildungsmonitoring). Eine zentrale Grundlage dieser

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107 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

Arbeiten bilden die länderübergreifenden Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz, die de-finieren, welche Kompetenzen Schüler/innen bis zu bestimmten Zeitpunkten in ihrer schulischen Laufbahn erwerben sollen. Das IQB überprüft regelmäßig, inwieweit diese Kompetenzziele in deutschen Schulen erreicht werden und unterstützt die Länder bei der Umsetzung der Bildungs-standards. Ferner gehört das IQB zu den wichtigsten Instituten in Deutschland, die im Bereich der empirischen Bildungsforschung aktiv sind. Aufgaben für VERA-3 und VERA-8 werden vom IQB in Zusammenarbeit mit Lehrergruppen aus den Bundesländern und Didaktiker/inne/n entwickelt.

Informationen über Bildungsstandards, Vergleichsarbeiten, Ländervergleiche und Forschungspro-jekte www.iqb.hu-berlin.de

ItemUnter einem Item versteht man bei Testaufgaben einzelne Fragen zu einem Aufgabenstamm, beispielsweise einem Text, einem Textensemble oder Tabellen Testaufgabe. Der Aufgaben-stamm ist also die Textgrundlage, auf die sich verschiedene Teilaufgaben, die einzelnen Items, beziehen.

ItemformateTestaufgaben, die in empirischen Studien Verwendung finden, setzten sich aus verschiedenen Teil-aufgaben, den Items, zusammen. Sie müssen eindeutig auswertbar sein. Eher als umfangreiche Schreibaufgaben sind dies geschlossene oder halboffene Aufgabenformate. Sie finden in den Test-aufgaben des IQB beispielsweise zur Lesekompetenz oder zum verstehenden Zuhören Verwen-dung: • geschlossene Itemformate: Mehrfachantworten (Multiple Choice), Richtig-Falsch-Antworten, Lückentexte, Zuordnungsaufgaben, Umordnungsaufgaben• halboffene Itemformate: Kurzantworten, Lückentexte• offene Itemformate: Texte verfassen

K

KMK: Kultusministerkonferenz

Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland wurde 1948, also noch vor Konstituierung der Bundesrepublik, gegründet und ging aus der „Konfe-renz der deutschen Erziehungsminister“ hervor. Sie ist ein freiwilliger Zusammenschluss der für Bildung, Erziehung und Forschung sowie kulturelle Angelegenheiten zuständigen Minister bzw. Senatoren der Länder.

Kohärenz  Textkohärenz

KompetenzWeinert hat den Kompetenzbegriff folgendermaßen definiert: Kompetenzen sind kognitive Fä-higkeiten und Fertigkeiten, über die Personen verfügen oder die sie erlernen können, um bestimm-te Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortlich nutzen zu können (Weinert 2001). Dieser Kompetenzbegriff liegt den Bildungs-standards und der aktuellen Diskussion des kompetenzorientierten Unterrichts zugrunde.

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108 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

kontinuierliche Texte Textsorten

Kooperatives LernenKooperatives Lernen ist eine besondere Form des Kleingruppenunterrichts, der die sozialen Pro-zesse beim Lernen besonders thematisiert, akzentuiert und strukturiert (nach M. Weidner in Brü-ning/Saum 2009).

L

Lautes Denken Eine Methode, bei der Lehrkräfte wie Schüler/innen während der Lektüre eines Textes verbali-sieren, was sie gerade denken. Die Äußerungen können ggf. notiert oder aufgezeichnet werden. Dieses Vorgehen ermöglicht Einblicke in die Gedanken, Gefühle und Absichten einer lesenden Person, seien es modellhaft diejenigen der Lehrperson oder der (Mit-)Schüler/innen. Dadurch kann man Erkenntnisse über die Verarbeitungsprozesse beim Lesen gewinnen.

Lautlese-VerfahrenDie Lautleseverfahren umfassen Trainingsformen und -routinen, bei denen durch das laute Le-sen und Vorlesen von kurzen Texten oder Textabschnitten die Lesefähigkeit auf den Ebenen der Erkennung von Worten, Satzzusammenhängen und Relationen zwischen Sätzen verbessert wird.

Lernaufgaben Aufgabentypen

LeseflüssigkeitDarunter versteht man das automatisierte, flüssige, genaue und sinnbetonte Lesen von Texten aller Art. fluency

LeseförderungLeseförderung bezeichnet die Gesamtheit aller Maßnahmen, die der Förderung des Lesens als kulturelle Schlüsselqualifikation zugrunde liegen. Grundsätzlich wird in der aktuellen Lese-didaktik zwischen Leseanimation und Lesekompetenz unterschieden. Die traditionelle Lese-förderung akzentuierte vor allem den Bereich der Leseanimation. Dieser Ansatz wurde durch die ernüchternden Ergebnisse der internationalen PISA-Studien relativiert. Seither wird auch verstärkt die Lesekompetenz in den Blick genommen, womit die Fähigkeiten und Fertigkeiten gemeint sind, die für das selbstständige Verstehen von Texten aller Art erforderlich sind. Im Rahmen der Bildungsstandards wurden die erforderlichen Kompetenzen beispielsweise im Fach Deutsch zusammengestellt ( 15.1).

LesekompetenzDer Begriff der Lesekompetenz umfasst alle Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für das selbst-ständige Verstehen von Texten aller Art erforderlich sind. Im Kontext der PISA-Studien wur-de die Lesekompetenz als eine zentrale Kompetenz herausgestellt. Bezogen auf das schulische Lernen ist sie für alle Fächer relevant, in denen mit Texten gearbeitet wird, seien es literarische Texte oder Sachtexte, seien es kontinuierliche oder diskontinuierliche Textsorten (Graphiken, Schaubilder, Diagramme). Lesekompetenz ist eine Grundlage für das lebenslange Lernen, das selbstständige Aneignen von Wissen und ist unbestritten eine wichtige Voraussetzung für die

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109 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe. Als Schlüsselkompetenz ist das verstehende Lesen des-halb eine zentrale Aufgabe schulischen Lernens. Sie ist eine Aufgabe in allen Fächern, nicht nur im Fach Deutsch. Als Aufgabe aller Fächer wird die Lesekompetenz ein Entwicklungsaspekt der Schulentwicklung und bedarf fächerverbindender Absprachen und Konzepte.

LesemodellVon Lesemodellen spricht man vor allem in der Psycholinguistik, um die Etappen bzw. kom-plexen Aktivitäten der Informationsaufnahme während des Lesevorgangs zu beschreiben. Ro-sebrock und Nix haben aus deutsch- bzw. lesedidaktischer Perspektive ein Mehrebenenmodell des Lesens vorgeschlagen, das die verschiedenen, beim Lesevorgang aktiven Ebenen erfasst. Sie unterscheiden zwischen der Prozessebene, der Subjektebene und der sozialen Ebene. Für den Lesevorgang zentral ist die Prozessebene, der eigentliche kognitive Bereich: Um einen Text zu verstehen, sind auf niedrigster Ebene die Identifikation von Wörtern und Sätzen erforderlich, auf höheren Ebenen auch die Herstellung lokaler und schließlich globaler Kohärenz, das Erkennen von Superstrukturen wie beispielsweise Textsortenmuster und Darstellungs-strategien. Aber dieser kognitive Bereich allein ist noch nicht ausreichend für einen erfolg-reichen Lesevorgang. Hinzu kommen auf der Subjektebene Vorwissen, Motivation, die innere Beteiligung am Leseprozess und die Bereitschaft zur Reflexion über das Gelesene. Auf dieser Ebene ist von entscheidender Bedeutung, ob ein Leser/eine Leserin ein positives oder negatives Selbstkonzept hat, sich eher als motivierter Leser/motivierte Leserin oder Nicht-Leser/Nicht-Leserin einschätzt. Auf der sozialen Ebene ist die Anschlusskommunikation von zentraler Bedeutung. Lesen wird dann als positiv erfahren, wenn über Texte gesprochen wird, sei es in der Familie, in der Schule oder in der Peergroup. Auch der Stellenwert der Literatur im kulturel-len Leben ist eine einflussreiche Größe. Hilfreich ist dieses Modell für die schulische Praxis, weil es die unterschiedlichen Ebenen, auf denen Leseförderung ansetzen kann, verdeutlicht.

LesesozialisationUnter Lesesozialisation versteht man die Lesegeschichte unter Berücksichtigung der individuellen und sozialen Faktoren Geschlecht, soziale Herkunft und Anregungen durch Bezugspersonen wie Eltern, Pädagogen oder Peers (Philipp 2011, 19).

Lesestrategie, -strategierepertoireEine Lesestrategie ist ein individuelles planvolles Vorgehen, bei dem der/die Schüler/in aus sei-nem/ihrem Repertoire gezielt mentale Werkzeuge einsetzt, um ein bestimmtes Leseziel zu errei-chen (z. B. Informationen aus Texten entnehmen). Lesestrategien können von Schüler/inne/n erst dann nachhaltig und gewinnbringend aufgebaut und eingesetzt werden, wenn sie ein Mindestmaß an basalen Lesefertigkeiten ( Dekodier- und Rekodierfähigkeit, Leseflüssigkeit, Lesegenau-igkeit, Betonung) erworben haben und regelmäßig dazu angehalten werden, ihren Leseprozess kontinuierlich zu reflektieren. Monitoring, Metakognition

LiteracyIm engeren Sinne meint Literacy die Lese- und Schreibfähigkeit. Im weiteren Sinne handelt es sich um einen Sammelbegriff für die Lese-, Erzähl- und Schriftkultur im Allgemeinen. Literacy umfasst nach diesem Verständnis Text- und Sinnverstehen, sprachliche Abstraktionsfähigkeit, Er-zähl- und Lesefreude, gewohnheitsmäßigen Umgang mit Büchern, Schreibfähigkeit sowie Medi-enkompetenz.

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110 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

lokale Kohärenz  Kohärenz

Lüneburger ModellDas „Lüneburger Modell“ ist ein ganzheitliches Leseförderkonzept für schwache und sehr schwache Leser/innen. Durch simultanes Lesen und Hören von Hörbüchern im Deutschunterricht wird in einer Kombination aus Lautlese- und Vielleseverfahren das Lesen längerer Texte unterstützt.

Mmentales ModellKognitionspsychologischer Begriff: Im Zuge des Lesens eines Textes entsteht beim geübten Le-ser/bei der geübten Leserin als innere Repräsentation des Textes ein mentales Modell des Tex-tes. Wesentlich für die Entstehung eines mentalen Modells sind die kognitiven Prozesse auf der Prozessebene ( Lesemodell), beispielsweise hierarchieniedrige Ebenen wie Worterkennung oder die Bildung lokaler Bezüge (lokaler Kohärenzen) bzw. hierarchiehöherer Prozesse wie glo-bales Verstehen (globale Kohärenz) oder das Erkennen von Textmustern/Textmerkmalen (Su-perstrukturen). Je nach Übung oder Leseerfahrung laufen diese Prozesse mehr oder weniger automatisiert ab.

MetakognitionMetakognition meint die Auseinandersetzung mit den eigenen Denkprozessen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Denken über das Denken (vgl. WIKIPEDIA - die freie Enzy-klopädie).

Methoden der LeseförderungDarunter werden im vorliegenden Kompendium diejenigen Lesewerkzeuge verstanden, die Schü-ler/innen dazu befähigen, Texte aller Art zu verstehen.

MonitoringDer Begriff bezeichnet im Allgemeinen die Beobachtung, Protokollierung und Überwachung von Vorgängen und Prozessen (vgl. WIKIPEDIA – die freie Enzyklopädie). Im Bereich der Lesekom-petenz ist das Monitoring dafür verantwortlich, dass Schüler/innen im Laufe der Zeit individuelle Lesestrategien ausbilden können, die sie befähigen, adäquat mit Texten aller Art umzugehen. Dem Monitoring fällt demzufolge bei der Vermittlung von Lesewerkzeugen ( Methoden der Leseförderung) im Unterricht eine zentrale Rolle zu.

MotivationspsychologieDie Motivationspsychologie erforscht die Richtung, Dauer und Wirkungsstärke (Intensivität) von Verhalten. Sie gilt als Teildisziplin der Psychologie (vgl. WIKIPEDIA – die freie Enzyklopädie).

Multiple Choice Itemformate

O

Objektivität Testgütekriterium für standardisierte Testverfahren

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111 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

P

Pädagogische Diagnostik Darunter wird im vorliegenden Kompendium im Sinne des PISA-Konsortiums eine Diagnos-tik verstanden, die in schulischen Entscheidungssituationen den Zweck hat, Informationen zur Optimierung des pädagogischen Handelns zu gewinnen (PISA-Konsortium 2001, 132). Sie ist in Abgrenzung zur psychologischen oder medizinisch-therapeutischen Diagnostik zu sehen.

PassungUnter Passung versteht man einerseits die Passung zwischen Text und Leser/in. Damit eine gewisse Übereinstimmung zwischen Text und Leser/in gewährleistet ist, muss der Text ein für den Leser/die Leserin bedeutsames Thema ansprechen und die Passung gelingt nur, wenn der Inhalt es dem Leser/der Leserin ermöglicht, seine eigenen Erlebnisse, Erfahrungen, Bedürfnis-se oder Wünsche im Text wieder zu finden. Andererseits gilt Passung als Grundlage gelingenden (Lese-)Unterrichts allgemein (Garbe/Philipp/Ohlsen 2009, 125). Hierbei sollten folgende drei Bestandteile aufeinander abgestimmt sein: die Schüler/innen und ihre spezifischen Lesekompe-tenzen, -motivationen und -modi sowie die Unterrichtsmethode (u. a. didaktische Maßnahmen, Unterrichtsstile, Einstellungen der Lehrperson) und auch der Unterrichtsgegenstand.

Peer-GroupDer Begriff meint eine Gruppe von etwa gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen, die als primäre soziale Bezugsgruppe neben das Elternhaus tritt (Duden).

PISA Die PISA-Studien (Programm zur internationalen Schülerbewertung/Programme for Internati-onal Student Assesment) der OECD sind internationale Schulleistungsuntersuchungen, die seit dem Jahr 2000 in dreijährigem Turnus in den meisten Mitgliedstaaten der OECD und einer zu-nehmenden Anzahl von Partnerstaaten durchgeführt werden und die zum Ziel haben, alltags- und berufsrelevante Kenntnisse und Fähigkeiten 15-jähriger Schüler/innen zu messen.

Präpilotierung, PilotierungDarunter versteht man die Durchführung von Feldtests mit Testaufgaben, die in späteren nationa-len Vergleichsarbeiten oder empirischen Studien Verwendung finden. Testaufgaben

ProzessebeneDie Prozessebene ist wesentlicher Bestandteil des Leseprozesses. Sie umfasst kognitive Anforde-rungen wie Buchstaben-, Wort- und Satzerkennung, die Bildung lokaler und im Laufe des Lese-prozesses auch einer globalen Kohärenz, das Erkennen von Darstellungsstrategien und Textsor-tenmerkmalen. Lesemodell

Prüfungsaufgaben Aufgabentypen

R

Rekodierfähigkeit Der Begriff der Rekodierfähigkeit meint auf der Basis des Dekodierens ( Dekodierfähigkeit) die Sinnkonstruktion von Silben, Wörtern und Sätzen. Sie ist ein Teilprozess der basalen Lesefer-tigkeit.

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112 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

Reliabilität  Testgütekriterium von standardisierten Testverfahren

Reziprokes Lehren/Reziprokes LesenDabei handelt es sich um eine kooperative Lesestrategie, die auf Palincsar & Brown (1984) zu-rückgeht (Brüning/Saum 2009). Sie eignet sich besonders gut zur Schulung des Erschließens von verdichteten und stark formalisierten Texten (Bildungsserver Berlin-Brandenburg).

S

SchaubildAls Schaubild bezeichnet man eine graphische Darstellung. Graphische Darstellungen können sowohl Diagramme, Graphiken (bzw. Graphen in der Mathematik) oder schematische Darstel-lungen von Vorgängen sein.

Screening Unter einem Screening versteht man ein systematisches Testverfahren, das eingesetzt wird, um innerhalb einer großen Anzahl von Proben oder Personen bestimmte Eigenschaften der Prüfob-jekte zu identifizieren (vgl. WIKIPEDIA - die freie Enzyklopädie). Im Bereich der Lesekompetenz geben Screenings einen Überblick über individuelle Schülerleistungen.

Selbstkonzept Damit sind die Erkenntnisse und Emotionen eines Menschen im Hinblick auf die eigene Identität und die eigenen Werte gemeint, sozusagen das „Bild von sich selbst“. Ein positives Selbstkonzept ist flexibel genug, neue Erfahrungen, auch wenn sie negativ sind, anzunehmen und sich ihnen anzupassen, eine wichtige Voraussetzung für Ausgeglichenheit und Zufriedenheit.

Soziale EbeneAuch wenn der Leseprozess häufig eine „einsame“ Angelegenheit ist, ist das Lesen stark an das Bedürfnis sozialer Teilhabe gebunden. Dem Austausch über das Gelesene kommt eine große Be-deutung zu, als Leseanlass und als Intensivierung des Textverstehens in der gemeinsamen Kom-munikation über den Text. Lesemodell

SubjektebeneLeseprozesse sind nicht allein durch kognitive Teilprozesse ( Prozessebene) zu beschreiben, sondern auch durch subjektive Faktoren. Relevant sind Motivation, Weltwissen, Empathie, die Reflexion über Erfahrungen anderer, die innere Beteiligung am Gelesenen. Lesemodell

Strategie Eine Strategie ist ein planvolles, zielgerichtetes Handeln unter Berücksichtigung der eigenen ver-fügbaren Mittel und Ressourcen (vgl. WIKIPEDIA - die freie Enzyklopädie). Lesestrategie

Superstrukturen Lesemodell

Symmedialität, symmedialer DeutschunterrichtIn Abgrenzung von einem buchorientierten Deutschunterricht schlägt Volker Frederking einen symmedialen Deutschunterricht vor. Das Attribut „symmedial“ verweist auf einen Unterricht, „in dem im Wissen um dessen mediale Konstituiertheit auf analytisch-diskursive wie handelnd-pro-

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113 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

duktive Weise versucht wird, der Pluralisierung der medialen Produktions- und Rezeptionsmodi in didaktisch reflektierter Weise zu entsprechen und Schüler/inne/n sprachliche und literarische Bildungserfahrungen in vielfältigster medialer Form zu ermöglichen. Dabei betont „symmedial“ - anders als die Bezeichnung „multimedial“ in meinem Verständnis -, dass damit kein beliebiges Nebeneinander von digitalen medialen Optionen verbunden ist, sondern das sinnvolle, durch ei-nen didaktischen Mehrwert spezifizierte Aufeinanderbezogensein „alter“ wie „neuer“ Medien im Unterrichtsprozess.“ (Frederking 2012, 96ff).

T

TestaufgabenMit der Erarbeitung der Bildungsstandards war der Anspruch verbunden, ihr Erreichen in regel-mäßigen Abständen zentral zu überprüfen. Hierzu werden Testaufgaben benötigt, u. a. auch für den Bereich der Lesekompetenz. Sie dürfen nicht verwechselt werden mit dem landläufig benutz-ten Begriff von „Tests“, einer Art von schriftlicher Überprüfung, die als Ergänzung zu Klassenar-beiten durchgeführt werden kann. Die Konstruktion der wissenschaftlichen Kriterien genügenden Testaufgaben ( Testgütekriterien) ist sehr aufwändig und erfolgt in mehreren Schritten:1. Aufgabenkonstruktion: Lehrkräfte, die von den Bundesländern bestimmt werden, erarbeiten fachdidaktisch und wissenschaftlich begleitet Testaufgaben. Sie sind bezogen auf die Bildungs- standards und nehmen einzelne Kompetenzen gezielt in den Blick. 2. Aufgabenoptimierung: Die Testaufgaben werden unter fachdidaktischen und testtheoretischen Kriterien diskutiert und überarbeitet.3. Präpilotierung: Die ausgewählten Aufgaben werden einem ersten Feldtest unterzogen, um ihre Tauglichkeit zu überprüfen. Es wird vor allem geprüft, ob die Schüler/innen die Aufgaben überhaupt lösen können und ob sie den Testgütekriterien Objektivität, Reliabilität, Validität genügen.4. Die präpilotierten Aufgaben werden in einem fachdidaktischen und psychometrischen Abstim- mungsprozess optimiert.5. Pilotierung: Die Testaufgaben werden in einer großen Stichprobe (Pilotierungsstudie) empi- risch erprobt.6. Erst nach der Pilotierungsstudie erfolgt die Auswahl der für die Testung geeigneten Aufgaben.7. Einsatz der Testaufgaben in unterschiedlicher Funktion, z. B. für Vergleichsarbeiten (VERA-3 und VERA-8), Ländervergleiche oder zur Normierung der Bildungsstandards.

Testgütekriterien Objektivität, Reliabilität, Validität sind zentrale Kriterien für Testaufgaben. Das Kriterium der Objektivität bezieht sich sowohl auf die Testdurchführung als auch auf die Auswertung. Im Hin-blick auf die objektive Testdurchführung muss gewährleistet sein, dass die Durchführung von Testung zu Testung nicht variiert. Weiterhin muss die Testauswertung objektiv sein, d. h., dass die Auswertenden unabhängig voneinander und auch zu verschiedenen Zeiten zu gleichen Ergeb-nissen kommen. Es ist nachvollziehbar, dass geschlossene oder halboffene Aufgabenformate eher diesem Kriterium genügen als beispielsweise offene Items.

Reliabilität (Zuverlässigkeit) bezieht sich auf die Genauigkeit, mit der ein Test die zu messende Kompetenz tatsächlich misst.

Das Kriterium der Validität (Gültigkeit) bezieht sich darauf, ob ein Test tatsächlich das beab-

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114 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

sichtige Konstrukt misst oder nicht doch andere Kompetenzen mit in den Blick nimmt. Testaufgaben. Testverfahren Testverfahren bezeichnen die Methoden, nach denen ein Test durchzuführen ist. Die Autor/inn/en unterscheiden hier: informelle, nicht-standardisierte und standardisierte Verfahren.

– informelle Verfahren Je nach Einsatz – als Leistungs- oder als Informationsfeststellung – erfüllt ein informelles Verfahren seinen Zweck, wenn der/die Unterrichtende durch die Ergebnisse ein aussagekräf- tiges (Leistungs-)Bild der getesteten Gruppe oder des getesteten Individuums hinsichtlich seiner/ihrer Fragestellung erhält (kriteriumsorientierte Beurteilung).

Informelle Schulleistungstests werden von Lehrkräften konstruiert, um die Ergebnisse ihrer Lehr- und Lernvorgänge möglichst direkt und möglichst objektiv zu testen, um daraus weiteres pädagogisches, didaktisches oder methodisches Handeln abzuleiten. Informelle Schulleis- tungstests werden nur für eine oder wenige Schulklassen konzipiert. Es ist daher keine über- regionale Anwendbarkeit, oft nicht einmal eine solche innerhalb der Schule, möglich.

– nicht-standardisierte Verfahren Nicht-standardisierte Testverfahren erheben keinen wissenschaftlichen Anspruch. Diese Ver- fahren haben die Gemeinsamkeit, dass sie ausschließlich den spezifischen Zwecken ihres Au- tors/ihrer Autorin dienen sollen. Sie werden oft nur für eine einzige Anwendung erstellt. Hierzu zählen beispielsweise Tests zur Überprüfung des Lernerfolgs.

– standardisierte Verfahren Standardisierte Testverfahren müssen nach wissenschaftlichen Standards konstruiert und über- prüft sein und bestimmte Testgütekriterien erfüllen. Dazu zählen die Objektivität (Un- abhängigkeit der Ergebnisse vom Untersucher/Auswerter), die Reliabilität (Zuverlässig- keit/Genauigkeit, mit der ein bestimmtes Merkmal gemessen wird) und die Validität (Gül- tigkeit, d. h. der Test misst wirklich das, was er auch zu messen vorgibt). Die Aussagequalität, die ein standardisiertes Testverfahren hat, ist mit der einer Klassenarbeit nicht zu vergleichen. Standardisierte Tests werden in der Regel veröffentlicht und kommerziell vertrieben. ( Test- zentrale)

TestzentraleDie Webseite www.testzentrale.de ist ein Angebot des Hogrefe Verlags und vertreibt ein umfas-sendes Sortiment eigener und fremder Testsysteme. Dazu gehören u. a. Entwicklungstests, Intel-ligenztests, Leistungstests, psychologische Tests, Persönlichkeitstests und Schultests. Eine Kurz-beschreibung gibt Auskunft über Einsatzbereiche, Verfahren, Zuverlässigkeit, Gültigkeit, Normen und Bearbeitungsdauer der Tests, die online bestellt werden können.Unter der Rubrik „Schultests“ werden Testverfahren zur Verfügung gestellt, die eine objekti-ve und zuverlässige Diagnose grundlegender schulischer Leistungen ermöglichen. Auf dieser Basis lassen sich z. B. die wesentlichen wissenschaftlich fundierten Ansatzpunkte für effekti-ve Fördermaßnahmen finden.

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115 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

TextkohärenzBeim Lesen eines Textes wird ein sinnvoller Zusammenhang hergestellt. Ein Text kann niemals alle Informationen enthalten. Der Textproduzent wählt in Abhängigkeit vom Adressaten aus, wel-che Informationen der Text enthalten soll und welches Wissen als vorausgesetzt gelten kann. Dies betrifft sowohl Weltwissen als auch Sprach- und Handlungswissen. Der Leser dekodiert den Text mit Hilfe seines Vorwissens.

Die Kohärenzbildung kann lokal und global erfolgen. Lokale Kohärenz bedeutet, dass zwischen einzelnen Wörtern, Wortgruppen oder aufeinander folgenden Sätzen ein Zusammenhang herge-stellt wird. Globale Kohärenz bezieht sich auf das Verständnis des gesamten Textes.

TextensembleEin Textensemble besteht aus mehreren unterschiedlichen Textsorten (z. B. Informationstext, Graphik und Instruktionstext), die thematisch aufeinander bezogen sind und häufig als Grundlage für eine Aufgabenstellung Verwendung finden.

TextsorteUnter einer Textsorte versteht man ein bestimmtes Muster sprachlicher Kommunikation, d. h. Texte lassen sich aufgrund bestimmter typischer Merkmale ordnen. Die Merkmale betreffen Form und Gebrauch des Textes.

Form- und Gebrauchsmerkmale lassen sich in innere und äußere Faktoren gliedern: Zu den inneren Faktoren zählen u. a. Absatzgliederung, grammatische und stilistische Merkmale, Wort-schatz (z. B. Fachbegriffe), Rechtschreibung, Satzbau, aber auch das Layout.

Bei den äußeren Faktoren spielt vor allem die Kommunikationssituation, in der ein Text verwen-det wird, eine Rolle, aber auch die an der Situation Beteiligten (mit ihrem individuellen Vorwissen). Texte lassen sich beispielsweise nach dem Öffentlichkeitsgrad (privat, öffentlich, offiziell) ordnen. Bei den Textsorten können die einzelnen Merkmale unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

Weitere Klassifizierungsmöglichkeiten:• diskontinuierliche Texte - kontinuierliche Texte In der didaktischen Literatur werden synonym auch die Begriffe „lineare Texte“ (zusammen- hängende, fortlaufend lesbare Texte) und „nicht-lineare Texte“ verwendet. Unter dem Begriff „diskontinuierliche Texte“ werden u. a. Diagramme, Tabellen, Schaubilder und schematische Darstellungen zusammengefasst. Ihre Funktion ist es, Informationen prägnant und übersicht- lich darzustellen. Diskontinuierliche Texte können für sich alleine stehen, häufig werden sie al- lerdings genutzt, um kontinuierliche Texte zu ergänzen. Die Auseinandersetzung mit diskonti- nuierlichen Texten hat im schulischen Bereich u. a. in den Naturwissenschaften, aber auch in Fächern wie Politik, Sozialkunde, Erdkunde und Geschichte – fachimmanent bedingt – seit Langem einen festen Platz. Im außerschulischen Bereich begegnen Texte dieser Art Schü- ler/inne/n in Form von Fahrplänen, in Zeitschriften und Zeitungen, im Internet und im Fern- sehen. • Instruktionstexte Diese Gruppe der Sachtexte zielt im engeren Sinne auf eine Handlung bei dem Rezipien- ten/der Rezipientin ab. Hierzu zählen beispielsweise Gebrauchsanweisungen und Ratgeber.

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116 INHALTSVERZEICHNIS

GLOSSAR

• Lehrtexte Die Lehrtexte gehören zu den Sachtexten, werden in didaktischer Absicht verfasst und haben die Funktion, Sachverhalte darzustellen und Wissen zu vermitteln. • Persuasionstexte Diese Sachtexte zielen darauf ab, bei dem Rezipienten/der Rezipientin eine bestimmte Einstel- lung zu einem Sachverhalt zu bewirken. Beispiele hierfür sind u. a. politische Kommentare oder Predigten.

V

Validität  Testgütekriterium für standardisierte Testverfahren

Viellese-VerfahrenDer Begriff "Viellese-Verfahren" bezeichnet solche Verfahren, bei denen so genannte freie Lese-zeiten in den Unterricht integriert sind. Das Gelesene ist nicht Gegenstand des Unterrichts und die Lektüre wird von den Schüler/inne/n frei gewählt (Rosebrock/Nix 2012). Diese Verfahren, bei denen das Lesen eher selbstzweckhaft ist, zielen auf eine Steigerung der hierarchieniedrigen und hierarchiehohen Leseleistungen und eine Festigung der Lesemotivation ab (Garbe/Philipp/Ohlsen 2009, 128).

Vergleichsarbeiten VERA-3 und VERA-8 Vergleichsarbeiten dienen vor allem der Unterrichtsentwicklung, besonders mit dem Blick auf die nationalen Bildungsstandards. IQB Bildungsstandards

VERA-3, VERA-8VERA steht für Vergleichsarbeiten in der 3. und 8. Jahrgangsstufe. Vergleichsarbeiten sind schrift-liche Arbeiten in Form von Tests, die flächendeckend und jahrgangsbezogen untersuchen, welche Kompetenzen Schüler/innen zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht haben. Flächendeckend be-deutet in diesem Zusammenhang, dass mit VERA der Lernstand in den dritten Klassenstufe der Grundschule und der achten Klassenstufe der allgemeinbildenden Schulen verpflichtend erfasst wird. Unter Federführung des IQB werden die Testaufgaben länderübergreifend von Lehrkräften erarbeitet, von Fachdidaktikern an Hochschulen überprüft und bewertet sowie von wissenschaft-lichen Testspezialisten (IQB) vor dem flächendeckenden Einsatz empirisch mit jeweils mehreren hundert Schüler/inne/n auf Eignung und Schwierigkeit überprüft ( Präpilotierung). Für den tatsächlichen VERA-Durchgang werden nur diejenigen Aufgaben eingesetzt, die sich in diesem Erprobungsverfahren bewährt haben. Die Durchführung landesweiter Vergleichsarbeiten in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland ist Teil der 2006 verabschiedeten Gesamtstrategie der Kultusministerkonferenz zum Bildungsmonitoring. Mit dem Bildungsmonitoring ist das Ziel verbunden, die Kompetenzorientierung im Bildungssystem zu stärken.

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117 INHALTSVERZEICHNIS

LITERATUREMPFEHLUNGEN

14. LITERATURAbraham, U.: Filme im Deutschunterricht. Stuttgart 2009 (Abraham 2009)

Abraham, U.: Kino im Klassenzimmer. Klassische Filme für Kinder und Jungendliche im Deutsch-unterricht. Basisartikel in Praxis Deutsch, Nr. 29 (175), S. 6-18 (Abraham 2002)

Akademie für Lehrerfortbildung Dillingen: Leselust dank Lesekompetenz. Leseerziehung als Fä-cherübergreifende Aufgabe. Donauwörth 2006

Bastian, J.: Einführung in die Unterrichtsentwicklung. Weinheim/Basel 2007, Beltz (Bastian 2007)

Baurmann, J.: Sachtexte lesen und verstehen. Seelze 2009, Klett/Kallmeyer (Baurmann 2009)

Bertschi-Kaufmann, A.: Das Lesen anregen, fördern, begleiten. Seelze 2006, Klett/Kallmeyer (Bert-schi-Kaufmann 2006)

Bertschi-Kaufmann, A.: Lesen. Das Training. Stufe I und II. Lehrmittelverlag des Kantons Aar-gau 2007 (Bertschi -Kaufmann 2007)

Bertschi-Kaufmann, A.: Lesekompetenz-Leseleistung-Leseförderung. Seelze 2009, Klett/Kall-meyer (Bertschi-Kaufmann 2009)

Bildungsstandards Deutsch: konkret. Sekundarstufe I: Aufgabenbeispiele, Unterrichtsanregungen, Fortbildungsideen. Hrsg. von Behrens/Bremerich-Vos/Krelle/Böhme/Hunger, Berlin 2014

Brüning, L./Saum, T.: Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Lernen. Strategien zur Schülerak-tivierung. Band 1, 5. Auflage, Essen 2009, Neue Deutsche Schule Verlagsgesellschaft (Brüning/Saum 2009)

Deutsch. Unterrichtspraxis für die Klassen 5-10. Sachtexte verstehen. Heft Nr. 28, Seelze 2011, Friedrich Verlag

Deutschunterricht. eindeutig - mehrdeutig. 1/2006, Braunschweig, Westermann Verlag

Deutschunterricht. Mit Sachtexten umgehen. 4/2007, Braunschweig, Westermann Verlag

Deutschunterricht. Texte - Strukturen und Funktionen. 1/2012, Braunschweig, Westermann Verlag

Frederking, V. u. a. : Mediendidaktik Deutsch. Eine Einführung. 2. neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Berlin 2012 (Frederking u. a. 2012)

Frederking, V. u. a. : Taschenbuch des Deutschunterrichts, Bd. 1 Sprach- und Mediendidaktik, Bd. 2. Literatur- und Mediendidaktik. Baltmannsweiler 2010 (Frederking u. a. 2010)

Gailberger, S.: Lesen durch Hören. Leseförderung in der Sekundarstufe I mit Hörbüchern und neuen Lesestrategien. Weinheim/Basel 2011, Beltz Pädagogik (Gailberger 2011)

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118 INHALTSVERZEICHNIS

LITERATUREMPFEHLUNGEN

Garbe, C./Philipp, M./Ohlsen, N.: Lesesozialisation. Arbeitsbuch. Paderborn 2009, Schöningh (Garbe 2009)

Gold, A., u. a.: „ Wir werden Textdetektive – Lehrermanual und Arbeitsheft. (Klassenstufe 5/6 - Basisprogramm), Göttingen 2004, Vandenhoeck & Ruprecht (Gold 2004)

Gold, A.: Lesen kann man lernen. 2. Auflage, Göttingen 2010, Vandenhoeck & Ruprecht (Gold 2010)

Hartmann, E.: In Bildern denken - Texte besser verstehen. Lesekompetenz strategisch stärken. München, Basel 2006, Ernst Reinhardt Verlag

Heinke, S./Jahn, L.: Die Bremer Stadtmusikanten. Vom Text zum Film – vom Film zum Text. Die Grundschulzeitschrift, 204, S. 12-16 (Heinke und Jahn 2007)

Knobloch, J. : Das Geheimnis der Lesekiste 1 und 2. Lichtenau 2001 (Knobloch 2001)

Kühn, P./Reding. P.: Lesekompetenz-Tests 5/6. Bd. 1, 1. Auflage, Donauwörth 2004, Auer-Verlag

Kühn, P./Honnef-Becker, I.: Kompetenz-Tests 5/6. Bd.2, Donauwörth 2006, Auer-Verlag

Kühn, P./Honnef-Becker, I.: Deutschtests für die Klassenstufe 9 und 10. Donauwörth 2008, Auer-Verlag

Kühn, P./Honnef-Becker, I.: Lesen & Verstehen. Lesekompetenztraining für 5/6, 7/8 und 9/10. (3 Bände), Donauwörth 2008, Auer-Verlag

Leisen, J.: Sachtexte lesen im Fachunterricht der Sekundarstufe. Seelze 2009, Klett Kallmeyer (Leisen 2009)

Leisen, J.: Handbuch Sprachförderung im Fach. Sprachsensibler Fachunterricht in der Praxis. Grundlagenteil und Praxismaterialien, Stuttgart 2013

Menzel, W.: Texte lesen - Texte verstehen, Lesekompetenztraining für 5/6, 7/8 und 9/10. Braun-schweig 2003-2006, Westermann-Verlag

Müller, F.: Lesetraining: Sinnentnehmendes Lesen in den Klassen 3-6. Materialien und Kopiervor-lagen zur Leseförderung. Weinheim/Basel 2009

Müller, F.: Lesetraining: Sinnentnehmendes Lesen in den Klassen 7-10. Materialien und Kopier-vorlagen zur Leseförderung. Weinheim/Basel 2009

Müller, F.: Lesetraining. Lern- und Arbeitstechniken in den Klassen 7-10. Weinheim/Basel 2010

Nix, D.: Förderung der Leseflüssigkeit. Theoretische Fundierung und empirische Überprüfung eines kooperativen Lautlese-Verfahrens im Deutschunterricht. Weinheim und München 2011, Ju-venta Verlag

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119 INHALTSVERZEICHNIS

LITERATUREMPFEHLUNGEN

Palicsar, A. S./Brown, A. L.: Reciprocal teaching of comprehension-fostering and comprehension-monitoring activities. In: Cognition&Instruction, 1, 1984, S. 117 – 175

Philipp, M.: Lesesozialisation in Kindheit und Jugend. Kohlhammer, 1. Auflage, Stuttgart 2011 (Philipp 2011)

Philipp, M.: Motiviert lesen und schreiben. Dimensionen, Bedeutung, Förderung. Seelze 2012, Klett Kallmeyer

Philipp, M./Schilcher, A. (Hrsg.): Selbstreguliertes Lesen. Ein Überblick über wirksame Leseförder-ansätze. Seelze 2012, Klett Kallmeyer

Praxis Deutsch. Lesen beobachten und fördern. Heft 194, November 2005

Praxis Deutsch. Lesestrategien. Heft 189, September 2004

Praxis Deutsch. Sachbücher und Sachtexte lesen. Heft 189, Januar 2005

Praxis Deutsch. Texte lesen – Texte verstehen. Sonderheft 2003

Praxisleitfaden „Richtlinien zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwie-rigkeiten beim Erlernen des Lesens und/oder Schreibens“. Hrsg. vom Landesinstitut für Pädagogik und Medien, Saarbrücken 2011 (erweiterte Neuauflage 2014)

ProLesen. Auf dem Weg zur Leseschule – Leseförderung in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern. Aufsätze und Materialien aus dem KMK-Projekt "ProLesen". Hrsg. vom Bayrischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus und dem Staatsinstitut für Schulqualität und Bil-dungsforschung, Donauwörth, 2. Auflage 2011. (http://www.leseforum.bayern.de  Lesekom-petenz)

ProLesen. Auf dem Weg zur Leseschule – Konzepte und Materialien als Aufgabe aller Fächer. Anregungen und Hinweise zur schulischen Leseförderung an Sekundarschulen, Gymnasien und Förderschulen. Halle: Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung (LISA) 2010. (http://www.leseforum.bayern.de  Lesekompetenz)ProLesen-Länderprojekt Berlin und Brandenburg. Lesen in den Naturwissenschaften.Ludwigsfelde-Struveshof: LISUM 2011. (http://www.leseforum.bayern.de  Lesekompetenz)

Robinson, F. P.: Effective Study. New York 1948

Rosebrock, C./Nix, D.: Grundlagen der Lesedidaktik. 5. Auflage, Baltmannsweiler 2012; 7., über-arbeitete und erweiterte Auflage 2014, Schneider Verlag Hohengehren (Rosebrock/Nix 2012)

Rosebrock, C./Nix, D. u. a.: Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar- und Sekun-darstufe. Seelze 2011, Klett Kallmeyer (mit CD-ROM)

Rühl, K./Souvignier, E.: Wir werden Lesedetektive – Lehrermanual & Arbeitsheft (Klassenstufe 5 – gesonderter Lehrgang für schwache Lerner), Göttingen 2006, Vandenhoeck & Ruprecht

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120 INHALTSVERZEICHNIS

LITERATUREMPFEHLUNGEN / INTERNETADRESSEN

Steck, A.: Förderung des Leseverstehens in der Grundschule. Baltmannsweiler 2009, Schneider Verlag Hohengehren (Steck 2009)

Tillmanns, C.: Die Lesekiste. Eine Methode zur Leseförderung im Deutschunterricht eines 3. Schuljahres. Wetzlar 2003 (Tillmanns 2003)

Trenk-Hinterberger, I./Souvignier, E.: Wir sind Textdetektive – Lehrermanual mit Kopiervorla-gen. (Klassenstufe 7 - Aufbaulehrgang), Göttingen 2006, Vandenhoeck & Ruprecht

Ulrich, W.: Wörter, Wörter, Wörter. Wortschartarbeit im muttersprachlichen Deutschunterricht. Anleitung und praktische Übungen mit 204 Arbeitsblättern in Form von Kopiervorlagen. Balt-mannsweiler 2013, Schneider Verlag Hohengehren

Weinert, F. E. (Hrsg.): Leistungsmessung in Schulen. Weinheim/Basel 2001 (Weinert 2001)

Link-Liste zur Leseförderung:

Bibliotheken und Leseförderung im Saarlandhttp://www.saarland.de Bibliotheken und Leseförderung

Wissenschaftliche Aufsätze und Untersuchungen zum Thema:„Förderung der Lesekompetenz – Was wirkt wie?“http://www.pedocs.de/volltexte/2013/5789/pdf/UntWiss_2005_2_Wigfield_Concept_oriented_reading.pdfhttp://www.fhnw.ch/ph/zl/publikationen/studien_berichte

Förderung von Lesekompetenz konkrethttp://vs-material.wegerer.at/index.htmhttp://www.leseforum.bayern.dehttp://partner.alp.dillingen.de/proleko/index.php?option=com_content&view=category&layout=blog&id=14&Itemid=20http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/lesecurriculum.htmlhttp://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/leselotse.html Kopiervorlagen „Leselotsen“http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/lesenavigator.html Kopiervorlagen „Lesenavigator“http://www.bibliothek.schulministerium.nrw.de/bibliothekundschule/lesefoerrderungkonkret/http://www.schule-bw.de/unterricht/paedagogik/lesefoerderung/http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/sutcliff/ltb.htmhttp://daten.schule.at/dl/portfolio.pdf

Didaktisierte Lesetextehttp://www.hueber.de/seite/downloads_lesetexte_dafhttp://www.schleswigholstein.de/Bildung/DE/Schwerpunkte/DurchgaenigeSprachbildung/Foermig/Foermig_Didaktik__blob=publicationFile.pdf

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121 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

http://www.blk-foermig.uni-hamburg.de/web/de/all/kooper/iik/

Aufbau von Schulbibliothekenhttp://www.schulportal-thueringen.de/schule_bibliothek/schulbibliothekenhttps://schulbibliothek.wikispaces.com/Bestandsaufbauhttp://www.bibliotheksportal.de/themen/bibliothek-und-bildung/bibliothek-und-schule/schulbi-bliotheken.htmlhttp://www.alf-hannover.de/files/handreichung_schulbibliotheken_okt06.pdf

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122 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

15. ANHANG15.1 BILDUNGSSTANDARDS DEUTSCH FÜR DEN HAUPTSCHULABSCHLUSS UND DEN MITTLEREN SCHULABSCHLUSS – ÜBERSICHT

Im Folgenden sind stichwortartig die für alle Bundesländer und Schulformen verbindlichen Bil-dungsstandards für den Hauptschulabschluss und den Mittleren Schulabschluss im Kompetenz-bereich „LESEN - mit Texten und Medien umgehen“ gegenübergestellt. Grundlage der Synopse sind die KMK-Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Hauptschulabschluss und Mittleren Schulabschluss von 2003 bzw. 2004 (www.kmk.org). Diese Standards bilden auch die Basis für die kompetenzorientierten Lehrpläne der saarländischen Schulen. Ergänzend kamen 2012 die Bil-dungsstandards im Fach Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife hinzu (Beschluss der KMK vom 18.10.2012: www.kmk.org).

LESEN - MIT TEXTEN UND MEDIEN UMGEHEN

HAUPTSCHULABSCHLUSS MITTLERER SCHULABSCHLUSS

verschiedene Lesetechniken beherrschen

Lesetechniken und Strategien zum Leseverstehen kennen und anwenden

über grundlegende Lesefertigkeiten verfügen: flüs-sig, sinnbezogen, überfliegend, selektiv

über grundlegende Lesefertigkeiten verfügen: flüssig, sinnbezogen, überfliegend, selektiv, navi-gierend (z. B. Bild-Ton-Text integrierend) lesen

Strategien zum Leseverstehen kennen und anwenden Strategien zum Leseverstehen kennen und anwenden

die eigenen Leseziele kennen Leseerwartungen und -erfahrungen bewusst nutzen

Vorwissen und neue Informationen unterscheiden

Wortbedeutungen klären Wortbedeutungen klären

Lesehilfen nutzen: z. B. Textsorte, Aufbau, Über-schrift, Illustration, Layout

Textschemata erfassen, z. B. Textsorte, Aufbau des Textes

Verfahren zur Textstrukturierung kennen und nutzen: Inhalte zusammenfassen, Zwischenüber-schriften formulieren, wesentliche Textstellen kennzeichnen, Bezüge herstellen, Fragen aus dem Text ableiten und beantworten

Verfahren zur Textstrukturierung kennen und selbstständig anwenden: Zwischenüberschriften formulieren, wesentliche Textstellen kennzeich-nen, Bezüge zwischen Textteilen herstellen, Fra-gen aus dem Text ableiten und beantworten

Verfahren zur Textaufnahme kennen und nutzen: Aussagen erklären, Stichwörter formulieren, Tex-te und Textabschnitte zusammenfassen

Verfahren zur Textaufnahme kennen und nutzen: Aussagen erklären und konkretisieren, Stich-wörter formulieren, Texte und Textabschnitte zusammenfassen

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123 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

TEXTE VERSTEHEN UND NUTZEN

LITERARISCHE TEXTE VERSTEHEN UND NUTZEN

HAUPTSCHULABSCHLUSS MITTLERER SCHULABSCHLUSS

aktuelle und klassische Werke der Jugendliteratur und altersangemessene Texte bedeutender Autoren kennen

ein Spektrum altersangemessener Werke - auch Jugendliteratur - bedeutender Autor/innen ken-nen

epische, lyrische, dramatische Texte unterscheiden und wesentliche Merkmale kennen, insbesondere epische Kleinformen, Erzählungen, Kurzge-schichten, Gedichte

epische, lyrische, dramatische Texte unterschei-den, insbesondere epische Kleinformen, No-vellen, längere Erzählungen, Kurzgeschichten, Roman, Schauspiel, Gedichte

an einem repräsentativen Beispiel Zusammenhän-ge zwischen Text, Entstehungszeit und Leben des Autors/der Autorin herstellen

Zusammenhänge zwischen Text, Entstehungs-zeit und Leben des Autors/der Autorin bei der Arbeit an Texten aus Gegenwart und Vergan-genheit herstellen

zentrale Aussagen erschließen zentrale Inhalte erschließen

wesentliche Elemente eines Textes erfassen: Figu-ren, Raum- und Zeitverlauf, Konfliktverlauf

wesentliche Elemente eines Textes erfassen: Figu-ren, Raum- und Zeitverlauf, Konfliktverlauf

wesentliche Fachbegriffe zur Erschließung von Literatur kennen und anwenden: Autor, Erzähler, Monolog, Dialog, Reim

wesentliche Fachbegriffe zur Erschließung von Literatur kennen und anwenden: Erzähler, Erzählperspektive, Monolog, Dialog, sprachliche Bilder, Reim, lyrisches Ich

grundlegende Gestaltungsmittel erkennen und ihre Wirkungen einschätzen: z. B. Wortwahl, Wiederholung, sprachliche Bilder

grundlegende Gestaltungsmittel in ihren Wir-kungszusammenhängen und in ihrer histori-schen Bedingtheit erkennen: z. B. Wort-, Satz- und Gedankenfiguren, Bildsprache (Metaphern)

eigene Deutungen des Textes entwickeln, mit an-deren darüber sprechen und am Text belegen

eigene Deutungen des Textes entwickeln, am Text belegen und sich mit anderen darüber verständigen

untersuchende Methoden kennen und anwenden: z. B. Texte vergleichen

analytische Methoden anwenden, z. B. Texte un-tersuchen, vergleichen, kommentieren

produktive Methoden kennen und anwenden, z. B. weiterschreiben, einen Paralleltext verfassen, eine szenische Umsetzung realisieren

produktive Methoden kennen und anwenden, z. B. Perspektivenwechsel, innerer Monolog, Brief in der Rolle einer literarischen Figur, szenische Umset-zung, Paralleltext, weiterschreiben, in eine andere Textsorte umschreiben

Handlungen und Verhaltensweisen beschreiben und werten

Handlungen, Verhaltensweisen und Verhaltens-motive bewerten

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124 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

SACH- UND GEBRAUCHSTEXTE VERSTEHEN UND NUTZEN

HAUPTSCHULABSCHLUSS MITTLERER SCHULABSCHLUSS

verschiedene Textfunktionen und Textsorten unterscheiden: informieren (z. B. Lexikontext), appellieren (z. B. Werbetext), regulieren (z. B. Jugendschutzgesetz, Arbeitsvertrag), instruieren (z. B. Bedienungsanleitung)

verschiedene Textfunktionen und Textsorten unterscheiden: informieren (z. B. Nachricht), appellieren (z. B. Kommentar, Rede), regulieren (z. B. Gesetz, Vertrag), instruieren (z. B. Ge-brauchsanweisung)

ein breites Spektrum auch längerer und komple-xerer Texte verstehen und im Detail erfassen

Informationen zielgerichtet entnehmen, ordnen, prüfen und ergänzen

Informationen zielgerichtet entnehmen, ordnen, vergleichen, prüfen und ergänzen

nichtlineare Texte (auch im Zusammenhang mit linearen Texten) auswerten: z. B. Schaubilder nichtlineare Texte auswerten: z. B. Schaubilder

Intention(en) eines Textes erkennen

Intention(en) eines Textes erkennen, ins-besondere den Zusammenhang zwischen Autorenintention(en), Textmerkmalen, Leseer-wartungen und Wirkungen

aus Sach- und Gebrauchstexten begründete Schlussfolgerungen ziehen

aus Sach- und Gebrauchstexten begründete Schlussfolgerungen ziehen

Information und Wertung in Texten unterschei-den, z. B. in Zeitungen Information und Wertung in Texten unterscheiden

MEDIEN VERSTEHEN UND NUTZEN

HAUPTSCHULABSCHLUSS MITTLERER SCHULABSCHLUSS

Informations- und Unterhaltungsfunktion unter-scheiden: z. B. im Internet

Informations- und Unterhaltungsfunktion unter-scheiden

medienspezifische Formen kennen: z. B. Print- und Onlinezeitungen, Infotainment, Hypertexte, Werbekommunikation, Film

Intentionen und Wirkungen ausgewählter Medien-inhalte erkennen und bewerten: z. B. Fernsehserie

Intentionen und Wirkungen erkennen und be- werten

wesentliche Darstellungsmittel eines Mediums und deren Wirkungen kennen und einschätzen

wesentliche Darstellungsmittel kennen und deren Wirkungen einschätzen

Lebenswirklichkeit von Realitätsdarstellungen und der Darstellung fiktionaler Welten in Medien unterscheiden

zwischen eigentlicher Wirklichkeit und virtuellen Welten in Medien unterscheiden, z. B. Fernsehse-rien, Computerspiele

Informationen zu einem Thema/Problem in unterschiedlichen Medien suchen, vergleichen, auswählen und bewerten

Informationsmöglichkeiten nutzen, z. B. Infor-mationen zu einem Thema/Problem in unter-schiedlichen Medien suchen, vergleichen, auswäh-len und bewerten (Suchstrategien)

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125 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

Quelle: Beschlüsse der Kultusministerkonferenz• Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Mittleren Schulabschluss vom 4. 12. 2003 http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2003/2003_12_04-BS- Deutsch-MS.pdf• Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Hauptschulabschluss vom 15. 10. 2004 http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_10_15-Bildungs- standards-Deutsch-Haupt.pdf

Medien für eigene Produktionen kreativ nutzen Medien zur Präsentation und ästhetischen Pro-duktion nutzen

METHODEN UND ARBEITSTECHNIKEN

HAUPTSCHULABSCHLUSS MITTLERER BILDUNGSABSCHLUSS

mit Nachschlagewerken umgehen Nachschlagewerke zur Klärung von Fachbegrif-fen, Fremdwörtern und Sachfragen heranziehen

recherchieren

zitieren, Quellen angeben exzerpieren, zitieren, Quellen angeben

Wesentliches markieren Wesentliches hervorheben und Zusammenhänge verdeutlichen

Stichwörter formulierenTexte zusammenfassen: z. B. im Nominalstil, mit Hilfe von Stichwörtern, Symbolen, Farbmarkie-rungen, Unterstreichungen

Texte gliedern und Teilüberschriften finden Texte gliedern und Teilüberschriften finden

Inhalte mit eigenen Worten zusammenfassend wiedergeben

Inhalte mit eigenen Worten wiedergeben, Randbe-merkungen setzen

Inhalte veranschaulichen, z. B. durch eine Mind-map oder ein Flussdiagramm

Arbeitsergebnisse zielgerichtet und sachbezogen präsentieren, z. B. mit Folie, Plakat, PC

Präsentationstechniken anwenden: Medien ziel-gerichtet und sachbezogen einsetzen, z. B. Tafel, Folie, Plakat, PC, Präsentationsprogramm

Page 126: LESEKOMPENDIUM - Landesinstitut für Pädagogik … · kompetenz als das Verstehen einer historischen Quelle oder eines literarischen Textes. Als Ergänzungen zu dem nun vorliegenden

126 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

15.2 ANFORDERUNGSBEREICHE DEUTSCH: WIEDERGEBEN, ANWENDEN, REFLEKTIEREN UND BEURTEILEN

Die folgende Textpassage ist ein Auszug aus den Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Mitt-leren Schulabschluss, Beschluss vom 4.12.2003, Seite 17 - 20:

„4.1 Anforderungsbereiche

Für Aussagen über die Angemessenheit, Qualität und Komplexität der Anforderungen, die mit den im Folgenden vorgestellten schriftlichen und mündlichen Aufgaben verbunden sind, stellen die Anforderungsbereiche einen Orientierungsrahmen dar, in dem sich die Leistungen von Schü-lerinnen und Schülern erfahrungsgemäß bewegen.

Die Bearbeitung der Aufgaben erfordert die Fähigkeit, Schreibprozesse wie mündliche Aussagen zu gestalten, zu kommunizieren, mit Texten umzugehen, ihnen Informationen zu entnehmen und Sachverhalte und Problemstellungen angemessen zu artikulieren.

Der Schwierigkeitsgrad wird gesteuert durch• die Komplexität der Aufgabenstellung,• die Komplexität und Anforderungshöhe des vorgelegten Textes, Textensembles oder einer ent- sprechenden Problemstellung,• die Anforderung an Kontext- und Orientierungswissen,• die Anforderung an die sprachliche Darstellung,• Umfang und Komplexität der notwendigen Reflexion oder Bewertung.

Die Anforderungen an schriftliche wie mündliche Aussagen entsprechen einander in wichtigen Punkten.

Die folgenden drei Anforderungsbereiche lassen sich unterscheiden und beschreiben:

ANFORDERUNGSBEREICH I ANFORDERUNGSBEREICH II ANFORDERUNGSBEREICH III

Verfügbarkeit der für die Bearbeitung der Aufgaben notwendigen inhaltlichen und methodischen Kenntnisse

Selbstständiges Erfassen, Einordnen, Strukturieren und Verarbeiten der aus der Thematik, dem Material und der Aufgabenstellung erwach-senden Fragen/Probleme und deren entsprechende gedank-liche und sprachliche Bear-beitung

Eigenständige Reflexion, Bewer-tung bzw. Beurteilung einer kom-plexen Problemstellung/Thema-tik oder entsprechenden Materials und ggf. die Entwicklung eigener Lösungsansätze

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127 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

DIE LEISTUNGEN UMFASSEN

IM ANFORDERUNGSBEREICH

I:

DIE LEISTUNGEN UMFASSEN

IM ANFORDERUNGSBEREICH

II:

DIE LEISTUNGEN UMFASSEN

IM ANFORDERUNGSBEREICH

III:

• die sich aus der Aufgabe, dem Material oder der Problem- stellung ergebenden Arbeits- aufträge identifizieren

• das der Aufgabenstellung oder dem Material zugrundeliegen- de Thema erfassen

• den Text- bzw. Materialinhalt geordnet wiedergeben

• die eigenen Kenntnisse mit dem Thema, dem Hauptge- danken, der Problemstellung verbinden

• über die dem Thema, dem Bereich entsprechenden Fach- begriffe verfügen

• die der Aufgabe entsprechen- de(n) Schreibform(en) benutzen

• die der Aufgabenstellung ent- sprechenden geübten Metho- den und Arbeitstechniken anwenden

• einen längeren oder einen komplexen Text bzw. Material- inhalt in eigenständiger For- mulierung wiedergeben oder zusammenfassen • die Hauptgedanken eines Tex- tes und seine Argumentation differenziert erfassen

• Bezüge in Texten bzw. Mate- rialien erkennen, um Aussagen zu erfassen

• poetische/stilistische/rhe- torische Mittel in einem Text erkennen, beschreiben und untersuchen • inhaltliche und methodische Kenntnisse auf unbekannte Sachverhalte sinnvoll beziehen

• die eigenen Ausführungen gedanklich strukturiert sowie inhaltlich klar und differenziert darstellen

• komplexe, anspruchsvolle Texte, Problemstellungen, Materialien erfassen und bear- beiten

• die Aussagen eines Textes, eine Problemstellung in weitere Zusammenhänge einordnen und entsprechend detailliert untersuchen

• begründete Folgerungen aus der Text- , Material- oder Problembearbeitung ziehen und formulieren

• Deutungsansätze poetischer/ stilistischer/rhetorischer Mit- tel in einem Text entwickeln

• spezielles Fachwissen nutzen eigene Textproduktion origi- nell und kreativ gestalten

• einen eigenen Standpunkt begründet darstellen

• dem Thema, der Gestaltung gemäße oder auch kontras- tierende Darstellungsformen entwickeln • begründete Vermutungen formulieren • selbstständige Schlussfolge- rungen entwickeln • kritische Bewertungen vor- nehmen• eigenständige Lösungsansätze entwickeln

Page 128: LESEKOMPENDIUM - Landesinstitut für Pädagogik … · kompetenz als das Verstehen einer historischen Quelle oder eines literarischen Textes. Als Ergänzungen zu dem nun vorliegenden

128 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

Quelle:http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2003/2003_12_04-BS-Deutsch-MS.pdf, S. 17 ff

• sprachnorm- und anforde- rungsgerecht formulieren

• die eigenen Ausführungen sprachlich angemessen und in Wortwahl und Satzbau diffe- renziert darstellen

• Alternativen aufzeigen • begründete Urteile formulieren • das eigene Vorgehen kritisch untersuchen und beurteilen • eine eigenständige gedankliche und sprachliche Darstellung umsetzen

zusätzliche Anforderungen an die mündliche Darstellung

zusätzliche Anforderungen an die mündliche Darstellung

zusätzliche Anforderungen an die mündliche Darstellung

• in der Standardsprache spre- chen, vortragen beim Spre- chen, Vortrag auch Betonung, Lautstärke, Tempo/Pausen, Stimmhebung und -senkung und Medien nutzen

• einzelne Themen jeweils in geeigneten und unterschied- lichen Formen medial aufbe- reiten• den Vortrag weitgehend frei (vom Stichwortzettel gelöst) gestalten• auf eine differenzierte Wort- wahl, insbesondere im Hin- blick auf Fremdwörter und Fachbegriffe achten • nonverbale Gestaltungsmittel sachangemessen einsetzen und den Zuhörer damit ver- stärkt einbeziehen (Körper- haltung, Gestik, Mimik, Blickkontakt)

• auf Verständnisfragen zum Thema sachkompetent ant- worten

• das Gruppengespräch struk- turieren (nachfragen, Denk- anstöße geben, zielorientiert zusammenfassen)

• aufmerksam zuhören und Äußerungen anderer einschät- zen, aufgreifen und ggf. aner- kennen

Die Aufgabenbeispiele sind so konzipiert, dass ihre Bearbeitung Leistungen in allen drei Anforde-rungsbereichen voraussetzt. Wenn auch der Schwerpunkt der für die Lösung notwendigen Leis-tungen jeweils im Anforderungsbereich II liegt, so verlangt die Aufgabenstellung im Einzelnen auch Leistungen in den Anforderungsbereichen I und III für den Nachweis einer Verstehens- und Darstellungsleistung im oben beschriebenen Sinne."

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129 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

15.3.1 KOMPETENZSTUFENMODELL ZUM LESEVERSTEHEN NACH PISA

Quelle: Kompetenzstufenmodell zu den Bildungsstandards im Kompetenzbereich Lesen für den Mittleren Schulabschluss, IQB 2009, 6: http://www.iqb.hu-berlin.de/bista/ksm/KSM_GS_Deutsch_L_1.pdf

15.3 KOMPETENZSTUFENMODEL ZUM LESEVERSTEHEN

15.3.2 IQB: KOMPETENZSTUFENMODELL FÜR DIE BILDUNGSSTANDARDS IM LESEN

Das IQB hat aufgrund empirischer Untersuchungen für den Mittleren Schulabschluss ein Kom-petenzstufenmodell formuliert:

„Niveau 1:Es können einzelne Informationen im Text lokalisiert werden, vor allem dann, wenn sie auffälligplatziert sind (z. B. grafisch hervorgehoben oder zu Beginn oder am Ende von Absätzen). Was gesucht wird, sind häufig Bezeichnungen für Konkretes wie Eigennamen. Dabei kommt es gele-gentlich vor, dass der Text attraktive Distraktoren enthält, also Informationen, die der gesuchten mehr oder weniger ähneln.

Page 130: LESEKOMPENDIUM - Landesinstitut für Pädagogik … · kompetenz als das Verstehen einer historischen Quelle oder eines literarischen Textes. Als Ergänzungen zu dem nun vorliegenden

130 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

Es gelingt ebenfalls, auch längere und komplexere Texte auf das Vorhandensein einer einzelnen Information hin zu durchsuchen. Darüber hinaus werden Aufgaben gelöst, bei denen es um die Herstellung lokaler Kohärenz geht: Im Text benachbarte Informationen, deren Relationen nicht explizit sind, werden auf der Basis von verbreitetem Weltwissen bzw. vor allem aufgrund von Sprachwissen miteinander verknüpft. Dabei ist das, was in der Aufgabe als Information bereits gegeben ist, oft mit dem Wortlaut bzw. der Bedeutung eines Teils der Information, die im Text identifiziert werden muss, identisch oder verwandt. So ist z. B. gefragt Wer verfolgt die Prinzessin?, und im Text ist der (Teil-) Satz …dass sich die Prinzessin auf der Flucht vor den … Trollen weigert weiterzulaufen, zu ergänzen.

Gelöst werden auch Aufgaben, bei denen angesichts eines strukturell einfachen und kurzen Textes das Textthema identifiziert werden muss bzw. bei denen thematisch Relevantes von weniger Rele-vantem unterschieden werden muss. Es handelt sich meistens um geschlossene Aufgabenformate, vor allem um Mehrfachwahlaufgaben.

Schülerinnen und Schüler, die auf diesem Niveau liegen, verfehlen deutlich die Vorgaben, wie sie in den Bildungsstandards der KMK für den Bereich Lesen verfasst sind. Die Stufe I beschreibt dementsprechend einen Leistungsabschnitt, auf dem auch ein Bildungsminimum im Sinne von Mindeststandards nicht erreicht wird.

Niveau 2:Auch auf diesem Niveau werden vor allem Aufgaben gelöst, bei denen es um Lokalisieren geht. Die gesuchten Informationen sind häufig weniger auffällig platziert. Über Aufgaben hinaus, bei denen Relationen von im Text benachbarten Informationen zu explizieren sind, werden auch einige Aufgaben bewältigt, bei denen die Verbindung von Informationen verlangt ist, die über mehrere Abschnitte verteilt sind. Vereinzelt werden hier auch Aufgaben gelöst, bei denen es darum geht, auf der Basis mehrerer Informationen eine angemessene Bezeichnung für das Handlungsmotiv eines Protagonisten auszuwählen. Häufig sind wie auf Niveau 1 Teile der Auf-gabe mit Teilen der gesuchten Information bezeichnungs- oder bedeutungsgleich oder sie sind ihnen ähnlich.

Das für die Lösung einiger Aufgaben nötige Weltwissen kann als weithin geteilt angesehen wer-den. So muss z. B. im Kontext einer Aufgabe zu einem ICE-Prospekt geschlossen werden, dass man ein Problem mit einer Fahrkarte im Wagen mit einem Servicepoint zur Sprache bringen kann. Bei einer Reihe von Aufgaben, bei denen Lokalisieren gefragt ist, gibt es einen, manchmal auch mehrere attraktive Distraktoren im Text. Gelöst werden auch Aufgaben, bei denen ein mehrfaches Durchsuchen von Texten nach einzelnen Informationen gefordert ist.

Neben Mehrfachwahlaufgaben kommen Aufgaben vor, bei denen ein Kurztext zu schreiben ist. Darüber hinaus gibt es einige Zuordnungs- und mehrteilige Wahr-Falsch-Aufgaben, die teilweise gelöst werden.

Schülerinnen und Schüler, die diese Niveaustufe erreichen, zeigen Leistungen, mit denen die in den Bildungsstandards der KMK implizierten Kompetenzstände noch nicht erreicht werden. Da einfache Verknüpfungen aber bereits gelingen und auch über den Text verstreute Informationen integriert werden können, interpretieren wir dieses Niveau im Sinne der Erreichung von Mindest-standards.

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131 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

Niveau 3:Über die bereits auf den Niveaus 1 und 2 lösbaren Aufgaben hinaus werden hier Aufgaben gemeis-tert, in deren Rahmen u. a. bei längeren Texten vorgegebene Absatzüberschriften in die richtige Reihenfolge zu bringen sind. Bei einem anderen auf die Textgliederung zielenden Aufgabentyp sind Absatzüberschriften Zeilenintervalle zuzuordnen. Hinzu kommen Aufgaben, bei denen bei komplexeren Texten aus mehreren vorgegebenen Alternativen das zutreffende Textthema zu wäh-len ist. Es gelingt auch - ebenfalls im Blick auf den ganzen Text - im Kontext einer Mehrfachwahl-aufgabe die Erzählperspektive anzugeben. Weitere Aufgaben zielen auf die Differenzierung von Textsorten, z. B. auf die Differenz von „historisch“ und „phantastisch“, und darauf anzugeben, welches von mehreren Merkmalen am ehesten geeignet ist, einen Text der Phantastik zuzuweisen.Es werden auch Aufgaben gelöst, bei denen die Bedeutung von Wörtern kontextuell erschlossenwerden muss. Bereits auf ein zentrales Element einer Interpretation als Resultat eines komplexen Schlussprozesses zielt die auf diesem Niveau beantwortbare Frage, auf welche von vier genannten Gruppen sich ein Personalpronomen bezieht.

Schülerinnen und Schüler, die diese Niveaustufe oder eine höhere erreichen, zeigen Leistungen, wie sie in den Bildungsstandards der KMK für den Bereich Lesen verfasst sind. Die Stufe III kann dementsprechend im Sinne der Erreichung von Regelstandards interpretiert werden

Niveau 4:Auf diesem Niveau können Aufgaben der bisher beschriebenen Arten gelöst werden, d. h. u. a. Aufgaben zur Strukturierung von Texten in Abschnitte und zur Angabe der Textsorte. Neben Aufgaben, die sich auf die Verknüpfung von Informationen über Abschnitte hinweg oder auch auf lokale Relationen von Informationen beziehen, sind auch noch Fälle von Lokalisierungsaufgaben im Spiel. Hier gibt es allerdings anders als auf den unteren Niveaus kaum noch eine Identität oder offensichtliche Ähnlichkeit von Aufgabenformulierung und Darstellung im Text.

Unter Berücksichtigung des gesamten (narrativen) Textes können darüber hinaus verschiedenen Figuren Merkmale zugeordnet werden. Man kann auch über einen Text verstreute Varianten der Bezeichnung eines Gegenstandes nennen und sich begründet für eine von mehreren Interpretati-onen eines Textabschnitts entscheiden. Im Text nicht explizit genannte, sondern zu erschließende Wissensbestände von Figuren werden ebenso erkannt wie das Motiv eines Erzählers, einen Sach-verhalt auf eine bestimmte Weise darzustellen.

Auf diesem Niveau können auch Aufgaben gelöst werden, die sich auf Kombinationen von Grafik und kontinuierlichem Text beziehen. Dabei müssen u. a. Informationen in beiden Formaten mit-einander abgeglichen werden und es geht auch darum, den partiell hierarchischen Charakter der Grafik, d.h. die Einbettung einer Liste in eine andere Liste, zu verstehen.

Auf Stufe IV werden somit insgesamt Leistungen gezeigt, die bereits über den Vorgaben der KMK liegen, so dass wir diese Stufe im Sinne der Erreichung eines Regelstandards plus interpretieren.

Niveau 5:Schülerinnen und Schüler lösen hier nicht nur mit hoher Sicherheit Aufgaben der Niveaus 1 bis 4. Es gelingt ihnen auch, Interpretationshypothesen plausibel zu beurteilen und in einem argumen-tativen Text zentrale Thesen zu identifizieren. Dabei geht es auch um das Erkennen der argumen-tativen Funktion von Beispielen.

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132 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

Ebenso können in einem umfangreichen Text einzelne Stellen als Fälle von positiven oder nega-tiven Bewertungen identifiziert werden. Wörter und Wortgruppen in fiktionalen Texten, die für die Interpretation zentral sind, können verständig erläutert bzw. es kann die angemessene Lesart ausgewählt werden.

Bei einem weiteren Typ von (Teil-) Aufgaben, die auf diesem Niveau gelöst werden können, ist eine nur partiell ausgeführte schematische Darstellung relevanter Elemente eines langen Sachtexts vorgegeben. Fehlende Elemente sind einzufügen, was nur gelingt, wenn im Text verstreute In-formationen identifiziert und verknüpft werden können. Darüber hinaus müssen für die korrekte Platzierung der Einträge in dem Schema Analogien berücksichtigt werden.

Anders als auf den Niveaus 1 bis 4 ist bei einem großen Teil der Aufgaben auf Niveau 5 verlangt, selbstständig einen mehr oder weniger umfangreichen Text zu produzieren.

Insgesamt werden auf Stufe V Leistungen gezeigt, die vermutlich nur unter sehr günstigen schu-lischen und außerschulischen Lerngelegenheiten erreichbar sind. Wir interpretieren dieses Niveau dementsprechend im Sinne eines Maximalstandards."

Quelle: Kompetenzstufenmodell zu den Bildungsstandards im Kompetenzbereich Lesen für den Mittleren Schulabschluss, IQB 2009, 6: http://www.iqb.hu-berlin.de/bista/ksm/KSM_GS_Deutsch_L_1.pdf, S. 9

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133 INHALTSVERZEICHNIS

ANHANG

Protokoll der Leseprobe

Name: Klasse:

Leseprobe vom

liest gut betonend liest Endungen nicht genau

liest ohne Betonung liest Wörter teilweise falsch

betont falsch liest ganze Wörter falsch

liest überschauend hat Schwierigkeiten bei langen Wörtern

liest flüssig lässt Wörter aus

liest stockend fügt Silben oder Wörter hinzu

liest Wort für Wort überliest Satzzeichen

liest mit Fingerhilfe verliert die Zeile

korrigiert sich selbst

korrigiert mit Hilfe

Gesamteindruck: gut mittel schwach

Bemerkungen

15.4 AUSGEWÄHLTER BEOBACHTUNGSBOGEN ZUR LESEFLÜSSIGKEIT

Quelle:http://www.bibliothek.schulministerium.nrw.de/lesefoerrderungkonkret/14_protokoll_der_lese-probe.pdf, zugegriffen am 14.11.2013

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