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Lesen von Sonagrammen III Vokale, Plosive Uwe Reichel IPS, LMU M¨ unchen [email protected] basierend auf Kirsten Macheletts Online-Script http://www.phonetik.uni-muenchen.de/Lehre/Skripten/ SGL/SGLHome.html 23. November 2007

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Lesen von Sonagrammen IIIVokale, Plosive

Uwe Reichel

IPS, LMU Munchen

[email protected]

basierend auf Kirsten Macheletts Online-Script

http://www.phonetik.uni-muenchen.de/Lehre/Skripten/

SGL/SGLHome.html

23. November 2007

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Inhalt

• Vokale

• Lokus

• Plosive

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Vokale

• Unterscheidungskriterium: Lage der Formanten F1 und F2

• absolute Formantlagen hangen von Lange des Ansatzrohrs ab

• bei Frauen ist der Artikulationstrakt i.d.R. kurzer als bei Mannern −→ hohereabsolute Formantpositionen (– 500 Hz)

• Zungenhohe, Kieferoffnung bestimmen den Grad der artikulatorischenOffnung (kleinster Abstand zwischen Zungerucken und Palatum)

• Zungenposition (horizontale Position des kleinsten Abstands) bestimmt dieLange des oralen Ansatzrohrs zwischen Artikulationsstelle und Mundoffnung

• Zusammenhang artikulatorische Offnung (hohe vs. tiefe Vokale) – F1:je offener, desto hoher F1

• Zusammenhang Ansatzrohrlange (vordere vs. hintere, ungerundete vs.gerundete Vokale) – F2: je kurzer, desto hoher F2; Lippenrundung fuhrtzur Absenkung von F2

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Abbildung 1: Schematischer Zusammenhang zwischen Vokalartikulation und Akustik

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Abbildung 2: Formantlagen der Eckvokale /i,a,u/

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Lippenrundung

Abbildung 3: Auswirkung der Lippenrundung auf F2

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Abbildung 4: Auswirkung der Lippenentrundung auf F2

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Vordere Vokale

• diffuse: großer Abstand zwischen F1 und F2 (bis 2000 Hz)

• acute: F2 hoch

• Abstand zwischen F1 und F2 verringert sich mit abnehmender Zungenhohe(F1 steigt, F2 fallt)

Abbildung 5: Vordere Vokale

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Hintere Vokale

• compact: F1 und F2 eng beieinander, oft nicht mehr voneinander zu trennen

• grave: F1 und F2 unter 1000 Hz

• F1 und F2 steigen mit abnehmender Zungenhohe an

• /a/: F1 und F2 um 1000 Hz (etwa 800 und 1200 Hz)

Abbildung 6: Hintere Vokale

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Zentrale Vokale

• annahernde Aquidistanz von F1, F2 und F3

• F2 zwischen 1000 und 1500 Hz

• Schwa: F1–F3 aquidistant bei etwa 500, 1000 und 1500 Hz

• kurzere Dauer

Abbildung 7: Zentrale Vokale

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Lokus

• Transition: durch Artikulation hervorgerufene Formantbewegung

• Lokus: (gedachter) Ausgangs- bzw. Endpunkt einer Formant-Transition ineinem konsonantischen Segment.

• Ermittlung: Extrapolation (Verlangerung) der sichtbaren Transition im Vokalbis etwa 50 ms in den benachbarten Konsonaten hinein

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• v.a. anhand des Lokus von F2 lasst sich die Artikulationsstelle desKonsonanten bestimmen (nach Delattre et al., 1955):

labial 720 Hzalveolar 1800 Hzpalatal 2000–3000 Hzvelar+ vorderer Vokal 3000 Hz+ hinterer Vokal < 1000 Hz

Tabelle 1: F2-Loci

• Interferenzen in VCV-Kombinationen: Loci jeweils von beiden Vokalenabhangig

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Page 13: Lesen von Sonagrammen III Vokale, Plosivereichelu/kurse/sonagramme/sona_slides_3.pdf · Probleme bei der Auswertung der Transitionen • Transitionen nur auswertbar, wenn an den Plosiv

Abbildung 8: labialer Lokus

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Abbildung 9: alveolarer Lokus

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Plosive

Artikulationsstelle erkennbar an:• Lokus, Transitionen

• Transitionsdauer

• Burst: Spektrum, Intensitat, Anzahl

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Transitionen, Lokus

• labial:– F1, F2 und F3 fallen zum Plosiv hin

– F2-Lokus bei etwa 720 Hz

• alveolar:– F2-Lokus bei etwa 1800 Hz

– F2- und F3-Transition quasi-parallel bei nicht-hinterem Vokal (steigend,fallend oder waagrecht)

– Konvergenz der F2-, F3- und F4-Transition vor hinterem Vokal

• velar:– Konvergenz von F2- und F3-Transition vor nicht-hinterem Vokal

– keine Transitionen vor hinteren Vokalen

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Abbildung 10: Labiale Plosive: fallende Transitionen, schwacher Burst

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Abbildung 11: Alveolare Plosive: F2-Lokus bei etwa 1800 Hz

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Abbildung 12: Velare Plosive: F2- und F3 konvergieren vor nicht-hinteren Vokalen

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Probleme bei der Auswertung der Transitionen

• Transitionen nur auswertbar, wenn an den Plosiv ein Vokal grenzt!

• Problem bei aspirierten Plosiven: Plosiv-Vokal-Artikulation haufig wahrendAspirationsphase und damit zum Vokalbeginn abgeschlossen −→ keineTransitionen mehr am Vokalrand zu beobachten.

• Bei Aspirationen mit hoher Intensitat sind die Transitionen allerdings in derAspiration sichtbar

• ahnliches Problem bei Affrikaten

• notfalls wenn moglich auf den vorausgehenden Vokal ausweichen

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Abbildung 13: Nutzung der VC-Transitionen bei Plosiven mit Aspiration und Affrikaten

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• F2-Transitionen umso weniger ausgepragt, je naher die Artikulationsstellezwischen Plosiv und benachbartem Vokal (F2 korreliert mit Lange des oralenAnsatzrohrs, vgl. Vokale)

Abbildung 14: Transitionsverlauf in Abhangigkeit der Nahe der Artikulationsstellen zwischen Plosiv

und Vokal

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Transitionsdauer

• bei konstanter Sprechgeschwindigkeit abhangig von Artikulator undartikulatorischer Nahe

• labial: Lippen und Zunge werden unabhangig voneinander bewegt −→kurzeste Dauer, u.U. nicht vorhanden!

• alveolar: Zungenspitze gut beweglich, Verschlusslosung erfolgt schnell −→mittlere Dauer

• velar: Zungenrucken trage, langsamere Verschlusslosung −→ langste Dauer

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Burst-Charakteristik

• meist nur sehr eingeschrankt nutzbar

• labial: haufig schwach ausgepragt, Energiekonzentration kompakt im unterenFrequenzbereich zwischen 500 und 1000 Hz

• alveolar: flach, unterbrochene Struktur, Energiemaxima bei 500 Hz und uber4000 Hz

• velar: hohe Energiekonzentration im mittleren Frequenzbereich zwischen 1500und 4000 Hz, Mehrfachverschlusslosung durch sukzessives Ablosen desZungenruckens moglich

• Gesamtintensitat steigt mit Lange des Ansatzrohrs zwischenArtikulationsstelle und Mundoffnung −→ beim velaren Plosiv am hochsten

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Abbildung 15: Bursts

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Zusammenfassung: Plosive

Artikulationsstelle Transition Burst

labial fallende Transitionen von schwach ausgepragt;F1, F2 und F3 Energiekonzentration im

unteren Frequenzbereichalveolar Lokus bei 1800 Hz; unterbrochene Struktur

Konvergenz von F2, F3vor hinterem Vokal

velar Konvergenz von F2 und Mehrfachverschlusslosung;F3 neben nicht-hinteren Energiekonzentration imVokalen mittleren Frequenzbereich

Tabelle 2: Plosivunterscheidung

Bemerkungen:• keine Transitionen bei homorganen Plosiv-Vokal-Verbindungen

• Transition kann nach aspirierten Plosiven und Affrikaten fehlen −→ fallsmoglich Transitionen zwischen vorangehendem Vokal und Plosiv ermitteln

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Glottal stop

• i.d.R. vor Vokal, manchmal vor Nasal (/?m?m/)

• Verschlussphase immer stimmlos

• mehrere Verschlusslosungen moglich

• im Burst sind die Formantwerte des Folgevokals erkennbar

• keine Formanttransitionen

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Abbildung 16: Plosiv-Glottal-stop-Minimalpaare

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