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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. ZWEI NEUE FLAVON-C-GLYKOSIDE AUS LINUM MAR1T1MUM L. 809 Linosid A und B, zwei neue Flavon-C-glykoside aus Linum maritimum L. * Linoside A and B, Two New Flavone-C-glycosides from Linum maritimum L. H. WAGNER, W. BUDWEG und M. A. IYENGAR Institut für Pharmazeutische Arzneimittellehre der Universität München und 0. VOLK und M. SINN Institut für Pharmakognosie der Universität Würzburg (Z. Naturforsch. 27 b, 809—812 [1972] ; eingegangen am 8. März 1972) Linoside from Linum maritimum L. to which the structure 3',4'-Dimethyl-luteolin-7-0-rhamnoside was assigned by VOLK and SINN turned out not to be identical with the synthesized glycoside. On reinvestigation Linoside could be separated into two components (Linoside A and B) and struc- turally elucidated as the new flavone-C-glycosides 5-hydroxy-7,3',4'-trimethoxy-flavone-6-C-[6-or 2-0- a-L- (O-acetyl-rhamno) -/?-D-glucopyranoside and its desacetylderivative respectively. Im Jahre 1968 isolierten VOLK und SINN 1 aus Linum maritimum L. ein Flavonglykosid vom Schmp. = 180°, dem sie den Namen Linosid gaben. Nach ihren Untersuchungen sollte es sich um ein bisher nicht beschriebenes 5.7-Dihydroxy-3'.4'-di- methoxy-flavon-7-O-rhamnosid (1) handeln. Zum Strukturbeweis synthetisierten wir 1 durch Direkt- kupplung von S'^'-Dimethyl-luteolin (3) mit a-Ace- tobromrhamnose und anschließende Verseifung des Kupplungsproduktes. 3 erhielten wir aus früher von uns synthetisiertem 3'.4'-Dimethyl-luteolin-7-0- neohesperidosid (5) durch saure Hydrolyse. Das NMR-Spektrum des synth. Tetraacetates (2) war mit der Struktur des 3'.4'-Dimethyl-luteolin-7-0-a-L- rhamnosides (1) in Einklang, wich aber in wesent- lichen Punkten von dem des natürlichen Linosid- acetates ab. Auch der Schmp. des synth. Glykosides (Schmp. = 238 240°) war von dem des natür- lichen verschieden. Ein DC-Vergleich beider Glyko- side auf Kieselgel im System Äthylacetat Metha- nol—Wasser ( 9 6 : 1 6 : 1 2 ) ergab, daß natürliches „Linosid" ein Gemisch aus 2 Flavonen (Rf = 0,50 und 0,40) darstellt, von denen keines mit dem Rf- Wert des synth. 1 übereinstimmte (Rf = 0,69). Wir führten daher eine Nachisolierung durch. Aus Äthyl- acetat erhielten wir ein Flavonmischkristallisat, das beide Flavone in angereicherter Form enthielt. Ein IR-Spektrum des Gemisches stimmte mit dem des natürlichen „Linosids" überein. Auffallend war im Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. WAGNER, Inst. f. pharmazeut. Arzneimittellehre der Universität München, D-8000 München 2, Karlstr. 29. * IX. Mitt. über Flavon-C-Glykoside. IR-Spektrum des Flavongemisches eine Ester- oder Lactonbande bei 1724 cm -1 , die von den Autoren 1 nicht interpretiert worden war. Durch Säulenchro- matographie gelang eine Trennung des Gemisches in die beiden Flavone A (Schmp. = 174-175°, R, = 0,50) und B (Schmp. = 179-182°, Rf = 0,40). Flavon A unterschied sich im NMR-Spektrum von Flavon B nur durch die Anwesenheit einer O-Acetyl- gruppe (<5 = 1,95 ppm). Alkalibehandlung von A lieferte Essigsäure und führte Flavon A quantitativ in Flavon B über. Salzsäure und Enzymhydrolyse ergaben Rhamnose und ein drittes Flavon (Flavon C) vom Schmp. = 253 255°, das nicht mit 5.7-Di- hydroxy-3 .4'-dimethoxy-flavon (Dimethyl-luteolin) 3 identisch war. Das NMR-Spektrum des Flavon-B-acetates gab folgende Strukturhinweise: 7 Acetyl-Gruppen (5 = 1,8 2,45 ppm) und das für 19 Zuckerprotonen integrierende komplexe Multiplett zwischen d = 3,8 und 5,5 ppm sprachen für das Vorliegen eines Di- glykosides. Aufallend war das stark nach hohem Feld verschobene Methyldublett der Rhamnose ((5 = 0,67 ppm) wie es von uns bisher nur noch bei C3 O- Rhamnosiden beobachtet wurde. Für alle von uns bisher synthetisierten Flavon-7-O-rhamnoglucoside (Neohesperidoside und Rutinoside) findet man das Methyldublett zwischen (5 = 1,0 und 1,2 ppm 2> 8 . Ein H3-Singulett bei <5 = 6,66 ppm, ein nicht koppelndes H8-Proton bei <5 = 7,06 ppm, drei B-Ring-Protonen bei d = 7,03, 7,42 und 7,62 ppm (H2 ', H5 -, H6 ) und 9 Methoxyl-Protonen (3 OCH3-Gruppen) zei- gen, daß im Flavon B ein 6-C-Diglykosid des 7.3'.4'- Trimethyl-luteolins vorliegt. Ein Flavonaglykon mit

Linosid A und B, zwei neue Flavon-C-glykoside aus L.zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/27/ZNB-1972-27b-0809.pdf · ZWEI NEUE FLAVON-C-GLYKOSIDE AUS LINUM MAR1T1MUM L. 811 O-xylosid) aus

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

ZWEI NEUE FLAVON-C-GLYKOSIDE AUS LINUM MAR1T1MUM L. 8 0 9

Linosid A und B, zwei neue Flavon-C-glykoside aus Linum maritimum L. * Linoside A and B, Two New Flavone-C-glycosides from Linum maritimum L.

H . WAGNER, W . BUDWEG u n d M . A . IYENGAR

Institut für Pharmazeutische Arzneimittellehre der Universität München

und

0 . VOLK u n d M . SINN

Institut für Pharmakognosie der Universität Würzburg

(Z. Naturforsch. 27 b, 809—812 [1972] ; eingegangen am 8. März 1972)

Linoside from Linum maritimum L. to which the structure 3',4'-Dimethyl-luteolin-7-0-rhamnoside was assigned by VOLK and SINN turned out not to be identical with the synthesized glycoside. On reinvestigation Linoside could be separated into two components (Linoside A and B) and struc-turally elucidated as the new flavone-C-glycosides 5-hydroxy-7,3',4'-trimethoxy-flavone-6-C-[6-or 2-0-a-L- (O-acetyl-rhamno) -/?-D-glucopyranoside and its desacetylderivative respectively.

Im Jahre 1968 isolierten VOLK und S I N N 1 aus Linum maritimum L. ein Flavonglykosid vom Schmp. = 180°, dem sie den Namen Linosid gaben. Nach ihren Untersuchungen sollte es sich um ein bisher nicht beschriebenes 5.7-Dihydroxy-3'.4'-di-methoxy-flavon-7-O-rhamnosid (1) handeln. Zum Strukturbeweis synthetisierten wir 1 durch Direkt-kupplung von S'^'-Dimethyl-luteolin (3) mit a-Ace-tobromrhamnose und anschließende Verseifung des Kupplungsproduktes. 3 erhielten wir aus früher von uns synthetisiertem 3'.4'-Dimethyl-luteolin-7-0-neohesperidosid (5) durch saure Hydrolyse. Das NMR-Spektrum des synth. Tetraacetates (2) war mit der Struktur des 3'.4'-Dimethyl-luteolin-7-0-a-L-rhamnosides (1) in Einklang, wich aber in wesent-lichen Punkten von dem des natürlichen Linosid-acetates ab. Auch der Schmp. des synth. Glykosides (Schmp. = 238 — 240°) war von dem des natür-lichen verschieden. Ein DC-Vergleich beider Glyko-side auf Kieselgel im System Äthylacetat — Metha-nol—Wasser ( 9 6 : 1 6 : 1 2 ) ergab, daß natürliches „Linosid" ein Gemisch aus 2 Flavonen (Rf = 0,50 und 0,40) darstellt, von denen keines mit dem Rf-Wert des synth. 1 übereinstimmte (Rf = 0,69). Wir führten daher eine Nachisolierung durch. Aus Äthyl-acetat erhielten wir ein Flavonmischkristallisat, das beide Flavone in angereicherter Form enthielt. Ein IR-Spektrum des Gemisches stimmte mit dem des natürlichen „Linosids" überein. Auffallend war im

Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. WAGNER, Inst. f. pharmazeut. Arzneimittellehre der Universität München, D-8000 München 2, Karlstr. 29.

* IX. Mitt. über Flavon-C-Glykoside.

IR-Spektrum des Flavongemisches eine Ester- oder Lactonbande bei 1724 cm - 1 , die von den Autoren1

nicht interpretiert worden war. Durch Säulenchro-matographie gelang eine Trennung des Gemisches in die beiden Flavone A (Schmp. = 1 7 4 - 1 7 5 ° , R, = 0,50) und B (Schmp. = 1 7 9 - 1 8 2 ° , Rf = 0,40).

Flavon A unterschied sich im NMR-Spektrum von Flavon B nur durch die Anwesenheit einer O-Acetyl-gruppe (<5 = 1,95 ppm). Alkalibehandlung von A lieferte Essigsäure und führte Flavon A quantitativ in Flavon B über. Salzsäure und Enzymhydrolyse ergaben Rhamnose und ein drittes Flavon (Flavon C) vom Schmp. = 253 — 255°, das nicht mit 5.7-Di-hydroxy-3 .4'-dimethoxy-flavon (Dimethyl-luteolin) 3 identisch war.

Das NMR-Spektrum des Flavon-B-acetates gab folgende Strukturhinweise: 7 Acetyl-Gruppen (5 = 1,8 — 2,45 ppm) und das für 19 Zuckerprotonen integrierende komplexe Multiplett zwischen d = 3,8 und 5,5 ppm sprachen für das Vorliegen eines Di-glykosides. Aufallend war das stark nach hohem Feld verschobene Methyldublett der Rhamnose ((5 = 0,67 ppm) wie es von uns bisher nur noch bei C3 — O-Rhamnosiden beobachtet wurde. Für alle von uns bisher synthetisierten Flavon-7-O-rhamnoglucoside (Neohesperidoside und Rutinoside) findet man das Methyldublett zwischen (5 = 1,0 und 1,2 ppm 2> 8. Ein H3-Singulett bei <5 = 6,66 ppm, ein nicht koppelndes H8-Proton bei <5 = 7,06 ppm, drei B-Ring-Protonen bei d = 7,03, 7,42 und 7,62 ppm (H2 ' , H5-, H6 ) und 9 Methoxyl-Protonen (3 OCH3-Gruppen) zei-gen, daß im Flavon B ein 6-C-Diglykosid des 7.3'.4'-Trimethyl-luteolins vorliegt. Ein Flavonaglykon mit

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8 1 0 H. WAGNER, W. BUDWEG, M. A. IYENGAR, 0 . VOLK UND M. SINN

diesem Substitutionsmuster (4) ist kürzlich von DHAR, A T A L und PELTER 4 aus Piper peepuloides Roxb. isoliert worden. Bei Flavon C sollte es sich demnach um den 3'.4'.7-Trimethyläther des Iso-orientins (9) (6-C-/?-D-Glucopyranosyl-trimethyl-luteolin) handeln. Diese Verbindung ist von KOEP-PEN und Roux5 durch Diazomethan-Methylierung von natürlichem /so-Orientin hergestellt worden.

Das NMR-Spektrum des Flavon-C-acetates (10) war mit den Angaben von KOEPPEN und Roux 5 so-w i e GENTILI u n d HOROWITZ 6 in guter Ü b e r e i n s t i m -mung. Das Massenspektrum von 9 (siehe Zerfalls-schema) mit dem Molekülion m/e = 490 zeigte die für ein Flavon-C-monoglykosid typische Folge von 3 Wasserabspaltungen (m/e = 472, 454 und 436) und Eliminierung von C 5 H 8 0 5 (148 ME) unter Bil-dung des charakteristischen Benzylkations m/e = 342 bzw. 341. Die beobachtete hohe Peakintensität dieses Kations ist nach PROX7 ebenfalls ein gutes Indiz für das Vorliegen eines 6-C-Flavon-mono-gly-kosides. Überraschend war, daß auch das Flavon B das richtige Molekularion von m/e 634 lieferte, da

OCH3

m/e 179 m/e 162

Zerfall des C-6-Glykosides.

nach unseren bisherigen Messungen O-Mono- und O-Di-glykoside infolge thermischen Zuckerabbaus nur das Molekularion des Aglykons ergeben.

Da mit Ausnahme des C5-Hydroxyls alle anderen OH-Gruppen im Luteolinanteil methyliert sind, mußte die Rhamnose an den Glucopyranosylrest ge-bunden sein. Die Verknüpfungsstelle kann aus dem NMR-Spektrum abgeleitet werden. Wie von MABRY und RÖSSLER 8 gezeigt wurde, beträgt bei Rhamno-glucosiden mit 1 —> 6-Verknüpfung (Rutinoside) das Protonenverhältnis für die Frequenzbereiche d = 3,5 — 4,5 ppm und $ = 4,5 + 5,5 ppm 8 : 4 , bei den entsprechenden Rhamnoglucosiden mit 1 —> 2, 1 —> 3 oder 1 4-Verknüpfung 7 : 5 . Aus der Inte-gration der beiden Bereiche im Spektrum von Fla-von B ermittelt man unter Berücksichtigung der 9 Methoxylprotonen das Verhältnis 8 : 4.

Demnach sollte der Disaccharidanteil in Flavon A und B Rutinosestruktur besitzen. Nach HOROWITZ und GENTILI 9, die den unterschiedlichen „long range shielding"-Effekt des A- bzw. B-Ringes auf die C2"-und C6"-Acetylgruppen von C8-Glucosyl-flavonaceta-ten zur Feststellung der Verknüpfungsstelle der Xylose im O-Xylosyl-vitexin herangezogen haben, wäre aber dann die Anwesenheit eines Acetyl-Signals bei 2,75 ppm (2"-0-Acetyl) und die Ab-wesenheit eines Acetyl-Signals zwischen 1,90 — 1,95 ppm (6"-0-Acetyl) zu erwarten gewesen. Auf Grund dieser kontroversen Befunde muß somit die Frage, ob Rutinose(l —> 6) - oder Neohersperidose(l - > 2)-Struktur vorliegt, noch offen bleiben. Auch die ge-naue Position der Acetylgruppe im Linosid ist aus den NMR-Daten allein nicht ableitbar.

Die von VOLK und SINN 1 für das Linosid vorge-schlagene Struktur 1 muß demnach sowohl hinsicht-lich des Methylierungsgrades von Luteolin, als auch was den Zuckeranteil und seine Verknüpfungsweise anlangt, revidiert werden. Wir schlagen für Linosid A (Flavon A) die Struktur eines 5-Hydroxy-7.3'.4'-trimethoxy-f lavon-6-C-[6- oder 2-0-a-L(0-acetyl-rhamno) /?-D-glucopyranosids] (6) vor. Linosid B (Flavon B) ist Desacetyl-Linosid A (8) .

Es ist bemerkenswert, daß Linosid die gleiche Jodjodkalium-Reaktion (D u f o u r - Reaktion) gibt, wie die Flavon-C-glucosyl-O-glykoside Saponarin und Alliarosid n .

Flavon-C-glykoside, die noch einen zweiten Zucker O-glvkosidisch an den C-Zucker gebunden enthalten, sind schon mehrmals aufgefunden worden12. Die bekanntesten sind das Adonivernith (/so-Orientin-

MG:490

HCOH I HCOH I HC=0

m/e 342 m/e 341

-C5H6O5

(146 ME)

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ZWEI NEUE FLAVON-C-GLYKOSIDE AUS LINUM MAR1T1MUM L. 811

O-xylosid) aus Adonis vernalis, Yitexin-O-xylosid aus Vitex lucens und Citrus sinensis 14, ein O-Rham-nosyl-6-C-xylosyl-apigenin und -luteolin aus Phlox drummondii15 und, strukturell dem Linosid am ver-wandtesten, das Cratenacin aus Crataegus curvise-pala Lindmann, für das BATYUK und Mitarb.16 die Struktur eines 5.7.4'-Trihydroxy-flavon-8-C-[6-0-acetyl- (4-0-a-L-rhamnopyranosyl) -a-D-glucopyrano-sides] vorgeschlagen haben.

OR3 0 U OCH3

J L I

Ri R2 R3

1 a-L-Rhamno- H H pyranosyl

2 a-L-Rhamnopyra- H COCHG nosyl-O-triacetat

3 H H H 4 CH3 H H 5 ß-Neohesperidosyl H H 6 CH3 (O - Acetyl) -rhamno - H

glucosyl 7 CH3 Rhamno-glucosyl- COCH3

hexaacetat 8 CH3 Rhamno-glucosyl H 9 CH3 /?-D-Glucopyranosyl H

10 CH3 /J-D-Glucopyranosyl- C O C H 3 tetra-acetat

Tab. 1. Flavonsubstitutionsmuster.

Beschreibung der Versuche 17

Synthet. 5.7-Dihydroxy-3'.4'-dimethoxy-flavon-7-0-ct-L-rhamnopyranosid (1)

0,45 g 5.7-Dihydroxy-3'.4'-dimethoxy-flavon (3), er-halten aus 5 durch Salzsäurehydrolyse, und 0,45 g a-Acetobromrhamnose wurden in 5 ml Pyridin mit 1,0 g „Sikkon" Fluka und 0,5 g Silbercarbonat 24 Stdn. bei Raum temp, geschüttelt. Der Ansatz wurde in 100 ml 15-proz. eiskalter Kaliumchloridlösung geschüttelt und mit Essigsäure angesäuert. Der Niederschlag wurde ab-gesaugt, in Aceton aufgenommen, zentrifugiert und das von den Silbersalzen befreite klare Filtrat i. Vak. zur Trockne eingeengt. Das Rohacetat wurde mit 0,5 N Natriummethylatlösung entacetyliert, mit Essigsäure neutralisiert und 1 aus Aceton/Methanol kristallisiert. Schmp. = 238-240°. Ausb. 38 mg (5,8%).

Das in üblicher Weise mit Pyridin/Acetanhydrid her-gestellte Tetraacetat (2) hatte einen Schmp. von 128°.

Das NMR-Spektrum war mit der angegebenen Struktur in Einklang.

Isolierung von Linosid A und Linosid B aus Linum maritimum L.

100 g der oberirdischen Teile aus Linum maritimum L. wurden im Starmix zerkleinert und mit 11 50-proz. Methanol 2 Stdn. auf dem Wasserbad am Rückfluß extrahiert. Das Filtrat wurde zur Trockne eingeengt, der Rückstand in ca. 100 ml Methanol aufgenommen, filtriert und aus dem klaren Filtrat durch Zugabe von ca. 100 ml Äthylacetat ein Flavonmischkristallisat („Linosid" alt) ausgefällt. (Ausb. ca. 2,2 g.) Dieses Kri-stallisat wurde an einer Kieselgelsäule (5 x 45 cm) mit dem Elutionsmittel Äthylacetat — Methanol — Wasser (100 : 20 : 10) bei einer Abtropfgeschwindigkeit von 4 Tropfen/M in. chromatographiert und die Auftren-nung unter dem UV-Licht verfolgt. Nach etwa 45 Stdn. hatten sich auf der Säule zwei stark grüngelb gefärbte Zonen gebildet. Es wurde mit unveränderter Abtropf-geschwindigkeit weiter eluiert und nach weiteren 15 Stdn. die erste der beiden Zonen (Substanz A) in Fraktionen ä 5 ml aufgefangen.

Die DC-Kontrolle ergab nadi Elution von Substanz A und einigen Mischfraktionen Eluate mit reiner Sub-stanz B. Die Kristallisation erfolgte in beiden Fällen aus Methanol.

Substanz A ( = Linosid A) Schmp. = 174-175°. Ausb. ca. 80 mg. Substanz B ( = Linosid B) Schmp. = 179-182°. Ausb. ca. 1,3 g. DC-Kieselgel-G mit Äthylacetat — Methanol — Wasser ( 9 6 : 1 6 : 1 2 ) . Lino-sid A i?/ = 0,50, Linosid B Rf = 0,42. Linosid A: C30H36O13 (636,6)

Ber. C 56,60 H 5,70, Gef. C 56,00 H 5,72.

UV-Spektrum: (Methanol p.a.) Maxi = 341, Maxn = 273 nm.

IR-Spektrum: Ester-C = 0 1724 cm"1, Flavon-C = 0 1637 cm - 1 .

NMR-Spektrum: (CDC13 int. TMS): 1 CH3CO (<5 = 1,95 ppm).

Das Massen-Spektrum von Linosid B zeigte das Mol.-Ion m/e 634.

Das in üblicher Weise mit Acetanhydrid-Pyridin her-gestellte Acetat wurde aus Methanol — Wasser umkri-stallisiert. Schmp. = 135 — 139°. Linosid B-Acetat: C44H50O22 (930,9)

Ber. C 56,77 H 5,41, Gef. C 56,95 H 5,50.

NMR-Spektrum (CDC13, int. TMS): 6 Acetyl: <5 = 2,45 ppm. Aglykon: H-3: S = 6,66 (s), H-8: c5 = 7,06 (s), H-5': 5 = 7,03 (d, J = 8,5 Hz), H-2': <5 = 7,42 (d, J = 2,5 Hz), H-6': d = 7,62 (q, J0 = 8,5 Hz, Jm = 2,5 Hz), 3 OCH3: d = 4,0 (s) ppm. Glykosyl: <9 = 3,65 — 5,50, Rhamnose-CH3: d = 0,67 (d, J = 6 Hz).

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8 1 2 ZWEI NEUE FLAVON-C-GLYKOSIDE AUS LINUM MAR1T1MUM L. 812

Alkalische Hydrolysen von Linosid A zu Linosid B

a) 20 mg Linosid A wurden in 5 ml Methanol ge-löst, mit 2 ml 0,5 N Natriummethylatlösung 20 Min. bei Raumtemp. stehen gelassen. Anschließend wurde mit 6-proz. Essigsäure neutralisiert und die Lösung auf Kieselgel-G im System Äthylacetat — Methanol— Wasser (96 : 16 : 12) chromatographiert.

Linosid A /?/ = 0,50, Hydrolyseprodukt ify = 0,42, Linosid B i?/ = 0,42.

b) Zum Nachweis der Acetylgruppe wurden 30 mg Linosid A in 5 ml 0,5 N Kalilauge unter gelindem Er-wärmen gelöst, 20 Min. bei Raumtemp. stehen gelas-sen, anschließend mit 0,5 N Salzsäure genau neutrali-siert und die wäßrige Lösung mit Äther extrahiert. Die konz. ätherische Lösung wurde mit einem Überschuß an frisch bereiteter ätherischer Diazomethanlösung ver-setzt und 3 Stdn. bei 5° stehen gelassen. Wir versetz-ten mit dem gleichen Volumen einer methanolischen N-Hydroxylamin-hydrochloridlösung, filtrierten und lie-ßen 30 Min. stehen. PC im Fließmittel N-Amylalkohol — Eisessig —Wasser ( 4 : 1 : 5 ) , Sprühreagenz: methano-lische Eisen-III-chloridlösung.

Analysenlösung: Rf = 0,22 (violett), Testlösung: Rf = 0,22 (violett), CH3C(NOH)OCH3.

Saure und enzymatische Hydrolyse von Linosid B zu 3'A'.7-0-Trimethyl-isoorientin (9)

0,5 g Linosid B wurden in 20 ml einer Mischung aus Methanol — Salzsäure ( 4 : 1 ) 6 Stdn. am Rüdefluß er-hitzt, die Lösung mit 10 ml Methanol verdünnt und mit Silbercarbonat neutralisiert. Nach Filtration über Celite wurde die Hydrolyselösung auf Schleicher und Schüll-Papier im System iso-Butanol — Eisessig — Wa-ser ( 4 : 1 : 5 ) absteigend chromatographiert. Rf des Zuckers = 0,74. Test-Rhamnose Rf = 0,74.

Aus der neutralisierten Hydrolyselösung kristalli-sierte ein Glykosid (Trimethyl-iso-orientin) vom Schmp. = 253-255° (Lit.5 Schmp. = 233°). Ausb. 120mg.

1 O. VOLK U. M . SINN, Z. Naturforsch. 23 b , 1017 [1968 ] . 2 H . W A G N E R , W . BUDWEG, L . HÖRHAMMER, B . VERMES U.

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J . o r g . C h e m i s t r y 3 0 , 4 3 4 6 [ 1 9 6 5 ] . 9 R . M . H O R O W I T Z U. B . GENTILI, C h e m . a n d I n d . 1 9 6 6 , 6 2 5 .

10 G. BARGER, Ber. dtsch. chem. Ges. 35, 1296 [1902 ] .

Gleiche Mengen Linosid B und Naringinase (Fa. Roth) wurden in wäßrigem Milieu unter gelegentlichem Um-schütteln 72 Stdn. bei 37° inkubiert. Nach quantitati-ver Umsetzung wurde die wäßrige Suspension dreimal mit dem gleichen Volumen Äther und anschließend er-schöpfend mit Äthylacetat extrahiert. Die Äthylacetat-ausschüttelungen wurden i. Vak. zur Trockne eingeengt und der Rückstand aus Methanol umkristallisiert. Schmp. = 252 — 253°. Im Mischschmelzpunkt mit dem durch saure Hydrolyse erhaltenen Glykosid entstand keine Depression. Die beiden NMR-Spektren waren identisch.

C24H26Ou (490,5) Ber. C 58,77 H 5,34 3 OCH3 18,98, Gef. C 58,90 H 5,48 3 OCH3 18,33.

UV (Methanol p.a.) : Max 234, 272 und 330 nm. Mas-sen-Spektrum : m/e = 490 (M), 472 (M-H20), 454 (M-2 H20), 436 (M-3H20), 342 (M-148, C5H805), 341 (M-149, C5H905), 328 (M-162, C6H10O5), 179 (Ring A) und 162 (Ring B).

Vom Trimethyl-iso-orientin wurde in üblicher Weise das Vollacetat (10) hergestellt. Aus Methanol Schmp. 117-120° (Lit.5 Schmp. = 179° aus Äthanol). Trimethyl-iso-orientin-tetraacetat: C34H36O10 (700,7)

Ber. C 58,28 H 5,18, Gef. C 58,50 H 5,28.

NMR (CDC13, int. TMS): Acetyl: (5 = 1 ,9-2 ,2 und 2,45 ppm. Aglykon: H-3: <5 = 6,5 (s), H-5',8: $ = 6,94 (d, J = 9,0 Hz), H-2',6': ö = 7,4 (d, J = 9,0 Hz), OCH3: ö = 3,95 ppm. Glucosyl: <3 = 3,65 —5,5 ppm.

Wir danken Herrn Privat-Doz. Dr. PROX (Techn. Univ. München) für die Aufnahme der Massen-Spek-tren.

11 R. R. PARIS, C. R. hebd. Seances Acad. Sei. 254, 928 [ 1 9 6 2 ] .

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17 Die Schmelzpunkte sind unkorrigiert. Die NMR-Spektren wurden mit dem Varian A 60, die UV-Spektren mit dem Beckman DK 2 A, die IR-Spektren mit dem Beckman IR 8 und die Massenspektren mit dem AEI MS 9 der Fa. Assoc. Electrical Ind. Urmston, Manchester, aufgenommen.