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Terpenoide Pseudoalkaloide Cyanogene Glykoside, Glucosinolate Ágnes Alberti 15.11.2016

Terpenoide Pseudoalkaloide Cyanogene Glykoside, Glucosinolate … · 2016. 11. 15. · Hydroxy-Cholesterol • Zyklisierung führt zu einem Pyperidin- und danach einem 16β-Hydroxy-Intermediär

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Terpenoide Pseudoalkaloide

Cyanogene Glykoside, Glucosinolate

Ágnes Alberti

15.11.2016

Herkunft: biosynthetische Gesichtspunkte

• heterozyklische Alkaloide mit Bezug zum Aminosäurestoffwechsel

• heterozyklische Alkaloide mit Bezug zu den Purinnukleotiden (Purinalkaloide)

• durch Transaminierung gebildete Alkaloide: terpenoide Alkaloide

• durch Transaminierung gebildete Alkaloide mit exozyklisch angeordnetem Stickstoff

alkaloidogene Aminosäuren: Ornithin, Arginin, Lysin, Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan

durch initiale Decarboxylierung zum entsprechenden biogenen Amin

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Echte Alkaloide: sie lassen als Bauelement ein biogenes Amin erkennen, das mit einer Nichtaminkomponente zu einem hetererozyklischen System kondensiert ist.

Protoalkaloide: lassen als Bauelement ein biogenes Amin (=Decarboxylierungsprodukt einer proteinogenen Aminosäure) erkennen, wobei aber das Amin mit der Nichtaminkomponente nicht zu einem heterozyklischen System kondensiert ist (z.B. Ephedrine, Capsaicine).

Pseudoalkaloide: es handelt sich um basisch reagierende Heterozyklen, deren Stickstoff nicht als Teilelement eines biogenen Amins oder einer Aminosäure eingebaut ist.

z.B. die Steroidalkaloide, bei denen der Stickstoff in Form von Ammonium-N eingebaut ist. Auch die methylierten Xanthine vom Typus des Coffeins gehören hierher.

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Einteilung der Alkaloide

PSEUDOALKALOIDE

1. Von Nukleotiden abgeleitete Alkaloide 2. Terpenoide Alkaloide

1. Von Nukleotiden abgeleitete Alkaloide • Purin-Alkaloide

z.B. Coffein, Theophyllin, Theobromin Die Methylxanthine werden als Seitenwege im Verlaufe der Biosynthese von Purinnukleotiden gebildet.

• Pirimidin-Alkaloide

z.B. Piper methysticum (Piperaceae) = Kava-Kava, Rauschpfeffer Orotsäure wird von Orotidin-5'-monophosphat (OMP, Pyrimidinnukleotid) abgeleitet.

• Piridin-Alkaloide

Der Pyridinring des Nicotins (Nicotiana tabacum, Tabak) und des Arecolins (Piper betle, Betelpfeffer) entsteht im Zuge der De-Novo-Pyridinnucleotidsynthese aus Asparaginsäure und Glycerinaldehydphosphat.

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2. Terpenoide Alkaloide • Das Stickstoff-Atom ist nicht als Teilelement eines biogenen Amins oder einer

Aminosäure eingebaut.

• Das Stickstoff-Atom wird nachträglich, durch Transaminierung in das durch einen anderen Biosyntheseweg gebildete (Terpenoid- oder Steroid-) Gerüst eingebaut.

• Dieses Gerüst kann von mono-, sesqui-, di- und triterpenoider Herkunft sein.

Monoterpenoide Pseudoalkaloide

sind mit den Iridoiden verwandt leiten sich von Geraniol ab

Steroide Pseudo-Glykoalkaloide

Vorstufe: C27-Cholesterol kommen in Pflanzen vorwiegend in glykosidisch gebundener Form vor

Pseudoalkalkaloide mit einem modifizierten Steroidgerüst

C-Nor-D-homo-Steroid Grundgerüst C-Ring: 5-gliedrig, D-Ring: 6-gliedrig in der Gattung Veratrum

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Diterpenoide Pseudoalkaloide

Terpene

• in die ein Stickstoffatom heterozyklisch eingebaut ist (Aconitum-Alkaloide)

Aconitin (Aconitum napellus, Ranunculaceae)

Atisin (Delphinium accumulate, Ranunculaceae)

Norditerpenalkaloide mit 19 C-Atomen; mehr als 5 O-Funktionen

• an die ein N-haltiger Baustein ether- oder esterartig gebunden ist (Taxus-Alkaloide)

Taxol (Taxus-Arten): Stickstoff nicht in einem heterozyklischen Ring, sondern in der Seitenkette – Proto-Pseudoalkaloide

echte Diterpenalkaloide mit 20 C-Atomen im Grundkörper; arm an O-Funktionen

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Diterpenalkaloide vom Typus des Aconitins

Norditerpenalkaloide mit 19 C-Atomen; mehr als 5 O-Funktionen

Vorkommen: in den Gattungen Aconitum und Delphinium (Ranunculaceae)

Aconitin und Pseudoaconitin

• Aconitin: ein Diterpen, in das Ethylamin eingebaut ist, damit es zum Diterpenalkaloid

umgebaut wird

Hauptalkaloid in den Knollen von Aconitum napellus L. (Aconiti tuber)

9 Sauerstofffunktionen, die C14-OH-Gruppe mit Benzoesäure verestert

• Pseudoaconin (15-Desoxyaconin): Hauptalkaloid in den Wurzeln von Aconitum ferox

Wall ex Seringe (heimisch im Himalaja)

8 Sauerstofffunktionen, die 14-OH-Gruppe mit 3,4-Dimethoxybenzoesäure verestert

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Wirkungen von Aconitin

neurotoxische Wirkung Agonist an spannungsabhängigen Natriumkanälen: direkte Aktivierung + Hemmung des Schließens, lang dauerndes Aktionspotential • zuerst Erregung z.B. Paresthesien, wie Prickeln und Brennen, die sich

auf den ganzen Körper ausdehnen • danach Lähmung Erregung des zentralen Kältezentrums, Blutdruckabfall, Schmerzzustände bei erhaltenem Bewusstsein, zunehmender Atemnot und Herzarrhythmien, Tod wegen zentraler Atemlähmung oder Herzstillstand

• Pseudoaconitin ist noch wesentlich toxischer • hydrolytische Abspaltung der Acetat- und/oder Benzoatgruppe: starker

Verlust der Toxizität

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Aconiti tuber Eisenhut-Knollen

Aconitum napellus L. Ranunculaceae

Blauer Eisenhut:

ausdauernde Pflanze, mit knollenartig verdickten Wurzeln

handförmig fünf- bis siebenfach tief geteilte Laubblätter; Blüten stehen dicht in einem traubigen Blütenstand; fünf dunkel blauviolette Blütenhüllblätter, das obere ist auffallend helmförmig ausgebildet

Die Pflanze bildet in der Vegetationsperiode eine oder zwei Tochterknollen, aus denen sie im Frühjahr neu austreibt. Der ursprüngliche Spross stirbt ab.

natürliches Hauptverbreitungsgebiet: die europäischen Gebirge und die höheren Lagen der Mittelgebirge

Anwendung:

früher war die Tinktur zur Behandlung von chronischen Gelenkentzündungen und Gicht verwendet 9

Inhaltsstoffe von Aconiti tuber

• 0,2-3,0% Diterpenalkaloide (in allen Teilen der Pflanze)

• Hauptalkaloide: Aconitin (hydrolisierbares Diester),

Mesaconitin: Nor-Diterpenalkaloid

• Nebenalkaloide: Hypaconitin, Neopellin, Napellin, Senbusin A, Neolin

Aconitin

Verantwortlich für die Wirkung sind vorwiegend Aconitin, Mesaconitin und Hypaconitin.

LD50 für Aconitin: 1,5-6,0 mg; 1-2 g Knollen können eine tödliche Vergiftung verursachen

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Aconitum vulparia Rchb. Wolfs-Eisenhut / Gelber Eisenhut / Fuchs-Eisenhut

(Aconitum lycoctonum ssp. vulparia)

• hellgelbe Blüten, zwei Nektarblätter sind schneckenförmig aufgerollt

• kommt in Süd- und Mitteleuropa, von Hügelgebieten bis Gebirgen vor; wächst in Auwäldern und feuchten Wiesen

• Inhaltsstoffe:

Alkaloidgehalt: 1%

Nor-Diterpenalkaloide: Licaconitin, Licoctonin;

• Bestandteil der Flug- oder Hexensalben, die den Konsumenten einen visuellen Flug halluzinieren ließen.

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Alkaloide vom Typus des Taxols

• echte Diterpenalkaloide mit 20 C-Atomen im Grundkörper; arm an O-Funktionen

• das Stickstoffatom ist nicht Teil eines heterozyklischen Ringsystems (Proto-Pseudoalkaloide)

• nichtproteinogene Aminosäure wird mit einem trizyklischen Diterpenalkohol verestert

• tetrazyklisches C20-Taxanskelett; mehrere Hydroxygruppen sind verestert, im typischen Fall mit Winterstein-Säure (β-Aminocarbonsäure, leitet sich vom Phenylalanin durch 2,3-Wanderung der Aminogruppe ab)

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Biosynthese vom Taxol

Taxadien 10-Desacetyl- Baccatin III

Hydroxylierungen und Veresterungen

weitere Hydroxylierungen und Veresterungen

Taxol Paclitaxel

aus Geranylgeranyl-pyrophosphat durch Taxadien

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Taxi cortex Taxus brevifolia Nutt.

Pazifische Eibe Taxaceae

• im pazifischen Nordamerika entlang der Küste von Alaska bis Mittelkalifornien • immergrüner Strauch oder breitkroniger, oft krummstämmiger Baum • schuppige, rötliche Borke; Nadelblätter; Samen sind von einem roten Samenmantel

(Arillus) umhüllt • alle Teile sind giftig bis auf dem Samenmantel Inhaltsstoffe: Taxol (0,01-0,02% in der Rinde / Borke), andere Alkaloide mit einem Taxanskelett

Taxus baccata L. / Europäische Eibe = Gemeine Eibe Taxol (ca. 0,2% in der Rinde) weitere Alkaloide mit einem Taxanskelett:

Pentamethyl-Decen-Taxan-Gerüst mit einer N-haltigen Ester-Seitenkette in der Position C13

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Taxol Wirkungen • Beeinflussung der Microtubuli der Mitosephase – Taxol macht die

Mikrotubuli gegen einen Abbau (Depolymerisation) resistent • Taxol hemmt den Zellzyklus nicht nur während der Mitose, sondern

auch während der Interphase: verändert das für die Interphase typische Tubulinnetzwerk

Anwendung: Taxol (Paclitaxel) und sein modifiziertes Derivat Docetaxel: zur Chemotherapie bei Ovarial-, Mamma- und Bronchialkarzinom für eine therapeutische Kur braucht man 2 g Taxol 1 g Taxol kann man aus der Rinde von drei, 100 Jahre alten Bäumen gewinnen (nach der Entfernung der Rinde geht der Baum zugrunde)

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Steroid-Pseudoalkaloide

z.B. Solasodin (sein Glykosid: Solasonin) und Tomatidin (Glykosid: Tomatin) • Vorkommen: in der Familie Solanaceae • Vorstufe: C27 -Cholesterol • N-haltige Analoge der Steroidsaponine (ähnliche Eigenschaften: Schaumbildung,

hämolytische Aktivität) • in Pflanzen vorwiegend als Glykoside (Glykoalkaloide) • Zuckerteil: Oligosaccharid mit Glucose, Rhamnose und Galactose Solanum-Steroidalkaloide sind oft giftig Vorkommen: auch in Gemüsen, die als Lebensmittel verwendet werden Kartoffel (Solanum tuberosum) Solanidin: zu 95% als Glykoalkaloid (α-Solanin) Solaningehalt: Blüte, junge Sprossen, Augen > Blätter > Stengel, Knollen in anderen Solanum-Arten (S. laciniatum, S. dulcamare, S. aviculare) das Hauptalkaloid ist Solasodin Tomaten (Lycopersicon esculentum) nach dem Reifen enthalten die Pflanzenteile, die nicht nutzbar gemacht werden können, Tomatin (Aglykon: Tomatidin) (~0,1%)

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Biosynthese der Steroidalkaloide

• aus Cholesterol entsteht durch Hydroxylierung und Aminierung (Arginin) 26-Amino-22-Hydroxy-Cholesterol

• Zyklisierung führt zu einem Pyperidin- und danach einem 16β-Hydroxy-Intermediär • daraus entstehen entweder (a) Solasodin (C-22R) und Tomatidin (C-22S) oder (b) Solanidin

(Steroidskelett, N-Brücke, kondensierte Cyclopentan- / Cyclohexanringe)

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CH3

HCH3

H

OH

H

O

CH3NH

CH3

H

H

CH3

HCH3

H

OH

H

N

CH3

H

HCH3

H

Cholesterol

22

23

25 CH326

CH327

CH3

CH3

HCH3

H

OH

H

CH3

CH3

CH3

H

NH2

CH3

CH3

CH3

H

NH2

OH

Hydroxylierung,

Aminierung (L-Arginin)

Hydroxylierung

26-Amino-22-Hydroxy-Cholesterol

Solasodin (C-22R)

Tomatidin (C-22S) Solanidin

CH3

HCH3

H

OH

H

O

CH3

NH CH

3H

H

26-Amino-Cholesterol

Dulcamarae stipes Bittersüßer Nachtschatten

Solanum dulcamara L. (syn.: Dulcamara flexuosa Moench)

Solanaceae

verholzende Kletterpflanze; die Blätter können unterschiedliche Formen und Größen annehmen (einfach – dreifach fiederspaltig); bis zu 40 Blüten im Blütenstand, immer nur wenige gleichzeitig geöffnet; die Krone ist tief sternförmig gespalten, violett oder weiß gefärbt; die Frucht ist eine kugelförmige bis elliptische Beere, zur Reifeleuchtend rot gefärbt

Inhaltsstoffe • Alkaloidgehalt: oberirdische Teile 3,0%; Wurzel 1,5% • reife Früchte sind alkaloidfrei, die Alkaloide sind abgebaut oder in Saponine umgewandelt • in Sprossen Alkaloide mit Tomatidenol-, Soladulcidin-, Solasodin-Aglykonen • Solanum-Alkaloide mit Spirosolan- und Solanidin-Skelett sind vom industriellen Interesse

(Herstellung von Steroiden in der pharmazeutischen industrie) • Steroidsaponine: bei chronischen Hauterkrankungen (Ekzem) als Adjuvans

Vergiftung: mind. 25 g Droge, bei Kindern können schon 10 Früchte eine Vergiftung verursachen Symptome: Mund- und Halskratzen; Erbrechen, Diarrhö, erhöhte Herzfrequenz, Schwindel, Mydriasis, Nierenentzündung, zuerst erregende, dann dämpfende Wirkung auf das ZNS Todesursache: Atemstillstand 18

Solani nigri herba Schwarzer Nachtschatten

Solanum nigrum L. Solanaceae

auffallend dunkelgrün gefärbte Laubblätter; Blütenstände sitzen in den Achseln der mittleren bis oberen Blätter; Trugdolden aus meist fünf bis zehn Blüten; die sternförmige Blütenkrone besteht aus fünf weißen Kronblättern; Früchte sind breit eiförmige Beeren, deren Farbe zwischen mattem violett, schwarz und gelblich-grün variiert Inhaltsstoffe • Alkaloidgehalt: Blätter <1,1%, unreife Früchte 0,05-1,60%

die reifen Früchte sind alkaloidfrei im Kraut: Solasonin, Solamargin

• Steroidsaponine (Reizung der Schleimhäute des GI-Traktes) Symptome der Vegiftung: Übelkeit, Erbrechen (GI-Reizung) besonders nach Verzehr der unreifen Früchte

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Pseudoalkalkaloide mit einem modifizierten Steroidgerüst

Familie: Liliaceae; Gattung: Veratrum

C-Nor-D-homo-Steroid Grundgerüst

von Cholesterol abgeleitet; C-Ring: 5-gliedrig, D-Ring: 6-gliedrig

• Jerveratrum-Alkaloide: Jervin und Zyklopamin Veratrum californicum teratogene Wirkung (bei Tieren Zyklopie – Fehlbildung, bei der die beiden Augenanlagen in einer knöchernen Augenhöhle verschmelzen)

• Cerveratrum-Alkaloide: Veratrin und seine veresterten Derivate: Protoveratrin A / B Veratrum album, Veratrum viride Blutdruckmindernde Wirkung, oft mit Rauwolfia-Alkaloiden kombiniert

20 O

OH OAc

OAc

O

OH O

N

OH

OOR

OH

Protoveratrin A: R=H Protoveratrin B: R=OH

OH

O

NH

O

Jervin

Veratri rhizoma et radix Weißer Germer

Veratrum album L. Liliaceae

mehrjährige Pflanze, mit Wuchshöhen von 50-150 cm; Wurzel ist innen weiß; Blätter sind breit oval (bis 20 cm lang), die oberen lanzettartig, den Stengel umfassend; entlang der Rispe sitzen sehr viele weiße, grünliche oder gelbliche Trichterblüten Verbreitungsgebiet: die Alpen und deren Vorland, der Apennin, Osteuropa

Inhaltsstoffe Alkaloidgehalt: Rhizom und Wurzel 0,8-2,5%; oberirdische Teile 0,2-0,8%; Gemisch von Steroid-Pseudoalkaloiden, mit einem modifizierten Steroidgerüst • Jerveratrum-Alkaloide: 1-4 O-Atome, kommen als freie Alkylamine oder Monoglykoside

vor, z.B. Jervin, Rubijervin, Veratramin • Cerveratrum-Alkaloide: 7-9 O-Atome; kommen in der Pflanze verestert vor, z.B.

Protoveratrin A und B (veresterte Derivate von Veratrin)

Anwendung früher wegen der blutdrucksenkenden Wirkug, geringe therapeutische Breite LD50: 20 mg Alkaloidgemisch = 1-2 g Rhizomdroge Symptome einer Vergiftung: Schüttelfrost, Probleme des GI-Traktes (Speichelfluss, Übelkeit, Erbrechen), Bradykardie, Hypotonie, Todesursache: Herz- bzw. Atemstillstand 21

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Cyanogene Glykoside

Glucosinolate

Cyanogene Glykoside • Glykoside: der Zuckerrest ist an die α-ständige OH-Gruppe eines α-Hydroxynitrils

gebunden

• Nach hydrolytischer Spaltung durch verdünnte Säuren oder Glykosidasen erfolgt die Freisetzung des α-Hydroxynitrils, welches spontan in das entsprechende Aldehyd bzw. Keton und Blausäure zerfällt. (Einwirkung starker Säuren: Oxidation zur α-Hydroxysäure)

• Vorkommen

Amygdalin kommt in Pflaume (Prunus domestica), Schlehdorn (Prunus spinosa), Aprikose (Prunus armeniaca), Mandel (Prunus dulcis) vor.

Linamarin kommt in Pflanzen wie Maniok, Limabohne oder Flachs vor.

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Cyanogene Glykoside Lotaustralin: Leguminosen (Fabaceae), Maniok (Manihot esculenta), Limabohne, Rosenwurz, Weiß-Klee

Sambunigrin befindet sich im Holunder und Apfelsamen.

,

Vicianin kommt im tropischen Goldtüpfelfarn (Phlebodium aureum) vor.

Linustatin und Neolinustatin kommen in Leinsamen (Linum usitatissimum) vor.

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Biosynthese der cyanogenen Glykoside

• aus aliphatischer oder aromatischer Aminosäure

• durch N-OH-Aminosäure und Aldoxim führt zu einem α-OH-Nitril-Derivat (instabil)

• durch Glykosylation: cyanogenes Glykosid

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L-Aminosäure N-OH-Aminosäure

Aldoxim

Nitril

α-OH-Nitril-

Derivat

cyanogenes Glykosid

Zucker

Zucker

In Pflanzen kommen neben den in den Vakuolen vorliegenden cyanogenen Glykosiden Enzymgemische vor, die aus ß-Glucosidasen und Oxynitrilase bestehenden und im Bereich der Zellwände lokalisiert sind. Dies hat zur Folge, dass bei Gewebezerstörung Glykoside und Enzyme in Kontakt kommen, was eine Freisetzung von Blausäure bewirkt. Allerdings verläuft diese enzymkatalysierte Umsetzung nicht vollständig, so dass nach peroraler Aufnahme der zuvor zerkleinerten Pflanzenteile eine weitere Freisetzung von HCN durch Einwirkung von Magensäure bzw. von bakteriellen Glykosidasen im Magen-Darm-Trakt erfolgt.

Toxizität der Blausäure

HCN bindet an das zentrale Eisenion (Sauerstoff-Bindungsstelle) des Enzyms Cytochrom-c-Oxidase, welches eine grundlegende Redoxreaktion der Atmungskette ablaufen lässt.

Dadurch wird das Enzym irreversibel inaktiviert. Wenn ein gewisser Anteil der Cytochrom-c-Oxidase durch HCN gebunden ist, fällt die Atmungskette aus. 26

Wirkung cyanogener Glykoside

Senfölglykoside (Glucosinolate)

• schwefel- und stickstoffhaltige Glykoside

• aus Aminosäuren gebildet

• das Aglykon über ein Schwefelatom an den Zuckerteil gebunden (Thioglykosid)

• 120 verschiedene Glucosinolate, die sich nur im Aglykon-Rest unterscheiden

• als Zucker tritt immer Glucose auf

• Vorkommen: in Kreuzblütlern / Brassicaceae;

• z.B. Rettich, Meerrettich, Senf, Kresse, Kapuzinerkresse und Kohl (bitterer Geschmack)

Spaltungsenzym der Glucosinolate ist die Myrosinase, dieses liegt räumlich getrennt in den Zellen vor. Bei Verletzung der Zellen kommen Myrosinase und Senfölglycoside zusammen, die hierbei zu Senfölen hydrolysiert werden. Senföle sind entweder nicht flüchtig und schmecken scharf oder sie sind flüchtig und riechen stechend.

Unter bestimmten Bedingungen können sich aus Senfölglycosiden auch Oxazolidine-2-thione durch Isothiocyanaten bilden. Diese können bei hoher Konzentration oder bei hoher Aufnahme, insbesondere nach Verzehr großer Mengen von Kohl (Glucobrassicin), zur Kropfbildung führen (strumigene Substanz). Dabei binden die Thiocyanat-Ionen Iodid-Ionen, die dann nicht mehr oder nur noch in geringer Menge zur Synthese des Thyroxins zur Verfügung stehen.

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Biosynthese der Senfölglykoside

aus Aminosäuren – Cystein (S-Atom) – Glucosylation

Sinigrin Glucobrassicin 28

Aminosäure

Cystein (S-Atom)

Glucosinolat Desulfo-Glucosinolat

Verwendung der Glucosinolate in der Medizin

Senföle (z.B. Allylsenföl) werden therapeutisch als örtlich wirkende Hautreizmittel eingesetzt (hyperämisierende Wirkung). Sie wirken teilweise stark antibakteriell.

• Kapuzinerkresse wirkt aufgrund ihres Gehaltes an Benzylsenföl in-vitro bakteriostatisch, virustatisch und antimykotisch.

• antimikrobielle Wirkung der Senföle im Meerrettich: Allylsenföl (ca. 90 %) und 2-Phenylethylensenföl

• Senfölglykoside aus Kapuzinerkressenkraut und Meerrettichwurzel werden kombiniert als Phytotherapeutika zur Behandlung und Prophylaxe von Atemwegs- und Harnwegsinfektionen eingesetzt.

• Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich können die Vermehrung von Grippeviren vom Typ H1N1 hemmen.

• Für Glucosinolate und ihre Hydrolyseprodukte wurden chemoprotektive Effekte gegen verschiedene Karzinogene nachgewiesen.

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Abbau der Glucosinolate

Glucosinolate werden durch die Myrosinase zu Glukose, Hydrogensulfat (HSO4−) und

einem der folgenden Aglykone gespalten: Isothiocyanat, Thiocyanat, Nitril, oder auch Oxazolidin-2-thion.

Isothiocyanate (R–N=C=S) reizen die Schleimhaut, werden jedoch meist in so geringen Mengen aufgenommen, dass keine weiteren Schäden verursacht werden.

Das Senfölglykosid (1) wird in das Isothiocyanat (3) (ein Senföl) umgewandelt. Glukose (2) wird dabei zugleich freigesetzt.

R = Allyl, Benzyl, 2-Phenylethyl etc.

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Oxazolidin-2-thione entstehen aus Isothiocyanaten von Glucosinolaten mit 2-Hydroxy-Seitengruppen, z.B. dem Glucosinolat Progoitrin über die Zwischenstufe des Goitrins. Oxazolidin-2-thione stören das Wachstum und erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Kropf-Bildung. Sie blockieren die Schilddrüsenfunktion durch die Hemmung der Iod-Aufnahme in Thyroxin-Vorläufer und durch die Hemmung der Thyroxin-Sekretion aus der Schilddrüse. Nitrile (R–C=N) verursachen Leber- und Nieren-Schäden, und führen in schwerwiegenden Fällen zu Leber-Nekrosen. Thiocyanate (R−S−C=N) verhindern die Iod-Aufnahme in die Schilddrüse, dadurch verringerte Tyrosin-Iodierung und verringerte Thyroxin-Synthese.

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Abbauprodukte der Glucosinolate