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1 Logistikorientierte Wertstromanalyse Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1.1 Definition: Logistikorientierte Wertstromanalyse 1.2 Motivation 1.3 Nutzen 2 Vorgehensweise 2.1 Vorgehensweise bei der Durchführung Prozessaufnahme mittels logistikorientierte Wertstromanalyse 2.2 Zusammenfassung der Vorgehensweise 3 Prozessbausteine 3.1 Standardisierte Prozessbausteine 3.2 Standardisierung der Darstellung 3.3 Materialflussfunktionen 3.4 Administrative Funktionen 4 Datenkästen 5 Steuerungsarten 6 Schwachstellenanalyse 7 Demonstrationsbeispiel 8 Weiterführende Literatur

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Logistikorientierte Wertstromanalyse

Inhaltsverzeichnis  

1  Einleitung    1.1  Definition:  Logistikorientierte  Wertstromanalyse    1.2  Motivation    1.3  Nutzen    

2  Vorgehensweise    2.1  Vorgehensweise  bei  der  Durchführung  Prozessaufnahme  mittels  logistikorientierte                Wertstromanalyse    2.2  Zusammenfassung  der  Vorgehensweise    

3  Prozessbausteine    3.1  Standardisierte  Prozessbausteine    3.2  Standardisierung  der  Darstellung    3.3  Materialflussfunktionen    3.4  Administrative  Funktionen    

4  Datenkästen    5  Steuerungsarten    6  Schwachstellenanalyse    7  Demonstrationsbeispiel    8  Weiterführende  Literatur  

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Einleitung

Definition: Logistikorientierte Wertstromanalyse

Die logistikorientierte Wertstromanalyse ist eine Weiterentwicklung der herkömmlichen WSA

mit Fokus auf die Logistikprozesse. Sie dient zur Aufnahme und Analyse von Prozessen, um

diese der Optimierung zugänglich zu machen. Der Beitrag der Logistik zur betrieblichen

Wertschöpfung steht hier im Mittelpunkt der Betrachtung.

Es wird eine Identifikation von Logistikprozessen, die zur Wertschöpfung beitragen,

vorgenommen. Diese werden abgegrenzt gegenüber den Prozessschritten, die als

Verschwendung angesehen werden können. Zudem werden Verschwendungen innerhalb

der Prozesse sichtbar gemacht.

Motivation

Die ursprüngliche Wertstromanalyse beschäftigt sich in erster Linie mit Produktions-

prozessen. Logistikprozesse werden zumeist nur als Pfeile dargestellt und können nicht zur

Genüge abgebildet werden. Um diese jedoch für eine Optimierung darstellbar zu machen,

wurde die logistikorientierte WSA erarbeitet. Es handelt sich hierbei um eine

Weiterentwicklung und Anpassung des herkömmlichen Verfahrens.

Anders als herkömmliche Verfahren zur Prozessaufnahme in der Logistik (SCOR, SysML,

BPM, etc.) bietet die WSA die Möglichkeit, Prozesse der Optimierung und dem logistischen

Wertstromdesign zugänglich zu machen, wobei herkömmliche Verfahren lediglich zur

Prozessdokumentation zum Einsatz kommen. Als Basis ist der Ansatz zu sehen, dass die

Logistik über die erbrachte Dienstleistung zur Steigerung des Kundennutzens und des

Produktwerts beiträgt.

Dieser Wert kann über die sechs „R“ der Logistik definiert werden: Richtige Ware, am

richtigen Ort, zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge, der richtigen Qualität und zum

richtigen Preis. Ist dies nicht gewährleistet, sinkt der Wert des Produktes. Ein perfekt

bearbeiteter Artikel, der sich nicht am richtigen Ort befinden hat so zum Beispiel den selben

Wert wie ein für die weitere Fertigung unbrauchbarer Artikel am richtigen Ort.

Somit muss die Logistik als wertsteigernde Funktion angesehen werden, die bei der

Prozessgestaltung nicht vernachlässigt werden darf.

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Nutzen

Mit der Ist-Analyse mittels logistikorientierter Wertstromanalyse wird die Basis geschaffen für

eine nachfolgende Prozessoptimierung. Als Ausgangspunkt für die Gestaltung eines

Idealprozesses dient die Betrachtung des logistischen Kundenwertes1. Stellt man diesem die

lieferantenseitigen Rahmenbedingungen2 gegenüber, so lassen sich unmittelbar die minimal

notwendigen Prozessschritte zur Erfüllung der logistischen Aufgabe ableiten. Der daraus

resultierende Ideal-Wertstrom sollte als Vision für ein in der Praxis umsetzbares Soll-Konzept

dienen.

Die logistikorientierte Wertstromanalyse macht sich zum einen die Vorzüge der klassischen

WSA zu nutze, wie zum Beispiel die transparente Darstellung des kompletten

Produktionsablaufes oder die Visualisierung von Beständen. Sie beinhaltet zudem

logistikrelevante Weiterentwicklungen, zur Abbildung aller Logistikaktivitäten, durch neue

einheitliche und standardisierte Prozessbausteine, die logistische Verschwendungen

transparent aufgezeigt und die Vergleichbarkeit mehrerer Logistikprozesse erreichen. Zur

Verdeutlichung werden die Prozesse durch logistische Parameter und die jeweilige

Steuerungsart beschrieben. Dies unterstützt die anschließende Umplanung und Optimierung

der Prozesse innerhalb der Betrachtungsgrenzen3.

Insgesamt dient die logistikorientierte Wertstromanalyse zum Abbilden und Verstehen des

realen Wertstroms bezogen auf die Logistikprozesse.

Indices:

1 Der logistische Kundenwert definiert sich wiederum über die „6 R der Logistik“ und beschreibt, die geforderte

logistische Begebenheit der Ware aus Kundensicht. Als Kunde kann hier ein externer oder ein interner Kunde

auftreten. Es handelt sich um den Kunden der letzten Kunden-Lieferanten-Beziehung innerhalb der

Betrachtungsgrenzen.

2 Ebenfalls definiert über die „6 R der Logistik“ beschreiben die lieferantenseitigen Rahmenbedingungen die

logistischen Gegebenheiten des Lieferanten. Es handelt sich hierbei um den ersten Lieferanten innerhalb der

definierten Systemgrenzen.

3 Grenzen des modeliierten Materialfluss.

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Vorgehensweise

Vorgehensweise bei der Durchführung Prozessaufnahme mittels logistikorientierter Wertstromanalyse

Die Vorgehensweise bei der Aufnahme eines logistikorientierten Wertstroms ist analog zu

jener der klassischen Wertstromanalyse. Demzufolge wird zunächst der

Betrachtungsgegenstand festgelegt. Dabei erweist es sich als sinnvoll, zwei

Produktionsprozesse als Systemgrenzen zu wählen. Neben der Abgrenzung des

Analysebereichs gilt es zudem eine Produktfamilie auszuwählen. Hier bietet es sich an

Produkte zusammenzufassen, die ähnliche Logistikprozesse durchlaufen.

Im zweiten Schritt wird mit der Prozessaufnahme begonnen, indem Kunde sowie dessen

Anforderungen hinsichtlich Ort, Zeit, Menge, Sorte und Form des bereitzustellenden

Produktes spezifiziert werden. Diese Phase bezeichnet man auch in der klassischen

Wertstromanalyse als die „Definition des Kundenwertes“.

Davon ausgehend werden nun sämtliche Prozessschritte vom Kunden „line-back“

aufgenommen unter Verwendung der standardisierten Prozessbausteine. Die

logistikrelevanten Parameter werden in Datenkästen, zugeschnitten auf die jeweiligen

Bausteine, erfasst. Nach Skizzierung des Materialflusses wird der Informationsfluss

zusammen mit der Steuerung ergänzt, um die Zusammenhänge zwischen den einzelnen

Prozessschritten aufzuzeigen. Am Ende werden noch der Lieferant und dessen

Rahmenbedingungen bezüglich der Größen Ort, Zeit, Menge, Sorte und Form in den

Wertstrom eingezeichnet.

Anschließend folgt die Analysephase. Hier wird jeder Prozessschritt auf auftretende

Verschwendungen und Optimierungspotenzial untersucht. Optimierungspotenzial findet sich

dabei zum Beispiel in vorhandenen Puffern oder Go-See-Steuerungen wieder, die es gilt

durch Neugestaltung der Prozesse abzuschaffen. Ziel der Optimierung sollte es immer sein

die Durchlaufzeit und die Bestände zu minimieren und möglichst komplett mit einem Pull-

gesteuerten System zu arbeiten. Zur Erkennung von Optimierungspotenzialen können die 7

Arten der Verschwendung herangezogen werden, sowie auf Aussagen der Mitarbeiter und

Auffälligkeiten bei der Prozessaufnahme zu achten. Verschwendungen werden mittels

Kaizen-Blitzen in die WSA eingetragen. Außerdem ist zu prüfen, welche der vorhandenen

Prozessschritte zur Erfüllung der Kundenanforderung unter Berücksichtigung der

Rahmenbedingungen beim Lieferanten und weiterer Restriktionen tatsächlich notwendig

sind. Auch die Kenngrößen der Datenkästen können Hinweise auf Verschwendung innerhalb

der Prozessschritte geben.

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Alternativ oder ergänzend kann eine Schnittstellenanalyse zum Einsatz kommen. Hierzu

müssen alle auftreten Schnittstellen in den Wertstrom eingezeichnet werden. Anschließend

werden sie bewertet und gerankt. Daraus ist ersichtlich, wo Verbesserungspotenzial besteht

und in welcher Reihenfolge die zu verbessernden Schnittstellen optimiert werden sollten.

Zusammenfassung der Vorgehensweise

Zur Übersicht ist die Vorgehensweise zur Durchführung einer logistikorientierten

Wertstromanalyse hier noch einmal kurz zusammengefasst.

1. Abgrenzung des Analysebereichs

2. Auswahl der Produktfamilie

3. Spezifizierung des Kunden und seiner Anforderungen (Kundenwert)

4. Aufnahme der Prozessschritte (Standardisierte Prozessbausteine, line-back)

5. Ausfüllen der spezifischen Datenkästen mit logistikrelevanten Parametern

6. Ergänzung des Informationsflusses

7. Ergänzung der Steuerung

8. Einzeichnen des Lieferanten mit dessen Rahmenbedingungen

9. Ist-Analyse des aufgenommenen Wertstroms

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Prozessbausteine

Standardisierte Prozessbausteine

Die standardisierten Logistikfunktionen lassen sich aus der übergeordneten

Aufgabenstellung an die Logistik ableiten. Diese besteht darin, die vom Kunden benötigten

Güter bedarfsgerecht bereitzustellen1 und die hierbei auftretenden Differenzen von Ort, Zeit,

Menge und Sorte zu überbrücken. Hierzu sind entsprechende Materialfluss-Funktionen

definiert worden. Weitere logistische Funktionen, die zur Erhöhung des logistischen

Servicewertes beitragen, sind zudem integriert worden. Zudem wird die Darstellung des

Informationsflusses über die Logistikkette mit Standardfunktionen abgebildet.

Durch die Einführung von standardisierten Prozessbezeichnungen wird eine bessere

Vergleichbarkeit bei der Gegenüberstellung mehrerer Wertströme erreicht. Zugleich werden

die einzelnen Bausteine transparent abgebildet.

Die zur Darstellung des Wertstroms mittels der logistischen Wertstromanalyse einsetzbaren

Funktionen sind im Folgenden aufgelistet.

Indices:

1 Großmann, G.; Krampe, H.; Ziems, D.: Technologien für Transport, Umschlag und Lagerung im Betrieb;1989

Standardisierung der Darstellung

Die aufgeführten Standardisierten Prozessbausteine genügen um den Materialfluss und die

administrative Informationsweitergabe der Logistikprozesse zur Genüge abzubilden. Es

sollte möglich darauf verzichtet werden weitere individuelle Bausteine hinzuzufügen um die

Transparenz und Vergleichbarkeit der Aufgenommenen Prozesse weiterhin zu

gewährleisten. Komplexere logistische Prozesse können zumeist auf die genannten

Bausteine heruntergebrochen werden.

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Materialflussfunktionen

Transformations-

art

Logistische

Grundfunktion

Synonyme in

der Praxis Symbol Vorher Nachher

Räumliche

Transformation

Transportieren/ Fördern

Bewegen

Beschreibung: Unter dem Baustein der räumlichen Transformation werden alle Prozesse

zusammengefasst, die eine räumliche Änderung bewirken. Ein Gut wird von einem Platz zu

einem anderen transportiert oder gefördert. Das Produkt wird hierbei nicht verändert,

sondern lediglich auf einen anderen Stell- oder Liegeplatz umgeladen. Hierunter fallen

sowohl externe als auch interne Transporte.

Transformations-

art

Logistische

Grundfunktion

Synonyme in

der Praxis Symbol Vorher Nachher

Zeitliche

Transformation

(1) Puffern (kurze Zeit)

(2) Lagern

(lange Zeit)

Beschreibung: Eine zeitliche Transformation tritt immer dann auf, wenn ein Gut über einen

gewissen Zeitraum an einer Stelle verharrt. Kurze zeitliche Transformationen werden als

Puffervorgänge bezeichnet. Hierbei handelt es sich zumeist um Sicherheitspuffer, um den

kontinuierlichen Materialfluss sicherzustellen. Lagervorgänge treten immer dann auf, wenn

ein Produkt oder Bauteil über einen längeren Zeitraum an einem Ort eingelagert wird.

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Transformations-

art

Logistische

Grundfunktion

Synonyme in

der Praxis Symbol Vorher Nachher

Mengenmäßige

Transformation

(1) Sammeln

Vereinigen,

Konsolidieren

Zusammen-

fassen

(2) Verteilen

Trennen,

Vereinzeln,

Auflösen,

Portionieren

Beschreibung: Mengenmäßige Veränderungen treten auf, wenn Güter zu unterschiedlichen

Mengen umgepackt werden. Dies kann in beide Dimensionen geschehen. Einerseits kann

ein Zusammenfassen von mehreren Positionen zu einer Einheit geschehen. Andererseits

treten aber auch mengenmäßige Aufteilungen eines Postens zu mehreren kleineren

Einheiten auf. Dieser Baustein umfasst, somit alle logistischen mengenmäßigen

Transformationen.

Transformations-

art

Logistische

Grundfunktion

Synonyme in

der Praxis Symbol Vorher Nachher

Sortenmäßige

Transformation

(1) Sortimentieren

Kommissio-

nieren,

Konsolidieren

Sequenzieren

(2) Sortieren Vereinzeln,

Auflösen,

Sequenzieren

Beschreibung: Eine sortenmäßige Transformation kann ebenfalls in zwei Richtungen

durchgeführt werden. Einerseits werden verschiedene Teile in einem Kommissioniervorgang

zusammengefasst und zur Weitergabe bereitgestellt. Andererseits werden hier Prozesse

beschrieben wie das Auflösen von Mischpaletten in Sortenreine Paletten oder

Ladungsträger. Unter einer sortenmäßigen Transformation werden alle Vorgänge

verstanden, die eine Einheit aus zwei oder mehr Teilnummern in ihrer Zusammensetzung

verändern.

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Transformations-

art

Logistische

Grundfunktion

Synonyme in

der Praxis Symbol Vorher Nachher

Transformation des

Servicewertes

(1) Ver-/

Entpacken

Auspacken,

Einpacken,

Umreifen,

Stretchen

(2) Etikettieren Bezetteln,

Labeln

(3) Prüfen

(Menge, Qualität.

Information)

Kontrollieren,

Identifizieren

Beschreibung: Der Servicewert eines Gutes wird erhöht, falls an diesem vom Kunden

gewünschte Dienstleistungen durchgeführt werden. Ist ein Produkt durch Etiketten, RFID-

Chips oder sonstiges gekennzeichnet hat es einen höheren Servicewert als ein einfaches

Bauteil ohne Bezeichnung, sofern dies vom Kunden gewünscht wurde. Jegliche

Transformationen, die den Servicewert eines Produktes verändern, können über die hier

definierten Bausteine abgebildet werden.

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Administrative Funktionen

Logistische Grundfunktion Synonyme in der

Praxis Symbol Vorher Nachher

(1) Buchen Vereinnahmen

(2) Auftrag erzeugen Kommissionierauftrag/

Versandauftrag erstellen

(3) Dokumentieren Papiere unterschreiben

(4) Informationen

übermitteln

Beschreibung: Neben den Materialflussfunktionen treten auch administrative Funktionen

auf. Hierbei handelt es sich um Prozesse, die sich in erster Linie auf den Informationsfluss

beziehen. Die Erstellung und Veränderung von Informationen wird hier ebenso betrachtet,

wie der Transfer von Informationen zwischen verschiedenen Medien. Hier betrachtete

Prozessbausteine beziehen sich nur indirekt auf den Materialfluss müssen aber bei der

Modellierung oder Aufnahme desselbigen stets mit berücksichtigt werden.

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Datenkästen

Datenkästen für die Funktionen

Um Schwachstellen auch innerhalb eines Prozessschrittes identifizieren zu können und

logistisch relevante Kenngrößen zu erfassen, wurden für jede standardisierte Logistikfunktion

individuelle Attribute in einem Datenkasten definiert. Diese bieten zum einen

Planungsinformationen und Hinweise auf mögliche Verschwendungsarten.

Die Parameter bilden die Grundlage für anschließende Optimierungsansätze, zum Beispiel

im Hinblick auf die Anlieferfrequenz. Rückschlüsse auf vorhandene Verschwendungen

lassen sich direkt aus den Attributen der Logistikfunktionen ziehen.

Entsprechende Datenkästen mit Attributen für jede standardisierte Logistikfunktion werden

im Folgenden aufgezeigt.

Transportieren/Fördern

Strecke Quelle, Senke, Entfernung

Zykluszeit Verteilungsfunktion mit Minimum, Maximum und Durchschnitt

Frequenz ggf. Verteilfunktion

Ladung Sortenrein/gemischt

Ladungsträger Behältertyp. -kapazität

Kapazität Anzahl Ladungsträger, Auslastung Transportmittel

Ressourcen Transportmittel, Mitarbeiter, Informationen

Organisationsform z.B.: 1:1-Direktverkehr, 1:n-Routenverkehr, n:1-Milk-Run

Puffern/Lagern

Bestand Anzahl Teile pro Sachnummer

Flächen-/Raumbedarf [m2/m3]

Liegezeit ggf. Verteilfunktion

Ressourcen Lagermittel

Organisationsform z.B.: Supermarkt, FIFO-Bahn, unsortierter Puffer/Lager

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Sammeln/Verteilen

Strecke Quelle, Senke, Entfernung

Zykluszeit Verteilungsfunktion

Frequenz ggf. Verteilfunktion

Fehlerquote [%]

Ressourcen Technische Hilfsmittel, Mitarbeiter, Informationen

Organisationsform z.B.: 2-stufiger Verteilprozess

Kommissionieren/Sortieren

Strecke Quelle, Senke, Entfernung

Zykluszeit Verteilungsfunktion

Kommissioniereinheit Auftragsgröße(n)

Frequenz ggf. Verteilfunktion

Fehlerquote [%]

Anteil Greifzeit an gesamter Kommissionier-/Sortierzeit

[%]

Ressourcen Technische Hilfsmittel, Mitarbeiter, Informationen

Organisationsform z.B.: 1-stufige Mann-zu-Ware-Kommissionierung

Verpacken/Etikettieren/Prüfen

Zykluszeit Verteilungsfunktion

Frequenz ggf. Verteilfunktion

Fehlerquote [%]

Ressourcen Technische Hilfsmittel, Mitarbeiter, Informationen

Organisationsform z.B.: 2-stufiger Prüfprozess (1. Stufe: Menge, 2. Stufe: Qualität)

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Umschlagen

Zykluszeit Verteilungsfunktion

Frequenz ggf. Verteilfunktion

Fehlerquote [%]

Ressourcen Technische Hilfsmittel, Mitarbeiter, Informationen

Organisationsform z.B.: Heckentladung, Seitenentladung

Buchen

Zykluszeit Verteilungsfunktion

Frequenz ggf. Verteilfunktion

Information z.B.: Teilenummer, Teilemenge, Lagerort

Informationsträger z.B.: Warenbegleitschein, Barcode, RFID-Chip

Informationsübertragung z.B.: manuell, elektronisch

Fehlerquote [%]

Ressourcen Technische Hilfsmittel, Mitarbeiter

Organisationsform z.B.: Einzelbuchung, Sammelbuchung

Auftrag erzeugen

Zykluszeit Verteilungsfunktion

Frequenz ggf. Verteilfunktion

Information z.B.: Teilenummer, Teilemenge, Lagerort

Informationsträger z.B.: Kommissionierliste, Bestellabruf-Formular

Informationsübertragung z.B.: manuell, elektronisch

Fehlerquote [%]

Ressourcen Technische Hilfsmittel, Mitarbeiter

Organisationsform z.B.: Einzelbuchung, Sammelbuchung

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Dokumentieren

Zykluszeit Verteilungsfunktion

Frequenz ggf. Verteilfunktion

Information z.B.: Bestätigung einer Lieferung, Prüfergebnisse

Informationsträger z.B.: Lieferschein, Prüfprotokoll

Fehlerquote [%]

Ressourcen Technische Hilfsmittel, Mitarbeiter

Organisationsform z.B.: Einzelarchivierung, Sammelarchivierung

Information übermitteln

Information z.B.: Abladestellplatz für LKW, Änderungen an Kommissionierauftrag

Strecke Quelle, Senke, Entfernung

Informationsübertragung z.B.: manuell, elektronisch

Zykluszeit Verteilfunktion mit Minimum, Maximum und Durchschnitt

Frequenz ggf. Verteilungsfunktion

Ressourcen Technische Hilfsmittel, Mitarbeiter

Organisationsform z.B.: individueller/einzelner Informationstausch, zentrale Informationsplattform

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Steuerungsarten

Verschiedene Steuerungsarten für die Prozesse

Prozesse müssen über eine bestimmte Art und Weise angesteuert und ausgelöst werden.

Dies kann durch eine übergeordnete Steuerung oder dezentral, d.h. von einem

Prozessschritt zum nächsten, geschehen. Jeder Prozess braucht einen gewissen Impuls und

Impulsgeber um durchgeführt zu werden. Dieser beinhaltet die Information, was er wann tun

soll (Auftrag).

Wurde die Steuerung früher noch zumeist im „Push“-Prinzip realisiert, wird heute versucht

verschiedene Methoden der so genanten „Pull“-Steuerung zu etablieren, wobei der

Informationsfluss entgegen dem Wertstrom läuft. Prozesse werden somit zumeist von ihren

Nachfolgeprozessen ausgelöst. Die Produktionsmenge orientiert sich damit immer am

tatsächlichen Kundenbedarf.

Steuerungsverfahren, bei denen ein Prozess von seinem Vorgänger-Prozess ausgelöst wird,

werden als „Push“-Prozesse bezeichnet. Sie sind im Zuge der Verschlankung möglichst zu

vermeiden, da sie sich nicht am tatsächlichen Kundenbedarf orientieren. Die Bearbeitung

von Aufträgen ausschließlich auf Basis prognostizierter Absatzzahlen und hoher

Prozessauslastung, kann zu erheblichen Beständen innerhalb und am Ende der

Prozesskette führen.

Im Folgenden sind verschiedene Möglichkeiten einer Prozesssteuerung aufgelistet. Hierbei

handelt es sich wieder um eine Zusammenfassung zu Standards, die in der Lage sind alle in

der Praxis gängigen Steuerungstypen abzubilden.

Steuerungsart Symbol Beschreibung

Auftrag

(Einzelauftrag,

Auftragsprogramm)

Eine Auftragssteuerung bedeutet, dass die Ausführung der

Produktions- und Logistikprozesse nach einer im Voraus festgelegten

Reihenfolge erfolgt. Die Produktion wird über die vorhandenen

Aufträge festgelegt und zumeist durch ein PPS- oder ERP-System

gesteuert. Die Auftragssteuerung ist zumeist nicht sehr flexibel und

schon im Vorfeld fest definiert. Änderungen innerhalb der Volumen

und/oder Varianten sind im Nachgang nur schwer zu realisieren.

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Go-See/

Nach Gefühl/ Auf

Zuruf

Die Steuerung geschieht durch Vorgabe eines Verantwortlichen. Sie

zeichnet sich durch manuelle Änderung der PPS Auftragsdaten aus.

Der Prozessverantwortliche entscheidet zumeist situationsbedingt

lediglich auf Grundlage von Erfahrungswerten. Die Go-See-Steuerung

ist grundsätzlich als Nachteil zu sehen, da die Produktionsvolumina

und Zeiten im Ermessensspielraum des Ausführenden liegen. Eine

wirkliche Steuerung des Prozesses existiert nicht, da immer wieder in

den selbigen eingegriffen wird.

Push

Mit Push-Steuerung bezeichnet man die Steuerung einer Produktion

unabhängig vom Bedarf. Material wird vom Prozess produziert und an

den Nachfolgeprozess geliefert unabhängig davon, ob dieses gerade

benötigt wird oder nicht. Eine Push-Steuerung kann zu Wartezeiten,

ungleichmäßigem Materialfluss und größeren Lagerbeständen führen,

da sie sich lediglich an der maximalen Auslastung der Prozesse und

prognostizierten Absatzzahlen orientiert. Der tatsächliche

Kundenbedarf wird hier nicht berücksichtigt. Somit ist dies als Nachteil

anzusehen, es sei den, dass der Bedarf nach Menge, Sorte und

Zeitpunkt über längere Zeit bekannt ist. Unter dieser Voraussetzung

kann eine „Built-to-Stock“ Strategie umgesetzt werden.

FIFO

FIFO steht für „First In – First Out“ und bezeichnet eine Steuerung bei

der die Waren nach der Reihenfolge des Eingangs bearbeitet und

weitergeleitet wird. Die Maximalmenge an wartenden Aufträgen und

Produkten ist festgelegt und darf nicht überschritten werden. Erst,

wenn Kapazität frei geworden ist, darf der Lieferprozess

weiterarbeiten. Man spricht hier auch von „bestandsbeschränkten“

Prozessen. Da sich FIFO-gesteuerte Prozesse in einem Fluss

befinden, wird oftmals auch der Begriff der FIFO-Bahn verwendet.

Kanban/  

Meldebestand/  

Pull

Eine Kanban-Steuerung orientiert sich ausschließlich am tatsächlichen

Verbrauch der Materialien am Verbrauchs- oder Bereitstellungsort.

Nach Verbrauch der Materialien einer Einheit wird dieser an den

vorgelagerten Produktions- oder Logistikprozess gemeldet. Dieser

versorgt den Prozess mit Nachschub. Es kann auch ein Meldebestand

festgelegt werden, bei dem der Nachschub ausgelöst wird. Dies findet

sich zumeist bei sogenannten Schnellläufern und im Verbrauch gut zu

prognostizierenden Teilen wieder.

ConWIP

Kanban-Schleifen können auch mehrere Prozessschritte umfassen,

d.h. es wird nicht der unmittelbare Vorgängerprozess sondern ein

noch weiter vorne liegender Prozess angesteuert. Hierdurch entsteht

eine Belieferung des auslösenden Prozesses in Sequenz. Die

eingehenden Varianten sind nicht alle im Zugriff sondern befinden sich

hintereinander in einer FIFO-Bahn (s.o.).

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Im  Fluss Zwei Prozesse, die sich im Fluss befinden, schließen unmittelbar

aneinander an. Teile werden direkt von einem an den anderen

Prozess weitergegeben und weiterverarbeitet.

Fahrplan/  

getaktet

Über einen Fahrplan oder einen festgelegten Takt kann ein Prozess

unabhängig vom vor- oder nachgelagerten Prozess angesteuert

werden. Typisches Beispiel sind Transportprozesse mit Fahrplan wie

der Routenzug oder Milkrun. Je nachdem wie der vorherige

Prozessschritt angesteuert ist, unterstützt der getaktete Prozess Push

oder Pull.

Push  getaktet  

Beim getakteten Push wird in jedem Takt ein Produkt bearbeitet und

entlang der Prozesskette in FIFO-Reihenfolge weitergegeben. Wenn

ausgetaktete Fließprozesse realisiert werden können, ist dies eine

Lösung für die einfache Ansteuerung jedes Prozessschritts. Die

getakteten Fließprozesse arbeiten als Ganzes nach Push auf Basis

einer Prognose oder eines Kundenauftrags (z.B. bei ConWIP). Durch

regelmäßige Anpassung des Arbeitstakts an den Kundentakt kann die

Kundennachfrage optimal befriedigt werden.

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Schwachstellenanalyse

Im Anschluss an die Prozessaufnahme und -visualisierung sollte möglichst mit den

Prozessbeteiligten gemeinsam eine Schwachstellenanalyse durchgeführt werden.

Dabei sollte zum einen das Wissen und die Erfahrung der Prozessbeteiligten hinsichtlich

Schwachstellen im Prozess abgefragt und die Schwachstellen in Form von sogenannten

„Kaizen-Blitzen“ in den Wertstrom eingezeichnet werden.

Systematisch kann außerdem mit Hilfe der "7 Arten der Verschwendung" nach

Verbesserungspotenzialen gesucht werden, bzw. Schwachstellen kategorisiert werden.

Dabei sollte gezielt geachtet werden auf (vgl. Methode "7 Arten der Verschwendung")

• Verschwendung in Form von Überlieferung/ Unterlieferung

• Verschwendung in Form von Wartezeiten des Mitarbeiters

• Verschwendung in Form von unnötigen Handlingschritten

• Verschwendung in Form von falscher Qualität, falschem Ort, falschen Produkten

(Fehler)

• Verschwendung in Form ungenügender Prozessgestaltung

• Verschwendung in Form von überflüssigem Transport

• Verschwendung in Form von (überdimensionierten) Beständen.

Dabei empfiehlt es sich, den Prozess vom Kunden aus rückwärts durchzusprechen, um stets

zu prüfen ob die durchgeführte Tätigkeit aus Kundensicht tatsächlich notwendig ist.

Für eine weitergehende Betrachtung und eine Annäherung an einen möglichen Soll-Prozess

können außerdem unabhängig vom bestehenden Prozess der Prozess-Output auf

Kundenseite und der Prozess-Input auf Lieferantenseite hinsichtlich der Kriterien „Produkt“,

„Ort“, „Zeit“, „Menge/Sorte“ und „Qualität“ miteinander verglichen werden. Daraus kann

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abgeleitet werden, welche logistischen Prozessschritte auf dieser Basis (losgelöst von

weiteren Restriktionen) tatsächlich notwendig sind, um die Kundenanforderung zu erfüllen.

Stimmen beispielsweise Produktionstakt und Losgröße von Kunde und Lieferant nicht

überein, so muss dazwischen zwangsweise Material gepuffert werden. Entsprechend sollten

alle im Ist-Prozess vorhandenen aber als nicht notwendig eingestuften Prozessschritte

hinterfragt werden.

Weiterhin liefern die zu den einzelnen Prozessschritten aufgenommenen Kenngrößen

weitere Hinweise auf Verschwendungen innerhalb dieser Schritte. Ist beispielsweise im

Kommissionierprozess der Greifzeitanteil im Vergleich zu Wartezeit und Wegezeiten sehr

gering, d.h. es wird kaum Zeit für die eigentliche Aufgabe genutzt, so ist die Gestaltung des

Kommissionierprozesses genauer zu prüfen.

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Demonstrationsbeispiel

Demonstrationsbeispiel aus der Automobilindustrie

Folgender Prozess soll mittels der logistikorientierten Wertstromanalyse dargestellt werden.

Ein Montageset muss an einem Montageband im 90-Sekunden-Takt bereitgestellt werden.

Dieses Set beinhaltet je nach Auftrag null bis sechs Leitungen, die in 125 verschiedenen

Varianten verbaut werden. Der Lieferant der Leitungen fertigt in einer Entfernung von 50

Kilometern zum Verbauort und liefert zweimal täglich sortenreine Behälter mit je 20

unverpackten Leitungen beim OEM an.

Abgrenzung des Analysebereichs: Vom Lieferanten bis zum Montageprozess

 Auswahl der Produktfamilie: Leitungen

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Spezifizierung des Kunden und seiner Anforderungen:

Aufnahme der Prozessschritte:

Ausfüllen der spezifischen Datenkästen mit logistikrelevanten Parametern:

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Ergänzung des Informationsflusses:

Ergänzung der Steuerung:

Einzeichnen des Lieferanten mit dessen Rahmenbedingungen:

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Ist-Analyse des aufgenommenen Wertstroms: Aufzeigen der Verschwendung,

Hinterfragen der Prozessschritte und deren Gestaltung im Ist-Prozess

Schnittstellenanalyse: Einzeichnen von menschlichen, technischen und informations-

technischen Schnittstellen in den Wertstrom zur Identifikation von Schwachstellen und

Analyse mittels Bewertungsbogen

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Weiterführende Literatur

Ergänzende/Weiterführende Literatur

Günthner, W.; Klenk, E.; Knössl, T.: Neue Wege zur Gestaltung schlanker Logistikprozesse.

In: Wolf-Kluthausen, H.: Jahrbuch Logistik 2011, 2001, S. 100-105.

Zum Thema Lean Logistic und Wertstromdesign:

Baudin, M.: Lean Logistics, 2004.

Erlach, K.: Wertstromdesign – Der Weg zur schlanken Fabrik, 2010.

Klug, F.: Logistikmanagement in der Automobilindustrie, 2010.

Koether, R.: Taschenbuch der Logistik, 2006.

Rother, M.; Shook, J.: Sehen lernen, 2000.