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Logistische Gleichung Marius Bohn Fakultt6.1MathematikderUniversittSaarbr cken 22.11.2011 Marius Bohn (Universität Saarbrücken) Logistische Gleichung 22.11.2011 1 / 37

LogistischeGleichung - Universität des Saarlandes LogistischeGleichung MariusBohn Fakultt6:1MathematikderUniversittSaarbrcken 22.11.2011 Marius Bohn (Universität Saarbrücken) Logistische

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  • Logistische Gleichung

    Marius Bohn

    Fakultt6.1MathematikderUniversittSaarbrcken

    22.11.2011

    Marius Bohn (Universität Saarbrücken) Logistische Gleichung 22.11.2011 1 / 37

  • Übersicht

    Bei der Untersuchung von dynamischen Systemen in der Ökologie haben wirverschiedene Modelle zu berücksichtigen

    1 exponentielles Wachstum einer Population2 logistische Gleichung3 Interaktion von Populationen: Symbiose und Konkurrenz4 Wechselwirkung von Räuber-Beute-Populationen: Lotka-Volterra-Gleichungen5 Diskussion der Lotka-Volterra-Gleichungen6 Stabilitätsanalyse7 Verfeinerung des Räuber-Beute-Modells

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  • Wachstumsmodelle

    Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen zwei Hauptmodellen bei derBeschreibung des Wachstums von Populationen:

    1 exponentielles Wachstum2 logistisches Wachstum

    Wir betrachten zunächst die Entwicklung der Größe lediglich einer Population inAbhängigkeit von den jeweiligen Umweltbedingungen und der Reproduktionsrate.

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  • 1. exponentielles Wachstum

    Wir gehen hier von einem von natürlichen Umweltbedingungen unabhängigenunbeschränkten Wachstum aus.f := NachkommenzahlZeiteinheitm := GestorbeneZeiteinheitWir gehen nun davon aus, dass λ = f −m = const. Damit ergibt sich mit derPopulationsgröße x(t) beim Übergang von der mittleren Änderungsratex(t+∆t)−x(t)

    ∆t zum Differentialquotienten

    lim∆t→0

    x(t + ∆t)− x(t)∆t

    = ẋ(t)

    ẋ(t) = λx

    mit x(t0) = x0 ergibt sich als Lösung des Anfangswertproblemes die dynamischeEntwicklung der Population zu:

    x(t) = x0eλt

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  • 2. logistisches Wachstum

    Wir gehen nun von einem realistischeren Wachstumsmodell aus:λ = λ(x) = λ(1− xK )wobei K die Kapazität, also die Maximalgröße der Population angibt. Damitergibt sich die logistische Differentialgleichung:

    ẋ = λx(1− xK

    )

    Wie man sich leicht überzeugt haben wir folgendes Wachstumsverhalten:ẋ = 0 mit x = 0 und x = Kẋ > 0 mit 0 < x < Kẋ < 0 mit x > KMit der Anfangsbedingung x(t0) = x0 ist die Lösung für das Anfangswertproblemgegeben durch:

    x(t) =Kx0eλt

    K + x0(eλt − 1)

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  • 3. mathematische Diskussion der logistischen GleichungWir geben nun die Populationsgröße x als Bruchteil der Maximalgröße K an, d.h.wir erhalten mit y = xK ⇒ ẏ =

    ẋK dann folgende vereinfachte

    Differentialgleichung:

    ẏ = λy(1− y)0 ≤ x ≤ 1

    Damit ist die Populationsgröße y auf das Intervall [0, 1] beschränkt und abhängigvom Parameter λ. Wir betrachten im Folgenden die nichtlinearen GleichungF (x) = λx(1− x).Die Funktion nähert sich mit wachsender Zeit t bzw. (im diskretisierten Fall mitwachsender Iterationszahl) einem Grenzwert xf an, welcher der FixpunktgleichungF (x) = x genügt. Die Lösung ergibt sich zu:

    xf =λ− 1λ

    Da x auf das Itervall [0, 1] eingeschränkt ist muss der Parameter λ auf den Bereich0 < λ ≤ 1 beschränkt werden. Es gibt prinzipiell keine obere Schranke für λ.Meist wird jedoch der Bereich 1 ≤ λ ≤ 4 betrachtet.

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  • 4. FixpunktuntersuchungenDie vorangehenden Betrachtungen lieferten uns einen Fixpunkt für die logistischeGleichung. Interessant ist es nun zu untersuchen, welche Bedingungen erfüllt seinmüssen, damit der Fixpunkt stabil ist. Stabilität bedeutet dabei, dass ein Punkt xnin der Nähe des Fixpunktes xf von einem Wert xn+1 gefolgt wird, der näher an xfliegt als xn. Aus den Mittelwertsatz erhalten wir:

    F (x)− F (xf ) = F (x)− xf = (x − xf )F ′(c)

    für ein c zwischen x und xf . Falls nun |F ′(xf )| < 1 und somit |F ′(c)| < 1 für xnahe bei xf , d.h. xn = xf ± δ wobei δ � 1.Dann gilt:

    |F (x)− xf | < |x − xf |Für die diskretisierte Rekursionsgleichung xn+1 = λxn(1− xn) ergibt sich:

    xn+1 =λ− 1λ± δ(2− λ)

    Damit dieser Ausdruck gegeben xf konvergiert, muss der Koeffizient (2− λ) einenBetrag kleiner 1 besitzen, d.h. für einen solchen Fixpunkt gilt 1 < λ < 3 . Wirsagen dann auch: xf ist asymptotisch stabil bzw. ein Attraktor, da die Werte vonxn zu ihm hingezogen werden.

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  • 5. Instabilität

    Nun stellt sich aber die Frage was passiert, wenn |F ′(xf )| > 1 bzw. wenn wir dielogistische Gleichung jenseits des Kontrollparamters λ = 3 auswerten. Es ergibtsich:

    |F (x)− xf | > |x − xf |

    Der Graph von x entfernt sich vom Fixpunkt xf . In einem solchen Fall nennen wirden Punkt instabil und den Paramterwert λ = 3 einen Bifurkationspunkt.Im "normalen Fall"1 < λ ≤ 3 (asymptotische Stabilität) gibt es nur einenSchnittpunkt des Graphen F 2(x) mit der Funktion F (x) = x .Im ïnstabilen Fall"3 < λ < 4 gibt es zwei Schnittpunkte p1 und p2 mitF 2(p1) = p1 und F 2(p2) = p2. Allgemeiner definieren wir: Ein Punkt x heißtperiodischer Punkt der Abbildung T : X → X falls ein k > 1 existiert, sodassT k(x) = x , aber T j(x) 6= x für j = 1, ..., k − 1.

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  • 6. chaotisches Verhalten

    Hier wollen wir nun den interessanten Spezialfall 0 < λ ≤ 4 näher untersuchen:Bei den meisten Parametern zwischen 3 und 4 erhalten wir chaotisches Verhaltenfür fast alle Anfangswerte, d.h. die x-Werte springen hin und her ohne erkennbaresKonvergenzverhalten. Für λ = 3.55 existiert ein AchterzyklusFür λ = 3.566 haben wir einen SechzehnerzyklusDie sogenannten Feigenbaum-Diagramme, in denen xf gegen den Parameter λaufgetragen ist, zeigen sehr schön, wie sich die Anzahl der Attraktoren xf mitsteigendem λ sukzessive verdoppelt: 1, 2, 4, 8, ...2n bis schließlich derFeigenbaum-Punkt λf = 3.5699... erreicht ist, jenseits dessen das Verhaltenchaotisch verläuft. Die fraktale Eigenschaft der Selbstähnlichkeit ist hieroffensichtlich. Das Verhältnis der horizontalen Abstände zweier aufeinanderfolgender Bifurkationen konvergiert gegen die Feigenbaum-Zahl 4.69920 DasVerhältnis der vertikalen Abstände zweier aufeinander folgenderBifurkationspunkte konvergiert ebenf:

    α = limn→∞

    xn − xn+1xn+1 − xn

    = 2.50290...

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  • Ökologische Modelle

    Man findet in der Natur häufig eine der folgenden Situtation bei der Interaktionvon Organismen:

    1 Symbiose2 Konkurrenz3 Schmarotzertum

    Ziel der mathematischen Durchleuchtung von solchen in der Natur empirischnachweisbaren Korrelationen ist es nun ein möglichst allgemeingültiges Modellanhand der empirischen Daten zu entwerfen, welches vom Spezialfall abstrahiertaber zugleich wiederum die deduktive Anwendung auf andere Fälle (z.B. derEntwurf umfassender demografischer Modelle) gestattet.

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  • 1. Symbiose

    DefinitionUnter einer Symbiose versteht man das wechselseitiges förderlichesZusammenleben zweier Populationen X und Y. Es bezeichne x(t) und y(t) diejeweilige Populationsgröße in Abhängigkeit von der Zeit t. Dann gilt für einengegenseitigen wachstumsfördernden Prozess:

    x(t + ∆t)− x(t) = αy(t)∆t

    y(t + ∆t)− y(t) = βx(t)∆t

    Im Grenzübergang ∆t → 0 ergibt sich mit den Differentialquotienten beihinreichend oft differenzierbaren Funktionen x(t) und y(t) dann folgendes Modellfür die Dynamik des symbiotischen Prozesses:

    ẋ = αy

    ẏ = βx

    mit α, β > 0

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  • Nach einer weiteren Differentiation ergibt sich mit ẍ = αẏ ẏ = αβx , also dielineare Differentialgleichung zweiter Ordnung:

    ẍ = ω2x ω =√αβ

    Diese Differentialgleichung unterscheidet sich vom harmonischen Oszillator nurdurch das Vorzeichen: Wie man sich leicht überzeugt ist die Menge aller Lösungengegeben durch:

    x(t) = Aeωt + Beωt ω =√αβ

    Die beiden Konstanten A und B werden durch zwei Anfangsbedingungenfestgelegt: x(t0) = x0 und ẋ(t0) = v0

    FazitSymbiose führt zu einem nur durch Ressourcen begrenzten exponentiellenWachstum der Population, sodass die Populationsentwicklung in groben Zügender einer einzelnen Spezies ähnelt und daher nicht näher betrachtet werden soll

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  • 2. Konkurrenz

    DefinitionUnter Konkurrenz versteht man die gegenseitige Schädigung von zweiunterschiedlichen Populationen der Größe x(t) und y(t) beim Ringen um einöffentliches Gut, eine natürliche Ressource oder ähnliches (z.B. auch anwendbarauf kriegsführende Parteien).

    In analoger Weise zur Symbiose erhalten wir für Prozesse wechselseitigerZerstörung das System von Differentialgleichungen:

    ẋ = −αy

    ẏ = −βx

    mit α, β > 0Die Überlegungen, die wir bezüglich des symbiotischen Prozesses angestellt haben,gelten im wesentlichen unverändert auch für das mit den Anfangsbedingungenx(t0) = x0 und y(t0) = y0 vorliegende Anfangswertproblem, nur ist α durch −αzu ersetzen.

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  • FazitWir haben hier nur das Grundmodell für die zerstörerische Koexistenz zweierPopulationen P und Q aufgezeigt, wobei von exponentiellemPopulationswachstum ausgegangen wird. Eine realistichere Verfeinerung liefert dasauf Vito-Volterra zurückgehende Räuber-Beute Modell.

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  • 3. Lotka-Volterra-Gleichungen für Räuber-Beute ModelleWir wollen nun ein möglichst allgemeingültiges realitätsnahes Modell für dieWechselwirkung einer Räuber- und Beutepopulation aufstellen. Hierzu bezeichnex(t) die Anzahl der Lebewesen einer Beutepopulation X und y(t) die Stärke einerRäuberpopulation Y. Weiterhin seien a, b, c , d > 0 jeweils Parameter die dieInteraktion von Räuber und Beutelebewesen wie folgt charakterisieren:

    a: Reproduktionsrate der Beutepopulation ohne Fressfeinde beiausreichendem Nahrungsangebotb: Fressrate der Räuber pro Beutelebewesen, d.h. Sterberate der Beute proRäuberc: Sterberate der Räuberpopulation ohne Beutelebewesend: Reproduktionsrate der Räuber pro Beutelebewesen

    Nach Übergang von mittleren Änderungsraten zu Differentialquotienten ergibt sichfolgendes System von nichtlinearen gekoppelten Differentialgleichungen ersterOrdnung:

    ẋ = x(a− by)

    ẏ = −y(c − dx)

    Unter Räubern und Beute sind dabei zwei Klassen von Lebewesen gemeint, wobeisich die eine von der anderen ernährt.

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  • 4. Diskussion der Lotka-Volterra Differentialgleichungen

    Aufgrund der Nichtlinearität und Kopplung können wir zunächst keine analytischeLösung angeben. Daher zunächst einige elementare Dinge zuDifferentialgleichungen:

    DefinitionWir schreiben x(t) = f(t, x) für das System von gewöhnlichen linearenDifferentialgleichungen:

    ˙xi (t) = fi (t, x1, x2, ..., xn) für i = 1, ..., n. Die Funktionen fi seien hierbei aufoffenen Teilmengen des Rn+1 definiert und in allen Variablen stetig differenzierbar.Eine Lösung der Differentialgleichung ist eine Abbildung der Formt → x(t) = (x1(t), ..., xn(t)) von Intervallen I ⊂ R nach Rn, sodass dieKomponentenfunktionen xi (t) für alle i = 1, ..., n und für alle t ∈ I gilt:ẋi t) = fi (t, x1(t), ..., xn(t)).

    Mit den Vorgaben x(t0) = x0 = (x1(t0), ..., xn(t0)) liegt ein Anfangswertproblemvor.

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  • Einige Bezeichnungen Lösungen des Differentialgleichungssystems:Falls x(t) = x für alle t ∈ R, so ist f(x) = 0 und wird stationärer Punktgenannt.Falls x(t+T) = x(t) für ein T > 0 und x(t) 6= x für alle t ∈ (0,T ), so wirdx periodischer Punkt und T Periode genannt: Das dynamische Systembeschreibt eine oszillierende Bewegung.Falls die Abbildung t → x(t) injektiv ist, so schneidet die Trajektoriedoppelpunktfrei

    Man kann ferner 3 spezielle Lösungen direkt angeben:

    x(t) = y(t) = 0x(t) = 0; y(t) = y0e−ct wobei y0 > 0y(t) = 0; x(t) = x0eat wobei x0 > 0

    wobei man an den vorliegenden Lösungen sieht:triviale Lösung: Es gibt weder Räuber- noch BeutetiereFalls keine Beutetiere vorhanden sind, stirbt die Räuberpopulation ausFalls es keine Räuber gibt, vermehrt sich die Beutepopulation exponentiell

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  • Phasenraumdiskussion

    Die konstanten Lösungen bzw. Gleichgewichtspunkte erhält man, in dem man dierechten Seiten der Lotka-Volterra-Gleichungen null setzt: Der trivialeGleichgewichtspunkt (x(t), y(t)) = (0, 0) ist klar.

    x(a− by) = 0

    y(−c + dx) = 0

    ⇐⇒ x̃ = cd

    ỹ =ab

    da hier x(t) > 0, y(t) > 0 vorausgesetzt wird. Somit erhält man den zweiteninneren Gleichgewichtspunkt (x̃ , ỹ) = ( cd ,

    ab )

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  • Integrale der Bewegung

    Wir multiplizieren die erste Gleichung nun mit c−dxx und die zweite Gleichung mita−by

    y und addieren beide Gleichungen. Damit erhalten wir:

    (cx− d)ẋ + ( a

    y− b)ẏ = 0

    ⇐⇒ ddt

    [c log(x)− dx + a log(y)− by ] = 0

    ⇐⇒ ddt

    V (x(t), y(t)) = 0

    ⇐⇒ V (x(t), y(t)) = 0

    V ist offenbar auf den Lösungen der Grundgleichungen konstant: Eine Lösung derLotka-Volterra-Gleichung kann also die Niveaulinien von V nicht verlassen.

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  • Lotka-Volterra-GesetzWir werden im Nachfolgenden zwei wichtige Gesetze betrachten, die uns eineDiskussion der dynamischen Entwicklung von Räuber- und Beutepopulationerlauben, ohne die Lösungen der Differentialgleichungen explizit zu kennen.

    1.Lotka-Volterra-GesetzDie Lösungen der Lotka-Volterra-Gleichungen sind periodisch mit Periode T. DiePopulationen über die Zeit aufgetragen ergibt das Bild einer sinusartigenSchwingung mit einer Phasenverschiebung zwischen Räuber- und Beutepopulation

    2.Lotka-Volterra-GesetzDie zeitlichen Mittelwerte über eine Periode T der Individuenzahlen von Räuber-und Beutepopulation sind unabhängig von deren Anfangsbedingungen gleich derIndividuenzahl des entsprechenden Fixpunktes

    1T

    T∫0

    x(t) dt = x̃1T

    T∫0

    y(t) dt = ỹ

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  • Stabilitätsuntersuchung autonomer Systeme

    DefinitionDie Gleichgewichtspunkte (singulären Punkte) des Differentialgleichungssystems_x(t) = f(t, x) sind alle Punkte für die x1(t) = x̃1, x2(t) = x̃2 eine Lösung desobigen Systems ist, also für die gilt: f1(x̃1, x̃2) = f2(x̃1, x̃2) = 0

    Gleichgewichtspunkte entsprechen den konstanten Lösungen des Systems. Sieheißen daher auch Ruhelagen. Wird das System aus einer Ruhelage gestört, sokann es entweder in diese zurückkehren (stabile Ruhelage) oder es kann sichimmer weiter davon entfernen (instabile Ruhelage).

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  • Wir werden uns im Nachfolgenden auf ein lineares Differentialgleichungssystem1.Ordnung mit konstanten Koeffizienten der folgenden Form fokussieren:

    ẋ1 = a11x1 + a12x2

    ẋ2 = a21x1 + a22x2

    Der Punkt (0, 0) ist offenbar ein Gleichgewichtspunkt. Fürα = det(A) = a11a22 − a21a12 6= 0 ist (0, 0) offenbar der einzigeGleichgewichtspunkt. Im Falle α = 0 sind alle Punkte der Geradena11x1 + a12x2 = 0 Gleichgewichtspunkte des obigen Differentialgleichungssystems.Wir interessieren uns im nachfolgenden nur für den regulären Fall mit (0, 0) alseinzigen Gleichgewichtspunkt Wir setzten also voraus: α = det(A) 6= 0.

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  • Die Lösungen des linearen Differentialgleichungssystems ist gegeben durch diefolgenden Funktionen:

    eλt falls λ ein reeller Eigenwert von A isteatcos(bt) und eatsin(bt), also der Real- und Imaginärteil für einenkomplexen Eigenwert µ = a + ibt jeλt mit 0 ≤ j < m wobei m die Vielfachheit des Eigenwertes λ ist

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  • In allen möglichen Fällen gilt jedoch: Das Verhalten des dynamischen Systems inlinearer Näherung wird durch die Eigenwerte schon vollständig bestimmt. Es sei_x = Ax wie gehabt das lineare Differentialgleichungssystem mit det(A) 6= 0. λ1, λ2seien die Lösungen der charakteristischen Gleichung:

    λ2 − (a11 + a22)λ+ det(A) = 0

    Damit ist der Nullpunktasymptotisch stabil, wenn Re(λ1) < 0 und Re(λ2) < 0stabil, aber nicht asymptotisch stabil, wenn Re(λ1) = Re(λ2) = 0instabil, wenn wenigstens ein Realteil größer als 0 ist, d.h. wenn giltRe(λ1) > 0 oder Re(λ2) > 0

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  • Ist die Systemmatrix nicht singulär, so ist der Ursprung der einzigeGleichgewichtspunkt und wir haben insgesamt folgende Fälle :

    Sattel: instabilKnoten: asymptotisch stabil oder instabilStrudel: asymptotisch stabil oder instabilWirbel: stabil

    Für eine beliebige Lösung x(t) = (x1(t), x2(t)) von ẋ = Ax kommt daher genaueine der möglichen Verhaltensweisen für Phasenkurven in Betracht:

    1 x(t) = const.2 x(t) = x(t + T )3 x(t) unbeschränkt für t →∞4 x(t)→ x0 wobei x0 Gleichgewichtspunkt für t →∞ Damit ist also das

    Langzeitverhalten linearer Systeme vollständig geklärt.

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  • Im Allgemeinen haben wir es jedoch mit nichtlinearen Systemen zu tun. Wirlinearisieren um den Gleichgewichtspunkt (x̃ , ỹ). Zur Bestimmung desStabilitätstyps berechnen wir die Jacobimatrix des dynamischen Systems:∂f1(x̃)∂x1

    ∂f1(x̃)∂x2

    ∂f2(x̃)∂x1

    ∂f2(x̃)∂x2

    indirekte Methode von Ljapunow1 Der Gleichgewichtspunkt (x̃ , ỹ) des nichtlinearen Systems ist asymptotisch

    stabil oder instabil, wenn das gleiche für den Nullpunkt des linearisiertenSystems zutrifft

    2 Ist der Nullpunkt des linearisierten Systems ein Knoten oder Sattelpunkt, soist der Gleichgewichtspunkt (x̃ , ỹ) des ursprünglichen nichtlinearen Systemsein singulärer Punkt vom selben Typ.

    Wir müssen also die Eigenwerte der Jacobimatrix bestimmen. Aus ihrer Lage inder komplexen Ebene folgt nach vorhergehenden Überlegungen der Stabilitätstypdes Gleichgewichtspunktes. Falls z.B. der Realteil eines Eigenwertes null ist kannman mit diesem Verfahren keine Aussage treffen.

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  • direkte Methode von Ljapunow

    Zurück zum Räuber-Beute-Modell. Wir hatten eine Funktion V (x , y) konstruiertauf deren Höhenschichtlinien die Lösungskurven verlaufen müssen.

    DefinitionEine stetige Funktion V : U → R,U ⊂ D ⊂ Rn, x̃ ∈ U, die auf U − {x̃} stetigdifferenzierbar ist und für die gilt: (a) V (x̃) = 0 und V (x) > 0 für x 6= x̃ und(b) V̇ (x) ≤ 0 für x ∈ U − {x̃} heißt Ljapunow-Funktion für x̃

    direkte Methode von LjapunowEs bezeichne x̃ ein Gleichgewichtspunkt des dynamischen Systems.

    1 Existiert eine Ljapunow Funktion V für x̃ , dann ist x̃ stabil2 Gilt für die Funktion V̇ (x) < 0 in U − {x̃} so ist x̃ asymptotisch stabil

    FazitDiese Methode liefert uns einen stabilen Fixpunkt (x̃ , ỹ) für die gewöhnlichenLotka-Volterra-Gleichungen

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  • Verfeinerung der Lotka-Volterra-Gleichungen

    Im Allgemeinen ist es unrealistisch, dass die Beutepopulation in Abwesenheit vonRäubern exponentiell wächst. Wir gehen nun von beutespezifischer Konkurrenzaus: ẋ = x(a− bx). Ebenso gehen wir von einer räuberspezifischen Konkurrenzaus. Dies liefert uns das folgende Differentialgleichungssystem:

    ẋ = x(a− bx − cy)

    ẏ = y(d − ex − fy)

    Wir schauen uns die Isoklinenmenge an um einen Überblick über das Verhaltender Funktion zu bekommen. Wir betrachten also

    x(a− bx − cy) = 0

    y(d − ex − fy) = 0

    Dies sind Geradengleichungen mit negativer Steigung. Außerdem überzeugt mansich leicht davon, dass xy−k mit k =

    ad

    eine Konstante der Bewegung ist.

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  • Zusammenfassung und Quellenangabe

    MerkeWir haben zwei Hauptmodelle beim Wachstum von Populationen berücksichtigt:exponentielles und logistisches Wachstum. Logistische Wachstumsmodellelieferten uns eine nichtlineare Gleichung anhand derer man sich mittels einesFeigenbaumdiagramms die fraktale Eigenschaft der Selbstähnlichkeitveranschaulichen kann. Die Interaktion von Populationen lieferten uns dasklassische Räuber-Beute-Modell: ein nichlineares System vonDifferentialgleichungen, wobei wir nur mit einer qualitativen Diskussion schonwesentliche Eigenschaften der Lösungsfunktionen angeben und eineStabilitätsananalyse durchführen konnten.

    Quellen:1. Calculus of Selfishness: Dynamical Systems and Lotka-Volterra Equations2. W.Metzler: Dynamische Systeme in der Ökologie3. Wikipedia: Logistische Gleichung und Lotka-Volterra-Gleichung4. Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis 2

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  • Wir wollen uns nun von der Richtigkeit der obigen Gesetze überzeugen.

    Nachweis des 1.LVG: Gesetz der periodischen ZykelDefiniert man sich die Hilfsfunktionen H(x) = x̃ log x − x undG (y) = ỹ log y − y so erhalten wir: V (x , y) = dH(x) + bGy(y). Weiterhin

    gilt: H(x) genügtdHdx

    = x̃x − 1 undd2Hdx2

    = −x̃x2 < 0. Daher nimmt H(x) sein

    Maximum bei x = x̃ und genauso sieht man: G (y) hat sein Maximum beiy = ỹ . Insgesamt haben wir ein isoliertes Maximum bei (x̃ , ỹ). DieIsoklinenmenge {(x , y) ∈ R2 : V (x , y) = const.} bildet offensichtlichgeschlossene Kurven um den inneren Fixpunkt p = (x̃ , ỹ), welcher denisolierten Gipfel im "Potentialfeld"V (x , y) bildet. An der Struktur desPhasenraumdiagrammes sieht man dann, dass die Lösungen auf den Isoklinenzu ihrem Startpunkt zurückkehren müssen, also periodisch sind.Daher könnenwir ohne die explizite Lösung zu kennen, sagen, dass die Räuber undBeutepopulation periodisch schwanken wird, wobei Frequenz und Amplitudeder Oszillation von den Anfangsbedingungen abhängt.

    Marius Bohn (Universität Saarbrücken) Logistische Gleichung 22.11.2011 30 / 37

  • Nachweis des 2.LVG: Gesetz von der Erhaltung der Mittelwerte

    Sei T die Periode der Lösungskurven. Dann giltddt

    (log x) = ẋx = a− by .

    Nach Integration ergibt sich:∫ T0

    ddt

    log x(t)dt =∫ T0 (a− by(t))dt und

    damit: log x(T )− log x(0) = aT − b∫ T0 y(t)dt. Da x(T ) = x(0) folgt:

    1T

    T∫0

    x(t) dt = x̃ 1TT∫0

    y(t) dt = ỹ

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  • Im einfachsten Fall hat die Matrix A schon Diagonalgestalt. Das System istentkoppelt und jedes Paar (x1(0)ea11t, x2(0)e

    a22t) ist eine Lösung des

    Systems.diagonalisierbare Matrizen: Wir können das Problem auf eines mitDiagonalmatrix zurückführen indem wir eine Koordinatentransformation ineine Basis aus Eigenvektoren durchführen: ∃S ∈ Gl(2,C ) mitSAS−1 = D = diag(λ1, λ2). Wir erhalten also:

    ẋ = SDS−1x

    S−1ẋ = DS−1xersetzen wir nun z = S−1x , so erhalten wir die Gleichung: ż = Dz mit derDiagonalmatrix D für die die Lösungen bereits bekannt sindnicht diagonalierbare Matrizen (über einem algebraisch abgeschlossenenKörper): Wir können die Matrix A auf Jordan-Normalform bringen∃S ∈ Gl(2,C ) mit SAS−1 = J. Wobei die Matrix J Blockdiagonalgestalt hat:

    Besitzt die Systemmatrix A zwei verschiedene Eigenwerte λ1 6= λ2, so gilt für jedeLösung (x1(t), x2(t)) des Systems:

    x1(t) = Aeλ1t + Beλ2t

    x2(t) = Ceλ1t + Deλ2t

    mit geeigneten Koeffizienten A, ...,D. Gilt dagegen λ1 = λ2 = λ, so treten eλt

    und teλt an die Stelle von eλ1t und eλ2t .Marius Bohn (Universität Saarbrücken) Logistische Gleichung 22.11.2011 32 / 37

  • Wir formulieren nun Stabilitätsbedingungen für die Ruhelage x(t) = 0

    Definitionx̃ = (0, 0) sei ein isolierter Gleichgewichtspunkt, d.h. es gibt eine UmgebungUρ = {x ∈ R2 |‖ x − x̃ ‖< ρ}. Dann heißt x̃

    stabil, wenn es zu jedem � > 0 ein δ > 0 gibt, sodass für jede Lösung x(t)mit ‖ x(t0) ‖< δ für ein t0 ∈ R gilt: x(t) existiert für alle t ≥ t0 und es ist‖ x(t) ‖≤ � für t0 ≤ t < inftyasymptotisch stabil, wenn er stabil ist und wenn (zusätzlich) ein η > 0existiert mit der Eigenschaft: Jede Lösung x(t) mit ‖ x(t0) ‖< η für eint0 ∈ R existiert für alle t ≥ t0 und es gilt limt→infty x(t) = 0.instabil, wenn er weder stabil, noch asymptotisch stabil ist.

    Marius Bohn (Universität Saarbrücken) Logistische Gleichung 22.11.2011 33 / 37

  • Hiervon kann man sich folgendermaßen überzeugen: Für jede komplexe Zahlλ = a + ib gilt: eλt = eate ibt mit | e ibt |=| cos(bt) + isin(bt) |= 1. Wir erhaltenmit der charakteristischen Gleichung λ2 + pλ+ q = 0 mit der Lage der Eigenwerte:

    λ1, λ2 =12

    (−p +−√

    p2 − 4q)

    Nun gilt: Wegen det(A) 6= 0 kann λ = 0 kein Eigenwert von A sein. Außerdemsind entweder beide Eigenwerte λ1, λ2 reell mit p2 > 4q oder sie sindkomplex-konjugiert. Fallunterscheidung:

    q < 0, λ1 6= λ2 beide reell mit unterschiedlichem Vorzeichen fürt → infty : x̃1 → infty , x̃2rightarrow0für t → infty : x̃1 → 0, x̃2rightarrowinfty . Man nennt einen solchenGleichgewichtspunkt Sattelpunkt: er ist instabil.Für q > 0, p2 > 4q, λ1 < λ2 < 0 gilt: eλt → 0 und somit eat → 0 fürt →∞. Darüberhinaus gilt limt→∞

    ˜x2(t)˜x1(t)

    =˜x2(0)˜x1(0)

    e(λ2−λ1)t =∞, d.h. imUrsprung bildet die x2-Achse eine Tangente für die Lösungskurven. Mannennt einen solchen Gleichgewichtspunkt einen Knoten.Für q > 0, p2 > 4q, λ2 > λ1 > 0 gilt: Der Ursprung (x̃1, x̃2) = (0, 0) ist eininstabiler Gleichgewichtspunkt.Für q > 0, p2 < 4q, λ1, λ2 und p 6= 0 gilt

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  • Die Stabilität des Systems ist schon vollständig durch die Lage der Eigenwerte derSystemmatrix festgelegt: Der Nullpunkt (regulärer Fall) ist

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  • Marius Bohn (Universität Saarbrücken) Logistische Gleichung 22.11.2011 36 / 37

  • limz→z0

    f (z) = f (z0)

    oder wobei frac für Brüche genutzt werden kannFür einfache Formeln a = bmitten im Text. Oder unten zentriert für große Formeln

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    Mathematik