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Louis Pasteur * 27.12.1822 28.09.1895 Viele kennen nur den nach ihm geprägten Begriff des Pasteurisierens, einige erinnern sich an die nach ihm benannten Pasteur-Institute, dabei war er einer der hervorragendsten Chemiker, Biologen und Mediziner des 19. Jahrhunderts und einer der größten Wohltäter der Menschheit. Als Sohn eines Gerbers in Dole wurde er früh mit den Problemen chemisch-gewerblicher Prozesse bekannt. So richtete sich sein Interesse sowohl auf die Chemie als auch auf ihre Nutzanwendung. Er studierte an der Sorbonne bei einem der tüchtigsten Chemiker der organischen Chemie, dem 1800 in Cannes geborenen Jean Baptiste André Dumas, und wurde dessen Assistent. 1848 entdeckte Pasteur bei seinen Untersuchungen über die optischen Eigenschaften von Stoffen an Tartraten die optische Isomerie und erklärte sie durch den asymmetrischen Bau der Moleküle. Damit legte er den Grundstein für die Entwicklung der Stereochemie und der Polarimetrie. Die Beschäf- tigung mit den schon seit dem 18. Jahrhundert immer wieder disku- tierten Qualitätsproblemen bei der Herstellung von Wein und Bier führten Pasteur zur Untersuchung der alkoholischen Gärung. Er entdeckte die Rolle von Mikroorganismen und unterschied bei den Hefezellen solche, die die gewünschte alkoholische Gärung und solche, die die Milchsäuregärung hervorrufen. Er geriet mit seiner Theorie in Gegensatz zu der von Justus Liebig vertretenen, der in der Gärung einen chemischen Prozeß sah. Mit seiner Entdeckung über die Rolle der Mikroorganismen klärte Pasteur die noch immer diskutierte Frage der Urzeugung. Und er entdeckte die folgenreiche Möglichkeit, Mikroorganismen durch Er- hitzen abzutöten, dadurch Lebensmittel haltbar zu machen, d.h. zu konservieren bzw. zu pasteurisieren. Zugleich schuf er damit die Grundlagen der Bakteriologie und Sterilisationstechnik. Auch die von Joseph Lister eingeführte antisep- tische Wundbehandlung stützte sich auf Pasteurs Entdeckungen. Als durch Epidemien unter den Seidenraupen eine wichtige Indu- strie in Frankreich unterzugehen drohte, entdeckte der 1865 zur Ret- tung herbeigerufene Pasteur die Ursache. Die Fleckenkrankheit wurde von Mikroorganismen verursacht. Pasteur klärte den Übertragungs- mechanismus auf und fand Möglichkeiten für die Therapie und Pro- phylaxe. Zwei Jahre danach wurde er zum Professor an der Sorbonne ernannt. Auch auf medizinischem Gebiet wirkte Pasteur durch seine mikro- biologischen Methoden erfolgreich. Bei seinen Untersuchungen der Milzbranderkrankung von Rindern erkannte er die Bedeutung von Sporen sowie der Antibiose. Als Ursache von eitrigen Erkrankungen entdeckte er Kokken und anaerobe Bakterien. Seine Untersuchungen der Hühnerpest führten ihn zu der Er- kenntnis, daß Bakterienkulturen altern und sich damit ihre Toxizität abschwächt. Das brachte ihn auf den Weg der von Edward Jenner entwickelten spezifischen Schutzimpfung. Er schuf Vakzine gegen die Geflügelcholera, den Milzbrand und den Schweinerotlauf. Seine Erfolge krönte er durch die Herstellung eines Impfstoffs aus eingetrocknetem Rückenmark tollwütiger Füchse, den er 1888 erst- mals bei einem an Tollwut erkrankten Kind einsetzte. Mit seinen For- schungsergebnissen verhalf Pasteur der Theorie der Infektionskrank- heiten, die noch von den meisten Ärzten abgelehnt wurde, zur Aner- kennung. Louis Pasteur bezeichnete die Laboratorien als geweihte Stätten, als Tempel der Zukunft, des Wohlstands und des Gedeihens, in denen die Menschen in den Werken der Natur zu lesen lernten, während ihre Werke nur allzu oft der Barbarei, dem Fanatismus und der Zerstörung dienten. Schließlich gelang Pasteur mit privater und öffentlicher Förderung die Gründung eines Instituts zur Erforschung von Infektionskrankhei- ten, das zugleich als Impfstation für Tollwuterkrankungen diente. Nach diesem Vorbild wurden in anderen Ländern ebenfalls Pasteur- Institute errichtet. Sie und mehrere in Stein gehauene Denkmäler er- innern an die epochale Bedeutung von Louis Pasteur, der vor 100 Jah- ren am 28.09.1895 in Paris starb. Literatur Oeuvres, hg. von R. Vallery-Radot, 7 Bde. 1922-1939; Vallery-Radot: Louis Pasteur, Sein Leben und Werk, a.d. Frz. 1948 J. Nicolle: Louis Pasteur, ein Meister der wissenschaftlichen Untersuchung, a.d. Frz., Berlin 1959. Wilhelm Strube θ

Louis Pasteur - uni- · PDF fileLouis Pasteur ∗ 27.12.1822 – 28.09.1895 Viele kennen nur den nach ihm geprägten Begriff des Pasteurisierens, einige erinnern sich an die

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Louis Pasteur

∗ 27.12.1822 � 28.09.1895

Viele kennen nur den nach ihm

geprägten Begriff des Pasteurisierens,

einige erinnern sich an die nach ihm

benannten Pasteur-Institute, dabei war

er einer der hervorragendsten

Chemiker, Biologen und Mediziner des

19. Jahrhunderts und einer der größten

Wohltäter der Menschheit.

Als Sohn eines Gerbers in Dole

wurde er früh mit den Problemen

chemisch-gewerblicher Prozesse

bekannt. So richtete sich sein Interesse

sowohl auf die Chemie als auch auf ihre Nutzanwendung. Er studierte

an der Sorbonne bei einem der tüchtigsten Chemiker der organischen

Chemie, dem 1800 in Cannes geborenen Jean Baptiste André Dumas,

und wurde dessen Assistent. 1848 entdeckte Pasteur bei seinen

Untersuchungen über die optischen Eigenschaften von Stoffen an

Tartraten die optische Isomerie und erklärte sie durch den

asymmetrischen Bau der Moleküle. Damit legte er den Grundstein für

die Entwicklung der Stereochemie und der Polarimetrie. Die Beschäf-

tigung mit den schon seit dem 18. Jahrhundert immer wieder disku-

tierten Qualitätsproblemen bei der Herstellung von Wein und Bier

führten Pasteur zur Untersuchung der alkoholischen Gärung.

Er entdeckte die Rolle von Mikroorganismen und unterschied bei

den Hefezellen solche, die die gewünschte alkoholische Gärung und

solche, die die Milchsäuregärung hervorrufen. Er geriet mit seiner

Theorie in Gegensatz zu der von Justus Liebig vertretenen, der in der

Gärung einen chemischen Prozeß sah.

Mit seiner Entdeckung über die Rolle der Mikroorganismen klärte

Pasteur die noch immer diskutierte Frage der Urzeugung. Und er

entdeckte die folgenreiche Möglichkeit, Mikroorganismen durch Er-

hitzen abzutöten, dadurch Lebensmittel haltbar zu machen, d.h. zu

konservieren bzw. zu pasteurisieren.

Zugleich schuf er damit die Grundlagen der Bakteriologie und

Sterilisationstechnik. Auch die von Joseph Lister eingeführte antisep-

tische Wundbehandlung stützte sich auf Pasteurs Entdeckungen.

Als durch Epidemien unter den Seidenraupen eine wichtige Indu-

strie in Frankreich unterzugehen drohte, entdeckte der 1865 zur Ret-

tung herbeigerufene Pasteur die Ursache. Die Fleckenkrankheit wurde

von Mikroorganismen verursacht. Pasteur klärte den Übertragungs-

mechanismus auf und fand Möglichkeiten für die Therapie und Pro-

phylaxe. Zwei Jahre danach wurde er zum Professor an der Sorbonne

ernannt.

Auch auf medizinischem Gebiet wirkte Pasteur durch seine mikro-

biologischen Methoden erfolgreich. Bei seinen Untersuchungen der

Milzbranderkrankung von Rindern erkannte er die Bedeutung von

Sporen sowie der Antibiose. Als Ursache von eitrigen Erkrankungen

entdeckte er Kokken und anaerobe Bakterien.

Seine Untersuchungen der Hühnerpest führten ihn zu der Er-

kenntnis, daß Bakterienkulturen altern und sich damit ihre Toxizität

abschwächt. Das brachte ihn auf den Weg der von Edward Jenner

entwickelten spezifischen Schutzimpfung. Er schuf Vakzine gegen die

Geflügelcholera, den Milzbrand und den Schweinerotlauf.

Seine Erfolge krönte er durch die Herstellung eines Impfstoffs aus

eingetrocknetem Rückenmark tollwütiger Füchse, den er 1888 erst-

mals bei einem an Tollwut erkrankten Kind einsetzte. Mit seinen For-

schungsergebnissen verhalf Pasteur der Theorie der Infektionskrank-

heiten, die noch von den meisten Ärzten abgelehnt wurde, zur Aner-

kennung.

Louis Pasteur bezeichnete die Laboratorien als geweihte Stätten, als

Tempel der Zukunft, des Wohlstands und des Gedeihens, in denen die

Menschen in den Werken der Natur zu lesen lernten, während ihre

Werke nur allzu oft der Barbarei, dem Fanatismus und der Zerstörung

dienten.

Schließlich gelang Pasteur mit privater und öffentlicher Förderung

die Gründung eines Instituts zur Erforschung von Infektionskrankhei-

ten, das zugleich als Impfstation für Tollwuterkrankungen diente.

Nach diesem Vorbild wurden in anderen Ländern ebenfalls Pasteur-

Institute errichtet. Sie und mehrere in Stein gehauene Denkmäler er-

innern an die epochale Bedeutung von Louis Pasteur, der vor 100 Jah-

ren am 28.09.1895 in Paris starb.

Literatur

Oeuvres, hg. von R. Vallery-Radot, 7 Bde. 1922-1939; Vallery-Radot: Louis

Pasteur, Sein Leben und Werk, a.d. Frz. 1948

J. Nicolle: Louis Pasteur, ein Meister der wissenschaftlichen Untersuchung,

a.d. Frz., Berlin 1959.

Wilhelm Strube θ