18
Welche Auswirkungen hatte die nationalsozialistische Herrschaft von 1933 bis 1945 auf die Altonaer Verwaltung und ihre Beschäftigten? – Diese und weitere Fragen kamen auf, als das Bezirksamt Altona im Herbst 2010 das Titelfoto dieser Broschüre geschenkt bekam. Das Bild zeigt das Altonaer Rathaus am Platz der Republik Ende der 1930er Jahre in nationalsozialistischer Beflaggung. Das Foto gab den Anstoß, die Geschichte des Altonaer Rathauses während der Zeit des Nationalsozialismus zu recherchieren. 1933 war das Gebäude von Mitgliedern der NSDAP besetzt worden. Bis zum Ende des Krieges 1945 blieben die National- sozialisten an der Spitze der hamburgischen Verwaltung und damit auch im Altonaer Rathaus. Den Aufstieg und die Machtübernahme der NSDAP in Altona, den Einfluss der nationalsozialistischen Herrschaft auf die Beschäftigten und die Struktur der Altonaer Verwaltung sowie die heutige Erinnerungsarbeit zur NS-Zeit in Altona behandelt diese Broschüre. Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit

Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

  • Upload
    vancong

  • View
    237

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

Welche Auswirkungen hatte die nationalsozialistische Herrschaft von 1933 bis 1945 auf die Altonaer Verwaltung und ihre Beschäftigten? – Diese und weitere Fragen kamen auf, als das Bezirksamt Altona im Herbst 2010 das Titelfoto dieser Broschüre geschenkt bekam. Das Bild zeigt das Altonaer Rathaus am Platz der Republik Ende der 1930er Jahre in nationalsozialistischer Beflaggung.

Das Foto gab den Anstoß, die Geschichte des Altonaer Rathauses während der Zeit des Nationalsozialismus zu recherchieren. 1933 war das Gebäude von Mitgliedern der NSDAP besetzt worden. Bis zum Ende des Krieges 1945 blieben die National-sozialisten an der Spitze der hamburgischen Verwaltung und damit auch im Altonaer Rathaus.

Den Aufstieg und die Machtübernahme der NSDAP in Altona, den Einfluss der nationalsozialistischen Herrschaft auf die Beschäftigten und die Struktur der Altonaer Verwaltung sowie die heutige Erinnerungsarbeit zur NS-Zeit in Altona behandelt diese Broschüre.

Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit

Page 2: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

3

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

im Herbst letzten Jahres erhielt das Bezirksamt Altona ein besonderes Geschenk. Ein Mitbürger hatte in einem Fotoalbum eine Aufnahme gefunden, die das ver-traute Gebäude des Altonaer Rathauses in voller nationalsozialistischer Beflaggung zeigt. Dieses Foto ist an einem nationalsozialistischen Feiertag Ende der 1930er Jahre entstanden, vermutlich im Zusammenhang mit dem Groß-Hamburg-Gesetz, durch das Altona 1938 in die Stadt Hamburg eingemeindet wurde.

Diese Aufnahme löste zahlreiche Fragen zum Arbeiten im Rathaus in der Zeit des Nationalsozialismus aus. 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland und auch in Altona. Das Altonaer Rathaus und andere öffentli-che Gebäude wurden im März 1933 von den Nationalsozialisten besetzt. Bis zum Kriegsende 1945 standen sie an der Spitze der Verwaltung. Welche Auswirkungen hatte dies auf die Verwaltung und den Verwaltungsalltag in Altona? Was änderte sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus? Unter welchen Umstän-den führten sie ihre Arbeit fort oder wurden entlassen? Wie wurde mit dieser Zeit später umgegangen, wie ist sie heute noch in Erinnerung?

Unbegreiflich bleibt dabei für mich, mit welcher Leichtigkeit und nahezu Selbst-verständlichkeit es der nationalsozialistischen Herrschaft gelang, die verfassungs-mäßige Ordnung der Weimarer Republik, den Rechtsstaat und die Demokratie zu beseitigen und in eine Diktatur zu überführen. Diese Entwicklung zeigt, wie wichtig es ist, dass – auch heute – alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes und alle Parlamentarier sich für den Bestand von Gesetz und Recht einsetzen.

Diese Broschüre möchte die Rathausgeschichte um diesen Aspekt erweitern und zur Erinnerung beitragen, unter welchen Umständen an dem Ort, in dem die Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirksamts heute ihren Dienst tun und der die erste Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger des Bezirks ist, in jenen Jahren gearbeitet wurde.

Ein besonderer Dank geht an Michael Seefeld, der das Foto gefunden und dem Be-zirksamt Altona geschenkt hat, ein weiteres herzliches Dankeschön an den ehema-ligen Bezirksamtsleiter und heutigen Präsidenten der Nordelbischen Evangelischen Synode, Hans-Peter Strenge, der mit Rat und Materialien zur Seite stand sowie an Wolfgang Vacano vom Altonaer Stadtarchiv, der die Idee hatte, diesen Aspekt der Altonaer Geschichte näher zu beleuchten.

Jürgen Warmke-RoseBezirksamtsleiter

Titelbild: Das Altonaer Rathaus mit nationalsozialistischer Beflaggung Ende der 1930er Jahre. Quelle: Familie Seefeld

Impressum

Herausgeber: Bezirksamt Altona

Platz der Republik 1

22765 Hamburg

V.i.S.d.P.: Kerstin Godenschwege

Text: Sandra Budy

Auflage: 1. Auflage 2011

Druck: Gebr. Klingenberg & Rompel in Hamburg GmbH

Layout: Markus Schaefer für RESET Grafische Medien GmbH, Hamburg.

Page 3: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

4 5

______________________________

2 Nazizeit in Altona und McElligott, Contested City, S. 46ff und Liesching, Bernhard. „Eine neue Zeit beginnt“. Einblicke in die Propstei Altona 1933 bis 1945. Hamburg 2002, S. 12. 1941 waren rund 10 % der Altonaer (22.455 Personen) Mitglied der NSDAP. Liesching, „Eine neue Zeit beginnt“, S. 12.3 Später Kiel.4 Berlage, Hans. Altona. Ein Stadtschicksal. Von den Anfängen bis zur Vereinigung mit Hamburg. Hamburg 1937, S. 188.5 In der Altstadt war die KPD, in Ottensen, Bahrenfeld und Lurup die SPD als führende politische Kraft aus den Wahlen hervorgegangen. McElligott, Contested City, S. 516 McElligott, Contested City, S. 154.7 Der Prozess gegen die angeblich Schuldigen wurde nach der Machtübernahme im Frühjahr 1933 eingeleitet. Ein NS-Sondergericht verhängte gegen August Lütgens, Walter Möller, Bruno Tesch und Karl Wolff, die beschuldigt wurden, für den Tod von zwei SA-Männern verantwortlich zu sein, Todesurteile, die am 1. August 1933 im Innenhof des Altonaer Land- gerichts (heute Amtsgericht) vollzogen wurden. Es waren mit die ersten Hinrichtungen im Dritten Reich.

der Partei kaum bei.2 1926 wurde die SA Altona gegründet sowie der Gau Schles-wig-Holstein, zur Gauhauptstadt wurde kurzzeitig Altona ernannt,3 zum Gauleiter Hinrich Lohse.4 Bei den Wahlen schnitt die NSDAP zunächst schlecht ab. Bei den Kommunalwahlen 1927 erhielt sie nur ein Mandat, nach den Wahlen 1929 war sie mit drei Abgeordneten – Hinrich Lohse, Wilhelm von Allwörden und Bruno Stamer – im Altonaer Stadtverordnetenkollegium vertreten. Diese drei Personen zählten zu den Führungsfiguren der NSDAP Altona.

Zunehmend sprach die Partei Wähler an, die vorher konservativen Parteien ihre Stimme gegeben hatten, und punktete mit der Verurteilung der Eingemeindung der Elbvororte, indem sie behaupteten, Brauer wolle auf Kosten der Elbvororte die Alto-naer Wirtschaft sanieren. So kam sie bei den Reichstagswahlen im November 1932 insgesamt auf gut 20 % der Stimmen in Altona, die sehr unterschiedlich verteilt wa-ren: in Rissen 40 %, in Sülldorf 24 %, in Flottbek 27 %.5 Sie erhielt vor allem von der Mittelklasse Unterstützung, die besonders in ihrer Existenz durch die Wirtschaftskri-se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und Osdorf erhielt sie weniger Stimmen, hier waren SPD und KPD stärkste Kraft.6

Für landesweites Aufsehen sorgte der Altonaer Blutsonntag am 17. Juli 1932. Die SA, deren Verbot am 22. Juni 1932 von Reichskanzler von Papen aufgehoben worden war, hatte die Erlaubnis erhalten, durch das rote Altona zu marschieren, was zu hef-tigen Ausschreitungen führte, bei denen 18 Menschen starben.7

Vorbemerkung

Die Recherche gestaltete sich als schwierig, da nur wenige Akten Altonas aus jener Zeit erhalten sind. Das Alte Rathaus in der Königstraße, in dem das Archiv unterge-bracht war, wurde bei den Bombenangriffen 1943 zerstört. Zurückgegriffen wurde daher auf Gesetze und Anordnungen, eine Studie über den Hamburger öffentlichen Dienst in der NS-Zeit, Publikationen zu Altona während dieser Zeit und einige wenige erhaltene Akten, wobei sich vor allem die Personalakten als ergiebig erwiesen. Sie eröffnen exemplarisch Einblicke in Einzelschicksale von Mitarbeiterinnen und Mitar-beitern des öffentlichen Dienstes in der NS-Zeit.

Aufstieg und Machtübernahme der NSDAP in Altona

Altona war seit 1867 preußische Provinzstadt. In der Weimarer Republik zählte sie zu einer der wenigen sozialdemokratisch regierten Großstädte. Geprägt war die Stadt durch Industrie und eine überwiegend aus der Arbeiterschaft stammenden Bevölke-rung. Auch viele Personen, die in Hamburg arbeiteten, lebten aufgrund der niedrige-ren Lebenshaltungskosten in Altona. Aus dieser überwiegend ärmeren Zusammen-setzung der Bewohner ergaben sich einige soziale Herausforderungen. Max Brauer, der das Amt des Oberbürgermeisters 1924 übernommen hatte, setzte vor allem in der sozialen Wohnungsbaupolitik mit Bausenator Gustav Oelsner Akzente. In seine Amtszeit fiel auch die Eingemeindung der Elbvororte. Durch die sozialdemokratische Regierung sowie die starke kommunistische Partei hatte Altona den Ruf, „rot“ zu sein. Die Nationalsozialisten konnten hier zunächst schwer Fuß fassen. Anfang der 1920er Jahre hatte sich eine kleine Gruppe um Hinrich Lohse versammelt. Im „Völ-kisch-Sozialen Block“, der insgesamt fünf Sitze hatte, waren Anhänger der zu die-sem Zeitpunkt verbotenen NSDAP seit 1924 im Altonaer Stadtparlament vertreten.1

Nach Aufhebung des Verbots der NSDAP nach der Haftentlassung Hitlers kam es 1925 zur offiziellen Gründung einer Ortsgruppe in Altona, die zunächst 121 Mitglieder hatte und bis 1931 auf maximal 1.300 Mitglieder angewachsen war. Überwiegend rekrutierte sie sich aus jungen Männern der unteren Mittelschicht, Arbeiter traten

______________________________

1 SPD Landesorganisation Hamburg, Kreis Altona (Hrsg.). Nazizeit in Altona. Hamburg 1980 und McElligott, Anthony. Contested City. Municipal Politics and the Rise of Nazism in Altona 1917 – 1937. Michigan 1998, S. 45ff

Page 4: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

6 7

Wahl besetzten SS- und SA-Mitglieder das Altonaer Rathaus und andere öffentliche Gebäude.9 Der Mitinitiator der Besetzung und neue Altonaer Oberbürgermeister Emil Brix äußerte sich am Tag danach in einem Schreiben an das preußische Ministerium des Inneren wie folgt: „…gestern (habe ich) aus eigener Machtvollkommenheit durch die SS-Altona unter Führung des SS-Oberführers Moder, MdR, das Altonaer Rathaus besetzen lassen. Die Besetzung erfolgte Freitagabend, 12 Uhr nachts; die Übergabe ging ohne Schwierigkeiten vor sich. Als kommissarischen Oberbürgermeister habe ich mich selbst eingesetzt…Die vollziehende Gewalt ist auf den SS-Oberführer Mo-der…übergegangen. Die SS hält das Rathaus besetzt und garantiert für Ruhe und Ordnung. Sämtliche Akten im Rathaus sind beschlagnahmt. (…), sämtliche Dienst-stellen sind durch die SA besetzt. Die lebenswichtigen Betriebe ebenfalls…“.10

Der Vorfall wurde drei Tage später von Reichskanzler von Papen dazu genutzt, Reichspräsident von Hindenburg zum Erlass einer Notverordnung zu drängen, mit der die preußische Regierung abgesetzt und er, von Papen, zum Reichskommissar für Preußen bestimmt wurde. Der sogenannte „Preußenschlag“ war ein entschei-dender Schritt hin zur nationalsozialistischen Herrschaft.

Kurz nach dem Amtsantritt Adolf Hitlers als Reichskanzler am 30. Januar 1933 wur-den Anfang Februar sowohl der Reichstag als auch der preußische Landtag und die preußischen Gemeindevertretungen aufgelöst und Neuwahlen für Anfang März fest-gesetzt. Bei den Reichstagswahlen am 5. März lag die Wahlbeteiligung in Altona bei 86 %, die NSDAP erhielt 42,5 % der Stimmen, SPD und KPD gemeinsam 43,5 %.8 In den Arbeitervierteln hatte die NSDAP diesmal mehr Stimmen erhalten. Am 12. März stand auch in Altona die Gemeindewahl an. In der Nacht von Freitag auf Samstag vor der ______________________________

9 Es gibt Vermutungen, dass die Rathausbesetzung unmittelbar vor den Wahlen erfolgte, da die Nazis befürchteten, dass das Wahlergebnis nicht ihren Wünschen entsprechend ausfallen würde. Siehe hierzu McElligott, Contested City, S. 19710 nach: Genuit, Jürgen. Die Anfänge der NSDAP in Altona. Unveröffentlichtes Manuskript in: Freitag, Hans-Günther/Engels, Hans-Werner. Altona. Hamburgs schöne Schwester. Geschichte und Geschichten. Hamburg 1991, S. 365

______________________________

8 McElligott, Anthony. Kommunalpolitische Entwicklungen in Altona von Weimar bis zum Dritten Reich. In: Stadtteilarchiv Ottensen (Hrsg.). „Ohne uns hätten sie das gar nicht machen können“. Nazi-Zeit und Nachkrieg in Altona und Ottensen. Hamburg 1985 und McElligot, Contested City, S. 196

Gedenktafel hinter dem Amtsgericht Altona. Foto: Ralf Timm Das Altonaer Rathaus am Tag der Machtübernahme 1933. Quelle: Altonaer Stadtarchiv

Page 5: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

8 9

Es war das erste Rathaus Norddeutschlands, das auf diese Weise eingenommen wurde. NSDAP-Anhänger plakatierten an Hauswänden Flugblätter, die das Ende des „roten Altonas“ verkündeten. Bei den Wahlen am nächsten Tag wurde die NSDAP mit 46,7 % stärkste Fraktion, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Die beiden Arbei-terparteien kamen gemeinsam auf 38,8 % der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag mit 73% niedriger als bei der Reichstagswahl in der Woche zuvor. Vermutlich auch, weil gerade die Anhänger der KPD aus Angst oder Protest der Wahl fernblieben.11

Der neue Magistrat wurde im April gebildet. Neben Oberbürgermeister Brix reprä-sentierten Bürgermeister Dr. Dehning und die Stadträte Grottop, Piwitt, Rüß, Dr. Saß, Schmidt, Schumann und Stamer, die alle der NSDAP angehörten, die neue Verwal-tungsspitze. Die einzigen beiden Magistratsmitglieder, die nicht der NSDAP angehör-ten, die SPD-Mitglieder Paul Nevermann und Wilhelm Sievert, wurden unmittelbar nach ihrer Wahl „beurlaubt“. Der vormalige Oberbürgermeister Max Brauer wurde diskreditiert, ihm wurde Korruption und Misswirtschaft unterstellt und er wurde für die hohe Verschuldung Altonas verantwortlich gemacht. Kurze Zeit später wurde Max Brauer zur Fahndung ausgeschrieben, einer Verhaftung konnte er durch Flucht entgehen. 1934 wurde ihm die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen.12 Auch gegen andere Mitglieder der ehemaligen Stadtregierung wurde vorgegangen. Die abge-setzten Senatoren Oelsner, Schöning und Kirch sowie der ehemalige Bürgermeister Dr. Ebert wurden verhaftet und wegen Dienstvergehen angeklagt.13 Polizeipräsident Eggerstedt wurde ebenfalls abgesetzt, verhaftet und ins KZ Esterwegen II gebracht, wo er im Oktober 1933, angeblich auf der Flucht, erschossen wurde. Sein Nachfolger als Polizeipräsident wurde SS-Führer Paul Moder.14

______________________________

11 McElligott, Kommunalpolitische Entwicklungen in Altona.12 Er floh zunächst nach Österreich, später weiter nach Frankreich und in die USA. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Max Brauer nach Hamburg zurück und wurde zum Hamburger Bürgermeister gewählt. 13 Gustav Oelsner konnte die gegen ihn vorgebrachten Anklagepunkte alle widerlegen und wurde freigesprochen. Später emigriert er in die Türkei und übernahm dort eine städtebauliche Professur. Timm, Christoph. Gustav Oelsner und das neue Altona. Kommunale Architektur und Stadtplanung in der Weimarer Republik, Hamburg 1984, S. 160f und Freitag/Engels, Altona. Hamburgs schöne Schwester, S. 351f. August Kirch wurde wegen Bestechung sowie falscher eidesstattlicher Versicherung angeklagt und im Sommer 1933 zu einer Gefängnis- strafe verurteilt. Staatsarchiv Hamburg B 424-4 K 195. 14 Nazizeit in Altona, S. 31.

Altonaer Oberbürgermeister Max Brauer. Quelle: Monographien Deutscher Städte15

______________________________

15 Stein, Erwin (Hrsg.): Monographien Deutscher Städte. Darstellung Deutscher Städte und ihrer Arbeit in Wirtschaft, Finanzwesen, Hygiene, Sozialpolitik und Technik. Band XXVII Altona. Berlin 1928

Page 6: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

10 11

zur Folge hatte. Die Stadtregierung bildeten jetzt der Oberbürgermeister, der Bür-germeister und die sechs Beigeordneten (Stadträte), die vom Reichsminister des Inneren auf zwölf Jahre berufen wurden. An Stelle der Stadtverordnetenversamm-lung traten Ratsherren, die vom Kreis- oder Gauleiter der NASDAP für sechs Jahre bestellt wurden. Ihnen gehörten in jedem Fall der örtliche Leiter der NSDAP sowie die rangältesten Führer von SS und SA an, darüber hinaus verdiente Männer der Gemeinde.21 Die in Altona daraufhin bestellten Ratsherren stammten alle aus mittel-ständischen, kleingewerblichen und wirtschaftlichen Interessensgruppen und ent-sprachen somit dem Sozialprofil der NSDAP. Ein Jahr später trat die Deutsche Ge-meindeordnung in Kraft. Das Führerprinzip wurde durch diese Gesetze auf die lokale Ebene übertragen, der Bürgermeister fungierte als lokaler Führer. Bürgermeister und Beigeordnete wurden unter Mitwirkung des Beauftragten der NSDAP ins Amt berufen. Der Bürgermeister für zwölf Jahre, die Beigeordneten für sechs.22 Altona gehörte zum Gau Nord (Schleswig-Holstein) unter der Leitung von Hinrich Lohse, der seine politische Karriere in Altona begonnen hatte. Altonas Oberbürgermeister Brix hatte folgende Vorstellung vom Verhältnis zwischen Verwaltung und Verwaltungs-spitze: „(…) ich sehe die Verwaltung als große Familie an. Das Oberhaupt trägt die Verantwortung für das Schicksal der Familie.“23

Altonas Verwaltung in der NS-Zeit

Nicht nur in den politischen Gremien, sondern auch in der Verwaltung fanden kurz nach der NS-Machtübernahme entscheidende personelle Änderungen statt. Grund-lage hierfür war das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933. Es ermöglichte die Entlassung von Beamten, die nach dem 9. November 1918 ins Dienstverhältnis eingetreten waren, ohne Anspruch auf Ruhegeld (§ 2,1), die Entlassung von nichtarischen Beamten (§ 3,1) sowie von Beamten, „die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten“ (§ 4).24

Im Stadtverordnetenkollegium hatte die NSDAP nach der Wahl am 12. März 30 der 61 Sitze erhalten. Die zehn gewählten Vertreter der KPD wurden sofort ausgeschlossen und verhaftet.16 Die SPD-Abgeordneten durften dem Gremium zunächst noch ange-hören, Mitte des Jahres wurden sie dann durch die „Verordnung zur Sicherung der Staatsführung“ vom 7. Juli 1933 aus dem Stadtverordnetenkollegium ausgeschlos-sen, in der es heißt: „(…) die Zuteilung von Sitzen auf Wahlvorschläge der SPD für die gemeindlichen Selbstverwaltungskörper (…) in Preußen auf Grund der Ergebnisse der Wahl vom 12. März 1933 (…) ist unwirksam.“17 Eine Woche später wurden durch das „Gesetz zur Neubildung von Parteien“ alle Parteien, außer der NSDAP, verbo-ten.18 Die sechs Abgeordneten von Kampfbund Schwarz-Weiß-Rot und Nationalem Bürgertum wechselten zur NSDAP. Im Juli 1933 stimmte das nur noch von NSDAP-Mitgliedern besetzte Gremium einem Antrag zu, einen großen Teil der Aufgaben ei-nem von der NSDAP gebildeten Ausschuss zu übertragen, der aus drei Mitgliedern bestand und nicht öffentlich tagte.19 De facto wurde dadurch bereits kurz nach der Machtübernahme ein autoritäres kommunales System begründet. Die Mitglieder der städtischen Kommissionen, die zuvor von den Stadtkollegien gewählt worden waren, wurden von nun an vom Bürgermeister bestellt. Im Verwaltungsbericht der Stadt Altona 1933 heißt es über die erfolgten Änderungen: „Gleichzeitig verschwan-den die liberalistisch-demokratischen Formen der städtischen Körperschaften; das parlamentarische System, das auch in der Altonaer Stadtverordnetenversammlung unerfreuliche Auswüchse gezeigt hatte, ging rasch endgültig ein. Stattdessen wurde (…) der Führergedanke auch in der Stadt Altona vollauf verwirklicht.“20

Gesetze in den Folgejahren trugen nachhaltig zur Festigung dieser Umstrukturierun-gen und letztendlich zur Abschaffung der kommunalen Selbstverwaltung bei. Im Ja-nuar 1934 trat das Preußische Gemeindeverfassungsgesetz vom 15. Dezember 1933 in Kraft, das die Aufhebung der Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats

______________________________

16 McElligott, Contested City, S. 201.17 § 2 Verordnung zur Sicherung der Staatsführung vom 7. Juli 1933.18 Für das weitere politische Engagement in einer anderen politischen Richtung wird eine Gefäng- nisstrafe von bis zu drei Jahren angekündigt. Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933. Auch in Altona kam es zur massiven Verfolgung politisch Andersgesinnter, bei- spielsweise wurden im November 1933 60 Anhänger der SPD verhaftet. Nazizeit in Altona, S. 34. 19 Staatsarchiv Hamburg 424.2 Ive 49, Städtische Kollegien Altona Drucksache 1707.20 Verwaltungsbericht der Stadt Altona 1933 nach Strenge, Hans-Peter. Manuskript eines Vortrags, gehalten im Altonaer Museum im Rahmen der Vortragsreihe „Altona als Konkurrentin Hamburgs“ am 24. März 1987.

______________________________ 21 http://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fisches_Gemeindeverfassungsgesetz und Altonaer Nachrichten, 18. April 1934.22 Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935, §§ 33, 21, 42 und 44.23 Altonaer Nachrichten, 6. Januar 1934. 24 Weitere Änderungen im Beamtenrecht wurden bereits im Juni 1933 festgeschrieben. Nach diesen Bestimmungen konnte nur Beamter werden, der neben der fachlichen Qualifikation „jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintritt“. Wurde ein Beamter oder dessen Ehe- partner als nichtarisch angesehen, war es nicht möglich in den Staatsdienst zu treten. Reichsbe- amtengesetz vom 31. März 1873 in der Fassung des Gesetzes vom 30. Juni 1933, § 1a, 1 und 4.

Page 7: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

12 13

tersuchungshaft saßen.28 In einem anderen Fall war ein früherer KPDler inzwischen der SA beigetreten, die gegen seine Kündigung erfolgreich intervenierte.29

In der Folge mussten die öffentlich Bediensteten einen Fragebogen ausfüllen, in dem sie unter anderem erklären mussten, nie SPD- oder KPD- Mitglieder gewesen zu sein bzw., falls doch, in welchem Zeitraum und dass sie jegliche Bindung zu diesen Par-teien aufgegeben hätten. Weiterhin mussten sie versichern, dass ihre Angaben der Wahrheit entsprachen, und sie wurden belehrt, dass falsche Angaben zur Entlassung führen würden.30 Dies betraf in Altona beispielsweise einen Angestellten des Bis-marckbades. Er hatte im Fragebogen angegeben, bis Dezember 1932 SPD-Mitglied gewesen zu sein, aber im März 1933 die Partei gebeten, ihn aus der Mitgliedsliste zu streichen, woraufhin er vom Altonaer Magistrat im August 1933 ein Kündigungs-schreiben erhielt. Erst nach langem Widerspruch auf verschiedenen Ebenen wurde schließlich vor dem Arbeitsgericht Altona entschieden, dass er tatsächlich nur bis Dezember seine Beiträge gezahlt und als SPD-Mitglied geführt worden sei, worauf seine Wiedereinstellung zum Dezember 1934 erfolgte, unter der Maßgabe, dass er auf Gehaltsnachzahlungen seit der Kündigung verzichte.31

Der Großteil der öffentlich Bediensteten (83,6 %) blieb allerdings im Amt, viele ge-hörten bereits seit dem Kaiserreich der Verwaltung an und besaßen ein Loyali-tätsverständnis dem Staat gegenüber, das unabhängig von der Staatsform war.32 Auch fehlten den neuen Machthabern genügend Fachleute in den eigenen Reihen. Sie waren daher auf die Fachkompetenz der Staatsbediensteten angewiesen. Neu eingestellt wurden vor allem langjährige Gefolgsleute, die der NSDAP bereits vor der NS-Machtübernahme angehörten. Nicht immer hatten sie die nötige fachliche Qualifikation, ein Teil war ungelernt und bis zur politisch motivierten Einstellung in

Dies führte in Altona zur Entlassung von 233 Beamten, städtischen Angestellten und Arbeitern aus Verwaltung und städtischen Betrieben. Auf diese Weise wurde über ein Fünftel des bisherigen Personals aus der Verwaltung entlassen. Es traf nicht nur Personen in Führungs- und Schlüsselpositionen, sondern wurde genutzt, um auf un-terschiedlichen Ebenen der Altonaer Verwaltung politisch unliebsame Personen aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen und den Weg für NS-Gefolgsleute frei zu ma-chen. Die Position der neuen Machthaber floss auch in den Verwaltungsbericht 1933 ein. Als wichtige Aufgabe galt es, „(…) für einen zuverlässigen Körper von Beamten, Angestellten und Arbeitern (zu sorgen). Eine gründliche Reinigung erfolgte auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Die einzelnen Abtei-lungen der Verwaltung wurden, wo es Not tat, mit neuen zuverlässigeren Persönlich-keiten besetzt, und hierbei wurden, wie überhaupt bei der Neubesetzung von Stellen, den alten Kämpfern der Vorzug gegeben.“25

In Altona wurde beispielsweise ein Mitarbeiter des Wohlfahrtsamts nach einem Denunziationsschreiben der NSDAP, in dem ihm unterstellt wurde, abfällige Bemer-kungen über den Staat gemacht zu haben, entlassen. In dem Schreiben heißt es u.a. „(…) wir sind der Meinung, dass ein kräftiger, erwerbsloser Parteigenosse oder SA-Mann als Portier besser am Platze sei.“26 Mehrere Mitarbeiter der städtischen Müllabfuhr Altonas wurden unter Berufung auf §4 des Gesetzes zur Wiederherstel-lung des Berufsbeamtentums fristlos entlassen.27 Es gibt auch Beispiele, in denen er-folgreich gegen die Kündigung vorgegangen wurde. Zwei Mitarbeiter, die aufgrund der Unterstellung, linken Kreisen nahe zu stehen bzw. für die KPD agiert zu haben, entlassen wurden, legten dagegen Widerspruch ein. Da ihnen die Vorwürfe nicht nachgewiesen werden konnten, wurden sie wiedereingestellt. Die Wiedereinstel-lungen waren auch möglich, da Stellen offen waren, deren bisherige Inhaber in Un-

______________________________

25 Verwaltungsbericht der Stadt Altona 1933 nach Strenge, Manuskript.26 Staatsarchiv Hamburg B 424-4 G 50. In dem Kündigungsschreiben, das der bisherige Ordner Geffe erhielt, heißt es, dass die Kündigung im Interesse des Dienstes erfolge. 27 Staatsarchiv Hamburg B 424-4 B 94. Der hier betroffene Arbeiter Christoph Bauersachs erhielt im Juni 1933 ein Schreiben mit folgendem Wortlaut: „Nach Ihrer bisherigen politischen Betätigung bieten Sie nicht die Gewähr dafür, dass Sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten werden. Sie werden deshalb auf Grund des §4 des Gesetzes zur Wiederher- stellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 und der am 4. Mai 1933 dazu ergangenen zweiten Durchführungsverordnung (§4) hiermit fristlos entlassen.“

______________________________

28 Staatsarchiv Hamburg B 424-4 F82a und 424-4 P13b. 29 Staatsarchiv Hamburg B 424-4 Sch156b.30 Staatsarchiv Hamburg B 424-4 B 265.31 Staatsarchiv Hamburg B 424-4 K 238.32 Vgl. Lohalm, Uwe. „…anständig und aufopferungsbereit. Öffentlicher Dienst und National- sozialismus in Hamburg 1933-45. Hamburg 2001. Viele Beamte waren bereits im Kaiserreich im Staatsdienst tätig und blieben dort in der Weimarer Republik, der Zeit des Nationalsozialis- mus und später in der BRD.

Page 8: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

14 15

1934 wurde in Altona die Verwaltungsbeamtenschule für die Ausbildung des mitt-leren Verwaltungsdienstes eröffnet. Die 37 zugelassenen Schüler und Hörer waren von Oberbürgermeister Brix ausgewählt worden. Auf dem Lehrplan stand auch nati-onalsozialistisches Gedankengut. Im Zeitungsbericht über die Eröffnung ist über das Idealbild des Beamten folgendes zu erfahren: „Heute (…) ist der Nationalsozialismus schlechthin die Weltanschauung des Beamten. Es ist selbstverständlich, dass man erst Nationalsozialist ist und dann Beamter“.36

Seit 1935 mussten alle öffentlich Bediensteten einen Fragebogen über ihre Abstam-mung ausfüllen, in dem zu erklären war, dass weder sie noch ihre Ehefrauen nicht-arischer Abstammung seien. Diese Bögen gingen auch an die Mitglieder des Alto-naer Magistrats.37

den öffentlichen Dienst arbeitslos.33 Bis 1935 waren in der Altonaer Verwaltung 259 sogenannte „alte Kämpfer“ untergebracht worden, 140 von ihnen bereits 1933. Dies entsprach 9 % der Bediensteten.34 Nicht immer waren die „alten Kämpfer“ zuver-lässiges Personal. Ein 1933 in Altona zunächst als Hilfsarbeiter eingestellter altge-dienter Parteigenosse, der später zum Sachbearbeiter aufstieg, wurde 1936 aus dem öffentlichen Dienst entlassen, nachdem die NSDAP ihn wegen Veruntreuung von Parteigeldern ausgeschlossen hatte.35

______________________________

33 Nach der Statistik der NSDAP-Sonderarbeitsbeschaffungsstelle betraf dies in Hamburg rund 700 arbeitslose Parteimitglieder über 40 Jahre. Trotz häufig niedriger Qualifikationen sollte gewährleistet werden, dass sie einen angemessenen Verdienst bezogen. Es existierte eine Sonder- bestimmung, dass sie ungeachtet der Positionen ein gewisses Mindestgehalt bekämen. In Hamburg gab es 1935 einen Erlass, nachdem 10 % der Stellen im unteren und einfachen mittleren Dienst an altgediente Parteigenossen zu vergeben seien. Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“.34 McElligott, Kommunalpolitische Entwicklungen in Altona, McElligott, Contested City, S. 204 und Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“.35 Staatsarchiv Hamburg B 424-4 L 159.

______________________________

36 Altonaer Nachrichten, 5. Januar 1934.37 Staatsarchiv Hamburg B 424-4 B 602.

Auszug über die Unterbringung „Alter Kämpfer“ aus dem Verwaltungsbericht der Stadt Altona für das Rechnungsjahr 1936. Altona 1938.

Altonaer Nachrichten vom 5. Januar 1934. Quelle: Bibliothek Altonaer Museum

Page 9: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

16 17

Die Politisierung der Beamten sei notwendig, damit sie vollwertige und zuverlässige Träger der nationalsozialistischen Herrschaft seien.43 Gleiches galt für die Angestell-ten. Büro- und Behördenangestellte wurden in der Deutschen Angestelltenschaft zusammengeschlossen, deren Aufgabe darin bestand, „die Mitglieder beruflich fort-zubilden und im nationalsozialistischen Geiste zu erziehen.“44 Monatlich fand eine Pflichtversammlung für alle in Hamburg, Altona und Wandsbek tätigen Angestellten statt.45

Im Deutschen Beamtengesetz vom 26. Januar 1937 wurde die Treue der Beamten zu Staat und Führer festgeschrieben. Beamte gehörten dadurch zu dem Personen-kreis, der dem Führer besonders verbunden war. Einen Treueeid mussten sie bereits seit 1934 auf Grundlage des Gesetzes zur Vereidigung von Beamten und Soldaten der Wehrmacht ablegen. Der Diensteid für die öffentlichen Beamten lautete: „Ich schwöre: Ich werde dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler treu und gehorsam sein, die Gesetze achten und meine Amtspflichten gewissenhaft er-füllen, so wahr mir Gott helfe.“46

Dieser Eid wurde von den Beamten der städtischen Verwaltung im Altonaer Rathaus im Kollegiensaal, der mit einer Büste von Adolf Hitler sowie der Hakenkreuzfahne ausgestattet war, geschworen. Die Veranstaltung endete mit einem Sieg-Heil auf Adolf Hitler sowie dem Singen des Deutschland- und des Horst-Wessel-Liedes durch die Beamten.47 Diese Prinzipien wurden auch auf Angestellte angewandt: die „Vor-läufige Dienstverordnung für die hamburgischen Staatsangestellten vom 15. April 1935“ forderte von den städtischen Angestellten ein persönliches Treuegelöbnis auf den Führer und verhinderte eine Anstellung, wenn nicht die Gewähr bestand, dass der Angestellte jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintrete.48

Ein weiteres Kennzeichen der Personalpolitik war, dass Frauen weitestgehend aus dem öffentlichen Dienst verdrängt wurden. Waren sie verheiratet und somit versorgt, wurden sie aus dem Staatsdienst entlassen. Dies entsprach dem nationalsozialis-tischen Familienideal, nach dem Frauen ihre Wirkungsstätte im häuslichen Umfeld hatten. Ein Beispiel für diese Politik ist die Massenhochzeit von 122 Arbeiterinnen der Zigarettenfirma Reemtsma in Altona am 28. Oktober 1933. Die Firma zahlte je-der Arbeiterin eine Ehebeistandshilfe von 600 Reichsmark. An diesem Tag endete ihr Arbeitsleben, da sie künftig zu Hause blieben und die Arbeitsplätze an ihre Männer abgaben. Die Altonaer NSDAP ließ die Brautpaare mit geschmückten Autos in die St. Johannis Kirche bringen. Am Traugottesdienst nahmen die örtlichen NSDAP-Größen teil. Anschließend wurde im vornehmen Hotel Kaiserhof für die Brautpaare ein Festessen ausgerichtet, bei dem zahlreiche Vertreter aus Politik und Verwaltung anwesend waren, die u. a. als Gastredner auftraten.38 Der Staatsdienst wurde für Frauen unattraktiver gemacht, indem sie erst ab dem 35. Lebensjahr auf Lebenszeit verbeamtet werden konnten.39 Die Zahl der öffentlich Bediensteten in Altona blieb insgesamt stabil, sie betrug 1934 2.804 und hatte sich bis 1937 leicht auf 2.904 gestei-gert. Davon waren 598 Beamte, 1.081 Angestellte und 1.255 Arbeiter.40

Die Beamtenvertretung auf Reichsebene wurde im Oktober 1933 neu geregelt und der Einfluss der Nationalsozialisten gefestigt. Der Deutsche Beamtenbund, der sich bis dato den Nationalsozialisten weitestgehend entzogen hatte, wurde aufgelöst und im „Reichsbund Deutscher Beamter“ mit der bis dahin recht einflusslosen NS-Be-amtenabteilung zusammengeschlossen. Kernaufgabe der neuen Organisation, die im Bereich der Mitbestimmung keine Mitsprache mehr hatte, war es, „die Beam-tenschaft restlos und unermüdlich mit dem nationalsozialistischen Geiste zu durch-dringen“41 und sie für ihre Sonderstellung im Staat zu sensibilisieren. Alle Beamte, nicht nur die Mitglieder des Reichsbundes, sollten entsprechend geschult werden.42

______________________________

38 Liesching, Bernhard. „Eine neue Zeit beginnt“, S. 34f.39 Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873 in der Fassung des Gesetzes vom 30. Juni 1933, §1a, 2.40 Verwaltungsbericht der Stadt Altona 1937 für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember. Altona 1938. 41 Der Staatsdiener. Zeitschrift des „Vereins Hamburgischer Staatsbeamter“, 1. November 1933, S. 25.42 Der Staatsdiener. Zeitschrift des „Vereins Hamburgischer Staatsbeamter“, 1. Mai 1934, S. 179.

______________________________

43 Der Staatsdiener, 1. November 1933, S. 25.44 Altonaer Nachrichten, 21. Februar 1934.45 Altonaer Nachrichten, 21. Februar 1934.46 Staatsarchiv Hamburg 424-4 B 265 und 424-4 B 602 laut der Personalakte haben der Altonaer Lehrer August Bielefeldt diesen Eid am 30. August 1934 und Bürgermeister Emil Brix am 31. August 1934 geschworen. 47 Altonaer Nachrichten 5. September 1934.48 Lohalm, Uwe. Völkische Wohlfahrtsdiktatur. Öffentliche Wohlfahrtspolitik im nationalsozialistischen Hamburg. München 2010, S. 82f.

Page 10: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

18 19

amte in leitenden Stellungen sollten ein entsprechendes Engagement zeigen.53 Das mangelnde Engagement gerade der weiblichen Staatsbediensteten in der NSDAP und anderen Parteiorganisationen sollte durch deren stärkere Aktivitäten in der praktischen Sozialarbeit in der NS-Frauenschaft oder dem Deutschen Frauenwerk ausgeglichen werden. Ein entsprechendes Rundschreiben verfasste Karl Kaufmann Mitte Juli 1939. Die Amstleiter wurden darin explizit aufgefordert, über den Erfolg der von ihnen diesbezüglich ergriffenen Maßnahmen zu berichten.54

1937 ging eine Anweisung Kaufmanns an die Behördenleiter, ihre Mitarbeiter zum Eintritt in die Partei aufzufordern.55 Die Mitgliedschaft in der NSDAP war zwar nicht verpflichtend, eine Nichtzugehörigkeit konnte sich aber negativ auf die Laufbahn auswirken. Seit 1938 mussten alle Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes für die Per-sonalakte angeben, ob sie Mitglied der Partei oder einer der ihr angeschlossenen Verbände seien. Seit 1939 war die Mitgliedschaft in der Partei oder einer der ihr zu-gehörigen Gliederungen, die bei jungen Menschen, die neu in den Dienst eintraten, in der Regel durch die Mitgliedschaft in der Hitlerjugend (HJ) erfüllt war, Vorausset-zung für die Einstellung.

Mitte März 1938 wurde die Überprüfung der früheren politischen Einstellung bei Staatsbediensteten, die inzwischen der NSDAP beigetreten waren, aufgehoben.56 Die Kriterien für die Ernennung und Beförderung von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes wurden zu diesem Zeitpunkt von Kaufmann in folgender Reihenfolge fest-gelegt: „die weltanschauliche Zuverlässigkeit, die restlose Erfüllung der allgemeinen Beamtenpflichten, die charakterliche Eignung und die dienstlichen Leistungen und Fähigkeiten.“57 Parteiaustritte wurden sanktioniert, seit 1936 waren sie der obersten Dienstbehörde zu melden. Diese überprüfte daraufhin, ob die betreffende Person wei-terhin im Staatsdienst bleiben könne. Auch eine positive Antwort war mit Benachtei-ligungen, beispielsweise bei der Beförderung, verbunden. Die persönlichen Lebens-umstände der Staatsbediensteten wurden ebenfalls überprüft. Entsprechend den Idealen der Familienpolitik sollten Beamte möglichst rasch heiraten und kinderreiche

Seit Kriegsbeginn am 1. September 1939 mussten die Hamburger Dienststellenleiter Folgendes geloben: „Wir geloben, jedes Opfer zu bringen, das, wie auch immer und was auch immer, Führer und Vaterland von uns fordern.“ sowie „(…) unerschüttlich unserem Führer in letzter Treue zu folgen.“49

Neben den personellen und strukturellen Änderungen trugen zahlreiche interne Anweisungen zu einem veränderten Arbeitsklima bei. Bereits im Juli 1933 hatte der Hamburger Senat zwei Anordnungen des Reichsinnenministeriums zum Hitlergruß bekannt gegeben: er solle beim Singen des Deutschlands- und des Horst-Wessel-Liedes ausgeführt werden, ungeachtet einer Mitgliedschaft zur NSDAP. In dem Rundschreiben heißt es: „Der Senat (…) ordnet an, dass (…), die für die Beamten, Arbeiter und Angestellten der Reichsbehörden eingeführte Grußpflicht in gleicher Weise auch für die im hamburgischen Staatdienst tätigen Beamten, Angestellten und Arbeiter gilt. Darüber hinaus erwartet der Senat, dass die Beamten auch außer-halb des Dienstes bei Ausführung eines Grußes den Hitler-Gruß erweisen“.50

Im Februar 1934 wurde den Hamburger Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes ein Runderlass aus Berlin bekanntgegeben, in dem der Hitlergruß verbunden mit dem Ausspruch „Heil Hitler“ die offizielle Begrüßung im Dienst und in Dienstgebäuden wurde. Er enthielt die Aufforderung, auch nach Feierabend entsprechend zu grüßen.51

Diese Anordnungen wurden nicht überall umgesetzt, wie einer entsprechenden Beschwerde des NSDAP-Kreisleiters und Sonderreferenten der Fürsorgebehörde Armanis Brandt zu entnehmen ist. Neben den rechtlichen Grundlagen für die Ein-stellung in den öffentlichen Dienst wurde angestrebt, dass jeder Staatsbedienstete ein aktives Parteimitglied sei. Dies wurde in einem Rundschreiben des Reichsinnen-ministers vom 13. Juli 1933 verlautbart, verbunden mit der Klage, dass gerade die höhere Beamtenschaft diesbezüglich bisher zurückhaltend sei.52 Der Hamburger Reichsstatthalter Karl Kaufmann betonte mehrmals, dass eine rein äußerliche Ange-passtheit, sprich der Parteibeitritt, nicht ausreichend sei und Neutralität in der Beam-tenschaft nicht geduldet werden könne. Vor allem höhere Beamte und mittlere Be-

______________________________

49 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 45.50 Rundschreiben der Landesunterrichtsbehörde vom 19. Juli 1933 an die Leitungen der öffentlichen Schulen sowie der nichtöffentlichen Schulen. In: Nazizeit in Altona, S. 13.51 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 46.52 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 47.

______________________________

53 U. a. Kaufmann in seiner Rede zum zehnjährigen Bestehen der Hamburgischen Verwaltungs- akademie. In: Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 48f.54 Lohalm, Völkische Wohlfahrtsdiktatur, S. 84.55 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 51.56 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 52f.57 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 52.

Page 11: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

20 21

Das Groß-Hamburg-Gesetz trat am 1. April 1937 in Kraft, was mit Feierlichkeiten für die Bevölkerung des neuen Gebietes verbunden wurde.62 Mit einem Festakt im Kollegiensaal des Altonaer Rathauses wurde am 31. März das Ausscheiden der Stadt Altona aus der preußischen Provinz und dem Gau Schleswig-Holsteins von den nationalsozialistischen Machthabern begangen. Neben den Festrednern, NS-Gauleiter Lohse, dem Altonaer Oberbürgermeister Daniel und dem NS-Kreisleiter Al-tonas, Piwitt, war auch der Hamburger Reichsstatthalter Karl Kaufmann anwesend. Lohse wurde während des Festakts zum Altonaer Ehrenbürger ernannt sowie die geplante Umbenennung der Königstraße in Hinrich-Lohse-Straße bekanntgegeben. Am nächsten Tag fand ein Festakt im Hamburger Rathaus statt, bei dem Reichsin-nenminister Dr. Frick die ehemals preußischen Gebiete an Karl Kaufmann übergab. In seiner Rede betonte Dr. Frick die mit der Eingemeindung einhergehende Effi- zienzsteigerung und Kostenreduzierung der Verwaltung.63 Für ein Übergangsjahr war

Familien gründen. Es ging sogar so weit, dass Junggesellen vom Dienstherren über die Gründe ihrer Ledigkeit befragt und ihnen nahegelegt wurde, diese rasch zu ändern.

Es wurden Anzeigen gegen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes wegen Nichtbeflag-gung oder Nichtspendens bei Sammelaktionen erstattet, die zur Entlassung führen konnten.58 Unzuverlässigkeit dem Staat gegenüber wurde nicht geduldet. So wurde einem Brückenarbeiter bei Neumühlen 1935 gekündigt, nachdem er sich während der Dienstzeit abwertend über den Staat und hohe Vertreter des Staates geäußert hatte. Dass Oberbürgermeister Brix selbst die Entlassung des Mitarbeiters auf unterer Ebene anordnete, zeigt, welche Rolle der politischen Zuverlässigkeit eingeräumt wurde. Im Hamburger Tageblatt fand sich am 15. August unter dem Titel „Volksschädlinge ver-urteilt“ eine Notiz über die Geldstrafe, zu der der Brückenwärter wegen seiner Äuße-rungen verurteilt wurde. Seine Stelle wurde mit einem „alten Kämpfer“ nachbesetzt.59 Diesem Konformitätsdruck war durch den Rückzug auf eine unpolitische Fachkompe-tenz nur selten auszuweichen. Die Bediensteten wurden quasi zu politischen Beamten, deren Stellung und somit auch deren materielle Absicherung aus politischen Gründen stets zur Disposition standen. Die NSDAP kontrollierte und disziplinierte die öffentlich Bediensteten und band sie in hohem Maße ein. „Sie war gleichwohl nicht die Kader-schmiede für die öffentliche Verwaltung, aus der heraus Stellen und Ämter besetzt wur-den. Bei aller Einflussnahme auf Einstellungen und Beförderungen war die staatliche Personalpolitik in der Zuständigkeit der öffentlichen Verwaltung verblieben.“60

Groß-Hamburg Die größte Veränderung ergab sich für Altona durch das Groß-Hamburg-Gesetz vom 26. Januar 1937. Altona verlor seinen Status als eigenständige Stadt und wurde, wie andere Orte auch, nach Hamburg eingemeindet. Bis zur Eingemeindung nach Ham-burg 1938 war Altona eine eigenständige Stadt mit einer ebensolchen Verwaltung, die hoheitliche Aufgaben wahrnahm.61

______________________________

58 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 53ff.59 Staatsarchiv Hamburg 424-4 M 589. Die Geldstrafe betrug mehr als einen Monatslohn. Durch dieses Urteil und die Kündigung wurde dem Betroffenen seine Existenzgrundlage genommen, wie aus einigen Schreiben in der Akte zu entnehmen ist.60 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 60.61 Diese umfassten nach dem Verwaltungsbericht der Stadt Altona für das Rechnungsjahr 1936 folgende Bereiche: Finanzen, Bau- und Wohnungswesen, Polizei, Volkswohlfahrt, Gesundheits- und Körperpflege, Schulwesen, Kunst und Wissenschaft, Verkehr, Wirtschaft und Industrie.

______________________________

62 Berlage, Altona, S. 201.63 Berlage, Altona, S. 199f und Verwaltungsbericht der Stadt Altona für das Rechnungsjahr 1936. Altona 1938, S. 7f.

Gauleiter Lohse spricht im Altonaer Rathaus während des Festakts am 31. März 1937Quelle: Altonaer Stadtarchiv.

Page 12: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

22 23

Im Herbst des Jahres wurde das Verwaltungsgebiet umstrukturiert und in zehn Kreise aufgeteilt, diese Anordnung trat am 1. April 1939 in Kraft. Die Unterteilung zwischen Stadt- und Landkreis wurde dadurch aufgehoben.69 Altona entsprach nun dem Kreis 7 der NSDAP unter Kreisleiter Piwitt.70 In den Kreisen wurden Neben-, Sprech- und Zahlstellen eingerichtet, um die Bevölkerung gut zu erreichen. Diese Entwicklung setzte sich nach den Zerstörungen durch die Bombenangriffe im Juli 1943 fort. Sie stellten den öffentlichen Dienst vor neue Herausforderungen, wie die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Notunterkünften und Kleidung, die am besten vor Ort durchgeführt werden konnten. Dies hatte zur Folge, dass es nur noch allgemeine Verwaltungsdienststellen gab, in denen die jeweiligen Bezirksstel-len, wie beispielsweise die Fürsorge, integriert waren. Die Aufgaben wurden von der Hauptverwaltung auf die Kreisverwaltungen übertragen, das fachliche Aufsichts- und Weisungsrecht blieb bei der Hauptverwaltung.71

Der Krieg und die Zerstörungen der Stadt wirkten sich auch auf die Personalpolitik aus. Der zunehmende Arbeitskräftemangel hatte zur Folge, dass ehemalige Mitar-beiter, die nach der NS-Machtübernahme in den Ruhestand versetzt worden wa-ren, wieder eingestellt wurden, in der Regel allerdings in Positionen ohne Entschei-dungsbefugnis. Beispielsweise legte ein Altonaer Sielarbeiter, der 1933 auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassen worden war, jahrelang erfolglos Beschwerde dagegen ein. Erst infolge des Arbeitskräftemangels wendete sich das Blatt, er wurde 1938 unter Zustimmung der NSDAP wieder einge-stellt.72 Auch Frauen sollten wieder verstärkt im öffentlichen Dienst tätig sein, um den Personalmangel zu beheben. Der Hamburger Senat verfasste im April 1943 ein entsprechendes Rundschreiben an alle Dienststellen und Abteilungen, in dem diese aufgefordert wurden, zu prüfen, inwieweit die Ehefrauen von Beamten und Ange-stellten für einen Einsatz im öffentlichen Dienst zur Verfügung stünden.73

Altona eine selbstständige Gemeinde in Hamburg, lediglich die Kommunalaufsicht über Altona wechselte von Schleswig auf Hamburg.64 Bis zum 1. April 1938 gingen die bisher selbst von Altona wahrgenommenen Aufgaben auf Hamburg über, dem es dann vollständig eingegliedert wurde. Der Status Hamburgs hatte sich durch das Ge-setz ebenfalls verändert, das Land Hamburg wurde aufgelöst, an seine Stelle trat die Hansestadt. Es wurde eine Einheitsgemeinde geschaffen, die kommunale und staat-liche Aufgaben wahrnahm, dazu wurden eine Staats- und eine Gemeindeverwaltung gebildet,65 an deren Spitze jeweils der Hamburger Reichsstatthalter Karl Kaufmann stand.66 Carl Krogmann, der weiterhin den Titel Bürgermeister führte, wurde zum Ers-ten Beigeordneten, weiterhin wurden elf weitere hauptamtliche und zwei ehrenamt-liche Beigeordnete ressortbezogen eingesetzt. Die Ratsherrenversammlung wurde zum reinen Beratergremium. Ihm gehörten 45 Ratsherren an, die auf sechs Jahre berufen wurden.67

Zum Verwaltungsbezirk Blankenese gehörten die Ortsteile Rissen, Sülldorf, Blanke-nese, Dockenhuden, Osdorf, Lurup, Nienstedten und der westlich des Jenischparks gelegene Teil von Klein Flottbek.68 Die östlichen Teile bis zur Kleinen Freiheit, noch heute die Bezirksgrenze zu Hamburg-Mitte, blieben Altona zugehörig, allerdings ohne Berücksichtigung der historischen Grenzen, insbesondere im Bereich von St. Pauli. So kamen die Große Freiheit und die Kleine Freiheit nach Hamburg-Mitte, die St. Pauli-Kirche nach Altona.______________________________

64 Strenge, Manuskript.65 Die Staatsverwaltung umfasste folgende Abteilungen: Allgemeine Verwaltung, Konsularab- teilung, Polizei, Schule- und Hochschule, Wirtschaft, Landwirtschaft und Soziales, Verkehr und Bau sowie die Wasserstraßendirektion. Der Gemeindeverwaltung waren Ämter, Behörden und Verwaltungen zugeordnet. Zu ersterem zählten das Hauptverwaltungsamt, die Ein- spruchsstelle, das Rechnungsprüfungsamt, das Statistische Amt, das Archiv der Hansestadt Hamburg sowie das Wohnwirtschafts- und Siedlungsamt. Zu zweiterem der Kämmerer, die Verwaltung für Wirtschaft und Verkehr, die Schulverwaltung, die Verwaltung für Kunst- und Kulturangelegenheiten, die Gesundheitsverwaltung, die Sozialverwaltung, die Jugendpflege und das Sportamt, die Verwaltung für Handel, Schifffahrt und Gewerbe, die Bauverwaltung, das Rechtsamt und die Verwaltung des Landesbezirks. Siehe hierzu das Organigramm in: Erdmann, Heinrich. Hamburg im Dritten Reich, S. 100, Gesetz über die Verfassung und Ver- waltung der Hansestadt Hamburg vom 9. Dezember 1937 und Hauptsatzung der Hansestadt Hamburg vom 15. März 1938.66 Vgl. Reichsgesetz über die Verfassung und Verwaltung der Hansestadt Hamburg vom 9. Dezember 1937.67 Lohalm, Uwe. „Modell Hamburg“. Vom Stadtstaat zum Reichsgau. In: Erdmann, Hamburg im Dritten Reich. 7 Beiträge. Landeszentrale für politische Bildung 1998.68 Strenge, Manuskript.

______________________________

69 Bekanntmachung über die Gebietseinteilung der Hansestadt Hamburg vom 26. Oktober 1938.70 Strenge, Manuskript.71 Lohalm, Völkische Wohlfahrtsdiktatur, S. 136ff.72 Staatsarchiv Hamburg B 424-4 P 13c. In der Stellungnahme der Kreisleitung der NSDAP heißt es: „Nach den angestellten Ermittlungen und vorgenommenen Überprüfungen bestehen von hieraus keine Bedenken mehr, den Volksgenossen Priwall als Sielarbeiter bei der Sielbauabtei- lung der Stadt Altona wieder einzustellen. Volksgenosse Priwall hat in der letzten Zeit eine bessere Haltung gezeigt und ihm soll die Möglichkeit gegeben werden, sich voll und ganz in die Volksgemeinschaft einreihen zu können.“73 Staatsarchiv Hamburg 455-2I, 123-3

Page 13: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

24 25

Im Frühjahr 1945 lud der Hamburger Senat zu Besprechungen, in denen überlegt wur-de, wie im Falle von Kampfhandlungen in der Stadt die Verwaltung aufrecht erhalten werden könne. Das Wohl der Bevölkerung, deren Unterbringung und Versorgung mit Lebensmitteln und Kleidung, wurde als oberste Aufgabe der Verwaltung angesehen. Um dies zu gewährleisten sei es auch möglich, mit dem Feind zu verhandeln.80

Der öffentliche Dienst Hamburgs und Altonas funktionierte bis zum Ende der NS-Zeit. Neben der bereits erwähnten Staatsloyalität der Bediensteten und dem zunehmen-den Einfluss der NSDAP auf den öffentlichen Dienst lag das vermutlich daran, dass die meisten sich weiterhin mit den Zielen ihrer Dienststelle identifizierten. Die Verwaltung und somit ihre Bediensteten waren aber auch an Verbrechen des Regimes beteiligt. An der Vernichtung der Juden wirkten die Innere-, die Finanz- und die Justizverwaltung mit, an der Aufsicht über die Zwangsarbeiter die Arbeitsver-waltung und über psychisch und physisch Kranke die Gesundheits- und Sozialver-waltung.

Der Fehlbestand der Gemeindeverwaltung in Hamburg betrug 1941/42 rund 17 %, 1943 sogar 23 %. Um die innere Stabilität und das Funktionieren gerade der Sozialverwal-tung und der Schulen zu gewährleisten, wurden verstärkt Hilfskräfte eingestellt, die Altersgrenze der Mitarbeiter auf 70 Jahre erhöht, die wöchentliche Arbeitszeit auf 60 Stunden heraufgesetzt und Urlaubssperren verhängt. Auch Zwangsarbeiter wurden in der Hamburgischen Verwaltung eingesetzt, nach offiziellen Angaben waren es im Januar 1943 443 und im Juni 1944 über 1.000.74

Am 10. Juli 1944 verkündete Reichsstatthalter Kaufmann den „Erlass über die Neu-ordnung der Gemeindeverwaltung der Hansestadt Hamburg“, der für die Zeit des Krieges eine Stärkung der bürgernahen Gemeindeverwaltungen beinhaltete. Die regionale Verwaltung wurde den Kreisen übertragen, die sich in kleinere Einheiten – Ortsämter, Ortsdienststellen und Ausgabestellen – weiter unterteilten, um flächen-deckend in der Stadt ihre Aufgaben wahrnehmen zu können. Die Kreisverwaltungen waren zwar Durchführungsstellen der Zentralverwaltung, arbeiteten aber nach al-leiniger Verantwortung ihrer jeweiligen Leiter und besaßen dadurch ein gewisses Maß an Selbstständigkeit.75 So heißt es im Erlass: „Die Zentralverwaltung hat alle Angelegenheiten ihrer Arbeitsgebiete, die nicht unbedingt eine zentrale Erledigung erfordern, der regionalen Verwaltung zu erlassen“.76 Die Kreisverwaltung umfasste folgende Bereiche: Amtskasse, Steueramt, Schulverwaltungsamt, Gesundheitsamt, Sozialamt, Jugendamt, Bauamt, Amt für Kriegssach- und -nutzungsschäden, Ernäh-rungsamt, Wirtschaftsamt, Sozialversicherungsamt und eine Preisüberwachungs-stelle.77 Geleitet wurden die Kreisverwaltungen von Beamten des höheren Dienstes. „Sie führen in Ihrem Bereich die allgemeine Dienstaufsicht. Sie sind zugleich Leiter des Ortsamtes, das Sitz der Kreisverwaltung ist, und haben dadurch dauernde Füh-lung mit allen Schichten der Bevölkerung und mit den im Kreisgebiet zuständigen Parteidienststellen für die Sicherung einer volksnahen Verwaltung zu sorgen.“78 An die Stelle der bisher zehn Kreise traten sechs. Im bisherigen Kreis 7, dem Altona angehörte, entstanden infolge dessen die Ortsämter Altona, Blankenese, Flottbek-Othmarschen und Stellingen.79

______________________________

74 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 43.75 Erlass zur Neuordnung der Gemeindeverwaltung der Hansestadt Hamburg vom 10. Juli 1944, I, 5.76 Erlass zur Neuordnung der Gemeindeverwaltung der Hansestadt Hamburg vom 10. Juli 1944, II, I.77 Erlass zur Neuordnung der Gemeindeverwaltung der Hansestadt Hamburg vom 10. Juli 1944 II, II.78 Erlass zur Neuordnung der Gemeindeverwaltung der Hansestadt Hamburg vom 10. Juli 1944, I, 6.79 Strenge, Manuskript.

______________________________

80 Staatsarchiv Hamburg 441-1 A11.

Die HJ trommelt 1944 vor dem Altonaer Rathaus. Quelle: Stadtarchiv Altona.

Page 14: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

26 27

Bei Kriegsende waren über 90 % der Hamburger Beamten Mitglieder der NSDAP.87 Unklar ist, ob Parteieintritte oder die Mitgliedschaft in einer der anderen NS-Vereini-gungen rein äußerliche Loyalitätsbekundungen waren oder ob sie aus innerer Über-zeugung erfolgten. Es ist unmöglich, dies im Einzelfall, also auch für die Bediensteten in Altona, nachzuweisen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die meisten im Zuge der Entnazifizierung erklärt, dass Parteibeitritte rein aus dem äußeren Anpassungs-druck erfolgten.

Erinnerung an die NS-Zeit in Altona

Die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus in Hamburg setzte erst in den 1980ern in größerem Umfang ein. Die zeitliche Distanz ermöglichte einen un-befangeneren Blick auf die Vergangenheit.88

In der Geschichte des Altonaer Rathauses ist sie bisher ein weißer Fleck. So fehlt in der zum 100jährigen Rathausjubiläum 1998 erschienenen Publikation dieses Kapi-tel völlig.89 Dabei sind am Gebäude bis heute die Folgen der nationalsozialistischen Herrschaft sichtbar. Das Rathaus wurde bei den Bombenangriffen 1943 beschädigt, vor allem der Nordflügel war getroffen. Stark zerstört wurde der ehemals prachtvolle Kollegiensaal, hier verbrannten Decke, Dach und die Möbel. Der eher schmucklose Wiederaufbau des Saals sorgte für Kontroversen, genauso wie die Ende der 1960er Jahre angebrachte Holzverkleidung und die Abhängung der Decke. 2005 wurde der Kollegiensaal nochmals umgebaut. Seitdem sind die vier Gemälde von Ludwig Dett-mann, die entscheidende Szenen der Altonaer Geschichte zeigen,90 wieder im Saal zu sehen, die seit dem Krieg im Altonaer Museum lagerten.

Im Rathausgebäude wurde 1983 neben der Pförtnerloge eine Gedenktafel für die von den Nationalsozialisten ermordeten Altonaer Reichstagsabgeordneten, den ehema-ligen Altonaer Polizeipräsidenten Otto Eggerstedt (SPD) und den KPD-Vorsitzenden

In Altona wurde Ende 1935 eine Kartei über die in der Stadt lebenden Juden angelegt. 81

Diese akribische Erfassung war möglich, da durch die Unterteilung der NSDAP in Ortsgruppen, Zellen und Blöcke eine umfassende Kontrolle der Einwohner möglich war. Neben Wohnorten wurden noch bestehende Geschäfte von Juden erfasst. Durch diese Maßnahmen wurden die in Altona lebenden Juden vom öffentlichen Leben ausgeschlossen und zunehmend gettoisiert.82 Im Oktober 1938 fand die erste Deportation von Juden statt, 800 Menschen wurden vom Bahnhof Altona aus nach Polen verfrachtet. Viele von ihnen überlebten nicht. Die noch in Altona lebenden Juden wurden ab 1939 aus der staatlichen Fürsorge ausgeschlossen, 1941 wurden auch die Vergünstigungen für jüdische Schwerkriegsbeschädigte gestrichen.83

Mitarbeiter der Sozialfürsorge entschieden darüber mit, ob ein Leben lebenswert war oder nicht oder ob jemand als asozial eingestuft wurde. Ihre Einschätzungen hatten weitreichende Folgen: von der Unterbringung in Lagern, über Zwangssterili-sationen bis zur Tötung der Betroffenen. Die Erb- und Rassenpolitik wirkte sich direkt auf die staatliche Fürsorge aus. Familien, die dem NS-Ideal entsprachen, bekamen unterschiedlichste Formen der Unterstützung wie Ehestandsdarlehen und Beihil-fen für Kinder. Häufig war die politische Gesinnung der Antragsteller ausschlag-gebend für die Gewährung der Zahlungen. Ab 1939 lag die Zuständigkeit dafür bei den Kreisdienststellen. Somit wurden auch vor Ort in Altona diese Entscheidungen getroffen. Menschen, die von der nationalsozialistischen Ideologie als negativ ge-sehen wurden, waren von staatlichen Zwangsmaßnahmen betroffen.84 Mitarbeiter der Sozialbehörde entschieden, wer „zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses“ zwangssterilisiert wurde. Ab Ende der 1930er Jahre wurden dazu verstärkt die Fa-milienfürsorgerinnen einbezogen, sie wurden angehalten, während ihrer Besuche in den Familien Fragen nach Erbkrankheiten zu stellen und dem Gesundheitsamt da-rüber zu berichten.85 In Groß-Hamburg wurden diese Operationen in insgesamt elf Krankenhäusern durchgeführt, darunter auch im Allgemeinen Krankenhaus Altona und in der Frauenklinik Altona.86

______________________________

81 McElligott, Kommunalpolitische Entwicklungen in Altona.82 McElligott, Contested City, S. 220ff.83 Lohalm, Völkische Wohlfahrtsdiktatur, S. 422. 84 Lohalm, Völkische Wohlfahrtsdiktatur, S. 257ff.85 Lohalm, Völkische Wohlfahrtsdiktatur, S. 299. 86 Lohalm, Völkische Wohlfahrtsdiktatur, S. 289.

______________________________

87 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 58ff.88 Eine Übersicht zum Forschungsstand bis Ende der 1980er Jahre findet sich in Hempel-Küter, Christa/Krause, Eckart. Hamburg und das Erbe des „Dritten Reichs“. Versuch einer Be- standsaufnahme. Hamburg 1989.89 Hornauer, Uwe/Kaufmann, Gerhard. Das Altonaer Rathaus 1898 –1̆998. Hamburg 1998.90 Zu sehen sind „Die Einwanderung niederländischer Glaubensflüchtlinge im 16. Jahrhundert“, „Der Schwedenbrand 1713“, „Die Aufnahme der vertriebenen Hamburger 1813“ und „Der Empfang der Bundestruppen in Altona am 24. Dezember 1863“.

Page 15: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

28 29

John Schehr angebracht. Beide waren zuvor Stadtverordnete von Altona gewesen. Die im Zusammenhang mit dem Altonaer Blutsonntag ergangenen Todesurteile gegen August Lütgens, Bruno Tesch, Walter Möller und Karl Wolff wurden in den 1990er Jahren aufgehoben. Eine Gedenktafel am Ort ihrer Hinrichtung im Innenhof des Amtsgerichts erinnert an sie, nach den vier Opfern sind inzwischen Plätze, Parks und Straßen in Altona benannt.

Am Altonaer Bahnhof hat die Bezirksversammlung 1987 einen Gedenkstein für die 800 von dort aus im Oktober 1938 nach Polen deportierten Juden aufstellen lassen. Gegenüber dem Altonaer Rathaus steht seit 1989 der schwarze Block von Sol LeWitt, der den Juden gewidmet ist, die Altona für immer fehlen werden. Im Bezirk erinnern Stolpersteine an die Menschen, die während der NS-Herrschaft ermordet wurden.91

Am Haupteingang der Max-Brauer-Schule befindet sich eine Gedenktafel des Zwangsarbeiterlagers Moortwiete, das sich auf dem heutigen Schulgelände befand. Bis zu 1.000 Zwangsarbeiter, darunter auch Kinder, die vor allem in der Altonaer Fisch- industrie arbeiten mussten, waren hier untergebracht. Schülerinnen und Schüler haben die Tafel 2007 im Zusammenhang mit einem Geschichtsprojekt angebracht. In unmittelbarer Nähe zum Altonaer Rathaus verläuft die Straße Betty-Levi-Passage. Diese Straße wurde 1997 umbenannt und erinnert an die jüdische Familie Levi, deren Stammbaum bis zu den Anfängen der jüdischen Gemeinde in Altona zurückführte. „Diese Ehrung Betty Levis geschah zugleich stellvertretend für die große Gruppe der Hamburger und Altonaer Opfer, die als Hausfrauen und Mütter ein alltägliches Leben als Gleiche unter Gleichen führten, bis ihnen durch Staatsverordnung Menschen-würde und Lebensrecht genommen wurden.“92

Diese Studie wurde von Sandra Budy während ihres Einführungsabschnitts in den hö-heren allgemeinen Verwaltungsdienst im Bezirksamt Altona im Winter 2010/11 erstellt. ______________________________

91 http://www.stolpersteine-hamburg.de92 http://www.stolpersteine-hamburg.de

Gedenktafel im Eingangsbereich des Altonaer Rathauses. Foto: Ralf Timm

Page 16: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

30 31

Lohalm, Uwe. „Modell Hamburg“. Vom Stadtstaat zum Reichsgau. In: Erdmann, Heinrich. Hamburg im Dritten Reich. 7 Beiträge. Landeszentrale für politische Bildung 1998

Lohalm, Uwe. Völkische Wohlfahrtsdiktatur. Öffentliche Wohlfahrtspolitik im nationalsozialistischen Hamburg. München 2010

McElligott, Anthony. Contested City. Municipal Politics and the Rise of Nazism in Altona 1917-1937. Michigan 1998

McElligott, Anthony. Kommunalpolitische Entwicklungen in Altona von Weimar bis zum Dritten Reich. In: Stadtteilarchiv Ottensen (Hrsg.). „Ohne uns hätten sie das gar nicht machen können…“ Nazi-Zeit und Nachkrieg in Altona und Ottensen. Hamburg 1985

Reichel, Peter (Hrsg.). Das Gedächtnis der Stadt Hamburg im Umgang mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit. Hamburg 1997

SPD-Landesorganisation Hamburg, Kreis Altona (Hrsg.). Nazizeit in Altona. Hamburg 1980

Stein, Erwin (Hrsg.): Monographien Deutscher Städte. Darstellung Deutscher Städte und ihrer Arbeit in Wirtschaft, Finanzwesen, Hygiene, Sozialpolitik und Technik. Band XXVII Altona. Berlin 1928

Strenge, Hans-Peter. Altona – 50 Jahre Stadtteil Hamburgs. Manuskript eines Vortrags gehalten im Altonaer Museum im Rahmen der Vortragsreihe „Altona als Konkurrentin Hamburgs“ am 24. März 1987

Timm, Christoph. Gustav Oelsner und das neue Altona. Kommunale Architektur und Stadtplanung in der Weimarer Republik, Hamburg 1984

Literatur

Berlage, Hans. Altona. Ein Stadtschicksal. Von den Anfängen bis zur Vereinigung mit Hamburg. Hamburg 1937

Bielfeldt, Hans. Vom Werden Groß-Hamburgs (u. a. Politik und Personalien). Hamburg 1980

BWF (Hrsg.). Hamburg und das Erbe des „Dritten Reiches“. Versuch einer Bestandsaufnahme. Hamburg 1989

Dahms, Geerd (Hrsg.). Bergedorf im Gleichschritt. Ein Hamburger Stadtteil im Dritten Reich. Hamburg 1995

Erdmann, Heinrich. Hamburg im Dritten Reich. 7 Beiträge. Landeszentrale für politische Bildung 1998

Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg (Hrsg.). Hamburg im „Dritten Reich“. Göttingen 2004

Freitag, Hans-Günther/Engels, Hans-Werner. Altona. Hamburgs schöne Schwester. Geschichte und Geschichten. Hamburg 1991

Hempel-Küter, Christa/Krause, Eckart. Hamburg und das Erbe des „Dritten Reichs“. Versuch einer Bestandsaufnahme. Hamburg 1989

Hornauer, Uwe/Kaufmann, Gerhard (Hrsg.). Das Altonaer Rathaus 1898-1998. Ausstellung zum 100jährigen Bestehen des Rathauses. Hamburg 1998

Liesching, Bernhard. „Eine neue Zeit beginnt“. Einblicke in die Propstei Altona 1933 bis 1945. Hamburg 2002

Lohalm, Uwe. „…anständig und aufopferungsbereit.“ Öffentlicher Dienst und Nationalsozialismus in Hamburg 1933-45. Hamburg 2001

Page 17: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

32 33

Staatsarchiv Hamburg

Staatsarchiv Hamburg 424-4 B 265 und 424-4 B 602

Staatsarchiv Hamburg 424.2 Ive 49, Städtische Kollegien Altona Drucksache 1707

Staatsarchiv Hamburg 424-4 M 589

Staatsarchiv Hamburg 441-1 A11

Staatsarchiv Hamburg 455-2I, 123-3

Staatsarchiv Hamburg B 424-4 B 94

Staatsarchiv Hamburg B 424-4 B 265

Staatsarchiv Hamburg B 424-4 B 602

Staatsarchiv Hamburg B 424-4 F82a Staatsarchiv Hamburg B 424-4 G 50

Staatsarchiv Hamburg B 424-4 K 195

Staatsarchiv Hamburg B 424-4 K 238

Staatsarchiv Hamburg B 424-4 L 159

Staatsarchiv Hamburg B 424-4 P 13b

Staatsarchiv Hamburg B 424-4 P 13c

Staatsarchiv Hamburg B 424-4 Sch156b

Bekanntmachungen, Erlässe und Gesetze

Bekanntmachung über die Gebietseinteilung der Hansestadt Hamburg vom 26. Oktober 1938

Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935

Deutsches Beamtengesetz vom 26. Januar 1937

Erlass zur Neuordnung der Gemeindeverwaltung der Hansestadt Hamburg vom 10. Juli 1944

Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933

Gesetz über Groß-Hamburg und andere Gebietsbereinigungen vom 26. Januar 1937 (Groß-Hamburg-Gesetz)

Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933

Hauptsatzung der Hansestadt Hamburg vom 15. März 1938

Reichsgesetz über die Verfassung und Verwaltung der Hansestadt Hamburg vom 9. Dezember 1937

Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873 in der Fassung des Gesetzes vom 30. Juni 1933

Verordnung zur Sicherung der Staatsführung vom 7. Juli 1933

Verwaltungsbericht der Stadt Altona für das Rechungsjahr 1936. Altona 1938

Verwaltungsbericht der Stadt Altona 1937 für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember. Altona 1938

Page 18: Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - gegen-vergessen.de · se getroffen war. In den von Arbeitern geprägten Vierteln wie Altstadt, Ottensen und In den von Arbeitern geprägten Vierteln

34

Zeitungen und Zeitschriften

Altonaer Nachrichten, 5. Januar 1934

Altonaer Nachrichten, 6. Januar 1934

Altonaer Nachrichten, 21. Februar 1934

Altonaer Nachrichten, 18. April 1934

Altonaer Nachrichten, 5. September 1934

Der Staatsdiener. Zeitschrift des „Vereins Hamburgischer Staatsbeamter“, 1. November 1933

Der Staatsdiener. Zeitschrift des „Vereins Hamburgischer Staatsbeamter“, 1. Mai 1934

Internet

http://www.stolpersteine-hamburg.de

http://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fisches_Gemeindeverfassungsgesetz