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Trend 01-10-2007 1/2 Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Anfragen zu weiteren Nutzungsrechten an den Verlag oder Ihren Medienbeobachter size 85384 qmm 104,105 Seite

Macht und Netzwerk - Medienfrauen | … · plötzlich nur noch Einsiedler auf der Alm sein und wie Mar-tin Heidegger philosophieren. ... noch glauben, alle reifen Netzwerke seien

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Wenn die Rede auf Österreichs neuen russischen Freund Oleg Deripaska kommt, sagen schlaue In-sider gleich die Namen jener hinzu, denen er ver-

meintlich verbunden ist, beispielsweise Siegfried Wolf, Frank Stronach, Hans Peter Haselsteiner.

Zu Ferdinand Piech mögen ihnen Wendelin Wiedeking, Martin Winterkorn, smarte IG-Metall-Betriebsräte und Mit-glieder der Porsche-Piech-Familie einfallen; zum schillernden Wirtschafts-Zampano Martin Schlaff so wohlbekannte Be-griffe wie Stefano Colombo, Josef Taus, Herbert Cordt und

Helmut Eisner. Das hat schon seinen Sinn. Magazine wie trend, die Por-

träts von prominenten und wohlhabenden Angekom-menen publizieren, versuchen mit gutem Grund, auch das Umfeld zu beschreiben. Neben der persönlichen Entwicklungsgeschichte und den erfolgspsychologi-schen Vektoren sind oft auch die Netzwerke wichtig.

Erst sie - wie auch die Nennung ihrer kaufmännischen Gegner und persönlichen Feinde - ergeben ein rundes Bild.

Und einen feinen Lesestoff, da menschliche Verbindungen die Fantasie ölen.

Macht und Netzwerk Netzwerke sind unwichtiger, als man glaubt. Für die meisten Karrieristen wäre es besser, auf die Qualität der eigenen Arbeit zu schauen. Von Helmut A. Gansterer

individuellen Stärken zu erkennen und weiter zu heben und auf die Schwächen zu pfeifen fordert ohnehin alle PS, die man hat.

Zweitens: Allzu junge Netzwerke sind sinnlos. Ich begreife zwar den romantischen Reiz, sich schon an der Hochschule mit den besten Freunden fürs spätere Berufsleben zu ver-

schwören. Es mag auch ein Thema schöner Trinknächte sein. Es wird nur nicht funktionieren. Man weiß zu diesem Zeit-punkt noch nicht einmal, ob man später im gleichen Land seine Arbeit findet und wie sich die Freunde nach Gründung einer Familie ändern. Außerdem ist die Verbindung von Jung-spatzen, die noch nicht flügge sind, todgeweiht. Netzwerke sind zunächst Additionen. Es gilt nicht Minus mal Minus gleich Plus. Es gilt: Minus plus Minus ist Mega-Minus.

Netzwerke werden erst in späteren Jahren zu Multiplika-toren. Sie verlangen Reife und Sicherheit. Sie haben viel mit komplementären Fähigkeiten und hohem Vertrauen der Part-ner zu tun. Beides braucht Weile. Dann mag es lange Zeit süße Früchte tragen.

Unglücklicherweise werden aus solchen Storys oft die falschen Schlüsse gezogen. Vor allem Anfänger und halb-

junge Mittelmanager machen den Fehler, vorzeitig an eigenen Netzwerken zu basteln. Kein Grund, sich darüber lustig zu machen. Man versteht die Versuchung, so früh wie möglich genauso zu arbeiten wie berühmte Reiche. Im Fall der Netz-werke hat dies aber beträchtliche Nachteile. Ich kenne min-destens zwei.

Erstens: In den Anfängen sollte alle Kraft darauf konzen-triert werden, die Qualität der eigenen Arbeit zu steigern. Die

Eine Garantie für Erfolg gibt es auch dann nicht. Kein Netz-werk ist ewig sicher, solange es den human factor" Gra-

ham Greene gibt. Wir kennen Netzwerke, die durch Quali-tätsverlust von Vernetzten zur losen Verbindung von Löchern wurden. Oder zugrunde gingen, weil drei vernetzte Männer hinter der gleichen Frau her waren oder, um zeitgemäß kor-rekt zu sein, drei vernetzte Frauen hinter dem gleichen Mann, was aber wirklich selten ist.

Wirklich witzig ist der menschliche Faktor nicht. Tatsäch-lich spuckt er der faktischen Vernunft oft in die Suppe. Part-ner und Freunde verändern sich über Nacht. Da will einer plötzlich nur noch Einsiedler auf der Alm sein und wie Mar-tin Heidegger philosophieren. Da will einer noch mal fünf Jahre in Brasilien arbeiten", was ihn hierzulande uninteressant macht. Oder, was Konsulenten für Hofübergabe die es tat-sächlich gibt, hauptsächlich im Hotelgewerbe für das Gefähr-lichste überhaupt halten: ein Partner oder Bruder verheiratet sich neu. Neue Intim-Verwandtschaften haben alten Wahl-Verwandtschaften selten genützt, oft dramatisch geschadet.

Ein quasi unverschuldeter Spezialfall in Netzwerk-Illusion sind die Frauen. Da sie in den ersten fünfzig Jahren seit dem zweiten Weltkrieg gründlich von den Führungsrängen fern-gehalten wurden und erst in den späten neunziger Jahren

Trend

01-10-2007

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Frauen-Netzwerke sind vom menschlichen Faktor

tenS SO 1

W1C QIC schon: Ah, die Kolleginnen begreifen ellenwelt als Gender-mäßig aufgeklärt. Quotenmänner lud man zur nalisten, die als Machös stigmatisiert

Kurier" und meine Wertigkeit.

wurden konfrontiert

progressiv höhere Zuwachsraten schafften, müssen sie heute noch glauben, alle reifen Netzwerke seien männlich besetzt.

So kommen sie zum verständlichen, gleichwohl falschen Schluss, Männer vernetzten sich grundsätzlich nur mit Män-nern. Selbst Journalistinnen, die es besser wissen sollten, glaubten dies noch nach dem Millennium.

Als Maria Rauch-Kallat den verdienstvollen Journalistin-nen-Kongress erfand, mit grenzüberschreitenden Teilneh-merinnen, fand dieser überraschenderweise in einer Männer-domäne statt, im höflichen Haus der Industrie" Industrie!-* lenvereinigung, Schwarzenbergplatz, Wien 1. Man dadh|e%

schon: Ah, die Kolleginnen begreifen jetzt auch die Industri-ellenwelt als Gender-mäßig aufgeklärt. Zu frühe Freude. Als Quotenmänner lud man zur Podiumsdiskussion zwei Jour-nalisten, die als Machös stigmatisiert waren: Peter Rabl vom

Kurier" und meine Wertigkeit.

Wir wurden u. a. konfrontiert mit der Kampfhypothese, auch Frauen sollten geschlechtshomogene Netzwerke

schaffen. Ich nannte dies Unsinn. Ob dies zu meiner Macho-Zitrone des Jahres" Der Standard", Damenwahl beitrug, weiß ich nicht mehr. Ich beuge auch heute mein Haupt, die-sen Orden am Hundehalsband entgegenzunehmen, man re-

nommiert ja gerne, damit. Anderseits verbitte ich mir eine zweite Verleihung. >

Es gibt weiterhin ernste Gründe, von reinen Frauen-Netz-werken in höheren Regionen abzusehen. Erstens sind sie noch schwieriger zu bauen als reine Männer-Netzwerke, mangeis Menge der Auswahl. Zweitens sind sie vom menschlichen Faktor5' mindestens so bedroht wie die Männer-Netze. Wer d|es anders sieht, .weiß wenig vom Leben.

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