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c Doris Samm 2008 1 Magnetfeld von Spulen 1 Der Versuch im ¨ Uberblick Magnetfelder spielen ¨ uberall eine große Rolle, sei es in der Natur oder der Technik. So sch¨ utzt uns das nat¨ urliche Erdmagnetfeld vor der kosmischen Teilchenstrahlung. Elektronen und Protonen, ausgesandt von der Sonne, werden vom Magnetfeld der Erde eingefangen und verhindern ihren Aufprall auf die Erde (Abb. 1). Abbildung 1: Das Erdmagnetfeld sch¨ utzt die Erde vor der intensiven kosmischen Teilchenstrahlung und sperrt“ die kosmische Strahlung in Bereiche um die Erde ein. Abbildung 2: Ionisierende Teilchen erzeugen in der N¨ahe der Pole prachtvolle Farb- spiele, die Polarlichter. An den Polen lenkt das Erdmagnetfeld die Teilchen in die Erde hinein (zum Gl¨ uck in ungef¨ ahrlichen Konzentrationen) und f¨ uhrt zum faszinierenden Schauspiel des Polarlichts (Abb. 2).

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Magnetfeld von Spulen

1 Der Versuch im Uberblick

Magnetfelder spielen uberall eine große Rolle, sei es in der Natur oder der Technik.So schutzt uns das naturliche Erdmagnetfeld vor der kosmischen Teilchenstrahlung.Elektronen und Protonen, ausgesandt von der Sonne, werden vom Magnetfeld derErde eingefangen und verhindern ihren Aufprall auf die Erde (Abb. 1).

Abbildung 1: Das Erdmagnetfeld schutzt die Erde vor der intensiven kosmischenTeilchenstrahlung und

”sperrt“ die kosmische Strahlung in Bereiche um die Erde

ein.

Abbildung 2: Ionisierende Teilchen erzeugen in der Nahe der Pole prachtvolle Farb-spiele, die Polarlichter.

An den Polen lenkt das Erdmagnetfeld die Teilchen in die Erde hinein (zum Gluckin ungefahrlichen Konzentrationen) und fuhrt zum faszinierenden Schauspiel desPolarlichts (Abb. 2).

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In einem Fusionsexperiment werden mit Hilfe riesiger Spulen starke Magnetfeldererzeugt, die heiße Plasmen einschließen. Damit wird verhindert, dass das Plasmaauf die Gefaßwand auftrifft (Abb. 3).

Magnetfelder bringen den Transrapid zum Schweben (Abb.4) und ermoglichen einFahren ohne Rader.

Abbildung 3: Das mit Hilfe von Spulen erzeugte Magnetfeld schließt heiße Plasmenin einem Gefaß ein.

Abbildung 4: Der Transrapid auf einer Teststrecke. Magnetfelder im Schienensy-stem lassen ihn schweben.

Die Frage ist: Wie kann man Magnetfelder erzeugen?

Allgemein gilt, dass jede bewegte elektrische Ladung Ursache fur ein Magnetfeldist. So erzeugt z.B. jeder stromdurchflossene Leiter ein Magnetfeld, das je nachBauart des Leiters homogen oder inhomogen sein kann.

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Das Magnetfeld einer kreisformigen Leiterschleife ist inhomogen, ein Spulenpaar inHelmholtz-Anordnung ist dagegen Ursache fur ein homogenes Magnetfeld.

Im Rahmen dieses Praktikumversuchs werden mit Hilfe einer Spule, bzw. zweierSpulen in Helmholtz-Anordnung (Abb. 5), Magnetfelder erzeugt.

Abbildung 5: Helmholtz-Anordnung von Spulen mit eingespannten Hallsonden zurMessung des axialen und des radialen Magnetfelds.

Ihre Aufgabe besteht in der Messung der Magnetfelder mit Hilfe von Hallsonden.Insbesondere sollen Sie im Fall der Helmholtzspulen messen, in welchen Bereichender Helmholtzspulen das Magnetfeld homogen ist. Außerdem ist es Ihre Aufgabe,die Uberlagerung der beiden Einzelfelder zum Gesamtfeld des Spulenpaares zumessen.

Ihre Messwerte mussen Sie mit den theoretischen Werten vergleichen und eventuelleAbweichungen diskutieren.

Benotigte Kenntnisse: Grundlagen der Kinematik und Dynamik, Grundlagender Elektrodynamik.

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2 Grundlagen

In diesem Kapitel werden Sie zunachst mit der Theorie zur Berechnung von Ma-gnetfeldern vertraut gemacht. Sie lernen, wie man das Magnetfeld einer einzelnenstromdurchflossenen Spule und das eines Spulenpaars in Helmholtz-Anordnung be-rechnet.

Zur Messung der Magnetfelder wenden Sie den Halleffekt an. Er basiert auf derAblenkung von bewegten Ladungstragern in Magnetfeldern und wird Ihnen in Ab-schnitt 2.3 erlautert.

Doch zunachst wenden wir uns der Erzeugung von Magnetfeldern zu.

2.1 Magnetfeld einer Punktladung

Magnetische und elektrische Felder haben ahnliche Ursachen. Die Ursache fur einelektrisches Feld ~E sind elektrische Ladungen. So ist das elektrische Feld ineinem Abstand r von einer Punktladung proportional zur Ladung q und umgekehrtproportional zum Quadrat des Abstands. Es gilt:

~E =1

4πε0· q · 1

r2r , (1)

wobei ε0 die elektrische Feldkonstante des Vakuums ist und r der Einheitsvektor,der von der Punktladung in Richtung eines Raumpunktes zeigt.

Ahnliches gilt fur Magnetfelder. Auch hier ist die Ursache eine elektrische La-dung, auch hier ist das Feld proportional zur Ladung und umgekehrt proportionalzum Quadrat des Abstandes. Aber es gibt einen wesentlichen Unterschied: Die La-dung darf nicht ruhen, sondern muss sich mit einer Geschwindigkeit ~v bewegen. Esgilt:

Bewegte Ladungen sind Ursache fur ein Magnetfeld.

Quantitativ gilt fur das Magnetfeld ~B einer Punktladung, die sich mit der Ge-schwindigkeit ~v bewegt, die fundamentale Gleichung:

~B =µ0

4π· q · ~v × r

r2, (2)

r ist der Abstand von der Punktladung zu einem Raumpunkt, r der Einheitsvek-tor in Richtung des Raumpunktes und µ0 ist die magnetische Feldkonstante desVakuums, mit µ0 = 4π · 10−7N s2/C2.

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Abbildung 6: Links: Magnetfeld einer bewegten Punktladung. Rechts: Magnetfeldeiner positiven Ladung, die sich in die Zeichenebene hineinbewegt.

Fur den Betrag des Magnetfelds gilt:

| ~B| = µ0

4π· q · |~v| sinφ

r2, (3)

wobei φ der Winkel zwischen dem Geschwindigkeitsvektor ~v und dem Ortsvektor~r ist (Abb. 6).

In Abbildung 6 ist das Magnetfeld ~B an verschiedenen Raumpunkten dargestellt.An allen Punkten entlang einer Linie, die durch die Ladung geht und parallel zurGeschwindigkeit ~v ist, wird das Magnetfeld null, da in diesem Fall gilt: sinφ =sin 0 = 0.

Das Magnetfeld ist - bei gegebenem ~r - am großten, falls φ = 90◦ ist und somitsinφ = 1 wird.

Die magnetischen Feldlinien bilden geschlossene Kreise um die Punktladung. InAbb. 6 sind einige Feldlinien einer positiven Ladung dargestellt, die sich in diePapierebene hineinbewegt.

Im Allgemeinen ist nicht das Magnetfeld einer einzelnen Punktladung von Interesse,sondern das eines elektrischen Stromes, also einer bewegten Ladungsverteilung.

2.2 Magnetfeld eines Stromelements

Im Fall einer Ladungsverteilung erhalt man die Gesamtfeldstarke aus der Vektor-summe der Felder der einzelnen Punktladungen. Dies ist leicht gesagt, leider nichtso leicht getan.

Betrachten wir als Beispiel das Magnetfeld eines infinitesimal kleinen Stromelementsd~l, dargestellt in Abb. 7.

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Abbildung 7: Links: Magnetfeld eines stromdurchflossenen Leiterelements. Rechts:Magnetfeld der positiven Ladungstrager, die sich in die Papierebene hineinbewegen.

Das Volumen V des kleinen Elements der Querschnittsflache A ist durch V = A ·dlgegeben. Mit der Ladungsdichte n (= Zahl der Ladungen pro Volumen) erhalt manfur die Gesamtladung dQ des kleinen Stromelements

dQ = nqA · dl . (4)

Fur den Betrag des Magnetfeldes erhalt man durch Einsetzen von Gl. (4) in Gl.(3)

dB =µ0

4π· dQ · v · sinφ

r2=µ0

4π· nqAdl · v · sinφ

r2(5)

oder Gl. (5) umgeschrieben

dB =µ0

4π· nqvA · dl · sinφ

r2. (6)

Das Produkt nqvA ist identisch mit dem elektrischen Strom I (bitte selbst klarma-chen). Damit erhalt man

dB =µ0

4π· I · dlsinφ

r2. (7)

Mit Hilfe der Abbildung 7 kann man Gl. (7) vektoriell schreiben und erhalt dasBiot-Savart’sche Gesetz

d ~B =µ0

4π· I · d

~l × rr2

, (8)

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wobei der Vektor des Stromelementes d~l in Richtung des elektrischen Stromes zeigt.

Dieses Gesetz ermoglicht es, das Magnetfeld eines infinitesimal kleinen Leitungsele-ments zu berechnen. Will man das Gesamtmagnetfeld eines endlichen elektrischenLeiters wissen, muss man

”lediglich“ uber die einzelnen Stromelemente integrieren:

~B =µ0

∫I · d

~l × rr2

. (9)

Wie aus Abb. 7 ersichtlich, sind die Feldvektoren d ~B und die Magnetfeldlinienidentisch mit denen einer positiven Punktladung (vergleiche Abb. 6), die sich inRichtung der Driftgeschwindigkeit vd bewegen. Die Feldlinien sind Kreisbahnen ineiner Ebene, die senkrecht zu d~l sind und deren Zentren auf der Richtung von d~lliegen.

2.3 Magnetfeld einer kreisformigen Leiterschleife

Wir wenden das Biot-Savart’sche Gesetz auf die im Praktikum genutzte Leiter-schleife an. Die Leiterschleife mit dem Radius R wird von einem konstanten StromI durchflossen.

Abbildung 8: Schematische Darstellung einer stromdurchflossenen Leiterschleife.

Sie befindet sich in der yz-Ebene und der Koordinatenursprung ist im Mittelpunktder Leiterschleife. Der Vektor des Stromelements d~l liegt in der yz-Ebene, d ~B und~r liegen in der xy-Ebene.

Wir wollen nun das Magnetfeld berechnen. Hierzu beschranken wir uns auf dasFeld, das entlang der x-Achse erzeugt wird.

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Da d~l und r senkrecht zueinander sind, gilt – unter Nutzung des Biot-Savart’schenGesetzes – fur den Betrag des Magnetfeldes des Stromelements

dB =µ0

4π· I · dl

r2. (10)

Nach Pythagoras folgt r2 = R2 +x2, und durch Einsetzen in Gleichung (10) erhaltman

dB =µ0

4π· I · dl

R2 + x2. (11)

Der Vektor d ~B laßt sich in eine radiale Komponente dBy und eine axiale Kompo-nente dBx zerlegen (Abb. 8).

Fur die radialen Komponenten des Magnetfeldes dBy gilt, dass sie sich aus Sym-metriegrunden paarweise aufheben. Man erhalt somit fur die radiale Komponenteentlang der x-Achse

By = 0 . (12)

Die Komponenten dBx haben fur alle Leiterelemente d~l dieselbe Richtung. IhreAddition ergibt eine positive Gesamtfeldstarke.

Aus Abbildung 8 erhalt man fur die x-Komponente des Magnetfeldes

dBx = dB cos θ = dB(R√

R2 + x2) =

µ0

4π· I · dl

R2 + x2· R√

R2 + x2. (13)

Um das Feld der gesamten Leiterschleife zu erhalten, integrieren wir uber die ge-samte Leiterschleife, die eine geschlossene Kreislinie ist.

Bx =∮dBx =

∮ µ0

IR

(R2 + x2)3/2dl. (14)

Die Großen x, R und I konnen wir vor das Integral ziehen, da sie nicht von derIntegrationsvariablen abhangen. Damit erhalt man

Bx =µ0

IR

(R2 + x2)3/2

∮dl . (15)

Das Linienintegral entlang einer Kreislinie ergibt gerade den Umfang des Kreises2πR, so dass das Endergebnis lautet:

Bx =µ0

IR

(R2 + x2)3/2· (2πR) =

µ0

2

R2I

(R2 + x2)3/2. (16)

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Liegen N gleiche Leiterschleifen dicht beieinander, so ergibt sich das Gesamtma-gnetfeld durch Multiplikation mit der Zahl der Windungen N .

Bx =µ0

2

NR2I

(R2 + x2)3/2. (17)

In Abbildung 9 ist das Magnetfeld Bx als Funktion von x (in Einheiten des Spu-lenradius R) dargestellt.

Das Magnetfeld ist maximal bei x = 0 und fallt fur Abstande, die wesentlich großersind als der Spulenradius R, mit 1/x3 ab.

Abbildung 9: Qualitative Darstellung der x-Komponente des Magnetfeldes alsFunktion des axialen Abstands x von der Spulenmitte.

Soweit zum Magnetfeld einer Leiterschleife mit N (eng beieinander liegenden) Win-dungen, nun zum Helmholtzspulenpaar.

2.4 Das Magnetfeld von Helmholtzspulen

Helmholtzspulen werden zur Erzeugung homogener Magnetfelder genutzt. Sie be-stehen aus zwei hintereinander geschalteten Spulen (Abb. 10), die vom gleichenStrom I durchflossen werden. Die Spulen haben jeweils die Windungszahl N undden Radius R. Ihr Abstand a ist gleich dem Spulenradius: a = R.

Zur Berechnung des Magnetfeldes entlang der x−Achse, legen wir das Koordina-tensystem in den Mittelpunkt der Helmholtzspulen (Abb. 11).

Aus der Uberlagerung der Magnetfelder der beiden Spulen folgt fur das Gesamt-magnetfeld entlang der x−Achse (y = 0, z = 0) (Bitte selbst herleiten.)

B(x) =µ0

2· NIR· ( 1

(1 + A21)

3/2+

1

(1 + A22)

3/2), (18)

mit

A1 =x− a

2

R, A2 =

x+ a2

R.

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Abbildung 10: Spulenpaar in Helmholtz-Anordnung.

Abbildung 11: Schematische Darstellung eines Spulenpaars in Helmholtz-Anordnung.

Gleichung (18) kann man nicht sofort ansehen, unter welcher Bedingung man einhomogenes Magnetfeld erhalt. Hier hilft die Taylorreihe. Entwickelt man Gleichung(18) in einer Taylorreihe um x = 0 erhalt man (Beweis siehe Anhang A)

Bx(x) ≈ µ0NIR2

(R2 + a2

4)3/2− 3µ0NIR

2(R2 − a2)

2(R2 + a2

4)7/2

x2 + 0(x3). (19)

Aus Gleichung (19) konnen wir sofort ablesen, unter welcher Bedingung das Ma-gnetfeld homogen, also unabhangig von der x−Koordinate ist, namlich dann, wennder Radius der Spulen R gleich dem Abstand a der beiden Spulen ist.

Fur den Wert des Magnetfeldes erhalt man

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Bx(x) =µ0N

(54)3/2R

I .

Wir konnen zusammenfassend feststellen:

• Das Magnetfeld ist proportional zur Windungzahl N und dem Strom I.

• Fur den Fall, dass der Spulenabstand a gleich dem Spulenradius R ist, erhaltman im Bereich

−R2

< x < +R

2

ein nahezu homogenes Magnetfeld (Abb. 12).

Abbildung 12: Magnetfeld B als Funktion von x, Parameter ist der Spulenabstanda.

Beachten Sie, dass Gleichung (19) eine Naherung fur kleine Werte von x ist. Nurdann kann man das zweite Glied der Reihenentwicklung vernachlassigen.

Soweit zur Erzeugung von Magnetfeldern. Wie aber misst man Magnetfelder? Hier-zu nutzt man den sogenannten Halleffekt, der im folgenden Abschnitt beschriebenwird.

2.5 Der Halleffekt

Magnetfelder außern sich durch ihre Kraft auf bewegte elektrische Ladungen. Die-sen Effekt nutzt man zur Messung von Magnetfeldern. Quantitativ gilt fur dieKraft, die ein Magnetfeld ~B auf eine Punktladung q der Geschwindigkeit ~v ausubt,- Lorentzkraft ~FL genannt - folgender Zusammenhang:

~FL = q~v × ~B . (20)

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Diese Kraft nutzt man beim Halleffekt zur Messung von Magnetfeldern. Betrachtenwir zur Erklarung des Halleffektes folgendes Beispiel:

Ein Strom I fließt durch einen quaderformigen Leiter der Dicke d und Hohe bentlang der y-Richtung. Der Leiter befindet sich in einem homogenen Magnetfeld~B, wobei das Magnetfeld senkrecht zur Stromrichtung steht (Abb. 13 a)).

Abbildung 13: a) Stromdurchflossener Leiter in einem homogenen Magnetfeld. b)Wirkende Krafte auf positive Ladungstrager. c) Wirkende Krafte auf negativeLadungstrager.

Wir nehmen an, dass der Strom durch positive Ladungstrager der Große der Ele-mentarladung e transportiert wird. Dann ist die Geschwindigkeit der Ladungs-trager parallel zur Stromrichtung.

Wegen der Lorentzkraft erfahren die Ladungstrager eine Ablenkung in x-Richtung.Diese Ladungsverschiebung erzeugt ein elektrisches Feld ~EH , das Hallfeld genanntwird. Das elektrische Feld ubt eine Kraft aus, die antiparallel zur Lorentzkraft ist.

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Die Ladungstrager werden durch die Lorentzkraft ~FL so lange entlang der x-Richtung verschoben, bis zwischen der Lorentzkraft und der Coulombkraft ~FE einGleichgewicht entsteht. Es gilt:

~FE = −~FL =⇒ q · ~EH = −q · (~v × ~B). (21)

Da ~B und ~v senkrecht zueinander sind, gilt fur den Betrag

EH = v ·B. (22)

Unter Ausnutzung des Zusammenhangs zwischen der Stromstarke I und der Ge-schwindigkeit der Ladungstrager v mit der Elementarladung e (hatten wir bereitsbei Gleichung (6) genutzt)

I = neA · v =⇒ v =I

neA, (23)

erhalt man mit der Flache A = bd

EH =IB

nebd. (24)

Das transversale elektrische Feld kann wie bei einem Plattenkondensator aus dertransversalen Spannung – in diesem Fall Hallspannung genannt – und der Lei-terhohe b (Abb. 13 a)) berechnet werden. Es gilt

EH =UH

b. (25)

Damit ergibt sich fur die Hallspannung

UH =1

nedI ·B . (26)

Die Hallspannung ist proportional zur Starke des Magnetfeldes B und ermoglicht- bei gleichbleibendem Strom - die Messung von Magnetfeldern.

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3 Versuchsanordnung

Zur Durchfuhrung des Versuchs steht Ihnen ein Spulenpaar in Helmholtz-Anordnungzur Verfugung (Abb. 14). Das Magnetfeld konnen Sie mit Hilfe von Hallsondenmessen.

Abbildung 14: Der Versuchsaufbau.

Mit der axial angeordneten Hallsonde wird die Komponete des Magnetfeldes ent-lang der Verbindungslinie der Spulenmitten (= axiales Feld) gemessen. Die radialangeordnete Hallsonde dient zur Messung der Komponente des Feldes senkrechtzur Verbindungslinie der Spulenmitten (= radiales Feld).

Weiterhin besteht der Versuchsaufbau aus dem Netzgerat und zwei Teslametern.

Mit Hilfe des Netzgerates konnen Sie den Strom andern, der durch die Helmholtz-spulen fließt.

Mit Hilfe der Hallsonde wird die Hallspannung gemessen. Im Teslameter wird dieHallspannung in die magnetische Flußdichte umgewandelt und auf der Digitalan-zeige dargestellt.

Das Teslameter (Abb. 15) enthalt folgende Bedienelemente:

1 Buchse zum Anschluss der Hallsonde,

2 Stellschraube zur Grobeinstellung des Nullpunktes

3 Stufenschalter zur Wahl von Messbereichen

0− 20 mT mit einer Auflosung von 0,01 mT,

0− 200 mT mit einer Auflosung von 0,1 mT und

0− 1000 mT mit einer Auflosung von 1 mT

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Abbildung 15: Teslameter mit Hallsonde.

4 Schalter zur Wahl der Betriebsart (Gleich- oder Wechselfeldmessung),

5 Digitalanzeige,

6 Ausgang zum Anschluss eines externen Messgerates,

7 Feinabgleich des Nullpunkts.

4 Versuchsdurchfuhrung

Sie sollen folgende Messungen durchfuhren:

• Messung der magnetischen Flußdichten der einzelnen Spulen,

• Messung der resultierenden magnetischen Flußdichte beider Spulen in Helmholtz-Anordnung.

Die Spulen sind unabhangig von der Art der Messung immer in der Helmholtz-Anordnung aufgebaut. Fur die einzelnen Messungen mussen Sie beachten, ob Spule1, Spule 2 oder beide Spulen von einem Strom durchflossen werden.

4.1 Messung der Magnetfelder der einzelnen Spulen

1. Zunachst sollen Sie die magnetische Flußdichte von Spule 1 (Spule 2 ist nichtangeschlossen) entlang der Spulenmitte messen.

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– Schließen Sie Spule 1 an die Spannungsversorgung an. Zur Strommes-sung mussen Sie zusatzlich ein Amperemeter anschließen.

Der Spulenstrom darf nicht großer als 3,5 A sein.

Die Spule 2 darf nicht angeschlossen sein. Stellen Sie am Teslameterden Betriebsschalter 4 auf die Position Gleichfeld. Gleichen Sie mit denStellknopfen 2 und 7 die magnetische Flußdichte auf 0 Tesla ab. SchaltenSie die Spannungsversorgung ein.

– Messen Sie das axiale Magnetfeld der Spule 1 entlang der Verbindungs-linie der Spulenmitten (Abb. 16). Die Schrittbreite sollte dabei 2 cmbetragen. Falls es notwendig ist, mussen Sie mehr Messpunkte aufneh-men. Ihre erste Messung sollte 2 cm links von der Spulenmitte, die letze20 cm rechts von der Spulenmitte durchgefuhrt werden.

Abbildung 16: Versuchsaufbau mit einer Spule und axialer Anordnung der Hall-Sonde.

– Messen Sie die radiale magnetische Flußdichte (Abb. 17) der Spule 1entlang der Spulenmitte. Die Schrittbreite sollte dabei 2 cm betragen.Falls es notwendig ist, mussen Sie mehr Messpunkte aufnehmen.

2. Wiederholen Sie die Messungen fur Spule 2 (Spule 1 ist nicht angeschlossen).

3. Stellen Sie fur beide Falle die magnetische Flußdichte (Bx) und die radialemagnetische Flußdichte (By) als Funktion von x grafisch dar.

4. Zeichnen Sie in die grafische Darstellung Ihrer Messwerte die theoretischeFunktion ein.

5. Diskutieren Sie Ihre Messwerte.

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Abbildung 17: Versuchsaufbau mit einer Spule und radialer Anordnung der Hall-Sonde.

4.2 Messung der magnetischen Flußdichte einer Helmholtz-spule

Abbildung 18: Spulenpaar mit Hallsonde in axialer Anordnung.

1. Schließen Sie beide Spulen an die Spannungsversorgung an. Die beiden Spulenwerden in Serie geschaltet. Der Betriebsschalter 4 muss weiterhin auf PositionGleichfeld sein. Gleichen Sie fur beide Spulen mit den Stellknopfen 2 und 7das Magnetfeld auf 0 Tesla. Schalten Sie die Spannungsversorgung ein.

2. Messen Sie die axiale magnetische Flußdichte des Spulenpaars (beide Spulen

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sind angeschlossen) entlang der Verbindungslinie der Spulenmitten (Abb. 18).Die Schrittbreite soll dabei 2 cm betragen.

3. Messen Sie die radiale magnetische Flußdichte des Spulenpaares (beide Spu-len sind angeschlossen) entlang der Verbindunglinie der Spulenmitten (Abb.19). Die Schrittbreite soll dabei 2 cm betragen.

Abbildung 19: Spulenpaar mit Hallsonde in radialer Anordnung.

4. Messen Sie die axiale magnetische Flußdichte des Spulenpaares 10 cm ober-halb der Verbindungslinie der Spulenmitten. Die Schrittbreite soll dabei 2cm betragen.

5. Messen Sie die radiale magnetische Flußdichte des Spulenpaares 10 cm ober-halb der Vebindungslinie der Spulenmitten. Die Schrittbreite soll dabei 2 cmbetragen.

6. Stellen Sie die Messergebnisse als Funktion von x dar.

7. Zeichnen Sie in die Grafiken (falls moglich) die theoretische Funktion ein.

8. Diskutieren Sie die Messergebnisse.

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5 Anhang A

Taylorentwicklung zur Bestimmung der Helmholtz-Bedingung

Wir hatten fur die x−Komponente der magnetischen Flußdichte Bx gefunden:

B(x) =µ0

2· NIR· ( 1

(1 + A21)

3/2+

1

(1 + A22)

3/2), (27)

mit

A1 =x− a

2

R, A2 =

x+ a2

R.

Um eine Bedingung zu finden, bei der das magnetische Feld bezuglich der x−Achsehomogen also unabhangig von x ist, entwickeln wir Bx in einer Taylorreihe um denNullpunkt (x = 0).

Dieser Spezialfall einer Taylor’schen Reihe heißt Mac Laurin’sche Reihe und lautet

f(x) = f(0) +x

1!f ′(0) +

x2

2!f ′′(0) + ...+

xn

n!f (n)(0) + ...

Zur Taylorentwicklung von Gl.(26) wird sie umgeformt zu:

B(x, y = 0) =µ0

2·NIR2 ·

[ 1(R2 + (x− a

2)2)3/2

+1(

R2 + (x+ a2)2)3/2

]. (28)

Das erste Glied der Taylorreihe B(0) konnen wir sofort angeben, in dem wir in Gl.(27) x = 0 setzen. Man erhalt

Bx(0) =µ0NIR

2

(R2 + a2

4)3/2

. (29)

Um den zweiten Term der Taylorreihe zu erhalten, differenzieren wir Gl. (26) nachx und erhalten

dB

dx=µ0NIR

2

2

[ −3(x− a2)(

R2 + (x− a2)2)5/2

+−3(x+ a

2)(

R2 + (x+ a2)2)5/2

]. (30)

Fur x = 0 gilt:

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dB

dx

∣∣∣x=0

=µ0NIR

2

2

[ 3a2

(R2 + a2

4)5/2−

3a2

(R2 + a2

4)5/2

]. (31)

Zur Bildung der zweiten Ableitung setzen wir

T =−3(x∓ a

2)(

R2 + (x∓ a2)2)5/2

und leiten T nach x ab:

dT

dx=−3(R2 + (x∓ a

2)2)5/2

+ 3(x∓ a2)5(R2 + (x∓ a

2)2)3/2

(x∓ a2)(

R2 + (x∓ a2)2)10/2

.

Wir vereinfachen die Gleichung

dT

dx=−3(R2 + (x∓ a

2)2) + 15(x∓ a

2)(x∓ a

2)(

R2 + (x∓ a2)2)7/2

und setzen x = 0

dT

dx

∣∣∣x=0

=−3(R2 + a2

4) + 15a2

4

(R2 + a2

4)7/2

= − 3(R2 − a2)

(R2 + a2

4)7/2

. (32)

Fur die zweite Ableitung der magnetischen Flußdichte nach x erhalt man fur x = 0

d2Bx

dx2

∣∣∣x=0

= −3µ0NIR2(R2 − a2)

(R2 + a2

4)7/2

. (33)

Da die Taylorreihe 2. Ordnung bereits hinreichend genau die ursprunglich Funktiondarstellt, gilt:

Bx(x) ≈ Bx(0) +dBx(0)

dxx+

1

2

d2Bx(0)

dx2x2 + 0(x3). (34)

Wir setzen die Gleichungen (28),(30) und (32) in Gl.(33) ein und erhalten fur diex−Komponente des Magnetfelds als Funktion von x

Bx(x) ≈ µ0NIR2

(R2 + a2

4)3/2− 3µ0NIR

2(R2 − a2)

2(R2 + a2

4)7/2

x2 + 0(x3). (35)

Aus Gleichung (34) kann man ablesen, unter welcher Bedingung das Feld homogenist, namlich wenn gilt:

a = R fur kleine x.