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PS 12 Magnetismus Version vom 15. März 2017

Magnetismus Version vom 15. März 2017 · man bei paramagnetischen Körpern augenscheinlich keinen Permanentmagnetismus, weil die Wärmebewegung die atomaren Dipole im Körper ohne

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PS 12

Magnetismus

Version vom 15. März 2017

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Inhaltsverzeichnis

1 Magnetismus 11.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1.1 Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.2 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.3 Materie im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.4 Diamagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.1.5 Paramagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.1.6 Ferromagnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.1.7 Ferromagnetika im Transformator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

1.2 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.3 Versuchsaufbau und Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1.3.1 Bestimmung der magnetischen Suszeptibilität nach Faraday und Gouy 121.3.2 Suszeptibilität von Graphit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.3.3 Suszeptibilität von Titan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.3.4 Experimente mit ferromagnetischen Werkstoffen . . . . . . . . . . . 16

1.4 Literaturangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

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PS 12 1 Magnetismus

Lehr/Lernziele

• Wiederholung und Vertiefung der bekanntesten Formen von Magnetismus der Mate-rie.

• Kenntnis des Verhaltens von Dia- und Paramagneten im zeitlich konstanten Magnet-feld.

• Kenntnis des Verhaltens von Ferromagneten im magnetischen Wechselfeld.

• Erweiterung der Fertigkeiten bezgl. computergestützter Messwerterfassung und Da-tenverarbeitung.

1 Magnetismus

1.1 Grundlagen

1.1.1 Begriffe

Ferro-, Para-, und Diamagnetismus; magnetische Werkstoffe, Transformator, Hysterese.

1.1.2 Einleitung

Wird ein Stoff einem Magnetfeld ausgesetzt, so finden Wechselwirkungen zwischen demFeld und den magnetischen Momenten der Elektronenhüllen der Atome und Moleküle statt.Der Stoff wird durch das Feld magnetisiert, das Feld seinerseits durch die Magnetisierungverändert.

Nach ihrem unterschiedlichen Verhalten im Magnetfeld unterscheidet man diamagnetische,paramagnetische und ferromagnetische Stoffe. Letztere zeichnen sich dadurch aus, dass siebesonders stark magnetisiert werden können. Sie finden deshalb als magnetische Werkstof-fe Verwendung: zum Beispiel in Elektromotoren, Schaltschützen, Relais, Transformatoren,elektrodynamischen Messwerken, magnetischen Speichern u. a. An magnetische Werkstof-fe werden je nach Verwendungszweck sehr unterschiedliche Anforderungen gestellt. ZurHerstellung von Permanentmagneten verwendet man sogenannte hartmagnetische Werk-stoffe mit großer Remanenz und hoher Koerzitivfeldstärke. Dynamobleche bestehen ausverlustarmen weichmagnetischen Stoffen mit schmalen Hystereseschleifen und großer Per-meabilität.

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Im vorliegenden Versuch werden Sie die magnetischen Kenngrößen von Materialien deroben genanten drei magnetischen Stoffeigenschaften untersuchen und zudem die Hysterese-schleifen und Kommutierungskurven ferromagnetischer Werkstoffe aufnehmen und darausmagnetische Stoffkenngrößen bestimmen.

1.1.3 Materie im Magnetfeld

Die Elektronen der Atomhüllen stellen bewegte Ladungen dar und besitzen daher magneti-sche Momente. Es sind quantenmechanische Effekte, welche die magnetischen Eigenschaf-ten der einzelnen Atome begründen: Bahndrehimpuls der Elektronen, Spin der Elektronenund Kernspin1 der jeweiligen Atome beeinflussen Richtung und Größe des magnetischenMoments. Der Bahndrehimpuls, dessen Name vom historischen Bohr’schen Atommodell2herrührt, ergänzt sich mit dem Spin zum jeweiligen magnetischen Moment (Spin-Bahn-Kopplung).Die magnetischen Momente überlagern sich in einer vom Atombau (und ggf. der chemi-schen Bindung) abhängigen Weise zum resultierenden magnetischen Moment des Atoms(bzw. Moleküls), dem sogenannten permanenten atomaren (bzw. molekularen) Dipolmo-ment. Die permanenten Dipolmomente sind bei diamagnetischen Stoffen Null, da in abge-schlossenen Elektronenschalen3 sich die Spins aller Elektronen gegenseitig aufheben. Nunhaben aber speziell Atome mit nicht abgeschlossenen Elektronenschalen auffallende ma-gnetische Eigenschaften, da sie permanente magnetische Dipole besitzen (z.B. Para- undFerromagnetismus).

Ferromagnetische Stoffe (z. B. Eisen, Kobalt, Nickel und bestimmte Legierungen) verhaltensich als Festkörper oberhalb einer für den jeweiligen Stoff charakteristischen Temperatur(CURIE-Temperatur TC , nach PIERRE CURIE, 1859 - 1906) paramagnetisch. Ferroma-gnetismus wird erst beobachtet, wenn für T < TC die atomaren Dipole in den Festkörper-kristallen geordnet vorliegen. Innerhalb größerer Bereiche (ca. 10−5m), der sogenanntenWEISS’schen Bezirke (nach PIERRE ERNEST WEISS, 1865 - 1940), findet man jeweilsparallel angeordnete atomare Dipole und somit ein großes Dipolmoment. Aber auch dieDipolmomente der WEISS’schen Bezirke sind im Festkörpervolumen zunächst ungeordnetverteilt, ein magnetisch unvorbehandeltes Eisenstück zeigt keinen Permanentmagnetismus.Beim Anlegen eines Feldes erfahren die atomaren Dipolmomente der Paramagnetika Dreh-momente. Diese Drehmomente bewirken eine Richtungsverteilung der Dipole, bei der dieFeldrichtung bevorzugt ist. Eine vollständige Einstellung der Dipole in Feldrichtung wirdvon der Wärmebewegung verhindert.

Im Volumen V des magnetisierten Körpers wird durch das Anlegen eines äußeren Magnet-

1Effekt kaum beeinflussend für makroskopische magnetische Eigenschaften2Laut Bohr’schem Atommodell bewegen sich Elektronen auf diskreten Kreisbahnen um den Kern. Esist zwar ein Meilenstein der Physikgeschichte, hat sich jedoch bereits in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts eindeutig als „fachlich falsch“ erwiesen.

3auch „Edelgaskonfiguration“ genannt

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feldes in der Materie ein magnetisches Moment ~m hervorgerufen:

~m =

∫V

~M dV (1)

Die Magnetisierung ~M verändert als Beitrag des magnetischen Materials die magnetische(Feld-)Flussdichte4 ~B und es gilt:

~B = µ0( ~H + ~M) (2)

mit der magnetischen Induktionskonstante5 µ0 = 4π · 10−7V sA−1m−1. Bei kleinen Feld-stärken ist ~M proportional zu ~H:

~M = χ ~H (3)

Der Proportionalitätsfaktor χ, die Suszeptibilität, ist eine Materialeigenschaft. Mit Glei-chung 2 und Gleichung 3 findet man

~B = (χ+ 1)µ0~H = µrµ0

~H (4)

wobei µr = χ + 1 als relative Permeabilität oder Permeabilitätszahl bezeichnet wird. Fürµ = µrµ0 wird der Begriff Permeabilität verwendet.

Formelzeichen Einheit Bezeichnung~m Am2 Magnetisches Moment~M Am−1 MagnetisierungV m3 Volumenµ0 VsA−1m−1 InduktionskonstanteH Am−1 magnetische FeldstärkeB Vsm−2 magnetische Flussdichte

Mit Hilfe von χ lassen sich die 3 Hauptarten von Magnetismus in Materie unterscheiden(siehe auch Abb. 1):

• DiamagnetismusM < 0 und µr < 1 − 10−4 < χ < −10−9

Diamagnetische Materialien führen zu einer leichten Abschwächung des äußeren Ma-gnetfeldes.

4 ~B wird manchmal auch Induktion oder einfach Magnetfeld genannt. Die magnetische Feldstärke ~H wirdmanchmal auch magnetische Erregung genannt. An den hier besprochenen physikalischen Zusammen-hängen ändert diese Namensgebung aber nichts.

5weitere Namen für µ0 sind: magnetische Feldkonstante oder Vakuumpermeabilität

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• ParamagnetismusM > 0 und µr > 1 10−6 < χ < 10−3

Paramagnetische Materialien bewirken eine leichte Verstärkung des äußeren Magnet-feldes.

• FerromagnetismusM >> 0 und µr >> 1 0, 3 < χ < 109

Ferromagnetische Materialien führen zu einer deutlichen Verstärkung des äußerenMagnetfeldes.

Abbildung 1: Unterscheidung der Arten des Magnetismus anhand der Suszeptibilität χ

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1.1.4 Diamagnetismus

Die Atome diamagnetischer Materialien weisen keine permanenten magnetischen Momenteauf. Erst in einem äußeren Magnetfeld werden magnetische Momente induziert. Mit derLenz’schen Regel kann man sich vorstellen, dass in Diamagneten „Kreisströme“ induziertwerden, die ihrer Ursache entgegenwirken, also das äußere Magnetfeld abschwächen. Dabeierfahren die diamagnetische Stoffe auch eine Abstoßung (in Richtung geringerer magne-tischer Flussdichte). Diamagnetismus ist ein sehr schwacher Effekt, der eine Eigenschaftaller Stoffe ist, aber leicht von anderen Effekten überlagert werden kann. Diamagneten sindElemente oder Verbindungen mit abgeschlossener Elektronenschale, wie z.B. C (Graphitund Diamant), Ag, Au, Cu, Bi, H2, H2O etc. Supraleiter sind unterhalb der kritischenTemperatur nahezu ideale Diamagneten mit χ = −1. Der Diamagnetismus tritt grund-sätzlich bei allen Stoffen auf, wird jedoch bei gleichzeitigem Auftreten von Para- oderFerromagnetismus von diesen verdeckt.

Die Kraft ~F auf den Diamagneten des Volumens V in einem inhomogenen Magnetfeld kannman über den Gradienten der potentiellen Energie (gradW ) des magnetischen Moments~m im Magnetfeld ~B (analog zum elektrischen Dipol) bestimmen:

~F = grad W = ~m · grad ~B (5)

Mit Gl.1 und Gl.3 sowie der Beziehung ~B = µ0~H folgt

~F = ~M · V · grad ~B =χ

µ0

· V · ~B · grad ~B (6)

wobei grad ~B, der sogenannte Vektorgradient6, ein Tensor ist und das Produkt ~B ·grad ~B =Bx · grad Bx + By · grad By + Bz · grad Bz wieder ein Vektor ist. Aufgrund des negativenWertes für χ sieht man, dass auch die Kraft ~F ein negatives Vorzeichen besitzt und somitwie oben beschrieben in Richtung geringerer magnetischer Flussdichte zeigt.

1.1.5 Paramagnetismus

Paramagnetische Stoffe besitzen permanente magnetische Momente, die durch ein äußeresMagnetfeld in Richtung des Feldes ausgerichtet werden können. Der Verstärkungseffektdes äußeren Magnetfeldes ist jedoch sehr klein. Paramagnetische Stoffe erfahren im Ma-gnetfeld eine Anziehung (in Richtung höherer magnetischer Flussdichte, unabhängig vonder Richtung des Magnetfeldes). Die Kraft ~F eines inhomogenen Magnetfeldes auf denParamagneten des Volumens V kann man auf die gleiche Weise bestimmen, wie auch beiDiamagneten. Aufgrund des positiven Wertes für χ sieht man, dass auch die Kraft F einpositives Vorzeichen besitzt und somit wie oben beschrieben in Richtung größerer magne-tischer Flussdichte zeigt.

6Ein Vektorgradient ist kein Gradient im mathematischen Sinne, der ja eigentlich nur von einem Skalar-feld gemacht wird, sondern eine spezielle Anwendung in der Physik, vgl. etwa Demtröder, W. 2013.Experimentalphysik 2, 6. Auflage. S. 16 und S. 110. Berlin und Heidelberg: Springer Spektrum.

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Abbildung 2: a) Nicht ausgerichtete atomare magnetische Momente. b) Bereiche spontanausgerichteter magnetischer Momente (Weiss’sche Bezirke).

Paramagneten sind etwa Atome mit einer ungeraden Zahl von Elektronen (der Gesamtspinkann in diesem Fall nicht null sein), freie Atome und Ionen mit einer teilweise gefüllten in-neren Schale, z.B. bei Alkalimetallen (Li, Na, K,...), Seltenerden und Aktiniden aber auchMoleküle wie Sauerstoff oder Metalle wie Aluminium Titan oder Mangan. Trotzdem findetman bei paramagnetischen Körpern augenscheinlich keinen Permanentmagnetismus, weildie Wärmebewegung die atomaren Dipole im Körper ohne Vorzugsrichtung verteilt. DieSuszeptibilität von Paramagnaten sinkt mit steigender Temperatur.

1.1.6 Ferromagnetismus

Ferromagnetismus tritt in Metallen auf, deren permanente magnetische Dipolmomentewechselwirken. Die permanenten magnetischen Dipole können sich (spontan) in die gleicheRichtung ausrichten. Die einzelnen Momente summieren sich und es bilden sich Regio-nen mit großen magnetischen Gesamtmomenten (siehe Abb. 2). Diese Regionen werdenWeiss’sche Bezirke genannt und besitzen im magnetisierbaren Material unterschiedlichausgrichtete Gesamtmomente (siehe Abb. 3), die sich in Summe ausgleichen.

Die Weiss’schen Bezirke werden durch die sogenannten Bloch-Wände von einander ge-trennt. In der Bloch-Wand klappen die atomaren magnetischen Momente auf sehr en-gem Raum in jene Richtung um, in welcher die magnetischen Momente des angrenzendenWeiss’schen Bezirks orientiert sind. Die Illustration in Abb. 4 verdeutlicht es.

Wird ein solcher (unmagnetisierter) ferromagnetischer Stoff mittels eines äußeren Ma-gnetfeldes magnetisiert, so werden die Ausrichtungen der magnetischen Momente derWeiss’schen Bezirke beeinflusst und verändert. Die Blochwände verschieben sich und eswerden jene Weiss’schen Bezirke dadurch vergrößert, deren magnetisches Moment am ehe-sten zum äußeren Magnetfeld parallel verläuft. Abb. 5 veranschaulicht diese Vorgänge.

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Abbildung 3: Weiss’sche Bezirke: Schnitt durch ein ferromagnetisches Material. Farben(und Vektoren) kennzeichnen die unterschiedlichen räumlichen Ausrich-tungen der magnetischen Momente. Die schwarzen Abgrenzungen stellendie Bloch-Wände dar.

Abbildung 4: Bloch-Wände: Dünne Bereiche (≈ 30 nm), in welchen die atomaren Dipoleihre Ausrichtung ändern.

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Abbildung 5: Prozesse bei der MagnetisierungM eines Ferromagneten durch ein äußeresMagnetfeld H, dessen Richtung vom Pfeil in (d) dargestellt ist.

Damit wachsen ~M und ~B. Steigert man die Feldstärke ~H weiter, so werden die Dipol-momente weiterer Weiss’scher Bezirke zum Feld ausgerichtet, die magnetische Flussdichtesteigt entsprechend der Neukurve N (Abb. 6) an. Sind die Dipolmomente aller Weiss’schenBezirke ausgerichtet, erreicht ~B einen Sättigungswert BS. Zwischen ~B und ~H herrscht imBereich der Sättigung kein linearer Zusammenhang. Will man Gleichung 3 und Gleichung4 aufrechterhalten, so muss man µr und χ als Funktionen von ~H auffassen. Man erhält µr

aus der lokalen Ableitung dBdH

. Für Feldstärken ~H > HS wird dBdH

= µ0 und µr = 1.

Abbildung 6: Magnetisierungszyklus eines Ferromagneten, beginnend beim unmagneti-sierten Ausgangszustand (links oben).

Ferromagnetische Permeabilitäten und Suzeptibilitäten erreichen sehr große Werte: (103...105, vgl. Abb. 1).

In Abbildung 6 sind die einzelnen Abschnitte des Magnetisierungzykluses eines Ferroma-gneten grafisch dargestellt. Beginnend vom unmagnetisierten Ausgangszustand nimmt diemagnetische Flussdichte mit der Feldstärke zunächst in einem nichtlinearen Zusammen-hang zu, bis der Sättigungspunkt S (+HS, +BS) erreicht ist. Bei weiterer Erhöhung derFeldstärke nimmt die magnetische Flussdichte linear zu. Wird die Feldstärke reduziert, folgt

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die magnetische Flussdichte bis zum Sättigungspunkt dem linearen Verlauf. Verringert mandie Feldstärke weiter, so wird die Neukurve nicht einfach in umgekehrter Richtung durch-laufen. Für H = 0 gelangt man vielmehr zur magnetisched Flussdichte +Br (Remanenz ).Ein Teil der durch das Feld ausgerichteten Dipole behält also auch ohne Feld seine Orien-tierung bei. Diese Remanenz nutzt man bei der Herstellung von Permanentmagneten. Umdas Material zu entmagnetisieren, muss eine Gegenfeldstärke (Koerzitivfeldstärke −Hc)angelegt werden. Danach kann das Material weiter ummagnetisiert werden. Es erreichtwiederum einen Sättigungspunkt bei −HS, −BS. Danach ist der Zusammenhang −B(−H)wiederum linear. Bei Umkehr der Feldstärke erreicht zunächst die magnetische FlussdichteB = −Br für H = 0. Eine vollständige Entmagnetisierung tritt bei H = +Hc ein. Bei einerweiteren Erhöhung von H entspricht der obere Kurvenverlauf (im positiven Quadrantender Darstellung) dem unteren (im negativen Quadranten gezeigten) +B(+H) = −B(−H).

Die geschlossene Kurve heißt Hystereseschleife. Ihr Verlauf bleibt bei der Wiederholung desZyklus konstant. Nimmt man eine Schar von Hysterseschleifen mit unterschiedlichen Um-kehrpunkten (Feldstärkeamplituden) auf, so liegen ihre Spitzen alle auf der sogenanntenKommutierungskurve. Der Verlauf der Kommutierungskurve entspricht jenem der Neukur-ve kann jedoch aus dem Nullpunkt verschoben sein.Zur Änderung des Feldes ist (pro Volumeneinheit) die Arbeit W12 zu leisten:

W12 =

∫ ~H2

~H1

~Bd ~H (7)

Berechnet man Gleichung 7 für einen vollständigen Umlauf um die Hystereseschleife, sofindet man, dass der von der Schleife umschlossene Bereich die Verlustarbeit W pro Vo-lumeneinheit darstellt. In diesem Praktikums-Versuch wird der Kern einem harmonischenWechselfeld ausgesetzt. Alle für den Magnetwerkstoff ermittelten Werte sind also dynami-sche Werte. Wenn ein Wechselstrom mit der Frequenz f einen Kern mit dem Volumen Vständig ummagnetisert, tritt eine mittlere Verlustleistung

P = fVW (8)

auf. Sie wird für das Ummagnetisieren des Materials und zur Induktion von Wirbelströmenverbraucht und letztlich Wärmeleistung umgewandelt.

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1.1.7 Ferromagnetika im Transformator

Abbildung 7: Darstellung von Aufbau (links), Wirkungsweise (mitte) und elektronischemSchaltkreis eines Transformators. (Quelle: Wikipedia)

Im Transformator erzeugt eine an die erste Spule (Primärspule) angelegte Wechselspan-nung nach dem Induktionsgesetz ein veränderliches Magnetfeld im Kern. Dieses Feld durch-setzt die zweite Spule (Sekundärspule) und erzeugt hier durch Induktion wiederum eineSpannung. Nahezu alle Transformatoren nutzen einen ferromagnetischen Kern aus Eisen-blechen, Eisendrähten oder Ferrit, um die Induktivität Lω und damit die Impedanz derPrimärspule zu vergrößern und dadurch den Primärstrom klein zu halten. Das ist vor allembei niedrigen Frequenzen (50 Hz) entscheidend, da der Ohmsche Widerstand R des Kup-ferdrahts (der Primärspule) klein ist. Ohne einen Kern mit hoher Permeabilitätszahl wärendie Transformatorverluste durch Joulesche Erwärmung der Spule auch ohne Belastung er-heblich. Bei hohen Frequenzen verliert der Kern an Bedeutung. Das Übertragungsverhalteneines Wechselsignals ist in Abb. 8 dargestellt.

Abbildung 8: Übertragung eines Wechselsignals in einem Transformator (schematisch).

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Da die induzierte Spannung in der Sekundärspule nur von der zeitlichen Ableitung desmagnetischen Flusses dΦ

dt∝ dB

dtabhängt, wirkt sich ein konstanter Beitrag der Magneti-

sierung des Kerns nicht auf die transformierte Wechselspannung aus. Andererseits würdejedoch ein konstanter Beitrag zum Primärstrom des Transformator zu einer Änderung desÜbertragungsverhaltens führen.

Für die Wahl des Materials für den Transformatorkern grundlegend ist, dass im Bereichvon H = 0 die Ableitung dB

dHannähernd konstant (B ändert sich linear mit H) und mög-

lichst groß ist (Vergleiche dazu Abb.8). Materialien die diese Eigenschaften erfüllen nenntman weichmagnetisch. Im Gegensatz dazu verwendet man bei magnetischen Speicherme-dien hartmagnetische Werkstoffe. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass dB

dH(H = 0) ' 0

gilt. Je nach Anwendungszweck des Transformators ist bei der Wahl des Werkstoffs fürden Kern entweder die Linearität oder die Größe der Änderung wichtiger. In Abb.8 kön-nen Sie erkennen, dass Abweichungen vom linearen Verhalten erstens eine Verzerrung desübertragenen Signals bewirken und zweitens die Ursache für Magnetisierungsverluste sind.

Die Eignung eines Materials als Transformatorkern für eine bestimmte Anwendung kannanhand der Hystereseschleife (Abb. 6) beurteilt werden. Für Transformatoren ergeben sichidealerweise BS BR und HS ≈ HC . Dadurch kann man einen großen Übertragungs-bereich von Primärströmen und Sekundärspannungen abdecken. Beachten Sie dabei, dassdie Fläche der kompletten Hysteresekurve noch keinen Hinweis auf mögliche Ummagneti-sierungsverluste während des Betriebs gibt (vergleiche dazu die Flächen in Abb.8).

1.2 Aufgabenstellung

1. Bestimmen Sie die magnetische Suszeptibiltät χ von Graphit (Diamagnet) überKraftmessung in einem inhomogenen Magnetfeld nach dem Methode von Faraday.

2. Bestimmen Sie die magnetische Suszeptibiltät χ von Titan (Paramagnet) über Kraft-messung in einem inhomogenen Magnetfeld nach der Methode von Gouy.

Die folgenden Aufgaben gelten für einen der beiden mit F und W gekennzeichnetenTransformatoren:

3. Für einen konstanten Primärstrom mit einer Frequenz von 50 Hz erfassen Sie dieHysteresekurve und ermitteln die Remanenz BR und die Koerzitivfeldstärke HC ,sowie den Sättigungspunkt charakterisiert durch BS und HS.

4. Bei einer konstanten Frequenz von etwa 50 Hz variieren Sie den Primärstrom. Be-stimmen Sie die Umkehrpunkte der Hysterese BS und HS. Tragen Sie die Ergebnis-se in eine Funktionsdarstellung B(H) ein und bilden Sie die numerische AbleitungdB/dH = µ (H). Ermitteln Sie aus der grafischen Darstellung den Maximalwert derrelativen Permeabilität µr und daraus χ.

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1.3 Versuchsaufbau und Durchführung

1.3.1 Bestimmung der magnetischen Suszeptibilität nach Faraday und Gouy

Wie bereits in den Grundlagen erläutert, kann man die magnetische Suszeptibilität χ ei-nes bekannten Probenvolumens V aus dem Proportionalitätsfaktor zwischen Kraft ~F und~B · grad ~B in einem inhomogenen Magnetfeld bestimmen (Gl. 6). Wenn man die Probe somontiert, dass allein die x-Komponente der Kraft gemessen wird (z.B. mit einer starrenVerbindung zum Kraftsensor (vgl. Abb. 9, a)), so vereinfacht sich die Beziehung zu

Fx =χ

µ0

· V ·Bx ·dBx

dx(9)

Man muss also die Änderung der magnetische Flussdichte in Abhängigkeit des Ortes in x-Richtung, den Betrag der magnetischen Flussdichte am Ort des Probenmittelpunktes unddie Kraft auf die Probe in x-Richtung kennen, um χ zu bestimmen. Damit dB

dxmöglichst

groß und im gesamten Probenvolumen möglichst konstant ist, werden parabolisch-konischePolschuhe verwendet, deren Spitzen in einem Abstand von 8 mm zu einander montiert wer-den. Dieser Versuchsaufbau heißt Methode nach Faraday und wird für die diamagnetischeGraphitprobe verwendet. Wenn man eine zylindrisch in x-Richtung langgestreckte Probe

Abbildung 9: Schema für das Experiment zur Bestimmung von χ aus der Kraftmessungnach a) der Methode von Faraday und b) der Methode von Gouy.

mit dem Querschnitt A verwendet, so muss die Kraft durch Integration längs der Zylin-derachse von x1 bis x2 berechnet werden:

Fx =χ

µ0

· A∫ x2

x1

BdB

dxdx =

χ

2µ0

· A · (B2(x2)−B2(x1)) (10)

Wird das Zylinderende bei x1 (näherungsweise) außerhalb des (homogenen) Magnetfeldesplatziert, dann ist B(x1) = 0 und man erhält

Fx =χ

2µ0

· A ·B2(x2) (11)

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Dieser Versuchsaufbau wird als Methode nach Gouy bezeichnet (siehe Abb. 9,b) und dientder Bestimmung von χ der paramagnetischen Titanprobe.

1.3.2 Suszeptibilität von Graphit

Bei den folgenden zwei Experimenten werden Sie mit dem großen Elektromagneten derhistorischen Sammlung der Fakultät für Physik arbeiten. Er ist mehr als 100 Jahre alt,funktioniert jedoch einwandfrei. Bitte behandeln sie ihn und sein Zubehör mit größterSorgfalt! Achten Sie darauf, dass Sie keinesfalls plötzliche Änderungen des Stromflusseshervorrufen (z.B. durch Abdrehen, Ausstecken etc.), das würde zu enormen Induktions-Spitzen führen, die gefährlich hohe Spannungen hervorrufen und den Magneten sehr be-lasten und verschleißen.

Sicherheitshinweis:Personen mit aktiven Implantaten (z.B. Herzschrittmacher) wird dringendgeraten, während des Betriebes einen Sicherheitsabstand von mind. 50cm

zum Magneten einzuhalten!

• Montage der PolschuheFür einen Wechsel oder die Montage der Polschuhe entfernen Sie die Probe, dieMagnetfeldsonde und das Lineal. Montieren Sie nun die parabolisch-konischen Pol-schuhe. Diese lassen sich in das fix eingebaute Gewinde einschrauben, ohne dass dieLage der Spulen auf dem Bock verändert werden muss. Ziehen Sie diese nur handfestan. Ein Polschuhabstand von 8 mm sollte sich dadurch automatisch ergeben.

• Bedienung des Hochstrom-NetzgerätsDas EA PS 7032-200 ist ein Netzgerät, das Gleichströme von bis zu 20A bei max. 32Vliefern kann. Der Elektromagnet darf jedoch dauerhaft nicht mit mehr als 10 A belas-tet werden. B steigt linear mit dem Strom I, daher muss I variiert werden. Weil dasNetzgerät eine Spannungsquelle ist erreicht man die Regelung des Stromes nur überden Strombegrenzer (das sind die rechten beiden Drehknöpfe mit den Bezeichnungen„Coarse“ für grobe und „Fine“ für feine Einstellung). Daher wird vor Inbetriebnahmeder Spannungsgrobregler (linke Seite) auf eine beliebige, hohe Spannung aufgedrehtund die beiden Stromregler werden abgedreht. So stellen Sie sicher, dass beim Ein-schalten nicht plötzlich Strom durch den Elektromagneten fließt. Verbinden Sie dieAnschlusskabel des Elektromagneten erst nach dem Einschalten des Netzgerätes.

• Messung von B(x)Montieren Sie das Lineal und platzieren Sie die höhenverstellbare Magnetfeld-Sondeauf Höhe der Polschuhspitzen. Mit dem Programm CassyLab können Sie den Sen-sor aktivieren (B-Sensor, tangential, Messbereich ± 1000 mT) und so die aktuellemagnetische Flussdichte am Ort der Sonde (Hall-Sonde an der vorderen Spitze, er-

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kennbar als schwarzes, rechteckiges Plättchen) messen und ablesen. Stellen Sie einenBetriebsstrom von I=10A am Netzgerät ein und nehmen Sie nun in mm-SchrittenB(x) auf im Bereich von x=0mm bis x=12mm. Achten Sie auf einen raschen Ablauf,der Magnet soll nicht zu lange mit 10A belastet werden. Mit einem geeigneten Aus-werteprogramm (z.B. QTI-Plot) bestimmen Sie nun den linearen Bereich von B(x)und durch lineare Regression in diesem Bereich bestimmen Sie dB

dx.

• Messung der Kraft auf die GraphitprobeDie Graphitprobe sollte mindestens 20 Minuten vor der Messung am Kraftsensormontiert werden, da dieser mittels Biegeelementen funktioniert und im Bereich derhöchsten Auflösung eine deutliche (thermische) Drift nach Lasteinbringung zu er-kennen ist. Nach etwa 20 Minuten hat sich das Biegeelement stabilisiert. Die Gra-phitprobe hat einen Holzstab als Aufhängung, der genau in die untere Öffnung desKraftsensors passt. Wenn Sie etwa 5-10 mm tief eingebracht ist, sollte sie von alleinehalten. Während des Einbringens halten Sie den Aufhängungsbock mit 2 Findern sofest, dass er nicht überdehnt wird!Bringen Sie nun die Graphitprobe mittig genau in jenen Bereich entlang des ver-messenen B-Feldes zwischen die Polschuhe ein, der die lineare Änderung aufweist(siehe Abb. 10). Mit dem Programm CassyLab können Sie den Kraftsensor akti-vieren, wählen Sie den Messbereich „automatisch“ und lassen Sie über 1 Sekundegemittelte Werte anzeigen. Nun müssen Sie den Sensor, der die Gewichtskraft derProbe samt Halterung anzeigt, auf Null stellen. Danach regeln Sie den Strom wiederhoch auf 10A und messen die Kraft (samt Richtung!) auf die Probe.

• Bestimmung von χ (Graphit)Das Probenvolumen der pyrolytischen Graphitprobe beträgt Vp = (0, 20± 0, 01) ml,jenes der polykristallinen Probe von natürlichem Graphit(in der Küvette) beträgtVp = (0, 35± 0, 05) mlNun können Sie mit Gl. 9 χ von Graphit bestimmen.Der Literaturwert der magnetischen Suszeptibilität von Kohlenstoff liegt zwischenχDiamant = −2, 2 · 10−5 und χGraphit = −4, 5 · 10−4. Je nach Grad der Verunreinigungund unterschiedlicher Dichte weichen Messergebnisse von verschiedenen Probenma-terialien oft von den Referenzwerten ab!

1.3.3 Suszeptibilität von Titan

• Montage der PolschuheFür den Wechsel der Polschuhe entfernen Sie die Probe, die Magnetfeldsonde unddas Lineal. Montieren Sie nun die flachen Polschuhe. Dazu schieben Sie die Monta-gestangen durch den hohlen Innenraum der Spulen und schrauben die Polschuhe anderen Innengewinde fest. Achten Sie dabei darauf, dass die Flächen der Polschuhesich exakt gegenüberstehen und nicht etwa gegeneinander verschoben sind. Wiedernur handfest anziehen, keinen Imbusschlüssel verwenden, der ist nur für „Notfälle“.

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Abbildung 10: Schema für die Positionierung der Proben und Sensoren. Links: Methodevon Gouy. Rechts: Methode von Faraday.

• MessaufbauHängen Sie die Graphitprobe aus und den Kunststoffhaken samt Titanprobe in denKraftsensor ein. Das sollte mindestens 30 Minuten vor der Messung geschehen, wegender oben beschriebenen Drifteigenschaften des Sensors.Nun wird die zylindrische Titanprobe zwischen den Polschuhen mittig eingebracht,sodass der untere Teil der Probe im homogenen B-Feld zwischen den Polschuhenund andere (längere) Teil der Probe außerhalb des B-Feldes der Polschuhe hängt.Das B-Feld am äußeren Probenende ist mehr als 10 Mal kleiner als jenes zwischenden Polschuhen, also kann es näherungsweise vernachlässigt werden. Danach bringenSie die B-Feld-Sonde so zwischen den Polschuhen ein, dass sie etwa auf mittlererHöhe neben der Titanprobe das B-Feld misst (vgl. Abb. 10).

• Messung von F (B)Aktivieren Sie in CassyLab den Kraftsensor (höchste Auflösung, über 1 Sekundegemittelte Werte) und den Magnetfeldsensor (± 1000 mT). Wählen Sie eine manu-elle Aufnahme und in der Darstellung eine Auftragung F über B. Nun ist es wich-tig, etwaigen Restmagnetismus der Polschuheisen durch Anlegen eines Gegenfeldes(Koerzitivfeld, siehe unten) zu beseitigen. Hierzu müssen Sie -je nach Richtung- dieAnschlüsse am Netzgerät tauschen und mit dem Stromfeinregler ein kleines Gegen-feld erregen, bis der Restmagnetismus auf B = 0 ± 1mT gesunken ist. Dann musswieder der Kraftsensor auf Null gestellt werden.Nun beginnt die eigentliche Messung. Regeln Sie den Strom in 1A-Schritten bis max.10 A hoch und Messen Sie F und B mit Cassy. Da die Messwerte für die Kraftstark schwanken werden (bei einer Auflösung von ±10µN stört jeder Luftzug, jedekleine Erschütterung!), wiederholen Sie diesen Messvorgang mindestens 1 Mal (mitZwischenschritten: 0,5A; 1,5A; 2,5A;...) um mehr Messpunkte zu erhalten. Das kön-nen Sie auch in umgepolter Stromrichtung, denn die Richtung des Magnetfeldes hatkeinerlei Auswirkung auf die Richtung der Anziehungskraft auf die Probe!

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• Bestimmung von χ (Titan)Mit einem geeigneten Auswerteprogramm (z.B. QTI-Plot) kann nun der Anstieg vonF (B2) bestimmt werden. Damit und mit der Querschnittsfläche, die Sie selbst ausMessung des Duchmessers mit der Schiebelehre berechnen, kann über Gl. 11 die Sus-zeptibilität von Titan berechnet werden.Der Literaturwert der magnetischen Suszeptibilität von Titan liegt beiχT itan = 1, 8 · 10−4. Je nach Grad der Verunreinigung und unterschiedlicher Dichteweichen Messergebnisse von verschiedenen Probenmaterialien oft von den Referenz-werten ab!

Tipps zum Experimentieren: Die Effekte, die Sie messen, sind sehr klein. Mit den vorhan-denen Geräten stoßen Sie auf die Grenzen der Messauflösung. Sie können mit Werten, dieim Bereich der Referenzgrößenordnungen liegen zufrieden sein.Wenn die Ergebnisse jedoch um Größenordnungen von den Literaturwerten abweichen,oder die Proben vom Elektromagneten augenscheinlich horizontal angezogen werden, dannbefindet sich oft Eisenstaub auf der Oberfläche, der vorsichtig mit einem feinen Schleifpa-pier und anschließend mit einem sauberen, trockenen Tuch abgerieben werden muss.

1.3.4 Experimente mit ferromagnetischen Werkstoffen

Messprinzip Hystereseschleife mit dem TransformatorIm Experiment messen Sie die Magnetisierung eines ferromagnetischen Transformator-kerns. In der Primärspule wird das äußere Magnetfeld H(t) erzeugt, welches den Spulen-kern magnetisiert. Die magnetische Flussdichte B(t) des Kerns (und das Wechselfeld derPrimärspule) induzieren in die Sekundärspule eine ihrer zeitlichen Änderung proportionaleSpannung.

Abb. 11 zeigt die verwendete Schaltung. Der Spannungsabfall UX am Vorwiderstand RV

der Primärwicklung des Transformators ist dem Magnetfeld erzeugenden Strom I und da-mit der magnetischen Feldstärke H(t) proportional:

H(t) =n1

L· I(t) =

n1

L· UX

RV

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Formelzeichen Einheit Bezeichnungn1 1 Windungsanzahl der PrimärspuleL m Länge der PrimärspuleRV Ω Vorwiderstand der Primärspule

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Abbildung 11: Messprinzip zur Aufzeichnung der Hysteresekurve

Aus der magnetischen Flussdichte B kann die Magnetisierung des Eisenkerns M direktermittelt werden (2). Die Spannung US an der Sekundärspule des Transformators ist derzeitlichen Änderung der resultierenden magnetischen Flussdichte B proportional. Es gilt:

−US = n2 ·dΦ

dt= n2 · A ·

dB

dt(13)

daraus folgt:

B =1

n2 · A

∫USdt (14)

Formelzeichen Einheit BezeichnungΦ Wb magnetischer FlussUS V (induzierte) Spannung an der Sekundärspulen2 1 Windungsanzahl der SekundärspuleA m2 Querschnittsfläche des SpulenkernsB T Magnetische Flussdichte

Um aus dem Spannungssignal US(t) ein Uy(t) zu erhalten, welches zu B direkt proportionalist, muss also US(t) über die Zeit t integriert werden. Diese Integration erfolgt elektrotech-nisch mit einem RC-Glied (oder auch Integrierglied bzw. Tiefpass(filter)):

Uy =1

R · C·∫USdt (15)

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daher ergibt sich B zu:

B =R · Cn2 · A

· Uy (16)

Die Abb. 12 zeigt die Wirkungsweise des Integriergliedes.

Abbildung 12: Wirkungsweise des Integriergliedes

Durchführung des Experiments Hystereseschleife mit dem Transformator

• Realisieren Sie den Messaufbau laut Abb. 11. Das Integrationsglied liegt als fertigeSchaltung in einem Kunststoffkästchen vor. Die farbig unterlegten Teile in Abb. 11wurden darin praktisch realisiert. Benutzen Sie die beschrifteten Buchsen (siehe dazuauch Abb. 13). Die beiden Ausgänge werden mit den entsprechenden Eingängen amDigitaloszilloskop per Koaxialkabel verbunden.

• Vor dem Einschalten des Netzgerätes (NTL Variable Transformer, 0-25V ≈) verge-wissern Sie sich, dass die Ausgangsspannung auf Null geregelt ist.

• Nehmen Sie nun erst alle Geräte in Betrieb.

• Stellen Sie den Primärstrom (Ablesen am Multimeter) über Erhöhung der Primär-spannung mit dem Spannungsregler am Netzgerät ein. Geben Sie dabei acht, dassder Primärstrom dabei folgende Maximalwerte nicht überschreitet:TRAFO F: Ip, max = 0,150 A und TRAFO W: Ip, max =0,350 A

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Abbildung 13: Realisierung der RC-Schaltung aus Abb. 11

• Nehmen Sie Änderungen der Einstellungen stets in kleinen Schritten vor. Primär-strom zur Aufnahme der Hystereseschleife und Bestimmung der Sättigungsmagneti-sierung bei 50Hz (1. Punkt der Aufgabenstellung):

– Trafo F: IP,S = 35 mA

– Trafo W: IP,S = 150 mA

Ein Video zur Auffrischung, wie man ein digitalesSpeicheroszilloskop bedient (einfachere Bauweise als das hier

verwendete), finden Sie auf der eLearning-Seite desAnfängerpraktikums zu diesem Kurstag.

• Optimieren Sie die Darstellung der gemessenen Spannungen am Oszilloskop im Y/T-Modus (Wechsel vom Darstellungsmodus erfolgt im Acquire-Menü, siehe Abb. 14,Druckknopf 1, Menüführung mit Knopfleisten 2 und 3) und stellen Sie genau eineSchwingungsdauer (oder zeitlich etwas mehr) dar und wählen Sie die größtmöglicheSpannungsauflösung (Scale-Drehknöpfe7). Stellen Sie sicher, dass beide Eingangssi-gnale um das gleiche Nullpotential oszillieren (Position-Drehknöpfe)). Wenn die Kur-

7Standard-Bedienungsschritte sind bei jedem Oszilloskop gleich. Diese Fertigkeiten wurden im PraktikumI in PW11 vermittelt.

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ven verrauscht sind, dann wählen Sie „Mittelwert“ im Acquire-Menü (siehe Abb. 14,Druckknopf 1).

Abbildung 14: Oszilloskop Tektronix DPO2002B

• Wechseln Sie in den XY-Modus und betrachten Sie die Hystereseschleife. Gegebe-nenfalls ändern Sie die Skalierung erneut, bis die optimale Darstellung erreicht ist.

• Sie können nun die Spannungswerte der zu berechnenden Messgrößen Hc, Br, Hs,Bs mit den Cursors des Oszilloskops messen: Dazu aktivieren Sie mit dem Druck-knopf „Cursor“ die Cursor-Messung (Abb. 14, rechts oberhalb von 4) und wählenjenen Cursor-Messmodus, der auch in der Abb. 14 am Bildschirm zu sehen ist ggf.durch erneutes Drücken des Cursor-Druckknopfes. Mit der Taste „Select“ (Abb. 14,4) können Sie nun zwischen X- Cursors und Y-Cursors wechseln. Die Position derCursor ändert man mit den „Multipurpose“-Drehknöpfen a und b (Abb. 14, 4).Die technischen Daten des Integrationsgliedes und der beiden Transformatoren, dieSie für die Berechnung der Größen brauchen, finden Sie in den untenstehenden Ta-bellen.

• Im nächsten Schritt kann die Hystereseschleife abgespeichert werden, wenn ein USB-Stick an der USB-Buchse (Abb. 14, 5) angeschlossen wird. Dazu öffnen Sie das„Save/Recall-Menu“ (Abb. 14, 5) und stellen folgendes ein:

– „Save Waveform“ (Abb. 14, Leiste 3)

– „Source“ - All (Abb. 14, Leiste 2, veränderbar mit dem Multipurpose-Drehknopfa (Abb. 14, 4))

– „Destination“ - .csv8 (Abb. 14, Leiste 2, veränderbar mit dem Multipurpose-8csv heißt comma seperated values und bedeutet, dass in der Datei ein Komma als Spaltentrennzeichen

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Drehknopf b (Abb. 14, 4))

– „Waveform Resolution“ - Reduced9 (Abb. 14, Leiste 2)

– „Gating“ - Screen (Abb. 14, Leiste 2)

– „Save“ (Abb. 14, Leiste 2).

Mit dem letzten Schritt wurden die Daten in eine .csv-Datei gespeichert. Diese Da-tenfile muss von einem geeigneten Programm „importiert“ werden. Verwenden Siedazu des Import-Menü in z.B. QTI-Plot. Es sollten 3 Spalten ausgegeben werden:Zeit, Spannung an Kanal 1 und Spannung an Kanal 2. Nach dem Umrechnen derSpannungswerte in A/m (für H) bzw. T (für B) kann die Hystereseschleife geplottetwerden.

• Für den 4. Punkt der Aufgabenstellung messen Sie für eine Reihe von Einstellungendes Primärstroms IP im Bereich zwischen 0 mA und dem oben genannten Sättigungs-wert ISdie Umkehrpunkte der Hystereseschleife +BS und +HS und tragen die Werte-paare in einem geeigneten Auswerteprogramm (z.B. QTI-Plot) einem Diagramm ein.Wenn die Kurven verrauscht sind, dann wählen Sie „Mittelwert“ im Acquire-Menüoder erhöhen Sie die Zahl der zu mittelnden Durchgänge (siehe Abb. 14, Druckknopf1). Legen Sie eine geeignete Regressionsfunktion oder Interpolationskurve durch denDatensatz und differenzieren Sie diese (numerisch) um den Punkt des Maximums derPermeabilitätszahl µr (siehe Gleichung 4) zu finden. Daraus können Sie χ bestimmen.

• Berechnung der Ummagnetisierungsenergie (freiwillige Zusatzaufgabe):Um die, von den beiden Kurven eingeschlossene Fläche zu berechnen, müssen Sieden in ein geeignetes Auswerteprogramm (z.B. QTI-Plot) importierten Datensatzgeplottet haben.Nun muss der Datensatz weiter bearbeitet werden: Sie müssen jenen Teil der Datenherausfinden, der die obere Kurve der Hystereseschleife alleine bildet und diesen Teilder Daten markieren und integrieren (die Fläche ausrechnen). Das selbe müssen Siemit dem unteren Teil der Hystereseschleife machen. So können Sie die kleinere Flächebezüglich der H-Achse von der größeren abziehen und erhalten so den Flächeninhaltder von der Hysteresekurve eingeschlossenen Fläche. Sie können zum Erkennen derentsprechenden Datenreihen verschiedene Werkzeuge wie z.B. den Datenleser ver-wenden.Achten Sie dabei darauf, dass das Integral einer Kurve, die die horizontale Achseschneidet oben und unten unterschiedliche Vorzeichen hat! Tipp: Die Hystereseschlei-fe sollte hinsichtlich der Fläche oberhalb und unterhalb der H-Achse symmetrischsein.Eine andere Möglichkeit ist die Aufnahme der Kurve mit CassyLab, welches die

verwendet wird. Bitte berücksichtigen Sie das beim Import der Datei in QTI-Plot oder ein anderesProgramm.

9wenn Sie nicht „Reduced“ wählen werden Millionen Datensätze gespeichert und der Vorgang dauert sehrsehr lange.

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Fläche zwischen 2 beliebigen Funktionen automatisch berechnen kann.

Technische Daten: IntegrationsgliedParameter Bezeichnung Wert, Einheit

R Widerstand des Integriergliedes 70,7 kΩC Kapazität des Integriergliedes 10,6 µFRV Vorwiderstand 46,4 Ω

Technische Daten: Transformatoren F und WParameter Transformator: F W

n1 Windungszahl Primärspule 420 197L Länge Primärspule 30mm 20 mmn2 Windungszahl Sekundärspule 1680 788A Querschnittsfläche des Kernes 2,52 cm2 2,02 cm2

V Volumen des Kerns 1,8·10−5m3 1,1·10−5m3

1.4 Literaturangaben

• Demtröder; Experimentalphysik 2; Springer

• Bergmann, Schäfer; Elektromagnetismus; DeGruyter

• Wikipedia, http://de.wikipedia.org, Schlagwörter: Ferromagnetismus, Transformator

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